tanen sind,
nahme von Kriegsrohstoffen aus beschlagnahmten Beständen“*) werden von allen Postanstalten I. und II. Klasse vom 15. d. M. ab an das Publikum ausgegeben.
In einem Erlaß des Ministers des Innern wird 18 „W. T. B.“ zufolge mitgeteilt, daß den Kriegsgefangenen die Benutzung der Telegraphen⸗ und Fernsprechanlagen in keinem Falle zugestanden werden kann. Dagegen sei die Möglichkeit des J der Kriegsgefangenen nunmehr dahin erweitert worden, daß von jetzt ab auch in er Richtung aus Großbritannien Postanweisungen an britische riegsgefangene in Deutschland oder von deutschen Kriegsge⸗ fangenen in England nach Deutschland durch Vermittlung der niederländischen Postverwaltung zugelassen sind. In den Nieder⸗ landen werden die Postanweisungen in niederländisch⸗deutsche Postanweisungen umgeschkieben und portofrei weitergesandt.
Für das englisch⸗belgische Einvernehmen haben sich neue schwerwiegende Schuldbeweise gefunden. Die „Nord⸗ deutsche Allgemeine Zeitung“ teilt hierüber folgendes mit:
Vor einiger Zeit wurde in Brüssel der englische Legationssekretär Grant⸗Watson festgenommen, der im englischen Gesandtschafts⸗ gebäude verblieben war, nachdem die Gesandtschaft ihren Sitz nach Antwerpen und später nach Havre verlegt hatte. Der Genannte wurde nun kürzlich bei dem Versuch ertappt, Schriftstücke, die er bei seiner Festnahme unbemerkt aus der Gesandtschaft mitgeführt hatte, verschwinden zu lassen. Die Prüfung der Schriftstücke ergab, doß es sich um Aktenstücke mit Daten intimer Art über die belgische Mobilmachung und die Verteidigung Antwerpens aus den Jahren 1913 und 1914 handelte. Es befinden sich darunter Runderlasse an die höheren belgischen Kommandostellen mit der fakfimilierten Unterschrift des belgischen Kriegsministers und des belgischen Generalstabschefs, ferner eine Aufzeichnung über eine Sitzung der „Kommission über die Ver⸗ pflegungsbasis Antwerpens“ vom 27. Mai 1913. Die Tatsache, daß sich diese Schriftstücke in der englischen Gesandtschaft befanden, zeigt hinreichend, daß die belgische Regterung in militärischer Hinsicht keine Geheimnisse vor der englischen Regierung hatte, daß vielmehr beide Regierungen dauernd im engsten mtlitärischen Einvernehmen standen.
Von besonderem Interesse ist auch eine handschriftliche Notiz, die bei den Papieren gefunden wurde, um deren Vernichtung der eng⸗ lische Sekretär besorgt war. Sie lautet folgendermaßen:
Renseignements. 1) Les officiers frangais ont reçu ordre de rejoindre dès le 27 après-midi; 3 2) Le même jour, le chef de Gare de Feignies a recu ordre de concentrer vers Maubeuge tous les wagons fermés disponibles, en vue de transport de troupes. Communiqué par la Brigade de gendarmerie de Frameries. Hierzu ist zu b merken, daß Feignies eine an der Eisenbahn Mau⸗ beuge — Mons zirka 3 km von der belgischen Grenze in Frankreich ge⸗ legene Eisenbahnstation ist. Fameries ist an derselben Bahn in Belgien 10 km von der französischen Grenze gelegen.
Aus deeser Notiz ist zu entnehmen, daß Frankreich bereits am 27. Juli seine ersten Mobilmachungs maßnahmen ge⸗ troffen hat, und daß die englische Gesandtschaft von dieser Tatsache belgischerseits sofort Kenntnis erhielt.
Wenn es noch weiterer Beweise für die Beziehungen bedurfte, die zwischen England und Belgien bestanden, so bietet das auf⸗ gefundene Material in dieser Hinsicht eine wertvolle Ergänzung. Es zeigt erneut, daß Belgien sich seiner Neutralttät zugunsten der Entente begeben hatte, und daß es ein tätiges Mitglied der Koalition geworden war, die sich zur Bekämpfung des Deutschen Reichs gebildet hatte,. Für England aber bedeutete die belgische Neutraglität tatsächlich nichts weiter als ein „scrap of paper“, auf das es sich berief, soweit dies seinen Interessen entsprach, und über das es sich hinwegsetzte, sobald dies seinen Zwecken dienlich erschien. Es ist offensichtlich, daß die englische Regierung die Verletzung der belgischen Neutralität durch Deutschland nur als Vorwand benutzte, um den
Krieg gegen uns vor der Welt und vor dem englischen Volk als
gerecht erscheinen zu lassen. 88
Auf Grund der Schlußbestimmung der Anlage C zur Eisenbahnverkehrsordnung hat das Reichseisenbahnamt vecsn⸗ 7. d. M. einige Aenderungen der Nummern Ia. und II. verfügt.
Ia. Sprengstoffe. In den Eingangsbestimmungen A ist in der 1. Gruppe a. die Vorschrift über die Zusammensetzung von Astralit I und II geändert sowie der Förder⸗Sicherheitssprengstoff H nachgetragen, in der 2. Gruppe b. Gesteins⸗Leonit eingeschaltet worden. Im Abschnitt A 3 Gruppe der Sprengmittel sind Ver⸗ packungserleichterungen für nicht handhabungssichere Ammoniaksalpeter⸗ Sprengstoffe und Sprengstoffproben eingeführt.
II. Selbstentzündliche Stoffe. In Ziffer 2 ist Phosphor⸗ sesquisulfid nachgetragen.
Das Nähere geht aus der Bekanntmachung in Nr. 108 des Reichsgesetzblatts vom 10. d. M. hervor.
2ℳ
“ et ettgen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ sind die Ausgaben 273 und 274 der Deutschen Verlustlisten beigelegt. Sie enthalten die 102. Verlustliste der preußi⸗ schen Armee, die 119. und 120. Verlustliste der bayeri⸗ schen Armee, die 75. der sächsischen Armee und die 78. und 79. Verlustliste der württembergischen eI1IX“X“X““ v
Oesterreich⸗Ungarn.
1G Wien, 15. Dezember. Die „Wiener Zeitung“ veröffent⸗ licht eine Verordnung des Gesamtministeriums über den Erlaß eines Zahlungsverbotes gegen Rußland. b
1 Großbritannien und Irland.
Ein neues Naturalisierungsgesetz, das am 1. Ja⸗ nuar 1915 in Großbritannien in Kraft tritt, gibt, wie „W. T. B.“ meldet, dem Staatssekretär des Innern Vollmacht, Naturalisierungsscheine, bei denen der Ver⸗ dacht besteht, daß sie unter Vorspiegelung falscher Tat⸗ sachen erlangt wurden, für ungültig zu erklären. Wer sein Zertifikat nach der Annullierung nicht zurückerstattet, kann mit einer Geldbuße bis zu 100 Pfund bestraft werden. Das neue Gesetz erkennt Personen, die innerhalb des britischen Weltreichs geboren wurden, sowie Personen, die im Aus⸗ lande geboren wurden, deren Väter britische Unter⸗
ferner auf britischen Schiffen geborene als britische Untertanen an. Ein Kind britischer Untertanen ist als im Herrschaftsbereich des britischen Königs geboren zu betrachten, wenn es in einem Orte geboren wird, in dem der britische König Rechtsprechung über die britischen Unter⸗ tanen ausübt. Eine Person, die auf einem fremden Schiffe
—
5
geboren wurde, wird dadurch, daß sich das Schiff zur Zeit der Geburt in britischen Territorialgewässern aufhielt, nicht britischer Untertan. Als für die Naturalisierung geeignet zu betrachten sind Personen, die nicht weniger als fünf Jahre auf britischem Gebiete gelebt oder im Dienste der britischen Krone gestanden haben. Eine solche Person muß unbescholten sein, genügende Kenntnisse des Englischen be⸗ sitzen und die Absicht haben, wenn die Naturalisierung gewährt wird, auf britischem Gebiet zu wohnen oder in den Dienst der Krone zu treten, beziehungsweise diesen Dienst fort⸗ zusetzen. Eine naturalisierte Person besitzt alle Rechte eines britisch geborenen Untertanen, kann jedoch nicht Mitglied des Privy Councils und des Parlaments werden und ist auch von verantwortlichen zivilen und militärischen Aemtern ausgeschlossen.
Frankreich.
Der Finanzminister Ribot hat sich kürzlich in einer Unter⸗ redung über die Finanzlage geäußert und laut Bericht des „W. T. B.“ erklärt:
Wir lebten bis jetzt von Tresormitteln. Sie sind völlig ge⸗ nügend. Die Schatzscheimaausgabe erreichte letzter Tage 82 Millionen. Die gesamte Zeichnung wird eine Milliarde übersteigen und auch dann nicht anhalten. Wir brauchen daher für den Augenblick nicht zu einer Anleihe unsere Zuflucht zu nehmen und be⸗ halten uns vor, die Stunde selbst zu wählen, ein Beweis des Erfolges der großen nationalen Operation: Herabsetzung des Zinsfußes der dreimonatigen Schatzscheine von 5 auf 4 Proz. außer den Bons, welche vor dem 15. Dezember erneuert werden. Wir wollen dadurch unsern Zeichnern einen Vorteil geven. Die Bank Frankreichs belehnt Dreimonatbons ebenso wie Schatz⸗ scheine auf sechs Monate und ein Jahr. Endlich sehe ich in der Wiedereröffnung der Börse ein gutes Anzeichen. Man hatte uns so sehr Vorsicht gepredigt, daß nicht zu erwarten war, daß der Markt unter solchen Bedingungen der Ruhe und des Vertrauens wieder er⸗ öffnet werden würde.
— Wie die „Basler Nachrichten“ melden, haben die Franzosen aus Maasmünster und Umgebung 3000 Land⸗ sturmpflichtige im Alter von 17 bis 45 Jahren nach Avignon gebracht. Ihre Lage ist nach den eingetroffenen recht kläglich, viele von ihnen sind bereits schwer erkrankt. “
Die Anregung des Papstes, eine Waffenruhe über Weihnachten herbeizuführen, ist bei einer Mehrheit der kriegführenden Mächte auf günstigen Boden gefallen. Wie die „Kölnische Zeitung“ mitteilt, äußerten sich besonders Deutsch⸗ land und Oesterreich⸗Ungarn sofort zustimmend. Auch die Türkei war bereit, dem Wunsche der Kurie Rechnung zu tragen. Der Widerspruch gegen die päpstliche Anregung ging von Rußland und Frankreich aus, die bestimmt ablehnten, auf den Vorschlag einzugehen. Die Ablehnung Frankreichs er⸗ scheint in besonderem Lichte, da neuerdings die französische Politik den Anschein hervorzurufen suchte, als bringe sie mit Rücksicht auf das sogenannte katholische Protektorat Frankreichs im Orient, wie auch aus andern Gründen dem Vatikan freund⸗ lichere Gesinnungen entgegen. Durch ihre Zustimmung zu dem Vorschlage zeigten Deutschland, Oesterreich⸗Ungarn und die Türkei, daß sie für den religiös⸗humanen Gedanken, der dieser Anregung zugrunde liegt, volles Verständnis haben.
— Im Senat wurden gestern die Mitteilungen der Regierung besprochen. Alle Redner sprachen dem Kabinett Salandra das Vertrauen zu seinem Vorgehen aus, das den Interessen Italiens vollkommen entspreche, und billigten die Neutralitätserklärung. Nach dem Bericht des „W. T. B.“ führte u. a. der Professor Barzelotti aus:
Er billige die Erklärungen der Regierung, die gleich weit ent⸗ fernt von einer absoluten Neutralität wie von einem Krieg um jeden Preis seien, und wünsche, daß in einem günstigen Augenblick Italien intervenieren werde, nicht mit den Waffen, sondern durch eine mächtige und drohende Anregung zum Frieden, um zu verhindern, daß die Umwandlung der früheren geographischen und politischen Gestaltung sich zu seinem Nachteil entwickle. Wenn einerseits der siegreiche Vormarsch Oesterreich⸗Ungarns auf dem Balkan die Interessen Italiens schädigen würde, so set es andererseits unbestreitbar, daß bet der Vernichtung der Zentral⸗Kaisermächte das Adriatische Meer ein slavisches und das Mittelländische Meer ein englisch⸗französiches Meer werde. Das Land erwarte, daß es von der Regierung, zu der es Ver⸗ trauen habe, geführt werde. Um die Gefahren des Heraustretens aus der Neutralität zu kennzeichnen, genüge es, auf die Anhänger einer Intervention einzugehen. Mit Ausnahme eines Teils der liberalen
Partei, die von falschen Voraussetzungen sich leiten lasse, seien die⸗
Fürsprecher des Krieges nur antikonstttutionelle Leute. Es seien die Antimilttaristen von gestein, die in dem Kriege eine Gelegenheit sebhen und suchen, die innere Lage zu verändern, und die ihren revo⸗ lutionären und anarchistischen Gärungsstoffen Luft machen wollen. Der Redner wies dann auf die schwere Gefahr hin, die besonders den Kolonien Italiens durch die Türkei drohe, falls Italien auf seiten der Tripleentente am Kriege teilnehme, und fuhr fort: „Die Rech⸗ nung, die viele über den Ausgang des Kampfes und die Be⸗ dingungen aufstellen, unter denen sich derjenige befinden würde, der am Kriege nicht teilnimmt und der ohne Kom⸗ pensationen bleibt und ausgesetzt ist dem Urteilsspruch der Sieger, ist naiv, denn sie sieht die vollkommene Besitegung einer der beiden Parteien voraus. Daß, wie auch immer es sei, diese Nieder⸗ werfung nicht wahrscheinlich bei derjenigen Partei eintreten wird, von der es einige hoffen, das kann man aus dem Heldenmut schließen, mit dem Deutschland Krieg führt. Grundlegende Erwägungen sprechen gegen eine Intervention, die die Macht der auf den Meeren rivali⸗ sierenden Staaten vermehren könnte. Gründe der Moral und des polttischen internattonalen Anstandes widerraten, den Verbündeten den Gnadenstoß zu geben.“
— Der „Sole“, das hervorragendste täglich erscheinende Finanz⸗ und Handelsblatt, bespricht die handelspolitischen Folgen des Krieges für Italien und kommt dabei zu dem Schlusse, daß Italiens Interessen durch einen Sieg Englands und Frankreichs keine Förderung erfahren würden.
Beide hätten, so führt das Blatt aus, schon jetzt die Herrschaft im Mitte meer an sich gerissen und würden dann noch stärker von ihren Wachtposten Gibraltar, Suez, Bizerta und Malta auf Italien drücken können und ihm jede Entwicklungsfähigkeit rauben. Eine Verstärkung der deutschen Flotte im Mittelmeer würde dagegen zur Herstellung des Gleichgewichts unter den Großmächten zum Vorteil Italtens beitragen. Wahrscheinlich könnten dann, da keine Verringerung der Machtstellung Italiens in der Adria zu be⸗ fürchten ist, durch friedliche diplomatische Verhandlungen auch dies⸗ bezügliche Wünsche Italiens ihre Erfüllung finden.
4
Niederlande.
Zu der gestrigen Meldung über die Internierung des Dampfers „Delia“ wird von unterrichteter Seite mit⸗ geteilt, daß es sich um eine vorher mit den deutschen Behörden verabredete, durchaus normale Maßnahme handelt. Der Dampfer wird während der Internierung ausgebessert.
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— In der Nähe der westseeländisch⸗flämischen Grenze ist ein englischer Zweidecker, der noch eine Bombe bei sich hatte, infolge Maschinenschadens gelandet. sein Flugzeug wurden interniert.
Schweiz.
Der Bundesrat hat beschlossen, das Aus fuhrverbot sofort auszudehnen auf baumwollene und leinene Lumpen, alte Tauwerk und andere zur Papierfabrikation taugliche Abfälle auf Makulatur und Lumpenhalbstoff, auf Kaolin, Linsen⸗ feldstecher, Prismenfeldstecher, gereinigtes Fichtharz, Kolo⸗ phonium, Kerzen, mit Ausnahme von Baumkerzen, Seifen und Waschmittel.
— Das Pressebureau des Schweizerischen Generalstabes plant, wie „W. T. B.“ meldet, aus Anlaß der leichtfertigen Verbreitung von Gerüchten über angebliche Greueltaten deutscher Truppen durch schweizerische Bürger eine vorläufige Untersuchung auf Grund der Militärstrafprozeß ordnung und zitiert dabei eine bundesrätliche Verordnung vom 10. August 1914, die für derartige Fälle eine Bestrafung vor⸗ sieht. Das Pressebureau führt zwei Beispiele an, unter diesen das Gerücht, deutsche Schwestern des Roten Kreuzes hätten Verwundeten Gift anstatt Serum eingeimpft. Dieses Gerücht habe sich, wie die andern, als gänzlich haltlos herausgestellt. Die Mitteilung schließt:
„Ohne aus der Reserve der Neutralität herauszutreten, kann die Militärbehörde nicht umhin, angesichts so lehrreicher Beispiele der Presse und der Bevölkerung klar zu legen, gegen sosche Sensations⸗ nachrichten auf der Hut zu sein. Die geistige Wappnung gegen tendenziöse Beeinflussung gehört mit zu den Aufgaben der Neu⸗
tralität.“ Schweden. .
Auf Einladung des Königs von Schweden wird dem
„Svenska Telegrambyran“ zufolge am 18. d. M. eine Zu⸗ sammenkunft zwischen den Königen von Schweden, Dänemark und Norwegen in Malmö stattfinden. Die Könige werden von ihren Ministern des Auswärtigen begleitet sein. Diese Zusammenkunft, die ein Ausdruck für das gute
Verhältnis zwischen den drei nordischen Reichen und für die zwischen ihnen bestehende vollständige Einigkeit ist, ihre bis jetzt beobachtete Neutralitätspolitik aufrechtzuerhalten, bezweckt ins⸗ besondere, Gelegenheit zu geben, sich über die Mittel zu be⸗ kommen könnten, um die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die der Kriegszustand für die drei Länder mit
raten, die in Frage
sich bringt, zu begrenzen und zu hemmen. Türkei. Die Eröffnung des
der anderen Prinzen und des Generalobersten Freiherrn von der Goltz erschienen war, des Khediven, der hohen Geistlichen,
an ihrer Spitze der Scheich ul Islam, der Ulemas der Staats⸗ und Hofwürdenträger, der Generalität und der Diplo⸗ matie in feierlicher Weise stattgefunden. Nach der Begrüßungs⸗ zeremonie wurde die Thronrede des Sultans verlesen, die
laut Bericht des „W. T. B.“, wie folgt, lautet:
Ich sage Gott Dank, daß er in seiner Gnade mir erlaubt hat, nach der dritten Erneuerungewahl die erste Session der National⸗ versammlung zu eröffnen und heiße Sie willkommen.
keiten zuvorzukommen, indem wir die schwebenden Fragen zu beseitigen
suchten, die von Zeit zu Zeit unsere Beziehungen zu den Mächten
Forischritten im Innern
trubten, und den Reformen und einen frischen Aufschwung des Balkankrieges sobald wie möglich zu heilen, als plötzlich die große Krise ausbrach, die aus einem Angriff in großem Maßstabe gegen den allgemeinen Frieden in Europa entsprang. der Verteidigung und Wahrung unserer politischen Rechte und Inter⸗ essen natürlich alles andere in den Hintergrund drängte, habe ich zugleich mit der Erklärung unserer Neutralität die allgemeine Mobil machung aller unserer Land⸗ und Seestreitkräfte befohlen. Während unsere Kaiserliche Regierung fest entschlossen war, in ihrer bewaffneten Neutralität zu verharren, wurde unsere Kaiserliche Flotte im Schwarzen Meere von der russischen Flotte angegriffen, und begannen England und Frankreich sodann tatsächlich die Feindseligkeiten, indem sie Truppen und Schiffe an unsere Grenzen schickten. Daher habe ich unter der Gnade Gottes und mit Hilfe des Propheten den Kriegszustand gegenüber diesen Mächten erklärt und den Vormasch meiner Truppen, die sich an den Grenzen befanden, befohlen. Da die Notwendig⸗ keit, mit bewaffneter Macht die Zerstörungspolstik abzuwehren, die zu allen Zeiten von Rußland, Frankreich und England gegen die islamische Welt verfolgt worden ist, den Charakter einer religiösen Verpflichtung angenommen hat, habe ich in Uebereinstimmung mit den betreffenden Fetwas alle Muselmanen zum Heiltgen Krieg gegen diese Mächte und diejenigen, die ihnen zu Hilfe kommen würden, aufgerufen. Der Mut und die Tapfer⸗ keit, von der meine kaiserlichen Heese an den Grenzen und unsere Flotte im Schwarzen Meere Beweise geben, werden den hervorragendsten Platz unter den Heldentaten unserer Ge⸗ schichte einnehmen. Die Ordnung und der Eifer, mit dem man dem Mobilmachungsbefehl folgte, und die außerordentlichen An⸗ strengungen zur Bereitstellung der für die Armee nöttgen Vorräte, haben bewiesen, daß unsere Nation einen durch die Vaterlandsliebe zusammengehaltenen Block bildet, zum Heile unseres Vaterlandes. Diese schöne Handlungsweise patriotischer Hin⸗ gebung ist ein wahrhaft würdiges Beweismittel. Ich hoffe, daß unsere Volksvertretung in ihren Entschließungen und Arbeiten mir Proben von Einigkeit und Eintracht geben wird, und erwarte, daß sie rasch die notwendigen Aenderungen der Verfassung und die militärischen Kredite prüfen wird, die ihr durch unsere Exekutivregierung vorgelegt werden, ebenso wie andere Gesetzentwürfe, über die sie in gleicher Weise zu ent⸗ scheiden haben wird. Ich bin überzeugt, daß unsere Kräfte zu Lande und zu Meer ebenso wie die muselmanischen Kämpfer, die zum Heiligen Kriege gegen England, Frankreich und Rußland zu den Fahnen gerufen worden sind, glänzende Siege in Asien und Afrika den Siegen hinzufügen werden, die nacheinander in Europa von den glorreichen Armeen unserer Verbündeten, Deutschlands und Oester⸗ reich⸗Ungarns, gegen die gemeinsamen Feinde errungen worden sind, und daß der Allmächtige eine Zukunft voll Glück und Ruhm unserem Reiche ebenso wie den Muselmanen der ganzen Welt bescheiven möge, die die Waffen ergriffen haben, um Recht und Gerechtigkeit zu verteidigen. Die besonderen Vorrechte, die ehedem durch unsere Regierung den Fremden eingeräumt worden sind, haben mit der Zeit ihren Charakter und ihre Bedeutung verloren und eine schädliche, gegen unser Hoheitsrecht gerichtete Form angenommen. Ich habe also die Unterdrückung aller dieser Vorrechte angeordnet, die mit keinem Prinzip des Völkerrechts vereinbar waren und unter der Bezeichnung „Kapitulationen“ zusammengefaßt wurden. Ich habe im Gebiete meines Reiches nach dem Muster anderer Länder für die Behandlung der Fremden und ihre Fgeleh heiten die Bestimmungen des internattonalen Rechts eingeführt. ch stelle mit Befriedigung fest, daß unsere Beziehungen zu den Staaten, die am allgemeinen Kriege nicht teilgenommen haben, aufrichtig und freundschaftlich sind, und daß sie es insbesondere sind zu unserem Nachbarn Bulgarien.
Der Flieger und 5 S8 8 8e.
Redner aus, bestehe darin,
Parlaments hat gestern in . Gegenwart des Sultans, der in Begleitung des Thronfolgers,
Wir waren dabei, alle Anstrengungen zu machen, um den auswärtigen Schwierig⸗
zu geben, um die Verluste und Uebel .
Da die Frage Frag gebiet geschafft worden
E5
Die Verlesung der Thronrede wurde der Tradition ent⸗ sprechend schweigend entgegengenommen. Das ihr folgende Gebet wurde zum ersten Male im türkischen Parlament in arabischer Sprache gesprochen.
Nach der Abfahrt des Hofes und des diplomatischen Korps begann die erste Sitzung unter Leitung des früheren Prä⸗
sidenten Halil Bei, der in seiner Eröffnungsrede daran er⸗ innerte, wie die Türkei zum Krieg gezwungen worden sei.
Der Unterschied mit dem Kriege, so führte der
daß sehr starke Gründe die Ueberzeugung der Osmanen, daß sie siegreich sein würden, stützen. Die Balkan⸗ staaten hätten die Türkei mitten in der Revolution und einer Um⸗ wandlung aller politischen Verhältnisse angetroffen und deshalb von ihnen selbst nicht erträaumte Siege erringen können. Diesmal aber
sei die Mobilmachung im rechten Augenblick angeordnet und in Ord⸗
nung vollendet worden. Alle, die Reichen wie die Armen, griffen zu den Waffen. Die türkischen Armeen, die den Feind aus furchtbar starken Stellungen mit dem Bajonett verjagten, sähen heute die ruhmreichsten Traditionen ihrer Geschichte wieder aufleben, und selbst die Feinde seien gezwungen, dies anzuerkennen. Der Krieg von heute gelte nicht der Lösung einer einzelnen Frage, nicht der iederherstellung der angegriffenen Nationalehre, es sei kein vorübergehender Krieg zur Verteidigung einer Provinz, sondern ein Kampf um die Egxistenz. Daher müßten denn auch alle sich in Treue und Vaterlandsliebe um den Herrscher scharen und mit Einsetzung alles dessen, was sie hätten und wären, im Kriege durch⸗ halten, bis ein dauerhafter Frieden gesichert sei, der noch den Enkeln erlaube, ihre zivilisatorischen Pflichten ungestört zu er⸗ füllen. Früher habe die Türkei den Moskowitern, die seit zweieinhalb Jahrhunderten in dem tyrannischen Verlangen, den Orient zu be⸗ herrschen, mit einem Fuße gegen die Meerengen und Konstantinopel, mit dem anderen gegen das Baltische Meer vorschreitend, die Türkei angegriffen hätten, nur ihre Brust und ihre Waffe allein entgegen⸗ zusetzen gehabt. Künftig aber würde sie die Zivilisation und die Freiheit des Okzidents und Orients im Bunde mit den Deutschen, die nicht nur auf dem Schlachtfelde, sondern auch auf wirtschaftlichem Gebiete und dem der Verwaltung und Organisation die Ueberlegenheit ihres Geistes bewiesen hätten, und mit ihrem großen und siegreichen Verbündeten, den Oesterreichern und Magyaren, verteidigen. Er sei sicher, daß nach dem Kriege auch die Heencsben und Engländer, die mit Bitterkeit erkennen würden, daß die Fortschritte der Deutschen nicht mit Gewalt vernichtet werden könnten, eine Einigung mit der Türkei suchen würden. Halil Bei schloß mit ergreifenden, an die türkische Armee und Marine und an die tapferen Armeen der Verbündeten der Türkei gerichteten Worten,
indem er den Siegern Heil wünschte und den im Heiligen Kriege
Gefallenen die Gnade Gottes.
b Die Kammer wählte Halil Bei mit 126 gegen eine Stimme von neuem zum Präsidenten. Zu Vizepräsi⸗ denten wurden gewählt Emir Ali Pascha, ein Bruder des
Führers der Aufständischen in Marokko, und Hussein Djahid.
— Wie das Blatt „Turan“ erfährt, wird demnächst in Kon⸗ stantinopel eine türkisch⸗deutsche Vereinigung gegründet werden, die mehrere Senatoren und andere der Regierung
icht angehörende osmanische Persönlichkeiten sowie deutsche Politiker und Publizisten zu ihren Mitgliedern zählen wird. Sie soll die Aufrechterhaltung des türkisch⸗deutschen Bündnisses und des herzlichen Einvernehmens zwischen beiden Völkern auch ach dem Kriege zum Ziele haben, an der Ausgestaltung der wirtschaftlichen Beziehungen arbeiten und beide Völker einander noch näher bringen.
— Nach Berichten des Osmanischen Lloyd aus Rußland verfolgen die russischen Behörden die Musel manen in den Gouvernements Kasan und Orenburg. Auch die türkische Presse und Literatur sei der Verfolgung ausgesetzt. Die aeh Maßnahmen würden getroffen, um die Verbreitung des Aufrufs der türkischen Patrioten zu verhindern. Aehnliche Maßregeln seien im Kaukasus getroffen worden. Den Musel⸗ manen sei verboten worden, aus dem Kaukasus in das Innere des Landes zu reisen. Der türkische Konsul in Rostow sei mit 30 muselmanischen Notabeln verhaftet und nach dem Kuban⸗
““
Griechenland.
8 28 8 D ulgarische Regierung hat der „Agence d'Athènes“ zufolge den Vorschlag der hellenischen Regierung auf einer gemischten aus Offizieren gebildeten Kommission zur Prüfung der Ursachen der kleinen Konflikte an der griechisch⸗bulgarischen Grenze angenommen
1 “ 8 “ Das Blatt „Neon Asty“ meldet aus Koritza, daß 25 000 Albaner über Dibra in Serbien eingedrungen
In dem Jahresbericht des Staatssekretärs des amerikanischen Marineamts wird der Bau von zwei Dreadnoughts, sechs Torpedobootszerstörern, mindestens acht Unterseebooten, darunter eines großen, und eines Kanonenbootes
beantragt. Asien.
„Der Sohn des Groß⸗Scheichs der Senussi ist in Medina eingetroffen, um am Heiligen Kriege teilzunehmen. Wie die Konstantinopeler Blätter erfahren, werden in Ddamaskus große Vorbereitungen zum Empfange der Heiligen Fahne eeeeha.. getroffen, die unter dem Geleite von Tausenden von Kriegern dort eintreffen wird.
Kriegsnachrichten.
es Hauptquartier, 15. Dezember, Vormittags. Die Franzosen griffen gestern an mehreren Stellen ver⸗ 9 Ein Angris gegen unsere Stellungen südöstlich 1 pern brach unterstarken Verlusten für den Gegner zu⸗ bürimen. Ein feindlicher Vorstoß aus der Gegend nord⸗ 9 ich Suippes wurde ebenso wie ein feindlicher Angriff nord⸗ d ich Ornes (nördlich Verdun) unter schweren feindlichen Aorlusten abgewiesen. In der Gegend von Ailly⸗ premont (südlich St. Mihiel) versuchten die Franzosen h viermaligem Ansturm unsere Stellungen zu nehmen; ie Angriffe scheiterten. Ebenso mißlang ein erneuter eindlicher Vorstoß aus Richtung Flirey (nördlich Toul). In Nücgeracgeesen 88 8 8 e noch im Gange. Bei der e orfes Steinba estli machten wir dreihundert Gefangene. “ Oberste Heeresleitung.
Oestlicher Kriegsschauplatz.
Großes Hauptquartier, 15. Dezember, Vormittags. (W. T. B.) Aus Ostpreußen nichts Nheren Die deutsche 8 Soldau über Mlawa in Richtung Ciechanom vorgedrungene Kolonne nimmt vor überlegenem Feind ihre alte Stellung wieder ein. In Russis ch Polen hat sich nichts Wesentliches ereignet. Die ungünstige Witterung beeinflußt unsere Maßnahmen.
Oberste Heeresleitung.
Wien, 14. Dezember. (W. T. B.) Amtlich wird ge⸗ meldet: Die Verfolgung der Russen in Westgalizien wurde fortgesetzt und gewann, abermals unter kleineren und größeren Gefechten, allenthalben nordwärts Raum. Nun ist auch Dukla wieder in unserem Besitz. Unsere über die Karpathen vorgerückten Kolonnen machten gestern und vor⸗ gestern 9000 Gefangene und erbeuteten zehn Maschinen⸗ gewehre. Die Lage an unserer Front von Rajbrot bis östlich Krakau und in Südpolen ist unverändert. Nördlich Lowicz drangen unsere Verbündeten im Angriffe weiter gegen die untere Bzura vor.
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: von Hoefer, Generalmajor.
üdlicher Kriegsschauplatz.
Wien, 14. Dezember. (W. T. B.) Amtlich wird ge⸗ meldet: Die von der Drina in südöstlicher Richtung vorge⸗ triebene Offensive ist südöstlich Valjevo auf stark über⸗ legenen Gegner gestoßen und mußte nicht allein aufgegeben werden, sondern veranlaßte auch eine weiter reichende rück⸗ gängige Bewegung unserer seit vielen Wochen hartnäckig, glänzend, aber verlustreich kämpfenden Kräfte. Diesem steht die Gewinnung von Belgrad gegenüber. Die hieraus folgende Gesamtlage wird neue operative Entschlüsse und Maßregeln zus Folge haben, die der Verdrängung des Feindes dienen müssen.
Der Krieg der Türkei gegen den Dreiverband.
St. Petersburg, 14. Dezember. (W. T. B.) Der gestrige Bericht des Generalstabes der kaukasischen Arm⸗ ee lautet: Am 11. Dezember wurde den ganzen Tag auf der Front Pyrusk, Esmer, Dutak gekämpft. Der Feind wurde überall zurückgeworfen und mit fühlbaren Verlusten über den Euphrat zurückgetrieben. Unsere Truppen erbeuteten eine Vieh⸗ herde von 1400 Stück. Um die Dörfer Assurli und Basch Kala wird noch gekämpft.
(NXotiz des „W. T. B.“: Die russischen Berichte über die Kämpfe im Kaukasus haben sich bisher noch weniger glaubhaft er⸗ wiesen, als die übrigen russischen Kriegsnachrichten.)
Konstantinopel, 15. Dezember. (W. T. B.) Mitteilung des Großen Hauptquartiers: An der Grenze des Wilajets Wan dauern die Zusammenstöße der russischen Truppen mit unseren Abteilungen zu unseren Gunsten an. Russische Kavallerie griff an der persischen Grenze bei Sarai unsere Kavallerie an, deren Gegenangriffe von Erfolg gekrönt waren. Die Russen wurden zurückgeschlagen und zersprengt.
Parlamentarische Nachrichten.
Bei der am 9. d. M. stattgefundenen Reichstagsersatz⸗ wahl im zweiten Hannoverschen Wahlkreise Wittmund — Aurich sind, wie „W. T. B.“ meldet, nach amtlichen Er⸗ mittelungen 8923 Stimmen abgegeben worden; davon ent⸗ fielen auf Dr. Stresemann (Nationalliberal) 8904 Stimmen. 19 gen waren zersplittert. Dr. Stresemann ist somit gewählt. 8
Statistik und Volkswirtschaft.
Die deutschen Hochschulen im Sommer 1914.
Im verflossenen Sommer waren die 52 Universitäten und anderen Hochschulen des Deutschen Reichs von insgesamt 79077 Stu⸗ dierenden, unter denen etwa 4500 weibliche, und von 8506 Hörern Gästen), unter denen etwa 2000 Frauen sich befanden, besucht. Weitaus der größte Teil der immatrikulierten Studierenden, nämlich 60 943 (darunter 4117 Frauen), entfällt naturgemäß auf die 21 Uni⸗ versttäten, dann folgen die 11 Technischen Hochschulen mit 12 232 (darunter 82 Frauen), sodann die 6 Handelshoch⸗ s chulen (in Berlin, Cöln, Frankfurt a. M., Leipzig, Mannhetm und München) mit 2625 Studierenden, ihnen schließen sich an die 4 Tierärztlichen Hochschulen in Berlin, Dresden, Hannover und München mit 1404, die 3 Landw irtschaftlichen Hoch⸗ schulen in Berlin, Hohenheim und Weihenstephan mit 938, die 3 Bergakademien in Berlin, Claustal und Freiberg mit 668, und an Stelle stehen die 4 Forstakademien in Eberswalde, Eisenach, Münden und Tharandt mit 267 Studierenden. Von den 8506 Hörern entfallen auf die Universitäten 4086, auf die Technischen
ochschulen 1647, auf die Handelshochschulen 2858, auf die Tier⸗ ärztlichen Hochschulen 92, auf die Bergakademien 73, auf die Forst⸗ akademien 45 und auf die Landwirtschaftlichen Hochschulen 5. Am geringsten besucht sind die Forstakademten in Eberswalde und Tharandt, die nur je 54 Studierende zählten; die meisten Studierenden hat die Universität Berlin, wo sich im letzten Sommer 8538 befanden.
Zu Beginn des neuen Jahrhunderts waren die Universitäten erst von 34 839 Studierenden besucht, die Technischen Hochschulen von 12 786, die Landwirtschaftlichen von 934, die Tierärztlichen Hochschulen von 1345, die Forstakademien von 241, die Bergakademien von 901 und die Handelshochschulen, deren Entwicklung um diese Zeit erst ein⸗ gesetzt hat, von einer unbekannten Zahl Studierender. Demnach war die Zunahme des Besuchs der Universitäten be⸗ sonders groß, sie beläuft sich auf 75 vom Hundert. Gering ist die Steigerung bei den Technikern, noch geringfügiger bei den Land⸗ wirten, während die Zahl der Bergingenieure ganz beträchtlich, die der Forstwirte nicht wesentlich zurückning. Bet den Tierärzten ist tatsächlich wohl kaum eine Verminderung eingetreten, da die peterinär⸗ medtzinische Abteilung der Universität Gießen, deren Besucher in der Zahl der Universitätsstudenten einbegriffen sind, von Jahr zu Jahr, insbesondere nach der 1910 erfolgten Aufhebung der Tierärztlichen Hochschule in Stuttgart, stärker besucht wird.
In der Reichshauptstadt Berlin sind 6 Hochschulen vereinigt (Universität, Technische, Tierärztliche, Landwirtschaftliche und Handels⸗ hochschule sowie Bergatademie) mit insgesamt 12 434 Studenten, München hat 4 (nämlich Universität, Technische, Tierärztliche und Handelshochschule) mit 9366, Breslau 3 (Universität, Technische und Handelsbechschule) mit 4822, Leipzig 2 (Unt⸗ Sb und Handelshochschule) mit 5866, in Dresden und in Hannover befinden sich je eine Technische und eine Tierärztliche Hoch⸗ schule mit 1516 bezw. 1442 Studierenden, und von den übrigen 34 ochschulsitzen haben 18 eine Universität, 6 eine Technische, je 2 eine Landwirtschaftliche, eine Handelshochschule oder eine Bergakademie und
4 eine Forstakademie mit einer Studentenzahl von 3178 (Freib
i. Br.) 1
8
L11“
bis 54 (Eberswalde und Tharandt). Das Vereinigungsbestreben tritt im deutschen Hochschulwesen z. Zt. deutlich in Erscheinung: Seit 1910 sind die Tierärztliche Hochschule in Stuttgart und die Forstatademte in Aschaffenburg aufgelöst worden, die Akademie für Sozial⸗ und Handelswissenschaften in Frankfurt a. M. wurde in die neue Uni⸗ verfität aufgenommen, und die Vereinigung der Dresdner und der Münchener Tterärztlichen Hochschule mit den Unversitäten in Leipzig bezw. München steht bevor. Neugründungen sind nur zwei zu ver⸗ zeichnen: eine Technische Hochschule in Breslau (1910) und eine Universität in Frankfurt a. M. (1913).
Bei den preußischen Justizbehörden im Jahre 1914
beschäftigte Referendare. .“
„Nach einer im „Justizministerialblatt“ veröffentlichten Nach⸗ weisung der Zahl der bei den preußischen Justizbehörden in den Jahren 1902 bis 1914 beschäftigten Referendare waren bei diesen Behörden am 1. August 1914 insgesammt 6668 Justizreferendare vorhanden gegen 7155 zu derselben Zeit des Vorjahres 1913, 7413 im Jahre 1912, 7612 im Jahre 1911, 7701 im Jahre 1910, 7694 im Jahre 1909, 7528 im Jahre 1908, 7182 im Jahre 1907, 7003 im Jahre 1906, 6524 im Jahre 1905 und 5319 im Jahre 1902. Ihre Zahl ist also, nachdem sie von 1902 bis 1910 um 2382, von 1905 bis 1910 allein noch um 1177 gestiegen war, seitdem um 1033 zurückgegangen, von 1913 bis 1914 allein um 487 (von 1912 bis 1913 um 258). Für den Zeitraum von 1902 bis 1914 ergab sich daher nur noch eine Zu⸗ nahme von 1349 Referendaren oder 25,4 %, für die Zeit von 1905 bis 1914 gar nur eine solche von 144 Referendaren.
Im Bezirk des Kammergerichts als Oberlandesgerichts
wurden am 1. August 1914 1302 Justizreferendare gegen 1367 im Vorjahre, 1338 im Jahre 1910 und 890 im Jahre 1902 beschäftigt, im Bezirk des Oberlandesgerichts Cöln, von dem im Jahre 1906 größere Gebiete abgetrennt und dem Bezirke des neu errichteten Oberlandesgerichts Düsseldorf zugeteilt worden sind, 781 gegen 879, 922 und 735 in den genannten Vergleichsjahren, im Ober⸗ landesgerichtsbezirk Breslau 706 gegen 766, 856 und 616, im Ober⸗ landesgerichtsbezirk Hamm, von dem im Jahre 1906 kleine Gebiete abgetrennt und dem Bezirke des neu errichteten Oberlandesgerichts Düsseldorf zugeteilt worden sind, 661 gegen 737, 926 und 586, im Oberlandesgerichtsbezirk Naumburg 546 gegen 574, 653 und 494, im Oberlandesgerichtsbezirk Celle 467 gegen 502, 566 und 506, in dem 1906 neu gebildeten Oberlandesgerichtsbezirk Düssel⸗ dorf 443 gegen 477 im Vorjahre und 450 im Jahre 1910, im Oberlandesgerichtsbeztrk Frankfurt (Main) 346 gegen 371 im Vor⸗ jahre, 396 im Jahre 1910 und 234 im Jahre 1902, im Oberlande erichtsbezirk Königsberg 293 gegen 310, 375 und 266, im Obe andesgerichtsbezirk Stettin 288 gegen 285, 269 und 264, im Oberlandesgerichtsbezirk Kiel 233 gegen 248, 240 und 159, in Oberlandesgerichtsbezirk Cassel 230 gegen 255, 285 und 192, im Oberlandesgericht bezirk Posen 212 gegen 213, 212 und 206 und im Oberlandesgerichtsbezirk Marien werder 160 gegen 171, 213 und 171. Im letzten Jahre, vom 1. August 1913 bis dahin 1914, hat die Zahl der bei den preußischen Justizbehörden beschäftigten Referendare nur im Oberlandesgerichtsbeztrk Stettin unbedeuten (um 3) zugenommen, in allen übrigen Bezirken dagegen mehr oder weniger abg enommen, im Oberlandesgerichtsbezirk Cöln um 98, im Oberlandesgerichtsbezirk Hamm um 76, im Kammergerichtsbezirk um 65, im Oberlandesgerichtsbetirt Breslau um 60, im Oberlandes⸗ gerichtsbezirk Celle um 35, im Oberlandesgerichtsbezirk Düsseldorf um 34, im Oberlandesgerichtsbezirk Naumburg um 28, in den Ober landesgerichtsbezirken Cassel und Frankfurt (Main) um je 25 usw — Unter den bei den preußischen Justizbehörden des Oberlandesgerichts bezirks Naumburg beschäftigten Referendaren befanden sich am 1. Augus 1914 27 (5 weniger als im Vorjahr) aus dem Herzogtum Anhal und 5 (2 weniger) aus dem Fürstentum Schwarzburg⸗Sondershausen unter den im Oberlandesgerichtsbezirk Celle beschäftigten Referendaren (1 weniger als im Vorjahre) aus Lippe.
Weitere „Statistische Nachrichten“ s. i. d. Ersten Beilage.)
Wohlfahrtspflege.
Ueber die Mäßigkeitsbestrebungen der deutschen Heeresverwaltung in der Armee und in der Heimat schreibt da preußische Kriegsministerium an den Vorsitzenden des Deutschen Vereins gegen den Mißbrauch geistiger Getränke in Beantwortung einer Eingabe, die dieser Verein an das Kriegsministerium gerichtet hatte: „Der Empfang des Schreibens vom 6. Oktober wird mit dem Ausdrucke besten Dankes bestätigt. Von seiten der Heeresverwaltung werden auch in Zukunft die Mäßigkeitsbestrebungen in der Armee nachdrücklich gefördert werden. Während gegen die Versendung alkoholhaltiger Getränke in Feldpostbriefen Bedenken nicht bestehen, wird die Zusendung größerer Alkoholmengen zum Feldheere in keiner Weise unterstützt oder geduldet werden. Als freiwillige Gaben (Liebesgaben) werden außer Rotwein alkoholhaltige Getränke nicht mehr angenommen. Die Abnahmestellen der freiwilligen Krankenpflege sind mit entsprechender Anweisung versehen. Auch die Presse ist in diesem Sinne in Kenntnis gesetzt. Um den Mäßgkeitsbestrebungen auch in der Heimat unter den Soldaten Förderung angedeihen zu lassen, werden die Mannschaften des Besatzungsheeres über die Gefahren des Alkohols belehrt. Ebenso wird ihnen das von der Meditztnalabteilung des Kriegsministeriums herausgegebene Merkblatt „Hütet euch vor Ausschweifungen“ ein⸗ gehändigt. Was den Alkoholgebrauch in Lazaretten angeht, so dürste allgemein bekannt sein. daß die deutsche Aerzteschaft zum ganz über⸗ wiegenden Teile die Mäßigkeitsbestrebungen nachdrücklich unterstützt, und daß der Alkohol von ihnen für Krankenzwecke nur in geringem Umfang verwandt wird. Als Beweis hierfür sei angeführt, daß in den Lazaretten von den planmäßig beschafften Weinen ein ganz er⸗ heblicher Teil sich angesammelt hat, da er nicht gebraucht worden ist. Im übrigen ist die Heranziehung des Alkohols zur Krankenverpflegung durchaus der Verantwortlichkett des einzelnen Arztes überlassen. Um aber auch unter den zahlreichen Verwundeten das Verständnis für die Gefahren des Alkoholmißbrauchs zu wecken und zu beleben, werden 38. geeigneter Weise auf diese Gefahren durch Belehrung hin⸗ g en.
Nach Vollendung seines neunundsechzigsten Lebensjahre hat 8 Kommerzienrat Johann Klein, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Maschimen⸗ und Armaturfabrik vormals Klein, Schanzlin u. Becker in Frankenthal (Rheinpfalz), als Beit ag zur Errichtung eines
pfälsischen Kriegererholungsheims die Summe von 10 000 ℳ
gestiftet. Verkehrswesen.
Pakete an deutsche Kriegsgefangene in Frank⸗ reich erleiden dadurch Verzögerungen, daß die französischen Eisenbahnstationen, denen die Beförderung dieser Pakete obliegt, die Aufschriften nur schwer oder gar nicht entziffern können, weil sie häufig unleserlich und mit deutschen Buchstaben ge⸗ schrieben sind. Es empfiehlt sich daher, daß die Absender mindestens den Namen der Bestimmungseisenbahnstation, sofern diese bekannt ist, sonst den Bestimmungsort in der richtigen E Schreibweise und in lateinischen Buchstaben groß und deutlich angeben.
Ist der Aufenthaltsort des Empfängers nicht bekannt, so kann das Paket auch ohne diese Angabe abgesandt werden; aber auch dann ist moͤglichst deutliche Schrift und, wenn be⸗ kannt, die Angobe der „Region“ oder des Landesteils, wo der Empfänger sich befindet (Nord⸗, Südfrankreich) sehr zu empfehlen.