Dem Maschinenbauschuldirektor, Professor Dipl.⸗Ing. Lohse ist die Stelle des Direktors der Königlichen Maschinenbau⸗ und Hüttenschule in Gleiwitz übertragen worden. “
8
Kriegsministerium.
Aenderung der Anstellungsgrundsätze vom 20. Juni 1907.
(Beschluß des Bundesrats vom 10. Dezember 1914.)
1) § 15 Absatz 1 der Anstellungsgrundsätze für den Reichs⸗ und Staatsdienst und § 11 Absatz 1 der Kommunalanstellungsgrundsätze erhalten fol⸗ genden Zusatz:
Während eines Krieges sind Militäranwärter, solange sie sich im aktiven Militärdienst befin en, als verhindert anzusehen, sich rechtzeing um eine Stelle zu bewerben, eine Annahmeprüfung abzulegen oder eine informatorische Be⸗ schäftigung abzuseisten. Bei nachträglicher Erfüllung dieser Forderung innerhalb angemessener Frist sind sie in das Be⸗ werberverzeichnis als Stellenanwäcter so aufzunehmen, als ob sie sich rechtzeitig um die Stelle beworben und dieser Reihenfolge entsprechend die Prüfung abgelegt oder eine informatorische Beschäftigung abgeleistet hätten. Als recht⸗ zeitige Meldung gilt dann für Militäranwärter, die den Zivilversorgungsschein bereits vor dem Krieg erworben haben, der erste Mobilmachungstag oder, wenn sie erst später in das Heer usw. weeder eingetreten sind, der Tag ihres Wieder⸗ eintritts in den aktiven Militärdienst; für Militäranwärter,
die den Zivilversorgungsschein während des Krieges erworben haben, der erste Tag des dreizehnten Militärdienstjahres.
2) § 15 Absatz 2 der Anstellungsgrundsätze für den Reichs⸗ und Staatsdienst und § 11 Absatz 3 der Kommunalanstellungsgrundsätze erhalten fol⸗ genden Zusatz:
Während eines Krieges sind die Militäranwärter, solange sie sich im aktiven Militärdienst befinden, als verhindert anzusehen ihre Meldung rechtzeitig zu wiederholen. Bei nachträglicher Bewerbung innerhalb angemessener Frtst sind sie im Bewerberverzeichnis zu belassen.
Erläuterung: Die Festsetzung einer „angemessenen“ Be⸗ werbungsfrist bleibt der Entscheidung des Bundesrats vor⸗ behalten. 8
Berlin, den 15. Dezember 1914. Der Kriegsminister. J. A.: Frhr. v. Langermann.
Ministerium des Innern.
Nachdem der Bundesrat durch Beschluß vom 17. Dezember d. J. einen Nachtrag zur Deutschen Arzneitaxe 1914 genehmigt hat, bestimme ich, daß dieser Nachtrag vom 1. Januar 1915 an für das Königreich Preußen in Kraft tritt, im übrigen aber die deutsche Arzneitaxe 1914 auch nach Ablauf des Jahres 1914 bis auf weiteres gültig ist.
Die amtliche Ausgabe des Nachtrags ist im Verlage der Weidmannschen Buchhandlung in Berlin SW. 68, Zimmer⸗ straße 94, erschienen und im Buchhandel zum Ladenpreise von 25 ₰ zu beziehen.
Berlin, den 22. Dezember 1914.
Der Minister des Innern von Loebell.
Finanzministeriumm. Die Rentmeisterstelle bei der Königlichen Kreiskasse in Neuhaldensleben, Regierungsbezirk Magdeburg, ist zu besetzen.
lichtamtliches. Deutsches Reich. “
Preußen. Berlin, 22. Dezember 1914.
Der Bundesrat versammelte sich heute zu einer Plenar⸗ sitzung; vorher hielten die vereinigten Ausschüsse für und Verkehr und für Justizwesen, der Ausschuß für Handel und Verkehr sowie der Ausschuß für Justizwesen Sitzungen.
Wie „Wolffs Telegraphen⸗Bureau“ mitteilt, bringen holländische Blätter in den letzten Tagen Berichte über die Beschießung der englischen Küste mit dem Vorwurf, Deutsch⸗ land respektiere nicht offene Städte. Demgegenüber sei fest⸗ gestellt, daß die englische Flotte seit Wochen völkerrechts⸗ widrig belgische Küsten⸗ und Badeorte beschießt und dort schon großen Schaden verursacht hat. So ist der Badeort Westende teilweise zerstört worden, und auch andere Orte haben stark gelitten.
Der heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ liegen die Ausgaben 283 und 284 der Deutschen Verlust⸗ listen bei. Sie enthalten die 108. Verlustliste der preußi⸗ schen Armee, die 125. Verlustliste der bayerischen Armee, die 80. Verlustliste der sächsischen Armee, die 82. Verlustliste der württembergischen Armee sowie die 13. Verlustliste der Kaiserlichen Marine.
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Seine Königliche Hoheit der Kronprinz hat nach Beendigung seiner Kur gestern Wiesbaden verlassen und sich wieder ins Feld begeben.
1 Oesterreich⸗Ungarn.
Die „Wiener Zeitung“ peröffentlicht eine Ministerialver⸗ ordnung über die Festsetzung der Höchstpreise für Hafer⸗ die im Großhandel für einen Meterzentner 23,50 bis 27,50 Kronen in den verschiedenen Kronländern betragen. Die Ver⸗ ordnung tritt am 25. Dezember in Kraft.
Großbritannien und Irland.
Der König hat an den Sultan von Aegypten ein Be⸗ grüßungstelegramm gerichtet, in dem er ihn seiner Freundschaft und Unterstützung in seiner Regierungstätigkeit versichert. Der Sultan hat dem König telegraphisch seinen Dank aus⸗
gesprochen.
anlassung des Homeoffice am Sonnabend nachmittag auf freien
— Der frühere deutsche Konsul Ahlers ist auf Ver⸗
Fuß gesetzt worden. Frankreich.
Der Ministerpräsident Viviani kündigte dem Ministerrat im Elysée an, daß die Regierung heute eine Erklärung in den Kammern abgeben werde. Der Ministerrat stimmte dem Gesetz⸗ entwurf, daß die Naturalisierung der Untertanen der feindlichen Mächte in gewissen Fällen widerrufen werden kann, zu, ebenso dem Gesetzentwurf, daß der mit Geldstrafe oder Gefängnis bestraft wird, der direkt oder durch einen Mittelsmann irgendwelche Geschäfte mit einem Untertanen einer feindlichen Macht abschließt.
— Der Finanzminister Millerand erörterte gestern im Armeeausschuß der Kammer die Frage der Bewaffnung und Lebensmittelzuf uhr und der Munition. Der Aus⸗ schuß erklärte einstimmig seine Zufriedenheit mit den ge⸗ troffenen Maßnahmen und billigte die Gesetzvorlagen bezüglich der Nationalverteidigung. Der Budgetausschuß nahm die von der Regierung geforderten Ergänzungskredite zum all⸗ gemeinen Budget an.
Nach Berichten der statistischen Gesellschaft hat das besetzte französische Gebiet, wie der „Temps“ mitteilt, eine Bevölkerungszahl von 3 255 000 Seelen, also 8,20 Proz. der gesamten französischen Bevölkerung. Der Wert der unbebauten besetzten Gebiete betrage ungefähr vier Milliarden, der Wirtschafts⸗ gebäude 1,1 Milliarden, der Fabriken 1,5 Milliarden, der Geschäfts⸗ häuser 1,2 Milliarden, der Wohnhäuser 5,5 Milliarden, des Handels⸗ und Industriematerials eine Milliarde; der Ge⸗ samtwert der besetzten Gebiete ist demnach auf un⸗ gefähr 14,5 Milliarden zu veranschlagen. Der Wert der Hypothekenschuld der besetzten Gebiete betrage ungefähr eine Milliarde.
— Die ärztliche Untersuchung der zurückgestellten und ausgemusterten Mannschaften der Jahresklassen 1894 bis 1901 im Bezirk Lyon hat am Sonnabend statt⸗ gefunden. Von 877 wurden 236 für tauglich befunden; 65 wurden in die Hilfstruppen eingereiht, 55 zurückgestellt.
Belgien.
Ueber die erfolgte Regelung der belgischen Kon⸗ tributionen erhält „Wolffs Telegraphen⸗Bureau“ folgende Darstellung:
Die am 19. Dezember gefaßten Beschlüsse der Landtage der neun belgischen Provinzen, die der Bevölkerung Belgiens vom General⸗ gouverneur auferlegte Jahreskontribution von 480 Millionen Francs durch Ausgabe von Schatzschetnen aufzubringen, erledigten eine Reihe wichtiger Fragen. Bisher waren Kontributionen einzelnen Städten auferlegt. Mehrere Kontributionen konnten überhaupt nicht oder nur zum Teil beigetrieben werden. Wo eine Finanzierung möglich war und erfolgte, war sie sehr verschiedenartig; die vielfältigen K pital⸗ beschaffnngsarbeiten waren geeignet, Verwirrung in den Kapitalmarkt zu bringen. Es erschien ferner nicht gerechtfertigt, daß die Kontribu⸗ tionen nur den Städten auferlegt waren, während das wohlhabende flache Land davon verschont blieb. Eine Vereinheitlichung der Kontributionen und ihrer Auferlegung auf das ganze Land war daber geboten. Der Weg einer Staatsanleihe oder der Begebung von Schatzscheinen durch das Land Belgien wollte die deutsche Verwaltung schon aus völkerrechtlichen Rücksichten nicht betreten, darum wurde der Weg gewählt, die Kontribution den neun Provinzen aufzuerlegen und sie für die Aufbringung des Be⸗ trages soltdarisch haftbar zu machen. Bei den Vorverhandlungen mit den Vertretern der Dépujations Permanentes zeigte sich deren Bestreben zum Entgegenkommen und selbst eine gewisse Geneigtheit zu sachlicher Mitarbeit. Namentlich fand der Vor⸗ schlag der deutschen Verwaltung, die Kontribution durch Schatzscheine aufzubringen, die von einem alle größeren belgischen Banken um⸗ fassenden Konsortium zu übernehmen und von der neu zu schaffenden Notenbank zu begeben sind, Verständnis bei den Provinzvertretern. Sie begrüßten es offenbar, daß dem Lande eine unmitttelbare Be⸗ lastung gegenwärtig erspart bleibt und die Deckung der Schatzscheine auf die Friedenszeit übertragen wird. Mit diesen Verhandlungen wurde die Regelung der Requisitionen verbunden.
Die Requtsitionen wurden bisher mit Bons bezahlt, deren Ein⸗ lösung der Zeit nach Friedensschluß vorbehalten blieb. Nunmehr sollen die Requisitionen durch Barzahlung beglichen werden. Be⸗ sondere Beachtung erforderte die Frage der Bezahlung der in Ant⸗ werpen, Gent und anderen Stapelplätzen des Landes vorgefundenen Warenvorräte, über die die Rohstoffabteilung des Kriegsministeriums verfügt. Die belgischen Eigentümer werden volle Bezahlung für die Waren erhalten, sobald sie in Deutschland ein⸗ getroffken und nach ihrem Wert abgeschätzt sind. Diese Be⸗ zahlang soll in einer Weise erfolgen, daß während des Krieges Geld⸗ übertragungen von Deutschland nach Belgien nicht stattzufinden brauchen. Es ist gewiß freudig zu begrüßen, daß es gelungen ist, mitten im Kriege neun Provinziallandtage zusammenzuberufen und sie zur Annahme des Vorschlags der deutschen Regierung zu bestimmen. Die Art und das Ergebnis der Lösung der Kontributions⸗ und Requisitionstragen wird in gleicher Weise den Forderungen des Siegers wie der Leistungsfähigkeit des Landes und seiner Verfassung gerecht und bringt in seine schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse di uu1u“] Ordnung. 8 8 “ Schweiz. 86
Nach den von den Vertretungen der Nachbarländer an das eidgenössische politische Departement gelangten Mitteilungen kann die Heimschaffung der deutschen, österreichisch⸗ungarischen und französischen Zivilinternierten durch gemeinsame Transporte als beendigt angesehen werden. Im ganzen sind rund 11 000 Personen, meist Frauen und Kinder, durch die Schweiz in ihre Heimat zurückgelangt. Die Etappenkommissionen und Heimschaffungsbureaus werden nunmehr ihre Tätigkeit am 24. Dezember einstellen. Nur das Berner Bureau wird noch
schwebende Geschäfte sowie die Abrechnung erledigen.
Amerika. 8
Der Staatssekretär Bryan erklärte der Frankfurter Zeitung“ zufolge, daß der Präsident Wilson nicht auf der Gesetzvorlage über das Verbot der Ausfuhr von Kriegs⸗
material bestehe. 8
Der Sultan von Aegypten hat an den Premier⸗ minister Ruschdi Pascha ein Schreiben gerichtet, in dem er ihm der „Times“ zufolge mitteilt, daß die britische Regierung ihn zum Khediviat mit dem Titel Sultan be⸗ rufen und daß er die Berufung angenommen habe. Der Thron werde sich in der Familie Mehemed Alis vererben. Der Sultan erklärt ferner, er wünsche das Programm wirt⸗ schaftlicher und anderer Reformen, das bereits begonnen sei, fortzusetzen, und beabsichtige, die Bevölkerung in wachsendem Maße zur Anteilnahme an der Regierungsarbeit heranzuziehen.
— Nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ ist der
*
Kriegsnachrichten.
— Westlicher Kriegsschaupla
Großes Hauptquartier, 21. Dezember, Vormittags. (W. T. B.) Französische Angriffe bei Nieuport wurden auch gestern abgewiesen. Zwischen Riche bourg⸗ l'Avoué und dem Kanal d'Aire⸗ à La Bassée griffen unsere Truppen die Stellung der Engländer und Inder an. Die feindlichen Schützengräben wurden gestürmt, der Feind aus seinen Stellungen unter schweren Verlusten geworfen. Wir erbeuteten ein Geschütz, fünf Maschinengewehre, zwei Minenwerfer und nahmen 270 Engländer und Inder, darunter zehn Offiziere, ge⸗ fangen. Der bei Notre Dame de Lorette am 18. De⸗ zember an den Gegner verlorene Schützengraben ist zurückerobert. In der Gegend Souain⸗Massiges (nordöstlich Chalons) griffen die Franzosen gestern heftig an und drangen an einer Stelle bis in unseren Vorgraben vor. Ihre Angriffe brachen jedoch sämtlich in unserem Feuer zusammen; vier Offiziere, 310 Mann ließen die Franzosen in unserer Hand, eine große Zahl gefallener Franzosen liegt vor unseren Stellungen. In den Argonnen nahmen wir eine wichtige Waldhöhe bei le Four de Paris, eroberten drei Maschinengewehre, eine Revolverkanone und machten 275 Franzosen zu Gefangenen. Die mit großer Heer ge⸗ führten Angriffe der Franzosen nordwestlich Verdun scheiterten gänzlich.
Die große Regsamkeit der Franzosen vor unserer ganzen Front ist erklärlich durch folgenden bei einem gefallenen fran⸗ ösischen Offizier gefundenen Heeresbefehl des Generals Foffre vom 17. 12. 14:
„Armeebefehl vom 17. Dezember 1914.
Seit drei Monaten sind die hefttgen und ungezählten Angriffe nicht imstande gewesen, uns zu durchbrechen. Ueberall haben wir ihnen siegreich widerstanden. Der Augenblick ist gekommen, um die Schwäche auszunützen, die sie uns bieten, nachdem wir uns verstärkt haben an Menschen und Material. Die Stunde des Angriffs hat geschlagen. Nachdem wir die deutschen Kräfte ir Schach gehalten haben, handelt es sich darum, sie zu brechen und unser Land endgültig von den Eindringlingen zu befreien. Soldaten, mehr als jemals rechnet Frankreich auf euren Mut, eure Encrgie und euren Willen, um jeden Preis zu siegen. Ihr habt schon gesiegt an der Marne, an
verstehen bis zum schließlichen Triumph. Joffre.“ Oberste Heeresleitung.
Nieuport und in Gegend Ypern herrschte im allgemeinen Ruhe. Zur Wiedererlangung der am 20. Dezember verlorenen Stellungen bei Festubert und Givenchy machten die durch französische Territorials verstärkten Engländer gestern und heute Nacht verzweifelte Vorstöße, die zurück⸗ gewiesen wurden. In Gegend Richebourg gelang es ihnen, in ihren alten Stellungen wieder Fuß zu fassen. Die gestrigen Angriffe der Franzosen in Gegend Albert, nord⸗ östlich Compiègne, bei Souain und Perthes wurden unter schweren Verlusten für sie abgeschlagen. Im westlichen Teil der Argonnen nahmen wir einige Schützen⸗ gräben; östlich der Argonnen, nordwestlich und nördlich Verdun wurden die französischen Angriffe zum Teil unt schwersten Verlusten für die Franzosen leicht zurück⸗ gewiesen. — 8
Wir haben leider erst nach der Veröffentlichung fest⸗ gestellt, daß der gestern bekannt gegebene Befehl des französischen Generals Joffre vom 17. Dezember 191 folgenden Nachsatz hatte:
und zu verhindern, daß er in die Presse gelangt.“ Oberste Heeresleitung.
8
Oestlicher Kriegsschauplatz. Großes Hauptquartier, 21. Dezember, Vormittags. (W. T. B.) In Ost⸗ und Westpreußen ist die Lag unverändert. In Polen fortschreitender Angriff gegen die Stellungen, in denen der Feind Front gemacht hat. 1 b Oberste Heeresleitung.
Großes Hauptquartier, 22. Dezember. Westpreußen unverändert. In Polen stehen unsere Truppe
abschnitt. eer di
Abschnitte schon erzwungen. Auf dem rechten Ufer der Pilic
steht der Kampf der verbündeten Truppen noch. u Oberste Heeresleitung.
Wien, 21. Dezember. (W. T. B.) ich meldet: In den Karpathen macht unser Angriff im obere Flußgebiete der Latorcza gute des Lupkower Passes, an de . - Tuchöw und am unteren Dunajec wird heftig weiter gekämpft.
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: vpon Hoefer, Feldmarschalleutnant.
8
Der Krieg der Türkei gegen den Dreiverband. quartier meldet: Ein französisches Schiff beschoß gestern die
zurichten. Bedeutung zu melden.
das Blatt „Turan“ erfährt, hat der Araberhäuptling Ib Soud eine Streitmacht von etwa sechstausend Reitern,
demnächst nach dem Yemen abgehen. Ein anderer mächtiger
der türkischen Regierung ab, um ins Feld zu ziehen.
Burengeneral Wolmarans gefangen genommen worden.
———
der Yser, in Lothringen und in den Vogesen. Ihr werdet zu siegen
Großes Hauptquartier, 22. Dezember. (W. T. B.) Bei
„Der Befehl ist heute abend allen Truppen bekannt zu gehen b
(W. T. B) Auf dem östlichen Kriegsschauplatz ist die Lage in Ost⸗ und
in heftigen Kämpfen um den Bzura⸗ und Rawka⸗ An vielen Stellen ist der Uebergang über diese
Nordöstlich er Front nördlich Krosno⸗
Die Lage in Südpolen hat sich nicht geändert.
Konstantinopel, 21. Dezember. (W. T. B.) Das Haupt⸗
Küste nördlich Alexandrette, ohne irgendwelchen Schaden an⸗ Von den übrigen Kriegsschauplätzen ist nichts von
Konstantinopel, 21. Dezember. (W. T. B.) Wie
darunter dreitausend Meharisten, ausgerüstet und sie in der Richtung von Bassora ausgesandt, damit sie zum türkischen Heere stoßen. Er selbst soll mit der Hauptmacht seiner Stämme
Häuptling, Nedschd Ibn Reschid, habe gleichfalls eine be⸗ Heuetage edscha ausgerüstet und warte nur die Befehle
Kunst und Wissenschatt.
A. F. In der letzten prähistorischen Fachsitzung der Gesellschaft⸗
für Anthropologie — Vorsitzender Professor Dr. Olshausen — sprach als erster Redner der Königliche Bezirksgeologe Dr. F. Wiegers über „Die Entwicklung der altsteinzeitlichen Kunst“ mit besonderer Berücksichtiung der Darstellung des Menschen: Eine der interessantesten Fragen, so leitete der Vor⸗
magende sein Thema ein, ist unter den vielen Fragen, die uns die
Erforschung des diluvialen Menschen zur Beantwortung vorlegt, die nach „Ursache“ und „Wesen“ der „diluvialen Kunst“. Fast un⸗ vermittelt tritt diese ältee Kunst uns in der Mitte der jüngeren
Altsteinzeit entgegen, anscheinend ohne Vorläufer von Belang, gleich in einer erstaunlichen Höhe der Vollendung. Um so merkwürdiger ist diese Erscheinung, als auf solche Entwicklung der kaum minder erstaunliche Rückschlag folgt, daß am Ende der Eiszeit anscheinend jede Kunstäußerung wiederum völlig aufhört.
Zunächst darf den Forscher die Frage beschäftigen: Ist anzunehmen, entweder daß die Kunst aus einem ursprünglichen Schönheitegefühl geboren wurde, das sich bereits bei den Diluvialmenschen offenbarte, oder als eine zweite Möglichkett, war es mehr oder weniger zuerst ein Zufall, daß der Mensch dem zu praktischem Nutzen geformten Gerät eine gefällige Form gab und Nachahmung dann das ihre tat? Betrachtet man, diese Frage gründlich erwägend, die zu den allerältesten Zeug⸗ nissen menschlicher Tätigkeit gehörigen, außerordentlich sorgfältig und
reng symmetrisch gearbeiteten „Faustkeile“ des jüngeren Acheuléen 199 der zweiten Hälfte der vorletzten Zwischenciszeit und der vorletzten Eiszeit), so scheint die Spmmetrie dieser Geräte in der Tat wesentlich durch ein nicht geringes Maß von Schönheits⸗ empfinden bedingt, und es scheinen die Geräte mehr als Prunkwaffen gedient, denn zu Gebrauchsgegenständen bestimmt gewesen zu sein. Schon wegen ihrer zwei scharfen Schneiden waren sie an sich unpraktisch, und daß bereits in der nachfolgenden Periode, dem Moustsrien, der Faustkeil mit Hintansetzung der äußeren Schön⸗ heit in die beiden überwiegend nützlichen Werkzeuge der Moustier⸗ spitze und des Moustierschabers übergeht, scheint den Beweis zu er⸗ bringen, daß die überwiegende Nützlichkeit und Gebrauchsfähigkeit des Geräls dem Diluvialmenschen des Acheuléen an zweiter, das gefällige Aussehen aber an erster Stelle gestanden hatte. Die oben aus⸗ gesprochene zweite Vermutung der ältesten und eigentlichen Ursache künstlerischer Betätigung ist somit gegebenen Falls wenigstens als
icht zutreffend zu erachten. Allerdings war die ganze Moustierzeit (letzte Zwischeneiszeit und Anfang der letzten Eiszeit) jeder künstlerischen Be⸗ tatigung noch völlig bar. Wenn auch die im jüngeren Acheuléen begonnene Benutzung des Knochens hier schon in größerem Umfange auftritt, so geschah es doch nur zu wirklichen Nutzzwecken und selten zu anderem als zu Unterlagen für die Steinwerkzeugbearbeitung. Erst dem Aurignacien, der nachfolgenden Periode, ist es vorbehalten geblieben, die früheste in der Tat mehr dem Gefallen an dem Dargestellten entsprungene Kunst des Menschen erstehen zu lassen! Der Vor⸗ tragende erklärte, an diesem Punkte seiner Ausführungen angelangt, indessen, die näher zu besprechenden Anfänge der Kunst nur im Sinne ihrer geologisch⸗chronologischen Entwicklung und nur gelegentlich an⸗ deutend im Sinne der einleitend angeregten Fragen vom Standpunkt des Aesthetikers und Pspchologen betrachten zu wollen. Dagegen liege ihm daran, der in letzter Zeit auch in der anthropologischen Gesell⸗ schaft geäußerten Meinung durch gute Gründe entgegenzutreten, wonach die kretische und griechische Kunst aus dem Ende der jüngeren Steinzeit und dem Beginn der Bronzezeit die unmittelbare Fort⸗ setzung der ältesten, steinzeitlichen Kunst gewesen sein soll. Die Kunstäußerungen des diluvialen Urmenschen treten uns entagegen als plastische und bildliche Wiedergabe des von ihm in der Natur Beobachteten, als Darstellungen zuerst von Menschen, weit später erst von Tieren und Pflanzen. Es fehlt gä zlich die Darstellung der landschaftlichen Natur. Frei erfunden ist offenbar, zum Teil durch Stilisierung natürlicher Vorbilder, die vorhandene Ornamentik. Ihrem Gebiet angehörige Darstellungen sind indessen verhältnismäßig selten. Es handelt sich, „wo sie sich finden, wie in dem kunstreichen Gebiet nördlich der Pyrenäen und in der tantabrischen Provinz Nordspaniens, meist um zusammenhanglose Einzeldarstellungen. Eine berühmte Ausnahme bildet der Pferdefries von Cap blanc bei Laussel, und ziemlich häufig finden sich im südlichen und östlichen Spanien, und zwar in den jüngsten palzolithischen Phasen, sogar Tänze und Jagdszenenen dargestellt. Mit Bezug auf die Art und die angewandten Mittel der Darstellung P zu unterscheiden: Rundplastik (Bildhauerkunst und Tonbildnerei),
elief (meist Flachrelief) und ausgeschnittene Figuren, Gravüren (geritzte Strichzeichnungen), Farbenzeichuung und Wandmalerei in einer oder mehreren Farben. Oft eng verbunden mit diesen eigent⸗ lichen Aeußerungen der Kunst sind jene, die sich mit der Herstellung von Körperschmuck und Zierat (durchbohrte und verzierte Tierzähne, Muscheln, Schmucktäfelchen usw.) befassen. Ersichtlich finden wir also im Diluvium die Anfänge der gesamten heutigen Kunst. Am häufigsten begegnen wir, wie im einzelnen noch zu zeigen sein wird, den Darstellungen von Tieren, viel wenlger häufig solchen des Menschen, von dem in den älteren Skulpturen öfter das weibliche, in jüngeren Gravüren öfter das männliche Ge⸗ schlecht dargestellt ist. Es ist nur ein einziges Bild, das Tanzbild von Copul, bekannt, auf dem sich beide Geschlechter vereint vorfinden. Bezüglich der Chronologie dieser Kunstwerke hat man sich daran zu er⸗ innern, daß die letzte Eiszeit eingeleitet wird durch das jüngere oder kalte Moustérien, in seiner typischen Ausbildung charakterisiert durch die obere Grotte von Le Moustier im Tal der Vézore. Wie weit
sich das Moustérien in die letzte Eiszeit hineinerstreckt hat, ist heute
noch nicht mit Sicherheit zu sagen. Jedenfalls finden sich in den unteren Schichten des während der letzten Eiszeit in ihrem Anfang ab⸗ gelagerten jüngeren Löß an manchen Stellen im Elsaß und in Nordfrankreich noch Moustérienartefakte. In der Zeit des Aurignacien waren die an ein kaltes Klima gewöhnten Tiere am weitesten nach Süden herab⸗ gewandert, so finden wir den Moschusochsen (im Vézoéretal), das Renntier am Mittelländischen Meere (Mentone), Eisfuchs und Lem⸗ ming (in der Dordogne, südlich der Pyrenäen, in Nordspanten — Cedillo, Altamira). Es liegt daher nahe, das Aurignacten mit dem Höhepunkt der letzten Vereisung zusammenfallen zu lassen, deren aus⸗ klingende zweite Hälfte das Solutréen und das Magdalénien umfaßt. Diese gewaltige Zeitspanne, also von der größten Ausdehnung der letzten Eiszeit bis zu ibrem Ende, deren mutmaßliche Dauer in Jahren noch eingehender Erwägung unterzogen werden wird, ist die Zeit der diluvialen Kunstentfaltung. Bei der Betrachtung der uns bis heute bekannten künstlerischen Hinterlassenschaft des diluvialen Menschen ist es notwendig, sich zu vergegenwärtigen, aß die bisherigen Funde wohl nur einen Teil der ganzen eiszeitlichen Kunst darstellen und daß sie deshalb keine so zusammen⸗ angende Entwicklung zeigen kann, wie wir sie in unseren Museen ei der historischen Kunst zu sehen gewohnt sind, deren Perioden ja eine unvergleichlich geringere Dauer gehabt haben. Von großer Wichtig⸗ keit ist natürlich die möglichst genaue Feststellung des Alters der Kunstwerke. Hieraus allein können sichere Schlüsse auf die Ent⸗ wicklung der Kunst gezogen werden. Bei den Werken der „Klein⸗ kunst“ wird sich nun am sichersten eine Bestimmung des Alters er⸗ reichen lassen, vorausgesetzt nämlich, daß sie mit charakteristischen erkzeugen in Kulturschichten liegen. Weit schwieriger ist es, die „Wandkunst“ richtig zu datieren. Auf direktem Wege ist dies nur in zwei Fällen möglich: Erstens, wenn die Wandbilder verdeckt sind dhr am Boden aufgehäufte Kulturschicht, Massen von zerriebenem, dur das Wasser geführtem Gestein, was beweist, daß sie älter sind als diese Schicht, oder zweitens, wenn sich in den Kulturschichten der be⸗ treffenden Höhle „Knochenzeichungen“ finden, welche den an der Wand befindlichen Zeichnungen entsprechen, thnen nachgebildet sind. In diesem Falle wird man auf gleiches Alter von Kulturschicht und Wandbildern schließen dürfen. Doch enthält in vielen Fällen die Höhle keine bestimmtere Kulturschicht, dann ist die absolute Alters⸗ bestimmung der Bilder nur durch Analogieschluß, möglich. Das re⸗ lative Alter der sich nicht selten ganz oder teilweise überdeckenden Bilder
8 ist aus der Ueberzeichnung leicht zu folgern. Ein bedeutender Fortschritt in
der Aufhellung der Altersfrage der franz’ sischen Diluvialkunst — um diese handelt es sich in der Hauptsache — ist dem Abbé H. Breutl zu danken, der mit großer Mühe in die älteren Arbeiten Pielles Ordnung gebracht hat. Pielle war ein fleißiger Sammler und Er⸗ forscher diluvialer Kulturstätten, besonders in den Pyrenäen, und hat die Ergebnisse seiner Ausgrabungen in einer Reihe kleiner Abhand⸗ lungen und in einem großen Tafelwerk niedergelegt. Leider sind seine Schlüsse — kaum zu verwundern und entschuldbar bei der un⸗ geheuren Fülle des von ihm bewältigten Materials — nicht von zu⸗ sammenfassenden, lebendigen Entwicklungsgedanken beseelt, sondern tragen mehr das Gepräge antsquarischer Stubengeleh sam⸗ keit. Seine Einteilung der Schichten beruht lediglich auf der Wertung ihres Inhalts an Knunstwerken und hält sich nicht frei von Voreingenommenheit über das Alter der An⸗ wendung verschiedener Darstellungsweisen. Indem Pielle sein Schema auf alle von ihm untersuchten Fundorte übertrug, kam er auf recht anfechtbare Ergebuisse und machte ganz verschiebemefnie Schichten gleichaltrig, z. B. Aurignacien von Brassempony und Magdalénier von Mas d'Agil, nur weil sich in beiden Schichten Rundskulpturen finden. Infolge dieses einsestigen Standpunkts er⸗ wies sich die Piellesche Gliederung, zumal sie den ganten übrigen Inhalt der Kulturschichten, die Artefakte vor allem, entweder nicht genügend berücksichtigte oder nicht richtig erkannte, je länger desto mehr als unbrauchbar, und es war des Abbé Breuil Ver⸗ dienst, sie durch ein Altersschema zu ersetzen, das jetzt allgemein als maßgebend anerkannt ist und die Kunstwerke führende Schichten auf Grund ihres Inhalts und sicherer wohl erwogener Kriterien dem Aurignacien, dem Solutréen und dem Magdalénten einordnet. Breuil bedient sich dabei der Einteilung der diluvialen Kunstwerke in 2 Hauptgruppen, die sich sinngemäß deutsch mit den Ausdrücken „Kleinkunst; und „Wandkunst“ wiedergeben lassen. Dieser Einteilung folgend, ist zunächst darauf aufmerksam zu machen, daß das Aurig⸗ nacien in mehr als einer Begehung eine Wendung in der Geschichte der Erdbewohner bedeutet, über deren Ursachen wir allerdings noch völlig im Unklaren sind. Zunächst ist der Mensch ein anderer ge⸗ worden. Die alte Neandertaler Rasse, die uns noch im Moustérien im Neandertal, in Spy und an anderen Orten entgegen⸗ tritt, ist anscheinend völlia verschwunden. An ihre Stelle ist in Frankreich die großgestaltige Cromagnon⸗Rasse getreten, Men⸗ schen bis zu 1,90 m Körperlänge mit gut entwickeltem Gebirnschädel, hoher Stirn und vorspringendem Kinn. Das Werkzeuginventar zeigt einen wesentlichen Fortschrüut in Bezug auf Material, Form und größere Vielseuigkeit, der Fausekeil verschwindet, die Moustier⸗ Spitze wird zur messerattigen Cbatelperron. und Gravette⸗ Spiße, die echte Klinge tritt in großer Zahl auf, Schaber und Kratzer erhalten neue Formen. Hierzu triet, besonders vom mittleren Aurignacien ab, das Werkzeug des Künstlers, der Grab⸗ stichel, in mannichfacher Ausbildung. Neben dem Stein⸗
werkzeug aber beginnt, wieder vom mittleren Aurignacien ab,
das Knochenwerkzeug an Bedeutung zu gewinnen, von der einfachen Knochenspitze steigend bis zur feinen Nadel und doppelseitigen Harpune des Magdalénien. Mit dem Knochenwerkzeug setzt endlich auch die künstlerische Bearbeitung des Knochens und des Steins ein, etwa um die Mitte der Aurignackenkultur. Als die ältesten Skulpturen sind nach Erachten des Vortragenden drei Steinplatten anzusehen, die im Musée du Périgord in Périgueux aufbewahrt werden und von Didon im mittleren Aurignacien des Abri Blanchard, Kommune Sergeac, gefunden wurden. Sie stellen in ursprünglicher Art der Ausführung Teile des weiblichen Körpers dar und sinden ihr Gegenstück in einigen in der gleichen Ablagerung gefundenen, aus Renntiergeweih geschnittenen Teilen des männlichen Körpers. Von diesen rohen Darstellungen ist ein großer Sprung zu den Elfenbeinfiguren, die aus dem mittleren Aurignacien der (trotte du pape bei Brassempouy stammen und den ersten Anspruch auf wirkliche Kunst machen. Am besten gelungen sind die weivlichen wiguren, leider sind sie insolge Zerbrechlichket des Materials nur teilweise erhalten. Der weibliche Körper ist teils in ziemlichem Ebenmaß der Form gehalten, teils in Uebertreibungen der Büste, der Hüften und Schenkel, wobei es aller⸗ dings zweifelhaft bleibt, ob die anscheinende Uebertreibung nicht zu⸗ weilen Eigenart des diluvialen Weibes wiedergibt, wie es z. B. in einem Falle für die Darstellung von Fettsteißbildung, verbunden mit fast horizontaler Lagerung des Kreuzbeines, wohl der Fall ist. Die sogenannte Venus von Brassempouy zeigt neben einer merkwürdigen, vielleicht Behaarung oder Tätowierung andeutenden Strichelung Ueber⸗ treibungen der angedeuteten Art in besonderer Stärke. Interessant an ihr ist das Köpfchen mit stark hervorragenden Augenbrauenbogen, nur ist es merkwürdig, daß Augen und Mand nicht durch Skulptur dargestellt sind, vermutlich, weil sie aufgemalt waren; denn der Aurignacien⸗Mensch kannte bereits die Anwendung verschiedener Farben. Auffallend ist der Kopfputz der Venus, darstellend enlweder eine Kapuze oder die geflochtene, stark an ägyptische Bilder aus der Pharaonenzeit erinnernde Haarfrisur. Zwet weitere Figuren zeigen den Entwurf einer Puppe und eine schmale, armlose weidliche Figur. Als Seltenheit ist ein mit einem Rock bekleideter Torso zu erwähnen. Aus dem oberen Aurignacien haben die Grotten von Mentone, die sogenannten Grimaldi⸗Grotten, einige aus Speckstein geschnittene Figuren geliefert. Auch hier findet sich jenes als Uebertreibung ver⸗ dächtige starke Hervortreten von Bauch, Hüften und Busen. Das Gesicht ist nicht ausgearbeitet, der Kopf nur in den Umrissen an⸗ gedeutet. Während des oberen Aurignacien erfährt die Kunst eine Erweiterung an der Skulptur zum Relief. Hierfür haben die Funde in dem Abri von Laussel in der Dordogne glänzende Belegstücke er⸗ bracht. Die ersten drei Funde wurden zuerst 1912 durch Gaston Lalaume, bekannten französischen Irrenarzt in Le Bouscat bei Bordeaux, veröffentlicht. Die vollständigste und schönste Darstellung zeigt eine unbekleidete Frau mit starken Hüftien, mit vollem Busen, in der rechten Hand ein ver⸗ ziertes Trinthorn haltend, dem der durch Verwitterung des Kalksteins zum Teil zerstörte Kopf zugewandt ist, während die Linke mit gespreizten Fingern auf dem Leibe ruht. Die Darstellung erweckt den Eindrack, als klopfe sich die Frau nach einem wohlschmeckenden Trunk nach Kinderart in vollem Wohlb hagen den Magen. Die anderen beiden Reliefs sind nicht mehr vollständig: eines der Torso eines nackten weiblichen Körpers, der Kopf unter Frisur oder Beklei⸗ dung verschwindend, das andere ein nackter Mann, dem Füße, Gesicht und Teile der Arme fehlen, in der Hüftgegend ist ein Gürtel an⸗ wegen des erhobenen Arms wahrscheinlich die Gestalt eines
ogenschützen. Ein viertes Relief von derselben Fundstätte befindet sich im Besitz des Berliner Museums für Völkerkunde, es stellt gleich⸗ falls eine unbekleidete Frau dar.
Die hauptsächlichsten bisher bekannten Aurignacienfundplätze von Skulpturen beschränken sich auf Südfrankreich, die übrigen Funde dieser Herstellungsweise sind äußerst spärlich — in Belgien im Trou Margrite bei Pont à Lesse ein kleines unvollendetes menschliches Figürchen aus Renntiergeweih und in Oesterreich einige allerdings be⸗ sonders interessante Skulpturen. In Brünn wurde 1891 im unge⸗ störten Löß ein Skelett mit zahlreichen Beigaben gefunden, darunter eine nackte, aus Elfenbein geschnitzte, ursprünglich wohl 25 cm große männliche Figur, von der freilich nur der Kopf, der größere Teil des Rumpfes und der linke Arm erhalten waren. Berühmter ist die „Venus von Willmdorf“ (bei Wien), 1910 gefunden, ein kleines Figürchen, in allen Stücken die oben schon hervor⸗ gehobenen körvperlichen Merkmale der französischen Frauen⸗ sku pturen wiederholend, das Gesicht unter einer starken Frisur ver steckt. Die Figur ist aus oolithischem Kalkstein gefertigt und dann rot bemalt. Da dieser Kalkstein in der Tertiärformation sowohl 1“ wie Oesterreichs vorkommt, ist aus dem Material kein
cchluß auf den Herstellungsort der Statuette zu ziehen, nur läßt die große Aehnlichkeit mit den entsprechenden füdfranzösischen Leistungen die Deutung zu, daß das Stück durch Wanderung nach Oesterreich gekommen ist. In der auf das Aurignacien folgenden Periode des Solutréen ist ein Nachlassen der skulpturellen Kunsttätigkeit be⸗ merkbar. Der einzige sichere Fund wurde im Löß von Predmost gemacht, bestehend aus 7 roh aus Hand⸗ und Fußwurzelknochen vom
Mammut geschnittenen Rundfiguren, sitzende menschliche Gestalten
farsterend, von derartig roher Penbe turg, aß keinerlei Beziehungen zur vorautgegangenen ersten Kunstvertode zu entdecken sind. Dagegen st von weitaus ge ößerem Interesse em Flachrelief aus dem unteren Solutucen von Laussel (Doroogne). Der Fund ist zwei Jahre vor dem oben rwähnten aus der unmittelbar darunter folgenden Schicht des oberen Aursgnacten slammenden gemacht worden. Das Relief 8 stellt eine Doppelfizur dar, eine auf dem Rücken liegende weibliche Figur, Kopf rund, Gesicht durch Verwitterung zerstört, die unteren Teile des Körpers nur mehr angedeutet, Oberschenkel hervorttet nd, Arme laag am Körper herunterhängend, Hände an den unteren Gliedmaßen anliegend. Die zweite Person ist in entgegengesetzter Lage, von dem Körper sind nur Kopf und Brust gut skulpieit erhalten. Wenn dies Relief auch im unteren Solutréen ge⸗ funden wurte, so beseht doch die Möglichkeit, daß ihm ein höheres Alter zukemmt und es zu den am selben Ort in tieferen Schichten gefundenen vier oben beschriebenen Reliefs gehört. Vermutlich hatten alle 5 ursprünglich an der Felewand gesessen, waren also eigentlich zur Wandtunst zu rechnen, und sind zu verschiedenen Zeiten durch Verwitserung des Felsens abgestürzt und dabei zum Teil zerbrochen. Bei dieser Annahme dürfen diese Reliefs als Beweis für die Auf. fassung dienen, daß die erste Darstellung des Menschen lediglich aus erotischen Ursachen erfolgt ist. Diese Vermutung findet Bestätigung dadurch, daß sich im Aurignacten wie im Solutréen ganz nahezu alle Skulptur auf Wiedergabe des Menschen beschränkt. Esist hierin ein un- zweifelhaft wesentlicher Gegensatz zur Kunst des Magdaléniens zu erkennen, die in erster Linie Tiere und nur ganz vereinzelt noch den Menschen darstellt, nämlich nur in 4 bisher entdeckten Skulpturen. Von diesen ist eine in Mas d'Agil gefundene weibliche Figur aus einem Pferdezahn geschnitten, 2 unvollständige rohe Schnitzereien menschlicher Gestalten in Langerie Basse gefunden, aus Renntier⸗ geweih und eine weibliche Figur von demselben Fundort, die sogenannte Lénus impudique, ous Elrenbe n, letzterer fehlen Kopf und Arme. Skulvturen von Tieren treten zuerst, auch nur noch vereinzelt, in Solutréen auf, nämlich an der klassischen Fundstätte von Solutré, wo, aus kieseligem Kalk geschnitten, leider stark verstümmelte, mit ein⸗ gezogenen Beinen auf dem Boden lagernde Tiergestalten gesunden wurden. Dagegen erlebt im Magdalénien die Tierskulptur ihre Blüte⸗ zeit. Als Schnitzmaterial dient seltener das Elfenbein des Mammut⸗ stoßzahns, in der Regel das Renntiergeweih. Ueber der Vollskulptur und dem Relief kommt es nun zur Entwicklung der Rundstahfigur; n Faunst will weniger Einzelfiguren nachbilden, als Geräteschmuck schaffen. 8 Es ist, zurückblickend auf die bisher in der Diluvialkunst beschriebenen Einzelerscheinungen, von allerhöchstem Interesse, daß jene glücklich durchgeführten Breuilschen Zeitbestimmungen den unzweifelhaften Beweis erlaubt haben, daß das erste Objekt, dem sich der diluviale Künstler zugewandt, durch lange “ der Mensch, allein der Mensch, gewesen ist und daß die Of enbarung vor einer andern der künstlerischen Wiedergabe werten Natur ihm nicht früher als in der mit dem Rückgange der Eiszeit, dem Eintritt eines milderen Klimas, dem allmählichen Aufhören der Beschränkung der Wohnstaäͤtten auf Höhlen verbundenen Magdalénien⸗Zeit aufgegangen ist. Der Mensch war dem Künstler der Magdalénien fortan sogar, bei der Fülle der Erscheinungen ringsum, fast ein miß⸗ achteter Gegenstand seiner Darstellungen. Wo er in seltenem Falle dargestellt ist, sieht man ihn z. B. als Jäger, der das verfolgte Wild täuscht, indem er sich ein Hirschgeweih aufsetzt oder sich ähnlich ver⸗ kleidet. Die Hauptsache der Entwicklung der Magdalénien⸗Kunst ist nächst der Erwetterung ihrer tünstlerischen Zwecke im ausbau der Darstellungsmittel zu suchen. Aurignacen und Solutréen hatten nur Stulptur und Flachrelief gekannt, jetzt kamen alle die verschiedenen Mittel zur Geltung, die eingangs erwaͤhnt sind, nur die Töpferkunst blieb der Alisteinzeit versagt und selbstverständlich auch die An⸗ wendung der Metalle, mit deren Benutzunasbeginn die Jungsteinzeit abschließt, wie sie mit der Uebung der Töpferkunst und dem Ver⸗ blassen der diluvtalen Urkunst beginnt. Jene ÜUrkunst aber, die in der naturgetreuen Wiedergabe des Dargestellten, wie in der künstlerischen Auffassung nicht nur erstaunlich, sondern schlechthin unbegreiflich er⸗ scheint, ist vielfach zu erklären versucht worden. Vor allem für die Wandkunst in den Höhlen hat man ethnographische Vergleiche herangezogen, den Totemismus der Indianer Nordamerikas Wund der Ureinwohner Australiens. Alle diese Vergleiche versagen indessen völlig. Man muß die Höhlen Südfrankreichs und Spaniens selbst durchwandert und durchtochen, muß selbst beim Schein der Kerze vor den Bildern gestanden haben, um die Schwierig⸗ keiten für das Verständnis dieser Bilder zu ermessen. Da finden sich in einer Höhle die ersten Malereien nicht allzuweit vom Eingang, in einer anderen beginnen sie erst nach 5⸗ bis 600 m oder gar 1000 m. Hier ist die Decke einer saalartigen Erweiterung mit Dutzenden von Figuren bemalt, dort ist in einem engen, gewundenen Gange ein ein⸗ zelnes Tierbild oder einige hintereinander angebracht. Das eine Bild tst in Augenhöbe, das andere in Kniehöhe, dieses ist im weiten Raum bei guter Beleuchtung gleichzeitig für viele Beschauer leicht zu erkennen, jenes im engen Gange kann nur ven Einzelnen betrachtet werden, und selbst mit einer Fackel in jeder Hand ist kaum der ganze Anblick möglich. Schon erwähnt wurde, daß in manchen Höhlen der Boden mit einer Kulturschicht bedeckt ist, in der sich Werkzeuge und Knochenreste der erlegten und verzehrten Tiere befinden. Man sollte nun glauben, daß diese verschiedenen Tierarten an den Wänden abgebildet sind. Aber der Mensch, der das Rhinozeros, das Mammut, den Riesenhirsch jagte, malte Pferde, Antilopen und Rinder ab. Das Renn, von dem sich zahlreiche Reste finden, wird an dieser Stelle nur ein einziges
Mal im Bilde angetroffen, an anderen Stellen haben sie berdenweise
Darstellung gefunden. Warum sind an einer Stelle die Mammuts, zu einer Zeit, wo sie schon selten zu werden anfingen, über mehr⸗ farbige Fresken eingraviert worden? Warum sind in La Madeleine hunderte von Pferden abgebildet, während in den Küchenabfällen die Pferdereste gering sind und für gleichaltrig zu haltende Wand⸗ malereten hauptsächlich Bifons enthalten? Fische fehlen an den Wänden gänzlich, in Knochen eingeritzt sieht man sie oft. Diese Fragen lassen sich leicht vermehren. Sie besagen, daß die fern zurückliegende diluviale Kanst ein Problem ist, an dessen Losung noch viel ernste Arbeit gesetzt werden muß. Wie lange zurückliegend aber ist diese Kunst zu erachten? Weevtel tausend Jahre liegt ihr Anfang zurück und wieviel tau end Jahre hat sie selbst gedauert? Geologen, E Pn Prähistoriker, alle geben verschtedene Antworten auf die ragen.
Nünsch hat auf Grund der in der Schweiz von ihm aus⸗ gegrabenen Schichten den Beginn des in den Alpen mit dem Bühl⸗ vorstoß zusammenfallenden Magdalénien auf etwa 24 000 Jahre vor der Gegenwart verlegt, indem er die seit 2000 Jahren hier vor⸗ handenen Ablagerungen durch Verwitterung des Felsens mit der Menge der aus gleicher Ursahe vorhandenen Ahblagerungen verglich. — A. Heim kam auf geringere Werte durch Vergleich der von Reuß und Muotta seit der letzten Eiszeit im Vierwaldstätter See abgelagerten Kes⸗, und Sandmassen. Er ermittelte so die Zeit von 16 000 Jahren für die Nacheiszeit. — Penck hält diese Zeit für zu niedrig, die Gefamtheit der im See angesammelten Schlammassen müsse berücksichtigt werden. Der schwedische Astronom Ekholm schlägt zur Berechnung einen ganz abweichenden Weg ein. Er berechnet die Marima und Minima der Temperaturen, die aus den Schwankungen der Schiefe der Ekliptik und aus der Exzentrizität der Erdhahn sich ergeben. Nach ihm därfte der Höhepunkt der letzten Vergletscherung Nordeuropas also de Auxtgnacien, etwa 28 000 Jahre zurückliege. Stolter setzt d Abschmelzveriode des letzten Eises auf 21 000 Jahre vor heute und schließt sich auf Grund von diluvialpflanzlichen Forschungen der An⸗ sicht von Ekholm an. Hiernach Solutréen und Magdalénien zusammen, also fü 1 Kunstepoche, eine Dauer von 7. bis 10 000 Jahren anzunehmen, von denen 3. bis 4000 auf die Kunstblüte der Mogdalonien entfallen würden. Setzt man, die Stolterschen 21 000 Jahre seit Schluß der Abschmelzperlode als wahrscheinlich annehmend, noch 9000 Jahre geschichtlicher Entwicklung bis zur Gegenwart ab, so bliebe für die jüngere Neuzeit nach dem Ende des Magdalsnien noch