1914 / 284 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 03 Dec 1914 18:00:01 GMT) scan diff

Die von den Aeltesten der Kaufmannschaft von Berlin im Börsengebäude, Berlin C., Burgstr. 25 I (wochentäglich: 12—2 Uhr) errichtete Zentralkriegsauskunftsstelle hat seit dem Viertel⸗ jahre ihres Bestehens über 1600 Anfragen erledigt, die sich, abgesehen von rei juristischen Auskünften, wesentlich auf die durch die Kriegsnot geschaffenen Verhättnisse im Kredit⸗, Wechsel⸗, Hypotheken⸗ und Miet⸗ verkehr bezogen, wozu noch zahlreiche Anfragen über Moratorien, Zahlungsverbote (gegen England, Frankreich, Rußland), Ein⸗ und Ausfuhrverbote, Einigungsämter u. a. m. kamen Das Material ist bis auf die neuesten amtlichen Eingänge der staatlichen und kommunalen Behörden sowie der privaten Hilfsinstitute ergänzt worden und steht den Nachsuchenden nebst den nöligen Formularen, soweit diese erhältlich

ind, zur Verfügung. 1 8 8 Der Abschluß der Siemens Halske A.⸗G. am 31. Jult 1914 zeigt laut Meldung des „W. T. B.“ einen Reingewinn von 11 151 907 (im Vorjahr 12 511 197 ℳ). Nach Berücksichtigung der Spezialreserve mit 2 000 000 ℳ, des Dispositionssonds mit 500 000 und nach Zuweisung von 900 000 für Gratifikationen an Angestellte und Arbeiter, alles wie im Vorjahre, soll der auf den 7. Januar einzuberufenden Eeneralversammlung eine Dividende von 10 % gegen 12 % im Vorjahr in Vorschlag gebracht und 1 214 810 (im Vorjahr 1 219 262 ℳ) auf neue Rechnung vorge⸗ tragen werden.

8 In der vorgestrigen Bilanzsitzung des Aufsichte rats der Sie⸗ mens⸗Schuckert⸗Werke, G. m. b. H., die laut Meldung des „W. T. B.“ zum ersten Male im neuen Verwaltungs⸗ gebäude in Siemensstadt tagte, wurde der Abschluß für den 31. Jult 1914 vorgelegt. Das erzielte Erträgnis häͤtte wiederum die Verteilung einer Dividende von 10 % ge⸗ stattet. Mit Rücksicht auf dem Ausbruch des Krieges wurde beschlossen, die Ausschüttung einer Dividende von 7 ½ % vorzuschlagen. Aus dem Reingewinn von 11 495 104 (im Vorjahre 13 847 970 ℳ) sollen wiederum 2 500 000 dem Reservefonds, 500 000 dem Dispositionsfonds zugeführt, 1 500 000 als Gratifikation für An⸗ gestellte verwendet und 245 104 (im Vorjahre 347 970 ℳ) auf neue Rechnung vorgetragen werden. .

Nach dem Jahresbericht der Leipziger Bierbrauerei zu Reudnitz Riebeck & Co. Aktiengesellschaft für das Ge⸗ schäftsjahr vom 1. Oktober 1913 bis 30. September 1914 brachten die ersten Monate des Jahres eine Absatzsteigerung, da der Rückgang bezw. Stillstand in der Industrie und der Bautätigkeit sich in dem erwarteten Umfange nech nicht überall geltend machte. Auch in den folgenden Sommermonaten konnte sich der Ausstoß auf der Höhe des Vorjahres halten, bis dann nach Ausdruch des Krieges die Monate August und September eine erhebliche Verminderung des Absatzes brachten, durch die auch das Ge⸗ winnergebnis ungünstig beeinflußt wurde. Die am 30. September 1913 ausgegebenen und voll gezahlten Vorzugsaktien im Nennbetrage von 3000 000 nehmen in diesem Geschäftsjahre erstmalig am Gewinn teil. Von der Kriegsanleihe erwarb die Gesellschaft 75 000 Reschsanleihe und 75 000 Schatzanweisungen. Den Famtlien der zum Heere einberufenen Beamten und Arbeiter gewährte sie zu den vom Staate und den Gemeinden gezahlten Kriegsunterstützungen bis auf weiteres regelmäßige Bethilfen. Um das lausende Geschäftsjabr nicht zu stark damit zu belasten, sollen 40 000 als Kriegsfürsorge in der Jahresrechnung zurückgestellt werden. Die Dividende beträgt 8 %. Im neuen Geschäflsjahre rechnet die Gesellschaft mit bedeutend höheren Gerstenpreisen, auch werde die Ausbeute der in diesem Sommer gewonnenen deutschen Gerste voraussichtlich geringer sein. Gerste aus Böhmen, die sonst in Deutschland für Brauzwecke in größerem Umfange verwendet wird, dürfte überhaupt nicht zu beschaffen sein. Andererseits sei die Gesellschaft mit einem großen Vorrat von vor⸗ züglichem Malz in das neue Geschäftsjahr eingetreten. Von neuem Hopfen habe sie bereits größere Posten über den Jahresbedarf hinaus zu billigen Preisen gekauft. Dagegen sei während des Krieges mit einem starken Rückgang des Absatzes bestimmt zu rechnen. .

dem Geschäftsbericht des Vorstandes der Ein⸗

iedler Brauhaus Aktiengesellschaft in Ein⸗

iedel für 1913/1914 war der Absatz bis Ende Juli ein ehr zufriedenstellender, sodaß sich bis dahin ein erheb⸗ icher Mehrausstoß feststellen ließ. Die mit dem Ausbruch des Krieges ingetretene allgemeine Stockung im geschäftlichen und im geselligen Leben beeinflußte auch die Gesellschaft, sodaß am Schlusse des Ge⸗ chäftsjahrs ein Minderabsatz von ungefähr 1000 hl gegen das Vor⸗ ahr zu verzeichnen war. In Rücksicht auf die völlig unabsehbare Ge⸗ chäftslage des begonnenen Betriebsjahrs bringt der Vorstand 4 % Dividende in Vorschlag. Das begonnene Geschäftsjahr brachte sehr illige Hopfenpreise. Andererseits sind die Malzpreise außergewöhnlich

. Da in Berücksichtigung der vorjährigen niedrigen Malzpreise nd sehr guten Beschaffenheit des Malzes erhebliche Eindeckungen über en Bedarf hinaus vorgenommen wurden, dürften die diesmaligen ngewöhnlichen Preise dieses Rohmaterials auf das Ergebnis von ge⸗ ingerem Einfluß sein. Das Resultat des laufenden Geschäftsjahrs werde in der Hauptsache von der Gestaltung der politischen Verhält⸗ isse abhängen.

2 8 häng 11. Dezember findet, laut Meldung des W. T. B.“ aus Essen, eine Beiratssitzung des Rheinisch⸗Westfälischen Kohlen⸗

yndikats Essen statt, auf deren Tagesordnung nur Geschäftliches teht. Im Anschluß daran wird eine Zechenbesitzerversammlung ab⸗ ehalten, die GGseglcttete für den Monat Januar des

ächsten Jahres festsetzen soll.

San Meates des „W. T. B.“ betrugen die Einnahmen der Anatolischen Eisenbahn vom 24. bis 30. September 1914: 227 792 Fr. (weniger 122 892 Fr.). Seit 1. Januar 1914: 7 629 391 Francs (weniger 1 213 649 Fr.). Die Einnahmen der Maze⸗ donischen Eisenbahn (Salonikt—Monastir) betrugen vom 24 his 30. September 1914: 41, 643 Fr. (weniger 18 410 Fr.). Seit 1. Januar 1914: 1 827 120 Fr. (gegen das Vorjahr weniger 189 774 Fr)

Berlin, 3. Dezember. Produktenmarkt. Die amtlich er⸗ mittelten Preise waren (für 1000 kg) in Mark:

Weizen geschäftslos. Roggen geschäftslos.

Hafer geschäftslos.

M ais geschäftslos. 3

Weizenmehl (für 100 kg) ab Bahn und Speicher Nr. 00 36 50 40,00. Fest.

Roglgenmehl (für 100 kg) ab Bahn und Speicher Nr. 0 und 1 gemischt 30,40— 31,50. Fest. 11XX“

Rüböl geschäftslos.

Berlin, 2. Dezember. Bericht über Speisefette von Gebr. Gause. Butter: Da die kleinen Zufuhren inländischer Butter nicht im entferntesten genügen, den, wenn auch nur schwachen Bedarf zu decken, mußte die Notierung den Forderungen des Auslandes ent⸗ sprechend wesentlich erhöht werden. Billige und mittlere Arten fehlen fast ganz. Die heutigen Notierungen sind: Hof⸗ und Genossen⸗ schaftsbutter Ia Qualität 162 165 ℳ, do. II a Qualität 155 162 ℳ. Schmalz: Die Läger sind andauernd gegenüber dem Bedarf zu klein, sodaß die Preise bei fester Tendenz noch immer steigend sind. Die heutigen Notierungen sind: Choice Western Steam 98,00 99,00 ℳ, dmerikansiches raffiniertes Schmalz 100,00 ℳ, Berliner Stadtschmalz Krone 99 50 104,00 ℳ, Berliner Bratenschmalz Kornblume 100,00 bis 104,00 ℳ. Speck: fest.

Kursberichte von auswärtigen Fondsmärkten.

London, 2. Dezember. (W. T. B.) Silber 23118, Privat⸗ diskont 2 ½ à 3 %. Bankausgang 1 000 000 Pfund Sterling zur Tilgung kleiner Noten. . 3

Bordeaux, 1. Dezember. (W. T. B.) 3 % Französische Rente 74,00, 5 % Russen von 1906 89,00, Spanische äußere Anleihe 81,00, 4 % Türken —,—, Aegypter unifizierte 83,00, Credit Lyonnais 1014, Suezkanal 3990, Panamakanal 95,00, Nord de l'Espagne —,—, Saragossa —,—, Rio Tinto 1270.

Amsterdam, 2. Dezember. (W. T. B.) Scheck auf Berlin 52,90 53,40, Scheck auf London 11,99 12,09, Scheck auf Paris 47,90 48,40.

New York, 1. Dezember. (W. T. B.) (Schluß.) Cable Transfers 4,8985, Wechsel auf London (60 Tage) 4,8675, Sicht⸗ wechsel Paris 5,1100, Sichtwechsel Berlin 85 ¼¾. Silber Bullion 49 8. Atchison, Topeka u. Santa⸗Fé 4 % Bonds 89 ½, Baltimore u. Ohio 4 ½ % Bonds 83 ⅜, Chesapeake u. Ohio 4 ½ % konv. Bonds —, Northern Pacific 3 % Bonds 64, Northern Pocific Prior Lien 4 % Bonds 88 ⅛, Southern Pacific konv. 4 % 1929 M/S Bonds 80 ⅜, Union Pacific konv. 4 % Bonds 85 ½.

Rio de Janeiro, 1. Dezember. (W. T. B.) Wechsel auf London 13 8. 8

8 Kursberichte von auswärtigen Warenmärkten.

London, 2. Dezember. (W. T. B.) Zuckermarkt. Tendenz stetig. Weißer Javazucker loko 25/9 26/—.

London, 2. Dezember. (W. T. B.) Kupfer prompt 56 ½.

2. Dezember. (W. T. B.) Roheisen für Kasse 52 sh. d.

shi ervam, 2. Dezember. (W. T. B.) Java⸗Kaffee ruhig, loko 46 v3. Santos⸗Kaffee für Dezember 33 ¼, für März 30,

ür Mai 29. für Mai (W. T. B.) Rüböl träge,

Amsterdam, 2. Dezember. loko 50 ¾, für Dezember 49 ¼.

New York, 1. Dezember. (W. T. B.) (Schluß.) Baumwolle loko middling 7,65, do. für Dezember 7,14 *), do. für März 7,49 **), do. für Mai 7,61 **), New Orleans do. loko middling 7516, Petroleum Refined (in Cases) 10,50, do. Standard withe in New York 8,00, do. in Tanks 4.50, do. Credit Balances at Oll City 1,45, Schmalz Western Steam 9,90, do. Rohe u. Brothers —,—, Zucker Zentrifugal 3,95, Weizen loko Nr. 2 Red. 126, do. für Dezember 122 ⅛, do. für Mai 129 ⅜, do. für Juli —,—, Mehl Spring⸗Wheat elears 5,15 5,25, Getreidefracht nach Liverpool 6, Kaffee Rio Nr. 7 loko 6 ¼, do. für Dezember 5,49, do. für März 5,79, do. für Mai 5,94, do. für Sn” 6,64, Kopfer Standard loko —,—, Zinn 33,00 33,35.

*) Alt. **) Neu.

Rio de Janeiro, 1. Dezember. (W. T. B.) Kaffee.

Zufuhren: in Rio 12 000 Sack, in Santos 58 000 Sack.

Mitteilungen des Königlichen Aöronautischen b Observatoriums,

veröffentlicht vom Berliner Wetterbureau. Drachenaufstieg vom 2. Dezember 1914, 7—9 Uhr Vormittags: Station Seehöhe 122 m 500 m 1000 m 1500 m 2000 m] 2700 m

Temperatur (Co) 7,4 6,5 3,2 0,8 1,0 5,4 Rel. Fchtgk. (0%) 89 84 84 68 58 68

Wind⸗Richtung 8 W W W W W W „Geschw. mps. 7 16 15 15 18

Himmel bedeckt. Zwischen 1580 und 1840 m Höhe überall 0,1 Gr. In 300 m Höhe WSW⸗Wind von 20 mps. Geschwindigkeit.

Wetterbericht vom 3. Dezember 1914, Vorm. 9 ¼ Uhr.

Wind⸗ 1n Wetter stärke

1

g in

Stunden mm

Witterungs⸗

verlauf der letzten

24 Stunden

Name der Beobachtungs⸗ station

Barometerstand auf 0 °, Meeres⸗ niveau n. Schwere in 45 ° Breite Temperatur in Celsius

Miederschla

24 Barometerstand in Stufenwerten *)

meist bewölkt meist bewölkt ziemlich heiter 1 vorwiegend heiter ziemlich heiter Vorm. Niederschl. meist bewölkt ziemlich beiter ziemlich heiter ziemlich heiter Vorm. Ntederschl. ziemlich heuer ztemlich heiter ziemlich heiter ziemlich heiter vorwiegend heiter ziemlich heiter vorwiegend better meist bewölkt

Borkum 754 7 SW Gbedeck . Keitum 753,7 S 7 wolkig Hamburg 758,5 S 5 wolkig Swinemünde 763 0 SSO 4 halb bed. Neufahrwasser 767,1 SSO 4 Nebel Memel 768,4 S 3 Nebel Aachen 759 5 SW bedeckt Hannover 760,2 S halb bed Berlin 764,7 S wolkig Dresden 766,3 SO halb bed. Breslau 768,3 SSO 4 wolkenl. Bromberg 767,2 S wolken! Metz Frankfurt, M. 765,1 Windst. Nebel Karlsruhe, B. 765,6 NO wolkig München 769,9 S wolkenl. Zugspitze 533,6 SW 7 heiter Wilhelmshav. 756,5 S 5 bedeckt Kiel 757,5 S 3 woltenl. Wustrow, M. 759,6 SS. halb bed. Königsberg Cassel Magdeburg 762,8 SO heiter Grünberg Schl 766,3 SSO 3 hener Mülhausen, E. 767,5 SW Z wolkig Friedrichshaf. 769,7 NO heiter Bamberg 767,3 S 2 balb bed Rügenwalder⸗ münde 764,3 S heiter Vlissingen 755,9 SSW 6 bedeckt Helder 753,6 S 7 bedeckt Bodö 748,7 W 2 wolkig Christiansund 737,0 SO K bedeckt Skudenes 739,3 S 9 bedeckt Vardö 738,9 Windst. wolkig Skagen 751,1 S 7 bedeckt Hanstholm Kopenhagen 758,1 SW 3 (Dunst Stockholm 758,9 S 4 wolkig Hernösand 754,1 SW A bedeckt Haparanda 750,0 SW 6 woltenl. Wisby 752,1 S 2 beiter Karlstad 754,1 S 4 bedeckt Hammerhus Livorno Budapest 774,3 N 1 bedeckt Wien 771,9 SO 3 Nebel Prag 770,8 SSO 1 Nebel Rom 775.6 N 1 heiter Florenz Cagliart 775,5 NNW 3 halb bed. Zürich 770,0 S 2sheiter Genf Se v2 Lugano 774,7 N bedeckt Säntis Brindisi Triest 774,4 Windst. bedeckt Krakau 771,8 NNO 1 bedeckt Lemberg Hermannstadt

*) Aenderung des Barometers (Barometertendenz) von 5 bis 8 Uhr Morgens nach folgender Skala: 0 = 0,0 bis 0,4 mm; 1 = 0,5 bis 1,4 mm; 2 = 1,5 bis 2,4 mm; 3 = 2,5 bis 3,4 mm; 4 = 3,5 bis 4,4 mm; 5 = 4,5 bis 5,4 mm; 6 = 5,5 bis 6,4 mm; 7 = 6,5 bis 7,4 mm; 8 = 7,5 bis 8,4 mm; 9 = t beobachtet. Bei negativen Werten der Barometertendenz (Minuszeichen) gilt deeselbe Chiffreskala.

Ein nordostwärts schreitendes Tiefdruckgebiet liegt über West⸗ und Mitteleuropa, sein Minimum von 735 mm liegt über dem Nordmeer; ein Hochdruckgebtet über 775 mm über Südrußland ent⸗ sendet einen Hochdruckausläufer nach Nordskandinavien. In Deutsch⸗ land ist das Wetter, außer im Nordwesten, ziemlich heiter und kälter; im Alpenvorland, wo schwacher Frost herrscht, ist es ruhig, sonst wehen schwache, an der Nordseeküste lebhaftere Südwinde; fast durchweg blieb es trocken. Deutsche Seewarte.

II 01

O”bglteS=Ooo0 b— bdo.0O000 e

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ziemlich heiter ziemlich heiter ziemlich heiter vorwiegend heiter ziemlich heiter

=

Vorm. Niederschl.

EG VSsdo —+½

—₰¼

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3 —2 —3

1 meist bewölkt 0 meist bewölkt anhalt. Niederschl.

2—2

meist bewölkt

:2

Weizen

Roggen

—— S. 8

Königsberg i. Pr.. Pantgh . Breslau.

Biberach a. Ri DsFtbctk . .. Altenburg S.⸗A. Hambura*) .

250 247 252 Chemnitz. v

1 254 255 268 271 228 231 217

Weizen

209 210 207 212 227 237 213 214

220 225 200 210 2

Roggen

10 do 1 & ,

Braugerste Futtergerste

gut

mittel mittel

gut mittel gering

16*“ 278 ͤͤ111111A12₰“*²“ 270 FEWber. ... 8 1 277

*) Angebote fehlen, Notierung ist nominell. Anmerkung. ¹) über 68 kg.

92 Kaiserliches Statistisches Amt. Delbrück.

240 V 284

zum Deutschen Reichsan

Zweite Beilage

Berlin, Donnerstag, den 3. Dezember

Deutscher Reichstag. itzung vom 2. Dezember 1914, Nachmittags 4 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

3 Am Bundesratstische: der Reichskanzler Dr. von Beth⸗ mann Hollweg, die Staatsminister, Staatssekretär des Reichsmarineamts, Großadmiral von Tirpitz, Staatssekre⸗ tär des Innern Dr. Delbrück, Justizminister Dr. Bese⸗ ler, Minister für Handel und Gewerbe Dr. Syd 0 w, Mi⸗ nister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Frei⸗ herr von Schorlemer, Minister des Innern von Loebell, Staatssekretär des Reichsschatzamts Kühn und Staatssekretär des Auswärtigen Amts von Jagow, ferner der Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke, der Staats⸗ sekretär des Reichskolonialamts Dr. Solf, der bayerische Ministerpräsident Dr. Graf von Hertling, viele Bevoll⸗ mächtigte zum Bundesrat und Kommissarien.

Der Präsident Dr. Kaempf eröffnet die Sitzung mit folgender Ansprache: „„

Meine Herren!, Nach, viermonatiger Vertagung heiße /ich Sie alle zu treuer Arbeit in diesem Hause willkommen, diejenigen aber unter uns, die mit in das Feld haben ziehen können und die aus dem Felde herbeigeeilt sind, um an den wichtigen Arbeiten des Reichs⸗ tages teilzunehmen, begrüße ich auf das allerherzlichste. (Lebhafte Zu⸗ stimmung.) Seitdem wir am 4. August unter dem gewaltigen Ein⸗ druck der auf uns einstürmenden Ereignisse uns getrennt haben, sind wichtige welthistorische Ereignisse eingetreten. Vor allem aber hat sich gezeigt, daß alle Gedanken des deutschen Volkes auf ge⸗ waltigen Krieg gerichtet sind in dem Vertrauen, daß die Einigkeit des deutschen Volkes alle Hindernisse überwinden werde, in dem Bewußt⸗ sein des Sieges, das getragen wird von der Stärke der militärischen Macht Deutschlands zu Wasser und zu Lande und von dem Bewußt⸗ sein der wirtschaftlichen Stärke des deutschen Vaterlandes. (Erneuter lebhafter Beifall.) Weit über zwei Millionen Kriegsfreiwilliger haben sich gestellt, und doch hat nur ein kleiner Teil von ihnen in die Armee eingereiht werden können. Aus unserer Mitte sind 65 Abgeordnete und 27 unserer Beamten zu den Fahnen gerufen, und der Erste aus unseren Reihen, der auf dem Schlachtfelde (samtliche Mitglieder des Hauses und des Bundesrats erheben sich von den Plätzen) den Tod für das Vaterland gefunden hat, war ein Kriegsfreiwilliger. (Beifall.) Alle diejenigen im Deutschen Reich, denen es nicht vergönnt ist, mit in den Krieg zu ziehen, wetteifern in den Werken, die dazu bestimmt sind, die Leiden des Krieges zu lindern, für die Familien unserer Sol⸗ daten zu sorgen, unseren tapferen Kriegern dort draußen ihre schwere Arbeit zu erleichtern und den Verwundeten, die keinen sehnlicheren Wunsch haben, als wieder in das Feld zu ziehen, Hilfe, Beistand zu leisten und die Herstellung von ihren Wunden zu ermöglichen. Eine Opferfreudigkeit sonder gleichen zieht durch das Land. Fürsten und Volk ohne Unterschied, alt und jung, Frauen und Männer Fürft keinen anderen Gedanken, als sich werktätig zu beteiligen an dem Kriege, der ein Volkskrieg ist im wahrsten Sinne des Wortes, ein Volkskrieg, an dem jeder für seinen Teil an der Stelle, an die er gestellt ist, verantwortungsvoll teilnimmt, mit der Verantwortung für das, was auf dem Spiele steht. Noch eine andere Aufgabe ist den⸗ jenigen zugefallen, die z Hause geblieben sind, Sorge und Aufrecht⸗ erhaltung des wirtschaftlichen Lebens. Verständnisvoll ist die Be⸗ völkerung dem Rufe gefolgt, durch Selbsthilfe den Gefahren des Krieges, die drohen, zu begegnen und durch weise Selbstbeschränkung dafür zu sorgen, daß die Gefahren nicht wachsen. Die großartige Organisation des Kredit⸗ und Geldwesens, die durch die Reichsbank herbeigeführt worden ist, findet ihren Gipfelpunkt in der erfolgreichen Zeichnung der Kriegsanleihe, die nicht weniger als 4 ½ Milliarden Mark in die Kassen des Reichs geführt hat. (Beifall.) Manch schwere wirtschaftliche Wunde ist für den einzelnen geschlagen, aber die Gesamtheit trägt auf starken Schultern das Gebäude unseres wirtschaftlichen Lebens. (Beifall.) Alles dieses zusammen bildet den Hintergrund, vor dem sich das gewaltige Drama dieses Krieges ab⸗ spielt. Nur vier Monate sind seit dem Beginn des Krieges ver⸗ flossen, und welche Fülle von L Ereignissen hat sich in dieser kurzen Spanne Zeit zusammengedrängt. Zu unseren Gegnern hat sich das japanische Reich gesellt, das für seinen Undank nur an⸗ führen kann Beutegier nach den Wahrzeichen deutscher Kultur, die wir in fernem Osten aufgerichtet haben, zum Besten der Kultur. (Beifall. Sehr richtig!) Dagegen ist den treuverbündeten Reichen Oesterreich-Ungarn und Deutschland ein Bundesgenosse erstanden in dem Osmanischen Reiche (Beifall), das entschlossen ist, die Bedrohung durch das englische Joch abzuschütteln in gleicher Weise wie die anderen Länder mit moslemitischer Be⸗ völkerung und durch die islamitische Bewegung die Grundfesten der Kolonialreiche unserer Gegner zu erschüttern droht. In den vier Monaten haben wir ganz Belgien, bis auf wenige Quadratkilometer im Westen besetzt und einen nicht unbedeutenden Teil des nördlichen und östlichen Frankreichs auf der Linie Verdun Lille bis zum Meere. Starke Festungen, die als uneinnehmbar galten, sind überwunden worden, Lüttich, Namur, Antwerpen und Maubeuge. In jeder Feldschlacht hat unser Heer den Feind geschlagen. Ich er⸗ innere nur an die Schlachten von Mülhausen in französisch Lo⸗ thpingen, im Osten bei Tannenberg, nördlich der Masurischen Seen, bei Lodz und bei Lowitsch, und alle diese Schlachten haben bewiesen, daß alle unsere Truppen, vom Ersten bis zum Letzten, daß unsere Linientruppen wie unsere Reserven, unsere Landwehr, unser Land⸗ sturm, daß Kavallerie, Artillerie, Pioniere und alle Spezialwaffen von dem gleichen Geiste beseelt sind. Mehr als einmal ist uns gesagt worden, daß unsere Truppen unter dem Gesange „Deutschland, Deutschland über alles“ die feindlichen Stellungen gestürmt haben. (Beifall.) Unserem Heere steht ebenbürtig zur Seite unsere Flotte. (Lebhafter Beifall). Das Herz geht uns auf, wenn wir uns an die Kreuzer „Göben“ und „Breslau erinnern, die, gezwungen den neu⸗ tralen Hafen zu verlassen, unter den Klängen der Wacht am Rhein

hinausgezogen sind in das von den feindlichen Flotten erfüllte Mittel⸗

meer. Das Herz geht uns auf bei dem Gedanken an unseren Kreuzer

„Emden (Lebhafter Beifall), der alle Meere unsicher gemacht hat,

obgleich er s und vor dem die Flotten unserer Gegner gezittert haben. erinnere an die Schlacht bei Coronel, wo eine überlegene zur See den Sieg davongetragen hat. (Beifall). Ich erinnere an die glorreichen Taten unserer Unterseeboote (Lebhafter Beifall), die heute den Schrecken der ganzen britischen Flotte und des ganzen britischen Volkes bilden. (Lebhafter anhaltender Beifall und Händeklatschen). Leider ist unser heimatlicher Boden nicht von den Schrecken des Krieges verschont geblieben. Teile von Elsaß⸗Lothringen, Teile von Ostpreußen zeigen nur zu deutlich die Spuren der kriegerischen Verheerung. Aber wir können nicht dankbar genug sein, daß im großen und ganzen der Krieg sich abspielt auf dem Gebiete unserer Feinde. (Beifall.) Wahr⸗ lich, wenn wir alles dieses uns vergegenwärtigen, drängt sich uns das Ge ühl der Bewunderung auf für unser Heer und unsere Flotte (Beifall), deren Taten sich ebenbürtig zur Seite stellen denen der dS; Ereignisse aller Zeiten und aller Völker. ö Beifall.) In, dieser Bewunderung bringen wir unseren Dank dar der obersten Leitung des Heeres und der 1 den Generalen und Admiralen, den Offizieren und den Mannschaften, die alle vom Ersten

elbst nur ein einzelnes verhältnismäßig kleines Schiff war,

bis zum Letzten mit unvergleichlichem Mute gekämpft haben und denen die feindlichen Stellungen selten haben standhalten können. (Beifall.) Wir schließen in diesen Dank ein die tapferen Bewohner unserer Kolonien, die in schwieriger Lage heldenmütig für das Deutschtum kämpfen. Wir danken nicht minder denen, die an höchster Regierungs⸗

stelle stehen, die eine ungeheure Verantwortlichkeit mit ihren Mit⸗

arbeitern tragen und eine gleich große Arbeitslast bewältigt haben und täglich bewältigen, die nicht hoch genug eingeschätzt werden kann im Interesse des deutschen Vaterlandes. (Beifall.) Wir danken allen den Deutschen, die freiwillige Arbeit mitübernommen haben, die Leiden des Krieges zu mildern und für unsere Verwundeten zu sorgen. (Beifall.) Schwer sind die Verluste an Verwundeten von vielen Tausenden, die für ihr ganzes Leben ein schweres Schicksal infolge des Krieges zu tragen haben, dieses Schicksal aber heldenmütig tragen. Schwer sind auch die Verluste an Menschenleben, die der Krieg fordert. Manch Frauenherz verzehrt sich in Kummer um den gefallenen Gatten und Bruder, manch Vater⸗ und Mutterherz verzehrt sich in Gram um die ihm entrissenen Söhne. Wir ehren ihren Schmerz und tragen ihn mit ihnen, das Vaterland aber dankt ihnen und ist stolz auf seine gefallenen Heldensöhne, die ihr Blut vergossen und ihr Leben hingegeben haben in dem Weltkriege, den wir um unsere Existenz zu führen haben, ein Weltkrieg, denn aus allen Weltteilen, Asien, Afrika, Australien, Amerika haben unsere Feinde ihre Vasallenheere auf den europäischen Kriegsschauplatz gezogen, um uns zu vernichten. Meine Herren, das schreckt uns nicht, im Vertrauen auf die Ge⸗ rechtigkeit unserer Sache wehren wir uns, wenn es sein muß, gegen die ganze Welt. (Lebhafter Beifall.) Unter der Fahne unseres Heeres, unter der Flagge unserer Flotte werden wir siegen. (Leb⸗ hafter Beifall.) Meine Herren, ich habe Ihnen dann noch einige Mitteilungen trauriger Natur zu machen. (Der Reichstag und die Mitglieder der Regierung erheben sich.) Am 23. September verschied in seiner Heimat der Herr Kollege Dr. Semler, gewählt für den 2. Wahlkreis Hannover, am 7. Oktober verschied in seiner Heimat unser Herr Kollege Ritter, gewählt für den 1. Wahlkreis des Re⸗ gierungsbezirk Bromberg, am 8. November verschied unser Herr Kollege Metzger, gewählt für den 3. Wahlkreis Hamburg, und am 20. November verschied unser Herr Kollege Dr. Braband, gewählt für den 6. Wahl⸗ kreis Schleswig⸗Holstein. Am 3. September ist unser Kollege Herr Dr. Frank⸗Mannheim, der beim Ausbruch des Krieges sich als Kriegs⸗ freiwilliger gestellt hatte, von einer Kugel in den Kopf getroffen und starb so in dem ersten Gefecht, das er mitgemacht hat. An dem Platz, an dem wir sonst seine markige Gestalt zu sehen gewohnt waren, liegt ein Lorbeerkranz, den der Reichstag seinem den Heldentod ge⸗ storbenen Kollegen gewidmet hat. Ich habe, nachdem ich die Nachricht von dem tragischen Ende unseres Kollegen erhalten hatte, der sozial⸗ demokratischen Fraktion das Beileid des Reichstags ausgesprochen.

Seitens des Herrn Stellvertreters des Reichskanzlers ist mir fol⸗

gendes Schreiben zugegangen: „Im Kampfe um Deutschlands Ver⸗ teidigung ist als erstes Mitglied des Reichstags der Abgeordnete Dr. Ludwig Frank auf dem Felde der Ehre er hat damit die Gesinnung, die er durch seinen Eintritt als Kriegsfreiwilliger bekundet hatte, mit seinem Tode besiegelt. Ich habe die Ehre, im Namen des Reichskanzlers dem Reichstag den Ausdruck des aufrichtigen Mit⸗ gefühls auszusprechen, und bitte, diesen Ausdruck ihm zu übermitteln.“ Ich danke dem Herrn Reichskanzler für den Ausdruck seiner warmen Anteilnahme an unserem tragischen Verlust. Meine Herren, Sie haben sich sowohl zu Ehren der in ihrer Heimat verstorbenen Mit⸗ glieder wie auch zu Ehren unseres auf dem Felde der Ehre gefallenen Kollegen Dr. Frank von Ihren Plätzen erhoben, ich stelle dies fest und danke Ihnen dafür.

Der Präsident Dr. Kaempf teilt darauf mit, daß er Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin zum Geburtstage die Glückwünsche des Reichstags übermittelt habe, und verliest das darauf eingegangene Danktelegramm Ihrer Maäjestät. Er verliest ferner das von ihm aus Anlaß des Falles Tsingtau an Seine Majestät den Kaiser und König gerichtete Telegramm, in welchem er die Gefühle des Reichstags aus diesem Anlaß kundgibt, und teilt mit, daß er darauf folgende Depesche Seiner Majestät erhalten habe:

„Ich danke Ihnen für den Ausdruck der Gefühle des Schmerzes und des Vertrauens auf die Zukunft, von welchen der Reichstag und alle deutschen Herzen angesichts des Falles von Tsingtau erfüllt sind. Die heldenmütige Verteidigung der in langjähriger Arbeit ge⸗ schaffenen Musterstätte deutscher Kultur bildet ein neues Ruhmes⸗ blatt für den Geist der Treue bis zum Tode, den das deutsche Volk mit seinem Heere und mit seiner Flotte in dem gegenwärtigen Ver⸗ teidigungskampfe gegen eine Welt voll Haß, Neid und Begehrlich⸗ keit schon so mannigfach, will's Gott, nicht vergeblich betätigt hat.

Wilhelm I. R.

Der Präsident gibt ferner den Wortlaut der Depesche be⸗ kannt, die er aus dem gleichen Anlaß an den Staatssekretär des Reichsmarineamts gerichtet hat, sowie die von letzterem an ihn gerichtete telegraphische Antwort. Der Präsident läßt sodann die telegraphische Solidaritätskundgebung verlesen, die der Vizepräsident des Ungarischen Abgeordnetenhauses ihm hat zugehen lassen, und ebenso die von ihm darauf namens des Reichstags gegebene Antwort.

Das Verzeichnis der inzwischen eingegangenen Vorlagen und der im Bundesrat eingetretenen Veränderungen wird ver⸗ lesen. Darauf tritt das Haus in die erste Lesung des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend die Feststellung eines zweiten Nachtrags zum Reichshaushaltsetats für 1914, ein, durch welchen weitere 5 Milliarden an Kriegskrediten gefordert werden.

Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg:

Meine Herren, Seine Majestät der Kaiser, der draußen bei der Armee ist, hat mich beauftragt, der deutschen Volksvertretung, mit der er sich in Sturm und Gefahr und der gemeinsamen Sorge für das Wohl des Vaterlandes bis zum Tode eins weiß, seine besten Wünsche und seine herzlichen Grüße zu überbringen (lebhafter Beifall), und zugleich in seinem Namen von dieser Stelle aus der ganzen Nation Dank zu sagen für die beispiellose Aufopferung und Hingabe, für die gewaltige Arbeit, die draußen und daheim von allen Schichten des Volkes ohne Unterschied geleistet worden ist und weiter geleistet wird. (Erneuter lebhafter Beifall.)

Auch unsere Gedanken gelten zuerst dem Kaiser, der Armee, der Marine, unseren Soldaten, die draußen auf dem Felde und auf hoher See für die Ehre und die Größe des Reiches kämpfen. (Bravo!) Voller Stolz und mit felsenfestem Vertrauen blicken wir auf sie (stürmischer Beifall im ganzen Hause), blicken wir zugleich auf unsere österreichischungarischen Waffenbrüder, die treu mit uns vereint in glänzend bewährter Tapferkeit den großen Kampf kämpfen. (Wiederholter stürmischer Beifall.)

zeiger und Königlich Preußi

en Staatsanzeiger.

Noch jüngst, meine Herren, hat sich uns in dem aufgedrungenen Kampfe ein Bundesgenosse gesellt, der genau weiß, daß mit der Ver⸗ nichtung des Deutschen Reiches es auch mit seiner eigenen staatlichen Selbstbestimmung zu Ende wäre; das ist das osmanische Reich. Wenn unsere Gegner auch eine gewaltige Koalition gegen uns auf⸗ geboten haben, so werden sie hoffentlich erfahren müssen, daß der Arm unserer mutigen Verbündeten bis an die schwächsten Stellen ihrer Weltstellung reicht. (Lebhafter Beifall.)

Am 4. August bekannte der Reichstag den unbeugsamen Willen des gesamten Volkes, den ihm aufgezwungenen Kampf aufzunehmen und seine Unabhängigkeit bis zum äußersten zu verteidigen. Seitdem ist Großes geschehen! Wer will die Ruhmes⸗ und Heldentaten der Armeen, der Regimenter, der Kompagnien und Schwadronen, der Kreuzer und Unterseeboote aufzählen in einem Kriege, der seine Schlachtlinien durch Europa, ja durch die Welt zieht! Erst eine spätere Zeit wird davon erzählen können. Aber fassen wir nüchtern, was ist.

Die unvergleichliche Tapferkeit unserer Truppen hat, trotz der ungeheuren Uebermacht unserer Feinde, den Krieg in Feindesland ge⸗ tragen. Dort stehen wir fest und stark da und können mit aller Zuversicht der Zukunft entgegensehen. (Lebhafter Beifall.) Aber, die Widerstandskraft des Feindes ist nicht gebrochen. Wir sind nicht am Ende der Opfer. Die Nation wird diese Opfer weiter tragen mit demselben Heroismus, mit dem sie es bisher getan hat, denn wir müssen und wollen den Verteidigungskrieg, den wir, von allen Seiten bedrängt, für Recht und Freiheit führen, bis zum guten Ende durch⸗ kämpfen. (Lebhaftes Bravo.) Dann wollen wir auch der Unbill ge⸗ denken, mit der man sich an unseren in Feindesland lebenden wehr⸗ losen Landsleuten, zum Teil in einer jeder Zivilisation hohnsprechen⸗ den Weise, vergriffen hat. (Stürmischer, wiederholter Beifall.) Die Welt muß erfahren, daß niemand einem Deutschen ungesühnt ein Haar krümmen darf. (Stürmisches, wiederholtes Bravo und Hände⸗ klatschen.)

Meine Herren, wenige Augenblicke, nachdem jene Sitzung vom 4. August zu Ende gegangen war, erschien der großbritannische Bot⸗ schafter, um uns ein Ultimatum Englands und nach dessen sofortiger Ablehnung die Kriegserklärung zu überbringen. Da ich mich damals zu dieser endgültigen Stellungnahme der britischen Regierung noch nicht äußern konnte, will ich jetzt einige Ausführungen dazu machen.

Die Verantwortung an diesem größten aller Kriege liegt für uns klar. (Sehr richtig!) Die äußere Verantwortung tragen die⸗ jenigen Männer in Rußland, die die allgemeine Mobilisierung der russischen Armee betrieben und durchgesetzt haben. (Sehr richtig!) Die innere Verantwortung liegt bei der großbritannischen Regierung. (Wiederholte lebhafte Zustimmung.) Das Londoner Kabinett konnte den Krieg unmöglich machen, wenn es unzweideutig in Petersburg erklärte, England sei nicht gewillt, aus dem österreichisch⸗serbischen Konflikte einen kontinentalen Krieg der Großmächte herauswachsen zu lassen. (Sehr richtig!) Eine solche Sprache hätte auch Frankreich gezwungen, Rußland energisch von allen kriegerischen Maßnahmen abzuhalten. (Erneute Zustimmung.) Dann aber gelang unsere

Vermittlungsaktion zwischen Wien und Petersburg, und es gab keinen

Krieg. England hat das nicht getan. England kannte die kriegs⸗ lüsternen Treibereien einer zum Teil nicht verantwo rllichen, aber mäch⸗ tigen Gruppe um den Zaren. (Allgemeine Zustimmung.) Es sah, wie das Rad ins Rollen kam, aber es fiel ihm nicht in die Speichen. Trotz aller Friedensbeteuerungen gab London in Petersburg zu verstehen, England stehe auf Seite Frankreichs und damit auch Rußlands. (Hört, hört!) Das zeigen klar und unwiderleglich die inzwischen erfolgten Publikationen der verschiedenen Kabinette, insbesondere das Blaubuch, das die englische Regierung herausgegeben hat. (Sehr richtig!) Nun gab es in Petersburg kein Halten mehr. Wir besitzen darüber das gewiß unverdächtige Zeugnis des belgischen Geschäfts⸗ trägers in Petersburg. Er berichtet Sie kennen seine Worte, aber ich will sie hier wiederholen —, er berichtet am 30. Juli an seine Regierung: Heute ist man in Petersburg fest überzeugt, und man hat selbst die Gewißheit davon, daß England Frankreich beistehen wird. Dieser Beistand ist von enormem Gewicht und hat nicht wenig dazu beigetragen, der Militärpartei die Oberhand zu verschaffen. (Lebhafte Rufe: Hört, hört!)

Bis in den Sommer hinein haben die englischen Staatsmänner ihrem Parlament versichert: kein Vertrag, keine Abmachung binde das schrankenlose Selbstbestimmungsrecht Englands, falls ein Krieg ausbrechen sollte. Frei könne Großbritannien sich entscheiden, ob es an einem europäischen Kriege teilnehmen wolle oder nicht. Also, meine Herren, war es keine Bündnispflicht, kein Zwang, es war auch keine Bedrohung des eigenen Landes, die die englischen Staatsmänner veranlaßte, den Krieg entstehen zu lassen und dann sofort selbst in ihn einzutreten. Dann bleibt nur übrig, daß das Londoner Kabinett diesen Weltkrieg, diesen ungeheuerlichen Weltkrieg kommen ließ, weil ihm die Gelegenheit gekommen schien, mit Hilfe seiner politischen Entente⸗ genossen den Lebensnerv seines größten europäischen Konkurrenten auf

dem Weltmarkt zu zerstören. (Stürmische Zustimmung im ganzen Hause.)

So, meine Herren, tragen diese beiden Staaten England mit Rußland zusammen über Rußland habe ich mich am 4. August ausgesprochen vor Gott und der Menschheit die Verantwortung für diese Katastrophe, die über Europa, die über die Menschheit herein⸗ gebrochen ist. (Lebhafte Zustimmung.)

Die belgische Neutralität, die England zu schützen vorgab, ist eine Maske. Am 2. August, Abends um 7 Uhrgteilten wir in Brüssel mit, die uns bekannten Kriegspläne Frankreichs zwängen uns, um unserer Selbsterhaltung willen durch Belgien zu marschieren. Aber schon am Nachmittage dieses 2. August, also bevor in London das geringste von unserer Demarche in Brüssel bekannt war und bekannt sein konnte, hatte England Frankreich seine Unterstützung zugesagt (hört, hört!), und zwar bedingungslos zugesagt für den Fall eines Angriffs der deutschen Flotte auf die französische Küste. Von der belgischen Neutralität war dabei mit keinem Worte die Rede. Diese