11u“
Der zur Auskunft Veipflichtete hat auf Verlangen auch darüber Auskunft zu geben: . . 1) wer die Vorräte aufbewahrt, die ihm gehören; wem die fremden Vorräte gehören, die er aufbewahrt; wann die Vorräte abgegeben werden können; für welchen Zeitpunkt die Lieferungen (Abs. 1 Nr. 2 und 3) vereinbart sind; 4 5) wohin früher angemeldete Vorräte abgegeben sind. Jedes weitere Eindringen in die Vermögensverhältnisse ist un⸗
statthaft.
§ 4 Die zuständige Behörde oder die von ihr beauftragten Beamten sind befugt, zur Ermittlung richtiger Angaben Vorratsräume, in denen Gegenstände zu vermuten sind, über welche die Auskunft verlangt wird, zu untersuchen und die Bücher der zur Auskunft Verpflichteten
zu prüfen. 85b
Wer vorsätzlich die Auskunft, zu der er auf Grund dieser Ver⸗ ordnung verpflichtet ist, nicht in der gesetzten Frist erteilt oder wissentlich unrichtige eder unvollständige Angaben macht, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu zehn⸗ tausend Mark bestraft; auch können Vorräte, die verschwiegen sind, im Urteil für dem Staat verfallen erklärt werden. 1
Wer fahrlässig die Auskunft, zu der er auf Grund dieser Ver⸗ ordnung verpflichtet ist, nicht in der gesetzten Frist erteilt oder un⸗ richtige oder unvollständige Angaben macht, wird mit Geldstrafe bis u drestausend Mark oder im Unvermögensfalle mit Gefängnis bis zu
echs Monaten bestraft. 8 8
Die Landeszentralbehörden erlassen die Bestimmungen zur Aus⸗ führung dieser Verordnung.
Diese Verordnung tritt mit dem Tage der Verkündung in Kraft. Die Verordnungen über Vorratserhebungen vom 24. Auguft 1914 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 382) und vom 15. Oktober 1914 (Reichs⸗ Gesetzbl. S. 440) werden aufgehoben. Berlin, den 2. Februar 1915. Der Stellvertreter des Reichskanzlers. Delbrück.
——
Bekanntmachung,
betreffend die Ernennung von Bevollmächtigten zum Bundesrate.
Der Präses der Deputation für Handel, Schiffahrt und Gewerbe.
Auf Grund des Artikel 6 der Verfassung des Deutschen Reichs sind von Seiner Majestät dem Deutschen Kaiser, König von Preußen der Staatssekretär des Reichsschatzamts, Wirklicher Geheimer Rat Dr. Helfferich und der Staats⸗ und Kriegs⸗ minister, Generalleutnant Wild von Hohenborn zu Bevoll⸗ mächtigten zum Bundesrat ernannt worden.
Berlin, den 4. Februar 1915.
Der Stellvertreter des Reichskanzlers. Delbrück.
Bekanntmachung
Auf Grund der Verordnung vom 22. Dezember 1914, be⸗ effend die zwangsweise Verwaltung britischer Unter⸗ nehmungen, ist die Zwangsverwaltung folgender Hamburger
Firmen angeordnet worden: 8
Auto Strop Sicherbeits Rasirapparat, n. b. H., Schlensen⸗ hof, Zwangsverwalter: Wilhelm Hänzzer, Neuerwall 75/79.
Allgemeine Lebensmittelhandels⸗Gesellsch. m. b. H., Kl. Reichen⸗ straße 21/23, Zwangsverwalter: Bernh. Pretzsch, König⸗ straße 51.
2n Heenae Whitehead & Dickinson, Dovenfleth 25, Zwangs⸗ verwalter: John Delaval, Königstraße 15.
C. Afh & Sons, Gänsemarkt 32/33, Zwangsverwalter: Otto W. Möller, i. Fa. Alb. Winkelmann, Alsterthor 21.
C. Bühring & Co., Svaldingstraße 21, Zwangsverwalter: H. Kumleben, Hopfenmarkt 2.
Bristol Steam Navigation Company Agencies Ltd., Steinhöft 9, Zwangsverwalter: Gustav Martin Kanning, Raboisen 3/5.
James Buchanan & Co., Ltd., Zwangsverwalter: Th. Götz,
sestr. 123.
Corhelrzal⸗ Rees Roturbo G. m. b. H., Barkhof 2, Zwangsverwalter: Eduard Ballin, Curschmannstr. 37.
Cox Me. Euen, Steinstr. 110, Zwangsverwalter: Wassermann, i. Fa. Steinhardt & Co., Paulftr. 10.
Callenders Deutsche Kabel⸗Gesellschaft, Büschstr. 7, Zwangs⸗ verwalter: Heinrich Beck, Graskeller 3.
S. esär. 62/68, Theodor Götz, Isestr. 123.
riees Fbesbde⸗ & Co., Ellerholꝛdamm 34, verwalter: C. Grönwoldt,
— Bleichen 16.
Deutsche Schlüssel Vers. Gesellschaft m. chaussee 84, Zwangsverwalter: Cäsar straße 12 III.
Max
Zwangsverwalter:
Deutsche Schlacken Zement Ges. m. b. H., Zwangsverwalter: H., Brauerstr. 30, Zwangs⸗ öll
„S. HGereas üs 8 eutsche Speditions Gesellsch. m. b. 8 1 Wilhelm G. H. Möller, Freiligrathstr. 9. Deutsche Kap⸗Asbest⸗Werke, G. m verwalter: Rechtsanwalt Dr. Kl Frankenburg & Co, G. m. Zwangsverwalter: mann, Alstertor 21.
Ferdinand Feilmann, Raboisen 40, Zwangsverwalter: Theodor Neuerwall 32, Zwangsverwalter:
b. H. in Liqu. Johanniehof,
Götz, Isestraße 123. Gellatly Hankev & Co., Herbert Leer, Andreasstr. 18. Rudolf Hinsch & Co., G. m. b. 1m 2 Zwangsverwalter: Eduatd Ballin, Curschmannstr. 37. Holz⸗Handels⸗Ges. m. b. 8 Franz Hasse, Kl. Schäferkamp 21. 8 Hirsch, Wohlgemuth & Co., Hammerbrt verwalter: Amandus Longe, Trostbrücke 1.
Importhaus H. Constable Roberts, Schleusenbrücke 8, Zwangs⸗
verwalter: Wilhelm Hänßler, Neuerwall 75/79.
Kohlen⸗Import Ges. m. b. H.,2 J. H. Herwig, EE Kalkenbach & Schmitz, Brandstwiet 15 17, igs. Dabid Louis David, Neuerwall 70/74. Albert 29, ½ H. Kumleben, Hopfenmarkt 2. Leuchs Adreßbücher G. m. b. H., Neuerwall 17, verwalter: Carl Willprecht, Neu⸗rwall 75,79.
J. Mandleberg & Co., Lid. Adr. Wolf Stadthausbrück⸗ 37/43, Zwangsverwalter: Otto W. Möler, i. Fa. Alb. Winkel⸗
Südseehaus, Zwangsverwalter:
mann, Alstertor 21. Wm. F. Malcolm & Co., eeha Bernhard Pretzsch jr., Königstraße 51.
Musgravpe & Cco., Ltd., Lilienstraße 7, Zwangeverwalter: Otto
W. Moöller, i. Fa. Alb. Winkelmann, Alstertor 21.
Artbur R. Pearson (Adolf Pbilippi, E. T. Pearson Nfp.) — 8 wangsverwalter:
1 Co. G. m. b. 2* Alsterdamm 2, ohn Delaval, Königstraße 15/19.
betreffend
Zwangs⸗ i. Fa. Anders Petersen, Hohe
Hobeluft⸗ Nagel, Spitaler⸗
.b. H. Bergedorf, Zwangs⸗ inschmidt, Schleusenbrücke 1. .H., Kaiser Wilhelmstr. 85, Otto W. Möller, i. Fa. Alb. Winkel⸗
H, Rosenstr. 11, Zwangsverwalter:
rookstr. 84/88, Zwangs⸗
Posthof, Zwangsverwalter: Zwangsverwalter:
Oben Borgfelde 4, Zwangeverwalter:
Zwangs⸗
8 8
Thomas Robinson Sons & Co., Hopfensack 15, Zwangs⸗ verwalter: Otto W. Möller, i. F. Ald. Winkelmann, Alstertor 21. 8
F. Reddaway & Co., Ltd., Bevollmächtigter: Albert Mathis, Ooerbeckstr. 12, Zwangsverwalter: Rechtsanwalt Dr. Geert Seelig, Adolphsbrücke 9/11. . 8
Albert Schiltz & Co., G. m. b. H., Mönckebergstr. 17, Zwangs⸗ verwalter: Oscar Kröüger, Arte Gröningerstr. 1.
A. Tesdorpf & Co, Sandtorkai 14/17, Zwangsverwalter: Aibert Simon, Poehe Bleichen 17.
Waltts & Co., G. m. b. H., Hobe Bleichen 20, Zwangs⸗ verwalter: Hans Septimus Elkan, Mönckebergstr. 13.
E. R. Wischer & Co., Hohe Brücke 1, Zwangsverwalter: Caesar Nagel, Spitalerstr. 12.
Hamburg, den 2. Februar 1915.
Sthamer. Bekanntmachung
Auf Grund der Verordnung vom 22. Dezember 1914, be⸗ treffend die zwangsweise Verwaltung britischer Unter⸗ nehmungen, ist das im hamburgischen Staatsgebiet befind⸗ liche Vermögen folgender Firmen unter Zwangsverwaltung gestellt worden: 8 8 A. Rüffer & Sons, London (Zwangsverwalter: Rechtsanwalt
Dr. Geert Seelig, Adolphebrücke 9/11). Hindley & Co, London E. C. (Zwangsverwalter: Max Wasser⸗ mann, i. Fa. Steinhardt & Co., Paulgr. 10) Wigglesworth & Co., London E. C. (Zwangsverwalter: wie
vorstehend). H. R. Northcott & Co., London E. C. (Zwangsverwalter: wie
vorstehend). Wm. Brandt, Sons & Co., London (Zwangsverwalter: Dr.
Geert Seelig, Adolphsbrücke 9/11). —
König Brothers in London (Zwangsverwalter: wie vorsiehend).
Tolmé & Runge & Tolmé, beide zu London (Zwangs⸗ verwalter: wie vorstehend). .
James Humphries & Sons, Ltd. zu Kidderminster (Zwangs⸗ verwäalter: Enno Andreae, Bureau b. v. Bargen, Neuer⸗ wall 75/79).
Hamburg, den 2. Februar 1915. Der Präses der Deputation für Handel, Schiffahrt und Gewerbe. Sthamer. .
Bekanntmachung.
Auf Grund der Verordnung vom 22. Dezember 1914, die zwangsweise Verwaltung britischer Unternehmungen, ist die Zwangsverwaltung folgenden im hiesigen Staatsgebiet belegenen Grundstücks angeordnet worden: Grundstück: Neuerwall 71, Eigner: William Barlee zu Cringlefort in England, Zwangsverwalter: Oscar Völckers,
i. Fa. J. L. Völckers & Sohn.
Hamburg, den 2. Februar 1915.
Der Präses der Deputation für Handel, Schiffahrt und Gewerbe. Sthamer.
4„
Die von heute ab zur Autz. de gelangende Nuzjamer 12 des Reichs⸗Gesetzblatts enthält unter Nr. 4626 eine Bekanntmachung, betreffend Aenderung der Anlage C zur Eisenbahnverkehrsordnung, vom 29. Januar
1915, und unter Nr. 4627 eine Bekanntmachung über Vorratserhebungen,
vom 2. Februar 1915. 8 Berlin W. 9, den 3. Februar 1915. Kaiserliches Postzeitungsamt. Krüer.
Königreich Preußen. 1161XX“ Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:
theologischen Fakultät der Universität in Breslau Wittig zum ordentlichen
schaftlichen Fak a. M. zu ernennen, die von der
Wilhelms⸗Universität in Berlin zu bestätigen und
dem Oberbahnmeister Johann Sturm Charakter als Rechnungsrat zu verleihen. 8
Ministerium der geistlichen und Unterrichts⸗ angelegenheiten.
nannt worden. “ Finanzministerium.
Wittlich, Regierungsbezirk Trier, ist zu besetzen.
Hafer, Weizen⸗,? . und pflichtig ist derjenige, der die Vorräte in wenn die Vorräte für fremde Rechnung
gegangenen Nachrichten über die
den bisherigen außerordentlichen Professor in der katholisch⸗ Dr. Joseph Professor in derselben Fakultät und den bisherigen ordentlichen Professor Dr. Ludwig Bieber⸗ bach in Basel zum ordentlichen Professor in der naturwissen⸗
Atüt der Königlichen Universität in Frankfurt
Akademie der Wissenschaften in Berlin voll⸗
zogene Wahl des ordentlichen Professors an der Friedrich Dr. August Brauer zum
ordentlichen Mitglied ihrer physikalisch⸗mathematischen Klasse
in Bonn den
Der bisherige Privatdozent in der katholisch⸗theologischen Fakultät der Universität in Breslau Dr. Franz Taver Seppelt ist zum außerordentlichen Professor in derselben Fakultät er⸗
Die Rentmeisterstelle bei der Königlichen Kreiskasse in
Aiicchtamtliches. Deutsches Reich.
b
8
jestä gestern, wie „W. T. B.“ meldet, im Auswärtigen Amt vor.
sitzung; vorher hielten der Ausschuß sowie die vereinigten Ausschüsse
für das Landheer und die Festungen Sitzungen.
Seine Majestät der Kaiser und König sprachen
srat versammelte sich heute u einer Plenar⸗ Ferenes hee de sichn Penber und Verkehr
für Handel und Verkehr und
Meorgen ist der letzte Tag, an dem die Anzeigen über
Vorräte an Brotgetreide und Mehl zu erstatten sind Die Versäumung der rechtzeitigen Anzeigen Erstattung bekanntlich mit
6 Monaten oder 1 — der Anzeige hat aber vor allen Dingen die Folge, Enteignung nichts bezahlt
und die wissentliche unvollständiger Anzeigen ist bedroht (Gefängnis bis zu Die Unterlassung daß bei der Vorräte
unrichtiger oder hohen Strafen Geldstrafe bis 1500 ℳ). die nicht angezeigten wird. Die Anzeigepflicht bezieht sich auf Weizen, Roggen, Roggen⸗, Hafer⸗ und Gerstenmehl. Anzeige⸗ Gewahrsam hat, also gelagert werden, der Vorräte nicht selbst in
für
Lagerhalter. Der Eigentümer, der die Gewahrsam hat, ist nicht anzeigepflichtig; er hat aber das größte Interesse, daß derjenige, der für ihn die Vorräte in Gewahrsam hat, die Anzeige richtig erstattet, denn andernfalls geht er bei der Enteignung des Preises verlustig.
Die in letzter Zeit verschiedentlich durch die Tageszeitungen . Versendung von Kriegs⸗ material — hauptsächlich von Drehbänken — aus Deutschland nach England und Rußland, und zwar über das neutrale Ausland, besonders über Dänemark und Schweden, haben, wie „W. T. B.“ meldet, in der Bevölkerung anscheinend vielfach Beunruhigung hervorgerufen. Demgegenüber wird bemerkt, daß die für die Ausfuhr verantwortlichen Stellen schon seit langer Zeit ein besonderes Augenmerk auf derartige Machenschaften richten und der Um⸗ gehung der Ausfuhrverbote mit allen Mitteln entgegentreten. Im übrigen dürften die Angaben, daß ganze Eisenbahnzüge voller Drehbänke nach Rußland gegangen sind, auf Ueber⸗ treibungen beruhen, zum mindesten kommt dafür deutsches Material nicht in Betracht. Ein Grund zur Beunruhigung
liegt in dieser Hinsicht, wie „W. T. B.“ erfährt, nicht vor.
Der heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ liegen die Ausgaben 353 und 354 der „D. eutschen Verlust⸗ listen“ bei. Sie enthalten die 141. Verlustliste der preußischen Armee, die 148. Verlustliste der bayerischen Armee, die 103. Verlustliste der sächsischen Armee und die 108. Verlustliste
der württembergischen Armee.
öX““*“ . 8
Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin empfingen gestern die Mitglieder der Ersten und der Zweiten Kammer der Landstände im Groß⸗
erzoglichen Schlosse. 18 Braunschweig.
Ueber das Befinden Seiner Königlichen Hoheit des Erbprinzen wurde gestern folgendes Bulletin ver⸗ öffentlicht:
Nacht durchgeschlafen, Nahrungsaufnahme wie in gesunden Tagen, Stimmung und Allgemeinbefinden recht gut.
Braunschweig, 3. Februar 1915.
Dr. Albrecht. Professor Langenstein.
Oesterreich⸗Ungarn. 8
Burzan in Wien eine gemeinsame Ministerkonferenz statt, an der die beiderseitigen Ministerpräsidenten, die gemein⸗ samen Minister und der Vertreter des Marinekommandanten sowie die beiderseitigen Landesverteidigungs⸗, Handels⸗und Finanz⸗ minister teilnahmen. Baron Burian gab zunächst eine ein⸗ gehende Darlegung der auswärtigen Lage, sodann wurden laufende gemeinsame Angelegenheiten beraten. Hieran schloß sich die Diskussion über einige und wirtschaft⸗ liche Fragen, die mit dem Kriege in usammenhang stehen.
— Gestern ist das österreichisch⸗ ungarische Rotbuch er⸗ schienen, das 69 Aktenstiicke enthält und vom 29. Juni bis zum 24. August 1914 reicht. Aus seinem Inhalt teilt „Wolffs Telegraphenbureau“ folgendes mit:
Das Rotbuch beginnt mit den Meldungen der Vertreter in Belgrad, Uesküb und Nisch über den Beifall und die Freude, mit dem die Nachricht von der Ermordung des Erzherzog⸗ Thronfo lge rs aufgenommen wurde. 88
Am 4. Juli sprach der Präsident der Französischen Republik gegenüber dem Botschafter Grafen Széesen die Ueberzeugung aus, die serbische Regierung werde bei der gerichtlichen Untersuchung und der Verfolgung eventueller Mitschuldiger das größte Entgegenkommen zeigen. Einer solchen Pflicht könne sich kein Staat entziehen.
Am 1. Juli führte der österreichisch⸗ungari sche Gesandte in Belgrad, Freiherr von Giesl, in einem längeren erichte aus, das Attentat habe die Serben in dem Glauben bestärkt, daß der Zerfall Oesterreich⸗Ungarns in kürzester Zeit bevorstehe, und habe zu ihrem Haß gegen die Monarchie nun auch die Verachtung gesellt. 8
Am 22. Juli wurde Freiherr von Giesl beauftragt, am nächsten Tage der serbischen Regierung die Note zu über⸗ reichen, die gleichzeitig samt dem bekannten Kommentar den öster⸗ reichischen Botschaftern zur Mitteilung an die fremden Regierungen übersendet wurde. Am 24. entledigten sich die Botschafter dieses
Auftrages.
Der Botschafter in London, Graf Mensdorff, wurde beauftragt, auch darauf zu verweisen, daß es Serbien in der Hand gehabt hätte, den ernsten Schritten, die es erwarten mußte, die Spitze bhecrechen wenn es spontan das Notwendige vorgekehrt hätte, um auf serbischem Boden eine Untersuchung gegen die serbischen Teilnehmer am Atten tat einzuleiten. Sir Edward Grey erwiderte dem Botschafter, er würde bereit sein, die Angelegenheit als eine nur Oesterreich⸗Ungarn und Serbien berührende zu betrachten, besorge aber, daß mehrere Greoß⸗ mächte in einen Krieg verwickelt werden könnten.
Als Graf Szäpary sich dem Minister Sasonow gegenüber seines Auftrages entledigte, unterbrach ihn dieser mit der Bemerkung, er wisse, daß es sich um einen Vorwand handle, Serbien mit Krieg zu überziehen, worauf der Botschafter erwiderte, Oesterreich⸗Ungarn die friedliebendste Macht der Welt, was sie anstrebe, sei nur⸗ Sicherung ihres Territoriums vor fremden revolutionären Umtri und ihrer Dynastie vor Bomben. Nach fünfstündigem Ministerras empfing Herr Sasonow den deutschen Botschafter und erklärte ihm die Angelegenheit sei eine europäische und Rußland könne die eventus Absicht Oesterreich⸗Ungarns, Serbien aufzufressen (dévorer), ruhig hinnehmen. Graf Pourtalès entgegnete, Oesterreich⸗Un sei nur daran gelegen, Serbien die verdiente Züchtigung angedeibe zu lassen. Der russische Geschäftsträger in Wien Kudaschew, des Graf Berchtold am 24. Vormittags empfing, sagte, man sei in land immer besorgt gewesen, ob nicht unser Schritt die Form
Demütigung für Serbien annehmen werde, mas nicht ohne 9 wirkung in Rußland bleiben könnte, Graf Berchtold entgegnete,
11 —ꝗ—— 8 8 8.
Dr. Sch legel.
Heute fand unter Vorsitz des Ministers des Aeußern Baron
olche Absicht liege ihm völlig fern, das Ziel der K. K. Regierung estebe lediglich darin, die unhaltbare Situation Serbien gegenüber zu liren. Am nächsten Tage erschien der russische Geschäftsträger beim Acten Sektionschef Bawon Macchio und drückte den Wunsch aus, daß ie in unserer Note an Serbien angegebene Frist verlängert werde, mmit die Mächte B8 hätten, die Grundlagen unserer Mitteilung ind die beigelegte Denkschrift über die großsbebi che Propaganda zu rüfen. Baron Macchio antwortete, daß unsere Note an die Mächte ur den Charakter einer Information gehabt habe und wir unsere tkten als eine nur uns und Serbien berührende Angelegenheit be⸗
ra hte en. 8 3
Am 25. um 3 Uhr Nachmittags wurde laut Telegramm des
Baron Giesl in Serbien die allgemeine Mobilisierung
ngeordnet. Erst drei Stunden später, knapp vor Ablauf der in
inserer Note gestellten Frist, wurde die serbische Antwort in
Belgrad vem Gesandten Giesl übergeben, der sie für ungenügend er⸗
lärte and mit dem Gesandtschaftspersonal die Stadt verließ.
Am 25. sandte Graf Berchtold dem Botschafter in St. Petersburg Grafen Szaͤpäry eine Instruktion, die mit den Worten beginnt: In dem Augenblicke, wo wir uns zu einem ernsten Vorgehen gegen Gerbien entschlossen haben, sind wir uns natürlich auch * Mög⸗
ichkeit eines sich aus der serbischen Differenz entwickelnden Z u⸗
ammenstoßes mit Rußland bewußt gewesen. Wir konnten
us aber durch diese Eventualität nicht in unserer Stellungnahme gegenüber Serbien beirren lassen, weil grundlegende staatspolitische
Frwrägungen uns vor die Notwendigkeit stellten, der Lage ein Ende zu machen, daß ein russischer Freibrief Serbien die dauernde
ungestrafte und unstrafbare Bedrohung der Monarchie ermögliche. Für
en Fall, daß Rußland den Moment für die große Abrechnung mit en europälschen Zentralmächten bereits für gekommen erachten sollte nd daher von vornherein zum Kriege entschlossen wäre, erscheint allerdings nachstehende Instruierung Eurer Exzellenz überflüssig. Es wäre aber immerhin denkbar, daß Rußland nach der eventuellen Ab⸗ ehnung unserer Forderungen durch Serbien und angesichts der sich ür uns ergebenden Notwendigkeit eines bewaffneten Vorgehens mit ich selbst zu Rate ginge und daß es sogar gewillt sein könnte, sich on den kriegslustigen Elementen nicht mitreißen zu lassen.’“ In der
Instruktion wird dann ausgeführt, daß Oesterreich⸗Ungarn territorial
kuriert sei und daß, wenn ihm der Kampf mit Serbien aufge⸗ wwungen werde, dies kein Kampf um territorialen Gewinn, sondern
8 Mittel der Selbstverteidigung und Selbsterhaltung sein
erde. Ferner, daß die Bewegung, die in Serbien gegen die Monarchie genährt werde, das monarchische und dynastische Interesse bedrohe und
aß das konservative, kaisertreue Rußland, wie wir annehmen müßten, ein energisces. Vorgehen gegen diese Bedrohung aller staatlichen Ordnung begreiflich und sogar notwendig finden werde. Wir seien tets der Ansicht gewesen, daß das Erstarken der Balkanstaaten zur taaflichen und politischen Selbständigkeit unseren Beziehungen zu
Rußland zum Vorteil gereichen würde, auch alle Möglichkeit eines Gegensatzes zwischen uns und Rußland beseitigen würde und waren immer bereit, die großen politischen Interessen Rußlands bei unserer
olitischen Orientierung zu berücksichtigen. Eine weitere Duldung der erbischen Umtriebe hätte unseren Bestand als Großmacht und daher uch das europäische Gleichgewicht, dessen Erhaltung Rußlands wohl⸗ derstandenes Interesse sei, in Frage gestellt.
Am 26. telegraphierte Graf Szaͤpäry aus St. Petersburg, der deutsche beüsch habe dem Minister Sasonow in ernster Weise von den ussischen Mobilisierungsgerüchten gesprochen und inzugefügt, Mobilisierungsmaßnahmen seien ein höchst gefährliches Druckmittel, und wenn in Deutschland einmal auf den Knopf gedrückt verde, sei die Sache unaufhaltsam, worauf Minister Sasonow unter Fhrenwort versicherte, bisher sei kein Pferd und kein Reservist einge⸗ zogen, und es handle sich lediglich um vorbereitende Maßnahmen in en Militärbezirken Kiew, Odessa, vielleicht Kasan und Moskau. Infolge der Erklärungen des deutschen Botschafters habe dann der eriegsminister Suchomlinow den deutschen Militärattaché zu sich ge⸗ heten und ihm dieselbe Versicherung ebenfalls unter Ehrenwort ge⸗ geben. Wenn Oesterreich⸗Ungarn die serbische Grenze überschreite, vürden die auf Oesterreich⸗Ungarn gerichteten Militärbezirke mobili⸗ jert, unter keinen Umständen die an der deutschen Front; man wünsche ringend Frieden mit Deutschland. Der Militärattaché erwiderte, daß uch die Mobilmachung gegen Oesterreich⸗Ungarn als sehr bedrohlich angesehen werden würde.
Am selben Tage teilte Graf Berchtold unseren Botschaftern bei den fremden Mächten den Abbruch derdiplomatischen Be⸗ Piehungen zu Serbien mitp, der erfolgen mußte, weil die ser⸗ ische Regierung unsere Forderungen, welche wir zur dauernden Siche⸗ rung unserer von ihr bedrohten vitalen Interessen an sie stellen mußten, abgelehnt habe. Graf Berchtold fügte hinzu: Zu unserem Bedauern nd sehr gegen unseren Willen sind wir dadurch in die Notwendigkeit ersetzt worden, Serbien durch die schärfften Mittel zu einer grund⸗ ätzlichen Aenderung seiner bisherigen feindseligen Haltung zu zwingen. Am 27. Juli setzte Graf Szaäpäry dem Minister Sasonow in üngerer Unterredung auseinander, daß man in Rußland irrtüm⸗ scherweise Oesterreich⸗Ungarn einen Bersteß auf den Balkan und einen Marsch nach Salonich oder gar nach Konstantinopel imputierte. Es fandelte sich um Selbsterhaltung und Notwehr. Bei einer solchen könne man sich durch gar keine wie immer gearteten Konsequenzen be⸗ rren lassen. Sasonow erwiderte, dieses ihm geschilderte Ziel sei voll⸗ kommen legitim, aber der Weg sei nicht der he Die Mitwirkung don E“ Funktionären in Serbien und die Ent⸗ setung der Offiziere und Beamten, die Oesterreich⸗Ungarn bezeichnen ürde, sei in dieser Form unannehmbar. iese Punkte wurden von dem Grafen Szäpäry teils interpretiert, teils als notwendig erklärt.
Am 27. ermächtigte Graf Berchtold den Grafen Szäpary tele⸗ raphisch, sich Sasonow gegenüber dahin auszusprechen, daß, solange er Krieg zwischen Oesterreich⸗Ungarn und Serbien lokalisiert bleibe, ie Monarchie irgendwelche territoriale Erwerbungen nicht beabsichtige. In einem zweiten Telegramm ersucht Graf Berchtold den Grafen zäͤpäry, da der Punkt, betreffend die Beteiligung von K. und
K. Funktionären bei der Unterdrückung der serbi⸗ hen Umsturzbewegung, den besonderen Widerspruch Sasonows bervorriefe, ihm vertraulich mitzuteilen, daß damit nicht ein Antastung der Souveränität Serbiens beabsichtigt wäre, sondern an die Er⸗ tichtung eines mit den serbischen Behörden kooperierenden Sicherheits⸗ ureaus nach der Art der analogen russischen Einrichtungen in Paris edacht würde.
Am 28. telegraphierte Graf Szögveny, der englische Vermittlungs⸗ orschlag, daß Deutschland, Italien, England und Frankreich zu einer Fonferenz in London zusammentreten sollten, sei von Deutsch⸗ land mit der Begründung abgelehnt worden, daß es für Deutschland un⸗ moglich sei, seinen Bundesgenossen in seiner Auseinandersetzung mit Serbien vor ein europäisches Gericht zu ziehen.
„Am 28. zeigt Graf Berchtold dem serbischen Ministerium des Leußern telegraphisch an, daß sich Oesterreich⸗Ungarn von diesem Augenblicke an als mit Serbien im Kriegszustande befindlich betrachte.
An diesem Tage telegraphierte Graf Berchtold dem Grafen Soogveny, daß der Greysche Konferenzvorschlag, insoweit er sich auf unseren Konflikt mit Serbien bezieht, angesichts des eingetretenen Kriegszustandes durch die Ereignisse überholt erscheine. Graf Berchtold
teilte in seinem Telegramm unserem Botschafter in Berlin einen Be⸗ ncht des Grafen Mensdorff über dessen Gespräch mit Sir Edward Grey vom 27. Juli mit. Danach war der englische Minister des veußern sehr enttäuscht darüber, daß wir die serbische Antwort als genz ablehnend behandelten. Er, Sir Edward Grey, hätte, als er eine Konferenz vorschlug, geglaubt, diese Antwort würde eine Grundlage weern, auf welcher die dier Regierungen, während sich sowohl Oester⸗ . b⸗Ungarn als auch Rußland jeder militärischen Operation enthalte, en befriedigendes Arrangement ausarbeiten könnten. Wenn Oester⸗
b⸗Ungarn entschlossen sei, unter allen Umständen mit Serbien Krieg führen, und wenn es Rußland nicht dazu bewegen könne, ruhig zu eiden, seien die Möglichkeiten und Gefahren unberechenbar. Die nach
Manoövern in Portömvuth zusammengezogene Flotte würde vor⸗
g dort bleiben
1“
Den Grafen Mensdorff ersuchte Graf Berchtold, unsere kritischen Bemerkungen zur serbischen Note mit Sir Edward Grey durchzu⸗ sprechen und ihm klarzulegen, daß das serbische Entgegenkommen nun ein scheinbares war. „Da dis serbische Regierung wuüßte, daß uns nur eine vorbehaltlose Annahme unserer Forderungen befriedigen könne, ist die serbische Taktik klar zu durchschauen. Serbien gestand, um Eindruck auf die europäische Oeffentlichkeit zu machen, mit allerlei Vorbehalten eine Anzahl unserer Forderungen zu, darauf bauend, daß es nicht in die Lage kommen werde, seine Zusagen erfüllen.“
Am 28. Juli überbrachte Botschafter Schebeko dem Grafen Berchtold einen Vorschlag Sasonows, unseren Botschafter in St. Peters⸗ burg zu einer Fortsetzung des Gedankenaustausches über unsere For⸗ derungen an Serbien zu instruieren. Graf Berchtold lehnte mit den Worten ab, eine Verhandlung über den Wortlaut der von uns als unbefriedigend bezeichneten Antwort könnte bei uns niemand verstehen und niemand billigen; übrigens habe Serbien die Mobilisierung an⸗ eordnet, bevor es uns seine ungenügende Antwort übergeben ließ. Trotzdem hätten wir noch drei Tage zugewartet.
Am selben Tage erschien auch der englische Botschafter beim Grafen Berchtold. Auf seine Bemerkung, die serbische Antwort scheine die Möglichkeit zu bieten, die Grundlage für eine Verständigung abzugeben, erwiderte Graf Berchtold, der englische Staatssekretär könne wohl kaum gründlich orientierr sein über die schwerwiegende Be⸗ deutung der zu lösenden Fragen für die Monarchie. Insofern Sir Edward Grey dem europäischen Frieden dienen wolle, würde er gewiß nicht auf Widerstand bei uns stoßen; er müsse jedoch bedenken, daß der europäische Friede nicht dadurch gerettet würde, daß sich Groß⸗ mächte hinter Serbien stellen und für dessen Straffreiheit eintreten. Selbst wenn wir auf einen solchen Ausgleichsversuch eingehen wollten, würde dadurch Serbien nur umsomehr ermutigt, auf dem bisherigen Pfade weiterzugehen, was den Frieden binnen der allerkürzesten Zeit abermals in Frage stellen würde.
Am 28. ersuchte Graf Berchtold den Botschafter Grafen Szoegyeny, sich sofort zum Reichskanzler oder zum Staatssekretär zu begeben und es dem Berliner Kabinett zur dringenden Erwägung zu unterbreiten, ob nicht Rußland in freundschaftlicher Weise darauf aufmerksam gemacht werden sollte, daß die für den Fall einer Ueber⸗ schreitung der serbischen Grenze angekündigte Mobilisierung der vier egen Oesterreich⸗Ungarn gelegenen russischen Militärbezirke einer Bedrohung Oesterreich⸗Ungarns gleichkomme und daher, falls sie tat⸗ sächlich erfolgte, sowohl von der Monarchie als auch vom verbündeten Deutschen Reiche mit den weitestgehenden militärischen Gegenmaß⸗ regeln beantwortet werden müßte.
Inzwischen hatte der deutsche Botschafter in Wien mitgeteilt,
daß sich Sir Edward Grey an die deutsche Regierung mit der Bitte gewendet habe, sie möge ihren Einfluß in Wien geltend machen, damit hier die Belgrader Antwort entweder als ge⸗ nügend betrachtet oder als Grundlage für Besprechungen unter den Kabinetten angenommen werde. Der deutsche Botschafter war beauf⸗ tragt, diesen Vorschlag dem Wiener Kabinett zur Erwägung zu unterbreiten. In Beantwortung dieses Schrittes ließ Graf Berchtold dem deutschen Botschafter am 29. Juli eine Denkschrift zukommen, in welchem ausgeführt wurde, daß die serbische Antwort in den meisten Punkten Vorbehalte formulierte, die den Wert der gemachten Zu⸗ geständnisse wesentlich beeinträchtigten, und daß die Ablehnung gerade jene Punkte betreffe, die einige Bürgschaft für die tatsächliche Er⸗ reichung nwdes angestrebten Zweckes enthielten. „Die k. u. k. Re⸗ gierung“, so heißt es in der Denkschrift weiter, „kann ihre Ueber⸗ raschung über die Annahme nicht unterdrücken, als ob ihre Aktion gegen Serbien Rußland und den russischen Einfluß auf dem Balkan treffen wollte, denn dies hätte zur Voraussetzung, daß die gegen die Monarchie gerichtete Propaganda nicht allein serbischen, sondern auch russischen Ursprungs wäre. Wir sind bisher immer von der Ansicht ausgegangen, daß das offizielle Rußland diesen der Monarchie feind⸗ seligen Tendenzen fernstehe, und unsere gegenwärtige Aktion richtet sich ausschließlich gegen Serbien, während unsere Gefühle für Rußland, wie wir Sir Edward Grey versichern können, durchaus freundschaftliche sind.“ Die Denkschrift S wie folat: „Wenn sich im übrigen das englische Kabinett bereit findet, seinen, Einfluß auf die russische Re⸗ gierung im Sinne der Erhaltung des Friedens zwischen den Groß⸗ mächten und der Lokalisierung des uns durch die jahrelangen serbischen Umtriebe aufgezwungenen Krieges geltend zu machen, so kann dies seitens der k. u. k. Regierung nur begrüßt werden.“ Am 29. Juli meldete der Botschafter in Paris, Graf Széesen, daß Frankreich unzweifelhaft gewisse militärische Vorbereitungen treffe. Der Botschafter Graf Szoegyeny meldete, die deutsche Regierung habe an diesem Tage neuerdings nach St. Peters⸗ burg telegraphiert, daß Deutschland durch die Fortsetzung der jetzigen militärischen Rüstungen veranlaßt werden könnte, zu mobilisieren.
Dem Grafen Szaͤpäry machte der Minister Sasonow am 29. Juli Bemerkungen über die Abgeneigtheit Oesterreich⸗Ungarns zu dis⸗ kutieren und über die über das notwendige Maß hinaus fortgesetzte und daher gegen Rußland gerichtete österreichisch⸗ungarische Mobili⸗ ierung. Graf Szäpary sagte, über den Konflikt mit Serbien lasse ich nicht diskutieren; aber Oesterreich⸗Ungarn werde immer bereit sein, über österreichisch⸗ungarische und russische Interessen mit Petersburg Fühlung zu nehmen. Sasonow erwiderte, wenn wir Serbien unsere Bedingungen aufzwängen, sei dies für Serbien ein Vasallentum, durch welches das Gleichgewicht auf dem Balkan, das ein russisches Inter⸗ esse sei, gestört werde. Auf die Bemerkung Szäpärys, daß die Mobili⸗ sierung unserer südlichen Korps keine Bedrohung Rußfände sei und daß dem militärischen Lizitieren ein rasches Ende bereitet werden sollte, meinte Sasonow, er werde dies dem Generalstabschef mitteilen, denn dieser sehe Seine Majestät alle Tage. In dieser Unterredung machte Sasonow dem Botschafter Mitteilung von einer gleichzeitig erfol⸗ genden Mobilisierung in ziemlich weitem Umfange. Die Truppen würden bereitstehen für den Fall, als Rußlands Balkaninteressen ge⸗ fährdet würden. Die Verfügung sei harmlos. Graf Szäpäry machte den Minister in ernsten Worten auf das Gefährliche dieser Ver⸗ fügung aufmerksam.
Der russische Botschafter in Wien teilte dem deutschen Bot⸗ schafter Herrn von Tschirschky die Mobilisierung mit und fügte hinzu, Rußland sei in seiner Ehre als Großmacht ge⸗ kränkt und genötigt, entsprechende Maßnahmen zu treffen.
Am 30. telegraphierte Graf Berchtold dem Grafen Szaͤpärv, er sei bereit, die einzelnen Punkte der Note Herrn Sasonow er⸗ läutern zu lassen und bei dieser Gelegenheit entsprechend der durch Schebeko verdolmetschten Anregung die unsere Beziehungen zu Ruß⸗ land direkt betreffenden Fragen einer vertrauensvollen, freundschaft⸗ lichen Aussprache zu unterziehen.
Am 30. eröffnete der englische Staatssekretär dem Botschafter Fürsten Lichnowsky, daß ihn Sasonow habe wissen lassen, er sei nach der Kriegserklärung Oesterreich⸗Ungarns an Serbien nicht mehr in der Lage, mit Oesterreich⸗Ungarn direkt zu verhandeln, und spreche daher die Bitte aus, England möge seine Vermittlung wieder auf⸗ nehmen unter der Voraussetzung der vorläufigen Einstellung der Feindseligkeiten. Der deutsche Botschafter in Wien teilte dies dem Grafen Berchtold mit, der am 31. durch den Grafen Szögyveny in Berlin bekanntgeben ließ, daß er trotz der russischen Mobilisierung bereit sei, dem Vorschlage Sir Edward Greys, zwischen uns und Serbien zu vermitteln, näherzutreten, doch sei die Voraussetzung dafur, daß unsere militärische Aktion gegen Serbien einstweilen ihren Fort⸗ gang nehme und daß die russische Mobilisierung zum Stillstand komme.
Am 31. traf jedoch folgendes Telegramm unseres Botschafters in St. Petersburg hier ein: Heute früh Order zur allgemeinen Mobilisierung der gesamten Armee und Flotte erfolgt.
Von den folgenden Depeschen sei noch das Telegramm des Grafen Berchtold vom 11. August an den Botschafter Grafen Mensdorff er⸗ wähnt, welches lautet: „Französische Regierung hat ihren biesigen Botschafter beauftragt, seine Pässe mit der Motivierung zu verlangen. daß ein österreichisch⸗ungarisches Armeekorps nach Deutschland entsendet worden sei, wodurch es der deutschen Heeresleitung ermöglicht würde, ihre Truppen aus den deutschen Ge⸗ bieten zuruückzuztehen, welche von unseren Abteilungen besetzt seien. Diese Maßnahme unseres Generalstabes bedeute eine militärische
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Hilfeleistung an Deutschland. Eure Exzellenz wollen zur Kenntnis der englischen Regierung bringen, daß den an zuständiger Stelle eingeholten Informationen zufolgr die französischerseits aufgestallte Behauptung
unbegründet ist.
Den Schluß des Rotbuchss bildet die Mitteilung des Grafen Berchtold an den Botschafter Freiherrn von Müller in Tokio, daß Seiner Majestät Schiff „Elisabeth“ den Auftrag erhielt, in Tsingtau mitzukämpfen, und daß der Botschafter mit Rücksicht auf das Vor⸗ ehen Japans gegen das uns verbündete Deutsche Reich seine Pässe ver⸗ angen möge.
— Gestern früh wurden in Serajewo im Hofe des Festungsgefängnisses Veljko Cubrilovic, Mieko Jovanovic und Danilo Ilic, die im Hochverratsprozeß zum Tode ver⸗ urteilt waren, hingerichtet. Die Hinrichtung vollzog sich ohne Zwischenfall. Die gleichfalls zum Tode verurteilten Jakob Milovic und Nedjo Kerovic wurden begnadigt; die Todes⸗ strafe wurde in lebenslänglichen beziehungsweise zwanzigjährigen schweren Kerker umgewandelt. Princip, der Mörder des Erzherzogs Franz Ferdinand, der bekanntlich wegen seines jugendlichen Alters nicht zum Tode verurteilt werden konnte, erhielt eine zwanzigjährige Kerkerstrafe.
— 1113“ Großbritannien und Irland.
Nach einer Meldung des „W. T. B.“ wird aus sicherer Quelle folgender Geheimbefehl der englischen Admi⸗ ralität bekannt:
Wegen des Auftretens deutscher Unterseeboote im englischen und irischen Kanal sollen sofort alle englischen Handelsschiffe neutrale Flaggen hissen und alle Abzeichen wie Reedereizeichen, Namen usw. verdecken. Hausflaggen sind nicht zu führen. Dieser Befehl ist geheim zu halten.
— In der gestrigen Sitzung des Unterhauses fragte der Abg. Henderson (Arbeiterpartei) den Premierminister, ob er eine Erklärung darüber abgeben wolle, wie weit die hierfür aufgestellte Kabinettskommission den Preisen für Lebensmittel nachgegangen sei, was für Daten vorlägen, ob die Untersuchung bald beendet sei und dem Hause bald Gelegenheit geboten würde, die Frage der Preise für Lebens⸗ mittel und andere notwendige Gebrauchsgegenstände zu erörtern.
Der Premierminister Asquith anwortete obiger Quelle zufolge, die Kommission habe der Frage ihre volle Aufmerksamkeit zugewendet. Er könne noch nicht sagen, wann die Arbeiten abgeschlossen würden. Es werde jedoch ohne Verzögerung geschehen, da die Regierung sich der Dringlichkeit der Frage bewußt sei.
Henderson kam später nochmals auf dasselbe Thema zu sprechen und wies auf die Stimmung im Lande, besonders unter den armen Leuten, hin, die die gegenwärtigen Preise, die an Hungersnotpreise grenzten, besonders hart empfänden. Er verlangte eine Erörterung der Angelegenheit zu Beginn der nächsten Woche, worauf Asquith antwortete, die Frage solle s bald wie möglich behandelt werden.
— Die schottischen Kohlenminen haben nach der „Frankfurter Zeitung“ beschlossen, den Kohlenpreis weiter um einen Schilling für die Tonne, somit in den letzten zwei Wochen um insgesamt drei Schilling, zu erhöhen, nachdem die Regierung die Ermäßigung der Eisenbahntransportfracht ver⸗ weigert hatte.
— Das deutsche Segelschiff „Viganella“ ist zu⸗ sammen mit anderen kleinen Schiffen als gute Prise erklärt worden. 16 Ffrankreich.
In der „Guerre Sociale“ fordert Hervé die Neutralen zur Bildung einer Liga der neutralen Staaten auf, um gegen den deutschen Unterseebootskrieg Stellung zu nehmen. Die Liga hätte die Aufgabe, bewaffnet einzuschreiten, sobald ein Angehöriger eines neutralen Landes durch den Angriff eines Unterseebootes auf ein Handelsschiff getötet würde.
— Nach dem „Temps“ ist die Studiendauer auf der Marineschule durch ein Dekret auf zehn Monate herab⸗ gesetzt worden. Die Schüler der Marineschule erhalten demnach nach zehnmonatigem Studium den Rang als Marine⸗ “ 1u“ Italien.
Die Regierung hat der „Frankfurter Zeitung“ zufolge das Ausfuhrverbot weiter ausgedehnt auf Kolophon und andere Harze, auf Kalkzyanamid, Kakao, Maschinen, Werkzeuge, Stärkemehl, Essigsäure und eingemachte Früchte.
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Der frühere Minister Reverter hat im Senat gierung über die Maßnahmen, die sie zur Milde der Folgen des europäischen Krieges in Spanien zu treffen gedenke, interpelliert. Die Regierung hat die Inter⸗ pellation dem „Républicain“ zufolge nicht beantwortet, sodaß die Sitzung unter allgemeiner Enttäuschung aufgehoben werden mußte.
Schweiz.
Das Politische Departement hat der deutschen, der öster⸗ reichisch⸗ungarischen und der französischen Regierung daß das schweizerische Bureau zur Heimschaffung internierter Zivilpersonen am 28. Fedruar geschlossen werden soll.
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Türkei. Der deutsche Botschafter Freiherr von Wangenheir hat vorgestern dem ökumenischen Patriarchen Germe einen Besuch abgestattet, um ihm persönlich für die aus Ar
Die des Geburtstages Kaiser Wilhelms II. übermittelten Glück⸗ wünsche zu danken.
— Russische Berichte besagen, daß die Russen vierzig türkische Schiffe versenkt haben. Es handelt sich hierbei, wie die „Agence Milli“ fe mü vierzig Fischerbarken, die an der Küste beschossen worden sie Um Stimmung der Bevölkerung zu heben, stellt die russise gierung die Zerstörung kleiner Fahrzeuge, di Erwerb der nicht kriegführenden Bevölk eine Waffentat dar. Amerika.
Im Weißen Hause in Washington dat eine Konferenz stattgefunden, nach der mitgeteilt wurde, daß die Regierung der Schiffsankaufbill wahrscheinlich eine Erklärung hinzufügen werde, daß sie kein einziges Schiff kaufen würde, dessen Ankauf einen Kounflikt mit den europäischen Kriegfüdrenden entsteben lassen könnte. Wie „W. T. B.“ meldet. ist der Präsident Wilsen zu einem solche id geneigt, um die An⸗
der Bäll zu sichern.