1914 / 267 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 12 Nov 1914 18:00:01 GMT) scan diff

Hingebung und Unterstützung zu geben. Preis, den Triumph der britischen Waffen zu sichern.

Ein 77 Seiten starkes Weißbuch ist über die Ereignisse veröffentlicht worden, die dem Bruche mit der Türkei voraus⸗

gingen.

Das Kriegsamt hat beschlossen, die Rekrutierung durch Erhöhung der Versorg ungsgelder für die Familien im Kriege gefallener und verwundeter Mannschaften zu fördern. Das Minimum beträgt jetzt ein Pfund die Woche für eine Dies gilt auch für den Fall, daß oldaten und Marinemannschaften innerhalb 7 Jahren nach

e von fünf Personen.

dem Ende des Krieges sterben.

Die „Times“ meldet aus Dublin, daß die irische 1 die Verfolgung der aufrührerischen Blätter in Erwägung ziehe, von denen drei gegen den Eintritt in das

Regierun Heer und die Flotte agitieren. 8

Rußland.

Der Ministerrat hat der Korrespondenz „Rundschau“ zufolge die Aufforderung der persischen Regierung, die russischen Truppen aus Persien abzuberufen, abgelehnt. Damit hat Rußland die persische Neutralität verletzt.

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8 Niieederlande.

Blättermeldungen zufolge ist der Belagerungszustand Friesland und Groningen ausgedehnt

auf die Orte i worden.

Belgien.

Das von England und Frankreich gegen Deutschland

erlassene Zahlungsverbot hat bekanntlich die deutsche Regierung gezwungen, Gegenmaßregeln zu ergreifen und im Vergeltungs⸗ wege Zahlungen aus Deutschland nach England und Frankreich ebenfalls zu untersagen. Um diese Vergeltungsmaßregeln voll wirksam zu machen, bedurfte es einer Aus⸗ dehnung des u““ auf die besetzten Gebiete Belgiens. Wie „W. T. B.“ meldet, hat der Generalgouverneur in Belgien dementsprechend unter dem 3. November eine Verordnung erlassen, die sich dem Inhalt des deutschen Zahlungsverbots sinngemäß anschließt. Es sind sonach aus dem belgischen Okkupationsgebiete alle Zahlungen oder Wertüberweisungen, sei es, daß diese mittelbar oder unmittelbar erfolgen sollen, nach England oder 1“ verboten und alle Schulden an die feind⸗ ichen Länder zinslos gestundet. Zuwiderhandlungen gegen dieses Verbot werden ebenso wie der Versuch nach Kriegs⸗ recht bestraft. Die Befugnisse, die in der deutschen Ver⸗ ordnung dem Reichskanzler zustehen, sind für Belgien dem Generalgouverneur vorbehalten. Der Generalgouverneur kann sonach für Belgien auch Ausnahmen bezüglich des Zahlungsverbots zulassen. Als Hinterlegungsstelle für die geschuldeten Beträge zwecks Schuldbefreiung ist die Kasse der deutschen Zivilverwaltung 10 Brüssel vorgesehen. Der Schutz, den die deutsche Verordnung denjenigen natür⸗ lichen und juristischen Personen zuteil werden läßt, die in Deutschland ihren Wohnsitz oder Sitz haben, kommt auch den besetzten Teilen Belgiens zugute.

Die Zeitung „La Belgique“ teilt mit, daß der Ge⸗ andte Portugals Brüssel verlassen habe, um sich nach Havre zu begeben. Die Vertretung der portugiesischen Interessen ist dem brasilianischen Gesandten anvertraut worden.

Luxemburg.

Vorgestern trat die Kammer gemäß der Verfassung zu

einer ordentlichen Tagung zusammen. Die Groß⸗ herzogin hielt dabei eine Thronrede, in der sie laut Meldung des „W. T. B.“ sagte: Eiihn wirkliches Herzensbedürfnis führt mich heute in Eure Mitte. Wir alle sind erschüttert durch das furchtbare Schauspiel eines blutigen Krieges, in dem sich unsere Nachbarstaaten zerfleischen. Nach hundert Tagen eines entsetzlichen Kampfes kommt das Wort „Frieden“ noch auf niemandes Lippen. Wir können nur insofern intervenieren, als es sich darum handelt, die Verwundeten zu pflegen und das Heer der Leiden zu bekämpfen, die infolge des Krieges auch über unser Land bhereinbrechen. Unser Volk hat in dieser Be⸗ ziehung reichlich seine Pflicht getan. Unsere Neutralität ist verletzt worden und wir haben uas beeilt, ich und meine Regierung, dagegen Einspruch zu erheben. Wir haben diesen Emspruch zur Kenntnis der Garantiemächte gebracht. Die Kammer hat unsere Handlungsweise gebilligt. Obwohl verkannt, bleiben unsere Rechte durchaus bestehen. Es wurde uns für das uns zugefügte Unrecht eine Entschädigung ver⸗ sprochen und für den von den Truppen angerichteten Schaden wurden uns bereits Entschädigungsgelder ausgezahlt. Das Land fühll sich keines⸗ wegs von den Pflichten entbunden, die ihm durch die internationalen Ab⸗ machungen auferlegt werden, unser Einspruch bleibt bestehen. Wir halten ihn in seiner ganzen Tragweite aufrecht. Ich danke der Bevölkerung für ihre korrekte Haltung, durch die unliebsame Vorkommnisse ver⸗ hütet wurden. Wir werden unseren internationalen Pflichten nicht untreu werden. Unser Volk war wirklich glücklich, unser National⸗ lied zeugt dafür. Luxemburg hat den Beweis für sein Existenzrecht erbracht. Es will und muß fortfahren zu bestehen. Es ist Pflicht der Regierung, die öffentliche Gewalt in ihrem ganzen Umfange auf⸗ recht zu erhalten. Es ist für mich ein großer Trost, zu wissen, daß ich mich mit der Regierung, der Volksvertretung, und dem ganzen Volke eins fühle. Bleiben wir geeint! Inmitten der Ereignisse, wobei unsere Nachbarländer Wunder der Tapferkeit für die Größe und das Glück ihres Vaterlandes verrichten, wollen auch wir uns ganz für unser Vaterland einsetzen Gott schütze unser teures Vaterland!

Die Kammer wählte eine siebzehngliedrige Kommission, die eine Antwortadresse auf die Thronrede ausarbeiten und am Donnerstag der Kammer unterbreiten wird. Das bisherige

Präsidium wurde wiedergewählt.

8ZE1ö1““

Amerika.

Der mexikanische General Carranza hat den Bedingungen der Vereinigten Staaten von Amerika für die Räumung der Stadt Veracrus u estimmt.

b AUAssien. Die Ulemas von Kerbela und Nedschef haben, wie von „W. T. B.“ gemeldet wird, in der von den persischen Schiiten als heilig verehrten Stadt Nedschef an der Grabmoschee des Khalifen Ali vor vierzigtausend Personen, die dortein . worden waren, feierlich einen Fetwa ver⸗ ündet, in dem die Verpflichtung zur Teilnah me am Kriege erklärt wird. Einem vom „W. T. B.“ verbreiteten amtlichen Telegramm aus Peking zufolge sind die verheirateten Tsingtau⸗Kämpfer, deren Frauen in Peking sind, wohlauf. Einzelheiten fehlen.

Im ganzen Reich herrsche der unerschütterliche Entschluß, gleichviel um welchen

Die revolutionäre Bewegung in Aegypten hat dem „Corriere della Sera“ zufolge stark zugenommen. Der Augenblick sei für die unternehmungslustigen Beduinen günstig. Die Regenzeit schütze vor Wassermangel, und die Feldarbeit sei beendet. Hierzu komme die von Enver Pascha eingeführte militärische Organisation sowie die reichlichen Geldunter⸗ stützungen durch die ägyptischen Notabeln. Außer den Beduinen des westlichen Niltals bis Cyrenaika seien auch die Stämme jenseits des Nil empörungsbereit.

Kriegsnachrichten.

Westlicher Kriegsschauplatz.

Großes Hauptquartier, 12. November, Vormittags. (W. T. B.) Der über Nieuport bis in den Vorort Lombart⸗ zyde vorgedrungene Feind wurde von unseren Truppen über die Yser zurückgeworfen. Das östliche Yser⸗ ufer bis zur See ist vom Feinde geraͤumt. Der Angriff über den Merkanal südlich Dixmuiden schritt fort. In Gegend östlich Ypern drangen unsere Truppen weiter vorwärts. Im ganzen wurden mehr als 700 Fran⸗ S bBefangen sowie vier Geschütze und vier Maschinengewehre erbeutet.

Feindliche L westlich des Argonnen⸗ waldes und im Walde selbst wurden abgewiesen.

Oberste Heeresleitung.

Oestlicher Kriegsschauplatz. b

Großes Hauptquartier, 12. November, Vormittags.

.T. B.) Im Osten warf unsere Kavallerie östlich Kalisch die erneut vorgegangene überlegene russische Kavallerie zurück. Oberste Heeresleitung.

Wien, 11. November. (W. T. B.) Amtlich wird be⸗ kannt gegeben: Die Operationen auf dem nordöstlichen Kriegsschauplatz entwickeln sich plangemäß und ohne Störung durch den Feind. In dem von uns freiwillig ge⸗ räumten Gebiet Mittelgaliziens sind die Russen über die untere Wisloka, über Rzeszow und in den Raum von Lisko vorgerückt. Przemysl ist wieder eingeschlossen. Im Stryj⸗Tale mußte eine feindliche Gruppe vor dem Feuer eines Panzerzuges und überraschend aufgetretener Kavallerie unter großen Verlusten flüchten.

Der stellvertretende Chef des Generalstabes: von H oefer, Generalmajor.

Südlicher Kriegsschauplaz.

Wien, 11. November. (W. T. B.) Anktlich wird ge⸗ meldet: In den Morgenstunden des 10. November wurden die Höhen von Misar, südlich Sabac, nach viertägigem verlustreichem Kampfe erstürmt und hierdurch der feindliche rechte Flügel eingedrückt; es wurden zahlreiche Gefangene gemacht. Der Gegner mußte die stark befestigte Linie Misar —Cer Planina räumen und den Rückzug antreten. Starke feindliche Nach⸗ Sr leisten in vorbereiteten rückwärtigen Verteidigungs⸗ stellungen neuerdings Widerstand. Das Vorrücken östlich Losnica Krupanj geht fließend vorwärts, trotz heftien Widerstandes feindlicher Nachhuten. Die Höhen östlich Javlaka sind bereits in unserem Besitz. Soweit bisher bekannt, wurden in den Kämpfen vom 6. bis 10. d. Mts. ca. 4300 Mann gefangen, 16 Maschinengewehre, 28 Ge⸗ schütze, darunter 1 schweres, 1 Fahne, mehre Muniti wagen und sehr viel Munition erbeutet. 8

Der Krieg zur See.

„London, 11. November. (W. T. B.) Die Admi⸗ ralität meldet: Nachdem der Angriff auf den „Pegasus“ am 19. September anzeigte, wo sich die „Königsberg“ befand, veranlaßte die Admiralität die Zusammenziehung einiger schneller Kreuzer in den ostafrikanischen Gewässern. Die Schiffe suchten gemeinsam die See ab. Die „Königsberg“ wurde am 30. Ok⸗ tober von dem englischen Kriegsschiff „Chatham“ entdeckt; sie lag ungefähr 6 Meilen von der Mündung des Rufidschi⸗ Flusses gegenüber der Insel Mafia. Die „Chatham“ konnte wegen des größeren Tiefgangs die „Königsberg“ nicht er⸗ reichen. Wahrscheinlich sitzt der deutsche Kreuzer außer bei hohem Wasser auf Grund. Ein Teil der Bemannung der „Königsberg“ ist an Land gesetzt und liegt an dem Ufer ver⸗ schanzt. Sowohl die bueöe als der Kreuzer wurden von der „Chatham“ beschossen, aber üppige Palmenwaldungen verhindern festzustellen, welcher Schaden durch die Beschießung angerichtet wurde. Sodann wurden Schritte getan, um den Kreuzer in dem Fluß abzuschließen, indem in der einzigen Fahr⸗ rinne ein Kohlenschiff versenkt wurde. Nachdem der Kreuzer gefangen und unfähig ist, Schaden zu tun, wurden die schnellen Schiffe, die ihn verfolgt hatten, für den anderen Dienst frei.

Eine andere kombinierte Operation wurde seit einigen Tagen durch schnelle Kreuzer gegen die „Emden“ geführt. Dabei wurden englische Kreuzer durch französische, russische und japanische Kriegsschiffe und die australischen Kreuzer „Mel⸗ bourne“ und „Sydney“ unterstützt. Gestern ging ein Bericht ein, daß die „Emden“ bei den Kokosinseln angekommen sei und auf der Insel Keeling eine bewaffnete Abteilung ausgeschickt habe, um die drahtlose Station zu vernichten und das Tele⸗ graphenkabel abzuschneiden. Dort wurde die „Emden“ durch die „Sydney“ überrascht und zum Kampf genötigt. In dem heftigen Gefecht, das nun folgte, hatte die „Sydney“ drei Tote und drei Verwundete. Die „Emden“ wurbe auf den Strand getrieben und ist verbrannt. Den Geretteten wurde alle mögliche Hilfe geleistet.

London, 11. November. (Amtliche Meldung des Reuter⸗ schen Bureaus.) Der Kapitän des kleinen Kreuzers „Emden“ von Müller und der Leutnant zur See Franz Joseph Prinz von Hohenzollern sind beide kriegsgefangen und nicht verwundet. Die Verluste der „Emden“ betragen

daß den Ueberlebenden der „Emden“ alle kriegerischen Ehren zu erweisen sind, und daß der Kapitän sowie die Offiziere ihre Säbel behalten.

London, 12. November. (W. T. B.) Die englische Admiralität meldet, daß das englische Torpedo⸗Kanonen⸗ boot „Niger“ heute morgen auf der Höhe von Dover von einem deutschen Unterseeboot zum Sinken ge⸗ bracht wurde. Alle Offiziere und 77 Mann der Besatzung wurden gerettet.

(Das Kanonenboot „Niger“ ist 1892 vom Stapel gelaufen, hat 820 Tonnen Wasserverdrängung, etwa 20 Seemeilen Geschwindigkeit, zwei 12 cm⸗ und vier 4,7 cm⸗Geschütze und 85 Mann Besatzung.)

Tokio, 11. November. (Meldung des Reuterschen Bureaus.) Ein japanisches Torpedoboot ist heute vor Kiautschou beim Minensuchen gesunken. Der größere Teil der Besatzung ist gerettet worden.

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Der Krieg der Türkei gegen den Dreiverband.

Konstantinopel, 11. November. (W. T. B.) Amtliche Mitteilung aus dem Hauptquartier der Kaukasischen Armee: Unsere Armee greift die zweite Linie der russischen Stellungen an. Nach Angaben mehrerer Gefangener und russischer Deserteure befinden sich die Russen moralisch in einem schlechten Zustande. Ein französischer Kreuzer und ein fran⸗ zösischer Torpedojäger gaben einige Schüsse auf die Küste bei Phokia und Deirmendagh (2) und Smyrna ab. Als ihnen Widerstand entgegengesetzt wurde, entfernten sie sich. Es wurde kein Schaden angerichtet.

Verkehrswesen.

Weshalb hören die Klagen über die Feldpost nicht auf?

In einer Druckschrift „Die Klagen über die Feldpost“, die die Postbehörde vor einiger Zeit veröffentlicht hat, sind die Schwierigkeiten ausführlich geschildert, die sich bei der Feldpos⸗ in den ersten Wochen einem geregelten Betrieb entgegengestell

„Aber“, so hört man vielfach sagen, „der Krieg dauer nun schon mehrere Monate; die militärischerseits verhängte Briefsperren haben aufgehört; große Gewaltmärsche de Truppen, wie sie in der ersten Feit bei unseren Heeren an der Tagesordnung waren und die Zuführung der Feldpost oft un⸗ möglich machten, kommen jetzt nur noch gelegentlich vor

über Verluste von Feldpostsendungen nicht ab“.

für auch jetzt noch eine durchaus zuverlässige und überzeugende Erklärung, die die Feldpost nicht belastet, sodaß man die Ur⸗ sache in unvermeidlichen Begleiterscheinungen der kriegerischen Verhältnisse oder anderswo zu suchen hat?

Schon in den „Klagen über die Feldpost“ hat die Post⸗ verwaltung freimütig erklärt, daß, wie allenthalben im Leben, so auch im Feldpostbetriebe Versehen vorkommen können und zumal in der ersten Zeit vorgekommen sind. Da der Reichs⸗ post bei der Mobilmachung mit einem Schlage 70 000 Köpfe eingeschulten Personals entzogen wurden, an deren Stelle Neu⸗

weitere ungelernte Hilfskräfte eingestellt werden müssen; denn der Feldpostverkehr nimmt dauernd zu. Dabei ist gerade das

wärtig nicht weniger als nahezu 13 000 Einheiten, nach denen die Feldpostbriefe bei den Postsammelstellen sortiert werden müssen. Sehr nachteilig wirken auf den Feldpostbetrieb und den Ruf der Feldpost die vielen Mängel in der Adressierung und Verpackung der Feldpostsendungen. Die Bemühungen der Postverwaltung, durch immer wieder⸗ kehrende Hinweise in der Presse diesen Mißständen abzuhelfen, haben bisher keinen ausreichenden Erfolg gehabt. Täglich werden Tausende und aber Tausende von Feldpostsendungen, die den Anforderungen nicht entsprechen, weiter aufgeliefert. Da die Postverwaltung im Interesse des Publikums und unserer Krieger immer weiter auf diesem Gebiet ihre Werbetätigkeit fortsetzen wird, ist hoffentlich im Laufe der Zeit mit einem Rückgange der Zahl der unrichtig und undeutlich adressierten und ungenügend verpackten Feicpostsenbungan zu rechnen. Viel

menschlichen Natur entspricht es, daß bei den Schwierigkeiten, die die Niederschrift einer richtigen Feldadresse, namentlich den einfachen Leuten, oft verursacht, eine bedeutende Menge von nicht einwandfreien Feldpostbriefen dauernd vorhanden sein und eine Quelle für weitere Klagen und Beschwerden über die Feldpost bilden wird.

In sehr vielen Fällen tragen allerdings unsere Soldaten im Felde die Schuld an den von ihren ÄAngehörigen daheim angewandten mangelhaften Feldadressen, indem sie sie ihnen in dieser Form mitgeteilt haben. Von der Heeresverwaltung werden die Soldaten dazu angehalten, daß sie nur richtige Feldadressen nach Hause schreiben. Die Postbehörde unterstützt die hierauf gerichteten Bemühungen der Militärverwaltung, soviel sie dies nur kann. Zu dem Zweck stellen sich nicht nur die Feldpostanstalten durch Fingerzeige mancherlei Art in den Dienst dieser guten Sache. Auch namentlich in der Heimat wird bei den 20 Postsammelstellen und sämtlichen Oberpost⸗ direktionen bereitwillig dem Publikum darüber Auskunft erteilt, welche eine ihnen zur Prüfung vorgelegte Feldadresse etwa hat. Eine solche Rückfrage ist immer dann sehr nützlich, wenn der Feldangehörige draußen schreibt, daß er von daheim keinen Brief erhalte. Die Prüfung vieler Klagen dieser Art hat ergeben, daß fast regelmäßig eine falsche Feldadresse die Ursache war, und daß die Feldpost somit kein Vorwurf traf. Die Untersuchungen von Beschwerden zeitigen manchmal auf⸗ fallende Ergebnisse. Es ist vorgekommen, daß eine Militär⸗ person sich bei der Postbehörde darüber beklagt hat, daß sie während einer mehrwöchigen Dienstleistung bei der Munitionskolonne Nr. P, trotz sorgfältiger Mitteilung dieser Feldadresse an die Heimat beim Ausrücken, von zahlreichen Iriefen nicht einen einzigen erhalten habe. Die Untersuchung der Beschwerde durch die Postbehörde ergab, daß die Militär⸗ person niemals bei der Munitionskolonne Nr. X, sondern bei der Verpflegungskolonne Nr. X Dienst getan hat, von denen

jene auf dem östlichen, diese aber auf dem westlichen Kriegs⸗

schauplatze sich befand, und daß somit infolge der unrichtig nach Hause mitgeteilten Feldadresse alle Briefe für den Beschwerde⸗

200 Tote und 30 Verwundete. Die Admiralität hat angeordnet,

führer statt nach dem Westen nach dem Osten befördert wopben

gleichwohl reißen die Klagen über verspätete Ankunft und

linge traten, ist das gar nicht anders möglich. Auch fernerhin werden im Feldpostbetriebe Versehen unterlaufen, zumal immer

Feldpostsortiergeschäft besonders schwierig. Bestehen doch gegen⸗

Ihre Post läuft dann

sich vorerst für die Post nicht

wird dies aber nicht ausmachen. Der Unvollkommenheit der

schließlich als unbestellbar zurückzukommen. Es ist bemerkenswert, daß Irrtümer dieser und anderer Art in der Feldadresse, wie z. B. die Verwechslung der Nummer eines Armeekorps mit der einer Armee, auch gebildeten Leuten unterlaufen. Die Truppenbezeichnungen unseres Feldheeres sind sehr mannigfaltig. Viele von ihnen sind neu und deshalb der Allgemeinheit noch nicht geläufig. Dies gilt namentlich von den kleinen Formationen (Kolonnen), die erst bei der Mobilmachung gebildet worden sind. Hier ist deshalb eine sorgfältige Niederschrift der Feldadresse unter genauer Berücksichtigung der Nummer, die die einzelne Kolonne führt, besonders am Platze. Viele Verzögerungen von Feldpostbriefen an die Angehörigen solcher Kolonnen sind auch darauf zurück⸗ zuführen, daß die Mannschaften, wenn sich die Bezeichnung einer Kolonne geändert hat, dies nicht rechtzeitig oder nur mangelhaft nach Hause mitteilen.

Zahlreiche Fehler in den Feldadressen werden ferner da⸗ durch begünstigt, daß neben den Linientruppen Reserve⸗ und Landwehr⸗ usw. Truppen sowie u. U. auch Ersatzbataillone und Rekrutendepots mit hlfeher Nummer vorhanden sind. Ver⸗ wechslungen, die hierbei in der Briefadresse unterlaufen, haben um so empfindlichere Verzögerungen im Gefolge, als sich diese Secahes Truppenkörper vielfach in ganz verschiedenen Gegenden

efinden.

Ein Mittel zu finden, das die Anwendung richtiger Feld⸗ adressen unbedingt sichert, ist nicht leicht. Die Postbehörde hat neuerdings den Weg betreten, daß sie die Bestrebungen privater Hilfsbereitschaft unterstützt, Schreibstuben einzurichten, wo den mit den Versendungsbedingungen weniger vertrauten Personen Belehrung und Hilfe satecl wird. Die Oberpostdirektionen sind veranlaßt worden, geeignete Beamte, auch solche im Ruhestand, anzuregen, daß sie ihre Sachkunde in den Dienst dieser Schreib⸗ stuben stellen. Solche Schreibstuben werden zweckmäßig in den Schulen einzurichten und Abends zu unterhalten sein. Das von der Postbehörde vor einiger Zeit herausgegebene „Merk⸗ blatt für Feldpostsendungen“, das über alle einschlägigen Fragen, namentlich auch über die wichtigen Verpackungsvorschriften, Auskunft gibt, und das an jedem Postschalter zu haben ist, wird auch diesen Schreibstuben in ausreichender Zahl kostenfrei überlassen werden.

So ist die Postbehörde in der Heimat nach Möglichkeit bemüht, dem Publikum in Feldpostsachen zu helfen, zumal wenn es sich was allerdings bisher vielfach nicht geschehen ist mit seinen Klagen an die Post selbst wendet. Viele Personen haben es vorgezogen, ohne weiteres der Presse ihre Beschwerden zu übermitteln. Genützt hat ihnen dies wenig oder garnicht, weil die Redaktionen der Zeitungen einer Beschwerde über die Feldpost zumeist nicht auf den Grund gehen können, ins⸗ besondere fast immer außerstande sind, die Richtigkeit der an⸗ gewandten Feldadresse zu prüfen. Die Postbehörde ist als Dienerin und Trägerin des Verkehrs nur dankbar dafür, wenn man sie auf Unvollkommenheiten oder Versehen in ihrem Betriebe aufmerksam macht; sie wird dann gern dem Uebelstand ab⸗ zuhelfen suchen. Hierzu muß sie die Klagen im einzelnen kennen. Wenn Einzelfälle, die von Beschwerdeführern veröffentlicht werden, ohne Prüfung von zuständiger Stelle in der Oeffent⸗ lichkeit nicht nur für sachlich zutreffend erachtet, sondern vielfach auch noch verallgemeinert und damit in Angriffe gegen die Feld⸗ post umgewandelt werden, so entspricht dies nicht der Billigkeit, namentlich wenn man sich die mannigfachen Umstände draußen im Felde vergegenwärtigt, die, ohne daß die Feldpost ein Ver⸗ schulden trifft, Beschwerden im Gefolge haben. Schon in den „Klagen über die Feldpost“ ist auf eine ganze Reihe außer⸗ gewöhnlicher Verkehrsschwierigkeiten hingewiesen worden, die man im Frieden nicht kennt, und gegen die im Kriege auch der beste Praktiker nichts machen kann, weil sie durch die kriegerischen Verhältnisse hervorgerufen werden und deshalb auch in der Wiederkehr immer wieder von denselben schwer⸗ wiegenden Folgen für den Feldpostbetrieb begleitet sind. Von einschneidendster Bedeutung sind in dieser Hinsicht die vielen Truppenverschiebungen in kleineren und größeren Verbänden. Sehr im Nachteil mit dem Postempfang sind Truppenverbände, die kurz hintereinander den Armeeverband wiederholt wechseln. manchmal mehrere Wochen hinter ihnen her, weil’ die Zeit, wo sie wieder ein⸗ mal mit geheimem Marschziel verschwunden waren, einholen läßt. Ein anderes sehr störendes Verkehrshindernis für die Feldpost sind die vielen, meist unerwarteten und stets unfreiwilligen Auf⸗

enthalte auf den militärischen Etappenstraßen, hervorgerufen durch die Anwesenheit wichtiger Militärtransporte, die natürlich vor der Post den Vorrang haben. Einem Postsonderzug für eine Armee passierte es z. B., daß

er von Cöln bis an die Front 14 Tage brauchte, weil er wegen zahlreicher dringender Militärzüge auf verschiedenen Stationen immer wieder zurück⸗ gesetzt wurde. Man stelle sich ferner vor, welche Posten⸗ anhäufung und welche Benachteiligung des Feldpostbetriebs ein⸗ treten muß, wenn die täglich nach Belgien und Nord⸗ frankreich beförderte Feldpost, die nicht weniger als 40 vollbeladene Bahoͤpost⸗ und Post⸗Eisenbahnwagen ausmacht, unterwegs infolge militärischer Anordnung auch nur einige Tage verzögert, d. h. stehen bleiben muß. Wie im Feld⸗ postbetriebe, so kommen natürlich auch im Millitäreisenbahn⸗ verkehr gelegentlich Versehen vor. Eisenbahnwagen mit Feld⸗ sten können in senh nl⸗ fehlgeleitet, ja ganze Postsonder⸗ ge streckenweise falsch gefahren werden. Nur jemand, der nicht weiß, wie es dort draußen zugeht, kann sich darüber wundern oder klug reden. „Wir wundern uns nicht“, schrieb ürzlich ein Rittmeister und Führer einer Munitonskolonne, daß unsere von daheim erwarteten Liebesgabenpäckchen manch⸗ nal verspätet eintreffen, denn bei uns fährt die Feldpost zurzeit tatt Briefbeutel Munition. Da hilft kein Sträuben. Alles, was Beine hat, muß vorübergehend mithelfen“. Dieser fruppenteil wußte es, weshalb er seine Post nur unregel⸗ mäßig erhalten konnte. In der großen Mehrzahl der Fälle st die Ursache des verspäteten Posteneingangs auch der empfangenden Feldpostanstalt vorerst nicht bekannt und och weniger den abholenden Truppen. Natürlich wird die Verspätung dann auf das Konto „Feldpost“ geschrieben. Aber auch wenn die Feldpostanstalt genau die Ursache kennt, wie soll es jeder einzelne erfahren! Man stelle sich vor, die ifft von der Etappenstraße her bei der mobilen Feld⸗

uf mehreren Lastautomobilen oder Wagen ein.

Schon sind auch die Ordonnanzen der abholenden Truppenteile mit Fuhrwerken zur Stelle. Ein jeder empfängt die für sein Bataillon, seine Eskadron oder seine Batterie bestimmten Post⸗ cke, und schon sind die Ordonnanzen damit verschwunden, denn

Fia eriegf muß alles eilig gehen. Immer möglichst reinen Disch!

Man weiß nicht, was schon die nächste Stunde bringt. Lange Erklärungen darüber entgegenzunehmen, weshalb die Post

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so spät kam, dazu hat niemand Zeit. Die Hauptsache ist, daß sie da ist. Anders liegt der Fall nachher für den einzelnen Empfänger, der schon schmerzlich auf seinen Brief gewartet hat und nun natürlich in seiner Antwort mit der Feldpost scharf ins Gericht geht! 5 1b

In anderen Fällen ist die Feldpost eingetroffen, und die Sendungen stehen bei der Feldpostanstalt zur Abholung bereit; aber es kommt von einzelnen Truppenteilen niemand. Am nächsten Tage langt neue Post an. Die Ordonnanzen bleiben wieder weg. Inzwischen hat die Feldpostanstalt den Tele⸗ graphen spielen lassen, wenn es einen solchen gibt und dieser nicht von der Militärbehörde für den eigenen, wichtigen Meldedienst voll belastet ist. Auch der Telegraph bringt keine Erklärung, ebensowenig der von der Feldpostanstalt zum Suchen ausgesandte Kraftwagen. Niemand weiß, wo die Truppen sind. Sie sind „in Bewegung“, heißt es militärisch. So sam⸗ melt sich tagelang die Post bei der Feldpostanstalt an, und wenn dann schließlich die Truppen wieder auftauchen, liegen einige tausend Säcke zum Empfang bereit. Eine solche Post braucht dann freilich auch noch einige Zeit, bis so viele Wagen zur Stelle sind, daß sie von den Ordonnanzen abgebracht werden kann. Nun sind die Postbeutel bei der Truppe. Jedes Bataillon empfängt seinen Teil. Man beginnt die Briefe kompagnieweise zu trennen, da plötzlich Alarm! Das Quartier muß schleunigst geräumt werden. Es ist unmöglich, die umfangreiche Post mitzunehmen. Sie wird im Dorfe versteckt. Kurz darauf ist der Ort geräumt und die Post vergessen. Drei Wochen später es ist auch dies kein Phantasiegebilde, sondern durch nüchterne amtliche Meldungen von Feldpostanstalten belegt berührt ein anderer deutscher Truppenteil die Ortschaft. Er findet die Postsäcke, einige 30 an der Zahl, unberührt auf und liefert sie an die nächste Feld⸗ postanstalt ab, von wo aus sie nun ihren Weg zu den Truppen⸗ teilen, für die sie bestimmt sind, sei es unmittelbar, sei es auf Umwegen, nehmen. Die Empfänger aber der vielen Tausende von Briefen, die dergestalt vier Wochen älter geworden waren, gehörten 5 Landwehrregimentern an, waren also fast alle denen man es nachempfinden wird, was es heißt, einen Monat und mehr auf eine Nachricht von Hause warten zu müssen.

Aus diesen Beispielen erhellt, wie täglich Tausende von Feldpostbriefen aus diesem oder jenem Grunde ohne Verschulden der Post auf unrichtige Wege geraten und deshalb verspätet oder unter Umständen gar nicht ankommen. Das Publikum sucht gleichwohl in allen diesen Fällen die Schuld bei der Feld⸗ post und tritt mit seinen Klagen darüber nicht nur bei der Postbehörde, sondern namentlich auch in Bekanntenkreisen, in der Presse und sonst in der Oeffentlichkeit hervor. Kann nun jemand noch fragen, wie es möglich sei, daß die Klagen über die Feldpost noch immer nicht aufhören?

Im Reichspostgebiet ist die Zahl der Konto⸗ inhaber im Postscheckverkehr Ende Oktober 1914 auf 101 849 gestiegen (Zugang im Monat Oktober 482). Auf diesen Postscheckkonten wurden im Oktober gebucht 1732 Millionen Mark Gutschriften und 1745 Millionen Mark Lastschriften. Bargeldlos wurden 1871,3 Millionen Mark des Umsatzes beglichen. Das Gesamtgaguthaben der Kontoinhaber betrug im Oktober durchschnittlich 246,8 Millionen Mark.

Vom Reichs⸗Kursbuch erscheint eine neue Ausgabe an⸗ fangs Dezember 1914 zum Preise von 2 50 ₰, die die Fahrpläne des am 2. November in Kraft getretenen beschränkten Fahrplans für Deutschland und die Fahr⸗Friedenspläne des neutralen Auslandes, soweit sie zugänglich sind, enthält. Be⸗ stellungen nehmen sämtliche Postanstalten und Buchhandlungen entgegen. Der Postbezug für 4 aufeinanderfolgende Ausgaben ist zurzeit aufgehoben.

Kunst und Wissenschaft.

„A. F. In der letzten Sitzung der Gesellschaft für Erd⸗ kunde hielt der Professor Dr. Eugen Oberhummer aus Wien einen Vortrag über den englisch⸗ägyptischen Sudan, den er zuletzt im Winter 1913/14 besucht hat. Etnleitend wurde, als von besonderem Gegenwartsinteresse, des staatsrechtlichen Verhältnisses Aegvptens gedacht, das, solange es nicht im anerkannten Besitz Eng⸗ lands ist, staatsrechtlich der Türket untersteht. Aegypien ist seit 1517 vom Sultan Selim eroberter türkischer Besitz. Vorher stand es unter einem eigenen Sultan und gehörte zu dem Cbelifat von Bagdad, bis dies 1258 unter dem Mongolentum zusammenbrach. Da die aus Bagdad geflüchteten Nachkommen der Arbassiden freundliche Aufnahme am ägyptischen Hofe gefunden, ergab es sich in weiterer Folge, daß der ägyptische Herrscher den Titel Chalif annahm, welcher dann bei der vorgedachten türkischen Eroberung auf das Haus Osman überging. Als Provinz des turkischen Reiches hat Acgypten von 1517 bis zum ersten Drittel des letzten Jabrhunderts bestanden, wo es Mehemed Ali, einem albanesischen Türfen, gelang, in Auf⸗ lehnung gegen die Türkei und siegreichem Kiiege wider sie sich zum Pascha aufzuschwingen und für sich und sein Haus gewisse Vorrechte zu erringen. (An diesem Kriege hat be⸗ kanntlich unser Moltke teilgenommen.) Der zweite Nachfolger Mehemed Alis, Ismail Pascha, nahm dann 1867 den Titel „Chedive“, d. i. Herr, Gebieter, an und erreichte von der Pforte weitere Vorrechte, u. a. die Haltung einer eigenen Armee von 19 000 Mann und das Recht, vorbehaltlich der Genehmigung durch den Sultan, Verträge abzuschließen. Ismail hatte iedoch anzuerkennen, daß er die Regierung über Aegypten im Namen des Sultans führe, und darauf zu verzichten, eigene Gesandtschaften bei anderen Staaten zu halten, als fremde Gesandtschaften in Aegypten zuzulassen. So erklärt es sich, daß in dem einschließlich des Sudan eine Bevolkerung von 11 Millionen aufweisenden Nillande die europätschen Mächte nur Konsulate halten, welche den bei der Pforte beglaubigten Gesandrschaften unterstellt sind. Das gilt auch fa ngland, das gleich den anderen europätschen Staaten in Aegypten nur ein Generalkonsulat Aller⸗ dings werden diese Generalkonsuln tatsächlich wie tee- behandelt, wenn sie auch ihr Exequatur erst auf Grund eines Irade des Sultans erhalten. Da Aegypten die gleiche Flagge führt wie die Türket und die Hofsprache in Cairo das Türkische ist, da⸗ egen das Arabische die Amtssprache, so ist ersichtlich das Verhältnis Aegyptens als Vasallenstaat der Pforte streng aufrechterhalten ge⸗ blieven. Hiermit ist in scheinbarem Widerspruch die Stellung, Eng⸗ lands zu Aegypten. Eine staatsrechtliche Ordnung för sie ist niemals fest formuliert worden; nicht einmal in der losen Form des Protektorats, wie es Frankreich über Tunis, England über Uganda übt. In Aegypten besitzt England nur einen Generalkonsul, der aber wie bereits Lord Cromer in Wirklich⸗ keit der Herr im Lande war, es noch heute ist, wo Lord Kitchener, obgleich seit längerer Zeit gar nicht in Aegyvten wohnend srine Amtsgewalt rücksichislos ausübt, und den engltschen Einfluß auf alle Behörden auszudehnen gewußt hat. Hauptächlich ist es Kitchener geglückt, durch die Einrichtung des Knancial adviser (finanziellen Ratgebers, wie der heuchlerisch gewahlte Ausdruck lautet) in die Ministerien des Khedive einzu⸗ dringen. Somit hat z. Zt England in Aegypten die Gewalt tat⸗

sächlich in seinen Händen. Das alte Ackerbauland Aegypten, zur römischen Kaiserzeit die Kornkammer der Welt, ist während des amerifanischen Bürgerkrieges 1865, um Englands Baumwollindustrie von Amerika unabhängig zu machen, Baumwollerzeugungsland geworden, und man hat es um dieses Zweckes willen verstanden, durch glänzende Bewässerungsanlagen diese Kultur von den Unregelmäßigkeiten der Nil⸗ überschwemmungen unabhängig zu machen. In Wahrheit ist die ägvptische Baumwolle in kleinem Moßstabe schon im Mittelalter durch die Araber im Lande eingeführt, an Gute heute die erste und bis vor kurzem bestbezahlte der Welt; allein die gegenwärtigen kriegerischen Ereignisse können sehr leicht für diese Kultur eine schwere Krisis berbeiführen, eine Folge, die sich schon im Augenblick durch die Unmöglichkeit, die heutige Baumwollernte in Geld umzusetzen, ergibt und in London als ein mächtiger Faktor zur Erweckung von Unzufriedenheit in weiten Volkskreisen anscheinend nicht gehörig gewürdigt worden ist. Nicht immer war die Stellung Englands in Aegypten, so mächtig auch die Erwerbung des Suez⸗Kanals dort seinen Einfluß gefördert hatte, völlig unbestritten. Vor 20 Jahren noch arbeitete ein französisches Comité d'Egypte den englischen Interessen dort ent⸗ gegen, begründet auf alte Ansprüche Frankreichs auf eine Stellung am Nil. Es kam damals zu scharfer Nebenbuhlerschaft zwischen beiden Staaten eben dieser Ansprüche halber. Sie zeigten sich besonders bei dem Anlaß der bedrohlichen Faschoda Angelegen⸗ heit. Der Gegensatz aber fond bald seine Lösung, als Frank⸗ reich 1904 gegen den Verzicht auf Aegypten durch England freie Hand in Marokko zugesichert erhielt. Freilich ging zu dieser Zeit England die Verpflschtung ein, an den politischen Verhältnissen in Aegypten nichts zu ändern, eine Ver⸗ pflichtung, die es zu vergessen im Begriff steht. Trotz der unleug⸗ baren kulturellen Fortschritte, die Aegypten der englischen Herrschaft zu danken hat, besteht heute noch das Wort zu Recht, das vor dem Beginn und vor der sich zeigenden Wirkung dieser Kulturarbeit Lord Cromer in seinem Werke „Modern Egypt“ aus einem Briefe des be kannten indischen Staatsmanns Lord Lawrence anführt:„Wir sind nirgend beliebt (we are not liked anywhere).“ Auch jene kulturellen Fortschritte haben also den Engländern keine Frucht getragen. E besteht nach wie vor eine unüberbrückbare Kluft zwischen de mobammedanischen Bevölkerung Aegyptens und dem Herrenvolke vo der Themse, und es unterliegt wohl keinem Zweifel, so hoffen auch wir, daß dieser Gegensatz bald noch zu schärferem Ausdruck komme wird. Es leben nur 6000 bis 7000 Engländer in Aegypten, und dennoch kann es in der Armee kein Eingeborener zu einer führenden Stellung bringen, höchstena ist ihnen der Regimentskommanden erreichbar. In bezug auf Munition und Bewaffnung ist Aegypten von Enaland vollständig abhängig.

Unter dem „Sudan“ ist das Gebiet zu versteben bis 22. Grad n. B., bis Wadi Halfa, also von hier aus sich südlich erstreckend. Es ist im Osten begrenzt durch das Gebiet der italienischen Kolonie Erythraea, im Süden durch Uganda, im Westen vom französischen Innerafrika. Bei einer Ausdehnung von 2 ½ Millonen O adratkilometern

ist der Sudan fünfmal so groß als Deutschsand. Die Bevölkerungszahl ist

indessen heute nur auf etwa 3 Millionen zu schätzen. Von Lord Cromer wird in seinem oben angeführten Buch behauptet, daß sie zu Zeiten des Mahdi 8 Millionen rreicht habe. In den mörderischen Kriegen des Mahdi müssen die Menschenverluste ungeheuer gewesen sein. Ent⸗ sprechend hat auch der Wohlstand des Landes in dieser Zeit ungeheuere Einbuße erlitten. Um sich ein Bild von der Topographie des Sudans zu machen, tut man gut, ihn in die Gebiete „Nördliche Wüste“ und „Südliches Tropenwaldgebiet“ zu gliedern, zwischen denen es als Ueber⸗ gang eine „Warme Stepvenzone“ gibt. Die Gesteine sind zumeist nubischer Sandstein, doch auch Granit, der in den Burren der Nilkatarakte zutage tritt. Topographische Aufnahmen des Landes sind erst wenige angefertigt. Es gibt für den ganzen Sudan nur wenig genaue Orientierunasaufnahmen, an einer Aufnahme des Gebiets von Getireh südlich von Khartum wird z. Zt. gearbeitet. Jene ersteren Aufnahmen sind vergleichbar den bekannten „Recognoscence Maps“ vom ameri⸗ kanischen Westen. Die beiden obengenannten Gegeneätze in der Boden⸗ gestaltung des Sudans spiegeln auch Gegensätze in der Bevölkerung wider. Im Norden wohnt das helle nordafrikanische Element. im Süden eine Negerbevölkerung; außerdem enthält das Uebergangsland, die Steppenzone, eine semitische, mit hamitischen Elementen gemischte Bevölkerung. Die Neger sind durch den Nil in zwei Stämme ge⸗ schieden: die Schillukneger auf dem linken, die Dinka auf dem rechten Ufer des oberen Laufs des weißen Nils. Im mittleren Niltal zwischen Assuan und Dongola leben die Nubier. Ihr Hauptsitz ist Dongola. Die nubische Sprache ist eine hamitische, wenn auch offenbar Verwandtschaften mit den ostsudanesischen Sprachen des Gebietes von Kordofan bestehen. Nicht in Abrede zu stellen ist ein den Nubiern eigener negroider Zug. Eine große Anzahl schöner Lichtbilder begleitete den Vortrag. Neben der Fülle von Landschafts⸗ aufnahmen und den besonders charakteristischen Darstellungen von Volks⸗ 88 typen sind besonderer Hervorhebung wert: Der 2 km lange Staudamm von Assuan, die Ruinen von Phtlae, die aus der Zeit von Ramses II. stammenden Felsentempel von Abu Simbal und eine Ansicht auf Wadi Halfa. Der Sudan besitzt eine von Aegypten, dem er jetzt ange⸗ gliedert, etwas abweichende Sondergeschichte. In ihm ist, abweschend von dem staatsrechtlich als Vasallenstaat der Pforte bestehenden Aegypten, der Chedive tatsächlich souverän, aber er teilt vertrags⸗ mäßig seine Souveränität mit dem König von England, denn erst Mehemed Ali hat den herrenlosen Sudan in Besitz genommen, von ihm ist 1831 das sandsturmreiche Khartum unter 16 Grad n. B. begründet worden. Bekanntlich wurde diese Gründung in der zweiten Hälfte des Jahrhunders durch die Mahdisten jerstört; aber eine neue Stadt Khartum entstand aus den Trümmern der alten. In ihr leben neben Aegvptern und englischen Beamten viele griechische Kaufleute, während das westlich vom Nil (elegene Omdurman eine echt afrikanische Siedlung darstellt nach Maßgabe des bunten Volksgemisches, das hier seine Wobhnplätze auf⸗ geschlagen hat. Ein seiner Lage nach interessanter Platz ist Ras Khadtum, auf der Halbinsel gelegen, die sich zwischen weißem und blauem Nil an der Stelle ihrer Vereinigung erstreckt. Dem Sudan angehörig sind auch die Rutnen von Meroe, wohl der ältesten in dieser Abgelegenheit einst bestehenden Kultur⸗ stätte, die hier von 700 vor Chr. bis ebensoviel nach Chr. blühte. Sie ist bemerkenswert durch die bekannten kleinen Pyramiden mit den Vortempeln und Göͤtterbildern. Der gegenwärtig ansehnlichste Hafen des Gebiets ist Port Sudan am Roten Meer. Der etwas südlich davon gelegene, ältere arabische Hafen Suakin, der nicht arabisches Gepräge trägt, war im Mittelalter schon Hafenstadt. Die Bevölkerung ist heute indessen stark hamitisch, den Bijardi verwandt. Die am Schluß vom Vortragenden ausgesprochene Hoffnung, daß die zurzeit auch über die zukünftigen Verhältnisse Aegyptens wichtige Entscheidungen versprechenden Zeitereignisse eine sosche Lösung der espannten Verhältnisse bringen werden, mit der auch Deutschland zu⸗ seeden sein könne, fand lebhaftesten Beifall bei der Versammlung.

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8 Literatur.

Das Novemberheft der „Deutschen Rundschau“ (beraus⸗ gegeben von Bruno Hake) bringt nächst der Fortsetzung von Wilhelm Schäsers Rowan „Lebenstag eines Menschenfreundes“ den Schluß der Briesveröffentlichung des Majors Bernhard Schwertfeger (zugeteilt dem Großen Generalstab) „Vom Wiener Kongreß. Hermann Gunkel erörtert die Frage „Was haben wir am Alten Testament?“ Im Verlauf seiner Artikelreihe „Krieg und Technik⸗ untersucht Friedrich Lenz in einem zweiten Aufsatz „Die wirt⸗ schaftlichen Voraussetzungen des modernen Krieges“. Der Leipziger Kliniker Adolf v. Strümpell hat seinem Aufsatz das Thema „Körperliche und sittliche Kraft im Kriege“ zugrunde gelegt. Die „Tolstoi⸗Erinnerungen“ sind dbeigetht. Eine geschichtlich⸗volitische Abhanflung von Professor Wilhelm Michael über „Englands Politik und seine Streitmacht zu Lande dürfte gegenwärtig von besonderem Interesse sein, desgleichen eine ausführliche Besprechung des Re⸗ dentlowschen Werkes über „Oeutschlands auswärtige Politik“. Buch⸗ kritiken und eine Bibliographie beschließen das Hesft