Wie aus dem Großen Hauptquartier vom „W. T. B.“ mit⸗ geteilt wird, ist der Generaloberst von Moltke an Leber⸗ und Gallenbeschwerden erkrankt. Die Krankheit gibt keinen Anlaß zu Besorgnissen. Generaloberst von Moltke befindet sich in guter ärztlicher Pflege im Großen Hauptquartier; in seinem Zustand ist bereits eine wesentliche Besserung eingetreten. Seine Ge⸗ schäfte sind dem Kriegsminister General von Falkenhayn übertragen.
Nachdem gegen die Absicht der Regierung, in die Zucker⸗ frage nicht einzugreifen und die Zuckerausfuhr im bisherigen Umfange freizugeben, von den verschiedensten Seiten, nament⸗ lich von bedeutenden Volkswirten, mit Rücksicht auf die Volks⸗ ernährung und die Unterhaltung unserer Viehbestände Einspruch erhoben worden ist, hat sich die Regierung einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge entschlossen, eine Reglementierung der Zuckerindustrie derart eintreten zu lassen, daß unsere Zucker⸗ ernte im wesentlichen dem Inlandskonsum erhalten bleibt. Ie Mitteilungen über die Einzelheiten werden demnächst erfolgen.
Unter der Ueberschrift: Die amtlichen Veröffent⸗ lichungen zur Vorgeschichte des Krieges schreibt die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“:
Die amtlichen Veröffentlichungen über die Beziehungen Englands zu den Ententemächten sowie zu Belgien vor dem Kriegsausbruch sind in Deutschland in ihrer Bedeutung voll gewürdigt worden. Auch im Auslande wird den englischerseits gemachten Versuchen, die schwerwiegenden Anklagen zu entkräften, die aus den veröffent⸗ lichten Dokumenten sprechen, ein Erfolg schwerlich beschieden sein. Leider haben vereinzelte Stimmen im Inlande auch diesen Anlaß wieder zu einer Kritik benutzt, die unsere aus⸗ wärtigen Vertretungen diskreditieren sollte; so will ein Blatt in der Publikation der Berichte der deutschen diplomatischen Vertreter im Auslande lediglich einen noch dazu mit untauglichen Mitteln aus⸗ geführten Versuch zur Rechtsertigung der deutschen Diplomatie er⸗ blicken, die trotz der ihr bekannten militärischen Beziehungen der Ententemächte an die Friedfertigkeit der englischen Politik geglaubt babe. Was mit der Veröffentlichung bezweckt wird, ist von unserer öffentlichen Meinung so allgemein anerkannt und g⸗ewürdigt worden, daß es einer besonderen Feststellung der Gründe nicht erst bedarf. Auch wird jeder, der mit dem politischen Geschäft vertraut ist, verstehen, daß es zwar nicht die Aufgabe der deutschen Diplomatie sein konnte, den ihr bekannten Tatsachen gegenüber den Kopf in den Sand zu stecken, wohl aber den Drahtziehern der gegen uns gerichteten englischen Politik nach Möglichkeit jeden Vorwand zu nehmen, um diese Politik vor dem eigenen Lande rechtfertigen zu können. Aus diesem Grunde hat Deutschland alles, was die englische Vermittlungsaktion vor dem Kriege an Brauchbarem enthielt, unter⸗ stützt und gefördert, bis die russische Mobilmachung den Verhandlungen ein Ziel setzte. Aus dem vor dem entscheidenden englischen Ministerrat abgeschlossenen deutschen Weißbuch ist dies für jeden, der zu lesen versteht, ohne Mühe zu ersehen. Noch ein anderer Vorwurf ist erhoben worden. Aus unserer Feststellung, daß den maßgebenden deutschen Stellen die belgische Kon⸗ nivenz mit den Ententemächten bekannt gewesen sei, ist gefolgert worden, daß es des Zugeständnisses des Reichs⸗ kanzlers nicht bedurft hätte, daß die Verletzung der
belgischen Neutralität einen Rechtsbruch darstelle. Wem die Bedeutung des Wortes Konnivenz bekannt ist, wird diesen Vorwurf nicht erheben. Die Stellung Deutschlands in der Welt hat nur dadurch gewinnen können, daß es mit Anklagen gegen Belgien erst hervortrat, als es diese mit positiven Tatsachen zu begründen ver⸗
mochte. Mit dem Hinweis auf vorhandene politische Sympathien mit unseren Gegnern ließ sich eine so bedeutsame Aktion, wie der
deutsche Einmarsch in Belgien, formell nicht begründen. Sie konnte ihre Rechtfertigung damals nur in der positiv bekannten französischen Absicht finden, durch Belgien militärisch gegen uns vorzugehen.
Bei der deutschen Zivilverwaltung in Belgien wird erwogen, ob und wie weit während der Dauer der Be⸗ setzung zugunsten der Arbeiterschaft dieses Industriestaats die deutschen sozialpolitischen Gesetze, insbesondere
auf dem Gebiete des Alrbeiterschutzes, eingeführt werden sollen und können. Wie „W. T. B.“ meldet, ist ein nach außen erkennbarer erster Schritt dadurch geschehen, daß der Direktor des Großherzoglich badischen Ge⸗ werbeaufsichtsamts, Geheimer Oberregierungsrat Dr. Bitt⸗ mann und der Hilfsarbeiter im Reichsamt des Innern, Ge⸗ werbeassessor Poerschke nach Brüssel berufen worden sind, um durch Vorarbeiten dem vorschwebenden näher zu kommen und auch sonst bei den mannigfachen Anlässen, die in das Gebiet von Arbeiterschutz und Arbeiterwohlfahrt hinüber⸗ spielen, den Verwaltungschef sachverständig zu beraten.
Ungenaue Zeitungsnachrichten über die Bedingungen für die Abreise französischer Staatsbürger aus Deutschland geben, wie „W. T. B.“ meldet, Veranlassung, auf folgendes hinzuweisen: Die Ausreise ist gestattet: 1) Allen weiblichen Personen,
1 2) Allen männlichen Personen, die am 20. September d. J. das 17. Lebensjahr noch nicht vollendet, und solchen, die an dem gleichen Tage das 60. Lebensjahr bereits überschritten hatten. In jedem Falle ist die Erlaubnis des zuständigen stellvertretenden Generalkommandos einzuholen. Dort wird auf den Pässen, die mit einer Photographie des Inhabers versehen sein müssen, das Abreisedatum und die Bestimmung vermerkt, daß die Reise ohne Aufenthalt bis zur Grenze fortzusetzen sei. 9
. „W. T. B.“ von zuständiger Stelle erfährt, dürfen von jetzt ab deutsche Kriegsgefangene in Gibraltar Briefe erhalten und schreiben. Diese Briefe gehen durch die englische Zensur. Briefe und Geldsendungen, welch letztere elassen sind, sind an die Adresse „Commander
f war Gibraltar“ zu richten.
Verschiedene Wahrnehmungen in der letzten Zeit lassen es nach einer Meldung des „W. T. B.“ als gewiß erscheinen, daß unsere Gegner auf dem Wege über das neutrale Ausland versuchen, Material und Werkzeuge zur Aufertigung von Munition und anderem Kriegsmaterial in Deutsch⸗ land anzukaufen. Es läge die Möglichkeit vor, daß in Deutsch⸗ land ansässige Firmen versuchen, sich dies zunutze zu machen. Ganz abgesehen von der undeutschen Gesinnung, die solche Geschäfts⸗ häuser an den Tag legen würden, läge u. U. auch ein schwerer Verstoß gegen das Strafgesetz vor; denn nach § 89 des R.⸗St.⸗G.
ird mit Zuchthaus bestraft, wer vorsätzlich während eines gegen das Deutsche Reich ausgebrochenen Krieges der feind⸗ lichen Macht Vorschub leistet.
Der heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ liegen die Ausgaben 142, 143, 144 und 145 der Deutschen Verlustlisten bei. Sie enthalten die 60. Verlustliste der
reußischen Armee, die 35. Berlustliste der bayerischen
rmee, die 39. und 40. Verlustliste der sächsischen * und die 42. Verlustliste der württembergischen
rmee. 1“
Königsberg i. Pr., 26. Oktober. Als Grenze, bis zu der die Rückkehr der ostpreußischen Flüchtlinge in die Heimat unbedenklich und die Erteilung von Freifahrtscheinen zu⸗ lässig ist, war bisher die Linie festgestellt worden, die längs der Inster und Angerapp nach Lötzen und von dort über Nikolaiken, Ortelsburg nach Neidenburg verläuft. Diese Grenze ist, wie „W. T. B.“ meldet, mit Rücksicht auf die zurzeit günstige Kriegs⸗ lage erweitert worden. Die Erteilung der Freifahrtscheine ist auf die Kreise Insterburg, Darkehmen, Angerburg, Lötzen und Sensburg, die bisher nur teilweise für die Rückkehr frei⸗ gegeben waren, in vollem Umfange ausgedehnt worden. Es ist ferner auch die Rückkehr in den Kreis Gumbinnen freigegeben worden. Demnach werden nunmehr Freifahrtscheine nach allen Teilen der Provinz ausgegeben, mit Ausnahme der Orte in den Kreisen Pillkallen, Stallupönen, Goldap, Oletzko, Lyck und Johannisburg sowie der südlichen Teile der Kreise Ortelsburg und Neidenburg. Es ist dringend erwünscht und notwendig, daß namentlich die Beamten, Kaufleute und Handwerker, die reichlich Arbeit finden, in die freigegebenen Teile der Provinz zurückkehren. Auskunft über die Frage, inwieweit die einzelnen Ortschaften zerstört sind, wird von den Landräten erteilt. ö
Sachsen. Seine Majestät der König hat der ,Sächsischen
Staatszeitung“ zufolge Seiner Majestät dem Kaiser das
Ritterkreuz und das Großkreuz des Militär⸗Sankt⸗Heinrichs⸗ Ordens verliehen und Allerhöchstihm folgendes Handschreiven zugehen lassen: 1“ Durchlauchtigster, großmächtigster Kaiser, 1 freundlich lieber Herr Vetter und Bruder! Ew. Mafestat gestatte Ich Mir, Meinen Militär Sankt⸗ Heinrichs⸗Orden zu überreschen. Dieser Orden, nach dem sächsischen Kaiser Heinrich dem Heiligen genannt, wird nur für aus⸗ gezeichnene, im Felde erworbene Verdienste gegeben und hat nach den Satzungen jede Beleihung mit dem Ritter⸗ kreuz zu heginnen. Ew. Majestät wollen deshalb geruhen, die In⸗ signien eines Ritters buldvollst entgegenzunehmen. Gleichzeitig bitte Ich aber Ew. Majestät, die Abzeichen des Großkreuzes an⸗ zunehmen, zum Andenken daran, daß Meine Armee unter Ew. Majestät als Oberstem Kriegsherrn Fuhrung ehrenvollen Anteil nahm an den Kämpfen für die Verteidigung unseres über alles geltebten deutschen Vaterlandes. Mit der Versicherung wahrer Hochachtung und Freundschaft verbleibe Ich Ew. Kaiserrichen und Königlichen Majestät freundwilliger Vetter und Bruder. Friedrich August. Das Königlich sächsische „Militärverordnungsblatt“ ver⸗ öffentlicht folgenden Armeebefehl: Seine Majestät der Kaiser hat Mir gestern das Eiserne Kreuz 1. und 2. Klasse verliehen. Ich habe diee Auszeichnung sreudigen Herzens angelegt, betrachte Ich sie doch als eine erneute Kaiserliche Anerkennung für die ganz hervorragenden Leistungen Meiner braven Truppen. Ich habe die feste Zuversicht, daß es mit Gottes Bei⸗ stand ihrer Tapferkeit gelingen wird, auch weiter den Sieg an ihre Fahnen zu heften. Friedrich August.
Elsaß⸗Lothringen.
Wie die ,Straßburger Post“ aus Schlierbach im Kreise Mülhausen berichtet, sind am 10. August der dortige Förster West und seine Haushälterin von den Franzosen ge⸗ .“ genommen und nach Belfort gebracht worden, weil
est angeblich deutsche Vorposten in sein Haus aufgenommen hatte, die von dort aus eine französische Patrouille beschossen haben sollen. Wie jetzt durch eine aus der französischen Ge⸗ fangenschaft entlassene Frau bekannt wird, ist die Haushälterin erschossen und der Förster West zu 20 Jahren Zwangsarbeit verurteilt worden.
“
“ SDesterreich⸗Ungarn. Aluf Grund der Verordnung des Gesamtministeriums, betreffend die Aufsicht über fremde Unternehmungen, wurden, der „Wiener Zeitung“ zufolge, nachstehende Unter⸗ nehmungen unter besondere staatliche Ueber⸗ wachung gestellt: Aktiengesellschaft „Compagnie Galicienne de Mines“ als Besitzerin des Steinkohlenbergbaues in Libiaz;
„Grabownica“ Bohrgesellschaft m. b. H.; „Zagorz“ G. m. b. H.;
Societe Francaise de Petroles de Potok; Klimkowko Petroleum⸗ gesellschaft m. b. H.; Vereinigte Petroleumgesellschaft m. b. H. (Galician Oil Trust Ltd. London); Firma Jacob Perkins u. Co. als Eigentümerin der Erdölbetriebe im Revierbergamts⸗ bezirke Jaslo und die Trifailer Kohlenwerksgesellschaft Wien.
— Unter dem Vorsitz des Handelsministers hat vorgestern in Wien eine Beratung von Vertretern der österreichischen und ungarischen Regierung über die Frage der Festsetzung von Höchstpreisen für Lebensmittel stattgefunden. Bei der Beratung wurde Einverständnis über die Grundsätze erzielt, die bei Feststellung von Höchstpreisen anzuwenden wären, fans sich die Regierungen zu dieser Maßnahme entschließen ollten.
— Die Methoden der russischen Kriegführung finden, wie aus dem Kriegspressequartier gemeldet wird, durch eine aus zuverlässiger Quelle stammende Nachricht neuerdings eine Illustration. Hiernach haben die Russen auf die Gefangen⸗ nahme oder den Tod eines unserer Truppenführer einen Preis von 80 000 Rubel ausgesetzt. Nun erklärt sich ein Attentat auf diesen Kommandanten, das glücklicherweise erfolglos blieb.
— Der ungarische Ministerpräsident Graf Tisza hat sich in Begleitung des Ackerbauministers Freiherrn von Ghyl⸗ lanyi im Automobil in die von den Russen heimgesuchte Gegend bis Fenyves Voelgy begeben. Die Minister machten in jeder Gemeinde 888 und hörten die Wünsche der Gemeinde⸗ vorsteher an. Bei Fenyves Voelgy besichtigten sie das Schlacht⸗ feld und kehrten dann nach Ungvar zurück, wo der Minister⸗ präsident die Verwundetenspitäler besuchte. Heute begibt sich der Ministerpräsident nach Muncacs.
— In der Generalkongregation des zumeist von Rumänen bewohnten Hunyader Komitats beantragte der Rumänenführer Dr. Justin Pop, in diesem großen geschicht⸗ lichen Moment eine Huldigungsadresse an den König Franz Joseph zu richten, in der laut Meldung des „W. T. B.“ ausgeführt wird, daß die gegenwärtige Zeit schwerer Prüfung
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alle Gegensätze unter den Nationalitäten beseitigt habe, daß das für das Vaterland vergossene Blut vielen Tausenden von
Rumänen den Beweis erbracht habe, daß die Rumänen die angestammte Treue zum Vaterland und zum Herrscherhaus im Herzen tragen und daß die rumänische Nationalität ein staalzerhaltender Faktor in Ungarn zu sein wünsche. Von seiten der Ungarn und der Sachsen wurde dieser Antrag freudig begrüßt, worauf ihn die Komitatskongregation mit großer Begeisterung einstimmig annahm.
— Im Hochverratsprozeß Princip und Genossen hielt der Staatsanwalt vorgestern nach Beendigung des Beweisverfahrens sein Plädoyer, in dem er die Haupt⸗ ergebnisse der Verhandlung, wie folgt, zusammenfaßte.
Es sei der unwiderlegliche Beweis erbracht, daß Serbien, das seine selbständige Existenz und seine vielfachen Gebietserweiterungen hauptsächlich der österreichisch⸗ungarischen Monarchie verdanke und dieses Entgegenkommen nur mit Haß vergolten habe, aufgestachelt durch das despotische Zarenreich, das Serbten zu eigenen Zwecken gegen Oesterreich⸗Ungarn als Werkzeug benutzt habe, in den Größen⸗ wahn verfallen sei, im Süden unter den Slawen dieselbe Rolle zu spielen wie Rußland im Norden. Von diesem großmannesüchtigen Ge⸗ danken erfüllt, habe die serbische Regierung kein Mittel gescheut, um unter den Deckmantel der südslawischen Einheit alle von den Süd⸗ slawen bewohnte Gebiete der Monarchie, und zwar in erster Linie Bosnsen und die Herzegowina, mit Serbien zu vereinen. Serbische Minister, ja selbst der Thronfolger, seien erwiesenermaßen vielfach mit den gegen die leitenden Staatsmänner der Monarchite, ja sogar gegen den Ersherzog gedungenen Mördern in persönliche Berührung getreten. Das übrige habe als Werkzeug der serbischen Regierung der Verein Narodna Odbrana getan, der alle Schichten der südflawischen Gesellschaft der Monarchie vergiftet und die kulturellen wirtschaft⸗ lichen und finanziellen Vereine von Bosnien und der Herzeaowina gewonnen habe, die ihm als Werkzeuge und Mittel für die Wühl⸗ arbeit der großserbischen Propaganda und des Hochverrats gegen die Monarchite dienten. Nach den übereinstimmenden Aussagen der Angetlagten selbst habe der ermordete Thronfolger den Tendenzen der serbischen Regierungsk eise im Wege gestanden. Diese hätten daher beschlossen, dieses Bollwerk geaen das Großserbentum um jeden Preis zu vernichten. Die serbische Regierung habe die ge⸗ dungenen Mörder mit Geld und Waffen versehen. Der Mord von Serajewo sei nur ein neues Glled in der langen Kette der Verbrechen gewesen, die die serbische Regierung gegen die österreichisch ungarische Monarchie im Interesse ihreg imperialistischen Zwecke teils angezettelt, teils vollbracht habe.
Der Staatsanwalt beantragte die Bestrafung der Ange⸗ klagten im Sinne der “ Nach den Plädoyers der Verteidiger und der Replik des Staatsanwalts wurde die Hauptverhandlung geschlossen. Die Verkündigung des Urte erfolgt am 28. Oktober. 1
Großbritannien und Irland. 1 Die Regierung hat nach einer Meldung des „Reutersche
Bureaus“ beschlossen, ein zeitweiliges Einfuhrverbot für Zucker zu erlassen, um die indirekte Einfuhr deutschen und österreichischen Zuckers oder von Zucker aus neutralen Ländern zu verhindern, der dort durch die Einfuhr deutschen und öster⸗ reichischen Zuckers frei werden könnte. Das Einfuhrverbot ist durch jüngst von der Regierung vorgenommene Ankäufe er⸗ möglicht worden, die es gestatten, den Preis für eine Reihe von Monaten unter dem tatsächlichen Stande zu halten. — An dem Hauptquartier des Rekrutierungsamts in London ist ein neuer Anschlag angebracht worden, in dem betont wird, daß sofort mehr Leute gebraucht werden, um die zweite halbe Million für die neue Armee vollzumachen und dadurch den Erfolg im Ausland und die Sicherheit daheim zu gewährleisten. Jeder verfügbare Mann werde dringend ge⸗ braucht. Die Vorbereitungen für die Aufnahme und Aus⸗ bildung der Eintretenden seien vollendet. Das Körpermaß sei jetzt 5 Fuß 4 Zoll, das Alter 19 bis 38 Jahre. b — Die Zahl der polizeilich registrierten dienstpflichtigen Deutschen und Oesterreicher beträgt der „Times“ zufolge 40 000 in London und 70 000 im vereinigten Königreich. — Die Admiralität veröffentlicht eine Erklärung über die von den deutschen Kreuzern versenkten Schiffe, in der es dem „W. T. B.“ zufolge heißt: 1 Man glaubt, daß acht oder neun deutsche Kreuzer sich im Atlantischen, Stillen und Indischen Ozean befinden. Ueber 70 britische, jepanische, französische und russische Kreuzer, ungerechnet die Hilfs⸗ kreuzer, wirken zusammen zur Aufsuchung der deutschen Kreuzer. Die ge⸗ waltige Ausdehnung der Ozeane und die Tausende von Inseln und Insel⸗ gruppen gestatten den seindlichen Schiffen, sich fast unbeschränkt zu be⸗
wegen. Die Auffindung und Vernichtung der feindlichen Kreuzer ist daher hauptsächlich Sache der Zeit, der Geduld und des Glückes.
Englische Handelsschiffe sind vorwiegend darum aufgebracht worden,
weil sie den Instruktionen der Admiralität zuwider gehandelt haben. Die Anzahl der verloren gegangenen Schiffe ist im Verhältnis zur 8 Gesamtzahl viel geringer, als man vor dem Kriege gefürchtet hat; 1 denn nur 39 von 4000 englischen Schiffen auf großer Fahrt sind vom
Feinde versenkt worden, also eins von hundert. Die Versicherungs⸗
prämie für Schiffsladungen, die beim Beginn der Feindseligkeiten
5 von hundert betragen hat, steht jetzt auf zwei von hundert.
Die angloindische Presse verlangt Maßregeln zur Her⸗
stellung der Sicherheit der Schiffahrt nach Indien,
deren gänzliche Hemmung durch die Tätigkeit der „Emden“ Die indische Handels⸗
die indische Volkswirtschaft schädige. statistik für September weise gegen September 1913 einen ernsten Rückgang auf, wofür die „Emden“ in höherem Maße verantwortlich sei als der bloße Kriegszustand. der Import von Baumwollwaren aus im September
sunken, Kalkutta habe unter dem Rückgang
besonders
der Ausfuhr von Rohjute und Juteprodukten gelitten, der
allein im September mehr als drei Millionen Pfund Sterling betrage. Die Ausfuhr von Reis, Weizen, Häuten und Fellen sei um je eine halbe Million gesunken, die von Rohbaumwolle
und Baumwollgarn um 1 ½ Millionen, die von Sämereien
um 900 000 Pfund Sterling. Gleiche Klagen kämen aus dem Innern. Der Touristenverkehr habe gänzlich aufgehört. Die Times of India deutet an, daß die Erfolge der „Emden“ auf die Stimmung der Eingeborenen einwirken könnten.
Rußlannd.
Die letzte Nummer der in St. Petersburg erscheinen⸗ den Zeitung „Nowoje Zwono“ berichtet, daß vor einigen Tagen auf Verlangen Englands ein neues eng⸗ lisch⸗französisch⸗russisches Marineabkommen abge⸗ schlossen worden sei, demzufolge der Oberbefehl über die russische Baltische Flotte und über die Schwarze⸗Meer⸗ Flotte den Engländern übertragen werde. Großbritannien ver⸗ pflichte sich gleichzeitig, diese Flotten durch eigene Geschwader zu verstärken. Das Blatt fügt hinzu, daß die Forderung Eng⸗ lands nach unbedingter Unterordnung der französischen und der russischen Admirale unter den englischen Flottenkommandanten
—“ ö1
Allein Manchester sei um 2 Millionen Pfund Sterling ge⸗
von Frankreich anfangs bekämpft worden sei, während Ruß⸗ land dem Vorschlag sogleich zugestimmt habe.
— Wie die „St. Petersburger Telegraphenagentur“ meldet, wird mitgeteilt, daß der Minister des Innern einen Gesetzentwurf, betreffend die Liquidation des Grundeigentums, ausarbeiten und der Entscheidung des Ministerrats unterbreiten werde, der beabsichtige, die deutschen und österreichischen Untertanen des Rechtes zu berauben, unbewegliche Habe außerhalb der Städte in 25 Grenzgouvernements und in den der Ostsee, dem Schwarzen und dem Azowschen Meere benachbarten Ge⸗ bieten zu besitzen. Dieses Recht wird ebenfalls in Bezug auf russische Staatsbürger deutscher Abstammung beschränkt, die nach der Verkündung des deutschen Gesetzes vom 1. Juni 1870 über die doppelte Staatsangehörigkeit Eigentum erworben haben. Außerhalb der genannten Städte ist den bezeichneten Personen Miete und Pacht von Immobilien ebenso untersagt, wie das Recht, als Stellvertreter für einen anderen Grund⸗ stückseigentümer zu fungieren. Der Gesetzentwurf sieht für die Liquidation eine Frist von mehreren Monaten vor.
8
Italien.
Am Freitagabend begab sich der russische Botschafter Krupenski zur Consulta, um dem Ministerpräsidenten Salandra im Namen seiner Regierung eine Mitteilung zu machen, die ihm telegraphisch von St. Petersburg zugegangen war. Sie lautet nach der „Agenzia Stefani“ folgendermaßen:
In dem Bestreben, Italien einen Beweis seiner hohen Sympathie zu geben, hat der Kaiser von Rußland geruht, den Auftrag zu geben, vorzuschlagen, daß alle österreichischen Gefangenen kerlienischer Nationalität freigelassen werden, wenn die italienische Regierung sich verpflichtet, sie waͤhrend der gesamten Kriegs⸗ dauer zu bewachen, damit sie sich nicht zu den österreichisch⸗ungartschen Heeren zurückbegeben können.
Der Ministerpräsident Salandra antwortete unter der Versicherung, daß er die sympathischen Absichten des Kaisers von Rußland hochschätze, derselben Quelle zufolge:
Er müsse darauf aufmerksam machen, daß gemäß dem öffentlichen
Rechte Italiens jeder Italsener oder Fremde, der auf italienischem Boden ankomme, und der kein Verbrechen begangen habe, fret set und
daß seine Freiheit in keiner Weise geschmälert werden könne. Er sehe daher nicht ein, wie Italien die Verpflichtung eingehen könnte — natürlich um sie zu halten — die von Rußland freigelassenen Ge⸗ angenen zu überwachen, um sie am Ueberschreiten irgend einer Grenze
zu verhindern.
8 Der Ministerpräsident behielt sich auf jeden Fall auch in An⸗ betracht der von Italien zu beobachtenden Pflichten der Neutra⸗
lität vor, die Rechtsfragen eingehend zu prüfen, die sich mög⸗ licherweise daraus ergeben könnten, und die zuständigen Ab⸗ eilungen mit deren Studium zu beauftragen. 88
Belgien.
Am Tage des Einzuges der deutschen Truppen in Antwerpen hat der Leutnant Pfeil vom 3. Reserve⸗Fußartillerie⸗ regiment, wie „W. T. B.“ meldet, vom Turm der Kathedrale festgestellt, daß gegen 4 ½ Uhr Nachmittags vom Fort Tote
le Flandre und aus den Schützengräben, die
ich längs der Schelde südlich befanden, sowie von den auf der Schelde befindlichen Seeschiffen die westlichen Teile der Stadt, insbesondere die Grande Place und die Kathedrale, beschossen wurden. Leutnant Pfeil beobachtete wiederholt Schrapnellschüsse unmittelbar vor der Kathedrale und Granatschüsse in der Nähe des Rathauses und der Kathedrale. Derselbe Offizier hat am gleichen Vormittag aus zurückgelassenen Ausrüstungsstücken und Waffen festgestellt, daß in den von englischen Truppen besetzten Schlössern Meimhof, Troyente und Pulhof große Verwüstungen angerichtet worden waren. Sehr wertvolle Möbelstücke waren vollständig zerschlagen, große Gemälde und Bilder sowie Leder⸗ und Samtmöbel waren zerschnitten, die Schränke durchwühlt und ihr Inhalt umhergeworfen.
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Dänemark.
„Der dänische Gesandte in St. Petersburg hat dem Ministerium des Aeußern telegraphisch mitgeteilt, daß die russische Regierung erklärt habe, daß kein russisches Unter⸗ seeboot in der Nähe von Nakkehoved⸗Leuchtturm oder überhaupt in der Nähe der dänischen Gewässer gewesen sei.
Norwegen.
8 Wie das Ministerium des Aeußern mitteilt, sind die Leuchttonnen um Saltholm gelöscht, auch das Drogden⸗ Feuerschiff ist vorläufig eingezogen worden.
— Das Ausfuhrverbot für Blechplatten ist nach einer Meldung des „W. T. B.“ dahin erweitert worden, daß es auch dekorierte Bleche, Teile von Blechplatten, bearbeitetes Blech und fertige Blechemballage umfaßt.
— Das Ministerium des Aeußern gibt obiger Quelle zu⸗ folge eine Mitteilung des finnischen Senats bekannt, daß die Verschiffung aller Sorten Rundlast aus Finnland ver⸗ boten, die Verschiffung von gesägtem Holz gestattet sei. Fahrzeuge in geschlossenen Häfen erhalten die Erlaubnis, mit einer Ladung von gesägtem Holz abzugehen. Schiffen, die ge⸗ schlossene Häfen noch nicht erreicht haben, wird nicht erlaubt, diese anzulaufen, sondern sie müssen nach Raumo Maengtlouto und Kemi, falls sie Holzladung einnehmen wollen.
8 Das Ministerium des Aeußern gibt ferner eine Mitteilung er britischen Gesandtschaft bekannt, daß, falls Schiffe mit adung für norwegische Häfen die britischen Häfen Fal⸗
Lough Sevilly (Irland) oder Kirkwall anlaufen, sie
1s er angehalten noch auf See visitiert werden, vorausgesetzt,
daß sie keine neutralitätswidrige Handlung begehen.
Griechenland.
Nach Meldungen der „Agence d'Athéènes“ unternahmen am 20. d. M. albanesische Streitkräfte aus Latsam und Salessi einen Angriff au die Truppen des autonomen Epirus bei Klissura. Eine zweite albanesische Streitmacht rückte gegen Marglani vor und griff die Vorposten der Epiroten bei Kolonig an. Weiteren Meldungen zufolge dauert übe Kampf bei Klissura fort. Die Streitkräfte der Albanesen übersteigen fünftausend Mann, die übrigens über Artillerie und Maschinengewehre verfügen, während die autonomen
vüto in geringerer Zahl sind und deshalb zurückgingen;
och wurden ihnen aus Argyrokastro eilig Verstärkungen ge⸗ Auch die Angriffe der Albanesen gegen die Grenzen
auern fort und gestalten die Lage der epirotischen
hr schwierig, da die an sich geringen Hilfsquellen,
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über die sie verfügt, bald erschöpft sind und die männliche Bevölkerung, die zur Verteidigung des Gebiets gezwungen ist, sich nicht mehr den friedlichen Arbeiten widmen kann, die ihr gestatten würden, die unentbehrlichen Lebensmittel zu ge⸗ winnen. . Bulgarien.
Der mazedonische Führer Peter Tschaulew veröffentlicht in der „Kambana“ einen Aufruf an die Mazedonier, worin nach einer Meldung des „W. T. B.“ angesichts der unaufhörlichen unerträglichen Greueltaten der Serben an der bulgarischen Bevölkerung Mazedoniens aufgefordert wird, nach Mazedonien zurückzukehren, um die Stammesbrüder zu befreien. Die Dreibundmächte würden nichts dagegen haben. Der Drei⸗ verband habe kein Recht zum Einspruch, weil russische Dampfer offen Waffen und Gold nach Serbien führten und damit die Todfeinde Bulgariens unterstützten. Alle Mazedonier müßten sich ungesäumt auf den neuen Tyrannen werfen und die Ketten der serbischen Knechtschaft für immer zerbrechen.
Amerika.
Nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ hat der Präsident Wilson das Ansuchen des Staatsdepartements um Freilassung der von britischen Kreuzern angehaltenen Oel⸗ tankdampfer „Platuria“, „Brindilla“ und „Opina“ mit der Begründung genehmigt, daß die amerikanische Handels⸗ marine geschützt werden müsse.
— Wie das „Reutersche Bureau“ meldet, ist der frühere Präsident von Mexik „Porfirio Di z, in Spanien gestorben. Alsien.
Der russische Gesandte in Teheran hat bei der Ueber⸗ reichung der russischen Antwortnote, in der mitgeteilt wird, daß Rußland seine Truppen aus Aserbeidschan nicht zurückziehen könne, dem persischen Blatte „Haver“ zufolge die Erklärung abgegeben, daß, wenn der gegenwärtige Krieg sich weiter verwickle und wenn Persien die Neutralität bewahre, Rußland seine Truppen zurückziehen und die Unabhängigkeit Persiens gewährleisten werde. Wie das genannte Blatt meldet, ist die russische Antwortnote im persischen Ministerrat übel aufgenommen worden. Der Ministerrat bereitet eine neue energische Note vor. Die ganze per Nation billigt die Haltung des Kabinettz. ““
Nach einer vom „Reuterschen Bureau“ verbreiteten amt⸗ lichen Meldung hat der Oberst Maritz bei Keimus am Oranjefluß mit seiner gesamten Streitmacht sowie 4 Maschinen⸗ gewehren und 8 Geschützen die Engländer angegriffen, die 10 Verwundete hatten. Eine Schätzung der Verluste des Feindes ist unmöglich, da er seine Verwundeten mitgenommen hat.
Westlicher Kriegss
(W. T. B.) Der Yser⸗Ypreskanal ist zwischen Nieuport und Dirmude nach heftigen Kämpfen am 24. Oktober von uns mit weiteren starken Kräften überschritten worden. Oestlich und nordöstlich Ypres hat sich der Feind ver⸗ stärkt, trotzdem gelang es unseren Truppen, an mehreren Stellen vorzudringen. Etwa 500 Engländer, darunter ein Oberst und 28 Offiziere, wurden gefangen genommen.
Großes Hauptquartier, 26. Oktober, Vormittags. (W. T. B.) Westlich des Yserkanals zwischen Nieuport und Dirmüde, welche Orte noch vom Feinde gehalten werden, griffen unsere Truppen den sich dort noch hartnäckig wehrenden Feind an. Das am Kampf sich beteiligende englische Geschwader wurde durch schweres Artilleriefeuer zum Rückzuge ge⸗ zwungen. Drei Schiffe erhielten Volltreffer. Das ganze Geschwader hielt sich darauf am 25. Nach⸗ mittags außer Sehweite. Bei Ypres steht der Kampf; südwestlich Ypres sowie westlich und südwestlich Lille machten unsere Truppen im Angriff gute Fortschritte. In erbittertem Häuserkampf erlitten die Eng⸗ länder große Verluste und ließen über 500 Gefangene in unseren Händen. Nördlich Arras brach ein heftiger französischer Angriff in unserem Feuer zusammen, der Feind hatte starke Verluste.
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Oestlicher Kriegsschauplatz.
Großes Hauptquartier, 25. Oktober, Vormittags. (W. T. B.) Im Osten haben unsere Truppen die Offensive gegen Augustow ergriffen.
In Gegend Iwangorod kämpfen unsere Truppen Schulter an Schulter mit den österreichisch⸗-ungarischen; sie machten 1800 Gefangene.
Großes Hauptquartier, 26. Oktober, Vormittags.
„T. B.) Auf dem östlichen Kriegsschauplatz schreitet unsere Offensive gegen Augustow vorwärts.
Bei Iwangorod steht der Kampf günstig; eine Entscheidung ist noch nicht gefallen.
Wien, 25. Oktober. (W. T. B.) Amtlich wird ver⸗ lautbart: Auf dem nordöstlichen Kriegsschauplatze stehen nunmehr unsere Armeen und starke deutsche Kräfte in einer fast ununterbrochenen Front, die sich von den Nordabfällen der östlichen Karpathen über Stary Sambor, das östliche Vor⸗ gelände der Festung Przemysl, den unteren San und das polnische Weichselanland bis in die Gegend von Plozk erstreckt, im Kampfe gegen die Hauptmacht der Russen, die auch ihre kaukasischen, sibirischen und turkestani⸗ schen Truppen heranführten. Unsere Offensive über die Karpathen hat stärkere feindliche Kräfte auf sich gezogen. In Mittelgalizien, wo beide Gegner befestigte Stellungen inne haben, steht die Schlacht im allgemeinen. Südöstlich Przemysl und am unteren San errangen unsere Truppen auch in den letzten Tagen mehrfache Erfolge. In Russisch⸗Polen wurden beiderseits starke Kräfte eingesetzt, die seit gestern süd⸗ westlich der Weichselstrecke Iwangorod— Warschau kämpfen. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes:
von Hoefer, Generalmajor.
Großes Hauptquartier, 25. Oktober, Vormittags.
Kunst und Wissenschaft.
Salon Cassirer in seinem Oberlichtsaal ältere und neuere Ge⸗ mälde. Es sind dies Werke von Waldemar Roesler, Robert Brever, Konrad von Kardorff und Fritz Rhein. Man kennt diese Maler, unter denen Roesler zweifellos der begabteste aber auch noch der unfertigste Künstler ist, zur Genüge von den Ausstellungen der „Sezession“ her, in die Breyer, Kardorff und Rhein durch ihre Bilder immer einen ruhigen, gefälligen Ton bineinbrachten. Gefällig und geschmackvoll wirken auch diesmal die holländischen Landschaften Fritz Rheins und die Werke Konrad von Kardorffs, unter denen ein Blumenstilleben in einer Vase auf blauer Decke durch die schöne Malerei angenehm auffällt. Robert Brever zeigt einige seiner aus Töpfen und Flaschen aufgebauter Still⸗ farbigen Klanges zu einem reinen starken Bildeindruck zu⸗ sammenschlief t. Ein größeres und reicheres Obststilleben, in dem der Künstler in stofflicher Beziehung dem Nalureindruck recht nabe kommt, und das ganz ausgezeichnete helle menschenleere Zimme offenbaren, daß hinter diesem Künstler mehr steckt, als seine vereinzelten Proben auf den Sezessionsausstellungen vermuten ließen. R Landschaften, in denen sich der Känstler mit Licht⸗ Raumprobleme abquält, maochen in ihrer zähen
weise oft einen allzu gewallsam gesteigerten Eindruck, der zu dem einfachen Naturvorbild in feinem rechten Verhältnis steht. Der „Badestrand“ und ein großes Waldbild mit einem Weg, der in die Tiefe führt, sind diesmal die reifsten und am meisten abgeklärten Bilder. — Von den in einer Wochenschrift erschienenen Steindrucken Max Liebermanns, die Vorgänge aus dieser Kriegszeik behandeln, hängen gute Drucke da. An sich sind diese Blätter mehr oder weniger starke Leistungen, an denen man künstlerische Freude haben mag. Daß von dem mächtigen Gefühl, von dem Geist dieser Zeit auch nicht ein Funke in ihnen ist, liegt an ihrer impressionistischen Form. Der Impressionismus ist Aufgaben, die eine starke Gestaltung von innen heraus fordern, natürlicherweise nicht gewachsen. Diese Kunstform, von der sich die hoffnungsvollsten jungen Künstler längst befreit haben und der die Generation, die heute jung ist, weder in der Malerei noch in der Lteratur stärkeren Eindruck zu verdanken hat, wird hoffentlich zu den Opfern dieses Keieges gehören. Dr. P
Ausstellungsnachrichten. 1—
Die nunmehr geschlossene Weltausstellung 2 gewerbe und Graphik in Leipzig hat es verstanden, sich trotz der schweren Kriegszeit die Anteilnahme des Publikums bis zum letzten Tage zu ethalten. Es ist, wie „W. T. B.“ hervorhebt, als ein be⸗ sonderes Verdienst der Bugra und ihres tatkräftigen Präsi⸗ denten, des Geheimen Hofrats Professor Dr. Volkmann zu betrachten, daß es ihm dank der bedeutenden Opfer der Stadt Leipzig gelungen ist, in Deutschland während eines Weltkrieges eine Weltauzstellung durchzubalten. Wenn sich naturgemãß nicht alle die hochgespannten und berechtigten Hoffnungen erfüllen konnten, die auf die Ausstellung gesetzt waren, so ist doch die Durch⸗ führung der Ausstellung während des Krieges als ein Beweis wirt⸗ schaftlichen Mutes und Selbstvertrauens anzusehen, der in diesen Zeiten nicht hoch genug v ranschlagt werden kann. Während man im Insand und den neutralen Staaten diesem Bestreben aufrichtige Hochachtung und Anerkennung entgegenbrachte, hat das feindliche Aueland noch Anfang September über die Ausstellung böswillige Lügen verbreitet. Die Parifer „Patrie“ behauptete damals, daß laut Berichten von Reisenden die Hallen der russischen, englischen und französischen Ausstellung mit ihren Schätzen in Brand gesteckt worden seien, und daß seitens der Stadt nichts geschehen sei, um das Feuer zu beschränken. In Deutschland weiß man, daß von der Leipziger Ausstellungsleitung sofort nach Ausbruch des Krieges alles getan worden ist, um die Gebäude der uns feindlichen Staaten zu schützen, und daß diese auch dauernd unversehrt geblieben sind. Ein außerordentliches Interesse wandte sich namentlich in den letzten Wochen den Abteilungen der neutralen Staaten des Auslandes zu, die besonders von Abordnungen der höheren Lehranstalten und Kunstgewerbeschulen eingehend besichtigt wurden. Auch die ver⸗ schiedenen Sonderausstellungen, so besonders die Sonderausstellung des Bundes Deutscher Verk hrsvereine „Deutschland im Bild“ war bis in die letzten Tage binein ungemein zahlreich besucht. Die zu Anfang Oktober noch eingefügte Kriegsausstellung mußte wegen des großen Gedränges sogar stundenweise geschlossen werden. Was den Besuch in den Kriegsmonaten betrifft, so kamen mit einer wesent⸗ lichen Steigerung der Besuchsziffer natürlich am meisten die Sonntage in Betracht. An den Augustsonntagen wies der Besuch Zahlen von 14 800 bis 19 000 Personen auf; am 6. September, einem Volkstag mit ermäßigtem Eintrittspreis, betrug der Besuch 55 000, und am Schlußtag, den 18. Oktober, über 50 000 Personen. Insgesamt wurde die Ausstellung vom Tage ihrer Eröffnung an bis zum Schluß von 2 331 305 Personen besucht, wahrlich ein hoch befriedigendes Ergebnis in einem Sommer und Herbst, in dem Deutschland gegen eine Welt von Feinden im Felde steht.
Technik.
„ Verwendung des Tantals. Das Tantal ist ein nur selten vorkommendes metallisches Element mit dem spezifischen Ge⸗ wicht 11 und dem Atomgewicht 183. Es hat eine eisengraue Farbe und nimmt unter dem Polterstabe Metallglanz an. Man findet es in den als Tantaliten und Kolumbiten benannten Erzen, hauptsächlich mit Eisen und Mangan verbunden, in Bayern, Schweden, Finnland, Rußland, Grönland und Nordamerika, und zwar vorwiegend in Granitgestelnen. Im Jahre 1905 fand, wie in der „Zeitschrift des Oesterr. Ingenieur⸗ und Architektenvereins“ mitgeteilt wird,
„von Bollon, daß Tantal ein ausgezeichneter Stoff zur Her⸗ stellung von Glühfäden bilde. Trotz der vorzüglichen Eigen⸗ schaften der Tantallampe ist sie jetzt als Lichtspender doch fast voll⸗ ständig vom Markte verschwunden, da sie der in den letzten Jahren erheblich verbesserten Wolframfadenlampe weichen mußte. Infolge der besonderen Eigenschaften des Tanta s haben sich in letzter Zeit neue Verwendungsmöglichkeiten für dieses Metall eröffnet. Vor allem sind es die Beständigkeit und Widerstandsfähiakeit des Tantals gegen ätzende Stoffe, die es für viele Zwecke tauglich erscheinen lassen. So ist es bei Temperaturen unter 200 ° gegen die Einwirkungen von Luft und Wasser unempfindlich. Auch widersteht es, mit Aus⸗ nahme einer Mischung von Flußsäure und Salpetersäure, allen Säuren sehr gut und ist weder in Schwefelsäure noch in Salpeter⸗ säure und Königswasser löslich. Es eignet sich daher vorzüglich zur Herstellung von Apparaten für chemlsche Laboratorien und muß hier vielfach das immer teurer werdende Platin ersetzen. Auch ist es seines hohen Schmelzpunktes wegen ein vorzüglicher Stoff zur An⸗ fertigung von Schmelztiegeln, Retorten u. dal. Ferner wird es zur Anfertigung chirurgischer Instrumente aller Art benutzt. Auch die elektrische Industrie hat sich das Tantal dienstbar gemacht, indem sie es bei der Elektrolyse als Material für Kathoden verwendet, da sich die an vngsen niederschlagenden Metalle durch Säuren leicht voll⸗ ständig ablösen lassen, ohne daß die Kathoden dabei leiden.
Theater und Musik.
Lessingtheater. ge. Das Lessingtheater unterzog sich am Sonnabend der schwierige und im Grunde wenig lohnenden Aufgabe, Arthur Schnitzler
ungeheuer breit angelegte Werk, das schon seit mehreren Jahren in der Buchausgabe vorliegt, ist im Hofburgtheater in Wien bereifs über die Bretter gegangen. Erobern wird es sich aber die Bühne in der stark gerurzten Form, die das Lessingtheater seine Aufführung zugrunde legte, sicherlicch auch nicht. Gewiß
innerhalb der vierzehn Bilder, die im Laufe des langen Theaterabends
dramatische Historie „Der junge Medardus“ aufzuführen. Das 1
Von vier Malern, die in den Krieg gezogen sind, vereinigt der
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leben, in denen sich die Einfachheit der Formen und des hellen,
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