1915 / 43 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 20 Feb 1915 18:00:01 GMT) scan diff

8— [

durch die Reichsbankhaupt⸗ und Reichsbankstellen und die mit Kasseneinrichtung versehenen Reichsbanknebenstellen,

durch die preußischen Regierungshauptkassen, Kreiskassen, Oberzollkassen, Zollkassen und hauptamtlich verwalteten Forstkassen,

ferner in Bayern durch die Königliche Hauptbank in Nürn⸗ berg und ihre sämtlichen Filialen,

in Sachsen durch die Königlichen Bezirkssteuer⸗ einnahmen,

in Württemberg durch die Königlichen Kameral⸗ ämter,

in Baden durch die Mehrzahl der Großherzog⸗ lichen Finanz⸗ und Hauptsteuerämter,

in Hessen durch die Großherzoglichen Bezirks⸗ kassen und Steuerämter, bank⸗

in Sachsen⸗Weimar durch die Großherzoglichen anstalt, Rechnungsämter,

in öS durch die Kaiserlichen Steuer⸗ assen, 1

in den übrigen Bundesstaaten durch verschiedene, von ihnen bekannt gegebenen Kassen.

Formulare zu den Verzeichnissen, mit welchen die zur Ab⸗ ebung der neuen Zinsscheinreihe berechtigenden Erneuerungs⸗ cheine einzuliefern sind, werden von den vorbezeichneten Aus⸗ reichungsstellen unentgeltlich abgegeben.

8 Der Einreichung der Schuldverschreibungen bedarf es zur Erlangung der neuen Zinsscheine nur dann, wenn die Er⸗ neuerungsscheine abhanden gekommen sind.

Berlin, den 11. Februar 1915 ARNeeichsschuldenverwaltung. von Bischoffshausen.

an Orten ohne

Reichs⸗

““

8 Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 22 Reichs⸗Gesetzblatts enthält unter Nr. 4646 eine Bekanntmachung, betreffend das Verbot der

Marmmhunne van Wohl, odor Urt zur Gorstolluna no Sojfo Musk. Gustav Oßwald Ofßweil, Ludwigsburg Wehren. Josef Kühner Dahenfeld, Neckarsulm gefallen. Utffz. Narl Niebel Niederndorf, Gaildorf gefallen.

Utffz. d. L. Johann Braun Eschenau, Weinsberg gefallen. Ers. Res. Gottlob Götz Ochsenburg, Brackenheim I. verw. Ers. Res. Eugen Weil Eßlingen g. N. leicht verwundet. Musk. Wilhelm Seitz Asperg, Ludwigsburg leicht verwundet Ers. Res. Adolf Schweitzer, Zuffenhausen, Ludwigsburg, l. verw Res. Jakob Schöttle Ebhausen, Nagold leicht verwundet Wehrm. Josef Dambacher Spitalhof, Ellwangen l. verw Musk. Wilhelm Kaufmann, Gemmrigheim, Besigheim, l. verw Krgsfr. Felixr Brüning Kempten, Bayern leicht verwundet Musk. Josef Ebenhoch Ottmannshofen, Leutkirch I. verw Utffz. d. R. Karl Hofmeister, Wiernsheim, Maulbronn, l. verw Krgsfr. Albert Vogelmann, Liemersbach, Backnang, schw. verw Musk. Wilhelm Schwahn, Stammheim, Ludwigsburg, schw. verwm Musk. Wilhelm Binder Weil, Böblingen leicht verwundet Musk. Friedrich Groß Stetten, Brackenheim leicht verw. Krgsfr. Eugen Schmidt Leonberg verwundet.

Utffz. Ernst Merker Horrheim, Vaihingen schwer verw. Ers. Res. Friedrich Hertlein, Edelfingen, Mergentheim, l. verw Wehrm. Georg Müller Gerlingen, Leonberg leicht verw. Utffz. d. R. Otto Huß Winnenden, Waiblingen leicht verw Ers. Res. Gottlob Willrett Geisingen, Ludwigsburg I. verw

Krgsfr. Ludwig Ziegerer Engelsbrand, Neuenbürg I. verw.

Musk. Otto Oßwald Oßweil, Ludwigsburg leicht verw. Musk. Hermann Bundschu h

Utffz. d. R. Gustav Walker Marbach a. N. leicht verwundet. Ers. Res. David Schaile Talheim, Hall leicht verwundet. Ers. Res. Johannes Blersch Bokighofen, Ehingen I. verw.

Ers. Res. Josef Schweinstetter Dischingen, Neresheim

schwer verwundet.

Musk. Kurt Grimm Hof, Bayern leicht verwundet.

Musk. Konrad Köhl Weißach, Vaihingen leicht verwundet.

Ers. Res. Friedrich Beyer Wittelshofen, Bayern schw. verw.

Musk. Karl Wahl Jux, Backnang leicht verwundet.

Res. Friedrich Döbele Hochberg, Waiblingen leicht verw.

Musk. Friedrich Mahl Donnbronn, Heilbronn leicht verw.

Wehrm. Alfred Barthelmes Tuttlingen schwer verwundet.

Musk. Josef Reusch Reutlingen schwer verwundet.

Ers. Res. Christian Burkhardt Roßwag, Vaihingen l. v.

Musk. Emil Truzenberger Heilbronn leicht verwundet.

Musk. Johannes Wagner Schönaich, Böblingen leicht verw.

Musk. Michael Reichle Mögglingen, Gmünd leicht verw.

Ers. Res. Gustav Lämmle Veaihingen leicht verwundet.

Musk. Christian Glos Wiernsheim, Maulbronn schw, verw.

Res. Karl Raff Hochberg, Waiblingen schwer verwundet.

Musk. Paul Götz Oßweil, Ludwigsburg leicht verwundet.

Musk. Jacob Mönch Kirchheim, Besigheim leicht verwundet

Musk. Josef Wetzel Rohrbach, Waldsee schwer verwundet.

Ers. Res. Albert Pflüger, Großsachsenheim, Vaihingen, schw. v

Musk. Gottlieb Zimmermann Gerlingen, Leonberg l. v

Musk. August Frisch Eichelberg, Weinsberg leicht verw

Wehrm. Wilhlem Christein Oeschelbronn, Herrenberg I. v

Musk. Ernst Hetz Endersbach, Waiblingen schwer verwundet

Musk. Wilhelm Lutz Ilsfeld, Besigheim leicht verwundet.

Musk. Franz Baumeister Hausen, Blaubeuren leicht vermw

Musk. Karl Hasenmaier Heimsheim, Leonberg leicht vermw

Musk. Franz Mayer Maselheim, Biberach leicht verwundet

Musk. Eugen Maurer Münchingen, Leonberg leicht verm

Musk. Karl Häußermann Steinreinach, Waiblingen I. vern

Sergt. Paul Seeburger Böckingen, Heilbronn leicht verwunde

Ers. Res. Johann Eichhorn Elpersheim, Mergentheim leicht!

Musk. Friedrich Raisig Unterschmerach, Hall leicht verwunde

Wehrm. Christian Munz Adelstetten, Welzheim leicht verwunde

Musk. Friedrich Pleiß Stetten, Brackenheim schwer verwunde

Musk. Wilhelm Preißendanz Weil, Böblingen schwer vern

Musk. Julius Jung Oßweil, Ludwigsburg leicht verwundet.

Wehrm. Martin Flammer Belsen, Rottenburg leicht verwunde

Musk. Robert Berner Poppenweiler, Ludwigsburg verwunde

Ers. Res. Wilhelm Reutter Mergentheim vermißt.

Krgsfr. Josef Neubrand Steinkirch vermißt.

Ers. Res. Egidius Friedrich Hirschau, Rottenburg vermißt. SW.2* †- Car-WI 9.v.o- Noiabiwm Nukarbespeeneche i Dusset dorf, Hißbach bei dem Landgericht I in Berlin, Dr. Pohl bei dem Landgericht in Frankfurt a. M., Unger bei dem Amtsgericht in Löwen, Berend bei dem Amtsgericht in Sulz⸗ bach und Quandt bei dem Amtsgericht in Exin.

In die Liste der Rechtsanwälte sind eingetragen die Rechtsanwälte: Dr. Germer vom Landgericht I bei dem Landgericht II in Berlin, Hißbach aus Berlin bei dem Amtsgericht in Bergen a. R., Quandt aus Exin bei dem Amtsgericht in Rummelsburg (Pomm) und der frühere Rechtsanwalt, Geheime Regierungsrat Hackelöer genannt Köbbinghoff bei dem Kammergericht.

Der Senatspräsident bei dem Kammergericht, Geheime Oberjustizrat Dr. Lindenberg und der Notar Dumont in Perl sind gestorben.

Heilbronn leicht verwundet. Musk. Friedrich Hetz Endersbach, Waiblingen schwer verw. Ers. Res. Benedikt Hummler Sulmingen, Laupheim I. verw. Musk. Ernst Waldvogel Sellach, Oehringen leicht verw.

E“ 8* 8.

Ministerium für Handel und Gewerbe.

Auf Grund der Verordnung, betreffend die zwangsweise Verwaltung französischer Unternehmungen, vom 26. November v. J. (GBl. S. 487) ist für folgende Firmen:

Adolf Juda in Cöln, Gereons Haus (Verwalter: Bankier

Ferdinand Rinkel in Cöln),

Agd, Gesellschaft m. b. H. vormals Ingenieur A. G. Düron, technisches Büro für chemische Industrie in Wiesbaden (Verwalter: Dr. Hugo Krüger in Biebrich a. Rh., Wiesbadenerstraße 29)

die Zwangsverwaltung angeordnet worden. Berlin, den 16. Februar 1915. 8 Der Minister für Handel und Gewerbe. 1 Lusenskyn. b

Auf Grund der Verordnung, betreffend die zwangs⸗ weise Verwaltung britischer Unternehmungen, vom 22. Dezember 1914 (RGBl. S. 556) ist für folgende Firmen:

W. J. Peters & Cie., G. m. b. H. in Rodenkirchen (Ver⸗ walter: Direktor Schmitz, Vorstand der Treuhand⸗ Aktiengesellschaft, in Cöln),

Basalt⸗Steinbruch Weilberg G. m. b. H. Siegkreis (Verwalter: Direktor Leo Linz a. Rh.),

E. Green & Sohn G. m. b. H. in Cöln (Verwalter: Bankier Ferdinand Rinkel in Cöln)

die Zwangsverwaltung angeordnet worden.

Berlin, den 17. Februar 1915.

Der Minister für Handel und Gewerbe. LLusfenrky.

in Obercassel, Schlitzer in

1

Der Gewerbeassessor Perko ist zum 1. März d. J. von Frankfurt a. M. nach Arnsberg versetzt und mit der Vertretung des zu den Fahnen einberufenen dortigen Gewerbeinspektors beauftragt worden.

Ministerium der nd Unterrichts

angelegenheiten. 8 Der bisherige außerordentliche Professor Dr. Erich Ebler in Heidelberg ist zum außerordentlichen Professor in der natur⸗ wissenschaftlichen Fakultät der Königlichen Universität in Frank⸗ furt a. M. ernannt worden.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 20. Februar 1915.

Seine Majestät der Kaiser und König nahmen gestern, wie „W. T. B.“ meldet, im hiesigen Schlosse Bellevue

den Vortrag des Reichskanzlers Dr. von Bethmann Hollweg und militärische Vorträge entgegen.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Justizwesen sowie der Ausschuß für Zoll⸗- und Steuerwesen hielten heute Sitzungen.

11“

Der Austausch der schwerverwundeten Deutschen und Engländer hat nach einer durch „W. T. B.“ verbreiteten amtlichen Meldung am 15. und 16. Februar stattgefunden. Die niederländische Regierung hatte in entgegenkommendster Weise ihr Roteskreuzpersonal und ihre Lazarettzüge zur Ver⸗ fügung gestellt. Erfreulicherweise kann festgestellt werden, daß sowohl die zurückgekehrten Deutschen wie auch die abgereisten Engländer einstimmig erklärt haben, daß ihre Behandlung in Deutschland bezw. in England in jeder Beziehung einwandfrei gewesen wäre.

Der in der Unterhaussitzung am 15. Februar vom Minister Churchill der deutschen Regierung gemachte Vorwurf, daß ihre Zustimmung für den Austausch zu spät abgegeben sei, trifft nicht zu. Deutschland hatte bereits vor Monaten sein grund⸗ sätzliches Einverständnis in dieser Frage erklärt. Der Termin des Austausches (15./16. Februar) ist dann sogleich festgelegt und der englischen Regierung übermittelt worden, als deren Vorschläge hier eingegangen waren. 3

Der Austausch der schwerverwundeten Franzosen kann leider noch nicht stattfinden, da Frankreichs Zustimmung immer noch aussteht.

Vielfach ist die irrige Auffassung hervorgetreten, daß der Zentralstelle zur Beschaffung der Heeresverpflegung durch die Bundesratsverordnung vom 13. Februar d. J. die Aufgabe übertragen sei, den einzelnen Pferdebesitzern die zur Fütterung ihrer Tiere erforderlichen Mindestmengen von Hafer abzugeben.

Demgegenüber wird amtlicherseits durch „W. T. B.“ darauf hingewiesen, daß die Zentralstelle nach § 22 der genannten Verordnung Hafer, außer an die Heeres⸗ und Marineverwaltung und die vom Reichskanzler besonders zugelassenen Stellen (Be⸗ hörden ꝛc.), nur an Kommunalverbände abgeben darf. Die Kommunalverbände haben nach § 23 der Verordnung innerhalb ihrer Bezirke den erforderlichen Ausgleich zwischen den einzelnen Pferdehaltern und landwirtschaftlichen Betrieben herbeizuführen. Hierzu können sie die in dem Bezirk noch ver⸗ fügbaren Hafervorräte gemäß § 8 Abs. 3 der Verordnung sofort in Anspruch nehmen. Reichen diese Vorräte zur Deckung des Mindestbedarfs an Futter und an Saatgut 4 Abs. 3a und b, § 8 Abs. 2a und b daselbst) nicht aus, so ist ihre Ergänzung vom Kommunalverbande bei der Zentralstelle schleunigst zu beantragen.

Als Kommunalverbände gelten in Preußen die Stadt⸗ und Landkreise, in den übrigen Bundesstaaten die von den ö“ bezeichneten entsprechenden öffentlichen Ver⸗ ände.

Ob und in welchem Umfang die Zentralstelle den an sie herantretenden Anträgen wird entsprechen können, läßt sich vor Abschluß der Vorratserhebung vom 1. Februar d. J. noch nicht übersehen. Für die Uebergangszeit steht ihr für das ganze Reichsgebiet nur eine von den Heeresverwaltungen freigegebene Menge von rund 36 000 t zur Verfügung.

Chiesa, auf seiner Resolution nicht zu bestehen;

Eine durch die Zeitungen deutschen Kriegsgefangenen in Algier, Marokko und den französischen Kolonien sei der portofreie Briefverkehr mit ihrer Heimat untersagt, beruht, wie amt⸗ lich durch „W. T. B.“ mitgeteilt wird, auf einem Irrtum. Für sie gelten genau die gleichen Bestimmungen wie für die im europaischen Frankreich Internierten.

verbreitete Nachricht, den

Der heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ liegt die 373. Ausgabe der Deutschen Verlustlisten bei. Sie enthält die 155. Verlustliste der preußischen Armee und

die 121. Verlustliste der württembergischen Armee.

Baden.

Wie der Hofbericht mitteilt, leidet Seine Königliche Hoheit der Großherzog seit vorgestern an einer Erkältung mit leichten fieberhaften Erscheinungen, die ihn nötigt, sich für einige Zeit Schonung aufzuerlegen.

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Der Minister des Aeußern Baron Burian hat sich gestern, wie das Wiener „K. K. Telegraphen⸗Korrespondenz⸗ bureau“ meldet, in Begleitung des Legationsrates Grafen Hoyos an den Sitz des Armeeoberkommandos begeben, wo heute auch der deutsche Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg eintrifft, um den Besuch zu erwidern, den Baron Burian vor kurzem im deutschen Hauptquartier abgestattet hat.

Großbritannien und Irland. Die britische Admiralität hat einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge in verschiedenen Häfen öffentlich bekannt machen lassen, daß den Kapitänen und Mannschaften der Fischereidampfer Belohnungen für die Vernichtung feindlicher Untersee boote versprochen werden. Eine Be⸗ lohnung von 1000 Pfund Sterling wird dem Kapitän eines Fischerbootes ausgesetzt, der ein feindliches Untersee⸗ boot in den Grund bohrt oder erbeutet, die gleiche Belohnung für einen Schiffer, der Infor⸗ mationen gibt, die zur Versenkung oder Erbeutung eines feindlichen Kriegsschiffes führen. Beträge von 500 Pfund Sterling werden ausgesetzt für Nachrichten über Bewegungen feindlicher Schiffe. Das Organ „Syren and Shipping“ setzte bekanntlich eine Belohnung von 500 Pfund Sterling für den ersten britischen Kauffahrer aus, der ein deutsches Tauchboot versenkt; diese SummeV ist inzwischen durch Beiträge mehrerer Reeder auf 1160 Pfund Sterling erhöht worden. Ein Reeder namens Cardiff setzte eine Be⸗ lohnung von 500 Pfund Sterling für das zweite Handelsschiff aus, das ein feindliches Unterseeboot vernichten würde. Von den Organisationen der Arbeiterpartei und

der Sozia listen ist ein Komitee gebildet worden, das ein

Massenversammlung veranstalten soll, die für eine energische Aktion der Regierung gegen die Steigerung der Preise von Kohlen und Lebensmitteln eintreten soll. Massenversam mlung soll am 28. Februar Nachmittags am Trafalgar Square stattfinden. An demselben Tage sollen in allen industriellen Zentren des Landes ähnliche Kundgebungen abgehalten werden. Frankreich.

Der Minister des Auswärtigen Delcassé hat dem „Nouvelliste“ zufolge von der englischen Regierung erwirkt, daß die Ausfuhr von Kupfersulfaten nach Frankreich in den für die französische Industrie nötigen Mengen gestattet werde.

Die Jahresklasse 1916 wird obiger Quelle zufolge am 20. März einberufen werden.

Nach der gestern mitgeteilten Erklärung des Minister⸗ präsidenten Viviani trat die Kammer in die Debatte über das Gesetz, betreffend die Beschränkung des Alkoholausschankes, ein. Die Kammer nahm ferner einen Gesetzantrag auf Er öffnung von Krediten an, durch die der Regierung ermöglicht wird, die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung sichern.

Eine sozialistische Parlamentariergruppe nach den Vorträgen Sembats, Longuets und anderer Mitglieder, die der Londoner Konferenz beiwohnten, in Uebereinstimmung folgende Tagesordnung angenommen:

Die Gruppe billigt den in der Londoner Konferenz angenommenen Beschlußantrag über die Haltung der sozialistischen Delegation. Di Gruppe stellt die Notwendigkeit einer neuen Konferenz fest, um einig ihrer Kameraden besser zu unterrichten und um mögliche Intrigen der deutschen Diplomatie zu vereiteln. Alle Sozialisten der ver bündeten Länder müssen sich zusammenschließen, um den deutschen Inperialismus zu verurteilen, indem sie für die Zukunft eine int nationale Rekonstitution vorbereiten.

Das „Journal“ erfährt durch das belgische Ministeriu des Innern in Le Havre, daß nach Schätzungen ungefäh 200 000 belgische Flüchtlinge sich in Frankreich, 300 000 in Holland, 750 000 in England aufhalten. In letzter Zeit sei eine größere Anzahl nach Belgien in die Heimat zurückgekehrt.

Italien.

In der Deputiertenkammer stellte gestern der Ab⸗ geordnete Giretti die Frage an den Ministerpräsidenten und an den Minister des Aeußern, welchen Einspruch die italienise Regierung bei der deutschen Regierung wegen der Verletzung der Neutralität Luxemburgs zu erheben gedenke, die auch von der italienischen Regierung durch den Londoner Vextrag von 1867 verbürgt worden sei. Der Unterstaatssekretär des Aeußern Borsarelli erklärte, wie „W. T. B.“ meldet, angesichts des gegenwärtigen Augenblicks halte er es für angemessen, nicht zu antworten. Hierauf begann die Kammer die Beratung des Haushaltes. Am Schluß der Sitzung wurde ein An trag Marangoni, das Budget der auswärtigen Angelegenheit nach dem des Postministeriums zu beraten, infolge Wide spruchs des Ministerpräsidenten Salandra in namentlicher Ab stimmung mit 254 gegen 27 Stimmen abgelehnt. Eugenio Chiesa fragte die Regierung, an welchem Tage sie über eine vo ihm eingebrachte Resolution beraten lassen wolle; andere Kamme mitglieder verlangten von der Regierung Erklärungen über die auswärtige Politik. Hierauf erklärte der Ministerpräsident Salandra zugleich im Namen des Ministers des Auswärtigen Sonnino, daß die Regierung an ihren Erklärungen vom Dezember bis jetzt nichts zu ändern hätte, und bat für den Fal

Die

daß er es dennoch täte, bat er die Kammer, deren Behandlung um sechs Monate zu verschieben. Chiesa erwiderte, daß er von Salandras Aeußerungen Kenntnis nehme und nicht auf der Anberaumung einer Erörterung über seine Resolution bestehe. Die parlamentarische Gruppe der Sozialisten hat nach einer Besprechung der internationalen Lage eine Tages⸗ ordnung Modigliani angenommen, in der sie es heute mehr als je für ihre Pflicht erklärt, sich mit aller Kraft den einer Intervention günstigen Strömungen zu widersetzen und sich zu jeder wirksamen Aktion zur möglichst schleunigen Beendigung des Kriegsgemetzels bereit zu halten. Sie schließt sich daher den neuerdings auch von der Leitung der Partei und dem Exekutiv⸗ komitee der parlamentarischen Gruppe geäußerten Wünschen auf Aufrechterhaltung der Neutralität an, Wünschen, die sich immer klarer als mit den Interessen des Proletariats in Italien übereinstimmend und der Richtung des proletarischen Internationalismus entsprechend herausstellen. b

G Niederlande.

1

In einer kürzlich veröffentlichten Sammlung diplomatischer

Aktenstücke befindet sich ein Schreiben des niederländischen

Ministers des Aeußern an den englischen Gesandten Sir Alan Johnstone, datiert vom 15. Februar 1915, das dem „W. T. B.“ zufolge lautet:

Ich habe die Ehre, den Empfang des Schreibens Eurer Exzellenz vom 7. Februar zu bestätigen, in dem Sie in Beantwortung meiner Frage die Güte hatten, mir mitzuteilen, daß Ihre Regierung noch keine Proklamation über den Gebrauch der neutralen Flagge durch britische Handelsschiffe erlassen hat, daß aber dieser Gebrauch in der Praxis als Kriegelist anerkannt sei. Der niederländischen Regterung ist es nicht unbekannt, daß Handelsschiffe einer kriegführenden Macht öfters die neutrale Flagge gehißt haben, um die Wachsamkeit feind⸗ licher Kriegsschiffe zu täuschen. Sie teilt die Ansicht der britischen Regierung, daß Krtegsschiffe über rechtlich anerkannte Mittel ver⸗ fügen müssen, um die Nationalität des verdächtigen Schiffes zu unter⸗ suchen. Indessen ist die Tatsache der Benutzung der Flagge eines anderen Staates ohne dessen Zustimmung stets als Mißbrauch zu betrachten. In Kriegszeiten nimmt dieser Mißbrauch einen Charakter an, dessen Ernst keine Macht ignorieren kann, die die Pariser Erklärung unterzeichnet hat. Er kompromittiert die neutrale Flagge, verursacht Zweifel betreffs neutraler Schiffe, die die eigene Flagge führen und setzt sie der Möglichkeit aus, selbst als feindliche Schiffe angesehen zu werden und gertährliche Folgen davonzutragen. Erzellenz hatten die Güte, mich an die Be⸗ stimmung der Merchant Syipving Act zu erinnern, die einen Mißbrauch der britischen Flagge unter Strafe stellt, außer wenn das Han⸗ delsschiff einer kriegfübdrenden Macht sich dieser Flagge be⸗ dient, um seine Erbdeutung durch den Feind zu verhindern. Die niederländische Regierung kann nicht zugeben, daß auf diese Bestimmung die Anerkennung eines Rechtes gegründet werden könne, daß britische Handelsschiffe ihrerseits zu demselben Zweck die niederländische Flagge benutzten. Auch das niederländische Gesetz verbietet einen Mißbrauch der niederländischen Flagge, aber es behandelt nicht die Ausnahme analog der Merchant Shipping Act, nämlich den Fall, daß die Flagge mißbraucht würde als Mittel, um dem Feinde zu entgehen. Mangels internationaler Vorschriften, die diese Dinge regelten, ist jeder Staat für sich befugt, Bedingungen aufzustellen, unter denen seine Flagge benutzt werden darf. Es steht fest, daß die britische Regierung nicht stets imstande sein wird, die Benutzung der neutralen Flaage durch britische Handelsschiffe zu ver⸗ hindern, aber die niederländische Regierung glaubt erwarten zu dürfen, daß die britische Regierung kemen M ßbrauch gutheißen wird, der die niederländische Schiffahrt den Gefahren des Krieges aus⸗ jetzen würde.

Der vorgestrige Stillstand in Schiffsankünften in Rotterdam scheint nach dem „Handelsblad“ seinen Grund im Wetter gehabt zu haben. Gestern trafen dort 14 Schiffe ein.

Dänemark. Die Vertreter der dänischen, norwegischen und schwedischen

Regierung treten heute in Kopenhagen zur Beratung der

Frage der Aufrechterhaltung der Schiffahrt in der Nordsee zusammen.

Der „Nationaltidende“ zufolge dauern die Schwierigkeiten mit der Mannschaft des Dampfers „Fjord“ fort. Vor⸗ gestern verweigerten auch die Mannschaften der dänischen Dampfer „Knuthenborg“ und „Harrildsborg“ un⸗ mittelbar vor der Abfahrt nach England den Dienst, ebenso die Mannschaft des Dampfers „England“, dessen Ladung in Landesprodukten besteht. v

8 Norwegen.

Die Vertreter der Marinen der drei nordischen Reiche aben vom 13. bis 15. Februar in Kristiania eine Konferenz zur Ausarbeitung eines Vorschlages hinsichtlich eines gemein⸗ samen Vorgehens und der möglichen Verminderung der Minengefahr im Skagerrak und im nördlichen Teile des Kattegatt abgehalten. Während der Beratung wurde laut Meldung des „W. T. B.“ festgestellt, daß sämtliche bisher gefundenen und untersuchten Minen den Forderungen der Haager Konvention entsprachen. Hinsichtlich der Unschädlich⸗ machung beim Losreißen von der Verankerung zur Sicherung der Schiffahrt im Skagerrak und Kattegatt gegen die Minen⸗ gefahr einigte sich die Konferenz in den folgenden Punkten:

1) Es ist zu wünschen, daß die drei Länder sich baldmöglichst über die Ersahrungen auf diesem Gebiet Mitteilung machen, ferner über gesichtete Minen, die von den territorialen Grenzen des einen Landes zu denen eines anderen Landes treiben.

2) Jedes der drei Länder erläßt Bekanntmachungen an die Handelsschiffe und die Küstenbevölkerung, in denen diese ersucht werden, baldmöglichst eventuell durch den Funkentelegraphen die Behörden über treibende und an Land getriebene Minen und Torvpedos zu unterrichten. Ferner wird gewarnt, solche Torpedos und Minen zu bergen oder zu untersuchen.

3) Um die Minengefahr zu verringern, wird die Absuchung der Gewässer vorgeschlagen, damit dadurch die Minen entdeckt und un⸗ schädlich gemacht werden.

Die Konferenz hob hervor, daß man darüber klar sein müsse, daß das Absuchen der Gewässer niemals die Minen⸗ gefohr ganz beseitigen werde, unter anderem darum, weil das Absuchen nur bei Tage und bei klarem und einigermaßen gutem Wetter erfolgen kann. 8 1

Schweiz.

Die deutsche Reichsregierung hat dem Bundesrat einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge mitgeteilt, daß der Flieger, der am 2. Februar Schweizer Gebiet bei Beurevesin und Coeuve versehentlicht überflogen hat, nach durchgeführter Untersuchung bestraft worden ist. Mit dieser Mitteilung hat die Reichsregierung den Ausdruck lebhaften Bedauerns ver⸗

bunden. b Griechenland.

Der deutsche Gesandte Graf Quadt hat, wie B meldet, gestern Athen an Bord eines griechischen Kriegsschiffes

W. T. B.“

„B

““

verlassen, das ihn nach Brindisi bringt. Sein Nachfolger trifft an Bord desselben Schiffes in Athen ein. Der griechische Gesandte bei der Pforte Panas ist vorgestern in Athen eingetroffen. Die Deputiertenkammer hat gestern wieder aufgenommen.

ihre Arbeiten

Amerika. Der amertkanische Marinesekretär Daniels hat nach den „Nieuws van den Dag“ erklärt, daß keine Kriegsschiffe ausgesandt werden sollen, um die amerikanischen Handels⸗ schiffe durch die von Deutschland zum Kriegsgebiet erklärten Gewässer zu geleiten. u“ 8 1 Asien. b

Amtlich wird bekannt gegeben, daß nunmehr die letzten Kriegsgefangenen aus Tsingtau in Japan eingetroffen sind, sodaß sich der „Frankfurter Zeitung“ zufolge jetzt ins⸗ gesamt 220 Offiziere und 4401 Mann im Lande befinden. Zwei Offiziere und 110 Mann sind den Engländern zur Internierung in Hongkong überlassen worden.

Kriegsnachrichten.

Berlin, 19. Februar. (W. T. B.) In dem schweren Südsturm, dem am 17. Februar das Luftschiff „L 3“ zum Opfer fiel, ist, wie wir erfahren, auch das Luftschiff „L 4“ verloren gegangen. Es ist infolge von Motorenschaden bei Blaavands⸗Huk in Dänemark gestrandet und später nach See zu abgetrieben. Von der Besatzung sind 11 Mann gerettet, darunter der Kommandant, vier werden vermißt. Die Ge⸗ etteten sind vorläufig in Varde untergebracht worden.

Westlicher Kriegsschauplatz. Großes Hauptquartier, 20. Februar. (W. T. B.) In der Champagne nördlich Perthes und nördlich Les⸗ menils griffen die Franzosen gestern mit sehr starken Kräften an. Alle Versuche des Gegners, unsere Linien zu durchbrechen, scheiterten. An einigen kleinen Stellen gelang es ihm, in unsere vordersten Gräben einzudringen. Dort wird noch gekämpft; im übrigen wurde der Gegner unter schweren Verlusten zurückgeworfen. Auch nördlich Verdun wurde ein französischer Angriff abgeschlagen. Bei Combres machten die Framosen nach heftiger Artillerievorbereitung erneute Vorstöße, der Kampf ist noch im Gange. In den Vogesen nahmen wir die feindliche Hauptstellung auf den Höhen östlich Sulzern in einer Breite von zwei Kilo⸗ metern sowie den Reichsackerkopf westlich Münster im Sturm. Um die Höhen nördlich Mühlbach wird noch ge⸗ kämpft. Metzeral und Sondernach wurden nach Kampf

s Oberste Heeresleitung.

8

Oestlicher Kriegsschauplatz.

Großes Hauptquartier, 20. Februar. (W. T. B.) In der Gegend nordwestlich Grodno und nördlich Suchawola ist keine wesentliche Aenderung eingetreten. Südöstlich Kolno ist der Feind in die Vorstellungen von Lomza zurückgeworfen. Südlich Myszyniec und nordöstlich Prasznysz und östlich Racionz fanden Kämpfe von örtlicher Bedeutung statt. Südlich der Weichsel nichts Neues. Oberste Heeresleitung.

Wien, 19. Februar. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: An der Front in Russisch⸗Polen herrschte gestern lebhaftere Gefechtstätigkeit, da die Russen zur Verschleierung von Be⸗ wegungen hinter der Gefechtslinie ihre Artillerie und In⸗ fanteriefeuer verstärkten. Hieraus entwickelten sich in mehreren Abschnitten Gefechtsaktionen, die zur Ver⸗ treibung vorgeschobener russischer Abteilungen führten. In Westgalizien gingen Teile unserer Gefechtsfront zum Angriff über und nahmen einige Vorstellungen der feindlichen Schützenlinie. In ihrem Gefechtsabschnitt er⸗ stürmten die Tiroler Kaiserjäger in überraschendem Anlauf eine vom Gegner seit Wochen befestigte und mit Hindernissen umgebene Ortschaft und nahmen drei⸗ hundert Mann gefangen. Die Kämpfe in den Karpathen werden mit großer Hartnäckigkeit weitergeführt. Nördlich Nadworna und Kolomea wurden von unseren Truppen Vorstöße der Russen unter großen Verlusten des Gegners zurückgewiesen. Die Kämpfe nehmen an Heftigkeit zu. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. von Hoefer, Feldmarschalleutnant. 8 .

Südlicher Kriegsschauplatz.

Wien, 19. Februar. (W. T. B.) Auf dem südlichen Kriegsschauplatz haben die Serben in letzter Zeit wiederholt offene Städte unserer Grenze mit Geschütz beschossen. So wurden auf Semlin am 10. ds. ca. hundert Schüsse aus schweren Geschützen abgegeben, hierdurch mehrere Ge⸗ bäude, darunter das Hauptpostamt, beschädigt, Zivil⸗ personen verwundet, auch zwei Kinder getötet. Am 17. wurde Mitrovica beschossen. Das Kommando der Balkanstreitkräfte hat hierauf Belgrad durch schweres Geschütz kurze Zeit bombardieren lassen und durch einen Parlamentär den Höchstkommandierenden verständigt, daß in Zukunft jede Beschießung einer offenen Stadt mit einem gleichen Bombardement beantwortet werden wird.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

8 1 1“

Der Krieg der Türkei gegen den Dreiverband.

Konstantinopel, 19. Februar. (W. T. B.) Das Haupt⸗ quartier teilt mit: Heute früh beschossen 8 englische und französische Schiffe 7 Stunden lang die Außenforts der Dardanellen, ohne daß diese zum Schweigen gebracht wurden. Die Feinde feuerten 600 Schüsse mit großkalibrigen und 15 cm⸗Geschützen ab. Drei feindliche Panzer wurden beschädigt, davon das Admiralschiff schwer. Auf türkischer Seite gab es einen Toten und einen Leichtverletzten. 8

6

Kunst und Wissenschaft. Die Heldenrollen im Burgundenuntergang. (Vergl Nr. 42 d. Bl.) Die weiteren Ausführungen des Professors Heusler galten dann der vierten und letzten Stufe in der Entwicklung der Burgundensage, dem Nibelungenlied. Die Sage hat in diesem mindestens den doppelten Umfang angenommen wie im älteren Epos. So ist denn auch die Zahl der benannten Kämpen vermehrt. Auf burgundischer Seite ist nur Dankwart neu eingeführt, auf hunnischer dagegen traten Irnprid, Hawart und eine Reihe von Dietrichs⸗ mannen hinzu, von denen drei einem benannten Gegner gegenüber⸗ gestellt werden: Wo fhart, Helferich und Sigestap er am liebevollsten ausgestattete neue Kämpe Dankwart scheint eine Neuschöpfung zu sein. Irnvrid, Landgraf von Thüringen, ist der Irmifrid der alten Iring⸗ sage, deren Inhalt dem Dichter aber nicht mehr vor Augen gestanden haben kann; der Däne Hawart ist dunkler Herkunft, während Wofhart und Helferich in der Thidrekssage eine Rolle spielen. Von den sechs Neulingen sind Hawart, Irnvrid, Sigestap und Helferich im Nibe⸗ lungenlied bloßes Füllsel, während Wolfhart und namentlich Dank⸗ wart tiefer in das Gefüge der Handlung eingreifen. Eine weitere Ausweitung ist darin zu sehen, daß die 600 Dietrichsmannen ihren Massenkampf und „Untergang erleben, he Dietrich selbst eingreift und das Schicksal entscheidet. Dies trug dem Epos zwar prachtvolle Einzelheiten ein, aber auch den Nachteil, daß sich das Band zwischen Ursache und Wirkung, zwischen Rüedegers Tod und Dietrichs Eingreifen in den Kampf lockerte. Die Einfübrung der sechs neuen Gestalten ist aber Neben⸗ sache; wichtiger ist, daß der letzte Epiker die Paare in überraschender Weise neu zusammengesetzt hat, dergestalt, daß von seinen vierzehn Besiegten nur zwei demselben Gegner unterliegen wie auf der frühen Stufe: Iring dem Hagen, Hagen dem Dirtrich. Alles andere ist aus Erwägungen neu gruppiert, die dem menschlich⸗künstlerischen Feingefühl des Dichters alle Ehre machen. Dieser Epiker sitzt wie ein Schachspieler über seinen Figuren. Hildebrand erscheint im Kampf stark entlaßet; statt der Königsbrüder Gernot und Giselher fällt nur noch der Videlaere ihm zum Opfer. Der bärbeißige Waffenmeister erschien dem Dichter wohl zu sehr geehrt als Sieger über zwei Könige. Sodann war jetzt das Henkeramt an Kriemhild von Dietrich auf Hildebrand abgewälzt; da vermied es der Dichter in richtigem Gefühl, den einen Kriegsmann dreifach burgundisches Königsblut vergießen zu lassen. Dem Dietrich wiederum ist Folker abgenommen; wohl aus dem Grund, daß der Berner jetzt die beiden burgundischen Häupter, Hagen und Gunther, zu Gegnern bekam. Mehr als zwei be⸗ nannte Helden überwindet keiner im Nibelungen⸗ lied. Eine augenfällige Milderung ist es, daß Rüedeger nicht mehr durch seinen Eidam Giselher stirbt, sondern durch den ihm fernerstehenden Gernot. Die bedeussamste Neuerung knüpft sich an die Namen Dankwart, Bloedel und Gunther. Bloedel verliert seine atte Rolle ols Bezwinger des Gunther. Der Dichter wollte das Heldentum der Burgunden steigern. Die Kämpfe beginnen gleich mit einem glänzenden Siege Dankwarts über Etzels Bruder. Den Hunnen fällt jetzt, am Ende der ganzen Entwicklung, überhaupt kein Sieg mehr zu. Am Anfang waren sie die einzigen Gegner gewesen; durch die Einführung Dietrichs, dann Irings, Rüedegers, Hildebrands, endlich Dankwarts war stufenweise den alten Gegenspielern der Lorbeer des Sieges wie des Heldentodes entwunden. Die Ernüddrigung Bloedels vom Sieger über die Knappen und über Gunther zum Ovpfer des burgundischen Marschalls war der letzte Schritt auf diesem Wege. Die germanische Heldendichtung kennt mit ganz wenigen Ausnahmen kein in Worte gefaßtes völkisches Selbstgefühl: in der hier be⸗ zeichneten Entwicklung aber wirkt unverkennbar die Anschauung, daß die Hunnen keine ebenbürtigen Gegner sind. Damit hängt auch ein zweiter, stärkerer Antrieb zur Neugestaltung der Kämpfe im Nibelungenlied zusammen. Gunthers Bezwingung sollte einem Größeren als Bloedel zufallen und sie sollte in das Schlußbild der Kämpfe hineingezogen werden: Dietrich sollte die zwei größten Burgunden, als letzte der ganzen Heldenschar, überwinden. Der dichterische, bildhafte Gewinn dieser Aenderung leuchtet unmittelbar ein. Im ältesten Liede (1. Stufe) folgte hier Schlag auf Schlag. Gunther wird gesesselt, Hagen tut Wunder der Tapferkeit und gerät dann ebenfalls in Bande. Auf der 3. Stufe der Entwicklung ist dann zwischen Gunthers und Hagens Erliegen eine breite Zwischenstufe be⸗ festigt; sechs andere Kampfepisoden sind dazwischen geschoben. Hagens Beugung mußte notwendig den Schluß bilden, warum setzte man aber Gunthers Unterliegen so ganz an den Anfang, daß der Burgundenberrscher fast aus dem Sehfeld verschwand? Der Vor⸗ tragende sieht den Grund darin, daß seit Stufe 2 Bloedel, der Hunne, Gunthers Besieger blieb, man aber zugleich an der steigenden Reihenfolge festhielt, daß die Burgunden zuerst gegen die minderwertigen Hunnen, dann gegen die Thüringen, dann gegen Rüedeger und endlich gegen Dieteich kämpfen. Solange Bloedel seine Rolle behielt, zog des Gunthers Unterliegen nach vorn. Hier griff erst unser letzter Epiker ein und trug Gunther über die zeitliche Kluft hinweg an Hagens Seite, in die schließende Kampfszene. Bloedel wurde am Kampfbeginn durch den neugeschaffenen Dankwart abgetan. König Gunther sollte durch den vornehmsten der Gegner und auf dem Gipfel der Handlung bezwungen werden. Daß er erst nach Hagen an die Reihe kommt, abweichend von allen bisherigen Stufen, schien dem Gefühl des Nibelungendichters gleichfalls nötig: er konnte den Dienstmann nicht zuschauen lassen, wie sein Herr über⸗ wältigt und geknebelt wird. Das gab freilich den dichterischen Nachteil, daß nach dem Ringen mit Hagen Gunthers Geschick als Ab⸗ stieg wirkt —, wie denn dem ganzen Schlußkampf gegen⸗ über dem ebernen Ernst der vorangegangenen Kämpfe etwas vom „Ritterspiel“ anhaftet. Für die große Neuerung wurde also ein Preis bezahlt. Auch das faͤllt im Nibelungenlied auf, daß Gunther keinen einzigen benannten Helden niederschlägt; au Stufe 1—3 mochte das wenig stören; jetzt, wo seine Fesselung am Ende stattfindet, öffnet sich eine Leere. Es bleibt noch der vorletzte Auftritt des Nibelungenliedes zu betrachten: Gunthers und Hagens Hinrichtung durch Krtemhild. Die Szene ragt wie altes Urgestein in die Dichtung hinein: Hagen ist auf der Bühne, Gunther dahinter. Kriemhild fragt ihn nach dem Hortversteck. Sie ließe den Mörder ihres Geliebten lebend heimziehen, wenn sie nur das Gold hätte. Aber Hagen muß schweigen, so lange eine seiner Herren am Leben ist: das beschworene Hortgeheimnis Da weist ihm Kriemhild den Kopf seines letzten Herrn vor Jetzt könnte er reden, er schweigt aber erst recht: den scaz, den weiz nu niemen. Da enthauptet ihn Kriemhild. Daß diese ge⸗ waltige Szene Urgestein ist, bestätigt schon das alte Atlilied de Edda:; schon dort ist dieser Auftritt ein Gipfel. Die Stelle de rächenden Kriemhild hat dort natürlich Etzel mit seinen Hunnen inne außerdem steht Gunther im Vordergrund, Hagen im Hintergrund. Im Urfränkischen war eben der Burgundenkönig noch nicht der „Held“ der Burgundensage. Die Umdrehung geschah auf der zweiten Stuf und liegt in der ganzen Linie der altbaiwarischen Umformung; man den Burgundenfall als Rache für Stegfrieds Mord nahm, st der Mörder Hagen zur Hauptperson auf. Da diese Kernzzene auf Stufe 1 und 4 vorliegt, würde man ohne weiteres an⸗ nehmen können, daß sie ebenso auch auf Stufe 2 und 3 vorlag. Diesem Schluß aber haben sich mehrere Forscher entzogen, wei die Niflunga saga nichts von der Szene kennt. In ihr ist Gunther schon am ersten Kampftage gleich nach seiner Fesselung in Schlangenhof umgekommen. Als Hagen bezwungen wird, lebt keiner der Könige mehr, und der ganzen Horterfragung sind die Voraus⸗ setzungen geraubt. Hagen stirbt nicht durch Kriemhild, sondern tags⸗ darauf an seinen Wunden, und Kriemhilds Htnrichtung durch Dietrich wird ganz anders begründe Die Niflunga sega folgt hier nicht dem alten Epos, sie bringt eine niederdeutsche Umgestal⸗ tung. Das niederdeutsche Burgundenlied hatte den ursprünglichen Zug bewahrt: Gunther endet in der Schlangengrube. Die sächsischen Erzähler trugen das in das ältere oberdeutsche Epos hinein und damit war Gunther zur Hintergrundsfigur bei der Horterfragung untauglich geworden. Er endete durch Schlangenbiß, nicht durch

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