Abg. Giesberts Ich möchte feststellen, daß die gestrigen Worte des Abg. Haenisch nichts anders aufzufassen waren als eine Aufreizung zum Klassenhaß, wenn er die Tätigkeit der jungen Arbeiter und der gleichaltrigen Studierenden und Primaner in der Weise gegenüberstellte. Auf weiteres will ich jetzt nicht eingehen, nach⸗ dem der Abg. Haenisch offenbar einen Rückzug angetreten hat.
Abg. Haenisch (Soz.): Ich darf nur erklären, daß mir nichts erner gelegen hat, als hier einen solchen Rückzug anzutreten, wie der nb Giesberts (Glocke des Präsidenten), sonst müßte ich mich ja schämen, ein Preuße zu sein.
Die Ausgaben zur Förderung der Jugendpflege werden bewilligt, die Uebersicht über die Ausbildung von Jugend⸗ pflegern und ⸗pflegerinnen wird nach Kenntnisnahme für er⸗ ledigt erklärt.
Ohne Debatte werden die einmaligen und außerordent⸗ lichen Ausgaben für das gesamte Elementarunterrichtswesen bewilligt.
Ebenso werden ohne Debatte die allgemeinen Fonds be⸗ willigt.
Es folgen die Etatstitel für Kunst und Wissen⸗ schaft. Die Einnahmen werden ohne Debatte genehmigt.
Bei dem Ausgabenkapitel „Kunst und Wissenschaft“ be⸗
richtet der “ 8 8 Dr. von Campe (nl.) über die Verhandlungen der Kom⸗ mission. 8 Abg. Dr. Irmer (kons.): Das Kapitel „Kunst und Wissenschaft ist für uns eine Art Erholungsstation. Es müßte schon ein ganz be⸗ sonders findiger Kopf sein, der hier parteipolitische Erörterungen hereinziehen könnte. Die in dem Kapitel für Kunst und Wissenschaft ausgesetzte Gesamtsumme ist nicht sehr hoch, aber es wäre ein Irrtum, anzunehmen, daß diese Summe alles wäre, was der preußische Staat für Kunst und Wissenschaft ausgibt. Wenn ein Staat so reich ge⸗ worden ist wie Preußen, dann treten allerlei Anstandspflichten an ihn heran zur Förderung von Kunst und Wissenschaft, und. ich glaube, es kann niemand sagen, daß Preußen diese Anstandspflichten nicht erfüllte. Selbstverständlich müssen sich diese Ausgaben in dem Rah⸗ men der sonstigen taatsbedürfnisse halten. Ich erinnere nur an. die Besoldungsfragen, die noch große Anforderungen an die Staatsmittel stellen werden. Neben der Kunst am Tage, die der Staat unterstützt, gibt es allerdings unerfreuliche Erscheinungen, wie die Kabaretts und Varietés, die nur um Mitternacht ihre Künste produzieren. Diese haben nichts gemein mit Kunst und Wissenschaft. Bei den Museumsneu⸗ bauten in Berlin haben wir große Summen aufwenden müssen für den Kolk. Zur Ueberwindung von Terrainschwierigkeiten müssen stets sehr hohe Summen ausgegeben werden. Der Staat übt eine große Belebung auf den allgemeinen Kunstgeschmack aus. Unsere Museen ollen einen monumentalen Charakter tragen, aber nicht überladen sein; 8 sollen einen ernsten Rahmen und keine überflüssige Dekoration Rauchmuseum für Gipsabgüsse, errichtet werden. Das alte Museum in der Klosterstraße habe ich öfters be⸗ sucht, aber es war gewöhnlich niemand drin. Der Direktor hat für die Hebung des Heüche. gewiß sehr viel getan, aber der Kunstfreund sieht sich lieber die riginale an. Man sollte statt dessen ein Museum errichten, für das auch die Kunstfreunde eingenommen sind, in dem die Originalabgüsse der Berliner Künstler aufgestellt werden. Das Kapitel „Kunst und Wissenschaft“ sollte dieses Mal besser heißen: Wissenschaft und Kunst. Prrugen hat in bezug auf die Kunst sehr viel nachzuholen, besonders den anderen Bundesstaaten gegenüber. Unsere Bibliothekgebäude sind die besten der ganzen Welt. Ich kann das be⸗ urteilen; denn ich habe in den meisten im In⸗ und Auslande ge⸗ arbeitet. Man kann es unseren Studenten gar nicht verdenken, wenn sie nicht mehr in die Kneipen, sondern in die Königliche Bibliothek gehen wollen. Die Handbibliotheken müssen vermehrt werden, um das lästige Warten, besonders an der Königlichen Bibliothek, zu ver⸗ meiden. Die Frequenz der Akademie in Posen ist sehr zurückgegangen. Professor Hans Delbrück hat gesagt: Die Akademie in Posen kann nicht keben und nicht sterben. Die Posener sagen, es sei eine Leihbibliothek für die jungen Mädchen. Die Worte des Professors Delbrück sind zweifel⸗ los übertrieben. Daß die Zahl der eingeschriebenen Hörer zurück⸗ gegangen ist, erklärt sich schon aus dem Mangel einer Abschluß⸗ prüfung. Die Akademie in Posen soll eine Stätte der Pflege deutschen Kulturlebens sein. Die staatswissenschaftlichen Forthildungskurse für Lehrer an dieser Akademie sind eine ausgezeichnete Einrichtung. Der Lehrplan dieser Kurse umfaßt fast alle Gebiete, sodaß die Kurse wohl Anspruch auf den Namen einer Akademie erheben können. Es wäre zu wünschen, daß unsere Auslandsbeamten, wenn sie längeren Heimats⸗ urlaub haben, an diesen Kursen gleichfalls teilnehmen. Die Musik⸗ seuche in Berlin hasse ich von ganzem Herzen. Ich kann wohl gute und schlechte Musik unterscheiden. Bei dem heutigen Kunstgeschmack soll man beim Ankauf von Kunstwerken aller Art vorsichtig sein. Man oll sie lediglich nach dem dauernden Werte beurteilen. An der jetzigen Kunstrichtung tragen die Kunstfreunde selbst Schuld. Wir haben die wundervollen Kunstwerke der italienischen und holländischen Malerei ind auch die wundervollen Bronzen, die von dauerndem Werte sind, überall herrscht ein echter künstlerischer, vornehmer Geschmack. Der etzigen Kunstrichtung fehlt die Ehrfurcht vor dem Geiste der früheren Zeit. In die Nationalgalerie sollten nur wirkliche Meister hinein⸗ Sie sollte eine abwartende Stellung gegenüber der Mo⸗ Das Kaiser Friedrich⸗Museum, früher das Aschen⸗ t das volle Bürgerrecht erworben. Das Ordinarium Museen ist nicht zu hoch, besonders im Vergleich mit dem Aufwande, den Nordamerika treibt. Für den Schutz der Natur⸗ denkmäler muß alles geschehen, was überhaupt geschehen kann. Dem Vogelmord in Deutschland muß gesteuert werden. Aber Durch⸗ greifendes kann hier nur erreicht werden, wenn der Vogelschutz durch internationale Abmachungen auch in anderen Ländern, namentlich in Italien, sichergestellt ist. Bei der staatlichen Denkmalpflege soll auch die Verehrung vor den großen Geistern der Welt zum Ausdruck kommen. Das Autoritätsgefühl im Volke ist heute vielfach verloren geqangen. Das beweist die Schändung des Kaiser Friedrich⸗Denkmals. Diese Schändung ist um so verächtlicher und empörender, als sie an dem Denkmal eines der edelsten Männer der Zeit und eines Lieb⸗ lingsbelden unserer Nation verübt worden ist. Ich möchte noch recht warm an das harte Herz unserer Finanzverwaltung appellieren, daß sie in Dingen der Kunst und Wissenschaft nicht allzu sparsam ist. Abg. Dr. Kaufmann (Hentr.): Die Mittel für Kunst und Wissenschaft müssen nach Maßgabe der Bedürfnisse stetig erhöht wer⸗ den. Die Arbeiter der Berliner Museen bitten in einer Petition um Regelung der Löhne und der Arbeitszeit. Ich möchte dem Kultus⸗ minister diese Wünsche recht warm ans Herz legen. Wir haben ein großes Interesse daran, daß die Kunst auf dem Lande gegenüber den großen Städten nicht zu kurz kommt. Mit der Tätigkeit der Kon⸗ servatoren können wir durchaus zufrieden sein, dies gilt namentlich von der Katalogisierung der Kunstschätze. Nach der Beendigung der Neuordnung der Nationalgalerie bekommen wit hoffentlich recht bald einen Katalog hierfür. Der Katalog des Kaiser Friedrich⸗Museums 8 bedarf in manchen Teilen einer Berichtigung. 8 Abg. Dr. Lohmann (nl.): Der Vertreter des Finanzministeri⸗ ums hat sich darüber ausgesprochen, daß unsere Ausgaben für Kunst und Wissenschaft namentlich im Extraordinarium wieder auf das normale Maß zurückgeführt werden müssen. Ich muß mich dagegen wenden, daß diese Ausgaben zu hoch sind. Unser Wohlstand im Lande ist so gestiegen, daß, wir zu solchen Aufwendungen durchaus berechtigt sind. Wir haben einen Verein deutscher Kunst im Auslande. Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, deutsche Kunst ins Ausland zu tragen. Er will den Zweck erreichen vor allem durch die Ausstellung deutscher Kunstwerke im Auslande; die Gesellschaft könnte ihr Ziel besser erreichen, wenn ihr der Staat einen, wenn auch nur kleinen Zu⸗ schuß gewährt. Das Bestreben, gute Kunst in das Haus des Mittel⸗ standes zu bringen, könnte noch dadurch gefördert werden, daß gute Kopien alter und anerkannter Meister geschaffen werden. Abg. Kanzow sfortschr. Volksp.): Ich bitte den Minister, da⸗ für zu sorgen, daß an der Hochschule für Musik die Deutschen nicht wie
haben. Jetzt soll ein neues
jetzt unter dem zu großen Andrange der Ausländet zu leiden haben. Ferner bitte ich den Minister, uns darüber Auskunft zu geben, was er getan hat, um die Kunst gegen die Angriffe zu schützen, die im Namen r „Sittlichkeit“ gegen sie erhoben worden ind. Viele Millionen sind schon für das Ausstellungsgebäude am zehrter Bahnhof ver⸗ pulvert worden. Die Künstler nennen das Gebäude das Gewächshaus. Es ist Sache des. Staats, im Interesse der Kunst für ein modernes Gebäude zu sorgen. Daß der Ausstellungspark nicht zur Förderung der Kunst, sondern zu ganz anderen Zwecken dient, wissen wir jg alle. Befremdlich war die sprechung der Berliner Gerichte in Sachen
echts 1 der Reproduktionen von Kunstwerken. Während diese Kunstwerke als hat man die Re⸗
solche gewertet und öffentlich ausgestellt werden
produktionen als unsittlich bezeichnet. Der sächsische Kultusminister
hat auf diese befremdliche Erscheinung in der sächsischen Kammer hin⸗ ewiesen und hat dabei hinzugefügt, daß er sich mit dem sächsischen Fustizminister in Verbindung gesetzt habe, und dieser habe erklärt, man werde bei der Strafrechtsreform dafür sorgen müssen, daß eine solche Rechtsprechung unmöglich gemacht werde. Ich möchte den Minister fragen, warum die Verleihung der Medaillen an die prä⸗ miierten Künstler in der Ausstellung im vorigen Jahre so spät erfolgt ist, und zwar erst, nachdem die Ausstellung schon geschlossen worden war? Die Künstler haben ein großes ideelles und materielles Interesse daran, daß die Verleihung vor Schluß erfolgt. Warum sind bei der Verleihung die Vorschläge der berufenen Kunstverständigen nicht be⸗ rücksichtitt worden? Geheimer Baurat Licht in Leipzig und Pro⸗ fessor Stuck in München waren vorgeschlagen worden, aber andere haben die Medaillen erhalten. Gewiß ist die Verleihung der Medaille Sache des Königs, aber ist der Minister wirklich mit dem nötigen Nachdruck für die Vorschläge der Sachkundigen eingetreten? Unsere Medaillen entsprechen durchaus nicht den Fortschritten der Medailleur⸗ kunst. Im Interesse der Kunst und der Künstler könnte das Bild unseres Monarchen besser geprägt werden. Die Meisterateliers sind zum Teil recht lange vakant geblieben. In einem Falle haben die Er⸗ wägungen ein Jahr und zehn Monate gedauert, und in einem anderen Falle dauern sie gar schon über drei Jahre und sind noch nicht zum
Abschluß gelangt. Im Interesse der Förderung des Kunstverständnisses
wäre es wünschenswert, wenn die Bevölkerung kleinerer Orte mit billigen Sonntagsfahrkarten nach Berlin gelangen könnte, um hier die Museen zu besuchen. Der Redner bespricht hierauf im einzelnen noch die Lage der Meseumsangestellten.
Minister der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten D. Dr. von Trott zu Solz:
Meine Herren! Der Herr Vorredner hat mich mit Fragen und Bitten einigermaßen überschüttet. Ich bin daher nicht in der Lage, ihm auf alle diese Fragen und Bitten gleich die Antwort zu geben; auf einige derselben möchte ich aber doch noch eingehen.
Er ist darauf zurückgekommen, was er schon in der Kommission vorgetragen hatte, auf die Verleihung von Medaillen und den Ankauf von Bildern für unsere Museen. Er hat sich danach er⸗ kundigt, in welcher Weise Seine Majestät der König sich die Unter⸗ lagen für seine Entscheidungen beschaffte. Ich muß es ablehnen, darüber hier in diesem hohen Hause eine Erklärung abzugeben. (Hört, hört! links.) Selbstverständlich trage ich dem Hause gegenüber die Ver⸗ antwortung für diese Entscheidungen und ich bin auch bereit, diese Ver⸗ antwortung zu übernehmen. Im übrigen bin ich der Ansicht, daß die Künstler den Wert der Verleihung dieser Medaille namentlich darin sehen, daß sie von Seiner Majestät dem König verliehen wird.
Ueber die Form der Medaillen habe ich auch schon in der Kom⸗ mission Auskunft gegeben, und daran erinnert, daß diese Medaillen aus alter Zeit stammen, daß es doch vielleicht einen Akt der Pietät be⸗ deutet, wenn man diese althergebrachten Medaillen, die seit Jahr⸗ zehnten für diese Zwecke verliehen werden, in ihrer bisherigen Form erhält.
Dann hat der Herr Abg. Kanzow nicht nur Dinge aus meinem Ressort mir ans Herz gelegt, sondern darüber hinaus auch noch andere Angelegenheiten. Er hat mich gebeten, ich möge mich beim Herrn Eisen⸗ bahnminister verwenden. Ich bin gern bereit, das in Erwägung zu ziehen; aber vielleicht hat der Herr Abg. auch die Gelegenheit, dem Herrn Eisenbahnminister seinen Wunsch selber vorzutragen. (Heiter⸗ keit.)
Wenn er dann meine Verantwortung auch auf einen Verein erstrecken wollte, der sich, glaube ich, Verbindung für historische Kuast nennt, so kann ich hier leider nichts tun. Denn das ist ein rein privater Verein. Wenn in diesem Verein ein Beamter des Ministeriums als Schriftleiter tätig ist, so kann daraus irgend eine Verantwortung bezüglich dieses Vereins für mich nicht entnommen werden. Vorsitzender des Vereins ist der betreffende Herr nicht. Uebrigens höre ich, daß die Verzögerung, über die sich Herr Abg. Kanzow beklagte, dadurch herbeigeführt worden ist, daß über 300 Bilder angemeldet waren, und daß die Auswahl dieser Bilder, die sehr sorg⸗ fältig vorgenommen worden ist, eine gewisse Zeit beanspruchte. Aber, wie gesagt, es soll so sein; ich kann dafür irgend eine Verantwortung nicht übernehmen und auch nicht die Verantwortung dafür tragen, wenn da etwas nicht so gemacht worden ist, wie Herr Abg. Kanzow es sich wünschte.
Ueber die Besetzung der Meisterateliers habe ich auch schon gesprochen und hervorgehoben, daß diese Meisterateliers nicht in erster Linie Lehrstellen sind, daß sie für hervorragende Künstler bestimmt sind, als Ateliers zu dienen. Es sind vorwiegend akademische Stellen, sodaß irgend ein Schaden dadurch, daß ein Meisteratelier einmal längere Zeit unbesetzt bleibt, nicht entsteht. Es ist aber not⸗ wendig, bei der Prüfung der Auswahl mit Vorsicht zu verfahren; das werden Sie mir zugeben. Nun erkenne ich an, daß allerdings hinsicht⸗ lich der Besetzung des Meisterateliers für Architektur die Zeit schon etwas lange hingegangen ist, seitdem das Atelier frei geworden ist. Ich kann Ihnen aber versichern, daß ich mich gerade mit dieser Frage wiederholt beschäftigt habe, und daß es zurzeit ganz außerordentlich schwer ist, dafür den geeigneten Mann zu finden. Ich bin natürlich bei diesen Dingen auf das Gutachten von Sachverständigen auf dem betreffenden Gebiete angewiesen, ich habe auch nach allen Richtungen Gutachten eingezogen und muß doch gestehen: ich bin heute noch nicht in der Lage, mich darüber schlüssig zu machen, wen ich in dieses Meister⸗ atelier berufen soll. Es ist nicht Saumseligkeit, sondern es sind wirk⸗ lich schwierige Fragen, die mir hier vorliegen und über die ich mich, wie gesagt, noch nicht habe schlüssig machen können. Ich hoffe aber, daß das nun bald geschieht, was ich allerdings mit Herrn Abg. Kanzow für wünschenswert halten würde.
Dann ist der Herr Abgeordnete Kanzow zuletzt in seinen Aus⸗ führungen auf die Unterrichtsanstalt bei dem Kunst⸗ gewerbemuseum eingegangen und hat zurückgegriffen auf Er⸗ klärungen, die vor 10 Jahren oder vor noch längerer Zeit bezüglich des Wunsches, den er heute hier vorgetragen hat, schon abgegeben wor⸗ den seien. Es ist aber doch inzwischen, in diesen 10 Jahren, einiges auf diesem Gebiete geschehen, es sind gewisse Verbesserungen für einen
können aber diese Herren, die dort in der Unterrichtsanstalt tätig sindz nicht einfach wie Beamte stellen, darunter würde die Unterrichtsanstalt selbst leiden. Das ist unter Umständen für die Einzelnen eine Härte, aber ich glaube, im Interesse des Instituts wird man grundsätzlich daran festhalten müssen. Besonders möchte ich betonen, daß Herr Professor Bruno Paul, der an der Spitze dieser Anstalt steht, nicht nur ein hervorragender Künstler, sondern auch ein ausgezeichneter Leiter dieser Anstalt ist. Daß bei der Verwendung der Herren, die an dieser Anstalt angestellt sind, natürlich nicht die Anciennität, son⸗ dern nur die künstlerische Qualität maßgebend sein kann, das versteht sich von selbst und wird mir auch Herr Abgeordneter Kanzow zu⸗ gestehen. Daß da mit Recht Klagen über eine ungerechte Bevorzugung erhoben worden seien, ist bis jetzt zu meinen Ohren nicht gekommen; es ist das erstemal, daß ich etwas derartiges höre. Sollten solche Klagen berechtigt sein, so wird gewiß Abhilfe geschaffen werden; aber, soweit ich über diese Dinge orientiert bin, kann ich nicht an⸗ nehmen, daß die Klagen berechtigt sind.
Abg. Dr. Pach nicke (fortschr. Volksp.): Bezüglich der Ver⸗ leihung. der Medaillen und deren rechtzeitiger Bekanntgabe bezog sich der Minister auf das Recht des Königs und seine eigene Verant⸗ wortung. Er wird aber verstehen, wenn wir den Wunsch haben, daß die Bekanntgabe der Verleihung baldmöglichst erfolgt. Das liegt sowohl im Interesse des Publikums als auch des Künstlers. Für den letzteren hat es auch ein großes materielles Interesse. Ich unter⸗ stütze die Anregung auf Verlängerung der Besuchszeit der Museen. Gerade am Sonntagvormittag sind die Museen erst von 11 ½¼ Uhr an geöffnet. Die Kunst ist Lebensbedürfnis und sollte Gemeingut der Bevölkerung werden. Die Kunstpflege ist zugleich eine wirt⸗ schaftliche Notwendigkeit. Die Ziele der Kunst sind nur zu erreichen, wenn man die Mäzenatenhand hat. Dann möchte ich die Anregung geben, einen Literatur⸗ und Kunstrat zu schaffen, der den Behörden mit sachverständigem Rate zur Seite zu stehen hätte. In Bayern ist eine solche Einrichtung vorhanden. Dann ist nötig, die ausgestellten Gegenstände in den Museen besser und einheitlicher zu gestalten. Die Bezeichnung ist unzureichend, die Schrift unleserlich. Es muß unser Ziel sein, alle Kunstveranstaltungen so nahe wie möglich an die dreiten Massen des Volkes heranzubringen. In diesem Zusammen⸗ hange möchte ich anregen, für die billigeren Plätze in den Königlichen Theatern die Ausgaben für Garderobe und T heaterzettel abzuschaffen. Diese Ausgaben steigen immer mehr; sie bilden für die kleineren Leute eine erhebliche Belastung. Man hat die Zulassung der Frauen zu der Kunstakademie versagt. Deshalb hat die Stadt Düsseldorf beschlossen, eine selbständige Kunstschule für Frauen in Düsseldorf zu errichten. Die Stadt will das Gelände hergeben und eventl. auch das Gebäude errichten. Für den Staat käme nur eine laufende Unter⸗ stützung in Frage. Ich hoffe, daß die Regierung diese Unterstützung bewilligen wird. Bereits im vorigen Jahre wurde angeregt, fakul⸗ tative staatliche Prüfungen für Musiklehrer und für die Leiter der Musikschulen einzuführen. Dieser Wunsch läßt sich unschwer erfüllen. Fs soll kein Musiklehrer gezwungen werden, diese Prüfung abzulegen; aber den Vorwärtsstrebenden soll dadurch eine Möglichkeit zum Weiterkommen geboten werden. Ich hoffe, daß der Minister diese Anregung in nächster Zeit verwirklicht. Wenn die Verwaltung mit Energie alle ihre Aufgaben zu erfüllen sucht, wird auch die staatliche Kunstpflege eine Quelle reichen Segens für das ganze Volk werden.
Die Debatte wird geschlossen.
Zur Geschäftsordnung bemerkt der 1“
1 Abg. Ad. Hoffmann (Soz.): Ich stelle fest, daß bei diesem Titel des Kultusetats dem Redner der Sozialdemokratie abermals das Wort abgeschnitten ist. Wir nehmen es mit unserer Aufgabe durchaus ernst. (Lachen rechts.) Das mag Ihnen lächerlich vor⸗ kommen, uns ist es Ernst. Es haben zwei Freisinnige gesprochen; uns läßt man aber nicht zu Worte kommen, obgleich Angriffe gegen uns erhoben worden sind, daß wir gegen die Kunst seien.
Bei den Ausgaben für die Nationalgalerie in Berlin beantragt die Budgetkommission:
6 Regierung zu ersuchen, auf eine Vergrößerung der Räum⸗ lichkeiten der Porträtgalerie in der Schinkelschen Bauakademie in
Berlin durch 1 eberweisung des ganzen ersten Stockwerks dieses
Gebäudes zu diesem Zwecke bedacht zu sein und in den nächsten
Etat eine ausreichende Summe einzustellen zur Anschaffung von
Porträts der älteren und der neueren Kunst.
Abg. Dr. Kaufmann (Sentr.) spricht sich zugunsten dieses Antrages aus. Neben der Notwendigkeit, die Porträtgalerie zu er⸗ weitern, komme als Grund auch die Erhaltung des schönen Schinkel⸗ schen Gebäudes der Bauabademie in Betracht. Die Porträtgalerie werde jetzt nur aus den Beständen der Nationalgalerie gespeist, für sie selbst gebe es keinen Posten im Etat. Deshalb habe die Kom⸗ mission die Erweiterung der Porträtgalerie beantragt.
Abg. von Bülow⸗Homburg (nl.) empfiehlt gleichfalls die Erweiterung der Porträtgalerie und die Annahme des Kommissions⸗ antrages. 8
Der Antrag der Kommission wird angenommen.
Darauf vertagt sich das Haus.
Präsident Dr. Graf von Schwer in bemerkt, daß die zweite Beratung des Etats bis zum Sonnabend unbedingt erledigt und des⸗ halb morgen die Beratung des Kultusetats zu Ende geführt werden müsse, wenn nicht anders, durch eine Abendsitzung.
8 Schluß 6 Uhr. Nächste Sitzung Mittwoch 11 Uhr. (Kultusetat, einzelne noch ausstehende Etatstitel aus anderen⸗
Etats.)
Koloniales.
Pflanzungen an der Tanganjikabahn in Deutsch Ostafrika.
Daß die Tanganjikabahn zu ihren Seiten ein wirtschaftliches Leben hervorgerufen hat, ist schon oft besprochen worden. Das Hinterland von Daressalam und die Gegend von Morogoro konnten erst erblühen, seitdem der Schienenweg zur Verfügung steht. Nach der „Deutschostafrikanischen Zeitung“ ist im letzten Jahre die Zahl der Pflanzungen bei der Hauptstadt und im Bereiche der Eisenbahn auf über hundert gestiegen. Rund 400 ha sind von Europäern mit Kokospalmen bevpflanzt, wovon ein großer Teil schon Erträge abwirft. Dabei wird weniger die Gewinnung von Kopra bezweckt. weil die frischen Nüsse in Daressalam immer Absatz finden. Eine Musterpflanzung ist Enkenau mit seinen vorzüglichen Sisalanlagen. In letzter Zeit sind mehrfach Kautschukpflanzer zum Anbau dieser Faseragave übergegangen. Ein großes Unternehmen mit erheblichem Kapital soll zurzeit im Ent⸗ stehen begriffen sein. An einigen Stellen haben auch zur Zeit des größten Tiefstandes der Kautschukpreise die Pflanzer mit gutem Verdienst arbeiten können, da sie durchweg über in der Nähe wohnende Ein⸗ der hohen Bodenfeuchtigkeit besonders gute Zapfresultate ergeben. Um Lebensmittel und Baumwolle zu bauen, haben sich in der Gegend des oberen Ruwu einige kleinere Pflanzer nieder⸗ gelassen. Weiter landeinwärts um g herum ist ebenso wie in Westuluqguru fast alles freie Land vergeben. Im Westteil der Mkattasteppe grenzt nördlich und südlich der Bahn jetzt Pflanzung an Pflanzung, und der Bahnhof Kilossa ist einer der Hauptverkehrsorte an der Strecke geworden. Hier wird in erster Linie Baumwolle gebaut, und nach einigen Fehlschlägen
Teil der dort Angestellten herbeigeführt worden. Meine Herren, wir
scheint man den rechten Weg gefunden zu haben.
Gleiwitz ..
Viesbaden
geborene zu billigen Lohnsätzen verfügen und ihre Bestände infolge⸗
Die letzten
pflanzungen landeinwärts findet man an der Bahn am Westrand des roßen Grabens bei Saranda und Manvoni, wo es auch zu Reugründungen gekommen ist. Eigentliches Pflanzungswesen wird vort oben, etwa 600 km von der Küste, kaum je aufkommen, doch rechnet man wegen des günstigen Klimas und der guten Wachstums⸗ erhältnisse für Lebensmittel mit guten Erfolgen im Vieh⸗ und Farm⸗
Der Gesamthandel Deutsch Ostafrikas im Jahre 1913
Wie im „Deutschen Kolonialblatt“ mitgeteilt wird, beträgt nach den vorläufigen Feststellungen der Wert des Außenhandels des
8
Schutzgebiets Deutsch Ostafrika im Kalenderjahre 1913 run 88,9 Millionen Mark gegen 81,7 Millionen Mark im 8* 1912, und zwar der Wert der Einfuhr 53,4 Millionen Mark gegen 50,3 Millionen Mark, der Wert der Ausfuhr 35,5 Millionen Mark
gegen 31,4 Millionen Mark im Vorjahre. 8 Zuzug von Chinesen nach Tsingtau.
Den „Mitteilungen der Deutschen Kolonialgesellschaft“ zufolge
ist der Zuzug von Chinesen nach Tsingtau noch immer stark, und die Nachfrage nach Bauland hält dauernd an. Demgemäß soll in Kürze bei Taitungtschen und Taihsitschen neues Baugelände eröffnet werden. Die Grundstücke werden jetzt unter den gleichen Bedingungen wie die
in Tapautau vergeben werden. In Taihsitschen ist an de
auch europäische Bauweise vorgesehen. Bei - cht, vder Han 3 b bisher nur zu Pachtrecht überlassen sind, denkt man auch an den Ueber⸗ gang zu dem in Tapautau üblichen Besitzrecht. Wo käufliche Er⸗ werbung nicht ohne weiteres möglich sein sollte, will man den Be⸗ sitzern entgegenkommen durch Einführung von Rentenabzahlungen. Die Vorarbeiten sind dafür aber noch nicht ganz beendet. Bei der weiteren Erschließung von Taihsitschen werden natürlich auch weitere umfangreiche Straßenanlagen notwendig. Die Pläne sind weit vor⸗ ausschauend. So wird z. B. gleich von vornherein auch die Möglich⸗ keit einer künftigen Straßenbahn in Rechnung gestellt, die Taihsitschen in einer großen Ringstraße umziehen würde.
Die Fleischpreise im Kleinhandel in Preußen Mitte
Statistik und Volkswirtschaft.
April 1914.
Nach der „Stat. Korr.“ betrugen in der Mitte des Monats April 1914 in Pfennigen die Durchschnittspreise für 1 Kilogramm:
Rindfleisch
Och
senfleisch 1 1 Skleisch
2 “ Zerichtsorten ¹)
uerrippe, Kochfleisch vom Vorder⸗
(Oberschale, Schwanzstück, Blume) Fehlrippe]) (Oberschale,
Markthallenpreise (M) Schwanzstück, Blume)
Dünnung, Hals
Ladenpreise (L), Markt⸗ bez. [dicke
viertel (Brust u. Rippen Bratfleisch von der Keule I
Bratfleisch von der Keule b Kochfleisch vom Vorder⸗ Kochfleisch von Bauch,
8 1
Ha
Fehlrippe)
(Oberschale, Schwanzstück, Blume) Fehlrippe]) Kochfleisch
[dicke Querrippe, Idicke Querrippe, Rippen, Hals)
Dünnung, Bratfleisch (Keule)
viertel (Brust u. Rippen Bratfleisch (Keule)
Kochflei sch von Bauch, Kochfleisch von Bauch, Kochfleisch (Vorderfleisch,
viertel (Brust u. Rippen
Bratfleisch von der Keule Kochfleisch vom Vorder⸗
Hammel⸗
8, Dünnung)
I
Hal
(Brust,
inländ. geräuch. roher Schinken
Schweinefleisch
8
d. geräucherter
Kotelettes (Karbonade) Keule, Schulter (kurz abgehauen), Kamm im Ausschnitt Schweinespeck
inlän inländisches Schweine⸗ schmalz
im ganzen mit Knochen im ganzen ohne Knochen
Königsberg i. Pr. Memel. Tilsitkt Allenstein²) Danzig..
5
Graudens
Zentrum Norden. Osten.. Süden. Südwesten Westen .
“ Nordwesten Potsdam Brandenburg a. H...
Oder
rankfurt a. ottbus Stettin.
*Stralsund Hosen.
80 = —₰½
Bromberg Breslau . Görlitz.
Hegnis . önigshütte i.
Magdeburg. Halle a. Saale
EFrfurt vJvEEbA-6 ANiong
289818“ lensburg Hannover.
hildesheim
arburg a. Hade
Dsnabrück Emden Münster.
Bielefeld.
haderborn
114““
= —
SeSedz
= —
2 —
— —
Dortmund . assel..
hanau. rankfurt a.
— . —- — — — —
187 186 188 188 183
koblenz . Düsseldorf 11a : vI
Saarbrücken
165 175 159 190 166 180 158 “ 180 163 achen.. 187 152 191 Seeöeeh — — 200 Wilhelmshaven.. 16)232 170 —
12)193 12) 193 178
192
“ 2) In den mit einem* versehenen Berichtsorten werden die Preise für F soweit nicht anders bezeichnet, mit einer Knochenbeilage von 20 — 25 % Allenstein sind Ladenpreise auch für den Monat April nicht erhoben worden, da s
Die Preise für Schweinefleisch in der Spalte „Keule, Hochfleisch (Spannrippe, Dünnung). — ⁵) hier mit 20 % Knochenbeila nochenbeilage. — ¹³) ohne Knochen. —
200
209 204 210 200 213 216 211 192
Ir⸗ 921“ SüSSbbRE½E —IEU=IS
do do S boʒ
tobobtorobo bo be
— — 2’— bS
218 220 205 200 199 189 6) 225 6) 195 193 183 220 209 196 210 200 218 197 211 191 200 180 204 197 200 17
193 173 220 190
205 188 193 193 189 197 194 187 191 183 193 180 188 180 183 176 153 166 160 .200 200 180 175 178 1 186 160 188 140 163 165 165 170 191
180 198 178
225 210 216 207 206 228 225 22⁷ 218 209 213 197 208 207 203 198 200 200 180 220 220 200 190 210 202 212 170 198 160 201 215 190 198 995
220
tS eSs⸗ 5 7 ver⸗ S 900 bSSGS”-S
203 229 229 215 218 197
2392
202 9253 206 200 230 200 189 200 203 200 187 203 188 195 167 193 180 187 205 193 210 209
022 233
8)169 — n) 2. 218 178 134 198 193 160 131 195 180 168 130 207 213 153 149 218 220 200 190 200 190 2 Haes — 230 210
184 185 138 175 1 143 73 54 141 179 1 153
176 167 163 177 182 160 190
169 184 171 182 180
140 137 171 190
,insbesondere in
g.
187 25 159 217 146 172 151 152 190 188 227 173 . 280 204 86 86 202 286 191 263 186 190 . 3 r 188 152 13 — 201 8 1 232 267 195 280 203 262 196 8
267
21] 268
220 280
201 241
207
203 200 206 8s; 160 157 185 180 155 176 214 198 180 170 180 185 176 172 168 201
320
275 345 260 328 290 340
r05 92 222 33
272 330 256 311 233 254 320 241 264 386 213 233 330 203 223 817 207 251 311 208 263 330 1833 223 288 217 238 303 200 233 300
319
298 223 320 308
240 260 240 240 236
197 200 188 8 225 180 25 34 8 171 b — 155 209 153 33 213 165 143 198 163 138 88 190 153 240
240
289 284 267 300 338 296 168 344 168 333 157 342 171 387 183 418 176 * 164 376 161 357 175 e 176 347 169
360 154 360 163 323 162 304 162 360 150 400 150 400 150 525 168 355 173 360 170 320 163 361 174 360 173 356 166 400 216 — 196 433 216 413 188 400 175 390 174
176
179
330 171
349 287
169 185
381
390
390 185
400 168 180 220
473 180
183 150 201 158 193 147 195 151 198 151 184 133 1 134 183 136 196 145 186 140 190 157 180 150 176 130 200 160 176 142 170 140 170 150 170 123 240 169 120 220 198 148 238 200 155 243 176 152 245 173 150 235 180 145 257 177 147 250 189 159 236 166
1 ö“ 202 1599 220 164
158
204 185 195 163 190 73 190 162 187 153 196 178 190 170 194 ¹ 212 166 179 166 158 78 163 154
180 173 145 208 ¹)233 ü82 160 160 160 200 10170 150
242 226 231
210 239
219
214 240 232 242 215
258 264 270 258 250 273 285 275 250 261 260 261
2 00
—
288 255 268 269 280 249 254 243 232 251 265 255 260 270 270
ℳSD
240 240 228 228 248 239 237 239 220 220 221
230 245
—
11)199 11) 196
-— 122100b2ö-1-11-1 Gn
ᷣsAs8A8GA8AghhO-O—- —SS=ðSS
—2 2
400 392
leisch nicht mit besonderer Knochenbeilage, vielmehr nur mit den i sjʒ
dadege, Sö “ Knochege Fhüs mit Knochenbeilage nete elngewahsenen Fnochen, in den besen . 8 8 Se ie dortigen Ladeninhaber geweigert haben, die Erhebungsbo üllen. — ²) Die Pr Schulter, Kamm - sich 8 See 1 S 6 Schulter (kurz abgehanen). —⸗ veszumn, 2nd Fevanstagetren ⁵) nur Keule und Schulter (kurz abgehauen). — ⁰ dochflei 8 §) und ⁸) nur Keule ohne Knochen, Fett und Schwarte. ” ) nur Kochfleisch vom Bauch.
Vergl. auch Anmerkung 8 und 12. — ³) In für Kamm, Rippen, Hals. — 6) auch Rücken. — ⁷) sonstiges
¹¹) ohne Fett und “ — ¹¹) hier mit
— ³³) ohne Knochen. — *¹) nur Keule und Schulter (kurz abgehauen)