ie Mäglichkeit vorgelegen, eine geringere Strafe zu verhängen, so wäre sicher darauf erkannt worden. Der Kriegsminister hat gesagt, daß er vor allem Soldat sei; aber das weiß der Kriegsminister doch, daß wir leider ohne den anderen gesetzgebenden Faktor nichts machen können. Auf die Schlußerwähnung des Kriegsministers muß ich er⸗ widern, daß wir uns vom Vorbringen vernünftiger Gründe nicht dadurch abhalten lassen, daß diese vernünftigen Gründe bei dem Kriegs⸗ inister keine Anerkennung finden.
Abg. von Brockhausen (dkons.): Am Sonnabend beschäftigte sich der Reichstag mit der Frage, wie er seine Zeit besser verwenden und seine Reden einschränken könnte. Das Ergebnis war, daß heute Redner der fortschrittlichen Volkspartei dreimal sprachen und eine lange Diskussion über den vorliegenden Gesetzentwurf in die Wege leiteten. (Zurufe links.) Die Frage der Kontroll⸗ versammlung paßt überhaupt nicht hierher. Sie kann nur im Rahmen des § 38 gelöst werden. Die Bedeutung der Frage ist aber so weitgehend, daß man sie nicht so kurz zu Ende führen kann. Die Heeresverwaltung hat schon in der Kommission eingehend ihre Gründe dargelegt, weshafb sie diese Bestimmungen aufrecht erhalten muß. Nach den bisherigen Bestimmungen sind die zu Kontrollversammlungen ein⸗ berufenen Mannschaften bis zum Schluß des Tages, also bis Mitternacht, der Militärgewalt unterworfen. Es ist unbedingt notwendig, daß den zu solchen Versammlungen Einberufenen einmal wieder zu Gemüte geführt wird, daß sie Soldaten sind. Das ist notwendig zur Er⸗ haltung der Disziplin und der Schlagfertigkeit des Heeres. Deshalb darf man diese Bestimmungen nicht so kurzerhand abschütteln. Wenn einmal der Zeitpunkt kommt, daß eine Aenderung eintreten kann, und von der Heeresverwaltung Vorschläge gemacht werden, dann werden wir sie auch annehmen. Kurze und scharfe Strafen sind unbedingt notwendig. Sie werden nur unter den äußersten Voraussetzungen angewandt. Es ist für denjenigen, der sie verhängt, wohl eine schwere Stunde, wo er zum strengen Arrest greifen muß. Es ist davon gesprochen worden, daß diese ganze Frage mit der Militärstrafprozeßordnung zu⸗ sammen geregelt werden soll. Jetzt müssen aber die Unstimmigkeiten beseitigt werden, die infolge der lex Erfurt entstanden sind. Das ist nötig wegen der Einheittlichkeit unserer Militärrechtspflege.
Zur Geschäftsordnung bemerkt der
Abg. Gröber (Zentr.): Die Verhandlungen haben zu keiner Klärung der Einzelheiten geführt, sondern es sind im Gegenteil eine ganze Reihe von Zweifeln entstanden. Dle Abstimmungen würden nur Zufallsabstimmungen sein. Da wir uns den Gegenstand wohl überlegen müssen, so beantrage ich in Uebereinstimmung mit dem Abg. Dr. Müller⸗Meiningen den Gegenstand von der Tagesordnung abzusetzen.
Abg. Dr. Frank⸗Mannheim (Soz.): Auch wir sind damit einverstanden. Ich stelle jedoch weiter den Antrag, daß die An⸗ gelegenheit an die Kommission zurückverwiesen wird. Gerade die Erklärungen des Kriegsministers machen eine weitere sachliche Be⸗ ratung dringend notwendig.
Abg. Stadthagen (Soz.): Es wücede interessant sein, diese Angelegenheit noch einmal in der Kommission zu beraten. Wir könnten dann dem Kriegsminister eine Reihe von Generalauditoriats⸗ erlassen vorlegen, die auf einem anderen Standpunkt, wie er, stehen.
Abg. Dove (fortschr. Volksp.): Eine Zurückverweisung an die Kommission würde ich nicht verstehen können, da sie ja nicht weiß, was sie mit dem Material tun soll, das hier zutage getreten ist.
Der Abg. Dr. Frank⸗Mannheim (Soz.) zieht seinen Antrag auf Ueberweisung an die Kommission zurück.
Der Antrag, den Gesetzentwurf von der Tagesordnung ab⸗ zusetzen, wird angenommen.
Es folgt die zweite Lesung des Gesetzentwurfs wegen Aenderung der Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige. Die Vorlage ist von der 20. Kommission vorberaten und in einer Reihe von Einzel⸗
bestimmungen geändert worden. Referent ist der Abg. List⸗Eßlingen (nl.). Während die Vorlage die Zeugengebühren in ihrer Höhe unverändert gelassen hat, schlägt die Kommission eine Erhöhung gegenüber dem jetzigen Satz von 10 ₰ bis 1 ℳ auf 20 ₰ bis zu 1,50 ℳ vor. Die Sozialdemokraten beantragen, statt „20 ₰“ zu sagen „0 ₰“. Der Sachverständige soll für seine Leistung nach der Vorlage eine Zeitversäumnisvergütung bis zu 2 ℳ für jede angefangene Stunde erhalten; die Kommission schlägt vor „bis zu 3 ℳ“. Nach § 4 soll dem Sachverständigen, wenn für die aufgetragene Leistung ein üblicher Preis besteht, dieser, und für die Teilnahme an Terminen der genannte Satz von bis zu 3 ℳ für die Stunde gewährt werden. Für eine auf die Teilnahme an Terminen beschränkte Tätigkeit soll der Sach⸗ verständige nur die Stundenvergütung erhalten. Ein Antrag Ablaß (fortschr. Volksp.) geht dahin: „Besteht für die aufgetragene Leistung ein üblicher Preis, so ist dem Sachverständigen auf Verlangen dieser und für die außer⸗ dem stattfindende Teilnahme an Terminen die im § 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 geregelte Vergütung zu gewähren. Beschränkt sich die Tätigkeit des Sachverständigen auf die Teilnahme an Ter⸗ minen, so erhält er, falls für die aufgetragene Leistung ein üblicher Preis besteht, diesen, andernfalls die im § 3 bestimmte Ver⸗ gütung.“ Nach einer Begründung des sozialdemokratischen Antrages durch den G Abg. Fischer⸗Hannover (Soz.), der ausführte, die Erhöhung auf 30 Pfennig sei bei der ganzen wirtschaftlichen Lage das mindeste und die Kommission habe ja selbst anerkannt, daß diesem Bedürfnis Rechnung getragen werden müsse, wird dieser abgelehnt. Abg. Dr. Haas⸗Baden (fortschr. Volksp.) begründet den An⸗ trag Ablaß. Sctaatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Lisco: Die Gewährung eines üblichen Preises ist in der Vorlage wie auch bisher immer nur dann vorgesehen, wenn der Sachverständige eine vorherige Vorbereitung vorgenommen hat. Wenn der Sachverständige nur im Termin vernommen wird ebenso wie der Zeuge, so soll er eine bestimmte Summe bekommen. Ich halte den Antrag Ablaß und Genossen sachlich nicht für ge⸗ rechtfertigt. Er würde, wie auch der Herr Vorredner hervorgehoben hat, die Rechtspflege entschieden verteuern, und ich glaube nicht, daß die verbündeten Regierungen diesem Antrage ihre Zustimmung erteilen würden. Ich bitte daher, ihn abzulehnen.
Der Antrag Ablaß wird abgelehnt.
MNach § 12a der Kommissionsvorschläge können notwendige bare Auslagen, soweit sie nicht den durch den Aufenthalt außer⸗ halb der Wohnung verursachten Aufwand betreffen, dem Zeugen oder Sachverständigen nach billigem Ermessen erstattet werden. Das gilt namentlich von den Kosten für eine not⸗ wendige Vertretung. Abg. Dr. Cohn (Soz.) befürwortet hierzu folgenden Zusatz: „Beginnt die Verhandlung, in der der Zeuge oder der Sachver⸗ tändige vernommen werden soll, mehr als eine Stunde nach der
r den Beginn angesetzten Zeit, so ist für die dritte und jede folgende halbe Stunde, um die sich der Beginn der Verhandlung
8
ütung von 1 Mark zu zahlen (Warlegeld). Das Wartegels ge⸗ hört nicht zu den erstattungsfähigen Prozeßkosten. Falls es durch einen Gerichtskostenvorschuß gedeckt war, ist es dem zur Zurück⸗ forderung des Vorschusses Berechtigten aus der Staatskasse zu erstatten.“
szehn Dr. Haas⸗Baden (fortschr. Volksp.): Auch wir bedauern, daß die Zeugen manchmal so lange warten müssen. Wir können dem Antrage aber nicht zustimmen, da er zu einer die Rechtspflege ge⸗ fährdenden Verkürzung der Termine und der Zeugenvernehmungen führen kann.
Der Antrag wird abgelehnt.
Die besondere Stellung. die den öffentlichen Beamten in diesem Gesetze 8dc der Tagegelder und Reisekosten angewiesen wird, wollen die Sozialdemokraten beseitigen. Der Abg. Dr. Cohn (Soz.) beantragt demgemäß die Streichung des § 14. Der Antrag wird nach kurzen Ent⸗ gegnungen der Abg. List⸗Eßlingen und Haas⸗Baden ab⸗ gelehnt. Von den Sozialdemokraten ist noch folgende Resolution beantragt:
„Den Reichskanzler zu ersuchen, bei den verbündeten Regie⸗ rungen darauf hinzuwirken, daß möglichst in jedem Gerichtsgebäude den Zeugen, den Sachverständigen, den Prozeßbeteiligten, den Ge⸗ richtsbeamten Gelegenheit gegeben werde, sich durch einfache Speisen und alkoholfreie Getränke zu erfrischen.“
Abg. Dr. Cohn (Soz.) empfiehlt die Resolution dem Hause zur Annahme; auch die Vertretung des Reichsjustizamts habe sich in der Kommission dieser wohlwollend gegenübergestellt.
Die Resolution wird abgelehnt. G
Es folgt die zweite Beratung des Gesetzentwurfs, betreffend die Postdampfschiffverbindungen mit überseeischen Ländern.
Berichterstatter ist der Abg. von Graefe (dkons.). Die Kommission hat die Vorlage angenommen und schlägt weiter folgenden neuen § 3 vor:
Der Reichskanzler wird ermächtigt, die bestehenden regel⸗ mäßigen Postdampfschiffsverbindungen mit Australien bis zum 31. März 1917 unter angemessener Beihilfe des Reiches aufrecht zu erhalten.“
Außerdem wird folgende Resolution vorgeschlagen: „Den Reichskanzler zu ersuchen, dahin zu wirken, daß die Mit⸗ glieder der in den deutschen Schutzgebieten (Neu⸗Guinea und Samoa) tätigen Missionen erstmalige freie Ausreise und nach je 5 Jahren freie Rück⸗ und Ausfahrt erhalten.“ 1
Die Subvention soll vom 1. Oktober 1914 nur noch jähr⸗ lich 1 300 000 ℳ betragen. Die Gewährung einer Reichs⸗ beihilfe für die Verbindung nach Ostafien und Australien kommt in Fortfall.
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tfall kom⸗ men zu lassen, nicht habe anschließen können, und daß § 3 einen teilweisen Ersatz bieten solle. Abg. Henke (Soz.): Es handelt sich hier um eine sehr wich⸗ tige Frage, die bedauerlicherweise gerade in diesem Stadium der Reichstagsverhandlungen erörtert werden muß, wo alles zum Schlusse drängt. Die Vorlage kam erst am 30. April in den Reichstag; sie wurde damals ohne Debatte auf Antrag Spahn in die Budget⸗ kommission verwiesen. Ich habe heute den Eindruck, daß diese laut⸗ lose Abschiebung in die Kommission nur den Zweck hatte, das Pro⸗ visorium zu schmieden, das uns jetzt bezüglich Ausstralien vorge⸗ schlagen wird. Durch eine wirkliche Generaldiskussion hätte ein sol⸗ ches Provisorium vermieden werden können. Man hat mit der ganzen Sache eine höchst auffällige Geheimniskrämerei getrieben. Auch ohne Subventionspolitik für den Lloyd ist eine Entwicklung un⸗ serer deutschen Schiffahrt denkbar und nachweisbar. Das ganze Ge⸗ rede von der Bedeutung der Subvention mit Bezug auf die Hebung des deutschen Handels hat sich als nichtig erwiesen. Ein Land, das unge⸗ heure Subventionen zahlt, Frankreich, hat seine Schiffahrt und seinen Handel damit nicht entfernt heben können, wie es dem deutschen Handel und der deutschen Schiffahrt beschieden gewesen ist. Ballin, oder, was ja fast dasselbe ist, die Hamburg⸗Amerika Linie, erklärt sich jetzt gegen jede Subvention. Die Geschichte der Subventionierung der Reichspostdampferlinie ist eben nicht eine Entwicklung des deutschen Handels, sondern eine Geschichte der deutschen Welthandelspolitik, des deutschen Imperialismus. Mit dem Provisorium gibt man der Reichs⸗ regierung ein unerhörtes Machtmittel in die Hand. Dies muß nach außen hin ausdrücklich gekennzeichnet werden. Ich bin überzeugt, daß wir noch nicht am Ende, sondern erst am Anfang einer viel schlim⸗ meren Dampfersubvention stehen, als wir sie schon gehabt haben. Der Beschluß der Kommission ist ein monströser, denn wenn die Re⸗ gierung selber sagt, daß die australische Linie von 90 % Ausländern enutzt wird, so 8 die Subvention keinen Wert für uns. Die be⸗ stehenden Lloydschiffe sind alt und häßlich, sie müßten durch neue er⸗ setzt werden; sie werden aber während des Provisoriums noch weiter gefahren werden. Der Beschluß der Kommission steht einzig da, er soll nur die Ueberleitung bilden zum Abschluß eines neuen Vertrages. Die Engländer werden doch auch nicht müßig bleiben. Stellt der Lloyd neue Schiffe ein, so werden die Engländer ihre Schiffe noch besser ausgestalten. So wird ein Wettlauf entstehen, bei dem der Norddeutsche Lloyd unterliegen und das Reich große Opfer bringen muß. Es ist nicht richtig, daß unser Handel nach Australien außer⸗ ordentlich zuggenommen hat. Wir stehen erst in dritter Reihe; Eng⸗ land und Amerika haben den Vorsprung. Die geringe Zunahme unseres Handels rechtfertigt noch nicht eine Subvention von 10 Millionen Mark. Wenn die Regierung Verträge mit dem Norddeutschen Lloyd abschließt, dann muß sie — darauf hinwirken, daß die Zahl der auf deutschen Dampfern beschäftigten Kulis verringert wird. Heute ist eine Zunahme gegen früher festzustellen. Die Zahl der Farbigen auf den deutschen Schiffen beläuft sich auf 8030. Die Selbstmorde der Farbigen sprechen für sich; die Farbigen werden eingestellt, weil sie billiger sind und sich mehr gefallen lassen als die Weißen. Ich bitte Sie, den Antrag der Budgetkommission abzulehnen, weil er ein skan⸗ dalöser ist. (Vizepräsident Dr. Paasche rügt diesen Ausdruck.) Abg. Gothein (fortschr. Volksp.) verzichtet aufs Wort.
Damit schließt die Diskussion.
Berichterstatter Abg. von Graefe (bkons.): Wir haben uns
der Kommission einverstanden sind. Unrichtig ist es, daß wir mit un⸗ serem Beschluß der Regierung einen Blankowechsel auf 5 bis 10 Millionen ausstellen wollten. In uferlose Millionen hinein wollen wir der Regierung keine Vollmacht geben.
Nach einer persönlichen Bemerkung des Abg. Henke wird der § 1 mit großer Mehrheit angenommen; ebenso § 2 und der darauf von der Kommission vorgeschlagene § 3 und der Rest des Gesetzes sowie endlich die von der Kommission vorge⸗ schlagene Resolution. Der Entwurf in zweiter Lesung wird unverändert nach den Vorschlägen der Kommission und auf An⸗ trag des Abg. von Böhlendorff⸗Kölpin (bkons.) sofort auch in dritter Lesung endgültig angenommen. Die zu dem Entwurf eingegangenen Petitionen werden durch die gefaßten Beschlüsse für erledigt erklärt.
Es folgt die zweite Beratung des Gesetzentwurfs, betreffend Bürgschaften des Reichs zur Förde⸗ rung des Baues von Kleinwohnungen für Reichs⸗ und Militärbedienstete.
Namens der siebenten Kommission erstattet der
Abg.“ Dr. Jaeger (Zentr.) Bericht und empfiehlt die unver⸗
— „die verbündelen Reglerungen zu ersuchen, alshald einen
nur deshalb nicht zum Wort gemeldet, weil wir mit den Beschlüssen⸗
entwurf, der Bürgschaften des Reichs über den Kreis der 8 und Militärbediensteten hinaus, dem Bedürfnis entsprechend, uer sieht, vorzulegen.“ Abg. Dr. Arendt (Rp.): Der Gesetzentwurf ist in ersten Lesung allseitig mit Genugtuung aufgenommen worden. Ne Resolution bitte ich schon im Interesse der deutschen Sprache abza⸗ lehnen. Außerdem werden wir durch sie ins Uferlose gedrängt. Da sih ihre Tragweite nicht ermessen läßt, bitte ich, sie abzulehnen. Abg. Götting (nl.): Die Resolution beruht auf einem Kon⸗ promiß aller in der Kommission vertretenen Parteien. Wir wollte dem Bundesrat damit einen Anlaß geben, auf dem Wege für die Fü⸗ sorge seiner Beamten und Arbeiter weiter zu schreiten. Abg. Göhre Ich gebe zu, daß die Resolution mifßven
Ole standen werden kann. Wir legen an sich keinen Wert auf sie, bitte aber doch, sie anzunehmen. Abg. Graf Westarp (dkons.): Wir haben formelle und mat, rielle Bedenken gegen die Resolution und können ihr deshalb nicht 1 stimmen. 8 Die Vorlage wird nach den Beschlüssen der Kommisste angenommen, die Resolution dagegen abgelehnt. Auf Antrag des Abg. Dr. Wendorff (fortschr. Volksy⸗ tritt das Haus sofort in die dritte Lesung ein und erledin debattelos das Gesetz in der Fassung der zweiten Lesung. Es folgt die Beratung der Denkschrift über die Rücklagen bei den Berufsgenossenschaften. Abg. Meyer⸗Celle (nl.) beantragt wegen der Geschäftslage de Hauses, den Punkt von der Tagesordnung abzusetzen. Abg. Haase⸗Königsberg (Soz.) meint, die Materie sei so llar daß sie noch vor dem Auseinandergehen des Hauses erledigt wendn
kann. 1 1 8 8 Der Gegenstand wird von der Tagesordnung abgesetzt.
Das Haus geht darauf über zur dritten Ber atung des Entwurfs einer dritten Ergänzung de Entwurfs des Besoldungsgesetzes.
Hierzu liegt ein Kompromißantrag sämtlicher großen Pa⸗ teien mit Ausnahme des Zentrums und der Sozialdemokraten vor, der die 88S 1—5 der Regierungsvorlage wiederherstelle und folgenden § 8a in das Gesetz einfügen will:
Im Herbst 1915 ist ein Gesetzentwurf vorzulegen, durch d
1△
mit Wirkung vom 1. Januar 1916 die Bezüge der Beamten de Klasse 11 a und 11 b um mindestens 100 ℳ in jeder Stufe aufgs bessert werden.“ Außerdem wird folgende Resolution vorgeschlagen: „Den Reichskanzler zu ersuchen, die Erledigung auch der durtz
das Gesetz nicht zur Erfüllung gelangten Beschlüsse des Reichstages
zweiter Beratung mit Wirkung vom 1. Januar 1916 an tunlichkt herbeizuführen.“
Ein Eventualantrag der Abgg. Dr. Spahn (BZentr.) und Genossen will fuͤr den Fall der Annahme des Kompromi⸗ antrages, daß, wenn der vorgelegte Gesetzentwurf bis 1. J⸗ nuar 1916 nicht die Zustimmung von Bundesrat und Reichstae gefunden hat, die gehobenen Unterbeamten der Reichspost⸗ und Telegraphenverwaltung mit Wirkung vom 1. Januar 1916 &k. eine pensionsfähige Zulage von 100 ℳ erhalten.
Staatssekretär des Reichsschatzamts Kühn:
Meine Herren! Gestatten Sie mir, ehe Sie in die Debatte über die dritte Ergänzung des Besoldungsgesetzes eintreten, mich über die durch den Verlauf der zweiten Lesung und durch den Eingang des N⸗ trages 1674 geschaffene Sachlage zu äußern. Der Reichstag hat beit seiner zweiten Beratung Beschlüssen seiner Budgetkommission zug⸗ stimmt, die die verbündeten Regierungen nicht annehmen zu können erklärt haben.
Verbleibt der Reichstag bei diesem Beschlusse und scheitert somm der Entwurf, so ergibt sich für die nächste Zukunft eine eigentümli Situation. Der derzeitigen Stellungnahme der verbündeten Regis rungen entspräche es, wenn sie den Entwurf, nachdem sie einmal d darin enthaltenen Gehaltsaufbesserungen als erforderlich und durchfübee
bar erkannt haben, in der nächsten Session wieder vorlegten. Am
Annahme einer solchen Vorlage wäre aber beim Reichstag nicht ge rechnen, und die Gehaltsaufbesserungen müßten somit in der Schwer bleiben, bis auch bezüglich der sonst noch in die Ergänzung zur Be⸗ soldungsordnung aufzunehmenden Beamtenklassen die Erwägungen evd geschlossen sind, was immerhin geraume Zeit in Anspruch nehmen kam Geschädigt wären die in der jetzigen Vorlage bedachten Beamten, di dies schwer empfinden würden, ohne die Gründe hierfür einsehen n können. (Sehr richtig! rechts.) Der Trost, daß ein künftiges B. soldungsgesetz mit rückwirkender Kraft versehen werden könne, wütte versagen, auch schon deshalb, weil dem Deckungsgesetz jedenfalls kein Rückwirkung beigelegt werden kann. (Große Heiterkeit.) Ich stell nur eine Tatsache fest.
Daß dementsprechend auch die Frage einer Aufbesserung der höhemn Postbeamten — es ist dies der wesentliche Inhalt der vorliegende Resolution —, die beim Zustandekommen des Gesetzentwurfs und de Resolution einer erneuten Prüfung und Erwägung unterlegen hätte als erledigt gelten müßte, brauche ich nicht weiter hervorzuheben.
von mehreren Parteien des Hauses unternommene Versuch, das Z der Regierungsvorlage schon jetzt zu erreichen. Soweit dabei die Wiederherstellung des Entwurfs gefordert wird, bedarf es nicht der Erwähnung, daß die Regierung zustimmt. Soweit die Heraufsetzung der Gehälter in den Besoldungsklassen 11a und 11b gewünscht witd, liegt materiell, auch im großen und ganzen hinsichtlich des hier⸗ für geplanten Termins, wie aus meinen früheren Erklärungen ersick⸗ lich ist, eine Abweichung von dem Vorhaben der verbündeten Regir⸗ rungen nicht vor (Hört, hört!), und die Regierungen glauben unten diesen Umständen etwaige Bedenken gegen die in dem Antrag unte Ziffer 4 gewählte Form für die Festlegung des Termins zurückstelle zu können. (Hört, hört!)
Ich kann daher im Namen der verbündeten Regierungen erklären daß sie, wenn der Reichstag einen Gesetzentwurf nach Maßgabe d0 Antrages beschließt, diesem Entwurfe ihre Zustimmung geben würde⸗ (Bravo!) .
Eine Deckung der hierfür entstehenden Ausgaben würde nch Ihren bisherigen Beschlüssen allerdings zunächst nur für das Jäht 1914 vorhanden sein. Die Regierungen gehen daher bei ihrer 39 stimmung davon aus, daß die weitere von ihnen beanspruchte Dackung rechtzeitig beschlossen werden wird.
Ich habe des weiteren zu erklären: die verbündeten Regierungel sind hiermit bis an die ihnen vertretbar erscheinende Grenze gegangen Jedem hierüber hinausgehenden Aenderungsantrag würden sie ihn Genehmigung versagen müssen. (Hört, hört!) 1
über die dafür angesetzte Zeit hinaus verzögert hat, dem Zeugen eine Vergütung von 50 Pfennig, dem Sachverständigen eine Ver⸗
änderte Annahme des Entwurfs und die Annahme folgender Reso⸗ lution: 8
üNh
(Fortsetzung in der Zweiten Beilage.)
Bv Ih
Aus dieser Sachlage erklärt sich leicht der in dem Antrag Nr. 100
1 Interessen der
zum Deutschen Neichsan
(Fortsetzung aus der Ersten Beilage.)
Abg. Ebert (Soz.): Meine Partei hält an zweiter Lesung, d Wir werden uns hierin auch nicht durch die Erklärung des Staats⸗ sekretärs beeinflussen lassen. Leider ist das geschlossene Zusammen⸗ wirken der Parteien nicht von Dauer gewesen. Das Kompromiß läuft auf ein glattes Umfallen des Reichstages hinaus. Was man mit der einen Hand den Unterbeamten gibt, wird ihnen mit der andern ge⸗ nommen. Den höheren Reichseisenbahnbeamten wird der Ausgleich von 500 ℳ weiter gezahlt. Das ist eine Un erechtigkeit. Die geho⸗ benen Unterbeamten sollten nach den Beschlussen zweiter Lesung eine jährliche Zulage von 140 ℳ und das Höchstgehalt in 15 Jahren er⸗ halten. Die Unterbeamten werden jetzt auf den Herbst nächsten Jahres vertröstet, und sie sollen nur eine Zulage von 100 ℳ erhalten, und das Höchstgehalt soll erst nach 18 Jahren⸗ gewährt werden. Seit Be⸗ ginn dieses Jahres ist doch die Regierung genau über das unterrichtet gewesen, was der Reichstag in dieser Sache will. Warum soll sich die Regierung jetzt mit einem Male zwei Jahre Zeit lassen zu einer Sache, die so einfach ist? In zwei Jahren würde die Komplikation viel größer sein als heute. Die Regierung könnte dann die Besol⸗ dungsvorlage scheitern lassen, wenn der Reichstag nicht nach ihrer Pfeife tanzen will. Wäre der Reichstag fest geblieben, so hätte die Regierung die Verantwortung für das Scheitern der Vorlage nicht tra⸗ gen können. Mit dem Ausspielen der Landbriefträger würde die Re⸗ gierung kein Glück haben. Selbst wenn die Vorlage scheiterte, könnte der Reichstag die Landbriefträger dadurch vor Schaden bewahren, das 8. “ Lesung entsprechende Zulagen in den Etat einstellte. Reichandelt um das politisch wichtige Budgetrecht des ges. Schöne Reden über das Budgetrecht haben keinen Zweck
wenn der Reichstag selber dieses Recht aus der Hand gibt. 1 1 Abg. Dr. Spah n (Zentr.): In der heutigen Erklärung des Staatssekretärs liegt ein gewisser Widerspruch mit seinen früheren Erklärungen. 8 8a des Kompromißantrages ist eine inhaltlose Be⸗ stimmung. Wir wollen diesen Mangel ergänzen. So gut wie jetzt die Mittel vorhanden sind, ohne daß ein Gesetz zustande kommt, genau so werden in zwei Jahren die zwei Millionen vorhanden sein. Die Ruͤcksicht auf die Bundesstaaten kann für uns nicht ausschlaggebend deg. Der einzige Stäaat, der hier eigentlich in Frage kommt, ist 9 reußen, und dies hat für sich selbst eine Vorlage gemacht unabhängig vom Reich. Ich kann die Gründe des Staatssekretärs nicht billigen. Ich bitte Sie, unseren Antrag als Zusatz zu § 8a des Kompromiß⸗ antrages anzunehmen. Wir wollen dann abwarten, ob der Bundesrat den Mut hat, diesen Beschluß abzulehnen. Er trägt dann die Ver⸗ antwortung für das Scheitern der Vorlage. Zu berücksichtigen ist Ahch, däß 98 86 8 Fis estomigantraße die unteren Klassen der Beamten nicht vom 1. April, sondern erst ein J ü Zulage beziehen würden. Gö““
Staatssekretär des Reichsschatzamts Kühn:
Meine Herren! Der Herr Vorredner hat auszuführen gesucht, daß sich der Antrag 1690 nicht wesentlich von dem Antrage 1674 unterscheide. Der Unterschied ist allerdings doch vorhanden. Es ist ein Irrtum, wenn man glaubt, daß nur finanzielle Rücksichten für die verbündeten Regierungen bestimmend gewesen seien. Der Grund für die Hinausschiebung der Besoldungserhöhung war ein anderer. Ich habe in der Kommission und im Plenum mehrfach ausgeführt, daß die Regierungen prinzipiell nicht abgeneigt sind, den gehobenen Unterbeamten ein höheres Gehalt zu bewilligen, daß dies zurzeit uber nicht geschehen kann, weil nach Auffassung der verbündeten Regierungen mit der Gruppe dieser Unterbeamten gleichzeitig andere Gruppen aufgebessert werden müßten; und dazu ist die Sache jetzt noch nicht reif.
Der Antrag, der eben von dem Herrn Abg. Dr. Spahn befür⸗ wortet worden ist, könnte die Folge haben, die von den verbündeten Regierungen für sachlich nicht berechtigt gehalten wird, daß die ge⸗ hobenen Unterbeamten der Postverwaltung aufgebessert werden, ohne daß die Aufbesserung auch diejenigen trifft, welche nach Ansicht der Regierung die gleichen Ansprüche darauf haben. (Zurufe.) Antrag hat gerade diese Möglichkeit vor Augen. Der Unterschied gegen die Vorschläge auf Nr. 1674 ist ein wesentlicher. Es ergibt sich daraus, daß der Antrag über die Grenze der bisherigen Er⸗ klärung der verbündeten Regierungen hinausgeht, und daß also die Regierungen einen mit diesem Antrag belasteten Gesetzentwurf nicht annehmen könnten. (Hört, hört!)
Abg. Schiffer⸗Magdeburg (nl.): Kompromißantrag beruht auf der Erwägung, daß ein Scheitern der Vorlage nicht zu wünschen ist. Das ganze Haus ist sich darüber einig, daß die Vor⸗ lage der Staatsregierung etwas Gutes, Nützliches und Notwendiges ist. Der Konflikt ist nur entstanden, weil die Vorlage mehr hätte enthalten können und müssen. Die Beschlüsse des Reichstags sind gegenüber der der Regierung das Bessere. Wir müssen uns aber Prläen⸗ ob Ausführungen des Staatssekretärs das Gute der der sage dem sseren geopfert werden darf. Diese Erwägung fin⸗
1 ja auch schon seinen Niederschlag in dem Nachtragsantrage des E“ zu retten, was zu retten ist zugunsten der Beamten, ielleicht sonst auf Nimmerwiedersehen das verschwinden sehen, was hätte erreicht werden können. Der Kompromißantrag umfaßt alle die Kategorien, die der Beschluß des Reichstages einbeziehen wollte. Allerdings soll ein Teil erst im Januar 1916 bessergestellt werden. Der Abg. Spahn meinte, daß die Zusage der Regierung nichts vert sei. Wir haben keine Veranlassung, den verbündeten Regie⸗ pofcgens illovale Haltung zuzutrauen. Ich glaube, mich keiner 8 lischen Naivität schuldig. zu machen, wenn wir die Zusage der Mlegierung als gesetzliche Sicherheit der Aufbesserung der Beamten Usehen. Wir brauchen deshalb keine Daumenschrauben anzuwenden. nich die. Gründe des Reichsschatzsekretärs durchschlagend sind oder Gcht, wir stehen vor der Tatsache, daß er über die von ihm gezogene Vrenze nicht hinausgehen kann, Wir stehen vor nackten und brutalen Tat⸗ 1 sgchen. Wir scheuen uns auch nicht vor dem Vorwurf des Umfallens. Dieser vfn. urf wird im Lande guch keinen Widerhall finden. T as Land wird es Kosthus verstehen, daß Ablehnen und „den starken Mann spielen“ auf 6e Unterbeamten nicht angeht. Die Zeche müssen schließlich
e Beamten bezahlen. Auf diese Gehaltsaufbesserung warten beausende von Beamten und Beamtenfrauen. Mit Rüchksicht auf diese e Erwartung bitte ich Sie, den Vermittlungsantrag anzu⸗
Abg. Dr. Ricklin (Els.): Wir haben zu prüfen, ob wir die erantwortung für das Scheitern der Vorlage werden tragen können. ach der Ansicht der Sozialdemokraten soll es sich nicht um die in eth Beamten, sondern um eine politische Frage, um das ö des Reichstags handeln. Es trägt allerdings nicht zum vmnsehen eines Parlaments bei, wenn eine Regierung die Beschlüsse
den Beschlüssen
⁸ Der
4 ½ Der
9
soweit sie die gehobenen Unterbeamten betreffen, fest.
Zweite Beilage
Berlin, Dienstag, den 19. Mai
“ die diesen bisher gewährte
Zulage wieder entzogen werden kann. Der Redner wird bei sei
es Sen t nhahe 88 siündig, Schlußrufe und vööö es Hauses unterbrochen, so daß der Präsident zu wiederho
energisch um Ruhe bitten muß.)
Damit schließt die Generaldiskussion. Nach einer persönlichen Auseinandersetzun Abgg. Dr. Spahn und Schiffer wird
Die stimmung über den Kompromißantrag Schiffer und Genossen, den § 1 der Regierungsvorlage wieder herzu⸗ stellen, bleibt zweifelhaft; es muß ausgezählt werden. Die Wiederherstellung des § 1 wird mit 152 gegen 119 Stimmenabgelehnt. Gegen die Wiederherstellung stimmen Zentrum und Sozialdemokraten. § 1 bleibt also nach den Beschlüssen der zweitne Lesung unverändert. Dasselbe Stimmenverhältnis ergibt sich auch bei den folgenden Para⸗ graphen. 1
Bei der Abstimmung über den § 8 erklärt der
Abg. Graf Westarp (bkons.), daß, nachdem § 1 in der Fass 184“ “ i9 die Antragsteller des antrages die weiteren Anträge, ebenso auch die zu de s ourf gestellte 15 zurückziehen. 1 ““
Dieselbe Erklärung gibt der Abg. Spahn (Zentr.) in b auf den von ihm gestellten Antrag 8 ö“
Der Rest des Gesetzes wird unverändert und in der Ge⸗ samtabstimmung der Gesetzentwurf im ganzen endgültig ein⸗ stimmig in der Fassung zweiter Lesung angenommen. Nach 814 Uhr schlägt der Präsident Vertagung vor. sich dagegen Widerspruch erhebt, erteilt er dem Abg. Weilnböck (Zentr.) das Wort zur Begründung der von diesem zum Etat eingebrachten Resolution, betreffend zollwidrige Verwendung von Gerste. Dieser beantragt jedoch, diesen Ge⸗ genstand von der Tagesordnung abzusetzen; das Haus beschließt danach. 1 8
Es folgt die dritte Ber haltsetatsfür 1914.
Der Abg. Haase (Soz.) beantragt, auch diesen Gegenstand von der Tagesordnung abzusetzen; sein Antrag findet jedoch nur die Unterstützung seiner Partei und vereinzelter Mitglieder der fortschrittlichen Volkspartei und der Nationalliberalen.
„Als die Generaldiskussion eröffnet werden soll, beantragt der Abg. Schulz⸗Bromberg (Rp.) die Vertagung. Dieser An⸗ trag wird angenommen.
Präsident Dr. Kaempf schlägt vor, die nächste Sitzung abzu⸗ halten D ienstag vormittag 10 Uhr mit der “ Rec. nungssachen, dritte Beratung der Gesetzentwürfe, betreffend die Kon⸗
nicht pensionsfähige
g zwischen den zur Abstimmung
Da
Naà; „„ 2 pf
üng des Reich shaus⸗
kurrenzklausel, den Verrat militärischer Geheimniss des Zweikampfes, Gebührenordnung füsche Zeugen “ ee FCE““ der zweiten Lesung der No⸗ um Strafgesetzbuch, utio ilnbö idri
Vegatuhang 1e esolution Weilnböck, betr. die zollwidrige
Abg. Dr. Neumann⸗Hofer seortschr. Volksp.) vor dem Auseinandergehen Wahlprüfungen zu erledigen. 1“ Schultz⸗Bromberg (Rp.) widerspricht diesem Antrage, da in zwei Tagen doch der Reichstag schließe und kaum noch Zeit zur dritten Beratung des Etats sei. 1 b Nach längerer Geschäftsordnungsdebatte, Abgg. Ha ase (Soz.), Schultz⸗Bromberg (Rp.) und Dr. Neumann⸗Hofer s(fortschr. Volksp.) beteiligen, werden die Wahlprüfungen auf die Tagesordnung gesetzt. Ein Antrag des Grafen Westarp, die Resolution über die Futtergerste vor die dritte Lesung des Etats zu setzen, weil es nicht angängig sei, sie, die zum Etat gehöre, hinterher zu beératen, wird abge⸗ lehnt. Es bleibt im übrigen bei dem Vorschlag des Präsidenten. Schluß nach 8 ½ Uhr.
he. schlägt vor, des Reichstags auch noch die wichtigen
an der sich die
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.
(Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Ueber den Beginn der Sitzung ist in der gestrigen?
d. Bl. berichtet worden. 11.“ 8 Das Haus setzt die dritte Beratung des Entwurfs des Staatshaushalts für das Rechnungsjahr 1914, und zwar die Generaldiskussion fort.
„Abg. Freiherr von Zedlitz und Neuki rch (freikons.):
ist mir sehr zweifelhaft, ob die soeben vchsllr 9109, 8 Abg. Dr. Pachnicke dazu beitragen wird, unser Ziel, den Etat in drei Tagen zu erledigen, zu erreichen. Im Interesse des Hauses fasse ich mich um so kürzer. In der auswärtigen Politik gilt noch heute das Wort des Fürsten Bismarck: „der Deutsche fürchtet nichts als Gott“ und das andere Bismarcksche Wort, daß die Deutschen sich vom Nationalbewußtsein leiten lassen sollen. Außerdem gilt für uns das Wort: Si vis pacem, para bellum! Gegenüber den Schamaden im „Berliner Tageblatt“ und sonst⸗ wo sind Vereinigungen wohl berechtigt, die das National⸗ bewußtsein lebendig halten und nach außen zeigen, daß wir uns vor niemandem fürchten. Der glänzende Beifall, den Abg. Pachnicke mit dem größten Teil seiner Ausführungen auf allen Seiten des Hauses fand, enthebt mich der Notwendigkeit, auf alles einzugehen. Auch bei den letzten Landtagswahlen hat die Volks⸗ partei, und zwar ohne die Entschuldigung, die sie für das beliebte Dämpfungsabkommen vorbringt, daß eine Mehrheitsbildung davon abgehangen habe, bürgerliche Mandate, und zwar auch solche, die den liberalen Parteien zufallen konnten, der Sozialdemokratie um schnöden Mandatsgewinnes halber überantwortet. (Abg. von Pappen⸗ heim: Armer Pachnicke!) Zwei Mandate hätten z. B., wenn die Volkspartei mitmachte, den liberalen Parteien übergeben werden können; und wofür ist das geschehen? Um in Breslau, Liegnitz Sorau, Flensburg durch Unterstützung der Sozialdemokratie Mandake der Kon⸗ servatlven, des Zentrums oder der Nationalliberalen für sich zu erlangen. Der Abg. Pachnicke hat soeben für die Stichwahl gegenüber der Sozialdemokratie den Grundsatz grundsatzlosen Kuhhandels aus⸗ gesprochen. Wir, die wir ehrliche Monarchisten und ehrliche Deutsche und Preußen sind, können gegenüber der Sozialdemokratie einen solchen Kuhhandel mit unserem patriotischen Gewissen nicht für ver⸗ einbar halten. (Glocke des Präfidenten, lebhafte Zwischenrufe links die in dem allgemeinen Lärm verloren geben.) Hat eine Partei das getan? (Rufe links: Ja!) Nein, das ist
. 8 Reichstages ignoriert. (Der Redner wendet sich dann dagegen, daß i Wiederherstellung der Regierungsvorlage den Beamten der
nicht
zeiger und Königlich Preußischen Staatsan
kommen von Partei wegen geschlossen hätte, lehne i tschi
(Großer Lärm und lebhafte Zwischenrufe links; Schren er sidenten.) Wir von unserem Standpunkt, die die Sozial⸗ demokratie als den Todfeind des Staates und aller bürgerlichen Par⸗ bebin enfeen, 123 Verrat. (Großer Sturm links⸗ ebhafte Rufe: fui! g. Dr. Mugdan: Du ii Vizepräsident Dr. Porsch: Ich bitte, — zu unterbrechen!) Meine Freunde halten es für unzweckmäßig, un⸗ zulässig und unrichtig, die Fragen der Stimmabgabe vorweg und
materiellen Wahlrecht regeln zu
nicht im Zusammenhang mit dem wollen. Diesen Standpunkt halten wir aufrecht und sind überzeugt, Hauses voll geteilt wird.
daß er von einer großen Mehrheit des Zur Begründung weise ich nur auf die ausgezeichneten Ausführungen
unseres Mitglieds Dr. Lohmann auf dem nationalliberalen in Hannover hin. „Es ist auch ein Irrtum des Herrn Nach. Märtesiag dieses Haus in seiner Mehrheit zur Einführung der geheimen und direkten Wahl vorweg gestimmt sei. Der Minister, der einen solchen Versuch auf Grund der Ausführungen des Abg. Pachnicke machen würde, dürfte mit einem Mißerfolg zu rechnen haben. Wir wollen das bestehende Wahlrecht von den verhältnismäßig geringen Mängeln, um es um so sicherer gegen die Angriffe
die ihm anhaften, befreien, zugunsten eines minderguten Wahlrechts, wie es das gleiche Wahlrecht für
Preußen sein würde, zu befestigen. Wir wollen den Grundgedanken
5 „ I 8 aufr erhalten, der am besten das Ziel in der Praxis berbeiführt, die vhrecht stimmen nach dem vollen Gewicht der Stimmen zu regeln. Diese Frage ist überaus wichtig, und das zwingt uns zu einer der Wichtig⸗ keit entsprechenden Behandlung. Die Regierung würde fehlerhaft handeln, wenn sie ohne einen völlig ausgereiften Plan vor dieses Haus
träte. Eine Reihe von Streitfragen, wie die die Drittelung, die sogen.
Kulturträger usw. betreffenden, bedarf erst einer materiellen Lösung, ehe man mit Nutzen an die Lösung jener Frage herangeht. Es wäre ver⸗ kehrt, wenn die Regierung sich nicht vorher die Mitwirkung der großen Parteien des Hauses sichern würde, ohne die eine solche Gesetzgebung nicht möglich ist. Die Frage hat ja auch keine erhebliche Eile. (Abg. Adolf Hoffmann: Für Sie nicht!)
Wir haben noch eine längere Leaislaturperiode vor uns, bevor ein neues Wahlrecht praktisch werden könnte. Wir haben volle Zeit so⸗ wohl nach der sachlichen wie nach der parteipolitischen Richtung. In diesem Sinne bitte ich den Minister des Innern, die Frage des Adg Pachnicke zu beantworten. 8 8
Minister des Innern von Loebell:
Meine Herren! Die dritte Etatsberatung ist mir ein willkommenen Anlaß, mich dem Hause der Abgeordneten vorzustellen und einige Fragen meines Ressorts vor Ihnen zu erörtern.
b Der Herr Abg. Pachnicke hat — wie mir berichtet ist — üben die Stellung der Staatsregierung gegenüber der Fremden⸗ legion eine Auskunft erbeten. Ich kann darauf erklären, daß seitens des Ministeriums des Innern die Polizeibehörden ange⸗ wiesen sind, dem Treiben der Agenten für die Fremdenlegion die größte Aufmerksamkeit zu widmen und gegebenenfalls unnachsichtig einzuschreiten. Treten im Einzelfall Anträge an das Ministerium des Innern um Befreiung aus der Fremdenlegion heran, so sind sie, soviel wie irgend möglich unterstützt worden. Wir haben damit verschiedene Erfolge erzielt. (Abg. Adolf Hoffmann: Davon hat der Abg. Dr. Pachnicke kein Wort gesagt! — Heiterkeit.) — Mir ist berichtet worden, daß die Frage der Fremdenlegion ange⸗ rührt worden ist, und Sie werden mir gestatten, daß ich darauf antworte. Wie ich das tue, ist meine Sache. Immerhin lehnt es die französische Regierung ab, Deutsche, die zur Anwerbung ge⸗ kommen sind, zu entlassen, wenn sie das 20. Lebensjahr vollendet haben. Früher war das 18. Lebensjahr festgesetzt, seit November vorigen Jahres ist eine Erleichterung eingetreten durch Festsetzung des 20. Lebensjahres. Seitens des Ministeriums des Innern ist bei dem Auswärtigen Amte angeregt worden, die Frage weiter zu verfolgen und weitere Milderungen in bezug auf die Entlassungs⸗ gründe herbeizuführen.
3 Nun hat der Herr Abg. Dr. Pachnicke noch eine Frage ange⸗ rührt, die mich, als ich von seiner Absicht, sie hier zur Sprache zu bringen, Kenntnis erhielt, doch einigermaßen überrascht hat. Der Herr Abg. Dr. Pachnicke fragt, ob ich gewillt sei, der Frage einer Wahlrechtsreform bald näher zu treten, und ob ich — so deute ich seine letzten Ausführungen — bereit wäre, das geheime un direkte Wahlrecht vorzuschlagen. Ich war selbstverständlich darau gefaßt, daß, obwohl der Ministerwechsel diesmal kurz vor Beendigung der Landtagsverhandlungen eingetreten ist, eine Reihe von Fragen an mich gestellt werden würde, um aus den von den Zeitungen so reichlich beschriebenen Blättern über den neuen Minister den richtigen Kern herauszuschälen. Aber ich war doch nicht ganz darauf gefaßt daß ich schon heute gefragt werden würde, ob ich einer Wahlreform baldigst näher treten werde. Wir haben heute den 18. Mai, am 9. Mai habe ich das Ministerium übernommen. Es haben mir wenig mehr als acht Tage zur Verfügung gestanden, nicht etwa, um mich einzuarbeiten, sondern nur um einen ganz flüchtigen Ueberblick über diejenigen Fragen zu gewinnen, die Reiner harren. Und trotz⸗
2 . rotz⸗ dem sollte ich Ihnen schon heute frisch und frei erklären, daß ich baldigst eine Wahlreform bringen würde. Ja, Herr Abg. Pachnicke geht weiter und fragt auch noch, ob ich das geheime und dirkte Wahlrecht vorzuschlagen bereit bin. kenne ich seit langen Jahren, weiß ihn als liebenswürdigen Herrn zu schätzen, und da muß ich mir doch die Gegenfrage erlauben: Herr Abg. Pachnicke, wodurch habe ich das verdient?! (Heiterkeit. — Abg. Dr. Pachnicke: Ein Staatsmann hat doch ein Programm.) Da⸗ mit aber gar kein Zweifel und gar keine Mißdeutungen möglich find, will ich die von Ihnen gestellte Frage heute mit einem Nein be⸗ antworten. (Abg. Adolf Hoffmann: Hört, hört!)
Aber ich will doch noch einige Worte hinzusetzen. Eine Anzahl Preßerörterungen hat die Ernennung des Ministers des Innern mit der Wahlrechtsfrage in Verbindung bringen zu sollen geglaubt und in mir den „Minister für Wahlreform“ gesehen. Dieses Vertrauen muß ich auch auf die Gefahr hin, Enttäuschungen hervorzurufen, dankbar ablehnen. (Hört, hört! links.) Meine Herren, zunächst ist es in Preußen nicht Brauch — ich habe das kürzlich richtig in einem Aufsatz gelesen —, einen Minister zur Erledigung einer einzelnen gesetzgeberischen Aufgabe zu bestellen. (Zustimmung und Wider⸗
richtigz; daß eine unserer Parteien ein. solches Ab⸗
spruch.) Sodann wird der Gang und die Richtung der Politik in
—
Den Herrn Abg. Pachnicke