1915 / 6 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 08 Jan 1915 18:00:01 GMT) scan diff

I. Die Hauptverwaltung der Darlehnskassen hat für beschädigte oder unhrauchbar gewordene Darlehnskassenscheine für Rechnung des Reichs Ersatz zu leisten, wenn das vorgelegte Stück zu einem echten Darlehnskassenscheine gehört und mehr als die Hälfte eines solchen beträgt. Ob in anderen Fällen ausnahmsweise ein Ersatz geleistet werden kann bleibt ihrem pflichtmäßigen Ermessen überlassen.

Sämtliche Reichs⸗ und Landeskassen haben die ihnen bei Zah⸗ lungen angebotenen beschädigten oder unbrauchbar gewordenen (ein⸗ schließlich der geklebten und der beschmutzten) Darlehnskassenscheine,

eren Umtauschfähtgkeit nach dem vorhergehenden Absatz zwetfellos ist, nzunehmen, aber nicht wieder auszugeben.

Spolche Darlehnskassenscheine sind außer von der Reichshaupt⸗ kasse auch von den Kaiserlichen Overpostkassen, der Königlich Preußischen Generalstaatskasse, den Königlich Preußischen Regierungs⸗ beziehungsweise Bezirkshauptkassen und von den Landeszentralkassen

er übrigen Bundesstaaten gegen gesetzliche Zahlungsmittel oder Dar⸗ lehnskassenscheine umzutauschen.

Beestehen hinsichtlich der Umtauschfähigkeit von Darlehnskassen⸗ scheinen nach Abs. 1 Zweifel, so ist der Einlieferer an die Haupt⸗ verwaltung der Darlehnskassen zu verweisen.

Die im Abs. 3 bezeichneten Kassen haben die bei ihnen einge⸗ gangenen einzuziehenden Scheine nach Prüfung der Umtauschfähiagkeit in angemessenen Beträgen an die Hauptverwaltung der Darlehnskassen (Berlin SW. 19) abzuliefern, welche für die umtauschfähigen Scheine Etsatz leistet.

II. Die nicht mehr umlaufsfähigen Darlehnskassenscheine werden unter Kontrolle der Reicheschuldenkommission auf Kosten des Reichs durch die Reichsbank vernichtet.

III. Sämtliche Reichs⸗ und Landeskassen haben die bei ihnen ein⸗

ehenden nachgemachten oder verfälschten Darlehnskassenscheine (§§ 146 bis 148 des Strafgesetzbuchs) anzubalten.

Wird ein eingehendes Falschstück als solches von dem Kassen⸗ eamfen ohne weiteres anerkannt, so hat der Vorsteher der Kasse ofort der zuständigen Justiz, oder Polizeibehörde Anzeige zu machen nd das angehaltene Falschstück vorzulegen unter Beifügung des ein⸗ gegangenen Begleitschreibens. Etiketts usw. oder der über die Ein⸗ zahlung aufzunehmenden kurzen Verhandlung.

8 Erscheint die Unechtheit eines Scheins zweifelhaft, so ist er, nachdem dem bisherigen Inhaber eine Bescheinigung über den Sach⸗ verhalt erteilt worden, an die Hauptverwaltung der Darlehnstassen Berlin SW. 19) einzusenden. Diese wird solche Scheine einer Unter⸗ uchung unterwerfen und a. im Falle der Echtheit für Rechnung des Reichs den Wert der einsendenden Kasse zur Aushändigung an den Einzahler zusenden, die Scheine aber, sofern sie zum Umlauf nicht geeignet sind, einziehen lassen, im Falle der Unechtheit die Falschstücke an die einsendende Kasse zurückgeben, damit diese in Gemäßheit der Vorschriften unter III Abs. 2 verfahre.

Der Hauptverwaliung der Darlehnskassen ist von jeder Einleitung ines Untersuchungs⸗ oder Ermittelungsoerfahrens wegen Fälschung der Nachahmung von Darlehnskassenschenen sofort Mitteilung zu nachen und, sobald es ohne Nachteil für das Verfahren geschehen ann, das Falschstück vorz legen. Auch ist die Hauptverwaltung der Darlehnskassen von dem Fortgang des Verfahrens in Kenntnis zu rhalten und von dem schließlichen Ergebnis unter Vorlegung der Akten und Falschstücke zu benachrichtigen. Letztere sind von der auptverwaltung der Darlehnskassen aufzubewahren.

IV. Postsendungen zwischen Landesbehörden inerseits und der Hauptverwaltung der Darlehnskassen oder den eessan tühen der Reichsbank anderererseits zur Ausführung dieser

estimmungen sind als Reichsdienstsachen portofrei zu befördern.

Die nachgeordneten Kassen sind hiernach mit Weisung zu versehen. 8 8 Berlin, den 29. Dezember 1914. Der Finanzminister. J. A.: Löhlein An die nachgeordneten Behörden.

Ministerium für Handel und Gewerbe.

Auf Grund der Verordnung, betreffend die zwangs⸗ weise Verwaltung britischer Unternehmungen, vom 1— 22. Dezember 1914 (Reichsgesetzbl. S. 556) ist

die Firma Julius Cohen & Josephy in Berlin C., Burg⸗

straße 17, und das in Deutschland befindliche Vermögen der gleichnamigen Firma in Bradford (Verwalter: Kaufmann Martin Kalischer in Charlottenburg, Waitz⸗ straße 6) n zwangsweise Verwaltung genommen. Berlin, den 5. Januar 1915.

Der Minister für Handel und Gewerbe. J. A.: Lusensky.

Auf Grund der Verordnung, betreffend die zwangsweise

Verwaltung französischer Unternehmungen, vom 26. November 1914 (Reichsgesetzbl. S. 487) und der Verordnung, betreffend die zwangsweise Verwaltung britischer Unter⸗ nehmungen, vom 22. Dezember 1914 (Reichsgesetzbl. S. 556) st über folgende Firmen Doöorstener Glashütte, Aktiengesellschaft, in Dorsten (Ver⸗ walter: Fabrikbesitzer Schürholz in Hervest⸗Dorsten), Raphael Tuck & Sons Ltd. G. m. b. H., in Berlin, Wilhelmstraße 106 (Verwalter: Kommerzienrat Richard Dyhrenfurth in Berlin, Alsenstraße 7)) Zwangsverwaltung angeordnet. Berlin, den 6. Januar 1915.

Der Minister für Handel und Gewerbe. J. A.: Lusensky.

Hauptverwaltung der Staatsschulden.

Bekanntmachung.

Bei der heute öffentlich in Gegenwart eines Notars be⸗ wirkten Verlosung der Aktien der Magdeburg⸗ Wittenbergeschen Eisenbahn, jetzt Magdeburg⸗Halber⸗ städter 3 prozentigen Rentenpapiere, sind folgende Nummern gezogen worden:

Nr. 925, 926, 928 bis 941, 1990 bis 1999, 2000 bis 2003, 2005, 2006, 9444 bis 9446, 9448, 9450 bis 9454, 9456, 9457, 9459 bis 9463, 13156, 13158, 13159, 13161 bis 13163, 13165, 13166, 13168 bis 13174, 13176, 14533 bis 14541, 14543, 14546 bis 14548, 14550 bis 14552, 19877, 19879 bis 19882, 19884 bis 19888, 19890, 19892 bis 19896, 20476 bis 20487, 20489 bis 20492, zusammen 112 Stück über je 200 Taler = 22 400 Taler oder 67 200 ℳ. Diese Stücke werden den Besitzern zum 1. Juli 1915 mit der Aufforderung gekündigt, die in den ausgelosten Nummern verschriebenen Kapitalbeträge nebst den Stück⸗ zinsen für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 1915 gegen Quittung und Rückgabe der Aktien sowie der nach dem Kündigungstermine zahlbar werdenden Zinsscheine Reihe V Nr. 7 bis 10 nebst Erneuerungsscheinen für die nächste Reihe vom 1. Juli 1915 ab bei der Staatsschuldentilgungs⸗

und Landeskassen

kasse in Berlin W. 8, Taubenstraße 29, zu erheben. Die Zahlung erfolgt werktäglich von 9 Uhr Vormittags bis 1 Uhr Nachmittags, mit Ausschluß der letzten beiden Geschäftstage jedes Monats.

Die Einlösung geschieht auch bei den kassen und in Frankfurt a. M. bei der Kreiskasse I. Zu diesem Zwecke können die Effekten schon vom 1. Juni 1915 ab diesen Kassen eingereicht werden, die sie der Staatsschuldentilgungs⸗ kasse zur Prüfung vorzulegen und nach Feststellung die Aus⸗ zahlung vom 1. Juli 1915 ab zu bewirken haben.

Der Betrag der etwa fehlenden Zinsscheine wird vom Kapital zurückbehalten.

Vom 1. Juli 1915 ab hört die Verzinsung der verlosten Aktien auf.

Zugleich werden die bereits früher ausgelosten, noch rück⸗ ständigen Aktien: 1“ Aus der Kündigung Juli 1906: Nr. 14832,

Juli 1910: Nr. 1210, zum 1. Juli 1912: Nr. 12885, zum 1. Juli 1913: Nr. 2981, 3000, 4682, 4685, 11318, 11707, 11710, 12418, 12573, zum 1. Juli 1914: Nr. 783, 2746, 2747, 5583, 7069, 7957, 7961, 8995, 9001, 9002, 15013, 15028, 15029 wiederholt aufgerufen. 8

Vordrucke zu den Quittungen werden von den oben⸗ bezeichneten Kassen unentgeltlich verabfolgt.

Berlin, den 2. Januar 1915.

Hauptverwaltung der Staatsschulden. von Bischoffshausen.

zum 1. zum 1.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 8. Januar 1915.

Die hiesige amerikanische Botschaft hat, wie „W. T. B.“ meldet, von ihrer Regierung in Washington die Mitteilung erhalten, daß seitens der englischen und französischen Regierungen Versicherungen abgegeben worden sind, Baum⸗ wolle nicht auf die Liste der als Konterbande erklärten Artikel setzen und Baumwolladungen nicht kapern zu wollen. Baumwolle kann deshalb in neutralen Schiffen nach Deutsch⸗ land eingeführt werden. AA4“

A

Durch die Bekanntmachung vom 24. November 1914 „Reichsanzeiger“ Nr. 277 vom 25. November 1914) ist unter Ziffer 6 die Ausfuhr und Durchfuhr von Uniform⸗ stücken, Heerausrüstungsstücken und als solchen erkennbaren Teilen davon, auch von Rucksäcken ver⸗

boten.

In nachstehendem Verzeichnis sind die Gegenstände auf⸗ geführt, welche als Uniformstücke und Heerausrüstungsstücke und als solche erkennbare Teile davon anzusehen sind:

I. Bekleidungsstücke. Drischhosen, v Drilchjacken, Fingerhandschuhe, gestrickte, 8 Fußschutzkappen, Priesute Gamaschen aus Leder, * 1 Halsbinden, schendt Handschuhe aus Leder, braune und weiße,

Handschuhe aus Tuch,

Hemden aus Köper, 8 Hemden aus Trikot,

Hemden, wollene,

Kopfschützer,

Leibbinden, wollene,

Mäntel,

Ohrenklappen,

Pelze,

Pulswärmer,

Schnürschuhe,

Socken, 9 Stiefel für Infanterie, Stiefel für Kavallerie,

Umhänge aus Tuch, Loden⸗, Paletot⸗ und Gummistoff, Uniformhosen,

Uniformmützen,

Uniformröcke,

Unterhosen,

Unterjacken, wollene.

II. Ausrüstungsstücke.

8 a. für Mannschaften. Bekleidungssäcke für Maschtnengewehrabteilungen, Bekleidungs säcke für Trainformationen, Brotbeutel mit Trageband, g Erkennungsmarken mit Schnur, IoA““ Feldflaschen, Fettbüchsen, Gepäcktaschen für Radfahrer, Helme uud Ueberzüge dazu, Husarenmützen und Ueberzüge dazu, Kaffeebüchsen, Kaffeemuhlen, Karabinerhalteriemen, Kartentaschen, Kochgeschirre mit Eßbesteck, Kochgeschirrfutterale, Kochgeschirriemen, Labeflaschen mit Zubehör, Lanzenarmriemen, Lanzenflaggen Snit Riemen, 111X“ Leibriemen mit Schloß und Seitengewehrtasche, Mantelriemen, Neutralitätsbinden, Packtaschen und Hilfstaschen dazu, Patronentaschen jeder Art, Pistolentaschen, Portepees, Ruckläcke, Salzbeutel, Säbelkoppel, Säbeltroddel, Signalpfeifen mit Schnur, Sporen jeder Art, Tornister mit Trageriemen, Trageriemen für Trinkbecher,

Tschakos und Ueberzüge dazu,

Tschapkas und Ueberzüge dazu

Ueberschnallkoppel

Zanhehezh⸗ 8 Zelipflöcke, 8

Zeltstöcke. 1

Zeltzubehörbeutel; 8

b. für Pferde

Anbinderinge, 1“

Beinleder,

Brustblätter,

Brustriemen,

Degentragevorrichtungen,

Feenrte,

Eisnägel, 8

einen, uttersäcke,

Genickriemen,

Geschirrtaue,

öeg

Halskoppeln, S

Hauptgestelle mit Zügeln,

Hinterzeuge,

Hufeisen, 8

Hufeisentaschen,

Hufnägel,

Kammkissen,

Kammgurte,

Kandaren mit Kinnkette,

Karabinerfutterale,

Karabinerschloßkapp

Karabinerschuhe,

Kardätschen,

Kniekappen,

Kreuzleinen,

Kumte,

Kurze Koppel,

Lanzenschuhe,

Obergurte,

Packriemen,

Peitschen,

Sattelkissen,

Satteluntergurte,

Säbestaschen,

Sättel jeder Art,

Schraubstollen,

Schwellissen,

Steigbügel,

Steiariemen,

Strangschlaufen,

Strangträger,

Striegel, 18

Tränkeimer,

Trensen aller Art,

Trensengebisse mit Zügeln,

Umgänge,

Unterkumte,

Verbindungsblätter,

Verbindungsriemen,

Verbindungstaue, lange und kurze,

Vorderzeuge,

Wassertragesäcke,

Woilache (Pferdedecken).

III. Signalinstrumente. Pfeifen mit Futteral, ü 1 Signalhörner mit Riemen und Hilfstragevorrichtung,

Signaltrompeten mit Banderoll, 5 Trommeln mit Zubehör: Trommelstöcke, Trommelschere, Trommel⸗

riemen, Trersmelstocktasche und Kniefell.

Der heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“

liegen die Ausgaben 309 und 310 der Deutschen Verlust⸗ listen bei. Sie enthalten die 120. Verlustliste der preußischen Armee, die 134. Verlustliste der bayeri⸗ schen Armee und die 89. Verlustliste der sächsischen Armee.

Ein Führer durch die deutsche Verlustliste, auf den bereits viele briefliche Bestellungen eingelaufen sind, wird „W. T. B.“ zufolge zunächst noch nicht erscheinen, sondern es wird am Ende des Feldzuges ein entsprechendes Werk herausgegeben werden. Eine Beantwortung der einzelnen Bestellungen in diesem Sinne ist dem Kriegsministerium leider nicht möglich.

11“ b 1“

Bayern. 1 8

Der gestrige Geburtstag Seiner Majestät des Königs wurde der schweren Zeit entsprechend in ernster, stiller Weise gefeiert. Vormittags empfing Seine Majestät die Gratulationsbesuche Seiner Könialichen Hoheit des Fürsten von Hohenzollern sowie mehrerer Mitglieder der Königlichen Familie und wohnte dann dem Gottesdienst in der Frauenkirche bei. Nachdem der König die Glückwünsche der übrigen Mit⸗ glieder des Königshauses entgegengenommen hatte, fand im Kapitelsaal der Residenz Familientafel statt. Später nahm der Monarch die Parade über die Truppen des Standortes München ab. Die Universität und die Technische Hochschule feier Tag durch Festakte.

Sachsen.

Seine Majestät der König hat an Seine Majestät den König von Bayern aus Anlaß Allerhöchstdessen Ge⸗ burtstages laut Meldung des „W. T. B.“ folgendes Telegramm gerichtet:

Seiner Majestät dem König von Bayern, München.

In ernster, aber auch durch die glorreiche Tapferkeit Deiner Armee für Dich so besonders erhebender Zeit ist es Dir vergönnt, die siebzigjtährige Wiederkehr Deines Geburtstages zu begehen. Aus diesem Anlaß spreche ich Dir auch in Gedenken daran, daß ein Teil meiner Armee unter dem Oberbefehl des Kronprinzen zusammen mit bayerischen Truppen steht, meine wärmsten und aufrichtiasten Glückwünsche aus. Möge der unserem deutschen Vaterlande frevpentlich aufgezwungene Krieg siegreich für unsere gute und gerechte Sache ausgehen und nach einem glücklichen Frieden Dir durch Gottes Gnade noch ein langes, reich gesegnetes Leben und Wirken zum Wohle Deines

es beschieden sein. Friedrich August.

Sesterreich⸗Ungarn.

Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht eine Verordnung des

Ackerbauministeriums, wodurch das Verfüttern von mahl⸗ fähigem Roggen und Weizen sowie von mahlfähiger Gerste im ganzen oder geschroteten Zustande sowie von zur Brotbereitung geeignetem Roggen⸗ und Gerstenmehl ver⸗

efinden sich auch jetzt noch in Haft, wie verlautet

Der König hat gestern einen Erlaß unterzeichnet, daß alle Geschäfte mit den außerhalb des Vereinigten Königreichs bfindlichen Filialen feindlicher Firmen als „Handel mit dem Feind“ betrachtet werden.

8 8 1 In dem gestern abgehaltenen Ministerrat unterzeichnet der Präsident Poincaré ein Dekret, wodurch der Verkauf und Transport von Absynth und ähnlichen Getränken in aanz Frankreich endgültig verboten wird, ferner ein Dekret, das die Eröffnung neuer Ausschänke für mehr als 23 Prozent ent⸗ haltende Spirituosen und Liköre verbietet.

Der Gesundheitsausschuß der Kammer, der den Oberkommandierenden Joffre gebeten hatte, an der Front eine Untersuchung über den Gesundheitszustand der Truppen durchführen zu dürfen, hat dem „Progrés“ zufolge den Be⸗ scheid erhalten, Joffre werde dem Vorsitzenden des Ausschusses sowie einigen Mitgliedern die Untersuchung ermöglichen. Es sei aber unzulässig, daß alle 44 Mitglieder des Ausschusses an der Front verweilen. 1 8 . Rußland.

Ein aus Odessa auf Umwegen nach Wien gelangter Groß⸗ händler veröffentlicht in der „Neuen Freien Presse“ eine Schilde⸗ rung über die Vorgänge in Odessa seit Kriegsausbruch, in der es heißt:

Der Kriegsausbruch war das Signal zur fanatischen Verfolgung aller Oesterreicher und Deutschen, von denen es in Odessa und Um⸗ gebung etwa zehntausend gab; insbesondere aber der letzteren. Etwa 560 Oesterreicher und Deutsche wurden deportiert. Odessa hat seit Kriegsausbruch ein ganz verändertes Gesicht. Der großartige Handel der Stadt stockt vollkommen. Von etwa 600 000 Ein⸗ wohnern ist ein Drittel arbeitslos und der Naot preis⸗ gegeben. Das gesellschaftliche Leben ist vollkommen ins Stocken geraten. Was den Deutschen angetan worden ist und noch angetan wird, ist buchstäblich furchtbar. Nur ein Beispiel aus der endlosen Reihe der Kabalen sei erwähnt: In Odessa bestand ein deutscher Flottenverein, ebenso ein österreichisch⸗ ungarischer. Der Konsul veranstaltete gelegentlich zu Gunsten der Zwecke des Vereins Sammlungen. Als der Krieg ausbrach, fand man auf dem Kische des Konsuls die Liste von Spendern; über achtzig Namen von Deutschen, hauptsächlich von hochangesehenen reichen Kauf⸗ leuten, waren verzeichnet. In Rußland besteht nun eine Ver⸗ ordnung, der zufolge keinerlei Sammlungen ohne Zustimmung des Gouverneurs veranstaltet werden dürfen. Möglicherweise hatte nun der deutsche Konsul versäumt, die Sammlungen zu Gunsten des Flottenvereins anzuzeigen. Die Folge dieser Unterlassung war, daß nach Auffinden der Liste 83 Deutsche verhaftet und eingekerkert wurden, zum unter der Anklage des Hochverrats demnächst vor das Gericht gestellt hu werden. Kem russischer Advokat will die Verteidigung der Deutschen übernehmen. Alle Beamten des Konsulats wurden eingekerkert und n 1 weil sie angeblich nach Kriegsausbruch drahtlose Verständigung mit Deutschlaud gesucht hhaben. In allen öffentlichen Lokalen befinden sich Anschläge, in denen das Deutschsprechen unter Androhung einer Strafe von 3000 Rubeln ür den ersten Fall verboten wird. Sämtliche Lokale, deren zesitzer Deutsche sind, wurden gesperrt, Korrespondieren in deutscher Sprache ist verboten. Hunderte von Spionen umlauern die Deutschen, um Uebertretungen dieser Bestimmungen zur Anzeige u bringen. Eine neue furchtbare Maßregel betrifft die in Südrußland angesiedelten deutschen Kolonien. Gegen sie wurde kurzer Hand ein Gesetz erlassen, demzufolge ihre Güter verkauft werden müssen. Man will sie von dem Boden, den sie durch Generationen esitzen, vertreiben. Die Banken sind beauftragt, ihnen jeden Kredit nentziehen. Sie müssen ihre Schulden augenblicklich liquidieren und pllen so zum Ruin getrieben werden. Da dieses Gesetz unter den ahlreichen, in der Ar dienenden Soldaten deutscher Nationalität ingeheure Erbitterung Feckte, so wurde es kürzlich dahin ge⸗ mildert, daß nur die Russen deutscher Nationalität, die acch 1885 Boden erworben haben, von diesem Gesetz be⸗

fen werden sollen. Noch drakonischer sind die e gegen die Juden. Selbst hier, wo man von der Wahrheit vollständig bgesperrt ist, fand man instinktiv heraus, daß England die Schuld in dem Weltbrand treffe, und der Haß gegen die Engländer ist offen⸗ undig. Was die in einem schrecklichen Zustande von der Front zu⸗ ückkeyrenden Soldaten erzählen, ist haarsträubend. Es facht die Ugemeine Wut gegen den Krieg noch mehr an. Sogar in echt ussischen Patriotentreisen herrscht Verstimmung und Kleinmut und indererseits wahre Hochachtung vor den deutschen Leistungen, die sorg⸗ ältig verheimlicht werden, aber auf Umwegen dennoch den Weg nach dessa finden. 8 ““

MNiederlande. 1 Wie amtlich gemeldet wird, ist die Ausfuhr junger Pferde seit gestern verboten.

8 Schweiz. Der Bundesrat hat nach einer Meldung des „W. T. eschlossen, die statistischen Gebühren im Warenver ehr der Schweiz mit dem Auslande mit Ausnahme der Minimalgebühr von fünf Rappen zu verdoppeln. Der Beschluß itt sofort in Kraft.

21 474 W.

Wie „W. T. B.“ meldet, ist ein Ausfuhrverbot für getrocknete Blaubeeren, gereinigtes und ungereinigtes Terpentinöl und Harz erlassen worden.

Türkei. Da die in Paris und London befindlichen Verwaltungs⸗ le der Osmanischen Bank, die kraft ihrer Konzession das

grivilegium der Banknotenausgabe besitzt, der Ausgabe von Banknoten in Höhe von zwei Millionen Pfund ihre Zu⸗ diimmung versagt haben, hat die Regierung, wie W. T. B.“ meldet, nach authentischen Informationen eschlossen, vorläufig für die Dauer des Krieges in Kuratorium oder leitendes Komitee mit dem ize in Konstantinopel einzusetzen, um für die nerläßlichen finanziellen Maßnahmen Vorsorge reffen zu können. Die hierauf bezüglichen Verhand⸗ nngen sollen so weit vorgeschritten sein, daß man ein baldiges ndgültiges Ergebnis erwartet. Da der englische Direktor der Psmanischen Bank, Steeg, und der französische Direktor, Nias, se ihnen von der Regierung gemachten Vorschläge, die ihnen estatten würden, unter gewissen Bedingungen auf ihren Posten u verbleiben, abgelehnt haben, erwartet man, daß sie Konstan⸗ mopel bald verlassen.

Das Amtsblatt veröffentlicht das Reglement einer unter mmittelbarer Aufsicht der Regierung stehenden, nunmehr neu asgestatteten türkischen Dampfschiffahrtsverwaltung, srr außer dem Schiffahrtsdienst das ausschließliche Recht des

sen⸗ und Schlepptaudienstes im Marmarameer, den Darda⸗

len und dem Bosporus erteilt worden ist, der bisher von grivatleuten, und zwar meistens von fremden Staatsangehörigen etrieben wurde.

Die in den ersten Tagen nach Ausbruch des Krieges wischen der Türkei und dem Dreiverband von türkischer Seite

vorgenommene Beschlagnahme mehrerer Schiffe der feindlichen Mächte ist von dem Prisengericht in Konstan⸗ tinopel bestätigt worden, so die Beschlagnahme eines Post⸗ dampfers der russischen Handels⸗ und Dampfschiffahrtsgesell⸗

schaft „Koroljewa Olga“ und des im Schwarzen Meere mit

Kohlenladung beschlagnahmten russischen Dampfers „Ida“ sowie mehrere französi cher Schlepper.

1 Blulgarien.

Auf Grund einer Verordnung der Regierung werden künftig Waren, die nach dem Hafen von Dedeagatsch zur Beförderung über Bulgarien gesandt werden, mit Begleit⸗ scheinen versehen sein müssen, die in gehöriger Weise ihre tat⸗ sächliche Bestimmung dartuumg.

Albanien.

Wie die „Agenzia Stefani“ meldet, war vorgestern ein kleiner, von den Höhen von Rasbul ausgehender Angriff, der von Essad Pascha geleitet wurde, von Erfolg gekrönt. Am Nachmittag traf der geschützte griechische Kreuzer „Helli“ in Durazzo ein. 88

Kriegsnachrichten.

Westlicher Kriegsschauplatz.

Basel, 7. Januar. (W. T. B.) Den „Basler Nachrichten“ wird aus London berichtet, daß der Luftangriff auf Cux⸗ haven nicht von sieben, sondern von neun Flugzeugen ausgeführt worden ist, von denen nach den Aussagen des in Amsierdum weilenden Lufischiffers Heiblett sechs vernichtet worden sind

Oest licher Kriegsschauplatz.

Wien, 7. Januar. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet:

An der ungarisch⸗galizischen Front herrscht Ruhe. In den höher gelegenen Gebieten ist leichter Frost und Schneefall eingetreten. Am Dunajec und in Russisch⸗Polen stellen⸗ weise Geschützkampf. Die im Karp athenvorlande der südlichen Bukowina vorgeschobenen Sicherungstruppen wurden vor überléegenen feindlichen Kräften näher an die Hauptpässe zurückgenommen. 8 Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Der Krieg der Türkei gegen den Dreiverband.

Konstantinopel, 8. Januar. (W. T. B.) Der Vor⸗ marsch der türkischen Truppen in Persisch Asser⸗ beidschan wird als überaus bedeutsam betrachtet, denn die osmanische Armee wird auf diese Weise beständig durch Tau⸗ sende von kurdischen und persischen Freiwilligen verstärkt. Die Russen haben bereits die wichtigsten Punkte des von ihnen be⸗ setzten Gebietes verloren und sich nach Merache an der Straße nach Täbris zurückgezogen.

Konstantinopel, 8. Januar (W. T. B.) Der Große Generalstab teilt mit: Die russische Flotte hat entgegen dem internationalen Recht heute die offene Stadt Sinope be⸗ schossen und i zwei Häuser leicht beschädigt. Verluste an Menschenleben nicht zu pekläggen. Vier Barken sind ge⸗ sunken. Hinzegen haber⸗ kürkische Schiffe mit Erfolg russische Truppen, die sich in und nördlich von Makriali an der russischen Küste befanden, beschossen. Am 5. Januar machte ein englischer Kreuzer östlich von Mersina einen Landungsversuch. Das Feuer unserer Küstenwachen zwang den Feind, sich zurückzuziehen. Er ließ vier Tote zurück.

Wohlfahrtspflege.

Die Stadtverordnetenversammlung in Magdeburg hat, wie „W. T. B.“ berichtet, einstimmig dem Magistratsantrage gemäß 50 000 zur Beschaffung von leichten Pelzen für das Ost⸗ heer als Hindenburgspende, die Spandauer Stadtver⸗ ordnetenversammlung den Betrag von 10 000 zur Hinden⸗ burgspende für das Ostheer bewilligt.

Kunst und Wissenschaft.

Die Königliche Akademie der Wissenschaften hielt am 17. Dezember eine Gesamtsitzung unter dem Vorsitz ihres Sekre⸗ tars Herrn Planck, in der Herr Heusler über die Helden⸗ rollen im Burgundenuntergang sprach. Er verfolgte das Anwachsen der Heldenreihe von der ältesten Sagenform über die Stufen des batwarischen Liedes und des ältern oberdeutschen Epos bis zum Nibelungenlied. Dabei suchte er den Verschiebungen der Nif lunga saga genauer auf die Spur zu kommen und Bloedels, Irings, Osids Rollen sowie den Abschluß der Kämpfe in ein neues Licht zu stellen.

Die Ausstellung der Königlichen Bibliothek zum Krieg 1870/71 wird vielfach geäußerten Wünschen entsprechend nicht nur werktäglich von 11 —2, sondern auch an den Sonntagen vöhn geöffnet sein. Am 24. Januar wird die Ausstellung ge⸗ schlossen.

Technik.

Die Dru erschwärze besitzt eine große Haftbarkeit auf dem mit ihr geschwärztem Papier. Aus einmal bedrucktem und einge⸗ stampftem Zeitungspapier konnte man wohl noch wieder minderwertige Papiersorten herstellen, bei denen es auf Farbe und Güte nicht an⸗ kommt, nicht aber wieder gebrauchsfähiges Druckpapier; denn der Druckerschwärze konnte man bisher nicht beikommen. Sie ist im wesentlichen ein Gemisch aus fein verteiltem Ruß mit Leinöl. Den Ruß aber, der ja reinster Kohlenstoff ist, konnte man aus dem Papier nicht wieder hinauspressen; das Leinöl verharzt, es ist ein so⸗ genanntes trocknendes Oel, das einen Firnis bildet, durch den der Ruß an dem Papier festgehalten wird. Der chemischen Technologie war also die Aufgabe gestellt, eine Lauge zu finden und anzuwenden, die den Firnis löst und damit auch den in ihm aufgespeicherten Ruß vom Papter entfernbar macht. Gleichzeitig aber mußte die Lauge auch so gewählt werden, daß durch ihren Angriff auf den Firnis nicht etwa der Papierstoff zerstört wird, wenn man die Absicht verwirklichen will, aus ihm von neuem bedruckbares Papier berzustellen. Diese Aufgabe ist der deutschen Wissenschaft vor kurzem gelungen. Man hat eine Lauge mit einem bestimmten Bleichsoda gefunden, die den gewünschten Zweck erfüllt. Bei dem Prozeß kommt das bedruckte Papier zunächst in elnen Bottich, in dem es mit der Lauge getränkt wird. Dann wird es in einen Zerfa erer gebracht, in dem es ausgepreßt wird.

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Zweck noch besser

aufgenommenen Lauge wird dadurch wurd aber nicht fortgegossen, sondern von neuem verwendet. Sie ist jetzt nämlich für ihren geeignet, wie in ihrer ursprünglichen Form; denn sie hat aus dem gelösten Firnis schon eine Art Seife gebildet, deren Wirkung sich in derselben Weise geltend macht wie die der ge⸗ wöhnlichen Seife beim Waschen: die einzelnen Schmutteilchen, hier also Rußteilchen, werden von Schaum umhüllt, und dadurch wird ihre Wiedervereinigung mit der Papierfaser verhindert. In dem Zerfaserer unterliegt das Papier einem längeren mechanischen Prozeß, bei dem es zerfasert wird, und schließlich gelangt es auf eme Art Sieb, auf dem es ausgebreitet wird. Durch mechanische Vorrichtungen bewegt sich dieses Sieb fort und wird dabet mit Wasser überbrauft, wodurch auch die letzten Schmutz⸗ bezw. Rußteilchen endgültig aus⸗ gewaschen werden. Am Ende dieses Siebes gewinnt man durch dies Verfahren einen Papierstoff, aus dem sich gutes, druckfähiges Papier von neuem herstellen läßt. Obwohl das Verfahren noch recht jung ist, soll es bereits Zeitungen geben, die auf solchem regenerierten Hhbes gedruckt werden. Der volkswirtschaftliche Wert des Ver⸗ ahrens dürfte sehr erheblich sein. Bei der immer zunehmenden Aus⸗ breitung der Zeitungen wäre es von großer Bedeutung, einen wichtigen Rohstoff des Zeitungspapiers, das Holz unserer Wälder, dadurch zu schonen, daß dieselben Stoffe mehr wie einmal in gebrauchsfähiges Druckpapier verwandelt werden.

Die Hauptmasse der aus ihm entfernt, sie

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregeln.

Aus der Geschichte des Kriegssanitätswesens.

Aus den sanitären Verhältnissen des gegenwärtigen Krieges deren Darstellung die „Ausstellung für Verwundeten⸗ und Kranken⸗Fürsorge im Kriege“, unterstützt von der von ihr veranstalteten Vortragsreihe sich zum Ziele gesetzt hat, führte der Vortrag, den der Prof. Dr. Holländer im Hauptsitzungssaal des Reichstags hielt, in das Werden, und die Entwicklung der Verwundeten⸗ fürsorge hinein. Der Vortragende, der zugleich Leiter

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die interessanten Darbietungen dieser Sondergruppe. Mehrzahl der ausgestellten Gegenstände den letzten Jahrbunderten entstammen, so behandelte er vorwiegend die Kriegssanitätsverhältnisse im Altertum, Mittelalter und der neueren Zeit. Ja, er konnte sogar aus der vorgeschichtlichen Kultur einen interessanten Beleg dafür bringen, daß auch die Diluvialmenschen Verwundetenpflege betrieben baben. Er zeigte einen Schädel aus der Steinzeit, den der Archäologe Prof. Götze mit vielen anderen Skeletten aus einem ganz unversehrten Grabe gewonnen hat; Prof. Holländer hat mit Dr. Götze zusammen das ganze Stelettmaterial untersucht. Dieser Schädel ist nun offenbar im Streite schwer getroffen und zeigt eine derartige Zer⸗ trümmerung, daß eine Heilung selbst dem modernen Arzte wie ein Wunder erscheint. Sie ist tatsächlich erfolgt, doch muß der Be⸗ wußtlose lange Zeit gepflegt und betreut worden sein. Der Redner führte nun die Verhältnisse der Frühantike bei den verschiedenen Kulturstämmen aus. Er zeigte, daß die Streiter und Krieger meist auf kameradschaftliche Hilfe angewiesen waren und daß geordnete Ver⸗ sorgung durch Truppenärzte nicht nachweisbar ist. Er wies dann auf die große Sterblichkeit der Verletzungen in der Ilias und Odyssee hin. Von den dort geschilderten 270 Verwundungen durch Speer, Pfeil oder Schwert haben 75 % den Tod zur Folge. Der Redner beschrieb sodann die einzigen Heilstätten großen Stils im Alter⸗ tume, die Asklepien. Unter Vorführung von Originaldarstellungen zeigte er die Oertlichkeit, die Tempel und die Bildnisse des Heilgotts. Er schilderte, wie durch priesterliche Heilkunst Krieger mit Pfeil⸗ und Speer⸗Steckwunden dort Genesung fanden. Es wurde dann auf die römischen Sanitätszustände sowohl in der Re⸗ publik wie in der Kaiserzeit eingegangen. Erst im Jahre 219 v. Chr. kam der erste griechische Wundarzt nach Rom, der aber die Stadt bald verlassen mußte. Noch zur Zeit Cäsars waren die dem Heere folgenden Aerzte in niederen Stellungen, und erst bei den Kaisern finden wir ein wirkliches geordnetes Militärsanitätswesen. Auch römische Flottenärzte gab es damals. Für das stehende Heer seit den Tagen des Katisers Augustus gab es auch in den Legionelagern wirkliche Militärlazarette. Uehergehend zur Entwicklung der Ver⸗ wundetenfürsorge im deutschen Mittelalter wurden zunächst die Ver⸗ hältnisse bei den alten Germanen besprochen. Hier wurde besonders der Anteil gerühmt, den die Frauen und Mütter als tatkräftige Helferinnen und Wundpflegerinnen gehabt haben. Es wurde dann des weiteren ausgeführt, wie noch im frühen Mittelalter auf Burgen und Schlössern die Frauen die Heilkundigen waren. Der Mangel hygienischer Einrichtungen, der Tiefstand der mittelalterlichen Chirurgie wurde schon in den Kämpfen auf heimischer Erde für die Ver⸗ wundeten verhängnisvoll, aber schließlich war die starke Rüstung und die geringe Durchschlagskraft der Eisenwaffen ein Hindernis für massenhaste Verwundungen. Erfolagte eine solche aber, so war sie meistens mit dem Tode gleichbedeutend. Zur Katastrophe aber führten diese Umstände, als große Heeressäulen, be⸗ geistert vom Gedanken der Befreiun des heiligen Landes, sich in Bewegung setzten. Allein auf dem ersten Kreuzzuge unter Gottfried von Bouillon sind 700 000 Christen im wesentlichen durch das Fehlen jeglicher Hyvgiene und Fürsorge zugrunde gegangen. Professor Holländer warf dann einen Blick auf die Kriegechirurgie im 12. und 13. Jahrhundert und erläuterte seine Vorführungen aus den Prachtwerken der Meister der Chirurgie von der Schule zu Salerno. Er erörterte ausführlicher die Einführung der Feuer⸗ waffen und ihre notwendigen Folgen für die Entwicklung einer geregelten Verwundetenfürsorge. An geeignetem Lichtbildmaterial besprach er die Zeit der Landsknechtkämpfe und der Landsknecht⸗ chirurgie und die unendlichen Verheerungen in den Söldnerheeren, welche die falsche Auffassung von der Wundvergiftung durch den Pulverdampf und die fehlerhaften Versuche der Kugel⸗ entfernung hervorriefen. Die neuere Zeit begann mit der durch die Renaissance der Anatomte begründeten Verbesserung der chirurgischen Methoden. Zum Schluß des inhaltreichen Vortrags, dem das zahl⸗ reich erschtenene Publikum mit reger Anteilnahme folgte und lebhaftesten Dank zollte, wurde noch die Entwicklung des preußtschen Militär⸗ sanitätswesens gestreift, bis zu dessen Neuorganisation durch den Generalstabsarzt Goercke, dessen lorbeergeschmuckte Büste die „Aus⸗ stellung für Verwundeten⸗ und Krankenfürsorge“ ziert.

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(Weitere Nachrichten über Gesundheitswesen ꝛc. s. i. d. Ersten Beilage.)

Theater und Musik.

Walter Kirchhoff, der auf Antrag der Generalintendantur der Königlichen Schauspiele von seiner vorgesetzten Militärbehörde einen kurzen Urlaub erhalten hat, wird vor seiner Rücktehr an die Front noch einige Male in verschiedenen seiner Hauptrollen im Königlichen Opernhause auftreten. Zunächst am 11. d. M. als „Tannhäuser“. Wenn der Künstler in der zweiten Haälfte des Monats Januar noch in Berlin anwesend sein sollte, wird er in der unter Leitung des Generalmusikdirektors Dr. Richard Strauß vorbereiteten völligen Neueinstudterung von Wagners „Lohen⸗ grin“ in der ersten. Aufführung die Titelrolle singen. Morgen, Sonnabend, wird im Königlichen Opernhause Leo Blechs neueinstudierte Komische Oper „Versiegelt“ unter der persönlichen Leitung des Komponisten aufgeführt. Die Besetzung lautet: Gertrud: Fräuleim Arrôt de Padilla, Else: Florence Easton vom Hamburger Stadttheater als Gast, Fr. Willmers: Frau von Scheele⸗Müller, Bertel: Herr Henke, Braun: Herr Brons⸗ geest, Lampe: Heir Erwin Hey als Gast, Schützenkönig: Herr Bach⸗ mann. Den Abend eröffnet eine Aufführung von „Cavalleria rusti- cana“. Die Santuzza singt: Frau Miekley⸗Kemp, die Lucia: Frau von Scheele⸗Müller, die Lola: Fräulein Herwig, den Turiddu: Herr Sommer, den Alsio. Herr Habich. Dirigent ist der

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