Tachsen.
Seine Majestät der König ist vorgestern im Großen
Hauptquartier angekommen und hat, wie „W. T. B.“ meldet,
folgenden Armeebefehl erlassen:
Im Augenblick, wo ich auf dem westlichen Kriegsschauplatz eintreffe, drängt es mich, allen Truppen meiner Armee, die in den letzten Monaten an den mit Gottes Hilfe so erfolgreichen Kämpfen der deutschen Armee ruhmreichen Anteil genommen haben,
eine vollste Anerkennung und meinen wärmsten Köntglichen Dank auszusprechen. Nichtachtend der schweren Verluste haben sie, getreu der Ueberlieferung unserer Vorfahren, zum Teil in denselben Gegenden wie 1870/71, neue unverwelkliche Lorbeeren er⸗ orben. Die veränderte Kampfweise, verbunden mit großen Ver⸗ besserungen der Waffen, haben die Truppen aller Waffen, besonders die Infanterie, vor ganz neue Lagen gebracht. Aber dessenungeachtet, haben sie alle im festen Vertrauen auf den Schutz Gottes, des all⸗ mächtigen Lenkers aller menschlichen Geschicke, und auf unsere ge⸗ rechte Sache in freudiger Begeisterung ihre Pflicht voll und ganz erfüllt. Das Jahr 1914 wird für alle Zeiten ein helleuchtendes Blatt in der Geschichte meiner Armee bleiben. Der liede Gott wird uns auch weiterhin schützen und uns belfen, unsere schwere ufgabe zu vollenden. Friedrich August. Baden.
Seine Königliche Hoheit der Großherzog ist vor⸗ gestern in Mülhausen i. E. zum Besuche der in den Lazaretten liegenden Verwundeten eingetroffen und hat sich dann zu seinen in der Feuerlinie liegenden Truppen begeben
Hamburg.
Die Bürgerschaft hat gestern, wie „W. T. B.“ meldet, auf dringlichen Antrag des Senats weitere 2 Millionen Mark für unvorhergesehene Ausgaben illie
Deutsche Kolonien.
Die vom Gouverneur des Schutzgebiets Kiautschou, Kapitän zur See Meyer⸗Waldeck am 23. August d. J. er⸗ lassene Proklamation lautet der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ zufolge:
Am 15. August hat Japan Deutschland ein Ultimatum gestellt, in dem die sofortige Zurückziehung oder Entwaffnung aller deutschen Kriegsschiffe des Kreuzergeschwaders sowie die bedingungslose Uebergabe Tsingtaus bis zum 15. September gefordert wurde. Frist zur Beantwortung der 23. August, Mittags.
Diese unerhörte Zumutun kst nach Form und In⸗ halt gleichweit beleidigend. iemals werden wir frei⸗ willig auch nur das kleinste Stück Erde hergeben, über dem die hehre Reichskriegsflagge weht. Von dieser Stätte, die wir mit Liebe und Erfolg seit 17 Jahren zu einem kleinen Deutschland über See auszugestalten bemüht waren, wollen wir nicht weichen! Will der Gegner Tsingtau haben, so mag er kommen es sich holen. Er wird uns auf unseren Posten finden! .
Der Angriff auf Tsingtau steht bevor. Gut ausgebildet und wohl vorbereitet können wir den Gegner mit Ruhe erwarten. weiß, daß die Besatzung von Tsingtau fest ist, treu ihrem Fahneneide und eingedenk des Waffenruhmes der Väter, den Platz bis zum äußersten zu halten. Jeder in zähem Widerstande errungene neue Tag kann die unberechenbarsten, günstigsten Folgen zeitigen! Zu stolzer Freude gereicht es uns, daß nunmehr auch wir für Kaiser und Reich fechten dürfen, daß wir nicht dazu verurteilt sind, tatenlos beiseite zu stehen, während unsere Brüder in der Heimat in schwerem Kampfe stehen.
Festungsbesatzung von Tsingtau! Ich erinnere Euch an die glor⸗ reichen Verteidigungen Kolbergs, Graudenz' und der schlesischen Festungen vor etwas mehr als 100 Jahren. Nehmt Euch diese Helden zum Beispiel! Ich erwarte von Euch, daß ein jeder sein Bestes her⸗ geben wird, um mit den Kameraden in der Heimat an Tapferkeit und jeglicher soldatischer Tugend zu wetteifern. Wohl sind wir zur Ver⸗ teidigung bestimmt, haltet Euch aber so vor Augen, daß die Ver⸗ teidigung nur dann richtig geführt wird, wenn sie vom Geiste des Angriffs erfüllt ist. 1
Am 18. August habe ich Seiner Majestät drahtlich versichert, ich stehe ein für Pflichterfüllung bis aufs äußerste. Am 19. August habe ich den Allerhöchsten Befehl Seiner Majestät er⸗ halten, TLsingtau bis aufs äußerste zu verteidigen! Wir werden Seiner Majestät unserem Allergnädigsten Kriegsherrn, durch die Tat beweisen, daß wir des in uns geseßzten Allerhöchsten Vertrauens würdig sind. 1“ 8
Es lebe Seine Majestät der Kaiser!
1 Oesterreich⸗Ungarn.
Im Hochverratsprozeß Princip und Genossen wurde gestern zunächst das Zeugenverhör fortgesetzt; sodann wurden mehrere Broschüren über die Tätigkeit der Narodna Odbrana und der Sokolvereine verlesen, aus denen sich als Ziel der Vereinstätigkeit die Losreißung der südslawischen Länder von der Monarchie und die Vorbereitung des Krieges gegen die Monarchie ergibt. G
Nach dem Bericht des „W. T. B.“ ist aus dem Zeugenverhör die protokollarische Aussage des seitdem verstorbenen Zeugen Mt⸗ lanitsch hervorzuheben, welcher während seines Ausenthalts in Belgrad die Verschwörer wiederholt beobachtet hatte, als er jedoch seine Wahrnehmungen dem österreichisch⸗ungarischen Generalkonsul mitteilen wollte, verhaftet, von Kerker zu Kerker geschleppt und schließlich auf das Polizeikommissariat geführt wurde, wo der Polizei⸗ präfekt ihm triumphierend einen Zeitungsausschnitt über die Er⸗ mordung des Thronfolgers zeigte mit den Worten: „Du wolltest es verhindern, aber wir sind pfiffiger als Du. Jetzt kommt die Reihe an Oesterreich⸗Ungarn; wir werden es zertrümmern.“ Viele Zeugen, darunter ein serbischer Staatsbahnbeamter, gaben eingehende Auf⸗ klärungen über die Tätigkelt der Narodna Odbrana und der Sokol⸗ vereine.
Großbritannien und Irland.
Der Erste Lord der Admiralität Churchill hat ein in herzlichen Ausdrücken gehaltenes Telegramm an den japanischen Marineminister gesandt, in dem er ihm seine Wertschätung für die Energie ausdrückt, mit der die japanische Flotte die Sache der Verbündeten stütze. In seinem Antwort⸗ telegramm sprach der japanische Minister seine tiefe Genug⸗ tuung über die vollkommene Harmonie aus, die zwischen den Flotten der Verbündeten herrsche. Hieraus ginge hervor, daß
eide das gleiche Ziel verfolgten, das sie bald erreichen würden.
Portugal.
Vom „W. T. B.“ verbreiteten ofsiziösen Meldungen ufolge erlitten in der vorgestrigen Nacht Eisenbahn⸗ und EEE11““ durch Sabotage eine gewisse Unterbrechung; sie wurden aber bald wiederhergestellt. Augen⸗ blicklich herrscht wieder Ordnung in Portugal, außer in Braganza und Mafra, wo Erhebungen versucht wurden, die aber schnell unterdrückt wurden. Der frühere Oberst Adriano Beca scheint das Haupt der mißlungenen Erhebung zu
gegengestellt und jede Gelegenheit benutzt, (zu bereiten. Die Geschichte der politischen Ereignisse auf dem Balkan hat bewiesen, wie falsch die angeblich panslawistischen Wünsche und
Frankreich. 1 Durch Regierungserlaß ist für die Kriegsdauer ein vom
Handelsministerium abhängiges Amt für chemische und pharmazeutische Erzeugnisse geschaffen worden. Dieses Amt soll die Herstellung und Verteilung der Erzeugnisse über⸗
wachen,
eine Untersuchung über die Lagerbestände und die augenblickliche Produktionsfähigkeit in Frankreich anstellen und versuchen, in Frankreich die Herstellung von Erzeugnissen zu ermöglichen, welche bisher Monopol fremder Staaten waren.
Dänemark.
In den internationalen Gewässern zwischen Nakkehoved und Kullen⸗Leuchtfeuer feuerte vorgestern nachmittag, wie „W. T. B.“ meldet, ein vorher nicht bemerktes Unterseeboot zwei Torpedos gegen das dänische Unterseeboot „Havmanden“, das mit fünf Knoten Geschwindigkeit über Wasser fuhr. Kein Schuß traf. Das Unterseebot führte die Nationalflagge. Ein Unterseeboot unbekannter Nationalität wurde am Nachmittag von Nakkehoved⸗Leuchtfeuer aus beobachtet. Heute früh trieb am Vorstrande von Nakkehoved ein Torpedo an, der dort explodierte. Den in Frage kommenden krieg⸗ führenden Mächten ist dieser Vorfall zur Kenntnis gebracht worden mit dem Ersuchen, in Zukunft größere Achtsamkeit zu üben. Zu dem Vorfall meldet „Nationaltidende“: Das Unterseeboot befand sich ein gutes Stück außerhalb des dänischen Hoheitsgebiets, als der Kommandant plözlich einen weißen Streifen im Wasser erblickte. Er war sich sofort darüber klar, daß dieser von einem Torpedo herrührte, dessen Kurs denjenigen des Unter⸗ seeboots kreuzte. Das Boot, das nur mit fünf Seemeilen Geschwindig⸗ keit lief, konnte setnen Kurs nicht so schnell ändern, und die Besatzung war auf das Schlimmste gefaßt. Gluͤcklicherweise ging das Torpedo unter dem Kiel des Boots hindurch, ohne Schaden anzurichten. Wenige Minuten später sah der Kommandant wieder einen verdächtigen Schaumstreifen auf dem Wasser, aber diesmal befand man sich nicht in der Kurs⸗ richtung des Torpedos. Das Uaterseeboot begab sich sofort auf dänisches Hoheitegebiet zurück und hielt scharf Ausguck; jedoch war nichts von einem fremden Unterseeboot zu enldecken. Zu derselben Zeit, als die Torpedoschüsse abgefeuert wurden, wurde ein Unterseeboot, 15 X“ nicht erkennbar war, bei Nakkehoved⸗Leuchtfeuer emerkt. 3
Wie das oben genannte Telegraphenbureau von amtlicher Seite erfährt, sind die beiden Schüsse nicht von einem deutschen Fahrzeug abgefeuert worden. 5
Norwegen. v“
Wie das Ministerium des Aeußern bekannt gibt, sind alle von England und mit zwei Ausnahmen alle von Deutschland aufgebrachten norwegischen Schiffe freigegeben worden. Dagegen habe sich die russische Regierung noch nicht offiziell über die Freigabe der seit Kriegsausbruch in den finnischen Häfen zurückgehaltenen norwegischen Schiffe geäußert.
— Vom 20. Oktober ab ist einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge die Ausfuhr von Kautschuk und Guttapercha in Rohzustand verboten.
Der durch einen Kaiserlichen Erlaß verfassungsgemäß für den 14. November anberaumte Wiederzusammentritt des Parlaments ist mit Rücksicht auf den Krieg um einen Monat verschoben worden.
— Auf die britische Vorstellung über die fortgesetzte An⸗ wesenheit deutscher Mannschaften auf türkischen Kriegsschiffen erwiderte die Pforte dem „Reuterschen Bureau“ zufolge endgültig, daß dies eine innere Angelegenheit der Türkei sei.
— Das Blatt „Taswir⸗i⸗Efkiar“ veröffentlicht folgenden⸗ von den Ukrainern an die ottomanische Nation ge⸗ richteten Aufruf:
Rußland, das von jeber den Traum nährt, Konstantinopel zu erobern, ist der ewige Feind der Turkei, die die Dardanellen beherrscht. Unter dem Vorwande, die Interessen der Slawen zu wahren, kämpft Rußland für seine besonderen Interessen und hat
sich immer dem Fortschritt und der Erneuerung der Türkei ent⸗ ihr Verlegenheiten
Gefühle Rußlands sind, wie sehr sie aber die Slawen beeinflußt haben. Und was könnte man über die innere Politik Rußlands sagen, das einen so großen Teil seiner Bevölkerung niedermetzeln läßt? Die vielen Unterdrückungen und Grausamkeiten, verübt auf Grund nationaler und religiöser Forderungen, bilden einen Haupt⸗ grundsatz der Politik Rußlands. Pflicht der heutigen Zivilisation ist es, ein Reich zu vernichten, das so viel Tyrannei ver⸗ breitet, und seine Bevölkerung aus den Ketten der Knechtschaft zu be⸗ freien. In dieser Richtung man auch das Heil des gefährdeten Nachbarn Rußlands sowie den Frieden Europas und Asiens in Be⸗ tracht ziehen. Auch die Siege Oesterreich⸗Ungarns und Deutschlands haben unter diesem Gesichtspunkt eine große Bedeutung. Die Tätigkeit der Türkei erweckt Hoffnungen nicht bloß bei der Bevölke⸗ rung des türkischen Reiches, sondern auch bei den Türken und Musel⸗ manen in Rußland, die den Martern der Tyrannei ausgesetzt sind.
In dem Aufruf wird ferner dargelegt, daß eine Be⸗ völkerung von 30 Millionen Menschen in der schönen Ukraine, die den Martern der russischen Unterdrückung unterworfen ist, Hilfe erwartet, und weiter ausgeführt:
Ihr Ottomanen kennt uns. Die Geschichte hat uns oft zusammen am Schwarzen Meere kämpfen sehen. Wir hoffen heute, diese innige, historisch begründete Verbindung wuder auf⸗ leben zu lassen. Die Ukraine, die nach der Niederlage Rußlands die Russen auf ihre natürliche nationale Grenze — und das ist Moskau — zurückdrängen wird, wird ihre Freiheit und Unab⸗ hängkeit wiedererlangen und ewig mit der Türkei verbündet bleiben, weil die Vereinigung dieser beiden Kräfte gegen das Moskowitertum unerläßlich ist. Wir begrüßen von ganzem Herzen jeden Schritt, den die Türkei gegen den Feind tun wird, um die Ukraine zu retten. Die türkische Armee wird in ihren Kämpfen gegen die fremde Regierung und ihren falschen Panslawiswus unsere aufrichtige Liebe finden.
Rumänien. Der frühere Ministerpräsident Sturdza ist gestern nacht 81 Jahre alt in Bukarest gestorben.
Afrika.
In Alexandrien ist nach einer Meldung des Pariser „New York Herald“ ein Prisengericht eingesetzt worden, das über den österreichischen Dampfer „Koerber“ und die dreizehn deutschen Dampfer „Pindos“, „Rostock“, „Lautenfels“, „Aenne Rickmers“, „Helgoland“, „Gutenfels“, „Baerenfels“, „Derfflinger“, „Werdenfels“, „Rabenfels“, „Lützow“, „Annaberg“ und „Goslar“ befinden wird. Diese vierzehn Dampfer liegen in Port Said und werden nach Alexandrien gebracht werden G“
sein. Er wurde in Braganza festgenommen.
1
8*
fort; elf englische Kriegsschiffe unterstützten die feindliche Artillerie. geworfen. Druppen erfolgreich vor. 1 westlich Lille waren sehr erbittert; der Feind wich auf der ganzen Front langsam zurück.
Uns Vormarsch in der Bukowina erreichte den großen Sereth. 8
Kriegsnachrichten.
8 Westlicher KriegsschauSpläaz. Großes Hauptquartier, 22. Oktober, Vormittags. Die Kämpfe am Yserkanal dauern noch
Oestlich Dixmude wurde der Feind zurück⸗
Auch in Richtung Ypres drangen unsere Die Kämpfe nordwestlich und
Heftige Angriffe aus Richtung Toul gegen die
Höhen südlich Thiaucourt wurden unter schwersten Ver⸗
lusten für die Franzosen zurückgeworfen.
Es ist einwandfrei festgestellt, daß der englische Ad⸗ miral, der das Geschwader vor Ostende befehligt, nur mit Mühe von der Absicht, Ostende zu beschießen dur die belgische Behörde abgebracht wurde. 8
8*
Oestlicher Kriegsschauplatz.
Großes Hauptquartier, 22. Oktober, Vormittags.
(W. T. B.) Auf dem nordöstlichen Kriegsschauplatz folgen
eile unserer Truppen dem weichenden Gegner in Richtung Ossowiez; mehrere Hundert Gefangene und Maschinengewehre fielen in unsere Hände. Bei Warschau und in Polen wurde gestern nach dem unentschiedenen Ringen der letzten Tage nicht gekämpft. Die Verhältnisse befinden sich dort noch in der Entwicklung.
Wien, 21. Oktober. (W. T. B.) Amtlich wird verlaut⸗ bart: In dem schweren und hartnäckigen Angriffe auf die ver⸗ stärkten Stellungen des Feindes von Felseztyn bis an die Chaussee östlich Medyka gewannen wir an meVhreren Stellen Terrain, während die russischen Gegenangriffe nirgends durchzudringen vermochten. Vergangene Nacht erstürmten unsere Truppen die Kapellenhöhe nörd⸗ lich Mizyniec. Südlich Magiera gelang es ihnen schon gestern, ch von den eroberten Ortschaften gegen die Höhen vorzuarbeiten. Am Südflügel wird der Kampf hauptsächlich von der Artillerie geführt. Durch weitgehende Anwendung der modernen Feldbefestigung nimmt die Schlacht großenteils den Charakter eines Festungskrieges an. In den Karpathen wurde gestern der Jablonicapaß, der letzte noch von einer russischen Abteilung besetzt gewesene Uebergang, von uns genommen. Auf ungarischem Boden ist kein Feind mehr.
Der Krieg zur See.
London, 22. Oktober. (W. T. B.) Lloyds Agent in
Colombo telegraphiert an die Admiralität, daß die britischen
Dampfer „Chilka“, „Troilus“, „Benmohr“, „Clan Grant“ und der für Tasmanien bestimmte Bagger „Pon⸗ rabbel“ von dem deutschen Kreuzer „Emden“ versenkt worden seien, während der Dampfer „Exford“ gekapert wurde. 8 86
Kolonialer Kriegsschauplatz.
London, 21. Oktober. (W. T. B.) Das „Reutersche Bureau“ meldet aus Tokio von gestern: Das Marine⸗ ministerium gibt bekannt, daß die Marschall⸗, Marianen⸗ und Karolinen⸗Inseln aus militärischen Gründen besetzt worden sind.
Statistik und Volkswirtschaft.
Entwicklung des Beschäftigungsgrades in Groß Berlin in der Zeit vom 3. bis 10. Oktober 1914.
Nach dem Bericht des Statistischen Amtes der Stadt Berlin über den gewerblichen und industriellen Beschäftigungsgrad in Groß Berlin während der Woche vom 3. bis zum 10. Oktober stieg der Bestand an versicherungspflichtigen Mitgliedern von 234 Kranken⸗ kassen Groß Berlins von 933 264 auf 947 052, das ist um 13 788 oder 1,4s %, während die Steigerung in der Vorwoche, in die der in zahlreichen Fällen den Ablauf der Kündigungsfrist bedeutende Monatsbeginn fiel, nur 1550 oder 0,17 % betrug. Die diesmal so viel beträchtlichere Zunahme des Beschäftigungsgrades aber ist auch noch dadurch aus⸗ gezeichnet, daß die stärkere Entwicklung auf seiten des ihrer in be⸗ sonderem Maße bedürftigen weiblichen Geschlechts liegt. Selbst absolut ist die Zunahme bei den Frauen größer als bei den Männern: 7087 gegen 6701, wodurch die Sätze von 1,25 % für das männliche und 1,71 % für das weibliche Geschlecht bedingt sind.
Die 28 . Ortskrankenkassen, die in der Vor⸗ woche eine Abnahme der Zahl der weiblichen Beschäftigten (um 2062) zu verzeichnen hatten, weisen diesmal für das gleiche Geschlecht eine Zunahme um 4616 oder 1,51 % auf, während die Zahl der männlichen Mitglieder um 2923 oder 1,05 % sich erhöhte. Insbesondere belief sich die Steigerung bei der Berliner allgemeinen Ortskrankenkasse auf 2231 oder 1,58 % beim männlichen und auf 3372 oder 2,00 % beim weib⸗ lichen Geschlecht. Sehr beachtenswert sind auch die Veränderungen bei den gewerblich gegliederten Krankenrassen, und es kann vielleicht als ein Anzeichen allgemeineren Wiedererwachens der Kauf⸗ lust gedeutet werden, wenn in den Waren⸗ und Kaufhäusern 150 männliche und 709 weibliche, im ganzen 859 Personen oder 5,22 9% am Ende der Berichlswoche mehr beschäftigt waren als an deren Anfang. Unterstrichen zu werden verdient auch die Entwicklung in der Metall⸗ und Maschinenindustrie, die ein Mehr von 1738 männlichen und 627 weiblichen, zusammen 2365 Personen oder 1,78 % zeigt. Verhältnismäßig sogar noch größer ist die Zunahme in der Industrie der Nahrungs⸗ und Genuß⸗ mittel, in der durch Neueinstellungen eie Erhöhung des vorwöchigen Bestandes um 111 männliche und 510 weibliche, zusammen um 621 Versicherungspflichtige oder 2,75 %ͦ eingetreten ist; sie entfält auf die Schokoladefabrikation, die der umfangreichen Nachfrage der Spender von Liebesgaben an unsere im Felde stehenden Krieger zu genügen hatte. Auf Kriegsbedarf weist auch die 4,96 % betragende Steigerung in der Textilindustrie hin. Wesentlich nur die Holz⸗ industrie blieb von der so erfreulichen Entwicklung ausgeschlossen.
Bei 41 Fachverbänden der freien Gewerkschaften betrug die Zahl der Arbeitslosen am 12. Oktober 32 646 gegen 34 386 am 5. Oktober. Auch hier ist also die Entwicklung im ganzen durch eine Abnahme der Arbeitslosenzahl bezeichnet, sie beläuft sich auf 725 bei den Metallarbeitern, auf 361 bei den Transportarbeitern, auf 116 bei den Hutmachern, auf 66 bei den Maurern, auf 53 bei den Putzern und Stukkateuren, auf 192 bei den Bauarbeitern jeder Art. Das
Endergebnis ist eine Abnahme um 1740 oder 5,060 %0
111““
Die Blitzschäden an Kirchen, Türmen, Mühlen und Schornsteinen in Preußen in den Jahren 1904 bis 1912. Das preußische Statistische Landesamt hat im Jahre 1905 zum ersten Male eine eingehende Bearbeitung dieses Themas bezw. der Frage, in welchem Grade die „höchsten Spitzen“ stärker durch Blitz⸗ chlag gefährdet sind als gewöhnliche Gebäude mittlerer Höhe, vor⸗ genommen und veröffentlicht. Es waren damals die Jahre 1885 bis 903 berücksichtigt worden, und das Ergebnis war das folgende:
8 Schaden a Blitzschläge Immobiltar Mobiliar Kirchen ... . 2
939 200 ℳ 150 500 ℳ Föe“ 266 8
268 500 „ 12 800 „ .8b61 586 0. 162 200 Schornsteine
“ 62 59 600 „ 500 „ zusammen 1472 .
8 1 2 833 700 „ 326 000 Jahresdurchschniitt . 77,5 149 100 „ 17 200 „
Nunmehr hat das Statistische Landesamt die in den 9 Jahre
1904 bis 1912 eingetretenen Blitzschäden an Kirchen, Türmen, Mühlen und Schornsteinen einer gleichen Betrachtung unterzogen und die neuen Ergebnisse, gesondert nach zündenden und kalten Blitzschlägen, ach Immobiltar⸗ und Mobiltarschäden, in tabellarischer Form in der „Stat. Korr.“ veröffentlicht. Aus dieser Tabelle lassen sich die lgenden Gesamtzahlen berechnen:
Kirchen Schaden an
Mühlen Schaden an
Blitzschläge Blitzschläge
Immobiliar Immobiliar Mobiliar
8 Immobiliar 8& Mobiliar
8
8 AX Mobiliar S
ℳ
2 106 — 20 57 797 53 416 34 526 7 198] 50 104 775 15 269 22 973 225] 32 46 770 2 443 93 978 19 581 50 557 — 44 101 731] 23 665 76 388 7 348 16 180 173]1 47 168 717] 74 595 31 525 2133 3 310 — 19 81 801 9119 41 298 1 773] 35/ 20 225 — 48 84 322 28 688 25 810 5 820 21 34 759 7 190 12 43 114 670 37 692 12 361] 15 7 543 — 9 14 113 2 098
577 635] 147 7321202 192 179] 14 786,281 803 140 209 963
Schornsteine Schaden an
57 981 197 410 90 923 15 553 280
überhaupt Schaden an
8 Immobiliar Mobiliar
Blitzschläge Blitzschläge
ℳ ℳ
122 435 60 929 349 179 113 390
95 986 2 963 250 674 43 416 272 775 82 116 120 193 11 252 160 865 30 461 1083 522 13 680 1912 7 61 637 14 459
zusam men 136 1 642 266 372 666.
Das Ergebnis für die 9 Jahre 1904 — 1912 fü Sahe 8 caöhnate, br führt zu dem folgenden nzahl der Fälle schädigender Blitzschläge. 111, Betrag des Schadens an vschläg 41 400 ℳ,
MNo8 ““ Immnohikiar. .. . 182 500 „.
Der Gesamtschadenbetrag hat sich also gegenüber dem Ergebnis für die Jahre 1885 bis 1903 um rund †¼ vermehrt, was zum nreil Hnr die im Laufe der Zeit eingetretene Steigerung der Werte der Baulich⸗ keiten, zum Teil wohl auch auf die genauere Aufzeichnung zuräck⸗ zuführen sein dürfte; ob ein tatsächliches Ansteigen der Blitzgefahr stattgefunden hat, ist fraglich. Sicher ist nur, daß die Statistik nach wie vor Feine ganz unzweifelbaft stärkere Gefährdung der hoch⸗ ragenden Baulichkeiten nachweist, eine Gefährdung, die, wie früher, das 8⸗ bis 14 fache gegenüber der Gefährdung der anderen Baulichkeiten betragen dürfte. v “
1904 7 1905 24 1906 17 1907 14 1908 20 1909 6 1910 31 1911 10
Kunst und Wissenschaft. 11“
Unter dem Namen „Kulturbund deutscher Gelehrter und Künstler“ hat sich im Anschluß an die Bestrebungen, die den auch an dieser Stelle wiedergegebenen „Protest an die Kulturwelt⸗ veranlaßt haben, eine große Anzahl bervorragender Vertreter von Kunst und Wissenschaft vereinigt, um durch dauernde Verbindung mit ihren Berufsgenossen und Freunden im neutralen Ausland den mit Vorbedacht ausgestreuten Lügen und Verhetzungen unserer Feinde entgegen⸗ zutreten. Jener Protest, der in zehn Sprachen übersetzt wurde und in Tausenden von Briefen seinen Weg in die neutralen Länder gefunden hat, ist, wie viele Rückäußerungen beweisen, nicht ohne aufklärende und umstimmende Wirkung geblieben. Nun kommt es darauf an, diese Wirkung zu erhalten und zu vertiefen, indem unsere Künstler und Gelehrten ihren Berufsgenossen ihre Hilfe behufs Feststellung der Wahrheit zur Verfügung halten und von ihnen Anregung und guten Rat erbitten. Dabei wird besonders darauf Bedacht ge⸗ nommen werden, daß dies in einer Weise geschieht, die von überredender Zudringlichkeit ebenso weit entfernt ist wie von laschem Gewährenlassen. Daß durch gutgemeinte, aber ver⸗ stimmend wirkende Belehrungsversuche bereits viel gefündigt worden ist, steht außer Zweifel. Hier aufbessernd einzugreifen, ist die Aufgabe des „Kulturbundes“, der sich bereits zu einer festen Organisation entwickelt hat und Mitglieder aller deutschen Universitäten und Akademien in sich schließt. Die Geschäfts⸗ stelle des „Kulturbundes“ befindet sich im Gebäude der Akademie der Wissenschaften, Berlin NW. 7, Unter den Linden 38. Den Vorsitz führt der Anatom der Berliner Universität, Professor Waldeyer. Dem „Geschäftsführenden Ausschuß“ gehören neben dem Vorsitzenden an: Wilhelm von Bode, Ludwig Fulda, Ernst von Ihne, Professor Max Liebermann, Professor Franz von Liszt, Professor Ludwig Manzel, Professor Adolf Miethe, Professor Max Planck, Dr. Georg Reicke, Professor Gustav Roethe, Sudermann, Professor August von Wassermann. Ihr Einverständnis mit den Bestrebungen der mee Vereinigung haben bisher bereits erklärt: Die ständigen Sekretäre er Akademie der Wissenschaften Professoren Planck, Roethe und Waldeyer; bern. der Präsident der Akademte der Künste, Professor Manzel, und 85 Präsident der Akademie des Bauwesens, Hinckeldeyn, ferner Emil Lbderhalden. von Behring, Aug. Bier, Theodor Boveri, Heinrich Grühter, Vinzenz Czerny, von Defregger, Wilhelm Dörpfeld. Paul Chrlic, Wilh. Erb, Albert Grünwedel, Ernst Haeckel, Gerhart Hemptmann, Oscar und Richard Hertwig, Adolph von Hildebrand Kohkeg offmann, Engelbert Humperdinck, Arthur Kampf, Joseph Ne er, Paul Laband, Karl Lamprecht, Paul Meyerhetm, Friedr. 2. vnenn, Alber Fesher Wilh. Hmwald, Algis Riebi Kanl Ludwig 8 Sohm, Han oma, Louis Tuaillon, Rich. Voß, Adolf Wagner, Siegfr. Wagner, Wilh. Wundt u. a.
8 Die Lehrer an den deutschen Universttäten 8 d Hoch⸗ schulen haben, wie hiesige Zeitungen melden, hee- 88.
Volksideal sei dagegen stets „Wahrhaftigkeit und Treue“ gewesen.
„Wir Lehrer an Deutschlands Universitäten und Hochschulen dienen der Wtssenschaft und treiben ein Werk des Friedens. Aber es erfüllt uns mit Entrüstung, daß die Feinde Deutschlands, England an der Spitze, angeblich zu unsern Gunsten einen Gegensatz machen wollen zwischen dem Geiste der deutschen Wissenschaft und dem, was sie den preußischen Militarismus nennen. In dem deutschen Heere ist kein anderer Geist als in dem deutschen Volke, denn beide sind eins, und wir gehören auch dazu. Unser Heer pflegt auch die Wissen⸗ schaft und dankt ihr nicht zum wenigsten seine Leistungen. Der Dienst im Heere macht unsere Jugend tüchtig auch für alle Werke des Friedens, auch für die Wissenschaft. Denn er erzieht sie zu selbstentsagender Pflichttreue und verleiht ihr das Selbst⸗ bewußtsein und das Ehrgefühl des wahrhaft freien Mannes, der sich willig dem Ganzen unterordnet. Dieser Geist lebt nicht nur in Preußen, sondern ist derselbe in allen Landen des Deutschen Reiches. Er ist der gleiche in Krieg und v Jetzt steht unser Heer im Kampfe für Deutschlands Frei⸗ eit und damit für alle Güter des Friedens und der Gesittung nicht nur in Deutschland. Unser Glaube ist, daß für die ganze Kultur Europas das Heil an dem Siege hängt, den der deutsche „Militarismus“ erkämpfen wird, die Manneszucht, die Treue, der Opfermut des einträchtigen freien deutschen Volkes.“
ahlreichen Hochschullehrern konnte diese Erklärung nicht zur Unterschrift vorgelegt werden, weil sie im Felde stehen. Zu beztehen ist sie vom Kaiser⸗Wilhelm⸗Dank, Berlin W. 35, lottwellstraße 3. Preis 30 ₰. Der Erlös dient vaterländischen Zwecken.
In dem Gebäude Berlin NW. 40, Invalidenstraße 57/60, in dem seit dem Jahre 1899 jährlich Fortbildungskurse 8 Lehrer der Naturwissenschaften abgehalten worden sind, ist jetzt eine amtliche Zentralstelle für den naturwissenschaftlichen Unterricht eingerichtet worden. Dieser Anstalt soll die orbereitung und Leitung der naturwissenschaftlichen Fortbildungskurse für die Lebrer und Lehrerinnen an den höberen Lehranstalten sowie der Seminar⸗ und Präparandenlehrer in Preußen, insbesondere in Groß Berlin, obliegen. Darüber hinaus soll sie in Zukunft auch als Prufungs⸗ und Aus⸗ kunftsstelle für naturwissenschaftliche Lehrmittel dienen. Daher wird sie die von der privaten Lehrmittelindustrie dargebotenen neuen Unterrichtsmittel auf ihre Brauchbarkeit hin prüfen und so auf diese Industrie einen fördernden Einfluß auszuüben suchen. Auf Grund ihrer Arbeiten wird sie den Lehrern und Lehrerinnen an allen preußischen Schulen die Möglichkeit bieten, die für den mathe⸗ matisch⸗naturwissenschaftlichen Unterricht vorhandenen Lehrmittel, soweit die bestehenden Sammlungen es gestatten, in ihrer Handhabung zu unterrichtlicher Verwertung unmittelbar kennen zu lernen und zu erproben. Desgleichen wird sie auf Anfragen hin bei der neuen Einrichtung naturwissenschaftlicher Lehrzimmer und Sammlungen Rat erteilen und durch Aufstellung geeigneter Verzeichnisse daraufhin mitwirken, daß die für neue Einrichtungen und für die Erweiterung der Lehrmittelsammlungen ausgeworfenen etatsmäßigen Mittel in zweckmäßiger Weise verwendet werden.
Rektor und Senat der Technischen Hochschule in Hannover haben auf einstimmigen Antrag der Abteilung Maschineningenieur⸗ wesen den siegreichen Belagerer von Antwerven, General der In⸗ fanterie Hans Hartwig von Beseler, zum Dr.⸗Ing. ehren⸗ halber ernannt.
Wie „W. T. B.“ meldet, ist mit Genehmigung Seiner König⸗ lichen Hoheit des Prinzen Jobann Georg von der für 88 Dauer der Abwesenheit Seiner Majestät des Königs mit der Führung der Staatsgeschäfte beauftragt ist, deer Maler Ferdinand Hodler aus Genf wegen seiner bekannten deutschfeindlichen Haltung aus der Liste der Mitglie der der Akademie der bildenden Künste in Dresden gestrichen worden.
8* “ 8
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Literatur.
„— Das 2. Kriegsheft der Internationalen Monatsschrift für Wissenschaft, Kunst und Technik (begründet von Friedrich Althoff, herausgegeben im Verlag von B. G. Teubner in Leipzig von Max Cornicelius) enthält an erster Stelle einen gedankenreichen und warmherzigen Aufsatz von Gustav Roethe über deutsche Art und deutschen Krieg. In dem uns aufgezwungenen Krieg, dessen Ent⸗ scheidungen wir im Vertrauen auf unser Heer und die moralischen Kräfte des deutschen Volks mit Zuversicht entgegensehen, hat sich, führt Roethe etwa aus, neben dem Vaterlandsgefühl die deutsche Staatsgesinnung herausgebildet. Wir kämpfen gegen eine feindliche Welt, die mit Lüge und Trug gegen uns vorgeht. Das deutsche
„Wahrhaft und treu?: die Devise beherrscht die ganze deutsche Neuzeit; „Standhaft und treu“ heißt sie bei Fischart; sie klingt bh in Fichtes „Urvolk“, in dem er unschuldige, ursprüngliche Naturkräfte fühlte; „Das ist des Deutschen Vaterland, wo Eide schwört der Druck der Hand, wo Treue hell vom Auge blitzt“, so faßt es Arndt; täglich hören wir singen vom Deutschen, bieder, fromm und stark“, der die heilige Landesmark beschützt. „Das unverzagte Rot, das unbefleckte Weiß das treu beständ’'ge Schwarz behält den besten Preis!“ so deutet Aßmann von Abschatz die deutschen Farben: „Tapfer, wahr, treu“ — unzähltge Zeugen ließen sich aufrufen. „Gewal ige Erschütterungen, wie dieser Krieg, reißen manche umschleiernde Friedenshulle von den Herzen. In der wandervollen Einfalt und Einheit nationalen Empfindens, wie wir sie jetzt erlebt haben, treten jene Züge „wahrhaft, treu, todesmutig“ als das selbstgewählte und not⸗ wendige Ur⸗ und Vorbild deutscher Art ergreifend heraus. Die gewissenbafte Treue hat der deutschen Wissenschaft wie dem deutschen Heer manchmal ein überlegenes Lächeln und Achselzucken über Pedanterie eingetragen. Die furiose Leidenschaft unseres Mutes, unserer Ueberzeugung hat oft genug das rechte und schöne Maß gesprengt. Jene drei Gaben haben unsete geistige Leichtigkeit und Beweglichkeit, haben Esprit und Anmut und auch wichtigere formale, künstlerische Vorzüge stark beeinträchtigt. Und doch: wir wollen in dieser Stunde mit ihnen zufrieden sein. Daß wir für die Wahrhbeit gegen die Lüge streiten, lehrt uns jeder Tag, und damit kämpfen wir für die echte lebendige und lebenspendende Kultur, nicht nur nach Osten, sondern auch nach Westen. Die Kraft der Treue, die uns schon aus dem ältesten reicheren Zeugnis unserer Geschichte anblickt, wird uns ausharren lassen auf unzerem Posten, wie lange und drohend auch die Wage schwanke. Die wenig beweglichen, aber darum tief bewegten Menschen sind in Clause⸗ witz' Augen die zum Kriege im höchsten Sinne Berufenen. Und uns begleitet in allem furchtbaren Ernn der Gegenwart und Zukunft Fichtes zugleich vertrauendes und mahnendes Wort: „Charakter haben und deutsch sein ist ohne Zweifel gleichbedeutend.“ Zugleich wendet sich Roethe gegen die süg und verhängnisvolle Torheit, den „Militariemus“, die Br⸗ ganisation des kriegerischen Geistes der Deutschen, in Gegensatz zu ihrer wissenschaftlichen, künstlerischen und sittlichen Kultur zu bringen. Gerade in der Einheit beider Seiten liege die deutsche Kraft. Und das bestätigen auch die anderen Führer deutscher Wissenschaft, die in dem Heft das Wort ergreifen, ein U. von Wilamowitz⸗Möllen dorf, ein W. Bode, ein Hermann Diels. Sie dürfen mit vollem Recht darauf hinweisen, daß wir es stess gerne sind und sein werden, die das Panier wahrer Kultur hochhalten. Das Heft bietet aber auch einen schönen Beweis für die innere Einheit unseres Volkes in diesen Zeiten. Katholische und protestantische Theologen betonen vereint Deutschlands Recht in diesem Krieg. Der Bonner kathollsche Theologe HhaS Schrörs bezeugt: „Militaristisch waren wir nie, aber den Rüstungen für den Fall der Not und in dem uns aufgedrungenen Kampfe baben wir begeistert zugestimmt, ohne in den geringsten Widerstreit mit den Lehrern unserer Kirche zu geraten. Zwischen den deutschen katholischen Theologen
klärung erlassen:
Verhältnis. Von nationaler Abneigaung kann daber bei uns nicht im entferntesten die Rede sein. Ein Sieg Rußlands aber aass von unberechenbaren Folgen für die Weltstellung des römischen Katholi⸗ zismus werden.“ Es sei darum schwer zu verstehen, „wie der franzö⸗ sische Klerus, der ssich sonst durch seine romisch⸗kirchliche Gesinnung auszeichnet, für die Bundesgenossenschaft mit dem Moskowitertum sich begeistern könne. Und auch der Berliner protestantische Theologe Adolf Deißmann, der es begrüßt, welch ungeheure, ruhenden Seelenkräfte der Weltkrieg in unserem Volk entbunden hat, bezeugt unser Recht in diesem Kriege. „Mit Bewußtsein und mit gutem Gewissen nenne ich unser Nibelungenringen heilig, und wäre es überhaupt notwendig, daß irgendein ängstliches Gewissen gestärkt würde, ich möchte ihm diesen Beichtigerdienst gern leisten. Aber ich habe noch keine Angst vor der Verant⸗ wortung für diesen Krieg bei uns gesehen; denn nicht wir haben die Verantwortung zu tragen.“ An wem die Hauptschuld liegt, das sprechen der greise Führer der deutschen Philosophie Wil⸗ helm Wundt und der Berliner Theologe Julius Kaftan in ihren Beiträgen „England und der Krieg“ und „Wider England“ aus. Der Historiker Dietrich Schäfer und der Geograph E. von Drygalski endlich prüfen Deutschlands Stellung vom Standpunkt ihrer Wissenschaft aus. Jener sieht uns an einem Wendepunkte der Weltgeschichte steben. „Die Geschichte aber will in diesen schicksalsschweren Tagen ihr Werk an unserem Volke vollbringen. Sie will es in seinem ganzen vollen Umfange zur festen Grundlage mitteleuropäischer Kultur ausgestalten, in der taatlichen Doppelform, in der es bisher bestand, aber für alle Zeiten gerinigt in seiner internationalen Stellung und in den überlieferten lebendigen Beziehungen zu den kleineren östlichen Nachbarvölkern, die ohne Gefährdung ihrer Lebens⸗ bedingungen in keine andere Gesamtbürgschaft eintreten können. Der uns aufgezwungene Kampf aber führt Mitteleuropa einer reichen Zutunft entgegen. Seine volle Unabhängigkeit ist und bleibt eine der unerläßlichsten Voraussetzungen aller abendländischen, aller Welskultur“ Und der Geograpb zeigt, wie wir heute wieder in dem jahrtausendalten Ringen um die Behauptung unserer Grenzen und unserer Kultur stehen, gegenüber unseren Feinden, bet denen sich die verschiedensten Kulturen mit ihren ganz verschiedenen Grundlagen und Zielen zusammengetan haben, um ein einheitliches großes Kultur⸗ werk und seinen Träger zu vernichten. „Hier steht nicht Ziel gegen Ziel, sondern eine Vielheit von kleinen und divergierenden Wünschen gegen ein großes, geschlossenes, klar erkennbares Streben. Und darum müssen und werden wir siegen und können nicht untergehen. Deshalb muß das Völker⸗ und Kulturgewirre, gegen uns steht, an dem starken deutschen Felsen zerschellen.
Verkehrswesen.
Nach niederländischen Dampfer „Tambora“ (ab Batavia am 30. Juli nach Rotterdam) beförderten Vrkeino stel von Nieder⸗ ländisch Indien für Deutschland auf Veranlassung der fran⸗ zösischen Admiralität in Brest beschlagnahmt worden. Ueber das weitere Schicksal der Posten ist nichts bekannt.
Die Spurweite der Eisenbahnen und ibre Bedeutun für den Krieg. Bei der Wiederherstellung des Eilenbahnverkehre in eroberten Gebieten ist die Spurweite der Linien von großem Ein⸗ fluß. Eine Strecke, deren Gleise denselben Abstand haben wie die des heimischen Eisenbahnnetzes können nach Ergänzung der etwa zerstörten Teile sofort unter Benutzung des eigenen rollenden Matertals in Betrieb gesetzt werden, während Strecken von anderer Spurweite einen mehr oder weniger umständlichen Umbau beanspruchen. Daher haben grade die in polttischem Gegensatz befindlichen Länder Wert auf eine abweichende Spurweite gelegt, damit ein eingedrungener Feind die Eisenbahnen nicht leicht für seine Zwecke ver⸗ werten kann. Die Normalspur, die in Deutschland und auf den wichtigsten Linien der andern Großstaaten die Eisenbahnen beherrscht, erleidet infolgedessen zahlreiche Ausnahmen, deren Bedeutung sich in diesem Krieg sowohl auf dem östlichen wie auf dem westlichen Kriegs⸗ schauplatz bereits gezeigt hat. Die Normalspur, die durch den Wiener Kongreß festgestellt wurde, hat einen Schienenabstand von 1,435 m, darf jedoch nach besden Seiten hin von diesem Betrag einige Zenti⸗ meter abweichen. Rußland hat aus strategischen Gründen seinen Haupteisenbahnen einschließlich des großen Schienenwegs durch Sibirien eine größere Spurweite von 1,524 m gegeben. Größere Spurweiten besitzen in Europa außerdem nur noch Irland mit 1,6, Spanien und Portugal mit 1,678 m. Gelegentlich sind noch größere Spurweiten empfohlen worden, da dann der Lauf der Wagen umso sicherer und ruhiger ist, ihnen auch eine größere Geräumigkeit ge⸗ geben werden kann. Dennoch findet diese Rücksicht ihre Grenzen in der Steigerung der Anlagekosten der Eisenbahnen und in der Not⸗ wendigkeit, die Krümmungen des Schienenwegs noch mehr einzu⸗ schränken. Sehr große Spurweiten haben außer den genannten Ländern nur noch Gebiete außerhalb Europas häufig gewählt, wo ein Anschluß an Nachbarlander und ein dadurch bedingter Durchgangsverkehr nicht in Frage steht, wie in Britisch Indlen, in Siam und in einem Teil der Südamerikanischen Staaten. Die Vereinigten Staaten haben gleichfalls die für Europa ver⸗ einharte Normalspur angenommen. Kleinere Spurweiten sind häufiger vertreten, und zwar fast überall neben der Normalspur für die Bahnen zweiter Ordnung (Sekundärbahnen). Man spricht dann auch von Schmalspurbahnen, die hauptsächlich dort angenommen sind, wo es auf die neue Erschließung von Landschaften ankommt, und mit Rücksicht auf die Unsicherheit des Erfolgs zunächst möglichste Spar⸗ samkeit beobachtet werden soll. Die Schmalspurbahnen in Nord⸗ belgien, Großbritannien und Rußland haben ebenso wie in Holland und Skandinavten, außerhalb Europas ferner in Japan und in einigen afrikantschen Schußgebieten einen Schienenabstand von 1,067 m. Genau 1 m mißt er im anderen Teil von Belgien, in Frankreich, Däne⸗ mark, in der Schweiz und Italien, auch auf manchen Strecken des russischen Eisenbahnnetzes und auf Nebenstrecken in Spanien und Portugal. Dieselbe metrische“ Spurweite ist in der Mehrzahl der franzöͤsischen Kolonien und in einem großen Teil Britisch Indiens und Süd⸗ amertkas angenommen worden. Sie zählt eigentlich noch nicht zu den Schmalspuren, von denen sich im einzelnen noch 7 Stuten unter⸗ scheiden lassen, die zwischen 0 85 und 0,60 m liegen. Im allgemeinen ist es einfacher, auf eine größere Spurweite überzugehen, da sich dann eine dritte Schtene verlegen läßt, auf der die schmaleren Bahnen ihren alt finden. Außerdem hat man den Ausweg, die Wagen auf ein anderes chsengestell von der entsprechenden Spurweite zu setzen, was aber gleich⸗ falls beim Uebergang von einer weiteren auf eine engere Spur meh Schwierigkeiten bereitet als umgekehrt. Die Schaffung des groß zügigen 45 sverkehrs der europälschen Expreßzüge hat dafü gesorgt, daß die Spurweite auf den Hauptlinien unseres Erdteils eine Vereinheitlichung erfahren hat. Das will aber für den Kriegsfall nicht viel bedeuten, da es dann gerade auf den Gebrauch möglich vieler Strecken in einem bestimmten Gebiet ankommt.
Heft 10 vom Jahrgang 1914 der „Zeitschrift für Klein⸗ ahnen“, herausgegeben im preußischen Ministerium 6 öffentlichen Arbeiten, zugleich Organ des Vereins deutscher Straßenbahn⸗ und Kleinbahnverwaltungen (Verlag von Julius Springer, Berlin), erschlen mit folgendem Inhalt: Statistik der schmalspurigen Eisen bahnen für das Betriebsjahr 1911/1912, nach amtlichen Angaben be arbeiset von Oberingenieur Zekula in Melnik. — Gesetz gebung: Oesterreich: Konzessionsbedingnisse für die Kleinbahn mit elektrischem Betriebe von Bozen nach Kohlern (Schluß). — Kleine Mitterlungen: Neuere Projekte, Vorarbeiten, Konzessionsertei⸗ lungen, Betriebseröffnungen und Betriebsänderungen von Kleinbahnen; Die Große Berliner Straßenbahn und ihre Nebenbahnen seit
und jenen jenseits der Vogesen besteht ein vielseitiges und enges
Kriegsbeginn; Die Untergrundbahnen in Buenos Atres (mit 6 Ab⸗
einer hierher gelangten Mitteilung sind die mit e
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