1915 / 56 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 08 Mar 1915 18:00:01 GMT) scan diff

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Tumult“, sagte Findlay, „geben Sie ihm dann den entscheidenden Schlag auf den Kopf. Niemand wird wissen, wer den Mann getötet hat.“ Christensen tat, als leuchte ihm dieser Plan ein, und ver⸗ prach, sich die Sache zu überlegen. Findlay riet ihm noch, einen Vertrauensmann aus Norwegen nach Berlin zu nehmen und alle Briefe, Pläne und Dokumente Casements zu stehlen und sie durch den betreffenden Mann nach Christiania zurückzuschicken. 1 Die Belohnung von 5000 Pfund wird ehrenwörtlich bestätigt und Christensen erhält bei dieser Gelegenheit den Geheimschlüssel zur Hinterpforte der englischen Gesandtschaft. Damit kehrt Christensen

am 15. Dezember nach Berlin zurück und reist am 25. abermals nach

Kristianic, wo er am 27. eine Unterredung mit dem Gesandten hat, dem er zwei falsche Minenfeldkarten übergibt und mitteilt, Casement schicke sich an, in Verkleidung mit mehreren Offizieren nach Irland zu geben, worüber der Gesandte ungeheuer erreat wird. Christensen fordert die Erhöhung der versprochenen Summe auf 10 000 Pfund, und der Gesandte verspricht, bei seiner Regierung deswegen telegraphisch anzufragen.

Am 2. Januar, Abends 11 Uhr, fordert dann Christensen nach einer erregten Auseinandersetzung mit dem britischen Gesandten eine Anzahlung von 2500 Pfund sowie eine verläßliche Garantie anderen⸗ falls er sich von dem unsauberen Handel lossage. Es kommt sogar zu beleidigenden Aeußerungen und Schimpfworten, die Findlay zu einem Wutanfall reizen. Nichtsdestoweniger läßt er Christensen, der zweimal während der Unterredung das Haus verläßt, durch einen Diener wieder holen.

Am nächsten Tage läßt Findlay den Norweger wieder zu sich bitten, der energisch auf seiner Forderung: Garantie oder Schluß! besteht. Da endlich in die Enge getrieben, schreibt der Gesandte den für ihn verderblichen Brief, in dem er Christensen 5000 Pfund im Namen seiner Regierung zusichert. Außerdem verspricht er ihm auf Ehrenwort für die Beseitigung Casements weitere 5000 Pfund und stimmt einem Vorschlag Christensens zu, daß dieser die gesamte Bar⸗ schaft Sir Roger Casements, die er mit 100 000 Dollar angibt, nach dem Morde sich aneigne. Für alles dies sichert er Straffreiheit zu und, wenn Christensen es wünsche, freie Fahrt nach Amerika.

Dies, sagte Adler Christensen, ist nur der erste Teil der Ge⸗ schichte, in großen Umrissen erzählt. Den anderen Teil wird Sir Roger erzählen, wenn es ihm beliebt zu sprechen. Sir Roger Case⸗ ment, bemerkte er noch dazu, werde alle Einzelheiten mit sämtlichen

Dokumenten in einem Buche zusammenfassen.

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Der heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ liegen die Ausgaben 391 und 392 der Deutschen Verlust⸗ listen bei. Sie enthalten die 168. Verlustliste der preußischen Armee, die 116. Verlustliste der sächsischen Armee und die 131. Verlustliste der württembergischen Armee.

Großbritannien und Irland.

In dem Kabinettsrat am Freitag sind die Ver⸗ geltungsmaßregeln gegen Deutschland näher for⸗ muliert worden.

Die Admiralität teilt mit, daß die Regierung ein neues großes System von Minenfeldern angelegt hat. Laut Meldung des „W. T. B.“ müssen zwischen Great Yarmouth und dem englischen Kanal alle Schiffe Lotsen nehmen. Zwischen 51 Grad 15 Minuten und 51 Grad 40 Minuten nördlicher Breite und 1 Grad 35 Minuten und 3 Grad östlicher Länge von Greenwich ist die Schiffahrt ge⸗ fährlich; die südliche Grenze des Teils der Nordsee, der wegen deutscher Minen unsicher ist, wird mit 51 Grad 54 Minuten nördlicher Breite angegeben. Damit soll nicht gesagt sein, daß die südlich davon gelegenen Gewässer der Nordsee sicher sind. In folgenden Häfen müssen Schiffe mit einem Tief⸗ gang von mehr als 8 Fuß bei der Ein⸗ und Ausfahrt Lotsen nehmen:

1) Im Firtb of Forth ist die Einfahrt nur bei Tage erlaubt. Einlaufende Schiffe mussen zwischen der Insel May und West Anstruther hindurch und von dort ditekt nach Kinghorn Neß fahren und bei Inch Keirh einen Lotsen nehmen; sie sollen unter keiner Be⸗ dingung südlich einer Linte, die die Nordspitze der Insel May mit King⸗ born Neß verbindet, fahren und von drer Grad westlicher Länce an die Mitte des Nordkanals einhalten. Ausgebende Schiffe sollen den dritten Grad westlicher Länge auf 56 Grad 6 Minuten 30 Sekunden nördlicher Breite passi ren und dann ihren Kurs zwischen West Anstruther und der Insel May nehmen.

2) Im Moray Kirth müssen nach Cromarty und Inverneß ausgehende Schiffe in Wick oder Burghead einen Lotsen nehmen, aus⸗ gehende Schiffe ihn dort abgeben; die Schiffahrt südwestlich einer Linie von Findhorn nach Tarbat Neß ohne Losen ist gefährlich

3) In Scapa⸗Flow sind alle Einfahrten gefährlich. Für die Zufahrten nach Hoxasund und Hcoysund sind Ueberwachungsdienste eingerichtet; nur Schiffe nach Stromneß dürfen von Westen her in den Hovfund einlaufen, Schiffe von Stromneß dürfen nicht in den Scapa-Flow einlaufen.

Im Unterhause fragte vorgestern MeNeill (Unionist), ob der Staatssekretär für Irland auf die Verteilung eines Flugblatts in den verschiedenen Teilen Irlands auf⸗ merksam gemacht worden sei, in dem es heißt, daß Kitchener sich zutraute, hunderttausend Irländer überlisten, beschwatzen, betrügen oder gewaltsam zwingen zu können, sich für die demoralisierte, dekadente, verbrecherische und bluttriefende britische Armee anwerben zu lassen. Das Flugblatt enthalte noch andere landesverräterische Ausdrücke, um an die Iren zu appellieren, sich nicht anwerben zu lassen. Mo Neill fragte, ob und welche Schritte der Staatssekretär tun werde, um di Verbreitung hochverräterischer Flugschriften zu unterdrücken. Ein Regierungsvertreter erwiderte:

Es sei nicht im öffentlichen Interesse, die Maßregeln bekannt zu geben, aber die Bemühungen, die bereits zu einer sehr großen Ab⸗ nahme der Verbreitung anstößiger Pamphlete und Zeitungen geführt hätten, würden fortgesetzt.

Hierauf fragte Jowett (Arbeiterpartei) den Premier⸗ minister, welche Maßregeln von den britischen Streitkräften in Belgien getroffen wären, um zu verhindern, daß der Be⸗ völkerung und dem Privateigentum der Belgier Schaden zugefügt werde. Der Premierminister Asquith antwortete:

Die Angriffe würden nur gegen militärisch wichtige Punkte ge⸗ richtet. Jede Vorsichtsmaßregel würde angewendet, um unnötigen Schaden zu verhüten.

Der Premierminister teilte ferner mit, daß das Haus sich wahrscheinlich bis zum 13. oder 14. April vertagen würde.

Das Handelsamt hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ in vier Fällen die Erlaubnis erteilt, Waren, die in Eng⸗ land nicht zu haben sind, aus Deutschland einzu⸗ führen.

Nach der „Labour Gazette“ hält die Preisstei ge⸗ rung für Mehl, Brot und Fleisch in Großbritannien an. Im Durchschnitt sind die Preise für Lebensmittel im Januar im Kleinhandel um drei bis vier Prozent, für Brot und Mehl um neun bis zwölf Prozent gestiegen.

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Die „Times“ berichten, daß Offiziere und Mannschaft des deutschen Unterseeboots „U 8“ am 5. März in Dover gelandet worden sind. “*“

Der Senat setzte am Freitag die Debatte über den Gesetz⸗ antrag, betreffend Naturalisierungen, fort. Der vom Senator Jénouvrier eingebrachte Zusatzantrag, der festsetzt, daß alle in den Jahren 1913 und 1914 vollzogenen Naturalisierungen Deutscher, Oesterreicher, Ungarn und Türken für ungültig er⸗ klärt werden, wurde dem „Nouvelliste“ zufolge vom Justiz⸗ minister und dem Berichterstatter des Senatsausschusses Sarrien bekämpft. Der Senat nahm den Zusatzantrag an. Darauf verlangte Sarrien die Zurückverweisung des Gesetzes an den Ausschuß, da der Zusatz mit. dem Texte des Ausschusses in Widerspruch stehe. Die Zurückverweisung an den Ausschuß wurde angenommen.

In der Sitzung der Deputiertenkammer am Donnerstag brachte der Kriegsminister Millerand zwei Ge⸗ setzanträge, betreffend die Einberufung der Jahresklasse 1916 und die Aushebungsarbeiten der Jahresklasse 1917, ein. Der erste Gesetzantrag wird nach dem „Temps“ damit begründet, daß die Ausbildung der Jahres⸗ klasse 1915 bald genügend vorgeschritten sei, sodaß die Klasse an der Front verwendet werden könne. Der Zeit⸗ punkt sei gekommen, in sehr kurzer Frist die Jahresklasse 1916 einzuberufen. Der Kriegsminister ersucht deshalb, den Gesetzantrag anzunehmen, wonach die Einberufung der Jahres⸗ klasse 1916 durch Erlaß des Kriegsministers erfolgen kann. Durch den zweiten Gesetzantrag soll der Kriegsminister er⸗ mächtigt werden, die Jahresklasse 1917 einzuberufen, sobald die Jahresklasse 1916 ausgebildet und an die Front geschickt worden ist. Die Rekrutierungslisten der Jahresklasse 1917 sollen von jeder Gemeinde ausgearbeitet und spätestens am ersten Sonntag des Monats April an allen Bürgermeistereien Frankreichs angeschlagen werden. Die einmonatige Frist, die den Zusammentritt der Aushebungskommissionen von der Ver⸗ öffentlichung der Listen trennt, wird auf zehn Tage herab⸗ gesetzt. Ferner sollen die zurückgestellten Mannschaften der Jahresklassen 1913, 1914 und 1915 sowie die zwischen dem 1. August und 31. Dezember 1914 untauglich befundenen Mannschaften aller Jahresklassen gleichzeitig mit der Jahres⸗ klasse 1917 einer nochmaligen Untersuchung unterzogen werden.

Rußland.

Das Oberkommando des St. Petersburger Militärbezirks verbietet die Verbreitung von Gerüchten über russische Verluste. Der Presse wird das Verbot des Weitererscheinens angedroht, falls sie weiter falsche Nachrichten verbreitet.

Die St. Petersburger Stadtduma hat dem „Rußkoje Slowo“ zufolge Ende vorigen Monats nach längeren heftigen Debatten auf 2 Millionen Rubel Anweisungen ausgestellt zwecks Ergreifung von Maßnahmen, betreffend Versorgung der St. Petersburger Bevölkerung mit Er⸗ fordernissen der ersten Notwendigkeit. Das Stadthaupt Graf Tolstoj hatte zur Begründung angeführt, daß schleunigste Maßregeln getroffen werden müßten, um die Be⸗ völkerung vor der Teuerung der Produtkte und gegen die Ausbeutung durch die Händler zu schützen. Die Stadtverordneten der Rechten sprachen sich energisch gegen die Bewilligung dieses Betrages aus, worauf Graf Tolstoj erklärte, daß er bei Verweigerung dieser unzzmmgänglich notwendigen Summe jegliche Verantwortung für bie Folgen ablehnen müsse. Die Moskauer Stadtverwaltung hat vorgestern über die Teuerung aller Brotprodukte beraten und als Ursachen für die Preissteigerung Wagenmangel, schlechte Organisatiou der Zu⸗ fuhr, große Ankäufe der Militärintendantur, die Kriegssteuer auf die Versendungen und den schlechten Rubelkurs angegeben. Zu der Verteuerung hat auch der Umstand beigetragen, daß die Produkte von den Bauern zurückgehalten und von ihnen selbst verbraucht werden. Auch in den Gouvernements Kostroma, Astrachan und Tambow herrscht große b 6“

Teuerung und Mangel an Lebensmitteln.

Italien.

Eine amtliche Verfügung bestimmt einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge, daß vom 22. März d. J. ab nur noch eine einzige Sorte Brot mit einer Mischung von 80 Prozent Weizenmehl gebacken werden darf. Dieses Brot entspreche den Anforderungen der Ernährungshygiene und werde einen bemerkenswert geringeren Verbrauch von Weizen bewirken.

Nach den „Basler Nachrichten“ ist Venedig infolge der fast vollständigen Unterbrechungen des Hafenverkehrs und des sehr verminderten Fremdenverkehrs in eine sehr kritische finanzielle Lage geraten. Die Stadtbehörden haben die Hilfe des Staats erbeten; die Regierung hat jedoch erklärt, keine gesetzlichen Mittel zur Abhilfe zu haben, sie könne auch kein Sondergesetz für Venedig machen. Man prüft gegen⸗ wärtig die Mittel, um wenigstens den notwendigsten Bedürf⸗ nissen zu genügen.

Portugal.

Die politischen Konferenzen haben nach einer Meldung des „Républicain“ zu keiner Einigung geführt. Die Sitzung des legislativen Kongresses, die am Freitag stattfinden sollte, ist von der Regierung verschoben worden, worüber die Demokraten sehr verstimmt sind.

Blättermeldungen aus Badajoz zufolge haben die Demokraten bei der Zusammenkunft in Lamego den General Correra Barreto zum Präsidenten der Republik Nordportugal aus⸗

gerufen. Türkei. 8. Die Pforte hat der Ernennung Streits zum griechischen Gesandten in Konstantinopel die Zustimmung erteilt.

Griechenland.

Der Ministerpräsident Venizelos hat einer Meldung der „Agence d'Athénes“ zufolge vorgestern in der Kammer erklärt, das Kabinett demissioniere, weil der König die Politik der Regierung nicht billige.

Der König hat Alexander Zaimis zu sich berufen und ihn mit der Kabinettsbildung betraut; Zaimis hat eine 24 stündige Frist erbeten, um sich zu entscheiden.

Rumänien.

Die Parlamentssession ist nach einer Meldung der „Agence Roumaine“ bis einschließlich 11. März verlängert worden. Das Parlament hat die Regierung ermächtigt, den Belagerungszustand zu verhängen, falls es nötig sein sollte.

1 Montenegro. Der Kronprinz Danilo liegt nach ein „M. X. B.“ hoffnungslos krank danieder. Amerika. Der Staatssekretär Bryan und die amtlichen Kreise sind dem „Daily Telegraph“ zufolge von dem freundschaftlichen Ton der deutschen Antwortnote befriedigt und betrachten sie als Grundlage für weitere Bemühungen der Regierung der Vereinigten Staaten, ein Uebereinkommen zwischen beiden Nationen zu erzielen. Man glaubt nicht, daß die englische Re⸗ gierung alle Vorschläge Deutschlands annehmen werde, aber wenn sie selbst einen Teil davon annähme, so würde dies Ge⸗ legenheit zu weiteren Verhandlungen geben und vielleicht z

einem Abkommen in etwas anderer Form führen.

Asien.

In Persien greift nach einer Meldung des „Rußkoje Slowo“ eine sehr ernste bedrohliche Bewegung gegen die Ententemächte um sich, die von amtlicher Seite unterstützt wird. Es wird die Entfernung aller europätschen und besonders der belgischen Finanzkontrolleure verlangt sowie die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht und die Aufnahme großer An⸗ leihen für Reformzwecke gefordert. Salar ed Dauleh ist mit bedeutenden Kräften in Persien eingerückt. .“

Afrika.

„Im südafrikanischen Parlament beantragte der Finanz⸗ und Verteidigungsminister Smuts vorgestern die zweite Lesung der Indemnitätsbill.

Nach dem Bericht des „Reuterschen Bureaus erörterte der Minister die Ursachen des Aufstandes und sagte, die Regierung habe vor⸗ geschlagen, daß die Aufständischen, die sich vor der Amnestie ergeben hätten, fünf Jahre lang von der Bekleidung öffentlicher Aemter und vom Waffentragen ausgeschlossen sein sollen. Es sei ange⸗ regt worden, daß diese Aufständischen frei ausgehen sollten; die Re⸗ gierung wolle nichts dagegen einwenden. Die Regierung schlage ferner vor, daß die Aufständischen, die sich nach der Amnestie ergeben hätten oder gefangen genommen worden seien, 10 Jahre disqualifiztert sein sollten, während die im Gesängnis befindlichen bis zum Ende des Krieges gegen Deutsch Südwestafrika darin bleiben sollten. Alles dies beträfe nur gemeine Soldaten. Die Führer der Aufständischen und Männer von Einfluß würden von besonoeren Gerichtshöfen abgeurteilt werden. Die Führer müßten die Strafe tragen. Der Gedanke, die Aufständischen des Wahlrechts zu berauben, sei aus verschiedenen Gründen aufgegeben worden.

Wie der „Nieuwe Rotterdamsche Courant“ berichtet, machte Smuts Mitteilungen über den Umfang des Aufstandes. Danach sind von den Regierungskommandos 131 Mann ge⸗ fallen und 272 verwundet worden. Ueber die Verluste der Aufständischen fehlen genaue Nachrichten. Smuts schätzt die Zahl der Gefallenen und Verwundeten auf etwa 1000. 2654 Aufständische haben sich vor Ablauf der Amnestiefrist er⸗ geben und danach 1831. Smuts bezeichnete es als einen der Hauptgründe für das Scheitern des Aufstandes, daß die Regie⸗ rung sich seit Jahren konsequent geweigert habe, dem Drängen von verschiedenen Seiten namentlich aus dem Freistaat nach⸗ zugeben, eine allgemeine Bewaffnung der Bürgerbevölkerung zu o0“

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Kriegsnachrichten. Westlicher Kriegsschauplatz.

Großes Hauptquartier, 7. März. (W. T. B.) Zwischen der See und der Sonmime fanden im allgemeinen nur Artilleriekämpfe statt; nächtliche Versuche des Feindes, süd⸗ lich von Mpern vorzustoßen, wurden vereitelt. In der Champagne machten unsere Truppen Fortschritte, wir nahmen dem Feinde einige Gräben und etwa 60 Ge⸗ fangene ab. Ein französischer Massenangriff gegen unsere Stellung nordöstlich von Le Mesnil brach unter schwersten Verlusten für die Franzosen in unserem Infanterie⸗ und Artilleriefeuer zusammen. Oestlich von Badonviller wurden feindliche Vorstöße zurückgewiesen. In den Vogesen kamen gestern eingeleitete Kämpfe westlich von Münster und nördlich von Sennheim noch nicht zum Ab⸗ schluß. Oberste Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 8. März. (W. T. B.) Feind⸗ liche Flieger bewarfen Ostende mit Bomben, die drei Belgier töteten. Die Kämpfe in der Champagne dauern fort. Bei Souain wurde der Feind gestern abend im Hand⸗ gemenge zurückgeschlagen, Nachts setzte der Kampf wieder ein. In Gegend nordöstlich von Le Mesnil mißglückte ein feind⸗ licher Angriff Nachmittags gänzlich. Unser nächtlicher Gegen⸗ angriff war erfolgreich. 140 Franzosen wurden gefangen ge⸗ nommen. Im Priesterwalde nordwestlich von Pont⸗à⸗Mousson wiesen wir französische Vorstöße ab. In den Vogesen sind die Kämpfe in Gegend westlich von Münster und nördläch von Sennheim noch nicht abgeschlossen.

1 Oberste Heeresleitumwg.

Oestlicher Kriegsschauplatz. Großes Hauptquartier, 7. März. Unsere Bewegungen nordwestlich von Grodno verlaufen plan⸗

(W. T. B.)

mäßig. Ein russischer Nachtangris, auf Mocarce nordöstlich von Lomza wurde abgeschlagen. Auch westlich Prasznysz wurden stärkere russisch⸗ Angriffe zurückgewiesen. Unsere Angriffe südöstlich Mawa waren erfolgreich, 3400 Russen wurden gefangen genommen und 16 Ma⸗ schinengewehre erobert. Oberste Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 8. März. (W. T. B.) Süd⸗ lich von Augustow scheiterten russische Angriffe unter schweren Verlusten für den Feind. Bei Lomza sind weitere Kämpfe in. Gange. Westlich von Prasznysz und östlich von Plock machten die Russen mehrere vergebliche An⸗ griffe. Bei Rawa schlugen unsere Truppen zwei russisch Nachtangriffe ab. Russische Vorstöße aus Gegend Nowe Miasto hatten keinen Erfolg. Die Zahl der gefangenen Russen betrug dort 1500 Mann. Oberste Heeresleitung.

Wien, 6. März. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: Partielle Vorstöße der Russen im Abschnitte östlich Pietrkow in Polen scheiterten in unserem wirkungsvollen Artilleriefeuer. Im übrigen hat sich an dieser Front und an jener in Westgalizien nichts Nennenswertes ereignet. In den Karpathen dauern die Kämpfe um einige Höhenstellungen 8 G 8

Pild der großen Zeit zu übermitteln.

cch an. Ungünstige Witterungs⸗ und Sichtverhältnisse berrschen vor. Im Kampfgebiet in Südostgalizien ist nach ben Ereignissen der letzten Zeit vorübergehend Ruhe eingetreten. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes:

von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Wien, 7. März. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: iun einigen Frontabschnitten in Russisch Polen waren estern heftige Käm pfe im Gange, die sich stellenweise auf den nächsten Distanzen abspielten. Durch gute eigene Artillerie⸗ wvirkung wurden russische Abteilungen unter beträchtlichen Ver⸗ üsten zur Räumung vorgeschobener Stellungen gezwungen. in den Karpathen, wo verschiedenenorts die Kämpfe um

tünstige Höhenstellungen andauern, wurden Nachtangriffe

er Russen überall abgewiesen, 8 Offiziere und

70 Mann gefangen genommen. In Südostgalizien hält die Ruhe an. 8 Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabezs. von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Der Krieg zur See.

Berlin, 6. März. (W. T. B.) Von der englischen gresse ist die Nachricht verbreitet worden, daß der früher nor⸗ begische, jetzt englische Dampfer „Thordis“ am 28. Fe⸗ ruar bei Beachy Head ein deutsches Unterseeboot, as ihn angeblich angegriffen hat, gerammt und zum Sinken gebracht habe. Bei Besichtigung des Dampfers im Dock seien virklich Beschädigungen von Bodenplatten und Schrauben⸗ ügeln festgestellt worden. Wie uns von zuständiger Seite

Pierzu mitgeteilt wird, hat tatsächlich am 28. Februar ein

Hampfer versucht, eines unserer Unterseeboote durch Rammen m Sinken zu bringen. Das Unterseeboot hat aber nur geringfügige Beschädigungen erlitten und ist wohlbehalten nach nem Ausgangshafen zurückgekehrt. 1““

Der Krieg der Türkei gegen den Dreiverband.

St. Petersburg, 6. März. (W. T. B.) Der Bericht es Generalstabes der Kaukasusarmee vom 4. März nutet: Unsere Truppen haben ihre Offensive in der Gegend es Tschorokh mit Erfolg fortgesetzt. Auf den übrigen Ab⸗ chnitten der Front keine Zusammenstöße.

Konstantinopel, 6. März. (W. T. B.) Das Haupt⸗ nartier teilt mit: An der kaukasischen Front ist keine

Peränderung eingetreten. Zwei Regimenter englischer Ka⸗ Pallerie in Stärke von fünfzehnhundert Mann griffen, unter⸗

ützt von einer Maschinengewehrkompagnie und Artillerie, nsere Vorhuten bei Vessile südlich von Korna an. Das frgebnis des Kampfes war, daß der Feind in Unordnung der Richtung auf Cheaibe floh unter Zurücklassung bvon über zweihundert Toten und Verwundeten Wir erbeuteten

lin Maschinengewehr und machten zwei feindliche Geschütze nbrauchbar. Unsere Verluste waren zehn Tote und fünfzehn Perwundete. Gestern bombardierten zwei feindliche

zanzerschiffe und ein Kreuzer drei Stunden lang

Lone irgendwelchen Erfolg die Forts an der Küste von

myrna. Heute um acht Uhr beschossen ein französisches triegsschiff und drei englische, gefolgt von fünf roßen Minensuchern, von neuem anderthalb Stunden lang

lie Forts von Smyrna. Sieben Geschosse unserer Batterien

rafen das feindliche Panzerschiff, das zuerst das Feuer eröffnet

zat. Ein Minensucher wurde in den Grund gebohrt. Während

es gestrigen und heutigen Bombardements hatten wir ins⸗ esamt vier Tote und sieben Verwundete. Gestern und heute nternahm die feindliche Flotte keine ernsthafte Aktion gegen ie Meerengen der Dardanellen. Es bestätigt sich, daß das eindliche Flugzeug, das ins Meer gestürzt ist, durch das Feuer

unserer Batterien beschädigt worden war.

Konstantinopel, 7. März. (W. T. B.) Das Haupt⸗ wartier teilt mit: In der allgemeinen Lage ist keine wesent⸗ che Aenderung eingetreten. Heute nachmittag beschossen sechs eindliche Panzerschiffe unsere Batterien in der Dardanellen⸗ raße. Unsere Batterien antworteten mit Erfolg.

Konstantinopel, 7. März. (W. T. B.) Das Haupt⸗ zwartier teilt folgende ergänzende Einzelheiten über das eutige Bombardement mit: Die englischen Schiffe „Majestic“ nd „Irresistible“ verstärkten die feindliche Flotte, aber durch as Feuer unserer Batterien wurde ein französischer hanzerkreuzer außer Gefecht gesetzt und ein englischer anzerkreuzer beschädigt. Infolge unserer Beschießung ogen sich die feindlichen Schiffe um 31 Uhr zurück und stellten as Feuer ein. Unsere Batterien haben keinerlei Schaden elitten.

Kunst und Wissenschaft.

Im Verein für deutsches Kunstgewerbe spricht am 0. d. M, Abends 8 ½ Uhr, im großen Festsaale des Künnlerhauses Bellevuestraße 3) Dr. Rudolf Bernoulli, Direktorialassistent am königlichen Kunstgewerbemuseum, über Schweizer Kunst und Runstgewerbe der Gegenwart. Der Vortrag wird von zahl⸗ eichen Lichtbildern begleitet sein.

Kriegssammlung der Königlichen Bibliothek. Die ön igliche Bibliothek in Berlin ist schon seit Anfang des Krieges be⸗ nüht, eine möglichst vollständige Sammlung der die Zeitereignisse be⸗ effenden Drockjachen anzulegen, um der Nachwelt ein lebendiges

Sie ist überzeugt, daß ihre zestrebungen nur dann von Erfolg gekrönt sein können, wenn sie die nterstüzung und Mitwirkung der weitesten Kreise findet. Eie richtet deshalb an alle, die dazu in der Lage sind

die Milltär⸗ und Zivilbehörden, darunter auch unsere Ver⸗ etungen im Ausland, Kommunalverwaltungen und Vereinsvorstände, Mukämpfer, Privatpersonen jeder Art daheim und im Auslande sie Bitte, ihr bei der Sammlung von Drucksachen über den Welt⸗

nieg behilflich zu sein und ibr geeignetes Material zugehen zu lassen. Fnöbesondere sind für die Sammung von Wert: Bekanntmachungen,

Erlasse, Plakate, namentlich auch aus den Grenzbezirten und von unseren ruppenkommandos und Behörden im Ausland; im Auslande von deutscher Seite herausgegebene Zeitungen sowie die für unsere Truppen bestimmten kriegszeitungen; Aufrufe und sonstige Drucksachen der Hilfsvereine nd verwandten Organisationen; Kriegsjahresberichte und Kriegs⸗ chrichten von Behörden, Vereinen, Firmen usw.; Proklamationen, Aufrufe, Bekanntmwachungen der feindlichen Behörden und Truppen owohl im Ausland wie in vorübergehend besetzten deutschen hebieten; Ausländische Zeitungen, insbesondere solche aus Frank⸗ eich, England Belgien, Rußland; Propagandaliteratur für das Uusland; Flugblätter, Lieder, Gedichte, illustrierte Postkarten, Bilderbogen, Katikaturen, sowohl inländesche wie auslänbische, vor

allem auch feindliche; Kriegskarten aus den feindlichen Ländern; Photographien und sonstige Abbildungen von Orten, Personen und Begebenheiten, die mit dem Krieg zusammenhängen; künstlerische Datstellungen von Kriegsereignissen, Gedenkblätter und äbnliches; aus⸗ ländische Broschüren politischen, militärischen, sozialen oder wirtschaft⸗ lichen Inhalts; handschriftliche Kriegsberichte und Kriegsschilderungen, auch von gegnerischer Seite, Feldpostbriefe in Original und Abschrift, Autographen von bemerkenswerten Persönlichkeiten.

Für Zusendung aller derartigen Sachen wird die Königliche Bibliothek jederzeit sehr dankbar sein, auch etwaige Porto⸗ und sonstige Kosten gern vergüten. I1““ 3

Nach fast zweijähriger Abwesenheit ist im Januar 1915 der Freiherr Erland von Nordenskiöld von seiner sechsten Forschungs⸗ reise nach Südamerika wieder in Schweden eingetroffen. Die hauptsächlich zu archäologischen und ethnographischen Zwecken. unter⸗ nommene Reise, die Nordenskiöld in Begleitung seiner Frau aus⸗ führte, erstreckte sich von Argentinien nach Bolivien, das in den ver⸗ schiedensten Richtungen durchquert wurde, und endete wieder in Argen⸗ tinien. Besonders wurden im Norden Boliviens die Grenzgebiete gegen Peru und Brasilien durchforscht. Es gelang dem Forscher, noch ganz unberührte Völkerstämme auf der Stufe der Steinzeit anzurreffen und Ruinenstätten hochzivilisierter, ausgestorbener Indianerstämme zu finden, die palastartige und festungsähnliche Bauten von großer Ausdehnung und Grotten mit in den Fessen gekritzelten Inschriften, Zeichnungen und dekorativ geschmückte Töpferarbeiten enthielten. Von großem archäologischen Interesse war ein Kanalnetz, das erste in dieser Art, das in Südamerika entdeckt worden ist. Die bis zu 7 km langen und 6 bis 7 m breiten Kanäle dienten wahrscheinlich Regu⸗ lterungs⸗ und Bewässerungszwecken, ebenso wurden auch gegen Ueber⸗ schwemmungen gebaute Wege und Sicherungen aufgefunden. Der Aufenthalt unter den dem Kannibalismus ergebenen Indianerstämmen war ohne Gefahr; die Frauen, die ebenso wie die Männer völlig nackt gehen, nehmen bei ihnen eine verhältnismäßig hohe Stellung ein und besitzen bei manchen Stämmen in wirtschaftlicher Beziehung sogar das ausschließliche Bestimmungsrecht. Das auf der Reise gesammelte archäologtsche und ethnographische Material umfaßt 60 Kisten, die sich schon zum Teil in Sscherheit befinden. Während des letzten Teils der Reise machten sich auch in diesen weit entfernten Teilen der Erde die Wirkungen des europäischen Krieges sehr bemerkbar. Da die Ausfuhr von Gummi und Zinn, die bisher die wichtigsten Aus⸗ fuhrartikel Boliviens waren, so gut wie aufgehört hatte, herrschte unter den Indianern, die in den Gummiwäldern und Zinngruben ihren Unterhalt verdtenen, große Arbeitslosigkeit. Andererseits hatten die wilden Indianerstämme den Vorteil, daß der Druck der Weißen weniger fühlbar wurde, denn da der Gummiversand unterbunden ist, verlassen die Weißen die in Beschlag genommenen Gummiwälder und dringen auch nicht weiter in neue Gummigebiete vor. Auch in den Salpeterwerken Chiles lag die Arbeit seit August danieder, und die bolivianische Regierung sah sich genötigt, für den Unterhalt der heim⸗ gekehrten Arbeiter zu sorgen.

Literatur.

Aus den inzwischen erschienenen Einzelheften der periodischen Kriegsliteratur seien die Hefte 16, 17 und 18 der von S. Hirzel in Leipzig verlegten Sammlung „Zwischen Krieg und Frieden“ erwähnt. (Jedes Heft 80 ₰.) Im 16. behandelt der frühere vortragende Rat im preußischen Kultusministerium Dr. Adolf Matthias das Thema: Krieg und Schule. Der Verfasser, der in weiten Kreisen durch seine pädagogischen Schriften „Wie erziehen wir unseren Sohn Benjamin?“ und „Wte werden wir Kinder des Glücks?“ be⸗ kannt geworden, behandelt hier in drei Abschnitten die Frage, wie Krieg und Erziehung und Krieg und Schule in Wechsel⸗ wirkung zueinander stehen. Im ersten Abschnitt wird die Antwort auf die allgemeine Frage geboten, wie von alters her im Laufe der Geschichte der Krieg als Erzieher in der Weltordnung seine kräftigende Wirkung auf die Menschen⸗ bildung ausgeübt hat. Der zweite Abschnitt weist dem jetzt tobenden Kriege seine richtige Stellung im Gegenwartsleben an, während der dritte wichtige Fragen für die Zukunft unserer Schulen stellt, deren Unterricht und Zucht unter dem Einfluß des Krieges bedeutsamen Gewinn von dauerndem Werte ziehen koönnen. Im 17. Heft „Die Frauen und der Krieg“ erörtert Lily Braun die Aufgaben, die den deutschen Frauen durch den Krieg gestellt seien, und die Probleme, die sich in der Zukunft für sie aus dem Kriege ergeben dürften. Die Verfasserin erkennt die von den Frauen bewiesene Opferbereitschaft und Hin⸗ gebung an, ohne die Mängel zu übersehen, die aus unzulänglicher Vorbereitung, dem Fehlen einer einbeislichen Organisation und der individualistischen Natur der Frauen sich ergeben hätten. Sie fordert zur Behebung dieser Mängel in der Zukunft eine gesetzlich geregelte zweijährige Dienstpflicht der Frauen, durch deren Erfüllung sie für die ihnen obliegenden Pflichten besser gerüftet werden sollen. Im 18. Heft behandelt De. Ernst Schultze die Frage: Was verbürgt uns der Sieg? Die Hauptquelle des Erfolges sieht der Verfasser in geistigen und sittlichen Eigenschaften; auch unsere kriegstechnische Ueberlegenheit fuße im letzten Grunde auf der besseren Durchdringung der Nation mit geistigen und ethischen Kräften. Mängel im diplomatischen System und Versäumnisse in der Auslands⸗ werbung seien als erschwerende Momente zu buchen; nach der ganzen bieherigen Entwicklung des Krieges könne es sich aber nur noch um die Frage handeln, ob Deutschland und seine Verbündeten einen ganzen oder einen halben Sieg davontragen würden. Viel werde darauf ankommen, ob wir den Sieg ebenso groß würden zu tragen wissen wie den Kampf. Der eigentliche Kampf⸗ preis bestehe in der Möglichkeit, das deutsche Kulturideal zu verwirklichen. Auch von der in der Deutschen Verlagsanstalt in Stuttgart erscheinenden Flugschriftensammlung „Der Deutsche Kerieg“ liegen mehrere neue Hefte vor. In einem Doppelheft (30/31) behandelt Dr. Norbert Stern das Thema: Die Weltpolitik der Weltmode. (1 ℳ.) Der Verfasser wendet sich gegen die An⸗ nahme, daß in der Mode nur eine Art Tändelei zu seen sei. Sie verdiene, höher eingeschätzt zu werden; denn, abgesehen davon, daß zahl⸗ reiche Menschen von ihr leben, sei sie ein Spiegelbild der Sitten und Gebräuche, wirke auf die Künste ein und habe sogar erheblichen Einfluß auf die Politik der Völker. Diefem letzten, vielen wohl befremdlichen Gedanken geht der Verfasser dann näher nach, indem er die Weltmode als politisches Machtinstrument schildert. Er vertritt dabei die An⸗ sicht, daß Weltmoden ohne Ausnahme im politischen Dienst welt⸗ beherrschender Staaten standen und daß ihre Welterfolge einzig dastehen. Dann untersucht er die Gegensätze zwischen Tracht und Mode. Man dürfe diese Begriffe nicht verwechseln, sie durchdrängen sich zwar ständig, blieben aber gleichwohl Gegensätze, die man dahin be⸗ stimmen könne: Weltmoden treiben Weltpolitik, Trachten Sonder⸗ politik. Des weiteren wird die Mode als Handwerks⸗ frage betrachtet, wobet der Verfasser folgende Leitsätze auf⸗ stellt: Von der Massenkonfetktion kann eine Reformierung der Mode nicht ausgehen, denn die Konfektion ist selbst in hohem Maße reformbedürftig. Das Problem der Weltmode ist praktisch nur zu lösen, wenn die Mode vorwiegend wieder Handwerkssache wird. Die gesch’ckten Modewerkstätten, beraten und gefördert durch Frauen von vornehmem Takt und Geschmack, sind in erster Linie be⸗ rufen, die Form der Mode zu hestimmen. Im Anschluß an diese Erörterungen wird der Satz vertreten, daß die Weltmode stets eine fünstlerische, reiche, kulturgesättigte Stadt für ihren Sitz benötige. Endlich werden praktische Wege zu einer Weltmode gezeigt. Es sei möglich, eine deutsche Weltmode zu schaffen, aber nur unter Zugrundelegung eines wissenschaftlich geordneten Planes nach dem Vorbild geschicht⸗ lich bewährter Maßnahmen und unter einer weitsichtigen staats⸗ und kultu politischen Führung. Auf den Inhalt der Flugschrift ist trotz des nur losen Zusammenhanges, in dem sie zur Kriegsliteratur steht, hier näher eingegangen, weil das Thema von erkeblicher wirtschaft⸗ licher und kulturpolttischer Bedeutung ist. Freie Meere ist das Heft 32 benannt, das das Reichstagsmitglied Professor Dr. G. von

Schulze⸗Gaevernitz zum Verfasser hat. Ein kurzer geschichtlicher Uederblick über die Ereignisse, die zu Englands Seeherrschaft und zu dem Wettkampft zwischen Deutschland und England führten, bildet ihren zeitgemäßen Inhalt. Deutschland ertläre den Zustand für menschen⸗ feindlich, wonach es in das Belieben einer Macht gestellt ist, die Weltwirtschaft zu unterbinden. Es kämpfe für die Freiheit der Meere, also für die wirtschaftlichen Interessen der Menschheit. Es strebe für sich keine Seeherrschaft an, sondern einen Zustand maritimen Gleichgewichts mehrerer Seemächte, in dem Deutschland der stärksten Macht gleichberechtigt und gleichwertig zur Seite steht. Im 33. Hefte endlich schildert das Mitglied des österreichischen Reichsrats Dr. Eugen Lewicky die Ukraine als Lebensnerv Rußlands. Er kennzeichnet an der Hand der Geschichte die wichtige Rolle, die die Ukraine für das Zarenreich von jeher gespielt hat. Durch sie allein sei der moskowitische Staat zur europälschen Großmacht geworden, ohne sie müsse er zu einem Staat zweiten Ranges werden. Der Verfasser erhebt dann die Forderung, daß zur Sicherung des österreichischen Ostens Rußland vom Schwarzen Meere zurückgedrängt und daß zwischen Rußland und dem Balkan das Gebiet der Ukraine eingeschoben werde. Im Verla von Hesse und Becker in Leipzig sind zwei Bücher erschienen, die au dem gegenwärtigen Kriege ihr Entstehen verdanken. In dem einen: Vom Kriegsschauplatz hat Kurt Quenzel eine größere An⸗ zahl von Feldpostbriefen und anderen Berichten von Mitkämpfern und Augenzeugen zusammengestellt. (1,50. ℳ, geb. 2 ℳ.) Die Sammlung, der ein schöner Feldpostbrief Richard Dehmels und eine Uebersicht über die Kriegsursachen von Karl Bleibtreu vorangestellt sind, hat als Zeitdokument zweisellos einen nicht geringen bleibenden Wert, zumal die Auswahl der Briefe mit Geschick getroffen wurde. Das zweite Büchlein: „An der Front“ enthält Anekdoten und Begebenheiten aus dem Weltkrieg, die Dr. Ratislav aus Zeitungen und Witzblättern gesammelt hat. (1,50 ℳ, g⸗b. 2 ℳ.) Der Humor hat in dieser ernsten Zeit ja auch sein gutes Recht. Er ist als Ausdruck einer gesunden Stimmung, die im Heer wie bei den Daheimgebliebenen vielfach zutage tritt, sogar besonders dankbar zu begrüßen. Etwas anderes aber ist es, sich einer ganzen Sammlung von 240 Seiten mehr oder weniger gelungener Aeußerungen dieses Humors gegenüber zu seben. Abgesehen davon, daß in dieser Fülle manche gezwungen anmutende, nicht unmittelbar entstandene, sondern augenscheinlich er⸗ fundene Humoräußerung mitunterläuft, wird es vielen mit Recht gegen das Gefühl gehen, mit humoristischen Gefühlsäußerungen über eine lebens⸗ und sterbensernste Sache gleichsam überschüttet zu werden.

Im Märzheft von „Nord und Süd“ (Herausgeber Pro⸗ fessor Dr. Ludwig Stein, Berlin, Verlag: Schlesische Buchdruckerei, Kunst⸗ und Verlagsanstalt von S. Schottlaender, A.⸗G. Breslau, Preis vierteljährlich 6 ℳ) bespricht Professor Dr. W. Hasboch die „französischen E1““ von 1914“ und schildert hierbei, mit welcher Gehässigkeit während des Wahlkampfes namentlich seitens der Agitatoren für die dreijährige Dienstpflicht in Reden, Schriften und Theaterstücken gegen Deutschland gewühlt und gehetzt wurde. Daher sei auch eine strenge Beurtetlung und Behandlung Frankreichs erforderlich und jedes Mitleid ihm gegenüber unangebracht. Wie über⸗ haupt von dem Dreiverbande gegen Deutschland „Stimmung gemacht“ wurde, vornehmlich aber von England zur Aufrechterhaltung der Suggestion von der Weltmacht des britischen Impertums und dem Nimdus der englischen Flotte, wird von Dr. phtl. Richard Hennig vorgeführt. Probleme der gegenwärtigen „Weltpolitik“ erörtert Professor Dr. Ludwig Stein im Anschluß an neu veröffentl chte Schrisften von Helfferich, Ferdinand Tönnies, Graf Apponyi, M. P. S. Valter, Professor Max Apt. Allenthalben wird die Schuld, die England an dem Ausbruche des Weltkrieges hat, betont, währrend Dr. Alexander Redlich in dem Aufsatze „Der Gegensatz zwischen Oesterreich⸗Ungarn und Rußland“ auf die Schuld Rußlands hinweist, und zwar als eine notwendige Folge seiner seit langen Jahren gegen das Dasein Oesterreich⸗Ungarns gerichteten Politik. Im besonderen ist das Heft aber der östlichen Schwerindustrie im Welikrieg gewidmet. Der Generaldirektor, Kommerzienrat Otto Riedt behandelt „die oberschlesische Montanindustrie im Zeichen des Weltkrieg 3“, der Hüttendirektor a. D. Prof. Simmersbach die „ober⸗ schlesische Eisenindustrie“ und Viktor Zuckerkandl im allgemeinen die „deutsche Eisen⸗ und Stahlindustrie vor, während und noch dem Kriege“’. Für den Deutschen Eisenhandel“ ist 1910 die Deutsche Eisenhandel⸗Aktiengesellschaft gegründet worden, auf deren Entwicklung, Wirksamkeit und Bedeutung der General⸗ direktor, Kommerzienrat Leo Lustig näher eingeht. Die Maßnahmen, die von der deutschen Regierung getroffen worden sind, um die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln, vor allem mit Getreide, zu regeln und zu sichern, werden von Otto Jöhlinger in seinem Artikel: „Die Getreidehandelspolitik Deutschlands während des Krieges“ zusammengestellt und begründet; und in „Wirtschafr⸗ lichen Um⸗ und Ausblicken“ von Professor Dr. Hans Crüger wird der tiefgehende Einfluß aufgezeigt, den der Krieg auf das wirtschaft⸗ liche Leben in Deutschland, auf Landwirtschaft, Industrie und Finanzwirtschaft, ausgeübt bhat, eine gründliche Verschiebung aller Verhältnisse. Professor Dr. Max Gg. Zimmermann vergleicht die Kulturbegabung und Kulturletstungen des deulschen Volkes mit denen seiner Gegner und findet bei den Deutschen eine Vielseitigkeit der Begabung, die neben die der Italiener tritt und mit dieser der der Griechen des Altertumz gleich ist. Dr. Max Eisler hebt das Charakteristissche in dem Stadtbilde „YIperns“ hervor und Dr. Joseph Prys gibt, anknüpfend an ine Schilderung der „Dreikaiserreichsecke’? an der Przemsa, all⸗ gemeine Grenzwachtbetrachtungen. Mit dem Krieg im Zutammen⸗ hange stebt ferner die Skizze „Das Recht zur Einsamkeit“ von Myrrha Tunas und in gewissem Sinne auch Karl Hans Strobls Dichtung: „Gesang im Innern des Völkerschlachtdenkmals.“ Das Heft enthält schließlich einen Beitrag Johannes Gaulkes über „Con⸗ stautin Brunner“ und dessen Lehre von den Geistigen und vom Volke sowie die Fortsetzung der Romannovelle „Almendro“ von Catharina von Pommer⸗Esche.

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregeln.

Das Kaiserliche Gesundheitsamt meldet das Erlöschen de

Maul⸗ und Klauenseuche von den Schlachtviehhöfen in Dresd und in Leipzig am 6. d. M. chlachtviehhöfen in Dresden

Verkehrswesen.

mit Postsendungen beladener Eisenbahnpostwagen offenbar infolge Selbstentzündung einer Sendung zwischen den an der Ostbahn gelegenen Stationen Rehfelde und Strausberg in Brand ge⸗ raten. Der Wagen war in Bromberg mit 600 Paketen und 80 Briefsäcken, enthaltend Feldpostpäckchen, die zum Teil für die Feldpostsammelstellen in Cöln⸗Deutz, Metz, Straßburg, Trier und Berlin bestimmt waren, be⸗ laden worden. Ein Teil der Ladung ist verbrannt, ein anderer Teil hat beim Löschen des Feuers durch das Wasser gelitten; nur wenige Sendungen sind unversehrt geblieben. In dem Brandschutt haben sich an verschiedenen Stellen Reste von Streichholzschachteln sowie die Hülse einer Militär⸗ patrone vorgefunden. Der Mißbrauch, feuergefährliche Sachen in Postsendungen zu verschicken, hat offenbar auch in diesem Falle den Brand verursacht. Von amt⸗ licher Seite ist mit Rücksicht auf die wiederholt vorgekommenen Selbstentzündungen von Postsendungen und die dadurch hervorge⸗ rufenen umfangreichen Brände vor der Versendung feuergefährlicher Gegenstände durch die Post dringend gewarnt worden. Diese Warnung kann nicht ernstlich genug wiederholt werden. Zu den feuergefährlichen Gegenständen gehören auch Reib⸗ oder

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Ein neuer Postwagenbrand. Unlängst ist wieder ein

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