1914 / 173 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 25 Jul 1914 18:00:01 GMT) scan diff

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Abschiedsbewilligungen. Brückner, Oberst und Kom. d. 2. Fußart. Regts. Nr. 19, unter Verleihung d. Charakters als Gen. Maj. und m. d. Erlaubn. z. Tr. d. Gen. Unif., Petzold, Maj. und Abt. Kom. im 4. Feldart. R. Nr. 48, m. d. Erlaubn. z. Tr. d. Reats. Unif., v. der Decken, Rittm. und Adj. d. 1. Kav. Brig. Nr. 23, m. d. Erlaubn. z. Tr. d. Unif. d. 1. Ulan. Regts. Nr. 17 Kaiser Franz Joseph von Oesterreich König von Ungarn, in Genehmigung ihrer Abschiedsgesuche m. Pens. z. Disp. gestellt. Krause, Oblt. im 2. Feldart. R. Nr. 28 b 85 von Rußland, m. Pens. z. d. Offizieren d. Res. d. Regts. übergeführt. 88

Zie Fähneiche Hensgen im 2. Hus. R. Nr. 19, behufs Ueber⸗ tritts in K. P. Mil. Dienste d. Abschied bew., Anderson im 11. Inf. R. Nr. 139, 89 15. Inf. R. Nr. 181, Tauchnitz im Karab. R., zur Res. beurl.

Haeser, charakteris. Oberstlt. z. D. und 3. St. Offiz. b. Komdo. d. Landw. Bez. I Leipzig, unter Fortgewährung d. gesetzl. Pens. und m. d. Erlaubn. z. Tr. d. Unif. d. 7. Inf. Regts. König Georg Nr. 106, von seiner Dienstst. auf sein Gesuch enth. Gadegast, Gen. Maj. z. D., m. d. Erlaubn. z. ferneren Tr. d. Gen. Unif., v. Hartmann, charakteris. 1ee““ d. Frlaubn. z. ferneren 1r d. Unif. d. 1. Ulan. Regts. Nr. 17 Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, König von Ungarn, Edler v. Querfurth, charakteris. Oberstlt. z. D., m. d. Erlaubn. z. ferneren Tr. d. Unif. d. 2. Gren. Regts. Nr. 101 Kaiser Wilhelm, König von Preußen, Schwanecke, charakteris. Maj. z. D., m. d. Erlaubn. z. ferneren Tr. d. Unif d. 10. Inf. Regts. Nr. 134, Rittner, Hauptm. z. D., m. d. Erlaubn. z. ferneren Tr. d. Unif. d. 5. Inf. Regts. Kronprinz Nr. 104, v. Meding, charak⸗ teris. Rittm. z. D., m. d. Erlaubn. z. ferneren Tr. d. A. Unif., unter Fortgewährung d. gesetzl. Pens. d. Abschied bew. 1 Im Sanitätskorps.

Ruge Unt. Arzt im 1. (Leib⸗) Gren. R. Nr. 100, zum Arzt befördert.

Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den Geheimen Regierungsrat Fischer unter Belassung in seiner Stellung als vortragender Rat im Ministerium für Handel und Gewerbe zum Staatskommissar bei der Börse in Berlin und den Landrat Römhild in Berlin zum Geheimen Re⸗ gierungsrat und vortragenden Rat im Ministerium für Handel und Gewerbe zu ernennen, den Regierungs⸗ und Bauräten Ehrhardt in Danzig, Hertel in Cöln und Sckerl in Bromberg den Charakter eines Geheimen Baurats sowie 1 den Regierungsbaumeistern Dr.⸗Ing. und Dr. phil. Jänecke in Pr. Stargard, Hansmann in Wittenberge, Bracht in Hamm, Westf., Schweth in München⸗ Gladbach, Drescher, Mahlke, Rudolph, Schacker und Seifert, sämtlich in Berlin, Schmidt (Friedrich) in Tangermünde, Schweichel in Merseburg, Weidner in Hoya, Schliemann in Leer, Rudolph in Dram⸗ burg, Seckel in Tilsit, Menzel in Neisse, Wulle in Dirschau, Lämmerhirt 8 Essen, Sunkel in Düsseldorf, Seehausen in Schloch, Niemeier in Dillenburg, Innecken in Helminghausen und Leiß in Harburg den Charakter eines Baurats mit dem persönlichen Range der

Räte vierter Klasse zu verleihen.

Auf den Bericht vom 20. April d. J. ermächtige Ich den Minister der öffentlichen Arbeiten, bei Zuwiderhand⸗ lungen gegen die Vorschriften über die Erhebung (Hinterziehung und Ueberhebung) von Verkehrs abgaben die nach dem preußischen Gesetz vom 2. Mai 1900 und dem Reichs⸗ gesetz vom 24. Dezember 1911 verwirkten Strafen sowie die Kosten des Verfahrens bei kommunalen Verkehrsabgaben unter Mitwirkung des Ministers des Innern niederzu⸗ schlagen, zu ermäßigen oder zu mildern, und zwar auch dann, wenn die Strafen und die Kosten durch gerichtliches rechtskräftiges Erkenntnis auferlegt sind. Der Minister der öffentlichen Arbeiten ist befugt, nach seinem pflichtmäßigen Ermessen im Wege der Nach⸗ sicht die verwaltungsseitige und die gerichtliche Strafvoll⸗

streckung bei Zuwiderhandlungen der bezeichneten Art auszu⸗ setzen fowie Strafunterbrechung und Strafteilung zu gestatten. Diese Befugnis erstreckt sich zugleich auf die Kosten des Ver⸗ fahrens. Die beteiligten Justizbehörden haben den desfallsigen Anträgen Folge zu leisten. V Achilleion, Korfu, den 27. April 1914.

Wilhelm R.

von Breitenbach, von Dallwitz. zugleich für den Justizminister. An die Minister der öffentlichen Arbeiten, der des Innern 8

Justiz und

Justizministerium.

Aus dem Justizdienste sind geschieden: der Oberlandes⸗ gerichtsrat Kersten aus Königsberg i. Pr. infolge seiner Er⸗ ennung zum Oberverwaltungsgerichtsrat und der Oberlandes⸗ gerichtsrat Dr. Stölzel aus Celle infolge seiner Ernennung zum Geheimen Regierungsrat und vortragenden Rat im Ministerium des Innern.

Den Amtsgerichtsräten von Garnier in Frankfurt g. O. und Schröter in Guben ist die nachgesuchte Dienstentlassung mit Pension, dem Amtsrichter Freiherrn von Minnigerode in ö die nachgesuchte Entlassung aus dem Justizdienst erteilt.

Der Landrichter Pfeiffer in Hagen ist ausgeschieden.

Der Staatsanwalt Lüdorff in Arnsberg ist nach Dort⸗ mund versetzt.

Der Rechtsanwalt Hermann Meyer in Allenburg ist zum Notar für den Bezirk des Oberlandesgerichts zu Königsberg i. Pr., mit Anweisung des Amtssitzes in Allenburg, ernannt worden.

In der Liste der Rechtsanwälte sind gelöscht die Rechts⸗ anwälte: Geheimer Justizrat Adolph Borchers bei dem Oberlandesgericht in Celle, Justizrat Dr. Dietz bei dem Land⸗ gericht in Frankfurt a. M., Dr. Julius Schröder bei dem Landgericht II in Berlin, Dr. Schoemann bei dem Land⸗ gericht in Gleiwitz, Dr. Balcke in Düsseldorf⸗Gerresheim bei dem Landgericht in Düsseldorf, Karl Schwartze bei dem Land⸗ gericht in Halle a. S., Troß bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Elberfeld sowie bei der Kammer für Handels⸗ sachen in Barmen, Wattendorff bei dem Amtsgericht und

der Kammer für Handelssachen in Barmen sowie bei dem

Landgeri t in Elberfeld, Fahr bei dem Amtsgericht in Königs⸗ winter und Pehle bei dem Amtsgericht in Menden.

In die Liste der Rechtsanwälte sind eingetragen die Rechts⸗ anwälte: Justizrat Dr. Dietz in Frankfurt a. M. bei dem Oberlandesgericht daselbst, Dr. Schirokauer vom Land⸗ gericht Ibei dem Landgericht III in Berlin mit dem Wohnsitz in Charlottenburg, Paul Fuhrmann vom Landgericht I in Berlin bei dem Amtsgericht in Berlin⸗Schöneberg, Fahr aus Königswinter bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Koblenz, Dr. Hahne aus Wandsbek bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Altona, der frühere Rechtsanwalt Hermann Schneider bei dem Amtsgericht in Opladen, die Gerichts⸗ assessoren: Dr. Helmuth Franke, Dr. Berthold Lehmann und Julius Wertheim bei dem Landgericht I in Berlin, Dr. Wilhelm Leo bei dem Landgericht II in Berlin, Otto Jaffé bei dem Landgericht in Frankfurt a. M., Dr. Richard bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Trier, Gräffker bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Münster, Dr. Aaron bei dem Amtsgericht und dem Land⸗ gericht in Elberfeld sowie bei der Kammer für Handelssachen in Barmen, Dr. Scherbius bei dem Amtsgericht Berlin⸗ Wedding, Dr. Franz Capelle bei dem Amtsgericht in Lünen, Dr. Pracht bei dem Amtsgericht in Freyburg a. d. Unstrut, die früheren Gerichtsassessoren: Dr. Mosler bei dem Land⸗ gericht III in Berlin und Dr. Stisser bei dem Amtsgericht in Nienburg.

Die Landgerichtsdirektoren Geheimer Justizrat Broese in Insterburg und Braut in Düsseldorf, die Amtsgerichtsräte Geheimer Justizrat Giese in Posen und Krusinger in Cochem, die Amtsrichter Sulzbacher in Waldbröl und Dr. Lieberkühn in Mühlberg sowie die Rechtsanwälte und Notare Justizrat Manheimer in Posen und Thurm in Berlin sind gestorben.

Ministerium der geistlichen und Unterrichts⸗ angelegenheiten.

Königliche Friedrich Wilhelms⸗Universität. Bekanntmachung. Die hiesige Universität wird zur dankbaren Erinnerung an ihren erhabenen Stifter 8 König Friedrich Wilhelm III. 8 am Montag, den 3. August d. J, Mittags 12 Uhr, in der alten Aula der Universität einen Festakt veranstalten. Die Eingeladenen werden ergebenst ersucht, die ihnen zugesandten Eintrittskarten am Eingang zur Aula vorzuzeigen. Berlin, den 25. Juli 1914. . Der Rektor: Planck.

Bekannimachung. Die medizinische Fakultät hat das Stipendium für das Pharmakologischen Institut zuerkannt. Berlin, den 23. Juli 11 b Reektor und Senat. Planck.

Paderstein⸗

Jahr 1914 dem Assistenten am Dr.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 25. Juli 1914.

Seine Majestät der Kaiser und König hörten heute in Balestrand an Bord der Jacht „Hohenzollern“ die Vorträge des Chefs des Militärkabinetts, Generals der Infanterie Freiherrn von Lyncker, des Chefs des Marine⸗ kabinetts, Admirals von Müller und des Vertreters des Aus⸗ wäxtigen Amts, Gesandten Grafen von Wedel

8

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. N am 23. Juli in Pirano eingetroffen.

8 Desterreich⸗Ungarn.

Die Kaiserlichen und Königlichen Botschafter im Deutschen Reiche, in Frankreich, Großbritannien, Italien, Rußland und der Türkei sind von ihrer Re⸗ gierung beauftragt worden, den Inhalt der österreichisch⸗ ungarischen Note an die serbische Regierung zur Kenntnis der Regierung zu bringen, bei der sie beglaubigt sih und laut Meldung des „W. T. B.“ folgendes hinzu⸗ zufügen:

Am 31. März 1909 hat die Königlich serbische Regierung an Oesterreich⸗Ungarn eine Erklärung gerichtet, deren Wortlaut oben wiedergegeben ist. Fast am Tage nach dieser Erklärung hat die Politik Serbiens in Wege eingelenkt, die dazu führten, bei den ser⸗ bischen Staatsangehörigen der österreichisch⸗ungarischen Monarchie umstürzlerische Ideen zu erwecken und dadurch die Loslösung jener Gebiete von Oesterreich⸗Ungarn vorzubereiten, die an Serbien an⸗ grenzen. Serbien wurde der Hort einer verbrecherischen Agitation. Es bildeten sich Vereine und Vereinigungen, die sei es vor aller Welt, sei es im geheimen dazu bestimmt waren, auf öster⸗ reichisch⸗ungarischem Territorium Unruhen hervorzurufen. Diese Vereine und Vereinigungen zählen zu ihren Mitgliedern Generale und Diplomaten, Staatsbeamte und Richter, mit einem Worte füh⸗ rende Persönlichkeiten der offiziellen und nichtoffiziellen Welt des Königreichs. Die serbische Presse steht fast vollständig im Dienste dieser gegen Oesterreich⸗Ungarn gerichteten Propaganda, und kein Tag vergeht, ohne daß die Organe der serbischen hrasf ihre Leser zum Hasse und zur Verachtung der Nachbarmonarchie oder zu Attentaten aufreizen, die mehr oder minder offen gegen die Sicher⸗ heit und Integrität der letzteren gerichtet sind. Eine große Anzahl von Agenten ist damit beschäftigt, die Agitation gegen Oesterreich⸗Ungarn mit allen Mitteln zu fördern, und die Jugend der an Serbtien angrenzenden österreichisch⸗ungarischen Gebiete zu ver⸗ führen. Der Geist der Verschwörung, der die politischen Kreise Serbiens beherrscht und der seine blutigen Spuren in den Annalen der serbischen Geschichte hinterlassen hat, ist seit der letzten Balkankrise im Wachsen begriffen. Mitglieder von Banden, die bisher in Maze⸗ donien Beschäftigung fanden, haben sich der terroristischen Propaganda gegen Oesterreich⸗Ungarn zur Verfügung gestellt. Die serbische Regierung hat sich nicht bemüßigt gesehen, gegen diese Umtriebe, denen Oesterreich⸗ Ungarn seit Jahren ausgesetzt ist, in irgendeiner Weise einzuschreiten. Die Königlich serbische Regierung hat schon der feierlichen Erklärung vom

31. März 1909 nicht Ge spruch gesetzt mit dem Willen Europas und der Oesterreich⸗Ungarn eingegangenen Verpflichtung. Die Langmut, die die K. und

obachtete, Eigennutz wußte und die Hoffnung nicht aufgab, daß die serbische Re⸗ gierung die Freundschaft Oesterreich⸗Ungarns schließlich richtig bewerten werde. Die K. und K. Regierung hatte geglaubt, daß eine wohlwollende Haltung gegenüber dem politischen Interesse Serbiens das Königreich am Ende doch veranlassen werde, Oesterreich⸗Ungarn erwartete eine Ideen in Serbien, insbesondere in eignissen des Jahres 1912 die K. und K. Regierung durch ihre des⸗ interessierte, 8

Vergrößerung Serbiens möglich machte. Das dem Nachbar seitens Oester⸗

getan und sich solchergestalt in Wider⸗

8

nüge

Regierung der herausfordernden Haltung Serbiens gegenüber be⸗ war darauf zurückzuführen, daß sie sich frei von territorialem

eine gleiche Haltung zu beobachten. solche Entwicklung der politischen dem Momente, als nach den Er⸗ von jedem Uebelwollen freie Haltung die so bedeutende

Ungarns bekundete Wohlwollen hat jedoch die Vorgangsweise des

Königreichs nicht geändert, das fortfuhr, auf seinem Territorium eine 28. Tage, da der Thronfolger der Monarchie und seine erlauchte Gemahlin einer in Belgrad entstandenen Verschwörung zum Opfer fielen. dieser Lage der Dinge hat gesehen, einen neuen und dringenden Schritt nehmen, um solcherart die serbische Regierung dazu zu bringen, einer Bewegung Einhalt zu die

Integrität Oesterreich⸗Ungarns bedroht. Die K. u.

Propaganda zu dulden, deren traurige Folgen am Juni d. der ganzen Welt offenbar wurden, an jenem

Bei sich die K. und K. Regierung genötigt in Belgrad zu unter⸗ Sicherheit und K. Regierung ist überzeugt, sich, indem sie diesen Schritt unternimmt, im vollen Ein⸗ klang mit den Gefühlen aller zivilisterten Nationen zu befinden, die es nicht zugeben könnten, daß der Königsmord zur Waffe wird, der man sich ungestraft im politischen Kampfe bedienen dürfe, und daß der Friede Europas unausgesetzt durch Umtriebe gestört werde, die von Belgrad ausgehen. Zur Unterstützung des Gesagten hält die K. und K. Regierung zur Verfügung der Regierung ein Dossier bereit, das über die serbische Propaganda und deren Zu⸗ sammenhang mit dem Morde vom 28. Juni Aufklärung gibt. Eme gleiche Mitteilung ergeht an die K. und K. Vertreter bei den übrigen Signatarmächten.

Der K. K. Gesandte in Belgrad Freiherr von Giesl hat, obiger Quelle zufolge, den Auftrag, falls die K. öniglich serbische Regierung bis heute abend 6 Uhr die vor⸗ behaltlose Annahme der in der Note vom 23. angeführten Forderungen nicht bekannt geg eben haben sollte, mit dem Personal der Gesandtschaft Serbien zu verlassen. Für diesen Fall würde der deutsche Gesandte Freiherr von Griesinger den Schutz der österreichisch⸗ungarischen Staatsangehörigen übernehmen.

Das Armeeverordnungsblatt veröffentlicht die Er⸗ nennung des Erzherzogs Karl Franz Josef zum Obersten des ersten Husarenregiments.

Bei Beginn der gestrigen Sitzung des ungarischen Abgeordnetenhauses ergriff der Ministerpräsident Graf Tisza das Wort und sagte laut Bericht des „W. T. B. *

Der Schritt Oesterreich⸗Ungarns bedarf keiner Rechtfertigung. Es müßte vielmehr erklärt werden, warum der Schritt erst jetzt erfolgte. Wir wollten abwarten, bis die Untersuchung in Serajewo üͤber gewisse Umstände vollständige Klarheit geschaffen hat; auch wollten wir den Anschein vermeiden, als ob Leidenschaft oder berechtigte Entrüstung uns geleitet haben. Der Schritt ist vielmehr nach reiflichster Ueber⸗ legung unternommen worden. Der Schritt ist keineswegs aggressiv, noch bedeutet er eine Herausforderung, da wir in der Note nichts anderes fordern, als was Serbien aus natürlicher nachbarlicher Pflicht gewähren muß. Niemand kann uns vorwerfen, daß wir Krieg suchen. Wir sind vielmehr bis zur äußersten Grenze der Geduld gegangen. In der Ueberzeugung, daß der Schritt durch die Lebensinteressen der

gebieten, die die

Monarchie und der ungarischen Nation gefordert wurde, werden wir b

die gesamten Konsequenzen tragen.

Darauf ergriff Graf Andrassy namens Fraktionen der Opposition das Wort und erklärte:

Die Beziehungen zu Serbien seien unhaltbar geworden. In dem Maße, als Serbien Erfolge und eine territoriale Vergrößerung errungen habe, sei der Haß gegen die Monarchie gewachsen. Er behalte sich eine Kritik der auswärtigen Politik vor, erkläre jedoch, daß in diesem Augenblicke die Opposition trotz ihres prinzipiellen Gegensatzes zur Regierung ihre patriotische Pflicht voll und ganz erfüllen werde; er hoffe, daß dies Beispiel für jeden Ungarn maßgebend sein werde. Zum Schluß ersuchte Andrassy das Haus, sich zu vertagen.

Nach der Pause, die der Präsident daraufhin anordnete, erklärte dieser, daß er, falls die auf der Tagesordnung stehende Gesetzesvorlage heute erledigt würde, keine neuen Gegenstände auf die Tagesordnung stellen würde.

Großbritannien und Irland. 1 Wie amtlich gemeldet wird, hat die Homerule⸗ Konferenz ihre Beratungen gestern beendet und wird nicht

von neuem zusammentreten. Im Unterhause teilte der Premierminister Asquith

laut Meldung des „W. T. B.“ mit, daß die Homerule⸗

sämtlicher

Konferenz die Möglichkeit erwogen habe, ein Gebiet abzu⸗

grenzen, das von den Bestimmungen der Homerule⸗Bill aus geschlossen werden solle, aber nicht imstande gewesen sei, im Prinzip oder in den Einzelheiten hierüber eine Einigung zu erzielen, und ihre Beratungen geschlossen habe. Der Sprecher als Vorsitzender habe dem König hierüber Meldung erstattet. Asquith fügte hinzu, die zweite Lesung der Ergänzungsbil werde am 28. Juli stattfinden. Das Haus vertagte sich hierau

in großer Erregung. Rußland.

Gestern nachmittag fand eine außerordentliche Sitzung des Ministerrats seatt,

burger Telegraphen⸗Agentur“ veröffentlicht das amtliche Organ folgendes Communiqué:

Die Kaiserliche Regierung, lebhaft besorgt durch die überraschenden Ereignisse und durch das an Serbien durch Oesterreich⸗Ungarn ge⸗ richtete Ultimatum, verfolgt mit Aufmerksamkeit die Entwicklung des österreichisch⸗serbischen Konfliktes, in dem Rußland nicht indifferent bleiben kann. 8

Serbien.

Das Regierungsorgan „Samouprava“ gendes Communiqué:

Der hiesige österreichisch⸗ungarische Gesandte Freiherr von Giesl überreichte Donnerstagabend um 6 Uhr dem Vertreter des Minlsters des Aeußern, dem Finanzminister Dr. Patschu, die Note seiner Re⸗

ierung anlaäßlich der Ereignisse am Vidopdan. Durch die Note, die ehr schwere Bedingungen enthält, wird eine ganz kurze Frist für die Antwort belassen. Die Lage kann als sehr ernst und kritisch beurteilt

werden.

Gestern vormittag fand, wie „W. T. B.“ meldet, unter dem Vorsitz des Ministerpräsidenten Paschitsch ein dringlich einberufener Ministerrat statt, in dem über die durch die österreichisch⸗ungarische Note geschaffene Lage beraten wurde. Nach dem Ministerrat meldete sich der Ministerpräsident Paschitsch im Konak zur Audienz beim Kronprinzregenten, unter dessen Vorsitz später eine eingehende Beratung stattfand, an der der Minister⸗ präsident, der Finanzminister, der Kriegsminister und der Chef

des Generalstabes teilnahmen.

veröffentlicht fol⸗

in der über die auswärtige Lage beraten wurde. Nach einer Meldung der „St. Peters⸗

Der neuernannte türkische Gesandte Dschewad Bei ist in Belgrad eingetroffen und wird dem Kronprinzregenten in den nächsten Tagen sein Beglaubigungsschreiben überreichen und dadurch die normalen diplomatischen Beziehungen zwischen der Türkei und Serbien wieder herstellen. 11“

Albanien.

Die Vertreter der Großmächte in Durazzo haben, wie das Wiener „K. K. Telegraphen⸗Korrespondenzbureau“ meldet, beschlossen, das letzte Schreiben der Aufständischen, das die Entfernung des Fürsten fordert und die Drohung enthält, Durazzo zu zerstören, falls ihren Wünschen nicht entsprochen werde, nicht zu beantworten und damit die Verhandlungen mit den Aufständischen als endgültig abgebrochen zu betrachten.

Die internationale Kontrollkommission hat tele⸗ graphisch bei Zographos wegen der durch Epiroten verübten Greueltaten Einspruch erhoben. Zographos antwortete tele⸗ graphisch, indem er die aggressiven Absichten der Epiroten auf Va⸗ lona sowie die Behauptung, daß griechische Truppen auf Seiten der Epiroten mitkämpften, in Abrede stellte. Gleichzeitig beschuldigte er die albanesischen Truppen, Grausamkeiten begangen zu haben. Die Kontrollkommission antwortete in einem scharf gehaltenen Telegramm, in dem sie die Verdächtigung gegen die albanesischen Truppen widerlegte.

Amerika.

Zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika, Argentinien, Brasilien und Chile sind gestern, wie „W. . B.“ meldet, Verträge unterzeichnet worden, durch die sich die vier Staaten verpflichten, alle Streitfragen, die nicht auf diplomatischem Wege gelöst werden können, für ein Jahr einer Prüfung zu unterbreiten.

Der neue Präsident von Mexiko Carbajal hat eine Untersuchung der Finanzmethoden Huertas angeordnet. Die Regierung beginnt sofort mit den Unterhandlungen zwecks Wiederherstellung des mexikanischen Bundesdienstes in Veracruz und schlägt auch die W ederherstellung der militärischen Autorität

Mexikos in Veracruz vor.

Einer Meldung der „Associated Preß“ zufolge hat Carranza seine Bereitwilligkeit kundgegeben, Milde gegen seine Feinde walten zu lassen, Villa hat versprochen, das möglichste zur Wiederherstellung des Friedens zu tun, und

appata hat den Wunsch ausgedrückt, mit den Konstitutio⸗ nalisten zusammenzugehen, um die Regierung in Mexiko wieder herzustellen.

Huerta und seine Begleiter sind gestern auf dem deutschen Kreuzer „Dresden“ in Kingston (Jamaika) eingetroffen.

Statistik und Volkswirtschaft, 8

Die Golderzeugung der Erde im Jahre 1913.

Die Statistik der Ergebnisse des Goldbergbaues ist aus den ver⸗ schiedenen Erdgegenden ietzt in einer Vollständigkeit zusammengetragen worden, daß sich eine Ueversicht über den Ertrag des letzten Jahres feststellen läßt, und sie bringt die große Ueberraschung, daß die Gold⸗ gewinnung abgenommen hat. In den letzten 28 Jahren war nur einmal eine Verminderung derselben eingetreten, nämlich im Jahre des Burenkrieges infolge der Störung des Goldbergbaues in Trans⸗ vaal, die als ein außergewöhnlicher Fall betrachtet werden konnte. Den Kennern der Verhältnisse dürfte das Ergebnis des vergangenen Jahres freilich nicht ganz unerwartet kommen, da die Zunahme der⸗ Goldgewinnung seit dem Jahre 1908 eine stetige Verlangsamung ge⸗ zeigt hat. Im Jahre 1906 hatte der Ertrag etwas über 1600 Mi⸗ lionen Mark gebracht, und 1908 war er um weitere 240 Millionen Mark Die Zunahme der folgenden Jahre war so gering, daß 1912 erst rund 1950 Millionen Mark zu verzeichnen waren. Im letzten Jahre ist nun eine Abnahme im Betrage von 45 Millionen Mark eingetreten; genau berechnete sich der Erlös des Goldbergbaues auf 1885 Millionen Mark. Unter den golderzeugenden Ländern steht Transvaal schon längere Zeit erster Stelle und hat im letzten Jahre allein etwa für 730 Mkllionen Mark Gold geliefert, also 40 v. H. des gesamten Goldes hervorgebracht. An zweiter Stelle stehen nicht mehr Australien, sondern die Vereinigten Staaten von Amerika mit einem Gewinn von 354 Millionen Mark, demnach noch nicht der Hälfte des Ertrags der südafrikanischen Goldselder. Der australische Goldbergbau hat 216 Millionen Mark gebracht. Dann folgen Rußland mit 120 Millionen, Mexiko mit 71 Millionen, Canada mit 60 Millionen, Rhodesia mit 56 Millionen und Indien mit 45 Millionen Mark. Alle anderen Länder zusammengenommen haben noch 232 Millionen Mark hinzugefügt. Die Abnahme der Ge⸗ winnung erstreckt sich diesmal auch auf Transvaal, und zwar auf das reichste Goldfeld der Erde am Witwatersrand. Der Rückgang beläuft ich im ganzen auf 24 Millionen Mark und wird einerseits auf Arbeitermangel, andererseits auf den Eisenbahnstreik zurückgeführt. Der eigentliche Grund ist jedoch in den Schwierigkeiten zu suchen, die durch die Verwendung indischer Kulis in den Bergwerken heraufbeschworen worden sind. Außerdem scheint aber auch ein tatsächliches Nachlassen der Ertragsfähigkeit vorzuliegen, da die besten Goldlager der Erschöpfung nahe sind und der Goldgehalt mit der Tiefe abnimmt. Die Vereinigten Staaten von Amerika haben den letzten Höchstbetrag ihrer Golderzeugung im Jahre 1909 überschritten; seitdem hat nur noch der Staat Oregon Fortschritte ge⸗ macht. Doch marschieren Kalifornien und Kolorado immer noch an der Spitze der amerikanischen Goldstaaten. Ob die Erschließung einer neuen Mine in Alaska die zunehmende Ers chöpfung der Goldwäschereien des so schnell berühmt gewordenen Gebiets am Yakonfluß auf⸗ wiegen wird, ist noch zweifelhaft. Die Goldlieferung Australiens hat schon seit 1904 einen ununterbrochenen Rückgang gezeigt. Da⸗ mals nahm Australien unter den Goldländern noch den ersten Rang ein, aber namentlich seit 1906 hat sich die Abnahme immer stärker ausgeprägt; Westaustralien ist noch der goldreichste Staat, der sogar eine kleine Steigerung des Ertrags zu verzeichnen hat, wie außerdem nur noch Neuseeland. Die Goldgewinnung im russischen Reich allein zeigt ein beachtenswertes Wachstum, 6nach längerer Zeit des Nieder⸗ gangs. Der Goldbergbau könnte dort noch weit größeren Umfang gewinnen, wenn es gelänge, der Schwierigkeiten Herr zu werden, die sowohl durch ungesundes Klima wie durch unzulängliche Arbeitskräfte und mangelhafte Transportmittel bedingt werden. Auch Mexiko und Indien könnten ihre Erträge noch steigern.

Zur Arbeiterbewegung.

InGestern vormittag sind, „W. T. B.“ zufolge, etwa fün zig Meier und Arbeiter der Interessengemeinschaft mär⸗ kischer Milchproduzenten in Berlin (Schellingstraße 12) wegen Entlassung eines Meiers in den Ausstand getreten. Ruhe⸗ störungen sind bisher nicht vorgekommen.

Der Ausstand der Arbeiter der Firma Grünu. Bilfinger in Bingen (vpgl. Nr. 168 d. Bl.) ist, wie die „Köln. Ztg.“ mitteilt, seit gestern beigelegt. Die Firma ist den Forderungen der Arbeiter entgegengekommen, worauf diese ihre Tätigkeit an dem Bau der neuen Brücke oberhalb Bingen sowie am Bahnbau Kempten —Sarmsheim wieder aufgenommen baben. Es handelte sich um insgesamt run 600 Personen. 1“

Mitte Juli einberufen

Unter den Bergarbeitern urmreviers macht sich, wie der „Rh.⸗Westf. Ztg.“ aus Aachen berichtet wird, seit einiger Zeit eine Lohnbeweg ung geltend. In mehreren Belegschafts⸗ versammlungen, die von den verbündeten Arbeiterorganisationen worden waren, waren Ausschüsse be⸗ auftragt worden, der Verwaltung die Wünsche der Arbeiter⸗ schaft vorzutragen. Die Verwaltung hat jetzt geantwortet, daß sie einen Mindestlohn von 5,70 nicht gewährleisten konne; weitere Lohnkürzungen seien nicht beabsichtigt. Jedenfalls den die Löhne, die im Juni und Juli wegen geringerer Le stung gesunken seien, von jetzt ab bei steigender Arbeitsleistung bald wieder die alte Höhe erreichen. Die übrigen Wünsche sollen nach Möglichkeit berücksichtigt werden.

In Bremen sind, wie der „Köln. Ztg.“ gemeldet wird, keine Vers härfungen der Bewegung im Transport⸗ und Holzgewerbe zu erwarten. Die ausgesperrten Holzstauer haben nachgegeben und gestern die Arbeit wieder aufgenommen. (Vgl. Nr. 168 d. Bl.)

Sämtliche Hafenarbeiter in Savona sind, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, in den Ausstand eingetreten, und zwar wegen höherer Lohnforderungen.

Nach einer Meldung der „St. Petersburger Telegraphenagentur“ beginnt die Ausstandsbewegung in St. Petersburg (vgl. Nr. 172 d. Bl) abzuflauen. Die Mehrzahl der Fabriken, Druckereien und kleinen Betriebe arbeitete aber auch gestern nicht. Einige Fabriken sind auf Anordnung ihrer Verwaltungen geschlossen worden. Der Straßenbahnvperkehr ist wieder aufgenommen worden, mit Ausnahme der Vorstadtlinien. Die Arbeiter verhalten sich im allgemeinen ruhig.

de, die mit Steinen warfen und Schüsse abfeuerten; mehrere Arbeiter wurden verwundet. Im Schlüsselburger Stadtteile richteten Arbeiter gestern mittag in zwei Gastwirtschaften Ver⸗ wüstungen on. Mehrere Arbeiter wurden dabei verwundet und einige verhafter. In der Nacht zum Freitag fand außerhalb der Stadt eine Arbeiterversammlung statt, an der 8 10 000 Arbeiter teilnahmen.

In Libau sind, wie „W. T. B.“ meldet, die Hafenarbeiter in den Ausstand getreten. Sie verlangen Besserung ihrer materiellen Lage. In Riga haben die Fabrik⸗ und Hafenarbeiter die Arbeit wieder aufgenommen. Die Zahl der in Warschau in 50 Fabriken aus wändigen Arbeiter beträgt 15 000.

In Baku ist, wie „W. T. B.“ berichtet, der vom Kaiser dorthin abkommandierte Generalmajor à la suité Dschunkowski ein getroffen. Er ließ sofort in Tausenden von Exemplaren in der Stadt und im Gouvernement Baku eine gedruckte Kundmachung verbreiten, in der betont wird, daß er durch weit⸗ gehende Vollmachten zu strengsten Maßnahmen zur Wieder⸗ herstellung der Ordnung und Ruhe ermächtigt sei. Nachdem er den Oberbefehl üͤber die örtlichen Truppen und die Oberleitung über die örtliche Zivilverwaltung übernommen habe, fordere er die Be⸗ völkerung auf, ihn bei seiner Aufgabe zu unterstützen. Die Kundmachung drückt die Ueberzeugung aus, daß der Erfolg seiner Aufgabe weniger von der Strenge, als von der Achtung vor dem Gesetze abhänge und von der Besonnenheit der Streikenden. Die Zahl der Streikenden beträgt 22 000. (Vgl. Nr. 170 d. Bl.)

auf Streikende,

(Weitere „Statistische Nachrichten s. 1. d. Ersten Beilage.)

Kunst und Wissenschaft.

Eine neue Forschungsfahrt Fridtjof Nansens. einem nur 50 t großen und nur 20 m langen Schiffe „Armauer Hansen“, das durch Segel und Motor getrieben werden kann, hat Fidtiof Nansen Anfang Juni eine Fahrt in den Nordatlantischen

Bean angetreten, um durch genauere Untersuchungen die Richtigkeit seiner neuen Golfstromtheorie festzustellen. Diese geht dahin, daß ein großer Teil des warmen Wassers, das die Westküste von Norwegen bespült, nicht dem Golfstrom entstammt, sondern aus dem Mittelmeer kommt, das es als Unterströmung durch die Straße von Gibraltar verläßt. Nach dem Ergebnis seiner eigenen Forschungen auf der Fahrt des Kanonenbootes „Fridrjof“ und der Untersuchun en von Sir John Murray und Dr. Hjort auf der „Michael⸗Sars“ Fahrt nimmt, wie „Petermanns Mittetlungen“ berichten, Dr. Nansen an, daß diese warme Mittel⸗ meerströmung in einer Tiefe von 150 bis 1600 m längs der West⸗ küste von Portugal und Irland nach Norden führt und von Rockall von dem Golfstrom nach Nordosten nach der norwegischen Küste fortgerissen ird. Der Reisep an geht dabin, zunächst einen Vorstoß ;500 Seemeilen in südwestlicher Richtung aus⸗ zuführen, unter Berührung der Ahzoren nach Lissabon zu fahren und dann längs der Westküste von Irland und Schottland über die Faröer nach Norwegen zurückzukehren. Außer Dr. Nansen nehmen an der Fahrt dessen Sohn, Dr. E. Helland⸗ Nansen und vier Assistenten teil. Während der Fahrt sollen Unter⸗ suchungen angestellt werden über Temperatur, Strömungen, Salz⸗ gehalt und Wasseraustausch der verschiedenen Schichten, über die im Wasser aufgelösten Gase, über das Eindringen des Lichts u. a. Die Kosten werden zum größten Teil aus dem Nansenfonds bestritten.

von

Kugelblitze. Ein Kugenblitz ist etwas Seltenes, und man kann von ihm mit noch mehr Rechl sagen, was der alte Rösselmann auf dem Räütli von dem doppelten Mondregenbogen 248 „Und viele leben, die es nie gesehen“. Als eine atmosphärische Entladung, die für das Auge die Form einer Kugel annimmt, hat der Kugelblitz wohl kaum einen anderen Namen erhalten können, aber er ist von den anderen Blitzen weit verschieden. Die Verhältnisse, unter denen er entsteht, sind im physikalischen Laboratorium nachgeahmt worden, und man kann daher auch künstliche Kugelblitze erzeugen. Trotzdem ist ihr Auftreten und Verhalten in der Natur so merk⸗ würdig, daß immer neue Fragen auftauchen und jeder einzelne Fall auch von wissenschaftlicher Seite mit Aufmerksamkeit verzeichnet und erörtert wird. Jetzt liegt wieder eine größere Zahl von Veröffent⸗ lichungen über Kugelblitze vor. Eine stammt aus der Feder von Professor Ignazio Galli und ist in den Denkschriften der Päpstlichen Akademie in Rom erschienen. Sie trägt ein sehr großes Material an Berichten über Kugelblitze zusammen, die im Verlauf mehrerer Jahrhunderte beobachtet und beschrieben worden sind. Peofessor Galli legt besonders Gewicht auf die Feststellung der Wirkungen dieser Gebilde auf Bäume und Gräser und wird dadurch zu einer Auseinandersetzung geführt, die auch von anderen Blitzen handelt. Es ist bekannt genug, daß nach einer auch im Volk weit⸗ verbreiteten Meinung die einzelnen Baumarten den Blitz in ver⸗ schiedenem Grade anziehen, es sollen aber auch im Fall des ein⸗ getretenen Blitzschlags Unterschiede zu verzeichnen sein. Wenn der Blitz einen Baumstamm hinabfährt, schlägt er nicht immer eine gerade Linie, sondern eine spiral verlaufende Bahn ein. Diese Spirale soll nun bei der Roßkastanie, den Kirsch⸗ und Apfel⸗ bäumen und Weiden immer rechts herum gedreht sein, bei Pflaumenbäumen, Weißdorn und Eichen links herum, bei Birken bald in dem einen, bald in dem anderen Sinn. Es wird vermutet, daß diese Erscheinung mit der An⸗ ordnung der Holzfasern oder auch mit einer besonderen Dreh⸗ bewegung während der Entladung zusammenhängt. Die Wissenschaft hat sich mit dieser Erscheinung überhaupt noch nicht beschäftigt, und sie muß auch noch mit viel größerer Zuverlässigkeit bestätigt werden, ehe ein Anlaß dazu vorliegt. In diesem Jahre ist bisher nur ein Kugelblitz von wissenschaftlicher Stelle aus beschrieben worden, näm⸗ lich von Baldit vor der Pariser Akademie der Wissenschaften. Er wurde von mehreren Personen gesehen, von einer aus einer Ent⸗ fernung von 2 bis 3 m. Er erschien als eine etwas eiförmig ver⸗ längerte Feuerkugel etwa von der Größe einer Menschenfaust 40 cm über dem Boden. Da Funken ven ihm ausgingen, erinnerte er an die als Sonnen bezeichneten Feuerwerkskörper. Gleichzeitig mar ein Geräusch ähnlich dem einer zischenden Rakete hörbar. Die näheren Bedingungen, die in diesem wie in früheren Fällen bei Kugel⸗

blitzen festgestellt wurden, bestehen darin, daß es regnete, daß eine

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Im Vororte Staraja Derewna feuerten berittene Schutzleule

flächenhafte elektrische Entladung dem Kugelblitz vorausgegangen war, daß dieser in der Nähe des Bodens und in leichter Abplattung er⸗ schien, und endlich, daß er in geringer Entfernung großer metallischer kassen von eigentümlicher Form auftrat. Die Wirkung der Metall⸗ masse als einer Elektrode für einen 8 der atmosphärischen Ent⸗ ladung spielt dabei vielleicht die auptrolle. Wenn sich die Erscheinung dieses Kugelblitzes ganz in den gewohnten Gleisen bewegt zu haben scheint, wie sie fast immer dargestellt worden ist, so liegt noch eine zweite Beschreibung eines ähnlichen Ereignisses vor, die weit merkwürdiger ist, da es sich hier um einen doppelten Kugelblitz handelt. Der Platz, wo er gesehen wurde, war von dem eigentlichen Gewitter noch nicht erreicht, sodaß dem Kugelblitz auch noch kein gewöhnlicher vorausgegangen war, auch regnete es nich Gleich bei der ersten Erscheinung wurden zwei Kugeln übereinande wahrgenommen, die durch einen feinen, leuchtenden Faden verbunde

sich wagerecht obgleich der W Kugel war größe Boden, während di Band zwischen beide

Kugeln war orange. Sie bewegten

dem Boden in nordöstlicher Richtung, gleichzeitig von Norden kam. Die obere und hielt sich dauernd in gleichem Abstand vom untere langsam fiel, sodaß auch das leuchtende

Erdboden, hielt sich auch genau senkrecht unter der overen sich mit dieser in horizontaler Richtung weiter. Das blieb volle zwei Minuten sichtbar, für einen Kugelblitz eine unerhörte Dauer, und erlosch ohne Geräusch oder eine andere sichrbare Schlußentladung. Es mag sein doß diese Beschreibung nur das Ende eines Vorgangs umfaßt, dessen Entwicklung der Beobachtung entgangen war. Gewöhnlich steigen die Kugelblitze langsam aus einer Wolte herab, meist nach einem beftigen Donnerschlag. Die Kugel selbst sendet in der Regel ein bläuliches Licht aus. Sie prallt auf den Boden auf, wird scheinbar zurück⸗ geworfen und kann sich dann einige Meter wagerecht fort⸗ bewegen. Ist ein Leiter in der Näbe, z. B. ein Draht oder ein Gasrohr, so folgt die Kugel dieser Richtung. Bei der Berührung mit Wasser, zuweilen auch in der freien Luft, ZBerspringt die Kugel unter heftigem Geräusch urnd verschwindet sofort, dabet macht sich ein starker Ozongeruch bemerkbar. Nicht selten richtet ein solcher Kugelblitz einen erheblichen Schaden an. Professor Thornton hat den früher gegebenen Erklärungen „noch eine hinzugefügt, daß der Kugelblitz selbst in der Hauptsache durch eine Ansammlung von Ozon gebildet wird. Dadurch würde sich sowohl der bläuliche Glanz wie das langsame Fallen der Kugel erklären. Das spezifische Gewicht des Ozons ist nämlich etwas höher als das der Luft. Auch das plötzliche Verschwinden unter den Begleiterscheinungen einer Explosion würde sich daraus verstehen lassen, da bei Umwandlungen von Ozon in freien Sauerstoff eine erhebliche Energiemenge frei wird. 8 8 Literatur

Der Entwurf eines Patentgesetzes, besprochen von Ge⸗ heimem Justtzrat Dr. Georg Wildhagen, Rechtsanwalt beim Reichsgericht in Leipzig. 36 Seiten. Verlag von Otto Liebmann, Berlin. Preis 0,80 ℳ. Das Buch enthält eine eingehende, streng sachliche Besprechung des Entwurfs eines neuen Patentgesetzes, den die Reichsregierung zusammen mit den Entwürfen eines neuen Gebrauchsmuster⸗ und eines neuen Warenzeichengesetzes im „Reichs⸗ und Staatsanzeiger“ veröffentlicht hat, damit alle be⸗ teiligten Kreise zu diesen Entwürfen aus dem Gebiete des gewerblichen Rechtsschutzes Stellung nehmen. Der Verfasser, einer der bedeutendsten Kenner dieses Rechtsgebiets, billigt die große Mehr⸗ zahl der für das deutsche Patentrecht vorgeschlagenen Neuerungen, z. B. auch die Anerkennung der sog. „Erfinderehre“ 6) uand die Regelung des Rechtes an den „Etablissementsersindungen“, die in einem Betriebe gemacht werden, ohne daß sie auf bestimmte Personen als Erfinder zurückgeführt werden können; die Rechte des Erfinders sollen bei ihnen demjenigen zustehen, für dessen Rechnung der Betrieb verwaltet wird 3 Abs. 1 Satz 3). Davon ist scharf zu sondern der Fall, daß Erfindungen von Angestellten bei Verrichtung ihrer dienstlichen Obliegenheiten gemacht werden. Nach dem Entwurf 10) sollen diese Erfindungen grundsätzlich den Angestellten gehören. Ist die Frage der Berechtigung an diesen Erfindungen durch Ver⸗ trag geregelt, so gilt der Vertrag. Fehlt es an einer vertraglichen Regelung, liegt aber die von dem Angestellten gemachte Erfindung ihrer Art nach in dem Bereiche der Aufgaben des Unternehmens und gehört die Tätiakeit, die zur Erfindung geführt hat, zu den Obliegenheiten des Angestellten (man kann in diesen Fällen von dienstlichen Erfindungen“ sprechen), dann sollen kraft Gesetzes die Rechte des Angestellten als Erfinders, abgesehen von der hochstpersönlichen Erfinderehre, auf den Unter⸗ nehmer übergehen. Erwirbt der Unternehmer infolgedessen ein Patent, so kann der Angestellte von ihm eine Vergütung verlangen. Die Bestimmung der Art und Höhe der Vergütung überläßt der Entwurf in erster Linie den Vereinbarungen der Beteiligten, aber er zieht der Vertragsfreiheit die Schranke, daß die Vergütung für künftige Erfindungen nicht im voraus ausgeschlossen werden kann. Ist eine Vereinbarung nicht getroffen, so soll der Unternehmer Art und Höhe der Vergütung nach billigem Ermessen bestimmen, wobei § 315 Abs. 3 des B. G.⸗B. Anwendung findet. Nach den bisherigen Beobachtungen ist die Befürchtung nicht von der Hand zu weisen, daß dieser Vorschlag bei den bevorstehenden parlamentarischen Verhandlungen über den Ent⸗ wurf einen oder vielleicht gar den Hauptstreitpunkt bilden wird. Es wäre zu bedauern, wenn diese Frage so vorwiegend das Augenmerk auf sich ziehen sollte, daß darüber weit wichtigere Fragen in den Hintergrund treten. Denn ihre praktische Bedeutung, die gewiß nicht bestritten werden soll, darf andererseits auch nicht überschätzt werden. Nach der Ueberzeugung des Verfassers ern eist sich der von dem Entwurf eingeschlagene Weg zur Lösung der Frage als praktisch gangbar; es sei nicht zu besorgen, daß er bei verständiger Ausgestaltung durch die Gerichte, mit der immer gerechnet werden müsse, zu einer Be⸗ einträchtigung berechtigter Interessen der Unternehmer oder der An⸗ gestellten führen werde. Deshalb empfiehlt der Verfasser, es bei dem Vorschlage des Entwurfs bewenden zu lassen; nur wünscht er die Streichung der Ausnahme, die Abs. 4 des § 10 und kommunale Betriebe machen will. Eine der wichti rungen wird im § 3 des Entwurfs vorgeschlagen. gibt den Anspruch auf die Erteilun der Erfindung, sondern demjenigen, der die Erfindung zuerst bei de Patentamt anmeldet. Im Gegensatz dazu schlägt der Entwurf vor „Auf die Erteilung des Patents hat Verfasser tritt in dieser Frage für Aufrechterhaltung des bisherigen

nicht den und bewegte Schauspiel

und formuliert einen Vindikationsanspruch des Erfinders gegen denjenigen Anmelder, der das Recht des Erfinders auf Anmeldung verletzt. Wildhagen hält also das Recht auf der Anmeldung scharf augeinander; dieser Unterschied war bish mit der genügenden Deutlichkeit betont worden. Er schlägt außerdem eine Reihe von nach seiner Ansicht Gesetzesbestimmungen vor, die er im Entwurf vermißt. Die au

Erfahrung Juristen und der übrigen interessierten Kreise.

Die Patentrecherche. und ausländischer Patentschutzrechte und zur Feststellung der den Expott⸗ handel schädigenden Scheinpatente von M. T homescheit, expedierendem Sekretär und Kalkulator im Kalserlichen Patentamt. Berlin, Verlag von Julius Springer. Gebunden 3 ℳ. Eine europäischer und die Mehrzahl derjenigen außereuropäischen Staaten, welche Patentgesetze haben, registrieren alle Patentanmeldungen, ohne die Patentwürdigkeit der Erfindungen zu prüfen und ohne die Neuheit der Erfindung festzustellen, die in allen Ländern Vorhedingung für die Patentfähigkeit des Ge⸗ ist. Diese ebenso wichtige wie mühe⸗

volle Arbeit, die z. B. in Deutschland von Amts wegen erfolgt und die Haupttätigkeit des Patentamts ausmacht, überläßt in den erwähnte

Rechfszustandes ein, der sich bewährt habe; aber er will daneben ein ausschließliches Recht des Erfinders auf die Anmeldung anerkannt wissen

Anmeldung und das Recht aus er nicht

schienen, der wie ein knotiger Strick aussah. Die Farbe beider

zerriß beziehungsweise erlosch. Dennoch erreichte die untere Kugel 8

für staatliche

der Erfinder Anspruch.“ Der

4

8

ve Grund reicher praktischer verfaßte Schrift verdient die Beachtung aller praktischen an der Ausgestaltung des Patentrechts

Wegweiser zur Ermittlung deutscher

ganze Anzahl