1914 / 297 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 18 Dec 1914 18:00:01 GMT) scan diff

stimmung erteilt. Zur Annahme gelangten ferner der Entwurf

von Bestimmungen über die Verwendung der Reichsmittel, die für eine von den Gemeinden eingerichtete Kriegswohlfahrts⸗ pflege bereitgestellt sind, der Entwurf einer Bekannt⸗ machung über die Vertretung eines Genossen in der General⸗ versammlung einer Erwerbs⸗ und Wirtschaftsgenossenschaft und über das Ausscheiden aus der Genossenschaft, der Entwurf einer Bekanntmachung, betreffend die Fristen des Wechsel⸗ und Scheckrechts für Elsaß⸗Lothringen, Ostpreußen usw., die Vor⸗ lage, betreffend Aenderung der Preisliste der Arzneimittel, und die Vorlage, betreffend Aenderung der Gebühren⸗ ordnung für die Untersuchung des in das Zollinland ein⸗ gehenden Fleisches. Demnächst wurde über verschiedene Ein⸗

gaben Beschluß gefaßt. G“

Ueber das Eigentum an der von den eigenen Truppen und vom Feinde verschossenen Munition und an erbeuteten Gegenständen sind Zweifel hervorgetreten. Amtlich wird daher nach „W. T. B.“ folgendes bekannt⸗ gegeben:

Alle im Eigentum der deutschen Heeresverwaltungen stehenden Gegenstände bleiben im Inlande wie im Auslande auch dann deren Eigentum, wenn sie verloren oder, wie z. B. auch Munitionsteile, bei irgend einer Gelegenheit und aus irgend einem Grund zurückgelassen werden.

4. Den berufenen staatlichen Organen steht ferner für das Inkand wie für das Ausland die ausschließliche Befugnis zu, das Aneignungsrecht an der „Kriegsbeute“, d. h. an der Aus⸗ rüstung des Feindes und an den von ihm zurückgelassenen Munitionsteilen, auszuüben. 1—

Ebenso wie deshalb der Soldat, der feindliches Eigentum erbeutet, oder die Behörde, die es beschlagnahmt, zur Abliefe⸗ rung verpflichtet ist, muß jeder, der solche Gegenstände im Inlande oder in dem von deutschen Truppen besetzten Auslande an sich nimmt, sie unverzüglich an die nächste deutsche Militär⸗ oder Zivilbehörde abliefern, die ihrerseits verpflichtet ist, alle Beutestücke den zuständigen Beutesammelstellen zuzuführen. Nur für die Truppen besteht diese Ablieferungspflicht insoweit nicht, als sie der Beutestücke zur Ausbesserung oder Ergänzung der eigenen kriegsmäßigen Ausrüstung bedürfen, oder sie anderen im Felde stehenden Truppen zu diesem Zwecke alsbald zuführen.

Wer als Privatperson Fundstücke von der Ausrüstung der kämpfenden Truppen abliefert, hat im Inlande Anspruch auf den gesetzlichen Finderlohn; im feindlichen Auslande wird ein Finderlohn in der Regel zugebilligt werden.

Nach dem Reichsstrafgesetzbuch muß jede widerrechtliche Aneignung von Beute⸗ oder Fundstücken als Diebstahl (§§ 242 ff) oder Unterschlagung 246), nach dem Militär⸗ Strafgesetzbuch gegebenenfalls als „eigenmächtiges Beute⸗ machen“ 128), mit harter Gefängnisstrafe, unter Umständen sogar mit Zuchthausstrafe, belegt werden, und zwar nach §§ 7 und 161 Mil.⸗St.⸗G.⸗B. auch dann, wenn die Tat in einem von deutschen Truppen besetzten ausländischen Gebiet be⸗ gangen wird.

Wer sich widerrechtlich Beute⸗ oder aneignet, erwirbt selbst kein Eigentum daran und kann es auch nicht durch Verschenken oder Verkaufen auf andere Personen über⸗ tragen. Die Militär⸗ und Zivilbehörden sind deshalb zur Be⸗ schlagnahme befugt. Wer solche Gegenstände durch Geschenk oder Kauf an sich bringt, kann sich dadurch der Hehlerei lchuldig machen.

Es wird daher vor Aneignung und Ankauf dringend ge⸗ warnt und hiermit die Aufforderung verbunden, alle bisher aus Rechtsunkenntnis ohne Anzeige eigenmächtig in Verwahrung gehaltenen oder erworbenen Beutegegenstände unverzüglich an die Militär⸗ oder Ortspolizeibehörde, im Ausland an die nächste Militärbehörde, abzuliefern. Wer ohne Befugnis im Besitz solcher Stücke betroffen wird, setzt sich und die an der Aneignung etwa Mitbeteiligten der Gefahr unnachsichtlicher IEINel ung aus.

Ueber das französische Gelbbuch, das erst jetzt hier eingetroffen ist, schreibt die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“:

Das Gelbbuch enthält 159 zum Teil umfangreiche Doku⸗ mente, die offenbar zu dem Zwecke ausgewählt und zurechtgemacht worden sind, um Rußland von dem Vorwurf, daß es den Krieg eraufbeschworen hat, rein zu waschen und Deutschland die Ver⸗ ntwortung zuzuschieben. Es muß vorbehalten bleiben, auf die Einzelheiten der Veröffentlichung nach ihrer genauen Durch⸗ icht zurückzukommen. Schon jetzt aber kann gesagt werden, der dem französischen Kriegsminister im März 1913 zuge⸗ angene angebliche amtliche deutsche Geheimbericht über die Ver⸗ stärkung der deutschen Armee, der auch teilweise schon die unverdiente Aufmerksamkeit der neutralen Presse gefunden hat, nichts weiter als ine plumpe Erfindung ist. Welches die „sichere Quelle“ ist, aus der as Aktenstück stammt, wissen wir nicht; eine amtliche Stelle in Deutschland ist jedenfalls mit ihm nie befaßt gewesen. Anschetnend ührt der Geheimbericht von einem französischen Agenten her. und die Veröffentlichung im Gelbbuche ist nur zu dem Zwecke erfolgt, um Mißstimmung zwischen Deutschland und seinen Bundesgenossen her⸗ orzurufen und die Neutralen, namentlich Holland und Dänemark, egen Deutschland aufzuhetzen.

Die ganze Unwahrheit dieses Mach werks wird dadurch gekenn⸗ eichnet, daß darin als Ziel der deutschen Politik hingestellt wird, die errschaft des Deutschtums über die ganze Welt auszubreiten, die leinen Völker zu unterdrücken und alte Gebiete, die vor ahrtausenden einmal zum Deutschen Reiche gehört haben, wie Burgund und das Baltikum, für Deutschland zurüͤckzuerobern. Kein rnster Mann in Deutschland hat jemals solche Phantasien gehegt.

Ebenso lächerlich sind andere im ersten Kapitel des Gelbbuches nthaltene Versuche, durch amtliche Berichte französischer Vertreter in Deutschland eine deutsche Gefahr für den Weltfrieden glaubhaft zu machen. Unterzieht man die Dokumente, durch die eine angeblich seit ahren vorhandene Kriegslust Deutschlands bewiesen werden soll, iner näheren Prüfung, so findet man, daß es sich in erster Linie um Berichte der Militär⸗ und Marineattachés handelt, die offenbar uf Mitteilungen sehr fragwürdiger Agenten beruhen. Würde ie deutsche Regierung ebenso verfahren, so ließe sich allein mit olchen Schriftstücken ein dickes Buch zusammenstellen. Wir könnten

einen Bericht des Militärattachés der Kaiserlichen Botschaft in St. Petersburg vom 10. August 1910 anführen, in dem auf

das Zunehmen der auf einen Angriffskrieg mit Deutschland hinzielenden Bestrebungen im russischen Heere hingewiesen wird. Der Militär⸗ ttachs war zu seinem Berichte durch einen Artikel im amtlichen ussischen Militärorgan „Der Invalide“ veranlaßt worden, der „Ge⸗ anken zum 500 jährigen Jubiläum des allslawischen Sieges über die eutonen“ entwickelte. Der allslawische Sieg in einem Angriffskriege, on dem der Artikel handelte und dessen Wiederkehr der Verfasser, Oberst im russischen Generalstabe Eltschaninow erhoffte, war die Schlacht bei Tannenberg am 15. Juli 1410.

Der heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ ist die 279. Ausgabe der Deutschen Verlustlisten beigelegt. Sie enthält die 105. Verlustliste der preußischen Armee, die 123. Verlustliste der bayerischen Armee, die 77. und 78. Verlustliste der sächsischen Armee und die

81. Verlustliste der württembergischen Armee.

9

Am Schlusse der gestrigen Sitzung der beiden

ammern teilte der Staatsminister Dr. von Ewald, wie „W. T. B.“ meldet, noch folgendes Telegramm Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs mit:

Wollen Sie den beiden Kammern der Stände Meinen auf⸗ richtigen Dank für die an Mich gerichteten Worte zum Ausdruck bringen. Möge der wahrhaft patriotische Entschluß, die gewaltige Entfaltung einmütiger deutscher Kraft mit jedem Opfer bis zum endgültigen Siege fördern und unterstützen zu wollen, von Gottes Segen zu Deutschlands unantastbarer Größe gekrönt werden, und möge es unserer gemeinsamen Arbeit gelingen, Meinem Hessenland für alles Gut und Blut, welches es freudig und opferwillig für das große Werk eingesetzt hat, neue Kraft und frisches Leben entfalten zu helfen. Das ist der Wunsch, den Ich aus tiefstem Herzen Meinem geliebten Volke in schwerer und großer Zeit darbringe.

8 Ernst Ludwig. Nach Erledigung der vorliegenden Gesetzentwürfe vertagten sich die Kammern auf unbestimmte Zeit.

Großbritannien und Irland

Das Preßbureau teilt mit, daß das englische Expe⸗ ditionskorps bis zum 14. Dezember 3871 Offiziere ver⸗ loren hat, nämlich 1133 Tote, 2225 Verwundete, 513 Ver⸗ mißte oder Gefangene. Bis zum 11. November hatte der Verlust 2420 Offiziere betragen. Die Verlustliste enthält 15 Generale, 108 Obersten, 322 Majore, 1123 Hauptleut 2303 Leutnants.

Rußland.

Eine im Finanzministerium unter Vorsitz des Finanz⸗

ministers abgehaltene Konferenz, an der Abgeordnete der

Börsenkomitees und der größten Banken beider Hauptstädte

teilnahmen, stellte laut Meldung des „W. T. B.“ fest, daß die mißlichen Umstände für den nationalen Kredit beinahe überwunden seien, daß die Handelsbeziehungen mit den be⸗ freundeten und neutralen Ländern eingeschränkt seien und daß neue Mittel und Wege für die Ausfuhr lebhaft gesucht würden. Aus dem Mangel an ausländischen Zahlungsmitteln hätten sich einige Schwierigkeiten ergeben, die für die Einfuhr von Roh⸗ stoffen für industrielle Erzeugnisse erforderlich seien, wie z. B. von Baumwolle, Wolle und Kautschuk. Glücklicher⸗ weise seien die ausländischen Häuser damit einverstanden, die Zahlung in ausländischer Währung zu stunden. Nichtsdesto⸗ weniger werde der Finanzminister, der alle Maßnahmen treffe, um seine Barbestände im Auslande aufzufüllen, nicht verfehlen, einen angemessenen Teil dieser Hilfsmittel der nationalen In⸗ dustrie zur Verfügung zu stellen. In der Konferenz wurden schließlich Wünsche zum Ausdruck gebracht, daß der Finanz⸗ minister die Ausfuhr erleichtern möge, indem er den Exporteuren einen Kredit bei der Staatsbank eröffne und ferner seine Hilfe dazu leihe, um ein Abkommen mit den ausländischen Banken in den Geschäften mit ausländischen Zahlungsmitteln herzustellen.

Das Finanzministerium hat bedeutende Mittel be⸗ willigt für die Organisation eines internationalen Wettbewerbs zur Auffindung neuer Gebiete der tech⸗ nischen Verwendung von Alkohol, Für Entdeckungen auf diesem Gebiet sollen Preise bis zu 100 000 Rubel bestimmt werden.

Italien.

Wie „W. T. B.“ meldet, ist Fürst von Bülow gestern vormittag in Rom eingetroffen und von Mitgliedern der Botschaft und von Funktionären der italienischen Regierung am Bahnhof empfangen worden.

3 Schweden. Der König ist gestern abend, begleitet v. n dem Reichs⸗ marschall und dem Minister des Aeußern, von Stockholm nach Malmö zu der Zusammenkunft mit den Königen von Däne⸗

mark und Norwegen abgereist.

Die vereinigte Bundesversammlung hat, wie „W. T. B.“ meldet, den Bundesrat und Vorsteher des Finanz⸗ und Zolldepartements Dr. jur. Giuseppe Motta (eatholisch⸗ konservativ) zum Bundespräsidenten für 1915 und den Bundesrat und Vorsteher des Militärdepartements Camille Decoppet (freisinnig) zum Vizepräsidenten gewählt. Die Bundesver⸗ sammlung bestätigte auch die fünf übrigen Bundesräte Müller, Forrer, Hoffmann, Schultheß und Calonder für die neue dreijährige Amtsdauer.

1 Türkei. Das französisch⸗englische Geschwader, das die Dardanellen blockiert, besteht nach Athener Meldungen aus sechs Dreadnoughts, und zwar vier englischen und zwei fran⸗ zösischen, aus sieben Kreuzern, vier englischen und drei französischen, aus zwei französischen Minenlegern, acht englischen Zerstörern, vier französischen Torpedobooten, Unterseeboten und zahlreichen Transportschiffen. Den Oberbefehl hat ein fran⸗ zösischer Admiral. Rumänien. ie Kammer hat gestern die Antwort auf die Thron⸗ rede fast ohne Debatte angenommen.

1 Amerika.

Einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge ist Isidro Jimenes zum verfassungsmäßigen Präsidenten des Frei⸗ staats San Domingo gewählt worden. 8

Asien.

Im japanischen Parlament stellten die Deputierten der Opposition, wie die „Frankfurter g meldet, auf Grund australischer Angaben fest, daß die australische Bundesregierung verlangt habe, die Operationen der japanischen Flotte sollten sich auf den Raum nördlich des

1

Aequators beschränken.

Afrika.

Nach einer Meldung der „Agenzia Stefani“ aus Tripolis ist infolge des Kampfes vom 28. November in der Umgegend von Nalut, um die Ordnung und Sicherheit in diesen Gegenden wiederherzustellen, eine gemischte Kolonne unter dem Oberbefehl des Obersten Roversi, des Kommandanten der Zone von Joffren, auf der Naluter Straße nach Fessato, Cabao und Zugan gesandt worden. Diese Kolonne kam am 15. Dezember Morgens in ein tiefes Tal vor Nalut, das für einen Hinterhalt sehr geeignet ist, und wurde dort von Rebellen mit Feuer empfangen. Es entspann sich ein lebhafter Kampf, an den sich auch die Besatzung von Nalut wirksam beteiligte. Die Aufständischen die auf einige hundert geschätzt wurden, hatten 16 Tote und eine Anzahl Verwundete. Auf Seiten der Italiener fiel ein⸗ Askari, 14 wurden verwundet.

Kriegsnachrichten.

Westlicher Kriegsschauplatz

Großes Hauptquartier, 18. Dezember, Vormittags. (W. T. B.) Der Kampf bei Nieuport steht günstig, ist aber noch nicht beendet. Angriffe der Franzosen zwischen La Bassée und Arras sowie beiderseits der Somme scheiterten unter schweren Verlusten für den Gegner. Allein an der Somme verloren die Franzosen 1200 Gefangene und mindestens 1800 Tote. Unsere eigenen Verluste beziffern sich dort auf noch nicht 200 Mann. In den Argonnen trugen uns eigene, gut ge⸗ lungene Angriffe etwa 750 Gefangene und einiges Kriegsgerät

ein. Von dem übrigen Teil der Westfront sind keine besonderen 8

Ereignisse zu melden. Oberste Heeresleitung.

Oestlicher Kriegsschauplatz.

Großes Hauptquartier, 18. Dezember, Vormittags. (W. T. B.) An der ost⸗ und westpreußischen Grenze ist die Lage unverändert. In Polen folgen wir weiter dem

werchenden Feinde. Oberste Heeresleitung.

Wien, 17. Dezember. (W. T. B.) Amtlich. Die letzten Nachrichten lassen nicht mehr zweifeln, daß der Widerstand der russischen Hauptmacht gebrochen ist. Am Süd⸗ flügel in der mehrtägigen Schlacht von Limanowa, im Norden von unseren Verbündeten bei Lodz und nunmehr an der Bzura vollständig geschlagen, durch unseren Vor⸗ marsch über die Karpathen von Süden her bedroht, hat der Feind den allgemeinen Rückzug angetreten, den er, im Karpathenvorland hartnäckig kämpfend, zu decken sucht. Hier greifen unsere Truppen auf der Linie Krosno. Zakliczyn

An der übrigen Front ist die Verfolgung im Gange.

von Hoefer, Generalmaäjor.

Der Krieg zur See.

Berlin, 17. Dezember. (W. T. B.) Ueber den Vor

stoß nach der Ostküste Englands werden nachstehende

Einzelheiten bekanntgegeben: Bei Annäherung an die englische Küste wurden unsere Kreuzer bei unsichtigem Wetter durch vier englische Torpedobootszerstörer erfolglos an⸗ gegriffen. Ein Zerstörer wurde vernichtet, ein anderer kam in schwer beschädigtem Zustande aus Sicht. Die Batterien von Hartlepool wurden zum Schweigen ge⸗ bracht, die Gasbehälter vernichtet. Mehrere Detonationen und drei große Brände in der Stadt konnten von Bord aus festgestellt werden. Die Küstenwachtstation und das Wasserwerk von Scarborough, die Küstenwacht⸗ und Signalstation von Whitby wurden zerstört. Unsere Schiffe erhielten von den Küstenbatterien einige Treffer, die nur geringen Schaden verursachten. An anderer Stelle wurde noch ein weiterer englischer Torpedo⸗ bootszerstörer zum Sinken gebracht. Der stellvertretende Chef des Admiralstabes Behncke.

London, 18. Dezember. (Meldung des Reuterschen Bureaus.) Amtlich wird mitgeteilt, daß bei der Beschießung von Hartlepool zweiundachtzig Personen getötet und zweihundertundfünfzig verwundet worden sind. Von den auf der Höhe von Hartlepool befindlichen englischen Schiffen, dem Kleinen Kreuzer „Patrol“ und dem Torpedobootszerstörer

„Doon“ sind fünf Matrosen getötet und fünfzehn

verwundet worden.

London, 17. Dezember. (W. T. B.) „City“ brachte im Tyne 12 Ueberlebende des Dampfers

„Elterwater“ ein, der gestern nacht durch eine Mine in Die Mannschaft der „City“)

die Luft gesprengt wurde. der sagte aus, daß sie später noch zwei Dampfer in die Luf fliegen sah.

Der Krieg der Türkei gegen den Dreiverband.

Konstantinopel, 18. Dezember. (W. T. B.) Amtlich. Die russischen Truppen versuchten unter dem Schutz von Geschützen und Maschinengewehren, auf dem linken Ufer des Tschoruk vorzugehen, wurden aber nach fünfstündigem Kampf zurückgetrieben. Nach der Schlacht bei Sarai, die für die türkischen Truppen glücklich endete, setzten diese die Ver⸗ folgung des Feindes ohne Unterlaß fort. Die türkische Kavallerie traf 15 Kilometer westlich von Kotur auf den Feind, griff ihn, ohne das Eintreffen ihrer Infanterie abzuwarten, an und verjagte ihn in der Richtung auf Razi und Kotur.

Statistik und Volkswirtschaft. Die Sparsamkeit der deutschen Truppen im Felde.

Die sittliche Kraft unserer Truppen äußert sich nicht nur in

ihrem Verhalten gegenüber der Bevölkerung im Feindesland und durch das zähe Ausharren in Not und Tod vor dem Gegner. Auch aus den Feldpostbriefen, die in die Heimat gelangen, spricht so viel innerer Wert und geläuterte Gesinnung, daß wir auch aus ihnen mit staunender Bewunderung den tiefen sittlichen Gehalt dieser Krieger erkennen. Im Spiegel der Kämpfe in Ost und West sehen wir de starken Kulturboden, aus dem das deutsche Volk seine unüberwindlich Kraft schöpft; wir begreifen das stolze Wort Johann Gottlieb Fichtes

daß die Kulturentwicklung der Menschheit still stehe, wenn das deutsche

Volk zugrunde gehe.

es zu einer Entscheidung notwendig ist.

fürsorgliche Sinn lebendig.

Tagen

daß die den

Der Dampfer

Nicht das schlechteste Zeichen jener sittlichen Kraft ist die Spar⸗

samkeit unserer Truppen im Felde. Auch da, wo sie es könnten, leben sie nicht, wie es in den Reihen unserer Gegner vielfach ge⸗ schieht, nach den für kurze Zeit in Saus und Braus, gleich Wallensteins wilden Regimentern. Der deutsche Soldat bat

überhaupt von den alten Landsknechtsgewohnheiten nichts an sich als

den unerschrockenen Mut, das todesverachtende Draufgängertum, wo 1 Wilder haben sich Frunds⸗ bergs Fähnlein vor Pavia nicht geschlagen als in den letzten Wochen unsere Feldgrauen in Flandern und in der blutgetränkten Gegend von Lodz. Aber unter allem Todesgrauen bleibt in ihnen der . 1. Sie verwüsten weder fremden noch eigenen Besitz leichtfertig. Sie sparen selbst im Lärm läglicher Kämpfe für den Frieden, der doch einmal kommen muß. Es ist wahr⸗

haft rührend, diese fürsorgliche Sparsamkeit unserer Truppen zahlen⸗

mäßig zu betrachten. Postrat Stroedel von der Kaiserlichen Ober⸗ postdirektton in Dresden hat in einem Vortrage über die Feldpost, den er im Dresdner Gewerbeverein gehalten, einige amtliche Zahlen über diese Sparsamkeit mitgeteilt, die in der „Sozialkorrespondenz“ wiedergegeben werden. Eine sächsische Reserbedivision sandte im September 10 000 Feldpostanweisungen mit 391 000 und im Oktober 20 000 mit 800 000 nach Hause. An manchen betrugen die Einzahlungen bei einer sächsischen Feldpost⸗ expedition 35 000 ℳ, in einem Falle sogar 110 000 ℳ. Bei allen Postanstalten des der Kaiserlichen Oberpostdirektion Dresden liefen allein im Oktober 63 104 Anweisungen aus dem Felde ein, auf die rund 2 ½ Millionen Mark eingezahlt worden sind: im November waren es 65 516 Anweisungen mit 2 322 722 ℳ. Es handelte sich dabet oft um kleine Beträbe von 2 bis 10 ℳ. Die Auszahlungen in

dem genannten Bezirk stellen nach den Mitteilungen von Postrat Stroedel etwa den Reichsdurchschnitt dar. 8 858

1 6 In manchen Bezirken, wie z. B. in Berlin, Hamburg usw., ist die Summe der Auszahlungen

aus dem Felde größer, in manchen geringer. Legt man die Dresdner

Zahl für die Oberpostdirektionen des ganzen Reichsgebiets zugrunde,

so erhält man allein für den Monat Oktober eine Summe von 100 Millionen Mark als Betrag der Ersparnisse deutscher

Truppen vor dem Feinde.

„Hundert Millionen Mark in einem Monat! Diese große Summe gibt ein Bild von der Nüchternheit deutscher Soldaten, von ihrer inneren Anständigkeit und ihrem gefestigten Charakter, der selbst im

wüsten Drunter und Drüber der erbittertsten Kämpfe der Geschichte die guten Gewohnheiten der Heimat und des Friedens nicht vergißt.

So kommt ununterbrochen ein starker Geldstrom von den Schlacht⸗ eldern in Ost und West nach Deutschland zurück. Diese vielen tausend leinen Beträge ersparter Löhnung des einzelnen Mannes schwellen zu mächtigen Summen an, die in der Heimat einen neuen, Handel und Wandel befruchtenden Kreislauf beginnen. Unter den Lorbeeren, die ch unsere Truppen vor dem Feinde erwerben, darf man als ein chönes Ruhmesblatt auch ihr sparsames Haushalten mit ihrem be⸗ Eüd fet Sold und ihre Sorge für Familie und Friedenszeit nicht en.

Wohlfahrtspflege.

Das Zentralkomitee vom Roten Kreuz, das nach seiner Beschichte und seinen Zielen in erster Linie dazu berufen zu sein scheint, seine bewährten Einrichtungen auch zu einer umfassenden Hilfsaktion für unsere Kriegsinvaliden zu verwerten, hat zu diesem Zweck eine neue, besondere Abteilung ge⸗ bildet. Ihre Aufgabe wird u. a. sein, darauf hinzuwirken, ß die Kriegsinvaliden noch verbliebene Arbeitsfähigkeit öglichst ausgiebige Verwertung findet, nicht nur im Interesse der Kriegsinvaliden selbst, die dadurch vor wirtschaftlicher Not⸗ lage und Verbitterung geschützt werden, sondern auch im Interesse der gesamten Volkswirtschaft. Nach den schweren Opfern an Menschen⸗ leben in diesem Kriege muß auf möglichste Erhaltung der ver⸗ bliebenen Kräfte sorgfältig Bedacht genommen werden. Es ist eine zunächst für Preußen bestimmte Organtsatton geplant, die bald auch im übrigen Reich in Kraft treten kann. In ihr sollen die Einrichtungen des Roten Kreuzes und, wenn möglich, auch anderer, auf diesem Gebiete schon täliger Vereintgungen mit großen wirtschaftlichen Verbänden, den Arbeitgebern und Arbeitnehmern, beispielsweise den Berufsgenossenschaften und Gewerkschaften, vor allem auch mit den Arbeitsnachweisen zu einem einheitlichen Hilfs⸗ körper zusammengefaßt werden. Der Zusammenschuß möglichst vieler Kräfte in den zu bildenden Provinzial⸗ und eventuell Landesausschüssen verbürgt eine erfolgreiche Arbeit, die das Problem nicht restlos, aber doch in größerem Umfange lösen wird. An die Spitze der neuen Abteilung des Zentralkomitees ist ein Mitglied desselben, der Präsident des Reichsversicherungs⸗ amts, Wirkliche Geheime Oberregierungsrat Dr. Kaufmann, be⸗ rufen worden, dessen vielseitige amtliche und außeramtliche Be⸗ ziehungen zu den verschiedensten hier in Betracht kommenden Ver⸗ bänden eine erfolgreiche Leitung gewährleisten. Der Präsident Se 8. hat easrhh n ö Maßnahmen zur ung der neuen Organisation in die Hand genommen. r baldiger Abschluß steht zu erwarten. 8 8 8.

8

Nach einer Meldung von „W. T. B.“ aus Budapest bewilligte der Gemeinderat der „ungarischen Hauptstadt in seiner gestrigen Sitzung 10 000 Kronen für den türkischen Roten Halbmond; das ungarische Rote Kreuz hat für den Roten Halbmond 25 000 Kr. gespendet.

6

Kunst und Wissenschaft.

Die physikalisch⸗mathematische Klasse der König⸗ lichen Akademie der Wissenschaften hielt am 26. November unter dem Vorsitz ihres Sekretars Herrn Planck eine Sitzung, in der Herr Branca über „Bisherige Ergebnisse der Reckschen Ausgrabungen im Oldoway, Deutsch⸗Ostafrika“ sprach. Das Alter der vulkanischen Tuffe im Oldoway bietet bisher noch Rätsel dar. Gewisse in München befindliche Formen sprechen für Pliozän, könnten jedoch von anderer Fundstelle herrühren. Elephas antiquus Recki Dietr. spricht für diluviales Alter. Andere Formen werden, wenn ihre Untersuchung beendet sein wird, vielleicht auf ein noch lüngeres Alter hinweisen; doch ist das noch unsicher.

In der an demselben Tage unter dem Vorsitz ihres Sekretars Herrn Diels abgehaltenen Sitzung der philosophisch⸗historischen Klasse las Herr Brandl über den Deutschen in der eng⸗ lischen Literatur. Die angelsächsischen Dichter bewahrten alle Ieale ihrer deutschen Heimat; König Alfred zeigte noch warme Hoch⸗

chätzung für die Goten. Nach dem Normannensieg aber kam die feindliche Darstellung der Briten von Hengist und Horsa empor und vergiftete die Stimmung gegenüber allem Deutschen für den Rest des Mittelalters. Dann verschafften Luther und die Schweizer Reforma⸗ toren, die Faustsage und das erwachende Studium des germanischen Altertums dem deutschen Namen wieder Achtung. Aber die polttische Zerrissenheit Deutschlands nach dem Dreißigjährigen riege rief neue Geringschätzung der Engländer hervor, sodaß sie auch unseren Klassikern zunächst nur Phantastisches aufnahmen. Erst Byrons Stanzen auf den Rhein 1816 begannen eine Periode der Wertschätzung für deutsche Kulturarbeit, wobei sich Carlyle, Kingsley und Browning auszeichneten. Erneute Abkehr setzte unter imperialtsti⸗ schem Einfluß ein und ließ bereits seit geraumer Zeit ahnen, was gegen uns geplant wurde. 8 Am 3. d. M. hielt die Akademie eine Gesamtsitzung unter 8 Vorsitz ihres Sekretars Herrn Planck. Zunächst sprach Herr 8 ruve über den Neubau der Königlichen Sternwarte in Berlin⸗Babelsberg und legte das erste Heft der Ver⸗ öffentlichungen der neuen Sternwarte vor. Es wurden die Ge⸗ sichtpunkte dargelegt, die bei der Anlage und Ausrüstung der neuen Sternwarte maßgebend waren, eine Beschreibung der Ein⸗ richtungen und der Hauptinstrumente gegeben und auf die Aufgaben,

889 9588,8492 5⸗

denen sie dienen sollen, hingewiesen. Der Vorsitzende legte eine Ab⸗ handlung des Professors Dr. M. von Laue (Frankfurt a. M.) vor: „Die Beugungserscheinungen an vielen unregelmäßig verteilten Teilchen“. Im Gegensatz zu der weitverbreiteten An⸗ sicht, daß das von vielen gleichartigen unregelmäßig verteilten Teilchen herrührende Beugungsbild dem eines einzelnen Teilchens ent⸗ spricht, nur mit entsprechend verstärkter Lichtintensität, wird durch Theorie und Versuch gezeigt, daß sich dem einfachen Bilde starke unregelmäßige Intensitätsschwankungen überlagern, welche der Beugungsfigur eine deutlich erkennbare strahlen⸗ artige Faserung verleihen. Vorgelegt wurden ferner die neu er⸗ schienenen Hefte 62 und 63 des akademischen Unternehmens „Das Pflanzenreich“, enthaltend die Myzodendraceae von C. Stottsberg und die Euphorbiaceae-Acalypheae- Mercurialinae von F. Pax (Leipzig und Berlin 1914) und das mit Unterstützung der Akademie be⸗ arbeitete Werk A. Ungnad, Babylonische Briefe aus der Zeit der Hammurabt⸗Dynastie (Leipzig 1914). Das auswärtige Mitglied der physikalisch⸗mathematischen Klasse Wilhelm Hittorf in Münster i. W. ist am 28. November und das korrespondierende Mitglied derselben Klasse Nils Christoffer Dunér in Upsala am 10. November verstorben.

Am 10. d. M. hielt die philosophisch⸗historische Klasse unter dem Vorsitz des Sekretars Herrn Diels eine Sitzung, in der Herr F. W. K. Müller eine Abhandlung vorlegte, betitelt: Zwei Pfahlinschriften aus den Turfanfunden. Es werden darin die Texte einer uigurischen und einer chinesischen Weihinschrift nebst Uebersetzung gegeben.

Auch die physikalisch⸗mathematische Klasse hielt an diesem Tage unter dem Vorsitz ihres Sekretars Herrn Planck eine Sitzung, in der Herr Haberlandt Zur Physiologie der Zellteilung, zweite Mitteilung, las. Es wird gezeigt, daß so wie bei der Kartoffelknolle auch bei den Stengeln von Sedum spectabile und Althaea rosea, ferner bei der Kohlrabiknolle nur solche Gewebestückchen, auf feuchtem Fließpapier kultiviert, Zell⸗ teilchen aufweisen, die ein Gefäßbündelfragment enthalten. Das gleiche gilt von kleinen Laubblattlamellen von Bryophyllum calycinum und verschiedenen Peperomia-Arten. Es wird ferner der experimentelle Nachweis erbrachr, daß dieser Einfluß der Gefäß⸗ bündel auf der Bildung und Ausscheidung eines Reizstoffes beruht, der in Kombtnation mit dem Wundreiz die den Schnittflächen benach⸗ barten Zellen zu Teilungen veranlaßt.

Die Galerie Eduard Schulte bringt in ihrer am Sonn⸗ abend zu eröffnenden neuen Ausstellung mehrere Sammlungen von Werken zeitgenössischer Künstler. Professor Arthur Kampf⸗Berlin, der zurzeit zu Studienzwecken im Felde weilt, sandte den großen Karton und 25 Studien zu seinem soeben vollendeten Monumental⸗ gemälde in der Aula der Königlichen Untversität Berlin „Fichte als Redner an das deutsche Volk“. Da das große Wand⸗ 8. selbst zurzeit für die Oeffentlichkeit noch nicht zugängig st, so werden die hier gezeigten Hilfs⸗ und Vorarbeiten doppelt interessieren. Ferner stellt Professor Franz Roubaud⸗München eine umfangreiche Sammlung von Kriegs⸗, Jagd⸗ und Volkstypen aus dem Kaukasus aus sowie einige Motive vom Chiemsee. Weitere Werke sandten noch Professor Carl Albrecht⸗Königsberg, Albert Gart⸗ mann⸗Wimpfen a. Neckar, Professor O. Günther⸗Naumburg, Pro⸗ fessor Hanns Pellar⸗Darmstadt, Hans Prentzel⸗Berlin, Wilhelm Schmurr⸗Düsseldorf und Franz⸗Triebsch. Berlin. Der letztgenannte eine Sammlung von Bildnissen bekannte Persönl ichkeiten.

6 Literatur.

Mitten im harten Kriege hat der „Kunstwartverlag“ ein Unter⸗ nehmen begonnen, dessen Ausführung im Interesse der Erschließnng der Schätze der deutschen bildenden Kunst für weite Volkskreise nicht hoch genug angeschlagen werden kann. Hat er seit Jahren schon durch die Herausgabe seiner Meisterbilder“, „Vorzugsdrucke“ und „Künstler⸗ mappen“ in diesem Sinne verdienstvoll gewirkt, so will er diese Tätigkeit durch die Ausgabe einer „Deutschen. Hausbilderei“ in erweiterter Form fortsetzen und krönen. Das großzügige und im Hinblick auf den gegenwärtigen Weltkrieg kühn zu nennende Unter⸗ nehmen verdankt in erster Linie Ferdinand Avenarius Anstoß wie Ausführung. Schon seit Jahren hat er mit tiefem Bedauern darauf hingewiesen, welch unermeßliche künstlerische und seelische Werte dem deutschen Volke dadurch brach liegen, daß die Werke Dürers, Rembrandts, Holbeins, Grünwalds und mancher bedeutender neueren Maler weiten Kreisen unseres Volks stumm geblieben sind: Werke, aus denen sie „Ernst und Kraft, Festigung beim Blick auf das Wirkliche, Erhebung darüber hin zum Wahren, Trost und singende Freude; schöpfen könnten. In der Stille hat er nun mit dem Verleger des Kunstwarts Callwey das Unternehmen der „Deutschen Hausbilderei des Kurstwarts“ vorbereitet, das jene Schätze wieder heben und der Allgemeinbeit zugänglich machen will. Von den oben erwähnten bisherigen Veröffentlichungen soll sich die Hausbilderei in mehrfacher Hinsicht unterscheiden. Einmal sollen ihre Blätter zusammenbleiben; sie werden also geheftet erscheinen. Die Rücksicht auf woblfeile Herstellung hatte bisher zur Benutzung einer einförmigen Technik genötigt, jetzt sollen alle Mittel der modernen Vervielfältigungskunst herangezogen werden, auch das Tiefdruckverfahren und der Farbendruck, um die Eigenart der einzelnen Bilder möglickst wirkungsvoll zu veranschaulichen. Trotz dieser die Herstellungskosten erheblich vergrößernden Verbesserung soll der Fn so niedrig bemessen werden, daß die Haus⸗ bilderei auch in weniger begüterte, ja in die weitesten Volkskreise Ein⸗ laß finden kann. Die Blätter werden in den Größenmaßen der größten Künstlermappen des Kunstwartverlags hergestellt und sollen doch nur je 15 ₰, oder in der Vorzugsausgabe, in der jedes Bild auf Karton geboten wird, 30 kosten. Einzelverkauf der Mappen, die alle in sich abgerundet sein werden, wird jedem auch Pn bescheiden Bemittelten em allmähliches Erwerben ermöglichen.

leichsam als Einleitung zur eigentlichen „Deutschen Hausbilderei“ ist eine Mappe mit 20 großen Blättern „Der Kampf in deutscher Bilderkunst“ erschienen, die „den Ausdruck der deutschen Kampfgesinnung nach Werken von Dürer, Rethel und Cornelius, Böcklin und Klinger, Menzel, Boehle, Egger⸗Lienz, Kollwitz, Haug, Herterich, Defregger, Kampf und Thoma in mächtigem Zyklus wirken lassen“. Die fünf ersten Hefte der eigentlichen „Haus⸗ bilderei“ sind dem „Heilandleben in deutscher Kunst“ gewidmet. Das 1. enthält Bilder von des „Heilands Verkündigung und Geburt“, das 2. von „Jesus' Kindheit und Maria“, das 3. vom lehrenden und heilenden Christus“, das 4. vom „Leidensweg Christiẽ« und das 5. von „Tod und Verklärung Christi“. Avenarius hat die Auswahl der Blätter getroffen und dabei nur solche Künstler herangezogen, denen es um den Ausdruck des religiösen Gefühls ging. Diese Beschränkung hat sich als weise und den Zweck der Sammlung fördernd erwiesen. Die Sammlung wirkt einheitlich und nachhaltig, und eine erquickende Kraft guillt aus ihr. Avenarius hat auch recht, wenn er über diese Auswahl schreibt: „Mein zweiter Lohn war der Jubel darüber, wie tief, reich, kraftvoll sich unser Deutschtum erweist, wenn man es aus seinen religiösen Schöpfungen aufsteigen fühlt. In unserer religiösen Kunst ist eiwas Gemeinsames vom Mittelalter über Dürer und Rembrandt her bis in die Gegenwart zu Richter, Uhde, zu Gebhardt und Steinhausen, ein Hineingewinnen und Hineingestalten des Südens in den Norden, ich wage zu sagen, ein Einerleben der heiltgen Geschichten in die Heimat und in das Ich. Wer dessen genießt, dem rückt es auch das Heilandleben selbst in die unmittelbare Gegenwart“. Wir sendgeheg uns seinem Wunsch an: „Möge dieses Innerliche unserer Kunst n diesen ernsten und großen Tagen aus unserem „Heilandleben“ wirken!“ Auch ist sein Stolz berechtigt, wenn er im Hinblick auf dieses sein neuestes Unternehmen ausruft: „Jetzt, da unsere Feinde reden, wir Deutschen verbluteten an den Folgen unserer gierigen Roheit, zerschmettert vom Zorne der echten Kultur gerade jetzt be⸗

ginne im Volke der „Hunnen“ und „Barbaren“ dieses Unternehmen seinen Schritt, neben das kein zweites Volk der Welt aus eigener Kunst Gleichwertiges stellen könnte,“ 3

.“ Ausstellungsnachrichttte. Die Ausstellung für Verwundeten⸗ und Krankenfür⸗

84 im Kriege ist gestern eröffnet worden. Wenn man da stagsgebäude betritt, in dem sie ihren Platz gefunden hat, so er blickt man in dem nach der Simsonstraße gelegenen Treppenhaus ein Gemälde, das dem Besucher Sinn und Absicht der Ausstellung nah

bringt. Es stellt ein Schlachtfeld dar. Zerschossene Geschützteile, weggeworfene Waffen decken den Boden. Im Hintergrund liegt ein totes Pferd, nicht weit davon ein gefallener Franzose; Sanitäts⸗ soldaten eilen durch den Nebel. Im Vordergrund ruht ein junger ver

wundeter Soldat, die feldgraue Uniform geöffnet; er wird von einer

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hinter ihm knieenden Schwester gestützt, während ein Sanitätssoldat

ihm sorgsam den ersten Verband um die blutende Beinwunde legt

Dieses Gemälde schon weist darauf hin, daß die Ausstellung darüber be⸗

lehren will, was alles, vor allem durch den Staat, dann aber auch durch die freiwillige Arbeit zur Pflege und Wiederherstellung unserer verwundeten Tapferen, angefangen von der fechtenden Truppe bis zum Genesungsheim in der Heimat und darüber hinaus, geschieht. Diese Absicht ist überraschend eindrucksvoll und Weise verwirklicht. Jedermann weiß ja

über die Einrichtungen und Maßnahmen, die unserer verwundeten und kranken Krieger dienen; aber wie sorg⸗ fältig und modern im strengsten Sinne des Wortes auch auf diesem

in mannigfacher das Allgemeinste, dem Wohl

großen Gebiete die Kriegsrüstung Deutschlands gewesen ist, was alles

nötig war, um diesen gewaltigen Apparat sicher und zweckvoll arbeiten zu lassen, das zeigt zum ersten Male vollständig ein Gang durch die Ausstellung. Es ist nicht möglich, an dieser Stelle den ganzen Reichtum ihrer Darbietungen auch nur in seinen wichtigsten Einzel

heiten zu beschreiben. der einzelnen Gruppen, aus denen jeweilig einige wenige, be⸗ sonders fesselnde Beispiele hervorgehoben seien. Wir finden zunächf in der großen Wandelhalle das „Sanitätswesen des Feld heeres“ dargestellt: von dem Verbandpäckchen an, mit dem jede

Wir beschränken uns auf eine Aufführung

Soldat versehen ist, über die Ausrüstung des Sanitätspersonals bis

zu den Einrichtungen der Lazarette und Heime. Zahllose Muster stücke und Modelle in allen Größen verdeutlichen in dieser wie in allen anderen Abteilungen die Organisation und die Mittel des viel

verzweigten Sanitäts⸗ und Fürsorgedienstes. Hervorgehoben seien hier der Feldröntgenwagen, ferner die verschiedenen Arten und Systeme

der Lazarettzelte und ⸗baracken und Lazarettzüge und ⸗schiffe. In der hohen Kuppelhalle, die wir nun betreten, ist unser Interesse von zwei Veranstaltungen in Anspruch genommen, die wohl für viele Besucher die Hauptanziehungspunkte der Ausstellung bilden werden. Zur

Linken sind die Sanitätsräume eines Schlachtschiffes in

natürlicher Größe aufgebaut. Wir können eintreten und finden uns sogleich mitten in einem im Kampf befindlichen Kriegsschiff. Wir haben Gelegenheit alle die Einrichtungen zu studieren, die unter den vom Landkampf so ganz abweichenden Bedingungen der Seeschlacht verwendet werden. Auf der rechten Seite der Halle ist eine andere Hauptsehenswürdigkeit, nämlich ein 12 m langes Schlachtenrelief aufgestellt. . C wohl zum ersten Male die Möglichkeit, in verkleinertem Maßstabe die ganzen komplizterten Vorgänge einer modernen, viele Dutzende, ja Hunderte von Kilometern ausgedehnten Schlacht bis in ihre Einzel⸗ beiten zu verfolgen. Das hier aufgestellte Relief, das von dem Architekten Weinert in Steglitz geschaffen worden ist, macht für den

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und Gerätschaften

Hier bietet sich

Laien die Kämpfe noch dadurch besonders interessant, daß sich mit der

Feldschlacht die Beschießung und Erstürmung einer eifrig verteidigten

Stadt und Festung verbindet. Außerdem aber hat sich bereits auf dem 8

ganzen Kampfgelände und darüber hinaus in den vom Feuer nicht be⸗ rührten Gegenden und darum gehört das Wert in diese Aus⸗ stellung bereits das gesamte Sanitätswesen entwickelt. Sanitäts⸗

soldaten verbinden, auf dem Bauche liegend, im Kugelregen die Ver⸗

wundeten; die Tätigkeit der Sanitätskompagnien noch unter dem Donner der Geschütze und dann, nachdem der Waffenlärm verstummt

ist, der Transport der Verwundeten zu Fuß, auf Bahren, in Wagen und Automobilen aller Art, die Arbeit auf den Verbandplätzen, den

Sammelstellen in den Lazaretten im Kampfgebiet und in den Etappen ist im Gange und genau verfolgbar. dieses Reliefs finden sich mehrere unserer 42 cm⸗Geschosse,

In der Nähe

deren verwüstende Wirkung eine Reihe großer Aufnahmen sichtbar

macht. Jenseits des Kuppelraums in der Wandelhalle sind rechts zwei große Marinekojen eingerichtet, in denen im einzelnen die Ver⸗ wundeten versorgung zur See vorgeführt wird. Hier sehen wir unter anderem Schutzanzüge und ⸗apparate gegen Feuer und giftige Gase an Figuren in Lebensgröße, Modelle und Innen⸗ aufnahmen von im Dienst befindlichen Lazarettschiffen der Marine, die Wirkungen der Granatsplitter an Bord, z. B. ein im gegenwärtigen Kriege durch Schußwirkung zersprengtes ärztliches Besteck. Im selben Raum ist eine Reihe großer Modelle von Baulichkeiten leichter und starker Bauart für Verwundetenunterbringung in der Heimat, z. B. Döcker⸗Kranken⸗ pavillons und ⸗Baracken, das Offiziersheim „Taunus“, vor allem ein Riesenmodell des jetzt für Verwundete eingerichteten Kinderheims in Ahlbeck aufgestellt. In dem von hier aus zu betretenden Lesesaal des Reichstags und dem dazu gehörigen Ecksaal findet sich eine Uebersicht über die Geschichte des Kriegssanitäts⸗ und Hgg 8, die dem geschichtlich interessierten Besucher nicht loß Bilder und Urkunden aller Art aus den letzten Jahrhunderten, sondern zumal auch aus dem Altertum und dem Mitttelalter jeigt. Betreten wir nunmehr den Verbindungsgang, der zum Bundesratssaal führt, so wird uns die Verwendung der Röntgenstrahlen im Kriege, dann die heute glücklicherweise ja so erfolgreiche Bekämpfung der Infektionskrankheiten, zu⸗ mal der Kriegsseuchen, veranschaulicht. Der Bundesratsvorsaal sodann gibt in 10 nach wissenschaftlichen Grundsätzen au fgebauten Kojen eine Uebersicht über das ausgedehnte Gebtet der Krankenpflegetechnik. Die hier vereinigten zahllosen, auf Grund langer Erfahrungen sinn⸗ reich erdachten und kunstvoll ausgeführten Gerätschaften und Zu⸗ rüstungen, die der Lagerung, der Ernährung, der Erwärmung und Kühlung, der Bewegung, Beschäftigung und Zerstreuung der Kranken dienen, werden jeden Besucher fesseln. Der Bundesratssaal selbst ist den verschiedenen Formen der Tätigkeit der Ver⸗ eine vom Roten Kreuz gewidmet. Eine Abteilung, die ebenso eigenartig wie bedeutungsvoll ist, da sie zwar noch junge, aber dafür um so wichtigere und hocherfreuliche Fort⸗ schritte in der Behandlung der Kriegsverletzungen veranschaulicht, ent⸗ bält der Bundesratsausschuß⸗Vorsaal, nämlich die Kriegskrüppel⸗ fürsorge; sie zeigt, wie gut wir beute, im Gegensatz noch zu 1870/71, darauf gerüstet sind, die schädigenden Folgen der Ver⸗ wundungen sofort oder noch nachträglich, sei es auf „blutigem“, sei es auf „unblutigem“Wege, zu beseitigen, die Zahl der wirklichen Krüppel auf das allergeringste Maß einzuschränken und für diese eine systematische und wirksame Fürsorge zu treffen. Im Bundesratsausschuß⸗Saal finden wir außer Modellen von Fürsorgeanstalten Karten und Tafeln mit Statistiken, Kurventafeln usw. über Quarantäne⸗, Impf⸗, bakteriolo⸗ gische Untersuchungeanstalten, Desinfektionsschulen usw. Durchschreiten wir schließlich den Verbindungsgang, der zum Vorsaal für den Reiche⸗ tagsvorstand führt, so können wir hier u. a. die Bedeutung der Augenheilkunde für den Krieg studieren; ferner ist hier eine Aus⸗ stellung der verschtedenartigsten Uniformen und Trachten des Personals der Freiwilligen Krankenpflege, z. B. der Johanniter⸗ und Malteserritter mit einer Sammlung von photographischen Aufnahmen der Krankenpflege in staatlichen und Vereinslazaretten und Lazarettzügen; und endlich in dem Vorsaal selbst finden sich Gemälde, Photographien und statistische Uebersichten, die die

auf eine vielhundertjährige Vergangenbeit zurückblickende, auch kultur⸗

geschichtlich so interessante Tätigkeit des Johanniterordens und der deutschen Organisationen des Souveränen Malteser; ordens darlegen. In der Mitte des Saales ist ein großartiges Modell der unter dem Schutze des Johanniterordens stehenden Ge⸗