Artikel 2. — An die Stelle des § 2 des im Artikel 1 genannten Gesetzes in
d Fassung von Arttkel 1 der Bekanntmachung über Höchstpreise vom 28. Oktober 1914 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 458) treten folgende Vor⸗
schriften:
Das Eigentum an Gegenständen, für die Höchstpreise festgesetzt
88 kann durch Anordnung der zuständigen Behörde einer von ihr bezeichneten Person auf deren Antrag übertragen werden. Die Aa⸗ ordnung ist an den Besitzer der Gegenstände zu richten; sie ist nicht auf die einem Landwirt zur Fortführung seiner Wirtschaft erforder⸗ lichen Vorräte zu erstrecken. Das Eigentum geht über, sobald die Anordnung dem Besitzer zugeht.
Der Anordnung hat eine Aufforderung der zuständigen Behörde zur Ueberlassung vorauszugehen. Die Aufforderung hat die Wirkung, daß Verfügungen über die von ihr betroffenen Gegenstände nichtig sind; den rechtsgeschäftlichen Verfügungen stehen Verfügungen gleich, die im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung erfolgen. Die Landeszentralbehörde, in deren Bezirk sich die Gegenstände be⸗
finden, kann hestimmte Personen ermächttgen, eine solche Aufforderung zu erlassen; die von einer hiernach ermächtigten Person erlassene Auf⸗ forderung wird unwirksam, wenn sie nicht binnen einer Woche, nach⸗ dem sie dem von ihr Betroffenen zugegangen ist, durch Erlaß von der Behörde bestätigt wird. Der von der Anordnung Betroffene ist verpflichtet, die Gegen⸗ stände bis zum Ablauf einer von der Behörde in der Anordnung zu bestimmenden Frist zu verwahren. Die Behötde kann eine Vergütung für die Verwahrung festsetzen. G Der Uebernahmepreis wird unter Berücksichtigung des Höchst⸗ preises sowie der Güte und Verwendbarkeit der Gegenstände von der böheren Verwaltungsbehörde nach Anhörung von Sachverständigen endgültig festgesetzt. Handelt es sich um Gegenstände, deren Höchst⸗ preis sich zu bestimmten Zeitpunkten ändert, so ist der zur Zeit der Anordnung geltende Höchstpreis zu berücksichtigen. 1 Bezieht sich die Anordnung auf Erzeugnisse eines Grundstücks, so werden diese von der Haftung für Hypotheken, Grundschulden und Rentenschulden tfrei, soweit sie nicht vor der Auftorderung (Abs. 2) zugunsten des Gläubigers in Beschlag genommen worden sind.
2
§ 2 a.
Soweit für Getreide Höchstpreise festgesetzt sind, kann die An⸗ ordnung (§ 2 Abs. 1) getroffen werden, bevor das Getreide ausge⸗ droschen ist. Das Eigentum an dem Getreide geht in diesem Falle auf die von der Behörde bezeichnete Person über, sobald das Ge⸗ treide ausgedroschen ist. Bis zu diesem Zeitpunkt erstrecken sich die Wirkungen der Aufforderung auch auf den Halm. Die Behörde kann bestimmen, daß das Getreide von dem von der Anordnung Be⸗ troffenen mit den Mitteln seines landwirtschaftlichen Betriebs binnen einer zu bestimmenden Frist ausgedroschen wird. Kommt der Ver⸗
flichtete dem Verlangen nicht nach, so kann die Behörde die ge⸗ forderten Handlungen auf seine Kosten durch einen Dritten vornehmen lassen; der Verpflichtete hat die Vornahme in seinen Wirtschafts⸗
räumen und mit den Mitteln seines Betriebs zu gestatten.
§ 2 b.
Die zuständige Behörde kann den Besitzer von Gegenständen, für die Höchstpreise festgesetzt sind, auffordern, die Gegenstände zu den festgesezten Höchstpreisen zu verkaufen. Weigert sich ein Be⸗ säer⸗ der Aufforderung nachzukommen, so kann die zuständige
ehörde die Gegenstände übernehmen und auf Rechnung und Kosten des Besitzers zu den festgesetzten Höchstprelsen verkaufen, soweit sie nicht für dessen eigenen Bedarf nötig sind.
Artikel 3. An die Stelle des § 4 des im Artikel 1 genannten Gesetzes treten folgende Vorschriften:
Mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bis zu zehntausend Mark wird bestraft: 1 8 1) wer die nach § 1 festgesetzten Höchstpreise überschreitet;
) wer einen andern zum Abschluß eines Vertrags auffordert, durch den die Höchstpreise überschritten werden, oder sich zu einem solchen Vertrag erbietet;
3) wer einen Gegenstand, der von etner Aufforderung (§§ 2, 2 a) betroffen ist, beiseite schafft, beschädigt oder zerstört;
4) wer der Aufforderung der zuständigen Behörde zum Ver⸗ kaufe von Gegenständen, für die Höchstpreise festgesetzt sind (§ 2 b), nicht nachkommt; 8
5) wer Vorräte an Gegenständen, für die He festgesetzt sind, dem zuständigen Beamten gegenüber ve heimlicht;
6) wer den nach § 3 erlassenen Ausführungsbestimmungen zuwiderhandelt.
Artikel 4.
Soweit in Verordnungen auf Vorschriften verwiesen ist, die durch diese Verordnung außer Kraft gesetzt werden, treten an deren Stelle die entsprechenden Vorschriften dieser Verordnung⸗
Artikel 5.
Der Reichskanzler wird ermächtigt, den Text des Gesetzes, be⸗ treffend Höchstpreise, vom 4. August 1914 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 339), wie er sich aus den Aenderungen ergibt, welche in der Bekanntmachung über Höchstpreise vom 28. Oktober 1914 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 458) und in dieser Verordnung vorgesehen sind, in fortlaufender Nummerfolge der Paragraphen durch das Reichs⸗Gesetzblatt bekannt zu machen.
Artikel 6. Diese Verordnung tritt mit dem Tage der Verkündung in Kraft.
Berlin, den 17. Dezember 1914. 8 Der Stellvertreter des Reichskanzl 8
8
Bekanntmachung
über die Vertretung eines Genossen in der General⸗ versammlung einer Erwerbs⸗ und Wirtschafts⸗ genossenschaft und über das Ausscheid
1 68
Genossenschaft. Vom 17. Dezember 1914.
Der Bundesrat hat auf Grund des § 3 des Gesetzes über die Ermächtigung des Bundesrats zu wirtschaftlichen Maß⸗ nahmen usw. vom 4. August 1914 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 327) folgende Verordnung erlassen:
8 S 8 1
Gehört ein Genosse einer eingetragenen Genossenschaft zu den Personen, die im § 2 des Gesetzes, betreffend den Schutz der infolge des Krieges an Wahrnehmung ihrer Rechte behtnderten Personen, vom 4. August 1914 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 328) bezeichnet sind, so kann er sjein Stimmrecht in der Generalversammlung durch einen Bevoll⸗ mächtigten ausüben. Für die Vollmacht ist die schriftliche Form er⸗ forderlich und genügend. Ein Bevollmächtigter kann mehr als einen Genossen vertreten. 6
Ist bei dem Gerichte, das die Liste der Genossen führt, infolge des Krieges ein, wenngleich nur vorübergehender, Stillstand der Rechts⸗ pflege eingetreten, so gilt, falls die Tatsache, die gemäß 8§ 65 bis 68 des Gesetzee, betreffend die Erwerbs⸗ und Wirtschaftsgenossenschaften, das Ausscheiden eines Genossen begründet, nicht bis zum Schlusse des
schäfte jahrs, zu dem das Ausscheiden erfolgen soll, in die Liste ein⸗
getragen ist, das Ausscheiden auch ohne Eintragung mit dem Schlusse es Geschäftejahrs als erfolgt. Unter der gleichen Voraus⸗ sc re⸗ falls der Tod eines Genossen nicht bis zum Schlusse 22 gjahrs in die Liste der Genossen eingetragen ist, die im § 125 Abs. 2 des Gesetzes gegebene Vorschrift üͤher die Haftung des
zuholen.
Erben für die bis zum Tage der Eintragung von der Genossenschaft eingegangenen Verbindlichkeiten keine Anwendung.
Die im § 69 des Gesetzes bezeichnete Verpflichtung des Vor⸗ standes, die Eintragung in die Liste zu veranlassen, wird durch die Vorschriften des Abs. 1 nicht berührt; konnte der Vorstand der Ver⸗ pflichtung nicht bis zu dem im § 69 bezeichneten Zeitpunkt nach⸗ tommen, so hat er das Ausscheiden in dem von ihm geführten Ver⸗ zeichnis der Genossen zu vermerken und das zur Eintragung in die Liste Erforderliche unverzüglich nach Wegfall des Hindernisses nach⸗
Diese Verordnung tritt mit dem Tage der Verkündung in Kraft.
Berlin, den 17. Dezember 1914. “ Der Stellvertreter des Reichskanzlers. heee 88
Bekanntmachung, betreffend die Fristen des Wechsel⸗ und Scheckrechts für Elsaß⸗Lothringen, Ostpreußen usw.
Vom 17. Dezember 1914.
Der Bundesrat hat auf Grund des § 3 des Gesetzes über die Ermächtigung des Bundesrats zu wirtschaftlichen Maß⸗ nahmen usw. vom 4. August 1914 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 327) folgende Verordnung erlassen:
Für solche Wechsel oder Schecks, die in Elsaß⸗Lothringen, in der preußischen Provinz Ostpreußen oder in Westpreußen in den Kreisen Marienburg, Elbing Stadt und Land, Stuhm, Marienwerder, Rosen⸗ berg, Graudenz Stadt und Land, Löbau, Culm, Briesen, Strasburg, Thorn Stadt und Land zahlbar sind, sowie für solche im Stadtkreis Danzig zahlbare gezogene Wechsel, die als Wohnort des Bezogenen einen Ort angeben, der in Ostpreußen oder in einem der bezeichneten westpreußischen Kreise gelegen ist, werden in Ansehung der Fristen für die Vornahme einer Handlung, deren es zur Ausübung oder Er⸗ haltung des Wechselrechts oder des Regreßrechts aus dem Scheck be⸗ darf, soweit die Fristen nicht am 31. Juli 1914 schon abgelaufen waren, die nachstehenden Bestimmungen getroffen:
I. Der § 2 der Bekanntmachung vom 29. August sowie die Bekanntmachungen vom 8. und 24. “ vom 22. Oktober und vom 23. November 1914 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 387, 399, 413, 449, 482) werden aufgehoben.
II. Die Fristen 1 soweit sich nicht aus anderen Vorschriften ein späterer Ablauf ergibt, zu dem im folgenden bezeichneten Zeit⸗ punkt ab: 8 1) wenn der Zahlungstag des Wechsels oder der sonstige für
den Beginn der Frist maßgebende Zeitpunkt vor dem 1. Ja⸗
nuar 1915 eingetreten ist, B fünf Monate nach dem Beginne der Frist, jedoch frühestens mit dem 1. Februar 1915; 8 2) wenn der Zahlungstag des Wechsels oder der sonstige für den Beginn der Frist maßgebende Zeitpunkt am 1. Januar
1915 oder später eintritt, mit dem 31. Mai 1915.
Die Vorschriften dieser Verordnung finden keine Anwendung auf die Frist, innerhalb deren nach den gesetzlichen Vorschriften der Regreßpflichtige von der Nichtzahlung des Wechsels oder Schecks zu benachrichtigen ist.
Diese Verordnung tritt Tage der Verkündung in Kraft. Berlin, den 17. Dezember 1914. “ Der Stellvertreter des Reichskanzlers.
Delbrück.
Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 114 des Reichsgesetzblatts enthält unter Nr. 4573 eine Bekanntmachung über eine Aenderung des Gesetzes, betreffend Höchstpreise, vom 4. August 1914 (Reichs⸗ gesetzbl. S. 339), und der Bekanntmachung über Höchstpreise vom 28. Oktober 1914 (Reichsgesetzbl. S. 458), vom 17. De⸗ zember 1914, unter Nr. 4574 eine Bekanntmachung der Fassung des Höchst⸗ preisgesetzes, vom 17. Dezember 1914, unter Nr. 4575 eine Bekanntmachung über die Vertretung eines Genossen in der Generalversammlung einer Erwerbs⸗ und Wirtschaftsgenossenschaft und über das Ausscheiden aus der Genossenschaft, vom 17. Dezember 1914, und unter Nr 4576 eine Bekanntmachung, betreffend die Fristen des Wechsel⸗ und Scheckrechts für Elsaß⸗Lothringen, Ostpreußen usw., vom 17. Dezember 1914. Berlin W. 9, den 19. Dezember 1914. Kaiserliches Postzeitungsamt. b
Königreich Preußen.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem Geheimen Obermedizinalrat und vortragenden Rat im Ministerium des Innern, Professor Dr. Dietrich den Charakter als Wirklicher Geheimer Obermedizinalrat mit dem Range der Räte erster Klasse zu verleihen.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:
den Baurat Gerhard de Jonge in Mülhausen im Elsaß
zum etatmäßigen Professor an der Technischen Hochschule in Danzig zu ernennen.
Auf Grund Allerhöchster Ermächtigung Seiner Majestät des Königs hat das Staatsministerium infolge der von der Stadtverordnetenversammlung in Bitterfeld getroffenen Wahl den Bürgermeister Paul Fruhner in Triebel als besoldeten Beigeordneten der Stadt Bitterfeld für die gesetzliche A dauer von zwölf Jahren bestätigt. “
Justizministerium
Dem Amtsgerichtsrat, Geheimen Justizrat Schulze in
Prundenburg a. H. ist die nachgesuchte Dienstentlassung mit ension,
dem Notar, Justizrat Sachs in Kattowitz die nachgesuchte Entlassung aus dem Amt erteilt. 1
In der Liste der Rechtsanwälte sind gelöscht die Rechts⸗ anwälte: Geheimer Justizrat Sachs bei dem Amtsgericht in Kattowitz, Dr. Mauer bei dem Landgericht I in Berlin, Knapp und Dr. Strieder bei dem Landgericht II in Berlin,
““ 1
Urbach bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Liegnitz,
88
Staub bei dem Amtsgericht in Charlottenburg, Dr. Abicht bei dem Amtsgericht in Striegau, Molls bei dem Amtsgericht in Blankenheim (Eifel), Jesse bei dem Amtsgericht in Lichtenau (Westf.), von Haenlein bei dem Amtsgericht in Stolberg a. Harz und Blach bei dem Amtsgericht in Bergen auf Rügen.
Mit der Löschung des Rechtsanwalts Jesse ist zugleich sein Amt als Notar erloschen.
In die Liste der Rechtsanwälte sind eingetragen: der Notar, Justizrat Dr. Schmitz bei dem Amtsgericht in Mettmann, die Rechtsanwälte: Dr. Herzfeld außer bei dem Landgericht auch bei dem Amtsgericht in Potsdam, Urbach aus Liegnitz bei dem Amtsgericht in Lüben, Dr. Abicht aus Striegau bei dem Amtsgericht in Strehlen, Jesse aus Lichtenau (Westf.) bei dem Amtsgericht in Geseke, von Haenlein aus Stolberg a. Harz bei dem Amtsgericht in Ilfeld, Blach aus Bergen auf Rügen bei dem Amtsgericht und der Kammer für Handels⸗ sachen in Stralsund, die früheren Gerichtsassessoren: Dr. Gro 6⸗ mann bei dem Landgericht III in Berlin mit dem Wohnsitz in Charlottenburg und Dr. Arthuk Peiser bei dem Land⸗ gericht III in Berlin.
Der Amtsgerichtsrat Dr. von Selle in Gleiwitz und der Notar, Justizrat Dr. Karl Becker in Cöln sind gestorben. 3
Ministerium für Handel und Gewerbe.
Auf Grund der Verordnung, betreffend die zwangsweise Verwaltung französischer Unternehmungen, vom 26 No⸗ vember 1914 (Reichsgesetzbl. S. 487) ist über folgende Firmen die zwangsweise Verwaltung angeordnet:
Louis Dreyfus & Co. in Berlin, Burgstraße 28 (Verwalter Bankier Ernst Wallach, Berlin W., Tauben⸗ straße 16 — 18);
Zenith Vergaser Gesellschaft m. b. H. in Halensee, Karls⸗ ruher Straße 7/8 (Verwalter Direktor Max Uhle⸗ mann in Charlottenburg, Dernburgstraße 49);
Literaria Filmgesellschaft m. b. H. in Tempelhof, Oberland⸗ straße 27/28 (Verwalter Stadtverordneter Otto Mosgau in Charlottenburg, Fasanenstraße 20);
Pathé Frêres & Co. Gesellschaft m. b. H. in Berlin, Friedrichstraße 235 (Verwalter Stadtverordneter Otto Mosgau in Charlottenburg, Fasanenstraße 20);
Deutsche Gaumont Gesellschaft m. b. H. in Berlin, Friedrich⸗
straße 20 (Verwalter Stadtverordneter Otto Mosgau
in Charlottenburg, Fasanenstraße 20).. Berlin, den 12. Dezember 1914. Der Minister für Handel und Gewerbe.
J. V.: Dr. Göppert.
Ministerium der öffentlichen Arbeiten.
Den Regierungsbaumeistern des Wasser⸗ und Straßen⸗ Bncne Ecke in Brieg und Schäfer (Karl) in Ebers⸗ walde sind etatsmäßige Stellen als Regierungsbaumeister ver⸗ liehen worden.
Ministerium für Landwirtschaft, Domänen
und Forsten.
Der Ansiedlungskommissionssekretär Schiebusch aus Posen ist zum Geheimen expedierenden Sekretär und Kalkulator im Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten ernannt worden. 1
Nichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 19. Dezember 1914.
Der Bundesrat versammelte sich heute zu einer Plenar sitzung; die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Justizwesen, der Ausschuß für
wesen hielten heute Sitzungen.
im Publikum ist vielfach die Meinung vertreten, daß es zulässig sei, an die Truppen im Felde mit der Festpost auch Zündhölzer zu versenden, wenn diese in feste, gegen Druck widerstandsfähige Behältnisse (Blechkästen oder dergl.) verpackt
werden. Diese Ansicht ist, wie „W. T. B.“ mitteilt, unzu⸗
treffend und geeignet, dem Absender u. U. eine schwere Ver⸗ antwortlichkeit aufzubürden. Von amtlicher Seite ist mit Rücksicht
auf die wiederholt vorgekommenen Selbstentzündungen von Postsendungen und die dadurch hervorgerufenen umfangreichen Brände vor der Versendung feuergefährlicher Gegenstände durch die Feldpost dringend gewarnt worden. Erst vor kurzem ist
wieder ein Postkraftwagen auf der Etappenstraße wahrscheinlich
infolge von Selbstentzündung von Postsendungen in Brand
geraten und hat zwei Drittel seiner Ladung durch Feuer eingebüßt.
Zu den
feuergefährlichen Gegenständen ö auch Reib⸗
oder Streichzünder und Zünd
erzchen“ bezeichneten Wachsstreichzünder; sie unter keinen Umständen, mag die Verpackung nach An⸗
sicht des Erzeugers oder Absenders auch noch so dauerhaft und sichernd eingerichtet sein, mit der Post, auch nicht als
Beipack zu Feldpostbriefen usw. versandt werden. Wer diesem Verbot zuwiderhandelt, kann nicht nur die All⸗ gemeinheit empfindlich schädigen, sondern hat auch mit seiner Person — vorbehaltlich der Bestrafung nach den Gesetzen für jeden entstehenden Schaden zu haften. b
Durch die Bekanntmachung des Bundesrats vom 28. Ok⸗ tober d. J. (Reichsgesetzbl. S. 460) ist das Verfüttern von mahlfähigem Roggen und Weizen, auch geschrotet, sowie von Roggen⸗ und Weizenmehl, das zur Brotbereitung geeignet ist, verboten. Da es sich, wie „W. T. B.“ mitteilt, ergeben hat, daß hiernach noch Zweifel darüber bestehen, ob es gestattet ist, Getreide und Mehl der angegebenen Art gewerblich zur Be⸗ reitung von Futtermitteln zu verwenden, bestimmt der Ober⸗ befehlshaber in den Marken, Generaloberst von Kessel, in Ausführung der genannten Bundesratsbekanntmachung kraft der auf ihn gemäß § 4 des Gesetzes über den Belagerungszustand
Handel und Verkehr,
die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Zoll⸗ und Steuerwesen sowie der Ausschuß für Zoll⸗ und Steuer⸗
ölzchen Art einschließlich der im Geschäftsverkehr als ürfen
übergegangenen vollziehenden Gewalt für die Stadtgemeinde Berlin und die Provinz Brandenburg: Mahlfähiger Roggen und Weizen, auch geschrotet, sowie Roggen⸗ und Weizenmehl, das allein oder in Ver⸗ mischung mit anderen Mehlen zur Brotbereitung geeignet ist, darf nicht zur gewerblichen Bereitung von Futter⸗ mitteln verwendet werden.
Deer heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ sind die Aus aben 280 und 281 der Deutschen Verlustlisten beigelegt. ie enthalten die 106. Verlustliste der reußischen Armee, die 124. Verlust liste der bayerischen rmee und die 78. Verlustliste der sächsischen Armee.
Baden.
Wie das stellvertretende Generalkommando des XIV. Armee⸗ korps mitteilt, hat Seine Majestät der Kaiser, wie „W. T. B.“ meldet, unter dem 17. Dezember an den General der Infanterie Gaede in Freiburg in Baden folgendes Tele⸗ gramm gelangen lassen:
Majestät sprechen Eurer Exzellenz und den Ihnen unterstellten Truppen Anerkennung und Kaiserlichen Dank für die in den letzten Tagen bewiesenen vortrefflichen Leistungen bei dem Schutze deutschen
Landes a — Für die Richtigkeit: v. Falkenhayn.
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Khedive von Aegypten, Abbas Hilmi Pascha, ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern im strengsten Inkognito in Wien eingetroffen.
— Der Arbeitsausschuß der Kriegskommission für Konsumenteninteressen hat beschlossen, dahin zu wirken, daß der in Deutschland geschaffene Kriegsausschuß für
Konsumenteninteressen mit der österreichischen Kommission Hand in Hand arbeite, um die berechtigten Konsumenteninteressen in
8 beiden Staaten wirkungsvoller vertreten zu können.
Großbritannien und Irland.
Seit Beginn des Krieges sind an der Ostküste zahlreiche Versicherungen gegen Beschie ßung aufgenommen worden. Die Versicherung erfolgte anfangs zu nominellen Raten, viel⸗ fach zu 5 oder 10 Schilling für 100 Pfund Sterling. Später stiegen die Raten. In Hartlepool wurden Versicherungen mit
8 Raten bis 89 1 Pfund abgeschlossen. Jetzt, nach dem Bericht
über die Beschießung, wurden Raten von 30 Schilling bis zu G 5 Pfund gefordert. Wie die „Times“ meldet, sind in Hartlepool bereits 90 Leichen gefunden worden und es ist sehr möglich, daß noch mehr in den in Trümmer geschossenen Häusern liegen. Die Zahl der Verwundeten geht bereits in die Hunderte; verschiedene von diesen sind so schwer verletzt, daß an ihrem Aufkommen geemetfr wird. Die Beschießung war viel hestiger als man sich anfangs vorstellte.
— Das Berufungsgericht in London hat das Urteil gegen den früheren deutschen Konsul Ahlers aufgehoben.
Frankreich.
Der Finanzminister Ribot verlas gestern im Bud getaus⸗ schuß der Kammer ein Exposé, das dem Gesetzantrag über die vorläufigen Budgetzwölftel beigefügt ist. Er erklärt darin, daß bei Kriegsausbruch nicht alle Maßnahmen getroffen waren, um größeren finanziellen Anstrengungen zu begegnen, und legt
ferner dar, daß die dringendste Aufgabe die Wiederherstellung
es Handelskredites sei und daß die Banque de France ver⸗ pflichtet sei, zu diesem Zweck Handeltreibenden und Industriellen weitgehende Kredite einzuräumen.
— Eine Anzahl Parlamentarier und Journalisten trat estern im Senat unter dem Vorsitz Clemenceaus zusammen und ernannte eine Abordnung, die dem Ministerpräsidenten Viviani einen Einspruch gegen die willkürliche und ungesetzliche Art der derzeitigen Ausübung der politischen und administrativen Zensur unterbreiten soll.
— Der Pariser Munizipalrat hat die Ausgabe von 140 Millionen Francs 5 %½ prozentiger städtischer Gut⸗ scheine beschlossen, wovon der Staat 48 Millionen Francs zu übernehmen verpflichtet ist. 1X““
8
Italien.
1“ gestrigen Sitzung des Senats beantragte der Senator Levi, daß der Senat in die Ferien gehe.
Wie „W. T. B.“ meldet, richtete Levi einen Gruß an den Hrüstdenten des Senats, den Ministerpräsidenten und die
inister und sprach den Wansch aus, daß das Jahr 1915 das Ende des Streites bringe, der so viele Millionen Menschen in Angst und Sorge halte. Italien werde in jedem Falle, stark durch die Eintracht seiner Kinder und vertrauend auf die Armee und Marine, zu der friedlichen oder kriegerischen Tat bereit sein, die ihm die Wahrung seiner Rechte und sein Ansehen als Großmacht gebieten werde. Der Ministerpräsident Salandra dankte für den an die Regierung gerichteten Gruß und schloß sich von ganzem Herzen dem Wunsche an, daß das Jahr 1915 die Wieder⸗ herstellung des Weltfriedens bezeichne. Wie vor einem Jahrbundert das Jahr 1815 das Jahr gewesen sei, das einen Frieden gebracht habe, den Italien zerreißen mußte, um sich als Nation wieder auf⸗ zubauen, so wünsche er, daß auch das Jahr 1915 das Jahr eines Friedens werden möge, durch den Italien mehr Ruhm und Größe erwerbe. Der Präsident des Senats Manfredi gab seinem Be⸗ dauern Ausdruck über den mörderischen Krieg, der Europa in Blut bade, und sagte, der beste Wunsch für das Vaterland, das im Jahre 1815 begraben worden sei, sei der, daß es 1915 als Großmacht erlebe, Herr seiner Geschicke sei und selbst nicht beun⸗ ruhigt dem Unwetter zuschaue, das Europa in seinen Grundfesten erschüttere. Italien folge seiner Bestimmung, geschützt von der Ein⸗ gch seiner Söhne und der Stärke seiner Waffen. Die Männer, ie die Regierung bildeten und das volle Vertrauen des Parlamentes und des Landes verdienten, würden klarblickende Werkzeuge der Be⸗ stimmung Italiens fein, das sie in seinem Recht unversehrt bewahren würden, um es, wenn die Stunde und die Gelegenheit komme, mit
den vereinten Kräften des Rechte en zu neuer Grö “ chts und der Waffen zu neuer Größe
„Der Senat vertagte sich darauf auf unbestimmte Zeit.
ie Kammer hat in der gestrigen Sitzung die Budgets des Kriegs⸗ und des Unterrichtsministeriums an genommen.
häuser geplündert und verbrannt.
Schweden.
Der König von Dänemark und der König von Nor⸗ wegen trafen gestern vormittag in Malmö ein. Beide Herrscher wurden von dem König von Schweden empfangen und unter lebhaften Kundgebungen der Bevölkerung nach der Residenz geleitet, wo bald nach der Ankunft der Monarchen die Konferenz begann. Mittags wurde den drei Königen von den Studenten auf dem Großen Markt, an dem die Re⸗ sidenz liegt, eine Huldigung dargebracht. Als die Könige auf dem Balkon erschienen, brauste ihnen ein Sturm der Begeiste⸗ rung entgegen. Der Sprecher des Studentenkorps aus Lund hielt eine Änsprache, in der er betonte, daß die Zusammenkunft ein glückliches historisches Ereignis während des Krieges bilde, und sagte:
Wir haben das Glück, den Willen zum Vertrauen, der die Völker des Nordens beseelt, personifiziert vor uns zu sehen. Im Namen der akademischen Jugend verspreche ich, daß wir alles tun wollen, um die Verbindung zwischen den Hochschulen des Nordens zu stärken unter Wahrnehmung der nationalen Eigenart jedes Landes. In unsere Huldigung schließen wir die innige Hoffnung ein, daß ewig Vertrauen zwischen den Völkern des Nordens herrschen möge.
Die Rede schloß mit einem vierfachen — des Nordens für die drei Könige, worauf einmütig der schwedische National⸗ gesang gesungen wurde. Der Sprecher des Studentenkorps und einige Vertreter der akademischen Lehrer wurden vom Könige in die Residenz befohlen. Darauf marschierten die Studenten unter Gesang vor den Königen vorbei, die herzlich grüßten. Abends gab der König von Schweden zu Ehren der Könige von Dänemark und Norwegen ein Mahl, an dem auch die Minister des Aeußern und einige andere Geladene teil⸗ nahmen. Nach dem Essen fand ein Konzert im Rathause statt, das, wie auch die übrigen Gebäude des Großen Marktes, glänzend beleuchtet war. Vor dem Rathause staute sich die Menge und brachte den Majestäten begeisterte Huldigungen dar.
Der Senat hat an den deutschen Bundesrat, das öster⸗ reichische Herrenhaus und das ungarische Magnatenhaus Tele⸗ gramme gerichtet, worin er seinen warmen und brüderlichen Wünschen für den Erfolg ihrer Armeen Ausdruck verleiht
Amerika.
Einer Erklärung des Präsidenten Wilson zufolge sind die Vereinigten Staaten durch keinen Vertrag verpflichtet, gegen das Gesetz des Staates Arizona über fremde Arbeiter einzuschreiten, das von allen Arbeitgebern verlangt, daß 80 Prozent ihrer Arbeiter amerikanische Bürger seien. Wie der „Daily Telegraph“ meldet, haben der britische und der italienische Botschafter die Bundesregierung auf das Gesetz aufmerksam gemacht und betont, daß hier eine unter⸗ schiedliche Behandlung vorliege. Bryan und Wilson meinen aber, daß keine unterschiedliche Behandlung vorliege und kein Vertrag verletzt sei. Die Union wird also nicht einschreiten, auch nicht im Falle eines Protestes.
— Der Staatssekretär Bryan hat, wie „W. T. B.“ meldet, dem britischen Botschafter mitgeteilt, daß die im Kongreß eingebrachte Bill, die die Ausfuhr von Kriegsmaterial für Kriegführende völlig verbieten will, nicht die Unter⸗ stützung der Regierung besitze.
Asien.
Im japanischen Abgeordnetenhause stößt das Budget auf beträchtlichen Widerspruch. Wie das „Reutersche Bureau“ mitteilt, betragen die veranschlagten Ausgaben 55 639 600 Pfd. Sterl. Das Schiffsbauprogramm umfaßt 8 Torpedobootszerstörer und zwei Unterseeboote, außer den be⸗ reits bewilligten drei Schlachtschiffen. Ein dem Parlament vorgelegter Ergänzungsvorschlag fordert vier Millionen Nen für die Krönung des Kaisers.
Nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ ist in I1 das englische Protektorat verkündigt worden.
— Dem „Temps“ zufolge berichtete ein französischer Offizier, der an der Aktion in Kamerun teilgenommen hat, daß Duala nach einer heftigen Beschießung durch eine Flottille eingenommen worden sei. Die Eingeborenen hätten alle Lager⸗ Ungefähr 10 hätten er⸗ schossen werden müssen, damit die Unruhen aufhörten. Alle Kolonisten seien nach Kotonu gebracht worden, die Garnison hätte sich in das Innere des Landes zurückgezogen.
— Wie das „Reutersche Bureau“ aus Pretoria meldet, ist einer amtlichen Mitteilung zufolge den Buren unter dem Kommandanten Fourie am 16. d. M. zwischen Rustenburg und IuI“ ein heftiges Gefecht geliefert worden. Der
ampf dauerte bis zum Eintritt der Dunkelheit, worauf die Regierungstruppen mit Hilfe von Polizeitruppen die Stellung der Buren erstürmten. Diese ergaben sich nach einem Bajonett⸗ gefecht. 45 Buren, unter ihnen Fourie, wurden ö genommen.
Der Premierminister, General Botha hat kürzlich in Pretoria eine Rede gehalten, in der er seine Genugtuung über die glänzende Unterstützung der Regierung durch beide Parteien ausdrückte und sagte, er sehe mit Vertrauen in die Zukunft⸗ wenn das Nationalitätengesetz ausgeschaltet wäre. Er wisse wohl, daß der Feldzug in Deutsch Südwest⸗ afrika ein heftiger Faeng sein werde, aber wenn man einig sei, brauche man sich vor dem Ergebnis nicht zu fürchten.
Kriegsnachrichten.
Westlicher Kriegsschauplaz.
Großes Hauptquartier, 19. Dezember, Vormittags. F T. B.) Im Westen erfolgte gestern eine Reihe von feind⸗ lichen Angriffen. Bei Nieuport, Birschote und nördlich La Bassée wird noch gekämpft, vwestlich Lens, östlich Albert und westlich Noyon wurden die Angriffe ab geschlagen. Oberste Heeresleitung.
Handhaben der Angriffswaffen.
SOestlicher Kriegsschauplatz. „Großes Hauptquartier, 19. Dezember, Vormittags. (W. T. B.) An der ostpreußischen Grenze wurde ein russischer Kavallerieangriff westlich Pillkallen zurückgewie sen In Polen wurde die Verfolgung fortgesetzt. Oberste Heeresleitung.
Wien, 18. Dezember. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: Die geschlagenen russischen Hauptkräfte werden aus der ganzen über 400 km breiten Schlachtfront von Krosno bis zur Bzura⸗Mündung verfolgt. Gestern wurde der Feind auch aus seinen Stellungen im nördlichen Karpathenvorla nde zwischen Krosno und Zakliczyn Am unteren Dunajec stehen die verbündeten Truppen im Kampfe mit gegnerischen Nachhuten. In Südpolen vollzog sich der Vormarsch bisher ohne größere Kämpfe. Piotrkow wurde vorgestern vom K. und K. Infanterieregiment Wilhelm J. Deutscher Kaiser und König von Preußen Nr. 34, Przedborz gestern von Abteilungen des Nagyszebener Infanterieregiments Nr. 31 erstürmt Die heldenmütige Besatzung von Przemysl setzte ihre Kämpfe im weiteren Vorfelde der Festung erfolgreich fort. Die Lage in den Karpathen hat sich noch nicht wesentlich geändert.
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: von Hoefer, Generalmajor.
geworfen.
Der Krieg der Türkei gegen den Dreiverband.
Konstantinopel, 18. Dezember. (W. T. B.) Berich des Hauptquartiers. Ein englischer Kreuzer, der sei einigen Tagen vor Akaba kreuzte, landete dort Truppen, di jedoch von unseren herbeieilenden Truppen angegriffen un gezwungen wurden, sich wieder einzuschiff Unser Feuer zer störte den Scheinwerfer des Kreuzers.
11“
Parlamentarische Nachrichten.
Bei der gestrigen Reichstagsersatzwahl im Wahl⸗ kreise Bromberg 1 wurden, wie „W. T. B.“ meldet, nach vorläufigen amtlichen Ermittlungen bei 30 718 Wahlberechtigten 11 290 gültige Stimmen abgegeben. Davon fielen auf den Rittergutsbesitzer Dr. Rösicke⸗Görsdorf (Kons.) 11 267 Stimmen; 13 waren zersplittert. Dr. Rösicke ist somit ge⸗ wählt.
Kunst und Wissenschaft. 8
A. F. In der Gesellschaft für deutsche Vorgeschicht⸗ sprach neulich der Dr. Martin Jahn⸗Breslau über das Thema: Die Kriegführung der Germanen zur Römer⸗ zeit“ unter Begleitung zahlreicher Lichtbilder. Am Beginn unserer Zeitrechnung, so leitete der Redner seinen Vortrag ein, treffen wir das Germanentum in einer der heutigen ähnlichen Lage. Die Weltmacht der damaligen Zeit, Rom, hatte sich fast die ganze damals bekannte Welt untertan gemacht und unter⸗ nahm es, als sie unter Augustus zu höchster Machtblüte gelangt, auch Germanien zu unterjochen. Da trat der weltgeschichtlich so be⸗ deutende Umschwung ein. Was keinem Volke vorber geglückt, gelang den Germanen. Sie widerstanden den römischen Legionen, gewannen sogar mtlitärisch die Uebermacht und vernichteten in der Folge, im Sturme der Völkerwanderung, das gewallige römische Reich. — Welches sind die Wurzeln dieser ungeheueren Kriegskraft der Germanen?
Ueber die Bewaffnung der Germanen besitzen wir zwei Haupt⸗ quellen: 1) die Berichte römischer Schriftsteller; sie genügen in dieser Frage indessen keineswegs, sie sind dürftia, unklar gehalten, führen sogar irre; 2) die Tausende von Waffenfunden, die in allen Gauen Germanitens gemacht worden sind; denn die Germanen legten den ver⸗ storbenen oder im Kampfe gefallenen Kriegern die Wassen mit ins Grab. Diese Grabfunde geben uns das klarste Bild der Bewaffnung der Ger⸗ manen zur Römerzeit, ja der Entwicklung der einzelnen Waffenformen, selbst der örtlichen Unterschiede in der Waffengettaltung. Ihre Haupt⸗ waffe war die Stoßlanze, außerdem wurden von einem Teil noch Wurflanzen geführt. Die zweitwichtigste Waffe aber war das Schwert, das einschneidige sowie das zweischneidige. Als einzige Schutzwaffe steht diesen Angriffswaffen ein kleiner, leichter, dünner Holzschild gegenüber, in der Mitte dewehrt mit einem meist spitz zulaufenden eisernen Schildbuckel. Während die Angriffswaffen der Germanen denen der Römer gleichwertig waren, standen sie den Römern in der Ausbildung der Schutzwaffen sehr nach. Hierin liegt der hauptsächlichste Unterschied in der Bewaffnung beider Völker. Der Römer legte großen Wert darauf, seinen Körper zu decken durch einen festen Metallhelm, durch Brustpanzer und einen schweren Schild. Der Germane vperzichtete dagegen fast völlig auf Körperschutz, sein ganz leichter Schild genügte ihm, die feindlichen Schläge zu parieren. Der Mangel an Schutzwaffen ist indessen nicht etwa durch technisches Unvermögen der Germanen zu erklären, der Grund liegt in ihrem Charakter. Der Germane wollte beim Kampfe mög⸗ lichst fret und unbehindert sein, die beschwerende, hemmende Schutz⸗ rüstung verachtete er, er vertraute nur auf seine Geschicklichkeit im m Seine beste Verteidigung war der Hieb. Gingen doch die Germanen in ihrem Bestreben, möglichst un⸗ behindert zu sein, so weit, daß sie vor der Schlacht die Obertleider ablegten, wie die Nachrichten der römischen Schriftsteller und antike Darstellungen kämpf nder Germanen brweisen. Daß dieser urwüchsige Trieb noch heute dei den Deutschen lebt, zeigt auch der jetzige Welttrieg: In der Schlacht bei Metz entledigten sich die Bavein Sturmangriff auf die französischen Schützengräben ihrer Uniformöcke, um möglichst unde⸗ hindert (mit aufgekrempten Hemdsärmeln) auf den er ein⸗ schlagen können. Wie war nun aber die Kampfesweise der Germanen, verglichen mit derjerigen der Römer? Das römische Heer war desbalb so unwiderstehlich, weil es als einziges in damaliger Zeit im Aufbau und besonders in der strengen Mannszucht einen fast modernen Anstrich hatte. Der römische Cenkurio, etwa unserem Feldwebel entsprechend, drillte seine Leute und schweißte sie zu einem fest zusammenhaltenden Truppenkörper zu der seinen Befehlen wie ein Mann geborchte. Gleichen festen Zusammenhalt in der Truppe, die Hauptstärke eines Heeres. die Germanen auch. jedoch in ganz anderer Weise. Sie kämpften geschlechterweise zu sammen. Das Geschlecht (die Soppe), das in Friedenszeiten usammen in einem Dorfe miteinander lebte, unter der Leitung des G echts⸗ und Dorf⸗ ältesten, zog auch gemeinsam in den Kampf. So kannte jeder Germane seinen Nebenmann und Vordermann, ja war mit ihm verwandt, wußte, daß er sich auf ihn verlassen konnte. Hier derrschte also ein natar⸗ liches Zusammengebörigkeitsgefühl, gegenüber dem künstlich einge⸗ drillten Zusammenhalt der Römer. Der gegebene Unterführer dieser germanischen Truppenkörper war der Geschlechts⸗ (Dorf.) Aelteste, auf den zu höͤren die Germanen auch in Friedenszeiten gewohnt waren. Die germanische Schlachtordnung war der dichtgedrängte Gevierthaufe in der Form etnes Rechtecks, dessen schmale Scite dem Feinde zugelehrt war⸗ Mit größter Schnelligkeit liesen sie in dieser Gevierthildung gegen die feindliche Schlachtreihe mit gesällten Lanzen an. um durch die unge⸗ beuere Gewalt des Massenstoßes die Phalanx des Gegners zu durch⸗ brechen. Gelang der Purchstoß nicht, so gingen sie auf den Ruf idrer Führer wieder zurück, um den Angriff zu wiederholen — eine ze⸗ wegung vor dem Feinde, die nur ein Truxpenkörper von