1914 / 109 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 09 May 1914 18:00:01 GMT) scan diff

8 8 S

Der Kultusetat, der doch mit gutem Beispiel vorangehen sollte, wimmelt geradezu von Fremdwörtern. Ich bitte den Minister, nach dieser Richtung Abhilfe zu schaffen. Auch das hohe Haus möchte ich bitten, sich die Pflege der Muttersprache recht eeleser sein zu lassen. Wir tragen nicht nur für den Inhalt der Gesetze, sondern auch für ihre gute und verständliche Form die Verantwortung.

Die Ausstellung von Werken alter Kunst aus Privat⸗ besitz, die der Kaiser Friedrich⸗ Museums⸗Verein in der

Königlichen Akademie der Künste (Partser Platz 4) ver⸗

anstaltet hat, vereinigt etwa 200 Gemälde des 15. bis 18. Jahr⸗ hunderts mit etwa ebenso vielen Plastiken und Werken der Kleinkunst. Der Katalog, der bisher nur die erste Abteilung umfaßte, liegt jetzt vollständig vor und enthält nunmehr alle ausgestellten Gegenstände: Gemälde, Bildwirkereien, Bildwerke aus Stein, Ton und Holz, Bronzen, Silber, Majolika und Miniaturen. Auf 2 in ist eine Auswahl der besten Gemälde wiedergegeben.

Verdingungen.

8* näheren Angaben über Verdingungen, die beim „Reichs⸗ und Staatsanzeiger“ ausliegen, können in den Wochentagen in dessen Expedition während der Dienststunden von 9—3 Uhr eingesehen werden.)

Britisch⸗Südafrika. 8 25. Juni 1914. Staatsbahnen: Lieferung von 300 Güterwagen. aastenhefte sind in London zu haben. Weiteres Ausschreiben für 30 Lokomotiven und 60 Personenwagen bevorstehendd. ““

Theater und Musfik.

Im Königlichen Opernhause findet morgen, Sonntag, eine Wiederholung der „Meistersinger von Nürnberg', mit Herrn Jörn als Walter Stolzing, statt. Die übrigen Hauptrollen hn⸗ mit den Damen Durx und von Scheele⸗Müller, den Herren ischoff, Habich, Henke, Schwegler und Wiedemann besetzt. Dirigent ist der

Kapellmeister Laugs. (Anfang 7 Uhr) Am Montag wird „Mignon“, mit den Damen Artoôt de Padilla, Alfermann, den Herren Kirchhoff, Bronsgeest, Schulz, Krasa, Vogt in den Hauptrollen, gegeben. Dirigent ist der Kapellmeister Laugs. 1

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen „Peer Gynt*, mit Herrn Dr. Bruck in der Titelrolle und den Damen Conrad, Ressel, von Mayburg, Schönfeld sowie den Herren Pohl, Kraußneck, Vallentin, Eggeling, Zimmerer in den übrigen Haupt⸗ rollen gegeben. Die Regie führt Dr. Bruck, die musikalische Leitung hat der Kapellmeister Dr. Besl. Am Montag findet eine Aufführung des „Störenfried“, mit Frau Ellmenreich in der Rolle der Geheimrätin und Herrn Vollmer in der des Lebrecht, statt. Ferner wirken die Damen Arnstädt, Heisler, von Mayburg und Hoff sowie die Herren Patry, Böttcher, Kraus, Vallentin und Eichholz mit. Die Regie führt der Oberregisseur Patry. Frau Ellmenreich spielt die Geheimrätin als zweite und letzte Gastrolle. Herr Vollmer feiert mit dem Lebrecht sein vierzigjähriges Jubiläum als Mitglied des Königlichen Schauspielhauses.

Mannigfaltiges. Berlin, 9. Mai 1914.

Dcer Charlottenburger Kriminalpolizei ist es, wie hiesige Zeitungen melden, nach längeren Nachforschungen gelungen, die Täter, die in der Nacht zum 11. März am Kaiser Friedrichdenkmal in Charlottenburg an mehreren Stellen mit Anilinfarbe die Inschrift „Rote Woche“ anbrachten, zu ermitteln und festzunehmen. Die verhafteten fünf Personen legten ein volles Geständnis ab.

Gestern mittag ist, wie W. T. B.“ meldet, der Blitz in einen unbemannten E mit dem das Telegraphen⸗ bataillon Nr. 5 bei Zossen eine Funkerübung machte, einge⸗ schlagen und hat ihn zerstört. Menschen sind dabei nicht ver⸗ letzt worden.

Theater.

Königliche Schauspiele. Sonntag: Opernhaus. 96. Abonnementsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Die Meistersinger von Nüruberg. Oper in drei Akten von Richard Wagner. Mustkalische Leitung: Herr Kapellmeister

Laugs. Regie: Herr Oberregisseur

ihr wollt. Dienstag: Venedig.

Der

Montag, Mittwoch und Freitag: Was Kaufmann von

Donnerstag: Romeo und Julia. Sonnabend: Viel Lärm um Nichts. Kammerspiele. Sonntag, Abends 8 Uhr: Der Suob. Montag und Sonnabend: Der Snob. Dienstag: Bürger Schippel.

88 1 8

Vor einem geladenen Publikum fand am gestrigen Freitag eine Vorbesichtigung der am heutigen Sonnabend, Nachmittags 3 Uhr, eröffneten „Ersten Variété⸗Ausstellung“ in den Aus⸗ stellungshallen am Zoologischen Garten statt, die nach bekanntem Muster nach den Anfangsbuchstaben ihrer Bezeichnung „EVA“ benannt ist. Der Vorsitzende der Internationalen Artistenloge in Berlin, der Veranstalterin dieses Fpofpügig angelegten, zum Besten ihrer Wohlfahrtseinrichtungen geschaffenen Unternehmens, Herr Max Berol⸗Konorah, hatte die Führung übernommen. Er löste seine Aufgabe, die um so schwieriger war, als noch manches sich erst im Werden befand und Handwerker, Techniker und Ingenieure noch verschiedentlich emsig an der Arbeit waren, mit anerkennenswertem Geschick. Redegewandt und mit gutem Humor verstand er es, durch interessante Er⸗ läuterungen, da, wo das Anschauungsmaterial noch Lücken aufwies, dem Verständnis eine Brücke zu schlagen, so daß man einen vollen Ueberblick über das eigenartige Unternehmen gewann. Schon allein das Drum und Dran, das zu der artistischen „Arbeit“ gehört und in übersichtlicher Weise ausgestellt ist, bietet des Inter⸗ essanten genug, zumal es planmäßig und meist in seiner geschichtlichen

ntwicklung gezeigt wird, wie man überhaupt dieser Ausstellung eine sachkundige, wohlüberlegte Anordnung nachrühmen kann. Von den technischen Errungenschaften, die da veranschaulicht werden, sind die Vorführungen aus der Werkstatt moderner Regie⸗ und kunst, welche szenische Bilder von hohem Reiz zeigen, für den Laien wohl am interessantesten. Da kann man z. B. den Fortunyschen Kuppel⸗ horizont und die durch ihn zu erzielenden, der Natur förmlich ab⸗ elauschten Stimmungen in der Nähe studieren. Im Rahmen dieser

zenerien werden sodann Nationaltänze vorgeführt, bei denen Fach⸗ künstler ersten Ranges mitwirken. Von hervorragender ästhetischer Wirkung ist ferner eine Reihe von Gruppen „lebender Plastik“. Auch auf den anderen Gebieten des „Vari6tés“, der Luft⸗ gymnastik, des Zauber⸗ und des Marionetten⸗Theaters ꝛc., wird nur Auserlesenes unter steter Abwechslung geboten. Den Glanz⸗ punkt der ganzen Schau bildet wohl der „Marktplatz von Kräh⸗ winkel“ mit seinen „Publikspielern von Anno Dazumal“. Hier wird man durch die ganze Umgebung, die Gewänder und die altväterische Art der Darbietung in jene längstvergangenen Zeiten zurückversetzt, als noch die „Fahrenden Leute“ in ihren Reisewagen in den Städten Einkehr hielten und vor dem „hohen Adel und dem hochverehrten Publikum“ ihre Künste auf öffentlichen Plätzen zeigten. Es würde zu weit führen, alles Sehenswerte einzeln aufzuzählen. Um alles in sich aufnehmen zu können, muß man einige Stunden in der Aus⸗ stellung zubringen, aber diese sind gewiß nicht verlorene Zeit. Die Ausstellung dauert bis zum 24. Mai.

Im Wissenschaftlichen Theater der „Urania“ wird der neue Vortrag „Zum Hochfirn der Jungfrau“, der Herrn Walter Zschokke zum Verfasser hat und mit farbigen Lichtbildern, Panoramen und einer kinematographischen Einleitung ausgestattet ist, in der kommenden Woche allabendlich wiederholt werden.

Flugplatz Johannisthal, 8. Mai. (W. T. B.) Auf dem Fmablat Körsen heute im Laufe des Nachmittags mehrere Offiziers⸗ flieger ein, die Ueberlandflüge unternommen hatten. So landete um 6 Uhr 34 Minuten der Leutnant von Bose mit dem Leutnant Detlefsen als Beobachter auf einem Albatrosdoppeldecker von Thorn kommend; um 7 Uhr 8 Minuten landete der Oberleutnant Mühlig⸗Hoffmann mit dem Leutnant von Nord als Beobachter auf einem Albatrosdoppeldecker von Hannover kommend.

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Eisenach, 9. Mai. (W. T. B.) Im Werratal und in ganz Westthuͤringen herrschten in der Nacht zum Sonnabend nach voraufgegangenen starken Gemittern wolkenbruchartige Regen⸗ güsse, die allenthalben großen Schaden anrichteten. Von den Bergen herab ergossen sich reißende Wildbäche in die Talniederungen. Die Felder wurden teilweise durch die Wassermengen verwüstet. Die Obstbaumblüte gilt als vernichtet. Der Wasserstand in den Flüssen

ist bedeutend gestiegen.

Gestern abend hene in der an der Nordbahn gelegenen Floridsdorfer Mineralölfabrik eine Tankgrube mit zwanzig Waggons Rohöl in Brand. Zahlreiche Dampflöschzüge der Feuerwehr rückten aus, um eine Explosion des in der Grube lagernden Rohöls und ein Umsichgreifen des Brandes zu verhüten. Der Zugverkehr auf der Nordbahn erlitt eine kurze Störung. Der Brand wurde heute früh gelöscht. Ein Gruben, aufseher wird vermißt; er ist vermutlich in den Flammen um⸗ gekommen.

London, 8. Mai. (W. T. B.) Heute nachmittag fand hier die Jahresversammlung der britischen Abteilung der Vereinigten Vertretungen britischer und deutscher Kirchen zur Förderung freundschaftlicher Beziehungen der beiden Völker statt. Der Erzbischof von Canterbury führte den Vorsitz Unter den zahlreichen Anwesenden befanden sich der Kardinal Bourne, der deutsche Botschafter Fürst Lichnowsky, der Bischof von Hereford, Lord Kinnaird, Lord Reay, der Generalsuper⸗ intendent D. Lahusen⸗Berlin, der Direktor D. Spiecker⸗Berlin u. A. Der Erzbischof von Canterbury nahm in seiner Ansprache auf den Erfolg Bezug, der der Bewegung zuteil geworden sei, und er⸗ wähnte, daß die Vereinigten Kirchenvertretungen in immer höherem Maße Unterstützung fänden und daß der König Georg und der Kaiser Wilhelm der Bewegung ihr Interesse entgegenbrächten. Der General⸗ superintendent D. Lahusen sagte, er empfinde freudig, daß die Miß⸗ verständnisse zwischen England und Deutschland aus dem Wege ge⸗ räumt seien, und daß beide Länder sich jetzt besser verstünden als je zuvor.

Catania, 9. Mai. (W. T. B.) Ein Erdbeben von sechz Sekunden Dauer hat gestern abend um 7 Uhr unter der Bevölkerung eine Panik verursacht, jedoch hier keinerlei Schaden angerichtet,

*

Wien, 9. Mai.

Acireale, fast alle Häuser unbewohnbar gemacht, Die Behörden haben sich an Ort und Stelle begeben; man wird die obdachlosen Famtilien in Armeezelten unterbringen. Der Erdstoß wurde auch bei den Orten Linguaglossa, Viagrande, Biancavilla und Belpasso, besonders in der Nähe von Man⸗ gano verspürt. Ein von Acireale nach Mangano fahrender Z ug mußte anhalten, da die Bahnstrecke infolge des Erdbebens in einer Ausdehnung von 700 m beschädigt war. Die Eisenbahn⸗ verbindung von Actreale nach Guardia ist wegen Rif sen in Tunnel unterbrochen. Beinahe vollständig zerstört wurde das Dorf Linera. Sieben Verwundete sind im Krankenhaus von Acireale eingeliefert worden. Wie es den Anschein hat, ist in den Dörfen Santa Venerina, Santa Maria degli Ammalati, Guardia, Sant Maria Vergina, Cosentini und Peonisi nur Sachschaden angerichten worden. Der Präfekt von Catania und andere Vertreter der Behörden haben sich mit Hilfsmannschaft und Material zur Hilfeleistung nach Linera begeben. Nach späteren Meldungen aus den vom Erdbeben betroffenen Orten sind dreißig Tote und 120 Verwundete am den Trümmern hervorgezogen worden. Man befürchtet, daß die Zahl der Opfer über 100 beträ 1 Bongiardo in der Gemeinde von Zaffenano Etnea, daß seh ühen sonen getötet und zwanzig verletzt worden sind. Auch in Pisang in der gleichen Gemeinde hat es Tote und Verwundete gegeben.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene 8 Depeschen.

Wien, 9. Mai. (W. T. B.) Das heutige Bulleti

gut, der Katarrh ist lockerer, das Allgemeinbefinden sehr gu⸗

Beilage.)

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——y——————y;

Theater Foologit cher

onntag,

Theater an der Weidendammer

Brücke. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr (zu ermäßigten Preisen) und Abends 8 ½ Uhr: Der müde Theodor. Schwank in drei Akten von Max Neal und Mavx Ferner. (Henry Bender als Gast.)

Montag und folgende Tage: Der 15 Theodor. (Henry Bender als

ast.)

blut.

Theater

Abends 8 Uhr: Operette in drei Akten von Oskar Nedbal. Montag und folgende Tage: Polen⸗

Konzerte.

Singakademie. Montag, Abend 8 Uhr: Klingler⸗Quartett: Sämtlsch Streichquartette von Beethoven in füß Abenden. 4. Abend.

Birkus Busch. Sonntag, Abend 8 Uhr: Gastspiel des „Deutschen Theaters'

des Westens. (Station:

Garten. Kantstraße 12.) Polenblut.

am Nollendorfplatz.

dagegen sind in Zerbati und Pennise, Teilen der Gemeinde

t. Ferner meldet man aus dem Dorf

über das Befinden des Kaisers lautet: Die Nacht wa

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten

ssttellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind auf⸗

Droescher. öre: Herr Professor Rüdel.

C Anfang 7 Uhr. Schauspielhaus. 124. Abonnementsvor⸗

ehoben. Peer Gynt von Henrik Ibsen.

eIn zehn Bildern.) In freier Ueber⸗ tragung für die deutsche Bühne ge⸗ staltet von Dietrich Eckart. Musik von Edward Grieg. In Szene gesetzt von Herrn Regisseur Dr. Reinhard Bruck. Musikalische Leitung: Herr Kapellmeister Dr. Besl. Anfang 7 Uhr.

Montag: Opernhaus. 97. Abonne⸗ mentsvorstellung. Mignon. Oper in drei Akten von Ambroise Thomas. Text mit Benutzung des Feröeschen Romans „Wil⸗ helm Meisters Lehrjahre“ von Michel Carré und Jules arhier, deutsch von Ferdinand Gumbert. Mustkalische Leitung:

eerr Kapellmeister Laugs. Regie: Herr Regisseur Bachmann. Ballett: Herr Ballettmeister Graeb. Chöre: Herr Pro⸗ fessor Rüdel. Anfang 7 ½ Uhr.

Schauspielhaus. 125. Abonnementsvor⸗ stelung. Der Störenfried. Lustspiel in vier Aufzügen von Roderich Benedix. In Szene gesetzt von Herrn Oberregisseur Patry. (Geheimrätin Seefeld: Frau Franziska Ellmenreich vom Deutschen Schauspielhaus in Hamburg als Gast.) Anfang 7 ½ Uhr.

Opernhaus. Dienstag: Carmen. Mittwoch: Tristan und Isolde. An⸗ fang 7 Uhr. Donnerstag: Cavalleria rusticana. Bajazzi. Freitag: Lohengrin. Anfang 7 Uhr. Sonn⸗ abend: Die Fledermaus. Sonntag: Der Rosenkavalier.

Schauspielhaus. Dienstag: Peer Gynt. Anfang Uhr. Mittwoch: Die Quitzows. Donnerstag: Die Venus mit dem Papagei. Freitag: Peer

.Anfang 7 Uhr. Sonnabend: Wilhelm Tell. Sonntag: Peer Gynt. Anfang 7 Uhr.

Neutsches Theater. (Dlrektion: Max Reinhardt.) Sonntag, Abends 7 ½ Uhr:

Mittwoch und Freitag: haufen. Donnerstag: Wetterleuchten.

Berliner Theater. Sonntag, Nach⸗ mittags 3 Uhr: Große Rofinen. Originalposse mit Gesang und Tanz in drei Akten (5 Bildern) von Rudolf Ber⸗ nauer und Rudolph Schanzer. Abends 8 Uhr: Wie einst im Mai. Posse mit Gesang und Tanz in vier Bildern von Bernauer und Schanzer.

Montag und folgende Tage: Wie einst im Mai.

Theater in der Königgrätzer

Straße. Sonntag, Abends 8 Uhr: Mr. Wu. Englisch ⸗chinesisches Spiel in drei Akten von H. M. Vernon und

arold Owen. Heeed c und folgende Tage: Mr. Wu.

Komödienhans. Sonntag, Nach⸗ mittags 3 Uhr: Die fünf Frankfurter. Lustspiel in drei Akten von Karl Rößler. Abends 8 Uhr: Kammermusik. Lust⸗ sbüel in drei Akten von Heinrich Ilgen⸗ tein.

1 Montag und folgende Tage: Kammer⸗ mufik.

Deutsches Künstlertheater (So⸗ zietät). (Nürnbergerstr. 70/71, gegenüber dem Zoologischen Garten.) Sonntag, Nach⸗ mittags 3 Uhr: Der Biberpelz. Diebs⸗ komödie in vier Akten von Hauptmann. Abends 8 Uhr: Schneider Wibbel. Komödie in fünf Bildern von Hans Müller⸗Schlösser.

Montag: Erziehung zur Liebe.

Lessingtheater. Sonntag, Nach⸗ mittags 3 Uhr: Professor Beruhardi. Abends 8 Uhr: Pygmalion. Lust⸗ spiel in fünf Akten von Bernard Shaw.

Scheiter⸗

Schillertheater. o. (Wallner⸗ theater.) Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Geschäft ist Geschäft. Schauspiel in drei Akten von Octave Mirbeau. Abends 8 Uhr: Heiligenwald. Lustspiel in drei Akten von Alfred Halm und Robert Saudek.

Montag: Wann wir altern. Hierauf: Liebe. Nachher: Lottchens Geburts⸗

tag. Dienstag: Jugendfreunde.

Charlottenburg. Sonntag, Nach⸗ mittags 3 Uhr: Rosenmontag. Offizters⸗ tragödie in fünf Akten von Otto Erich Hartleben. Abends 8 Uhr: Ueber unsere Kraft. 1 Teil. Schauspiel in zwei Akten von Björnstjerne Björnson.

Montag: Des Meeres und der Liebe Wellen.

Dienstag: Ueber 1. Teil.

unsere Kraft.

Deutsches Opernhans. (Char⸗ lottenburg, Bismarck⸗Straße 34— 37. Direktion: Georg Hartmann.) Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Figaros Hochzeit. Komische Oper in vier Akten von W. A. Mozart. Abends 8 Uhr: Der Trouba⸗ dour. Oper in vier Aufzügen von Giuseppe Verdi.

Montag und Sonnabend: Parsifal.

Dienstag: Die Meistersinger von Nürnberg.

Mittwoch und Freitag: Das Rhein⸗

old.

8 Donnerstag: Die Königin von Saba.

Montis Operettentheater. (Früher: Neues Theater.) Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Die Fledermaus. Abends 8 Uhr: Jung England. Operette in drei Akten von Rud. Bernauer und Ernst Welisch. Musik von Leo Fall.

Montag und folgende Tage: Jung

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Orpheus in der Unterwelt. Burleske Oper in zwei Aufzügen von Offenbach. Abends 8 Uhr: Der Juxbaron. Posse von Pordes⸗Milo und Hermann Haller. Ge⸗ sangsterte von Willi Wolff. Musik von Walter Kollo.,

Montag und folgende Tage: Der Jugbaron.

Lustspielhaus. (Friedrichstraße 236.) Sonntag, Abends 8 Uhr: Die spanische Fliege. Schwank in drei Akten von Franz Arnold und Ernst Bach.

Montag und folgende Tage: Die spanische Fliege. 3

Residenztheater. Sonntag, Abends 8 ¼ Uhr: Ein Walzer von Chopin. Schwank in drei Akten von Henri Kéroul und Albert Barré.

Montag und folgende Tage: Ein Walzer von Chopin.

Thaliatheater. (Direktion: Kren und Schönfeld.) Sonntag, Abends 8 Uhr: Wenn der Frühling kommt! Posse mit Gesang und Tanz in drei Akten von Jean Kren und Georg Okonkowsky. Ge⸗ sangsterte von Alfred Schönfeld. Musik von Jean Gilbert.

Montag und folgende Tage: Wenn der Frühling kommt!

Trianontheater. scze cagulte a Bahnhof Friedrichstr.) Sonntag, Nach⸗ mittags s Ühr (kleine Preise) und Abends 8 Uhr: Die Notbrücke. Lustspiel in drei Akten von F. Grésac und F. Croisset.

Montag und folgende Tage: Die

Shakespeare⸗Zyklus: Was ihr wollt.

Montag bis Freitag: Pygmalion.

Notbrücke.

Das Mirakel. Montag und folgende Tage: Dar Mirakel.

Familiennachrichten.

Verlobt: Fril. Dorothea von Bischoßt hausen mit Hrn. Regierungsassesst Götz von Götz (Witzenhausen— Cassel Frl. Margarete Seidel mit Hr. Dr. Kurt Oppenheim (Berlin Berlg Schöneberg). Frl. Alette Bullrt mit Hrn. Hans von Boddien (Heey bei Bielefeld).

Verehelicht: Hr. Leutnant Wrede 1 Frl. von Wallmoden 888 Wallmoden Hr. Regierungsassessor Friedel Sche mit Frl. Christa von Schmiterl (Berlin⸗Grunewald).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Haup mann Waldemar Grafen Stillfii (Danzig). Hrn. Oberleutnant Ec von Wallenberg⸗Pachaly (Breslau). Eine Tochter: Hrn. Helmuth ve Brüning (Homburg v. d. H.).

Gestorben: Hr. esei. Gehein⸗ Oberpostrat a. D. Griesbach (Berl⸗ Friedenau).

Verantwortlicher Redakteur: Direktor Dr. Tyrol in Charlottenbuldg

Verlag der Expedition (Heidrich) in Berlin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei m⸗ Verlagsanstalt, Berlin, Wilhelmstraße Neun Beilagen (einschließlich Börsenbeilage),

und ein Nummernverzeichnis der 4 1. Mai 1914 in 99. Verlosung 9 zogenen Pfandbriefe der Bayerische

otheken⸗ und Wechsel⸗Bank in München.

Berichte von deutschen Getreidebörsen und Fruchtmärkten.

Berlin, Sonnabend, den 9. Mai

Hauptsächlich gezahlte Preise für 1 t (1000 kg) in Mark

mittel

—. 2. 28

Königsberg i Danzig. Berlin

Stettin

Breslau

Crefeld

Cöln.

Dresden Mainz. Hamburg Straßburg i. Els.

203 205 205 207 203 207 210 217,50 201 204 203 206

166 169,50 163 160 162 167 170 167 170 167 169 170 175 169 172 170 172

175 177 174 177 169 172 185 167 171 175 178

82

Roggen

Hafer

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U

Braugerste Futtergerste

Bayerische Marktorte

V mittel V

gut mittel I gering gut

V mittel

gering mittel gering gut gering

646“* Berlin, den 9. Mai 1914.

AI2 8 V

164

198 161 158 151 152

Kaiserliches Statistisches Amt. Delbrück.

162

188 V 166 162 V 160 168 V

Deutscher Reichstag. Sitzung vom 8. Mai 1914, Vormittags 10 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Nach Erledigung der zunächst auf der Tagesordnung stehenden Anfragen und nach der dritten Beratung des von dem Abgeordneten Speck eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Abänderung der Zivilprozeßordnung, worüber in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden ist, ses das Haus die zweite Beratung des Entwurfs eines Ge⸗ etzes, betreffend die Feststellung des Reichshaushalts⸗ etats für das Rechnungsjahr 1914 nebst Ergänzung, und zwar: des „Etats für die Verwaltung des Reichsheeres“, fort.

Abg. Gothein ffortschr. Volksp.): Der Kriegsminister hat eine Besserstellung der Sanitätsoffiziere in Aussicht gestellt, aber leider nicht so, daß ihnen ein Teil der Studienzeit auf das pensionsfähige Dienstalter angerechnet wird. Es solle das Patent dieser Offiziere, die das Abiturientenexamen gemacht haben, zurückdatiert werden, damit sie hinter den anderen Offizieren nicht ncee Eine Preßabteilung ist notwendig, wenn sie sich darauf beschränkt, der Presse Auskünfte zu seben, die i2 unbedingt braucht. Der sozialdemokratische Redner hatte gegen ein solches Vermittlungsbureau gestern auch nichts einzuwenden.

a Leider war eine Verständigung bisher nicht möglich. Es liegt hier unbedingt ein Bedürfnis vor. Ein Bedürf⸗ nis zur Besetzung der Stellen aktive Offiziere vermögen wir allerdings nicht anzuerkennen. Dem Kriegsministerium hat es an der nötigen Geschicklichkeit gefehlt, eine Verständigung herbeizuführen. Weshalb es zur Eög hnehng kam, war der Umstand, daß mit dem Preßbureau ein unerhörter Miß

252

0g.

zZbrauch getrieben worden war. Das ist aber kein Grund, die Einrichtung an sich abzulehnen. Jede Sache kann mißbraucht werden. Der Kriegsminister hat zugesagt, daß ein Mißbrauch in Zukunft nicht vorkommen solle, und wenn er auch nur für seine Person sprechen konnte, so können wir uns doch dadurch beruhigt fühlen. Anders stehen wir zu der Auskunftsstelle für verabschiedete Offiziere. Es gibt eine große Reihe von Stellen für verabschiedete Offiziere. Aufgabe des Reiches ist es nicht, im Kriegsministerium eine Stelle zu schaffen, die Offiziere in privaten Betrieben, in der Die Sorge für die Stellung der verabschiedeten Offiziere liegt uns im übrigen gleichmäßig am Herzen. Was die Tätigkeit des Wehrvereins betrifft, so verlangt niemand, daß die Offiziere, die sich an dem Wehrverein beteiligen, von der Mili⸗ tärverwaltung boykottiert werden. Es ist aber nicht zulässig, daß die Bezirkskommandos die Reserveoffiziere auffordern, in die Ver⸗ sammlungen des Wehrvereins zu gehen. Die Verwaltung hat die Pflicht, zu verhindern, daß Bezirkskommandeure oder aktive Offiziere dorthin gehen und andere zwingen, es auch zu tun. In bezug auf das Militärkabinett hat der Kriegsminister zum ersten Male diese Stelle als eine ihm gleichberechtigte koordinierte bezeichnet; über beiden steht die höchste Stelle. Ich habe gefunden, daß die Löwen sich nicht gegenseitig aufgefressen haben, sondern einer den anderen. Ueber die Schwänze, von denen der Minister gesprochen hat, enthalte ich mich einer Nauferun. Der Kriegsminister meinte, wenn es anders werden sollte, müsse die Verfassung geändert werden. In der Reichsverfassung steht zunächst kein ort von dem Militärkabinett. Wo steht aber eine Stelle in der preußischen Verfassung, auf die er sich stützen kann? Artikel 47 sagt, der König besetzt alle Stellen im Heer und Staats⸗ dienst. Daraus geht hervor, daß irgendeine Unterscheidung in der Be⸗ setung des Heeres und der übrigen Stellen des preußischen Staats⸗ dienstes nicht stattfindet. Die Ernennung eines Offiziers ist, wie die jedes Beamten, ein Regierungsakt; darüber kann nicht der geringste Zweifel sein. Zu allen Regierungsakten des Königs ist die Gegen⸗ zeichnung eines Ministers notwendig. Eine Ernennung eines Offi⸗ üts ohne Gegense cheüne des Ministers ist rechtsungültig. Eine Ernennung im Widerspruch mit der Verfassung verwirkt auch den Anspruch auf das Gehalt. Es ist eine schwere Verletzung der preu⸗ ßischen Verfassung, wenn das Militärkabinett die Ernennung gegen⸗ zeichnet. Der Minister hat die Ernennung gegenzuzeichnen, denn er trägt die Verantwortung. Drückt er sich von der Gegenzeichnung, um die Verantwortung nicht zu übernehmen, oder kennt der Minister die Verfassung nicht? Wir vertreten den verfassungsrechtlichen Stand⸗ punkt. Ehstematisch wird von dem Militärkabinett und dem Kriegs⸗ ministerium an den Grundlagen der Verfassung gerüttelt. Selbst⸗ verständlich führt der König nach der Verfassung das 928 Da⸗ durch werden aber die Minister nicht ihrer Verantwortlichkeit ent⸗ sazen. Der König ist nach einem konservativen Kommentator an as Etatsgesetz gebunden. Auf Grund des Etatsrechts haben auch wir mitzusprechen, nicht nur Wünsche vorzubringen, wie der Kriegs⸗ minister glaubte. Dies Recht ist uns in der Verfassung gewährleistet worden. Dies Recht ist so unzweifelhaft, daß ich den Kriegsminister bitten muß, einmal die Verfassung zu studieren. Auf welche Fälle der preußischen Verfassung oder der Konventionen hat er sich bezogen? Eine schneidige und kühne Behauptung vor dem Reichstage schafft noch keine klaren Rechtsverhältnisse. Die Schneidigkeit ist im besten Falle nur ein Surrogat. Imponieren lassen wir uns durch Schneidig⸗ keit absolut nicht. Wir verlangen von jedem Minister, daß er das,

*

Geschäftswelt, unterbringen soll.

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ut

was in der Verfassung steht, gewissenhaft beachtet. Nicht nur die Volksvertreter, sondern auch der Reichskanzler und die Minister haben die Verfassung zu achten. Diese Auseinandersetzung war dringend notwendig. Cs muß eine Legendenbildung verhindert werden, die leider in vielen Köpfen recht viel Unheil angerichtet hat. An dem Recht der Stellenbesetzung rütteln wir nicht. Es darf sich aber nicht eine unverantwortliche Stelle dazwischen schieben. Die staatsrechtliche Kuffaffung des Kriegsministers könnte uns dazu führen, sämtliche Kosten für das Militärkabinett zu streichen. Wir müssen jedenfalls gegen die Auffassung des Kriegsministers Verwahrung einlegen. Nach der preußischen Verfassung sind alle Preußen vor dem Gesetze gleich, alle haben das gleiche Recht, öffentliche Stellen zu bekleiden. Ferner ist der Genuß der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte nach einem weiteren preußischen Verfassungsartikel von dem Religions⸗ bekenntnis unabhängig. Mehrere her Resolutionen, die der Reichs⸗ tag in dieser Richtung im vorigen Jahre beschlossen hat, haben Ant⸗ worten erfahren, die alles andere dher als Befriedigung bei uns er⸗ wecken konnten. Man antwortet uns, die Besetzung der Stellen im Heere erfolge von jeher nur nach der Tüchtigkeit, wegen des Religionsbekenntnisses werde beim Heere niemand zurückgesetzt. Man begreift nicht, wie der Bundesrat den Mut zu dieser Erklärung finden konnte, angesichts der Eingeständnisse, die die beiden Vor⸗ gänger des jetzigen Kriegsministers dem Reichstage gemacht haben. Der Kriegsminister von Einem hat zugegeben, daß Zurückweisungen von Reserveoffiziersaspiranten lediglich deshalb erfolgt sind, weil die Be⸗ treffenden Juden waren, es war also nicht lediglich nach der persön⸗ lichen Tütigkeit entschieden worden. Der Kriegsminister von Heeringen gab 1911 unumwunden zu, daß seit 1885 kein Jude mehr zum Reserve⸗ offizier ernannt worden sei. Die jetzige Erklärung des Bundesrats steht diesen Erklärungen schnurstracks entgegen. Der Kriegsminister von Heeringen gab auch zu, daß es sich um antisemitische Regungen handle, auf die diefe Erscheinung zurückzuführen sei. Der Reichstag hat auch in einer vom Zentrum herstammenden Resolution eine Statistik über die Beförderung nach der Konfession verlangt, und wir müssen hören, daß diese Statistik entbehrlich sei, weil bei der Beförderung nach der Religion nicht gefragt werde. Wie stellt sich denn eigentlich das Zentrum zu dieser Abfertigung? Hinter dieser stolzen Antwort der Berliner hat einen anderen bezeichnenden Ausdruck dafür verbirgt sich lediglich das schlechte Gewissen. Wo ist selbst in den anderen Reichsämtern noch irgend ein Jude als Beamter? Wir sehen auch hier wieder die Richtigkeit des alten Gneistschen Wortes von der Um⸗ kehrung der Verfassung durch die Verwaltung. Ich erhebe hier die öffentliche Anklage, daß alle die Chefs der Reichsämter in dieser Be⸗ ziehung ihre Pflicht nicht tun und die Verfassung verletzen. (Vize⸗ präsident Dove ersucht den Redner, sich in seinen Ausdrücken zu wäsigern, Es existiert ein Erlaß, der besagt, daß, wenn die jüdischen Offiziersaspiranten nicht zu Reserveoffizieren gewählt würden, weil sie sich auch bei persönlicher Tüchtigkeit nicht eigneten, so dürfe man sie auch nicht zu Unteroffizieren⸗ behe ferner werden auf Grund eines anderen Erlasses die jüdischen Einjährigen in immer weiterem Umfange auch von dem Offizierausbildungsunterricht ausgeschlossen. Um Ausreden sind ja die Herren von der Heeresverwaltung nicht ver⸗ legen; der Teufel schlug bekanntlich seine Großmutter, weil sie keine Ausrede wußte. Wunderbar, daß diese Unfähigkeit zum Reserve⸗ offizier sich stets herausstellt, wenn das Taufwasser fehlt! Wir haben es hier mit einer fortdauernden, bewußten Verfassungsverletzung zu tun. Vor hundert Jahren hatten wir aufgeklärte Staatsmänner in Preußen; so etwas gibt es ja anscheinend heute nicht mehr, wir haben in dieser Beziehung einen Rückschritt um Jahrhunderte gemacht. Eine amtliche Denkschrift des preußischen Kriegsministeriums von 1847 spricht sich dahin aus, daß die jüdischen Soldaten sich völlig gleichwertig den christlichen erwiesen hätten; dem Vereinigten Landtage von 1847 wurde amtlich erklärt, daß kein Grund vorliege, die Juden nicht zu Offizieren zu machen, und der Fürst zu Lynar Fia sich auf dem Vereinigten Landtage in demselben Sinne aus. Graf Vorck, der Vater des jetzigen Herrenhausmitgliedes, hielt eben⸗ falls dafür, 168 den Juden alle politischen Rechte gegeben werden müßten; wenn die Juden nicht zu Offizieren vorgeschlagen würden, so sei das ein Makel, der der Verwaltungspraxis anhafte. Man fragt immer, warum sich die Juden in eine Gesellschaft wie das Offizier⸗ korps drängen wollen, wo man sie nicht haben will. Sie tun es, weil sie das Verbot als einen Makel ansehen. Selbst hohe Adlige, wie Graf Ziethen, hielten es für selbstverständlich, daß Juden, die doch auch im Kriege Offizier werden konnten, es auch im Frieden werden müßten. Heute macht die Politik der Konservativen in Preußen ja ihr Generalsekretär Kuntze. Wie tief ist eine Politik gesunken, die sich derartiger Mittel bedienen muß? Selbst Freiherr von Zedlitz hat die Behandlung der Juden im Heere als einen schweren Fehler bezeichnet und auf das österreichische Beispiel hingewiesen. Der Reichstag hat deshalb die Pflicht, auf den Kriegsminister einzuwirken, daß den Bestimmungen der 2 erfassung Rechnung getragen wird. Der Kriegsminister hat ja erst vorgestern erklärt, man müsse jeden Ein⸗ jährigen zum Unteroffizier und Reserveoffizier ausbilden. Das tut man aber bei Juden nicht. Es wird Wert darauf gelegt, ein hohes Ehrgefühl im Offizierkorps zu erhalten. Wie kann das aber möglich

sein, wenn Hauptleute gegwungen werden, wider bessere Ueberzeugung jüdische Einjährige nicht zum Offiziersunterricht zuzulassen. Recht und

Gerechtigkeit müssen im Deutschen Volke immer eine Stätte finden. Das sind wir dem Ansehen unseres Volkes unter den anderen Völkern als Kulturnation schuldig. Abg. Graf Westarp (dkons.): Die Aeußerungen des Dr. Lieh⸗ knecht und des Abg. Gothein zwingen mich doch, auf einige Punkte einzugehen. Dr. Liebknecht meint, daß die Propaganda seiner Partei sich nicht gegen die Armee, sondern nur gegen den Militarismus und den mlhitceischen Geist richtet. Dieser IF des Dr. Lieb⸗ knecht kann nur jemand folgen, der in seinem Blute eine gewisse Anlage zu dem Verständnis der Rabulistik einer Talmutlogik hat. Die Sozialdemokratie will das Heer, wie es bei uns sich geschichtlich ent⸗ wickelt hat, und von allen bürgerlichen Parteien als ein unbedingt not⸗ wendiger Bestandteil unseres Volkes und für die Stützen seiner Welt⸗ stellung betrachtet wird, als Einrichtung beseitigen und durch die Miliz ersetzen. Ein sozialistischer Abgeordneter erklärte auf dem Parteitage in Düsseldorf, die Miliz sei etwas ganz anderes, aus der häßlichen Raupe des Militarismus könne sich niemals der schöne Schmetterling der Miliz entwickeln. Man müsse sie deshalb totschlagen und beseitigen. Damit will man natürlich auch die monarchische Grundlage unseres Heeres beseitigen. Der Fahneneid wird als eine aufgezwungene For⸗ malität bezeichnet, und der Offizier soll nicht mehr in einem persön⸗ lichen Verhältnis des Gehorsams und der Treue zum obersten Kriegs⸗ herrn stehen. Deshalb ist es ein Spiel mit Worten, wenn gesagt wird, man bekämpfe nur den Militarismus. Der Abg. Gothein hat die Frage der verfassungsmäßig rechtlichen Seite des Militärkabinetts ange⸗ schnitten. Die Ernennung und Entlassung von Offizieren müsse nach seiner Meinung vom Kriegsminister gegengezeichnet werden, damit er dem Reichstage gegenüber die politische Verantwortung dafür trage. Das bestreite ich. Bei Einführung der Verfassung hat kein Mensch daran gedacht, in dieses dem König vorbehaltene Recht der Kom⸗ mandogewalt einzugreifen. Seitdem ist dieses Recht ohne jede Gegen⸗ zeichnung ausgeübt worden. Auch die Reichsverfassung hat daran nichts geändert. Deshalb muß die Ernennung und Entlassung von Offizieren als ein Recht des obersten Kriegsherrn erhalten bleiben. Die Ein⸗ führung einer Mitwirkung würde eine schwere Er⸗ schütterung einer der wichtigsten Grundlagen unseres Staatslebens sein. Die Sozialdemokratie unterscheidet im Kampfe gegen unser Heer äußere und innere Organe. Der äußeren, der internationalen Aufgabe des Heeres steht die Sozialdemokratie kühl bis ans Herz hinan gegen⸗ über. Klarer ist ihre Stellungnahme gegenüber der inneren Aufgabe. Hier will sie die Staatsgewalt unbedingt wehrlos machen. Ueber die Formulierung dieses Kampfes und über die Taktik herrschen Meinungs⸗ verschiedenheiten in der sozialdemokratischen Partei. Die Abgg. Süde⸗ kum und Noske, wie Dr. Liebknecht, haben gelegentlich Widerstand mit ihren Ansichten gefunden. Es ist nun aber nicht ohne Vorteil für die Partei, daß sie in dieser Frage eine Politik und Agitation mit doppeltem Boden betreiben kann. Vor fanatisierten Volksversammlungen legt man sich nicht den geringsten Zwang auf. Wo es aber gilt, an Massen heranzukommen, die der sozialdemokratischen Beeinflussung noch nicht bis zum letzten Ende zugängig waren, und es darauf ankommt, die⸗ jenigen, die auf die antimilitaristische Propaganda im Reichstage hin⸗ weisen, ins Unrecht zu setzen, oder einer befreundeten Partei, mit der man ein Dämpfungsabkommen beschlossen hat, keine Ungelegenheiten zu bereiten, da ist eins zwei drei eine mildere Auffassung auf einmal da. Als Kinder haben wir vor solchen Taschenspielerkunst⸗ stücken eine gewisse Ehrfurcht gehabt. Aber auf ernste Politiker kann eine solche Politik mit doppeltem Boden keinen Eindruck machen. Eins steht jedenfalls fest, daß für alle Aeußerungen gegen den militäri⸗ schen Geist die sozialdemokratische Partei als Ganzes verantwortlich ist. Auch diejenigen Mitglieder, die vielleicht hinsichtlich des Tones ver⸗ schiedener Ansicht sind. Der Weg, auf dem dieses Ziel erreicht werden soll, ist verschieden. Mir ist wohl bekannt, daß die eigentliche Kasernen⸗ propaganda von der offiziellen Parteileitung, von den Parteitagen abgelehnt wird, mit gutem Grund, aus Vorsicht, denn wer von den unter der Fahne stehenden Mannschaften sich des Ungehorsams schuldig macht, hat schwere Strafe zu erwarten. Deshalb wird ein anderer Weg gewählt. Der sozialdemokratischen Partei kommt es darauf an, dem Soldaten schon von vorn herein von Jugend auf, ehe er in das Heer eintritt, das Leben in der Kaserne, die militärische Ausbildung zu ver⸗ ekeln. Der Abg. Liebknecht hat gestern mit besonderer Emphase hervor⸗ gehoben, daß der Kriegsminister, als er die „Tägliche Rundschau“ zitierte, einen Satz nicht richtig wiedergegeben habe, wenigstens nicht so, wie er im Protokoll der sozialdemokratischen Jugendorganisation stehe, nämlich den Satz, in dem gesagt wird, man wolle die Bevölkerung mit Abscheu und Ekel gegen den Militarismus erfüllen. (Zuruf des Abg. Liebknecht.) Dieser Satz hat allerdings gefehlt. Auf dem Partei⸗ tag von 1907 ich bitte Sie, die Seiten 246, 247, 251 und 392 des Protokolls nachzusehen hat der Abg. Liebknecht u. a. ausgeführt, daß es die erste Aufgabe sei, den jungen Leuten den Kasernendrill zu ver⸗ ekeln, die Verekelung des Militarismus sei Pflicht, man müsse das zum Bewußtsein bringen. Worauf es ankommt, ist doch das Bestreben, den Mannschaften vor dem Eintritt in die Kaserne das ganze Militär⸗ leben, den ganzen Militarismus, wie Sie es nennen, den ganzen militärischen Geist, den Sinn für Gehorsam, Disziplin und Dienst⸗ freudigkeit, zu verekeln. Zweck und Ziel ist, den militérischen Geist als solchen zu zersetzen und zu zermürben. Das ke Sie (zu den

Sozialdemokraten) nicht leugnen. Zu diesem Zweck wenden Sie sich 6