—y, — ü Ievv 7
vep]“]
Türkei.
eine amtliche Mitteilung gibt, wie, W. T. B.“meldet, bekannt, daß die Offiziere und Matrosen des russischen Minenschiffes „Pruth“ in einem Verhör zugestanden haben, daß der Pruth“ in Sebastopol mit Minen beladen worden sei. Den Hffizieren und der Besatzung des „Pruth“, die Jahre hindurch auf dem russischen Stationsschiff in Konstantinopel gedient hatten, waren die Gewässer des Bosporus vollkommen ver⸗ traut. Als die russische Flotte erfuhr, daß ein schwacher Teil der türkischen Flotte sich zu Uebungszwecken in das Schwarze Meer begeben hatte, ging sie am 27. Oktober von Sebastopol in südlicher Richtung in See und ließ nur ein Verteidigungs⸗ geschwader vor Sebastopol zurück. Auch der „Pruth“ fuhr in südlicher Richtung ab. Die Absicht der russischen Schiffe war, vor der Bosporusmündung Minen zu legen, das kleine, sich im Schwarzen Meer aufhaltende türkische Geschwader anzu⸗ greifen und die türkische Hauptflotte, wenn sie diesem Ge⸗ schwader zu Hilfe eilen sollte, durch Minen zu vernichten. Die türkische Flotte aber bemerkte das russische Minenschiff, das von Torpedobooten begleitet war, zur rechten Zeit und brachte es zum Sinken. Von den russischen Offizieren sind fünf ge⸗ rettet worden, darunter ein Fregattenkapitän.
Um zu beweisen, daß Rußland seit langem den Plan zu einem Angriffe vorbereitet habe, wird die Tatsache erwähnt, daß, wie man in Konstantinopel allgemein wußte, die Botschaften Rußlands, Englands und Frankreichs seit mehreren S den wichtigsten Teil ihrer Archive in Sicherheit gebracht haben.
— Bei dem gestern gemeldeten Vorfall im Golf von Tschesme handelt es sich nach amtlichen Meldungen um das Handelsschiff „Kinali Aga“ und die Jacht „Beyruth“, die in⸗ folge der Sperrung des Hafens von Smyrna auf der Reede von Vurla verankert war. Zwei englische Torpedobootszerstörer forderten die beiden Schiffe auf, sich innerhalb zehn Minuten zu ergeben. Die Kapitäne lehnten die Uebergabe bestimmt ab, setzten die Mannschaften ans Land und brachten selbst beide Schiffe zum Sinken. Bezüglich dieses Vorfalls wird hervorgehoben, daß sich England einer Ver⸗ letzung des Völkerrechts schuldig gemacht hat, indem es einen Angriff auf Schiffe unternahm, die als neutral an⸗ erkannt waren. Die „Beyruth“ war in das Rote Meer gesandt worden, um dort Bojen zu legen und war lange Zeit mit dieser Arbeit beschäftigt. Auf das Ersuchen von England hat sich damals ein englischer Fachmann an Bord des Schiffes be⸗ funden. Nachdem die „Beyruth“ ihre Mission erfüllt hatte, befand sie sich nunmehr auf der Heimfahrt nach Konstantinopel. Somit hat England ein Schiff angegriffen, das wissenschaft⸗ lichen Zwecken diente und das vom Völkerrecht als neutral anerkannt wird.
— Die serbische Gesandtschaft in Konstantinopel hat das serbische Wappen vom Gesandtschaftsgebäude entfernt. Der serbische Gesandte wird demnächst abreisen.
— Die Kabelverbindung mit Odessa ist unterbrochen. Die telegraphische Verbindung mit dem Ausland ist auf das deutsche Kabel nach Konstanza und über Smyrna-— Syra gelegt worden. Die russische Bank, verschiedene russische Betriebe und die Mehrzahl der russischen Klöster sind geschlossen.
Die Konstantinopeler Hafenbehörde hat den Dampfer „Koralieva Olga“ der russischen Schiffahrtsgesellschaft mit Beschlag belegt. Auf dem Dampfer wurde die ottomanische Flagge gehißt und bereits eine ottomanische Bemannung ein⸗
geschifft. 1 Afrika.
Wie das „Reutersche Bureau“ meldet, sind zwei⸗ bewaffnete Beduinen in Aegypten einge⸗ allen.
— Nach Meldungen des genannten Bureaus aus Kapstadt hat der Oberst Alberts die Aufständischen im Bezirk von Lichtenburg geschlagen. Von den Aufständischen wurden 13 getötet, 30 verwundet und 240 gefangen.
Der Oberst Gilliers meldet aus Kenhardt, daß zwei⸗ Führer der Aufständischen, der Major Ben Coetzee und der Kapitän de Villiers, gefangen genommen sind.
Australien. Die Bundesregierung hat sich, der „Morningpost“ zu⸗ folge, an die Londoner Regierung gewandt, um festzustellen, ob die amerikanische Regierung sich verpflichten würde, keine von Australien erhaltene Wolle aus den Vereinigten Staaten wieder auszuführen. Einstweilen wird keine Erlaubnis zur Wollausfuhr nach Amerika erteilt.
Kriegsnachrichten.
Westlicher Kriegsschauplatz. —
Großes Hauptquartier, 3. November, Mittags. (W. T. B.) Die Ueberschwemmungen südlich Nieuport schließen jede Operation in dieser Gegend aus. Die Ländereien sind für lange Zeit vernichtet, das Wasser steht zum Teil über manns⸗ hoch. Unsere Truppen sind aus dem überschwemmten Gebiete ohne jeden Verlust an Mann, Pferd, Geschützen und Fahrzeugen heraus gezogen. Unsere Angriffe auf Ypres schreiten vorwärts. Ueber 2300 Mann, meistens Engländer, wurden zu Gefangenen gemacht und mehrere Maschinengewehre erbeutet., 1b 3
In der Gegend westlich Roye fanden erbitterte, für beide Seiten verlustreiche Kämpfe statt, die aber keine Veränderung der dortigen Lage brachten. Wir verloren dabei in einem Dorfgefecht einige hundert Mann als Vermißte und zwei Geschütze. Von gutem Erfolge waren unsere Angriffe an der Aisne östlich Soissons. Unsere Truppen nahmen trotz heftigsten feindlichen Wider⸗ standes mehrere stark befestigte Stellungen im Sturm, setzten sich in Besitz von Chavonne und Soupir, machten über 1000 Franzosen zu Gefangenen und erbeuteten 3 Geschütze und 4 Maschinengewehre. Neben der Kathe⸗ drale von Soissons brachten die Franzosen eine schwere Batterie in Stellung, deren Beobachter auf dem Kathedralenturm erkannt wurde. Die Folgen eines solchen Ver⸗ fahrens, in dem ein System erblickt werden muß, liegen auf der Hand. Zwischen Verdun und Toul wurden verschiedene Angriffe der Franzosen abgewiesen. Die Franzosen trugen teilweise deutsche Mäntel und Helme. In den Vogesen in der Gegend Markirch wurde ein Angriff der Franzosen abge⸗ schlagen. Unsere Truppen gingen hier zum Gegenangriff über. Oberste Heeresleitung.
*
Oestlicher Kriegsschauplatz.
Großes Hauptquartier, 3. November, Mittags. (W. T. B.) Im Osten sind die Operationen noch in der Entwicklung. Zusammenstöße fanden nicht statt. Zur Fort⸗ nahme einer zur Sprengung vorbereiteten Brücke trieben am 1. November die Russen (1. Sibirisches Armeekorps) Zivil⸗ bevölkerung vor ihrer Vorhut her. Oberste Heeresleitung.
Wien, 2. November. (W. T. B.) Amtlich wird verlaut⸗ bart: Die Kämpfe in Russisch Polen dauern an. In den Gefechten am San hatten die Russen, namentlich bei Ros⸗ wadow, schwere Verluste. Wir brachten dort 400 Gefangene ein und erbeuteten drei Maschinengewehre. Südlich Stary Sambor nahm eine Gefechtsgruppe gleichfalls 400 Russen ge⸗ fangen. In diesem Raume und nordöstlich Turka machte Uner Vorrücken weitere Fortschritte. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: von Hoefer, Generalmajor.
Südlicher Kriegsschauplatz.
Wien, 2. November. (W. T. B.) Amtlich wird ver⸗ lautbart: Unsere Offensive durch die Macwa schreitet siegreich vorwärts. Aus seinen befestigten Stellungen vertrieben, hat der Gegner bisher nur wenig Widerstand ge⸗ leistet. Nur an der Nordlisiere von Sabac mußten stark ver⸗ schanzte Stellungen im Sturmangriff genommen werden. Auch Sabac selbst wurde heute nacht erstürmt. Unsere durch die Macwa vorgerückten Kolonnen haben die Bahnlinie Sabac⸗ Ljesnica bereits überschritten. Kavallerie ist am Feinde und hat auch Gefangene gemacht. 8 8 LG Potiorek, Feldzeugmeister.
2
“ Der Krieg zur See. 8
Berlin, 2. November. (W. T. B.) Die nichtamtliche Meldung über die am 31. Oktober erfolgte Vernichtung des englischen Kreuzers „Hermes“ durch ein deutsches Unterseeboot wird hierdurch amtlich bestätigt. Das Unterseeboot ist wohlbehalten zurückgekehrt.
8 Der stellvertretende Chef des Admiralstabes: B ehn cke.
Kopenhagen, 3. November. (W. T. B.) Die „Ber⸗ lingske Tidende“ berichtet aus London, daß nach den letzten Feststellungen beim Untergange der „Hermes“ zwei Mann ge⸗ tötet und zwei verwundet worden sind. Vierzig Mann werden vermißt.
“
Kolonialer Kriegsschauplaz.
London, 3. November. (W. T. B.) Die „Central News“ meldet aus Schanghai: Die heftige Beschießung von Tsingtau durch die Verbündeten, die erwidert wird, dauert an. Die großen Petroleumtanks im Hafen stehen in
Der türkisch⸗russische Krieg.
Konstantinopel, 2. November. (W. T. B.) Ein offi⸗ zielles, durch die „Agence Ottomane“ veröffentlichtes Com⸗ muniqusé besagt: Nach amtlichen Nachrichten von der kauka⸗ sischen Grenze haben die Russen an mehreren Punkten unsere Grenztruppen angegriffen. Sie wurden aber gezwungen, sich zurückzuziehen, wobei sie zum Teil dank dem ener⸗ gischen Widerstand, der von den türkischen Truppen ihnen ent⸗ gegengesetzt wurde, Verluste erlilten. Im Mittelmeer haben englische Kreuzer das Feuer eröffnet und ein griechisches Torpedoboot, das sich ihnen näherte, zum Sinken gebracht, da sie es für ein türkisches Torpedoboot hielten. Diese beiden Ereignisse zeigen, daß unsere Feinde zu Lande und zu Wasser die Feindseligkeiten gegen uns eröffnet haben, die sie seit langer Zeit gegen uns vorhatten. Die ganze ottomanische Nation ist vereit, vertrauend auf den Schutz Gottes, des einzigen Schützers von Recht und Billigkeit, auf diese Angriffe zu antworten, die darauf abzielen, unser Dasein zu vernichten.
Trapezunt, 2. November. (W. T. B.) An der russisch⸗türkischen Grenze haben bereits Kämpfe zwischen den russischen und den türkischen Truppen begonnen.
Statistik und Volkswirtschaft.
3 Die Entbindungs⸗ und die Augenheilanstalten 8 in Preußen im Jahre 1912.
Nach der „Stat. Korr.“ gab es 1912 im preußischen Staate bei Ausschluß der Privatanstalten mit wentger als 11 Betten 65 Ent⸗ bindungsanstalten mit 3016 Betten, darunter 10 Universitäts⸗ kliniken mit 768 Betten, 39 Anstalten öffentlichen Charakters mit 1905 Betten und 16 Prwatanstalten mit 343 Betten. Selbständige Anstalten wurden 52 gezählt, von denen 11, darunter 10 Universitätsinstitute, dem Staate gehörten; 17 Hebammenlehr⸗ und Entbindungsanstalten waren Eigentum von Provinztalverbänden, 5 Anstalten im Besitz städtischer Gemeinden; 18 Anstalten, gegründet durch milde Stiftungen, befanden sich in Händen von Vereinenz zur Unterstützung armer Wöchnerinnen, und 1 Anstalt gebörte einem Arzt. In sämtlichen Entbindungsanstalten wurden im Jahre 1912 .38 437 Frauen entbunden; von ihnen sind 351 gestorben. Bei 4939 Entbindungen in diesen Anstalten waren geburtshilfliche Operationen notwendig; in 193 Fällen trat dabei der Tod ein. An Kindbettfieber erkrankten 107 Entbundene, von denen 46 starben. Rechtzeitig geboren wurden 37 695 Kinder; darunter waren 2124 totgeborene. 1130 Neugeborene starben während der Behandlung der Mütter. Unzeitige Geburten erfolgten 1192.
Die Zahl der Augenheilanstalten ohne die Privatanstalten mit weniger als 11 Betten, aber mit Einschluß der Abteilungen für
Augenkranke in den allgemeinen Heilanstalten betrug im Jahre 1912.
98 mit 2987 Betten und 34 805 Verpflegten. Darunter befanden sich 10 Universitätskliniken mit 593 Betten und 10 196 Verpflegten, 20 Anstalten öffentlichen Charakters mit 796 Betten und 8848 Verpflegten und 68 Pripatanstalten mit 1598 Betten und 15 761 Verpflegten. Selbständige Anstalten waren 73 vorhanden; davon gehörten die 10 Universitätsklintken dem Staate, 3 Anstalten mit 175 Betten und 1946 Verpflegten Provinzial⸗, Bezirks⸗ und Kreis⸗ verbänden, 2 mit 82 Bertten und 1060 Verpflegten städtischen Gemeinden, 8 mit 387 Betten und 5162 Verpflegten Vereinen, reli⸗ giösen Orden und milden Stiftungen; 50 Anstalten mit 1211 Betten und 12 062 Verpflegten waren im Besitz von Aerzten. — In bezug auf
8 1
— 114“ 11““ 8 die Krankheitsformen ist anzuführen, daß behandelt wurden wegen Er⸗ krankung der Augenlider 1516 Personen, der Tränenorgane 1751, der Orbitalgebilde 162, an Trachom 2317, wegen anderer Erkrankungen der Bindehaut 1968, der Hornhaut 8764, der Iris 1601, der Chorioidea und des Ziltarkörpers 467, an Glaukom 1173, wegen Erkrankung der Retina und des Sehnerven 1681, des Linsensystems 5295, des Glaskörpers 148, der Augenmuskeln 1948, wegen Neu⸗ bildungen des Augaofels 166, Verletzungen des Augapfels 5222, Re⸗ fraktions⸗ und Akkomodationsanomalien 200 und wegen sonstiger Augenerkrankungen 426 Personen. — Außerdem wurden in sämt⸗ baen T“ noch 1655 nicht augenkranke Personen verpflegt.
Literatur.
Grundzüge des bürgerlichen Rechts. Von Bezürksnotar Ketrnaker und Amtsgerichtssekretär Ehni. XVI und 517 Seiten. Verlag von W. Koh hammer, Stuttgart. Geb. 10 ℳ. — Diese systematische Darstellung des bürgerlichen Rechts ist hauptsächlich zum Gebrauch der miltleren Beamten bestimmt. Dementsprechend hält sie sich an das für das Verständnis und die praktische An⸗ wendung des Rechts Wesentliche. Sie kann und will nicht die Fülle von Matertal mitteilen, die mehrbändige wissenschaftliche Lehrbücher und Kommentare enthalten. Vermöge sorgfältiger Aus⸗ wahl und gründlicher Durcharbeitung des Stoffes bietet das Buch gleichwvohl mehr, als sein Umfang vermuten läßt. Mehrjährige Unterrichtstätigkeit auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts ist den Verfassern bei der Bearbeitung des Stoffes wesentlich zustatten ge⸗ kommen. Durch zweckmätzige Anordnung und verschtedenen Druck erreichte Uebersichtlichkeit sowie Knappheit und Klarheit der Darstellung zeichnen das Buch aus; Beispiele, minder wichtige Enzelheiten usw. sind durch kleinere Schrift gekennzeichnet. So eignet sich das Werk gleicher⸗ maßen für den Lernenden wie zur raschen Ortent erung über ein ganzes Rechtsgebiet und zur Wiederholung des Rechtsstoffes im Zusammenhange auch für den Prakt ker. Das Buch erscheint auf Veranlassung des württembergischen Notariatsvereins und berücksichtigt deshalb außer dem Reichsrecht auch die württembergische Ausführungegesetzgehung. Die hierauf bezüglichen Bemerkungen sind aber der Natur der Sache nach im Verhältnis zur Gesamtdarstellung von untergeordneter Bedeutung, sodaß das Buch auch außerhalb Württembergs durchaus brauchbar ist.
Die Rechtsprechung des Kaiserlichen Disziplinar⸗ hofs, in amtlichem Auftrage herausgegeben von Dr. Alfred Schulze, GeheimemRegierungsrat und vortragendem Rat im Reichsamt des Innern. 357 Seiten. Berlin, Verlag von Franz Vahlen. Geh. 7 ℳ. — Der Kaiserliche Disziplinarbof am Sitze des Reichsgerichts, der über die Entfernung eines Reichsbeamten (ausgenommen die Mitglieder des Reichsgerichts, des Bundesamts für das Heimatwesen, des Rechnungshofs und die richterlichen Militärjustizbeamten) aus dem Amte im Wege des Disziplinarverfahrens als zweite Instanz ent⸗ scheidet, nachdem die für die Reichsbeamten in den einzelnen preußischen Provinzen und anderen deutschen Staaten bestebenden Kaiserlichen Disziplinarkammern als erste Instanz ein Urteil gefällt haben, blickt auf eine fast vierziajährige Tätigkeit zurück. Er hat während dieser Zeit Gelegenheit gehabt, das Disziplinarrecht der Reichsbeamten in mehr als pierhundert Fällen anzuwenden und auszubauen. Die hierbei ge⸗ wonnenen Rechtsanschauungen waren bisber, abgesehen von wenigen gelegentlichen Mitteilungen im ‚Zentralblatt für das Deutsche Reich“ oder in Fachzeitschriften, noch nicht veröffentlicht worden, obgleich die Ausgestaltung des Disz plinarstrafrechts und ⸗strasperfahrens vom Gesetz in weitem Maße der Rechtsprechung überlassen ist, deren Etnheitlich⸗ keit der Kaiserliche Disziplinarhof zu wahren hat und die Kenntnis der Rechtsanschauungen dieses höchsten Gerichtshofes nicht nur für die Reichsbeamten und die mit Disziplinarsachen gegen solche be⸗ faßten Instanzen, sondern auch für weitere Kreise von Interesse ist. Diesem Interesse kommt die vorliegende, von dem Staatssekretär des Innern angeordnete Veröffentlichung einer Auswahl von Entscheidungen des Kaiserlichen Disziplinarhofes entgegen. Die Sammlung entspricht in der äußeren Form (Ueberschriften, Dar⸗ stellungsweise, Register) der amtlichen Sammlung der Reichsgerichts⸗ entscheldungen. Abgesehen von überall kenntlich gemachten Strei⸗ chungen und der Unterdrückung von Personen⸗ und Ortsnamen, sind die Erkenntnisse wörtlich genau abgedruckt. Die unter 124 Nummern wiedergegebenen Entscheidungen, von denen nicht wenige eine Reihe von Fragen betreffen, sind wesentlich nach dem in ihnen hauptsächlich behandelten Stoffe (z. B. Gehorsamspflicht, achtungswürdiges Ver⸗
halten in polttischer, wirtschaftlicher und anderer Beztehung Neben⸗
beschäftigung, Bindung des Disziplinarrichters durch den Strafrichter, Prozeßfragen) geordnet. Sie geben in ihrer Gesamtheit ein an⸗ schauliches und vollständiges Bild von der Rechtsprechung in Disziplinarsachen.
Die Postscheckordnung vom 22. Mai 1914. Textausgabe mit Anmerkungen und Sachregister von J. Wetland, Oberpost⸗ inspektor im Reichspostamt. 135 Seiten. J. Guttentag, Verlags⸗ buchhandlung, G. m. b. H., Berlin W. 10. Geb. 1,50 ℳ. — Die handliche Ausgabe bildet eine Ergänzung derjenigen des Post⸗ scheckgesetzes, die Weiland bereits vor einiger Zeit im Guttentagschen Verlage hat erscheinen lassen (Preis ebenfalls 1,50 ℳ). Sie enthält eine genaue Wedergabe der amtlichen Postscheckordnung mit ausführlichen Erläuterungen und Abbtloungen der im Verkehr zwischen dem Publikum und den Postscheckämtern gebräuchlichen Formulare. Zum besseren Verständnis sind in einem Anhbang die Bestimmungen der Postordnung, auf die in der Postscheckordnung hingewiesen ist, auszugsweise wiedergegeben und mit den auf den Postscheckverkehr bezü lichen Anmerkungen versehen. Auch die Bestimmungen über die Postkreditbriefe befinden sich darunter. Ein erschöpfendes Sachregister erleichtert das Aufsuchen der Vorschriften. Gleich der Ausgabe des Postscheckgesetzes kann das Buch dem über die einschlägigen Fragen Belehrung Suchenden ein zuverlässiger Berater sein.
— A. Dalckes Preußisches Jagdrecht. Zum praktischen Gebrauch dargestellt und erläutert. Sechste umgearbeitete und ver⸗ mehrte Auflage, bearbeitet von Dr. H. Delius, Kammergerichtsrat. (Verlag von Kern in Breslau; 11 ℳ.) Der Herausgeber dieser Auf⸗ lage hatte bereits die vorausgegangene (5.) besorgt. Damals be⸗ deutete die Neuauflage eine vollständige Umarbeitung der Dalckeschen Darstellung, die durch die neue Jagdordnung vom 15. Juli 1907 er⸗ forderlich wurde. Den Raum, der in der bisherigen Darstellung durch den Wegfall der provinzrechtlichen Vorschriften frei wurde, hatte Dr. Delius in dankenswerter Erweiterung des behandelten Materials dazu verwandt, um zahlreiche bisher nicht erörterte Fragen des Jagdrechts in zivil⸗, straf⸗ und öffentlich⸗rechtlicher Beziehung zu erörtern. So waren besondeis die Materien: Jaad⸗ strafrecht, das Recht der Eigenjagdbezirke, die Sonntagsjagd, die An⸗ eignung nicht jagdbarer Tiere (Kaninchen) und das Waffengebrauchsrecht der Jagd⸗ und Forstbeamten ausführlich behandelt worden. Ferner war die Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte und der Verwaltungsgerichte sowie die einschlägigen Ministerialerlasse überall sorgfältig beräck⸗ ichtigt. Bei der vorliegenden Neuauflage erübrigte sich eine so ein⸗ chneidende und umfassende Neubearbeitung. Der Herausgeber konnte sich vielmehr darauf beschränken, die umfangreiche neuere Recht⸗ sprechung und die Abänderung der Ausführungsanweisung des Ministers vom Jahre 1912 zur Jagdordnung von 1907 zu berücksichtigen und der inzwischen vermehrten Zahl der jagdbaren Tiere Rechnung zu tragen. 3 In der Reihe der vom Generalsekretär des Vereins für Kom⸗ munalwirtschaft und Kommunalpolitik Erwin Stern (bei Gerhard Stalling in Oldenburg) herausgegebenen Monographien deut⸗ scher Städte ist als 8. Band die Monographie der Reichshaupt⸗ stadt Berlin erschienen. (5 ℳ.) Unter den in der Sammlung bisher erschienenen Beschretbungen städtischer Gemeinwesen kann der vor⸗ liegende Band besondere Beachtung beanspruchen; gibt er doch ein um⸗ fassendes Bild von der ausgedehnten und vielseitigen Verwaltung der größten deutschen Stadt und hat doch eine große Anzahl um die Verwaltung und Entwicklung der Reichshauptstadt wohlverdienter Männer sich an der Ausarbeitung der 21 Druckbogen umfassenden Schrift beteiligt. Es ist ihnen gelungen, von dem Riesengebiet kommu⸗ nalen Wirkens, auf das die Verwaltung einer Weltstadt sich erstreckt, eine
1“
für Fachleute anregende und zugleich dem Laienpublikum verständliche Uebersicht vorzuführen. Schon die Ueberschriften der einzelnen Kapttel, aus denen die Schrift sich zusammensetzt, geben einen Begriff von dem Umfang und der Vielseitigkeit der behandelten kommunalen Fragen. Nach einem von dem Archivar der Stadt Berlin Dr. E. Kaeber ver⸗ faßten Ueberblick über die geschichtliche Entwicklung der Berliner Stadtverwaltung skizziert der Direktor des Statistischen Amts der Stadt Berlin. Dr. Silbergleit deren Bevölkerungs⸗ entwicklung; über die Armenverwaltung schrieb der Stadtrat Kalisch, über das städtische Finanz⸗ und Steuerwesen Dr. H Guradze. Der Stadtrat Gehricke schilderte die Einrichtungen und Ergebnisse der städtischen Sparkasse, der Magistratsrat Dr. Gordan die Maßnahmen, die in der Reichshauptstadt für die öffentliche Ge⸗ undheitspflege getroffen sind, sowie im einzelnen die städtischen Krankenhäuser, Heimstätten und Stechenanstalten und das Rettungs⸗ wesen. Die Berliner Parks und Gartenplätze behandelte der Garten⸗ direktor A. Brodersen, das Desinfektionswesen der Stadt der Pro⸗ fessor Dr. G. Sobernheim. Einen Ueberblick über die Jugendpflege in Berlin gab der Schulinspektor Dr. Häußler, der auch das Volks⸗ bildungswesen, das höhere Schulwesen sowie das Fach⸗ und Fort⸗ bildungsschulwesen Berlins behandelte. Die Beschreibung der Ein⸗
richtung und Tätigkeit des Gewerbe⸗ und Kaufmannsgerichts in der Reichshauptstadt fiel dem Magistratsrat von Schulz zu, während der
Markthallendirektor F. Spieker die Versorgung Berlins mit Lebens⸗ mitteln behandelte. Ueber die Vieh⸗ und Fleischversorgung der Stadt schrieb der Veterinärrat und Direktor des Schlacht⸗ und Viehhofes . Goltz, über die Güter der Stadt der Güterdirektor Schroeder. Es folgen Kapitel über die Beamtenorganisation (vom Magistratsrat P. Wölbing), die Wasserversorgung (vom Magistratsbaurat Eggert), die städtischen Gaswerke (vom Magistratsrat Fürst), die Berliner Elektrizitätswerke (vom Stadt⸗ elektriker, Dipl.⸗Ing. Silber), das Berliner Feuerlöschwesen (vom Königlichen Branddirektor Reichel) und das Straßenreini⸗ gungswesen (vom Magistratsbaurat Szalla). Den Schluß machen
eine Beschreibung des Untersuchungsamts für hygienische und gewerbliche Zwecke (vom Geheimen Regierungsrat Professor von Proskauer), eine
Schilderung von Berlins Stiftungen und Altersversorgungsanstalten
vom Stadtsekretär Richter), eine Darstellung der Tätigkeit und
Wirksamkeit der städtischen Feuersozietät (vom Magistratsrat Dr. Rieß) sowie des Berliner Irrenwesens und seiner Entwicklung (vom
Magistratsassessor Conrad). Kommunalbeamte sowie Laien, die sich ür Fragen der städtischen Verwaltung interessieren, seien auf die
wertvolle Schrift hingewiesen.
— In dem gleichen Verlag hat Dr. P. Brohmer unter Mit⸗ rbeit zahlreicher anderer Fachmänner eine Fauna von Deutsch⸗ and, ein Bestimmungsbuch der heimischen Tierwelt, herausgegeben.
ährend an brauchbaren handlichen Beschreibungen der heimatlichen Pflanzenwelt kein Mangel ist, wurde ein solcher sicherer Wegweiser durch die Tierwelt Deutschlands bisher vermißt. Diese Lücke ist durch das vorliegende Buch zweckentsprechend geschlossen. Die Anlage des mit 912 Abbildungen geschmückten, etwa 600 Seiten starken Bandes st übersichtlich. Der Leser findet sich in ihr leicht zurecht. Das Buch wird sowohl Lehrern, Studenten und Schülern, wie Landwirten, Forstleuten und Gärtnern gute Dienste leisten Die Mböglichkeit zu weiteren und eingehenden Studien ist durch reiche Literaturangaben eboten. Jedes Kapitel ist von einem Fachmann bearbeitet worden und besitzt selbständigen Wert; zugleich ist aber die Einheitlichkeit des
Ganzen durch einen von allen Mitarbeitern beobachteten Darstellungs⸗ lan gewahrt worden.
— Im Verlag von Quelle und Meyer in Leipzig hat der Ober⸗ ehrer Dr. Ludwig Szilger ein Bändchen „Biologische Beob⸗ chtungsaufgaben“ erscheinen lassen (geb. 2,60 ℳ), die als Er⸗
gänzung zu dem bekannten naturwissenschaftlichen Unterrichtswerk des Professors Dr. Schmeil gedacht sind. Der Lehrer findet in dem Büchlein eine geschickt zusammengestellte Auswahl von Beobachtungs⸗ aufgaben, die er der ganzen Klasse oder einzelnen besondens für das Fach interessierten Schülern stellen kann. Die Aufgaben sind so ge⸗
0
wählt, daß sie sowohl zur genauen Beobachtung der Lebewesen hin⸗ ühren, als auch zu eigenen Untersuchungen und Entdeckungen, zu naturwissenschaftlicher Beschäftigung verschiedener Art anregen. Aufgaben, die zu Tierquätereien oder zur Naturverwüstung führen
önnten, sind dabei ebenso peinlich vermieden, wie solche, die zu
roße Schwierigkeiten bieten oder nur mit kostspieligen Hilfsmitteln
erledigt werden könnten.
Wohlfahrtspflege.
8 ie dem „W. T. B.“ aus München berichtet wird, hat Seine Majestät der König von Bayern bestimmt, daß der ihm vom Deurschen Museum aus Anlaß der Sitzung des Vorstands⸗ ats zur Verfügung gestellte Betrag von 50 000 ℳ zur Aus⸗ üstung eines Lazarettzuges verwendet werden solle. Der König hat Seiner Majestät dem Kaiser hiervon Mitteilung gemacht nd Allerhöchstdenselben gebeten, bezüglich der Zuteilung des Lazarett⸗
uges an die Armee weitere Anordnungen zu treffen.
Land⸗ und Forstwirtschaft. Ernteergebnisse in Schweden.
Der Kaiserliche Generalkonsul in Stockholm berichtet unterm Oktober: Das endgültige Ergebnis der diesjährigen schwedischen Ernte stellt sich nicht ganz so günstig, wie man in der ersten Hälfte es Jahres erwarten zu dürfen glaubte. Dies gilt indessen in eringerem Maße vom Wintergetreide als vielmehr von den Futter⸗ ewächsen und dem Sommerkorn.
Winterroggen und Winterweizen wurden bei günstigem Wetter eingeerntet. Das Getreide ist von allgemein guter Beschaffenheit, jedoch infolge der im Juni und Juli berr⸗ schenden Dürre kleiner im Korn algs gewöhnlich. — Das
Sommerkorn hat sowohl an Güte wie an Menge schwache
Erträge gegeben; am besten ist die Gerste ausgefallen, o 1 iese den Durchschnitt nicht erreicht hat. — Der Ausfall der Feveb- fah
inte war um etwas besser, als die früheren Rapporte vermuten ließen der Ertrag blieb jedoch ebenfalls hinter dem Durchschnitt zurück. 88 Die Heu⸗ und Futterernte läßt viel zu wünschen übrig und da die Einfuhr anderer Futtermittel durch den Krteg sehr erschwert wird, so ist gewiß, daß die Ernte nicht ausreichen wird, den Viehbestand aufrecht zu erhalten. Bereits hat sich auch schon ein starker Mangel an Milch gezeigt.
(eb hea einer ö 1 (sehr gering) bis 5 ehr gut) sin e quantitativen Ernteergebnisse für ganz Schwed wie folgt berechnet worden: “ 1 1913 1914
Heu auf Wiesen. „ auf Weiden Zuckerrüben... v14 Hülsenfrüchte. Mengekorn. ““ 116“ Winterroggen Winterweizen
0οα˙0
Se boCe eSo Se Se INo O08O0 OCU;SU;ʒ F
—
SSg⸗
. 1“;
NSboS
—
1 Verwertung kranker Kartoffeln.
Die gegenwärtige Zeit, die zu äußerster Sparsamkeit mit den Nahrungsmitteln der Nation zwingt, legt den Gedanken nahe, auch solche Nahrungsmittel, die man in Zeiten reichlichen Ueberflusses achtlos beiseite wirst, noch nach Möglichkeit aus⸗
assnh. Wirtschaftlich ist es ja stets, auch in Friedenszeiten, egenstände, die noch verwendet werden können, nicht der Ver⸗ nteen anheimfallen zu lassen; doppelt geboten ist es aber in den 1 Kriegszeiten, die wir durchleben müssen. Bei der Notwendig⸗ keit, die Kartoffel als Ersatz für andere Nährstoffe heranzuziehen,
2 8
8
sollte man deshalb der Möäglichkeit der Verwenbang kranker
Kartoffeln erneute Aufmerksamkeit zuwenden. Wahrscheinlich hat die Kartoffelkranlheit, die durch den Schmarntzervilz Phytophtora infestans hervorgerusfene Kraut⸗ und Knollen⸗ fäule, in der Heimat der Kartoffelpflanze von jeher bestanden und ist mit den Knollen auch schon frühzeitig nach Europa gekommen. Zu Anfang des vorigen Jahrhunderts zeigte sie sich in Frankreich und 1830 trat sie auch in Deutschland auf, aber nur örtlich beschränkt. 1842 wurde die Krankhert von neuem aus Amerika und Kanada eingeschleppt und gestaltete sich in dem nassen Sommer von 1845, wo sie in Frankreich, Belgien, Holland, Deutschland, England, Irland, Dänemark und Rußland hauste, zu emer furcht⸗ baren Seuche, die bis 1850 andauerte und den ganzen Kartoffelbau zu vernichten drohte. Von da an ging sie zurück, ohne jedoch jemals völlig zu erlöschen. Wenn die von der Krankheit be⸗ fallenen Knollen aus dem Boden genommen werden, zeigt sich an ihnen nach wenigen Tagen eine doppelte Zersetzung. Bei der einen wird ein gewisser Teil sehr hart und nimmt eine ganz dunkelbraune Färbung an, während die benachbarten Teile gesund bleiben. Die kranken Stücke in der Kartoffel sind so hart, daß sie sich auch in kochendem Wasser nicht erweichen. Bei anderen Kartoffeln werden die erkrankten Stellen von selbst weich und geben beim Kochen einen ekel⸗ erregenden Geruch nach Ammoniak und Schwefelwasserstoff von sich. Es entsteht der sogenannte feuchte Brand, der in einer Veränderung der Flüssigkeiten, insbesondere der eiweißhaltigen besteht und zu einer Zersetzung des Zellengewebes führt, wie sie auch bei überreifem Obst als Folge einer einfachen Gärung eintritt. Die Kartoffel besteht im Durchschnitt zu 75 v. H. aus Wasser, zu 21 v. H. aus Stärke, die vornehmlich zur Bildung tierischen Fetts dient, zu 2 v. H. aus stickstoffhaltiger Substanz. von der die Hälfte in Eiweißstoffen gebunden ist, zu 0,2 v. H. aus Fett, zu 0,7 v. H. aus Rohfaser und zu 1,1 v H. aus Asche. Die Krankheit vernichtet vor allem die für die menschliche Ernährung wichtigen Eiweißstoffe, die aber gerade bei der Kartoffel nur eine geringe Rolle gegenüber der Stärke spielen. Gerade die Stärke könnte jedoch auch bei der kranken Kartoffel noch eine Ver⸗ wertung erfahren. Man hat verschiedene Verfahrungsweisen dazu vorgeschlagen, die auf folgendes hinauskommen: Die kranke Kartoffel wird gekocht und ihr das Wasser entzogen. In diesem trockenen Zu⸗ stand hält sie sich beliebig lange und bildet ein gutes Viehfutter. Zu besonderer Vorsicht kann man sie auch noch mit ½ bis 1 Kilogramm Salz auf einen Meterzentner vermischen. Ferner hat schon Liebig empfohlen, die zerschnittenen Kartoffeln in einer schwachen Schwefel⸗ säurelösung sich zersetzen zu lassen und dann an der Sonne oder on einem trockenen Lufistrom zu trocknen, schließlich die Säure auszuwaschen und die Masse dann nochmals zu trocknen. Dadurch bleibt der vierte Teil des ursprünglichen Ge⸗ wichts nutzbar erhalten. Um der Krankheit Einhalt zu tun, gebraucht man pulverisierten ungelöschten Kalk, der auf die in dünnen Lagen ausgebreiteten Kartoffeln gestreut wird. Die Krankheitskeime kommen auch von selbst zum Absterben, wenn die Kartoffeln in einem Raum von nicht mehr als 6 Grad Wärme, selbstverständlich aber auch ohne Frost, aufbewahrt werden, da die Schmarotzer mindestens 7 Grad zum Leben und zur Entwicklung brauchen.
Theater und Musik.
Morgen, Mittwoch, wird im Königlichen Opernhause „Tristan und Isolde“ gegeben. Die Besetzung lautet: Isolde: Frau Leffler. Burckard; Brangäne: Fräulein Leisner; Tristan: Herr Kraus; Marke: Herr Schwegler; Kurwenal: Herr Bischoff; Melot: Herr Habich; Hirt: Herr Henke; Steuermann: Herr Krasa; Seemann: Herr Sommer. Dirigent ist der Generalmusikdirektor Blech.
Im Königlichen Schauspielhause mwird morgen das Lustspiel „Flachsmann als Erzieher“ von Otto Ernst aufgeführt. In den Hauptrollen wirken die Damen Heisler und Conrad sowie die Herren Boettcher, Pohl, Eggeling, Patry, Mannstädt, Stange, Poen und Eichholz mit. Spielleiter ist der Oberregisseur Pattny.
Die Ausgabe der Dauerbezugskarten für die König⸗ lichen Theater bis Ende November d. J. findet am 5. und 6. No⸗ vember in der Könlglichen Theaterhaupikasse gegen Vorzeigung der Dauerbezugsverträge von 9 ¼ bis 1 Uhr statt, und zwar am 5. No⸗ vember für 22 Vorstellungen im Königlichen Opernhause und am 6. November für 10 Vorstellungen im Königlichen Schauspiel⸗ hause. Es wird gebeten, den Geldbetrag behufs schnellerer Abfertigung abgezählt bereit zu halten. Um den von einigen Dauer⸗ beziehern der Oper geäußerten Wünschen entgegenzukommen, kann die Anzahl der abzuhebenden Karten derart verringert werden, daß auf die Dauerbezugskarten für die Sonnabend⸗ und Sonn⸗ tagvorstellungen verzichtet wird. Es bleibt den Dauer⸗ heziehern also freigestellt, für das Königliche Opernhaus entweder die Karten für sämtliche Vorstellungen oder die entsprechend verringerte Anzahl abzuheben.
Humperdincks „Marketenderin“ wird im Deutschen Opern⸗ hause morgen, Mitrwoch, auf längere Zeit hinaus zum letzten Male gegeben, da die Vorbereitungen zu „Lohengrin“ und „Don Juan“ die Hauptdarsteller in Anspruch nehmen. Für die Dauerbezicher, die Humperdincks Werk noch nicht gesehen haben, werden zur morgigen Vorstellung Karten gegen Gutscheine berett gehalten.
„Am Freitag. Abends 8 Uhr, findet in der Dorotheen⸗ städtischen Kirche eine Abendmusit bet freiem Eintrfitt statt, veranstaltet von dem Organisten, Königlichen Musikdirektor Martin Grabert. Mitwirkende sind Fräulein von Ledebur (Sopran), Herr Harzen⸗Müller (Baß) und Herr Hans Butze⸗Hasse (Violtmne). Vor⸗ P kosten 20 3. Der Ueberschuß dient zur Linderung der
riegsnot.
Konzerte.
Außerordentlich Günstiges kann von einem großen „Wagner⸗ Abend; des Blüthner⸗Orchesters im Albrechtshof in Steglitz berichtet werden. Es machte Freude, zu hören, mit welcher Hingebung und Aufmerksamkeit das Orchester unter dem Dirigenten Eugen Sauerborn musizierte. Letzterer erwies sich als ein sehr ersahrener und gediegener Orchesterleiter, der in Wagners Werken genau Bescheid weiß und mit sicherem künstlerischen Emp⸗ finden und schlicht⸗natürlicher Auffassung seine schwierige Aufgabe löste. Unterstützt wurde er durch die Opern⸗ sängerin Fräulein Elisabeth Gerasch, die Isoldens Liebestod und die Gesänge „Schmerzen“ und „Träume’ sang und sich sowohl durch ihre hauptsächlich in der Höhe sieghafte und klangvolle Sopranstimme, als auch durch ihre stattliche äußere Erscheinung als eine geborene Waagnerfängerin zu erkennen gab. Der Saal war voll besetzt, die andächtige Zuhörerschaft spendete den Ausführenden warmen und herzlichen Beifall.
Eine überaus anspruchsvolle Aufgabe hatte sich der Jerusalems⸗ kirchenchor in einem zugunsten der Flüchtlinge age⸗ Pbenen Konzert in der Jerusalemskirche am Sonnabend gestellt. Daß die beiden Kantaten von Bach „Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit“ und „Ein' feste Burg ist unser Gott“ von dem verhältnis⸗ mäßig kleinen Chor in so sicherer und überzeugender Ausführung dargeboten wurden, gereicht dem Chorleiter, dem Königlichen Musik⸗ direktor Herrn Max Eschke, zu hoher Ehre. Wer allerdings weiß, daß Eschke als langjähriger Vertreter des Herrn Professors Eiegfeie Ochs im Philharmonischen Chor gewirkt hat und jetzt dieselbe Stellung in der Singakademie bei Herrn Professor Georg Schumann inne hat, den kann obiges Ergebnis nicht weiter wunder nehmen; denn nur durch vieljährige Erfahrung läßt sich eine so genaue Kenntnis der schwierigen Werke Bachs erwerben, um sich mit einem kleineren Chor an die beiden genannten Kantaten heranwagen zu können. Der in bester Schulung herangebildete Chor verfügt über schöne, klangvolle Stimmen, sodaß
der Vortrag der beiden Werke nicht nur in mustkalischer Hinsicht
N A134 vS O2niw 9.
durch technische Sicherheit des großzügig durchgeführten kontra⸗ punktischen Stimmengewebes, sondern auch in klanglicher Hinsicht durch edle Tonschönheit und Sauberkeit für das Wollen und Können dieser Chorvereinigung Achtung abnötigte. In hervor⸗ ragender Weise wurde der Chor dabei von Herrn Wolfgang Reimann an der Orgel unterstützt, der den Continuo mit größter Sicherheit und Anschmiegsamken spielte und sich in der mit interessanter Registrierung und temperamentvollem Auftbau ge⸗ spielten gewaltigen G⸗Moll⸗Phantasie und Fuge als ein auss.. gezeichneter Organist auswies. Auch die Gesangssolisten leisteten durchweg Anerkennenswertes; in erster Linie fielen Fräulein Elfriede Ulrich (Alt) und Herr Georg Funk (Tenor) durch schöne Stimmittel und verständigen Vortrag auf, aber auch Fräulein Gertrud van Staa (Sopran) und Herr Theodor Heß van der Wyrk (Baß) überzeugten durch innerliche
Wärme und reifes Können. Das Blüthner⸗Orchester bildete
die sichere musikalische Grundlage und folgte dem gewandt dirigierenden Herrn Eschke mit größter Aufmerksamkeit. — Im Saale der Singakademie stellte sich, gleichfalls am Sonnabend, der Geiger Silvio Floresco, der mit dem Philharmonischen Orchester unter Otto Marienhagens Leitung konzertierte, vor. Er spielte das stark verblichene D⸗Moll⸗Konzert von Tartint, das etwas sehr langatmige, aber für den Geiger technisch interessante D⸗Dur⸗Konzert von Hermann Graedener, dem der Künstler ganz be⸗ sondere Sorgfalt zugewandt hatte, und „Böhmische Weisen und Tänze“ von Otokar Sevsik sowie die bekannten Varlationen von Joachim. Ein abschließendes Urteil über den strebsamen Künstler zu fällen, is vorerst noch nicht möglich, da seinem Spiel eine große Ungleichhei anhaftet, die ein Weohlbehagen nicht immer auslöst. Technisch glück nicht immer alles, und so geht denn das Können mit dem Wollen nicht gleichen Schritt, was besonders bei Kadenzen und Läufen in die Er scheinung tritt. Gut liegen dem Geiger dagegen die gesanglichen Stellen bei denen er seinem schönen Instrument warme Klänge zu ent locken versteht, aber auch hier verbindet nicht immer ein klarer Neber gang die einzelnen Lagen Die Komposition „Furiant“ von Sevét hätte er besser nicht gespielt, denn sie gelang weder technisch, noch inhaltlich. An Beifall fehlte es Herrn Floresco nicht, er sollte ihm ein Ansporn sein, seinem Spiel mehr Sorgfalt zuzuwenden. An Fähigkeiten mangelt es ihm nicht. Das Orchester spielte stellenweise so nachlässig, daß es dem Geiger weder Stütze noch Führer war.
Mannigfaltiges. Berlin, den 3. November 1914.
Der unter der Schirmherrschaft Ihrer Majestät der Kaiserin und Königi stehende Verein der Berliner Volkstüchen von 1866, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, dem bestehenden und wachsenden Notstand zu steuern, wil den gemeinnützigen Bestrebungen des Deutschen Seefischereivereins, die dahin zielen, den Seesisch zum Volksnahrungsmittel zu machen, ganz besondere Auf merksamkeit widmen; es findet infolgedessen am Freitag, den 6. d. M. ein großes Fischkochen in der Norstandsküche, Behrenstraße 48 (Kerkau Palast), statt. Die Speisezeit ist von 11 ½ bis 2 Uhr. Neben dem bekannten kräftigen Essen werden an diesem Tage mehrere Fisch⸗ gerichte zu 20 und 30 ₰ aufgetragen werden.
Ueber „England und den Weltkrieg“ wird „W. T. B.“ zufolge der bekannte Rechtslehrer an der Berliner Universität, Ge⸗ heimer Justizrat, Professor Dr. Joseph Kohler am 13. d. M., Abends 8 Uhr, im Plenarsaal des Herrenhauses sprechen. Der Ertrag des Vortrages ist für die Deutsche Zen trale für Jugendfürsorge bestimmt. Der Vortragende wird den Ausbruch des Krieges und die Beteiligung Englands mit besonderer Berücksichtigung der völkerrechtlichen Ver⸗ letzungen gegenüber dem deutschen und dem neutralen Handel sowie die furchtbaren Gefahren, in die England durch sein Vorgehen selbst hineingeraten ist, behandeln. Die Zweckbestimmung wird ebenso zu einem regen Besuche beitragen, wie sic⸗ die Deutsche Zentrale für Jugend fürsorge von Jahr zu Jahr größerer Anerkennung ihrer segens eichen Wirk⸗ samkeit zu erfreuen hat. Gut organisierte und gewissenhaft durchgeführte Wohlfahrtsarbeit ist in dieser schlimmen Kriegszeit zur Heilung der Wunden notwendiger als je und wird auch in kommenden Friedens⸗ jahren nicht zu entbehren sein. Eintrittskarten zu 3 ℳ sind bei Bote u. Bock und Wertheim, Leipziger Straße, im „Invalidendank“, in der Schneider u. Amelangschen ö“ Königin Augusta⸗ straße 33, bei Posen, Unter den Linden 5, und in der Geschäftsstelle behalHe lchen Zentrale für Jugendfürsorge, Monbijouplatz 3 II erhältlich.
Zum Besten der Hilfsvereinigung für Musiker und Vortragskünstler findet Donnerstag, den 5. November, Abends 8 Uhr, im Lessing⸗Museum (Brüderstraße 8) eine besondere Ver⸗ anstaltung statt. Eugen Zabel spricht über „Deutsche Prin⸗ zessinnen auf dem russischen Kaiserthron“. Jolanthe Mards trägt Kciegslieder und der Königliche Schauspieler Karl Vogt eine noch ungedruckte „Deutsche Predigt“ in Versen von Franz Kaibel vor. Der Königliche Opernsänger Cornelis Bronsgeest singt Lieder von Professor E. E. Taubert, begleitet vom Komponisten, Mathilde Marschalk Lieder von Brahms und Schubert, und Gabriele Wietrowetzspielt eine Violinsonate von Leo Schratten holz in Gemeinschaft mit dem Komponisten sowie Stücke von Spoh und Joachim. Karten zu 1 ℳ sind im Warenhaus Wertheim und im Museum zu haben.
„Morgen, Mittwoch, Abends 8 Uhr, findet in der alten Garnisonkirche Kriegsbetstunde mit anschließender Abend mahlsfeier durch den Kadettenhauspfarrer Gruhl statt.
Die Wirkung der modernen Gewehrkugeln. Der Aus⸗ druck Kugel trifft auf das einem modernen Gewehr entfliegende Ge⸗ schoß freilich nicht mehr zu, aus der alten runden Bleikugel ist seit langem eine längliche, vorn zugespitzte oder ovale Patrone mit einem Stahlmantel geworden. Es ist dadurch eine gestrecktere Flugbahn und im Zusammenhang damit eine größere Schußweite und Treff sicherheit nebst größerer Durchschlagskraft erreicht worden. Im Zu sammenhang damit steht auch die Herabsetzung des Kalibers, das be den alten Musketen des 30 jährigen Kriegs nicht weniger als 18 mm betrug. Auch bei den ersten Hinterlader⸗Zündnadelgewehren betrug das Kalibe noch 15 mm und wurde erst allmädlich herabgesetzt; in der Mitte de achtziger Jahre wurde in Frankreich das Lebelgewehr mit 8 mm. Kaliber eingeführt, das heute wohl die Höchstgrenze des Kalibers fü ein modernes Gewehr darstellen dürfte. Im allgemeinen ist da Kaliber noch geringer, bis herab zu 5 mm. Dies kleine Kaliber ruft, wie man zuweilen hören kann, Wunden hervor, die man als gutartig in Anspruch nehmen kann, weil sie eine leichte und schnelle Heilung verbürgen. Der Wiener Chirurge Professor von Eiselsberg tritt dieser Anschauung in einem Vortrage, den er zur Eröffnung der Wiener Urania am 15. September zu Gunsten des Roten Kreuzes gehalten hat, entgegen; er führt aus, daß die Kugel infolge ihres weit nach hinten verlegten Schwerpunktes nicht selten quer aufschlägt und daß sie in der Nähe mit einer furcht⸗ baren Rasanz wirkt. Der Prozentsatz an Toten ist daher bei Kopf und Rumpfschüssen gesttegen, die Knochenbrüche sind häufig schwere Splitterbrüche. Vom Standpunkt der Menschlichkeit bedeutet also das moderne Geschoß keinen Fortschritt, wohl aber vom Standpunke der Kriegstechnik, da es schon auf weite Entfernung hin eine größere Zahl kampfunfähig macht. Beim Durchschuß des Körpers komm auch die noch stärker woirkende Drehung in Betracht, worauf kein Geringerer als Kaiser Wilhelm in einem Vortrag hingewiesen hat. Diese Ansicht wurde anfangs von mehreren medizinischen Autoren bekämpft, ist aber in jüngster Zeit verschiedentlich z. B. auch von russischen Gelehrten bestätigt worden. Unter Umständen werden durch das kleine Kaliber allerdings auffallend gutartigt