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nisse für Heer und Marine berücksichtigt.
ihnen anvertrauten Menschenleben zu sichern, sich selbst und
lichen Etat angeforderten Kriegskredite.
halb, meine Herren, verzichten wir auf die Veranschlagung, die sonst ja ein wesentlicher Teil des Haushaltsentwurfs ist. Dieser Verzicht bedeutet keineswegs, wie Sie an der Tatsache der Vorlage sehen, daß wir überhaupt von einem Haushaltsetat Abstand nehmen wollen. Abgesehen von dem Zwecke der Veranlagung, hat ja das Budget noch zwei andere Aufgaben. Diese beiden Aufgaben sind erstens die
verfassungsmäßige Grundlage für die Reichsfinanzwirtschaft zu
schaffen, und auf diese verfassungsmäßige Grundlage wollen wir auch jetzt während der Kriegszeit nicht verzichten. Der zweite Punkt ist die
Sicherung des kalkulatorischen technischen Schemas für die gesamte
Wirtschaftsführung, für die Verrechnung, für die Rechnungslegung
und für die Rechnungsprüfung.
Sie finden deshalb in dem Ihnen vorgelegten Entwurf dasselbe
Schema, dieselbe Anordnung von Kapiteln, Titeln und Positionen wie gewöhnlich. Sie finden bei diesen Kapiteln, Titeln und Positionen
Ansätze, die vielleicht, wie noch niemals bisher in einem Jahre, bis
auf ganz wenige, aber wichtige Ausnahmen, mit denen des vor⸗ gegangenen Jahres in Uebereinstimmung stehen.
Dies kommt daher, daß wir davon abgesehen haben, soweit es sich ermöglichen und durch⸗
führen läßt, in diesem Etat mit neuen Forderungen an Sie heranzu⸗
treten. Wir haben im laufenden Etat davon abgesehen, Ihnen irgendwelche neuen Stellen in Vorschlag zu bringen. Wir haben bei den einmaligen Ausgaben des ordentlichen Etats lediglich zweite Raten für die bereits angefangenen Bauten und andere Arbeiten angefordert und außerdem nur einige ganz wichtige Neuforderungen, z. B. bei der Post, für Zwecke, die keinen Aufschub duldeten.
Meine Herren, von diesem Grundsatz, die Ausgaben und Ein⸗ nahmen einzustellen wie im nächsten Jahre, aber Ihnen gleichzeitig ein detailliertes Schema zu liefern, sind wir nur abgewichen bei dem
Etat der Heeresverwaltung, des Reichsmilitärgerichts, der Marine
und der Kolonien. Die Gründe, aus denen wir geglaubt haben, bei den Kriegsressorts von einer Detaillierung absehen zu können, sind folgende. Der ordentliche Etat für Heer und Marine ist mit der Mobilmachung gewissermaßen außer Kraft getreten. Von dem ersten Tage der Mobilmachung an sind die sämtlichen und mußten die sämt⸗ lichen Ausgaben für Heer und Marine über das Kapitel 6 des außer⸗ ordentlichen Etats geleitet werden. Seit der Mobilmachung haben wir kein Friedensheer und keine Friedensmarine mehr, sondern nur
noch ein ungeteiltes Kriegsheer und eine ungeteilte Kriegsmarine.
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Erst wenn der Tag der Demobilmachung gekommen sein wird, wird
der ordentliche Etat für die fortdauernden Ausgaben für Heer und
Marine wieder aufleben. Meine Herren, ich weiß nicht, wann dieser Tag kommen wird, — wir hoffen alle, es wird im Laufe des kommen⸗ den Rechnungsjahres der Fall sein —, aber das Eine weiß ich be⸗ stimmt: wenn dieser Tag kommt, werden wir Ihnen einen Nachtrags⸗ etat vorlegen müssen, der die dann erst zu übersehenden Friedensbedürf⸗ Wir werden Ihnen aber unter keinen Umständen ein Brot vorsetzen können, das wir heute schon backen. Aus diesem Grunde also haben wir geglaubt, bei den Kriegsressorts darauf verzichten zu können, Ihnen eine detaillierte Auf⸗
stellung wie bei den Zivilressorts zu geben.
Aehnliche Gründe, meine Herren, bestehen für die Kolonien. Wir
müssen in dieser, für unsere Kolonien so schweren Zeit den örtlichen In⸗
stanzen für die Maßnahmen, die sie zur Verteidigung der ihnen anver⸗ trauten Gebiete für notwendig halten, den allerweitesten Spielraum lassen. Wir wissen, daß wir das können und dürfen. Die heldenmütige Gegen⸗ wehr, von der uns der Feind wider seinen Willen Kunde geben muß, zeigt
uns — wenn wir es nicht schon vorher wußten —, daß draußen in unseren
olonien Männer mit dem Herz auf dem rechten Fleck auf der schweren Wacht stehen. (Bravo.) Wir wissen, daß diese Männer das Menschen⸗
möglichste tun, um gegen einen mit allen Mitteln kämpfenden Feind
das in harter Arbeit erworbene und nutzbar gemachte Land zu schützen die er deutschen Ehre zu machen, ja — ich stehe nicht an, das zu sagen —: den n und die Ehre und die Zukunft d weißen Mannes; in den fremden
ten zu rettten. (Lebhaftes Bravo.) sichts solchen Kampfes, in den unsere Schutzgebiete mit allen
Fasem verstrickt sind, konnten und wollten wir keine ins einzelne gehende Etatsvorschriften in Vorschlag bringen. Wir haben Ihnen desbalb ledig⸗
lich einen kurzen Etatsgesetzentwurf, ohne die üblichen detaillierten “ vorgelegt. Durch diesen Gesetzentwurf soll, nach Art eines Notgesetzes, der Männern draußen in den Kolonien die Möglichkeit gegeben werden, 1 Anwendung — soweit das möglich ist — der Grundsätze, wie sie bisher
bestanden die Finanzwirtschaft weiterzuführen. Alle Einzelheiten, die zu diesem kurzen Entwurf über das Etatsgesetz für die Kolonien zu bemerken
sind, darf ich mir für die Kommission vorbehalten.
Meine Herren, das wäre ungefähr das, was ich über die formale Be⸗ handlung des Etats zu sagen hätte.
Materiell habe ich einiges hinzuzufügen. Der Bedarf an fortdauernden
Ausgaben für Reichsheer, Reichsmilitärgericht und Marine, wie wir ihn
für jede der drei Verwaltungen in einer einzigen Summe ausgeworfen
haben, stellt nicht den 81g Jahresbedarf, sondern die Hälfte des nor⸗
malen Jahresbedarfs dar. Dieser Ansatz, der vielleicht aufs erste überraschen kann, steht im S mit der Höhe der von uns im außerordent⸗ Wenn die 10 Milliarden Mark, um deren Bewilligung wir Sie bitten, aufgebraucht werden sollten, so würde das heißen, daß der Krieg ungefähr bis zum Spätherbst dauert, daß also bis zum Spätherbst zu Lasten des ordentlichen Etats für Heer und Marine Ausgaben überhaupt nicht zu leisten sind. Geht der Krieg früher zu Ende, so wird allerdings der ordentliche Etat für mehr als für den Bedarf eines halben Jahres in Anspruch genommen werden müssen; aber dann wird ein großer Teil der außerordentlichen Kredite frei. Dauert umgekehrt der Krieg länger, so wird die rechnungsmäßige Ersparnis bei den fortdauernden Ausgaben des ordentlichen Etats entsprechend höher sein, während auf der anderen Seite weitere Kredite von Ihnen wohl würden verlangt werden müssen.
Unter allen Umständen aber — das habe ich schon vorher er⸗ wähnt — werden wir beim Friedensschluß gezwungen sein, mit einem Nachtragsetat zu kommen, der den dann erst zu übersehenden Friedensbedürfnissen für Heer und Flotte Rechnung trägt.
Bei diesem inneren zwischen dem außerordent⸗ lichen Kriegsbudget und den fortdauernden Ausgaben für Heer und Marine haben wir geglaubt, daß die vorgeschlagene Regelung der inneren Oekonomie des Gesamtetats entspricht.
Meine Herren, so gern ich nun die Erörterung im einzelnen der Budgetkommission überlassen möchte, so glaube ich mich doch ver⸗
ntet, gleich hier im Plenum noch auf einen wichtigen Punkt im
Sweisen zu sollen, nãm 58 b den Etat der Eee etl.
Zunächst möchte ich festellen, daß wir uns nicht deranlaßt gesehen haben, die planmäßige Tilgung der Reichsschuld einzustellen. Sie finden im ordentlichen Etat für Tilgungszwecke rund 68 Millionen gegen 63 1 Millionen Mark im Vorjahre. Ob diese Tilgung im Wege von Rückkäufen auf den Markt oder durch Absetzung von den bewilligten Krediten vorgenommen wird, das dürfen Sie wie in den früheren Jahren der Reichsfinanzverwaltung überlassen. Wichtig und wesentlich erschien mir nur, daß die nach so vielen Mühen endlich eingeführten Grundsätze einer planmäßigen Schuldentilgung auch jetzt in der Kriegszeit und für die künftige Friedenszeit aufrechterhalten werden; und ich glaube mich hierin mit dem hohen Hause in Ueber⸗ einstimmung zu befinden. (Bravo!) —
Für die Kriegsanleihen selbst haben wir allerdings von einer Tilgung abgesehen. Das ist ein Punkt, der natürlich der Regelung nach dem Friedensschluß überlassen bleiben muß.
Sie finden ferner bei dem Etat der Reichsschuld einen sehr starken Mehrbedarf für die Verzinsung, einen Mehrbedarf von nahezu einer Milliarde Mark. Das erklärt sich daraus, daß die Reichsschuld, die beim Ausbruch des Krieges rund 5 Milliarden Mark betrug, in⸗ zwischen auf rund 15 Milliarden Mark angewachsen ist, und daß sie, wie Ihnen schon die neue Kriegsforderung zeigt, weiter wachsen muß, wenn der Krieg länger andauert. Das Erfordernis für die Verzinsung der Reichsschuld steigt also durch die Inanspruchnahme der Kriegs⸗ kredite in ganz außerordentlichem Maße. Es ist das derjenige Posten des ordentlichen Budgets, welcher vorläufig durch den Krieg am meisten betroffen wird. Auch hier haben wir geglaubt, nicht darauf verzichten zu sollen, solange wir das können — zurzeit können wir es noch! —, die Zinsen auch für die Kriegsschuld in den ordentlichen Etat einzustellen. Ich war der Meinung, daß wir auch in Kriegs⸗ zeiten nach Möglichkeit vermeiden müssen, auf die schiefe Ebene zu kommen, daß Schuldenzinsen wieder aus Schulden bezahlt werden. (Beifall.)
Wie sich nun die Verhältnisse bei der Reichsschuld späterhin gestalten werden, das hängt ganz und gar von dem Kriegsausgang und von den Friedensbedingungen ab. Wir werden nicht darauf verzichten können, und wir denken nicht daran, darauf zu verzichten, daß unsere Feinde — abgesehen von allem anderen — uns für den materiellen Schaden aufkommen müssen, den sie mit diesem frevelhaft angezettelten Kriege angerichtet haben. (Beifall und Zustimmung.)
Meine Herren, ich darf mir nicht versagen, das tote Gerippe des
Haushaltsentwurfs für 1915, das ich Ihnen bis jetzt vorgetragen habe,
mit etwas mehr Fleisch und Blut durch einige Mitteilungen darüber auszufüllen, wie sich der Reichshaushalt im laufenden Finanzjahr, von dem acht Monate in die Kriegszeit fallen, gestaltet hat. Aber ich will es kurz machen und genauere Angaben in der Budgetkommission geben, wenn solche gewünscht werden. Zunächst kann ich Ihnen mitteilen, daß die Rechnung für das zu Ende gehende Finanzjahr trotz des Krieges nicht mit einem Fehlbetrag, sondern voraussichtlich mit einem Ueberschuß abschließen wird. (Hört, hört! Bravo!) Nach den Januar⸗ ergebnissen, die bereits vorliegen, wird dieser Ueberschuß etwa 38 Millionen Mark betragen. Meine Herren, ich will Ihnen Ihre Freude nicht gern stören (Heiterkeit.), aber die Gewissenhaftigkeit er⸗ fordert, daß ich hinzusetze: der Ueberschuß ist ein rechnungsmäßiger (Heiterkeit), dessen Bedeutung sich nur nach den Faktoren beurteilen läßt, aus denen er sich ergibt. Diese Faktoren — ich nehme an, daß Sie das interessieren wird — sind die folgenden:
Die Einnahmen des ablaufenden Etatsjahres ergeben voraus⸗ chtlich ein Minus von 535 Millionen Mark, also von mehr als einer halben Milliarde. 3
Die fortdauernden Ausgaben zeigen gleichfalls ein Minus — also eine Ersparnis —, und zwar in Höhe von 561 Millionen Mark.
Die einmaligen Ausgaben bleiben mit 10 Millionen hinter dem Voranschlag zurück.
Ftase diesen Ziffern ergibt sich das rechnungsmäßige Schluß⸗
ltat, das ich vorhin nannte, der Ueberschuß von 38 Millionen Mark.
S Sie die Verteilung des Einnahmerückganges auf die wich⸗ tigsten Quellen interessiert: Der Ertrag der Zölle und Steuern ist um 176 Millionen Mark niedriger als im Voranschlag. Die Post zeigt einen Minderertrag ihres Ueberschusses gegenüber dem Vor⸗ anschlag von 129 Millionen Mark. Bei den Reichseisenbahnen be⸗ läuft sich der Ausfall auf 58 Millionen. Dazu kommt beim Wehr⸗ beitrag das erhebliche Minus von 175 Millionen, das in den Vor⸗ bemerkungen zum Etat Ihnen ja ausreichend begründet und er⸗ läutert ist. Dieser Fehlbetrag beruht hauptsaͤchlich darauf, daß die ur⸗ sprüngliche und, wie sie gezeigt hat, zutreffende Schätzung des Er⸗ gebnisses von einer Milliarde auf eine Milliarde 200 Millionen Mark erhöht worden ist. Diese Erhöhung hat sich leider nicht als Peeshefertnet erwiesen. 4
Die Ersparnis an fortdauernden Ausgaben in Höhe von 561 Millionen ist in sich ein kompliziertes Gebilde und geht natürlich in erster Linie darauf zurück, daß, wie bereits erwähnt, vom Tage der Mobilmachung, also vom 1. August an, der ordentliche Etat für die fortdauernden Ausgaben für Heer und Flotte überhaupt nicht mehr in Anspruch genommen worden ist. Daraus ergibt sich eine rechnungsmäßige Ersparnis von nahezu drei Viertel Milliarde.
Auch bei den Zivilressorts sind größere Ersparnisse erzielt worden, die in der Hauptsache darauf beruhen, daß ein großer Teil der Beamten unter den Waffen steht, und daß ihre Bezüge zum Teil infolge dieser Tatsache aus dem Kriegsfonds fließen.
Auf der anderen Seite ist bei den fortdauernden Ausgaben zu berücksichtigen, daß die Verzinsung der Reichsschuld gegenüber dem Voranschlag aus den Ihnen vorhin dargestellten Gründen einen er⸗ heblichen Mehrbetrag erfordert hat. Dadurch wird im Gesamtergebnis der ordentlichen Ausgaben die rechnungsmäßige Ersparnis auf 561 Millionen Mark herabgedrückt.
Diese Entwicklung des abgelaufenen Finan gibt uns einige Möglichkeit, eine Prognose zu stellen, wie sich d e Dinge im laufen⸗ den Finanzjahr bei Fortdauer des Krieges entwickeln werden. Wir dürfen annehmen, daß einmal die sicher gegenüber dem formalen Anschlag zu erwartenden Ausfälle in den Einnahmen einen teil⸗ weisen Ausgleich finden in Ersparnissen bei den Ausgaben, die in der alten Höhe eingestellt sind, und wir dürfen weiter erwarten, daß in den Betrag von 1200 Millionen Mark, der jetzt für den Schuldendienst eingesetzt ist, eine nicht unerhehliche stille Reserve liegt, die vielleicht ausreichen wird, um ießlich im Endergebnis die in Balance zu bringen.
Soweit sich also die Gestaltung der Reichsfinanzwirtschaft in dieser außerordentlichen Zeit überhaupt voraussehen läßt, glaube ich, annehmen zu dürfen, daß der Etat, wie wir ihn Ihnen vorgelegt haben, nicht nur äußerlich balanciert, sondern auch, immer in den Grenzen der Möglichkeit, ein inneres Gleichgewicht in sich selber trägt.
Meine Herren, daß ich Ihnen dieses Urteil aussprechen darf, und zwar auf Grund der Ergebnisse einer achtmonatlichen Kriegs⸗ zeit, zeigt Ihnen, wie solid die Fundamente sind, auf denen unsere Reichsfinanzwirtschaft beruht. Wir dürfen die Beruhigung in uns tragen, daß der Unterbau, den deutsche Arbeit, deutsche Intelligenz und deutsche Methoden geschaffen haben, selbst für eine Welt von Feinden schlechthin unzerstörbar ist. (Lebhaftes Bravo.)
Meine Herren, während die Friedensarbeit in Wirtschafts⸗ Finanzgebarung weiter geht, fordert der Krieg seine Rechte. 2 gigantische Ringen ohnegleichen in Weltgeschichte sprengt alle Formen und Maße, in denen wir bisher zu denken und zu rechnen gewohnt waren. Die Zahl der Riesenheere, die Verluste an Menschenleben, der Verbrauch an Material, die Zerstörung von Werten, der Kummer und das Herzeleid im ganzen Lande, vom Palast bis zur Hütte, aber auch der Opfermut und die Willenseinheit von ungezählten Millionen, — das alles sind Vorstellungen, an deren Weite und Tiefe die Menschheit sich erst gewöhnen muß.
Und nicht anders geht es uns mit dem materiellsten der Begriffe, mit dem Gelde.
Wir müssen heute mit Summen rechnen, die geradezu Schwindel erregen könnten. Der Jahresertrag mancher Finanzreform, und zwar nicht nur der kleinen, wird heute aufgebraucht durch die Kosten einer einzigen Kriegswoche. Ich habe versucht, mir ein Bild über die wöchentlichen Ausgaben der kriegführenden Großmächte zu machen und bin auf einen Betrag gekommen von ein einhalb Milliarden Mark. (Bewegung.) Ich muß es mir hier versagen, Ihnen genauere Ziffern über unsere eigenen Kriegskosten vorzutragen; das muß ich mir aus naheliegenden Gründen für die Budgetkommission vorbehalten. Ich möchte Sie deshalb bitten, sich damit zu begnügen, daß ich Ihnen sage: die verbündeten Regierungen sind genötigt, Sie zu ersuchen, zu den bereits bewilligten Krediten von zweimatl 5 Milliarden Mark dem im außerordentlichen Etat für 1915 geforderten weiteren Kriegs⸗ kredit von 10 Milliarden Mark Ihre Zustimmung zu erteilen, auf diese Weise die nötige finanzielle Bewegungsfreiheit für Weiterführung des Krieges bis zum Spätherbst zu sichern.
Meine Herren, wir sind durchdrungen von der Größe des Opfers und ven der schweren Belastung, die sich in der Ziffer von 10 Milliarden, wie sie niemals von einem Parlament der Welt verlangt worden ist, ausdrückt; aber wir sind ebenso stark durchdrungen von der Ueberzeugung, daß kein Opfer zu groß und keine Last zu schwer sein kann, wenn es sich um unser Ein und Alles, wenn es sich um den Bestand und die Größe unseres Vaterlandes handelt. (Bravo.)
So schwer die 10 Milliarden und aber 10 Milliarden wiegen, das schwerste Opfer sind sie leider nicht; das schwerste Opfer ist das gute deutsche Blut, das die Blüte unserer Jugend und Manneskraft draußen vor dem Feinde vergießt, ohne Murren und ohne Verzagen in der Selbst⸗ verständlichkeit einer heiligen Pflichterfüllung. (Lebhaftes Bravo.)
Meine Herren, vor diesem Opfermut können wir Daheimgebliebenen, denen es nicht vergönnt ist, mit den Brüdern draußen Not und Tod, Kampf und Sieg zu teilen, uns nur stillschweigend verneigen. (Bravo.) Wir können uns nur geloben, daß alles, was an uns liegt, geschehen soll und getragen werden soll, um den Helden draußen ihre Aufgabe und ihr Los zu erleichtern und die Früchte ihres Heldentums zu sichern. (Bravo.)
Meine Herren, das Geringste, was wir nach dieser Richtung tun können — und ich sage das als Leiter der Reichsfinanzverwaltung — ist die Bewilligung der Mittel, die für die Fortführung des Krieges unbedingt
otwendig sind. (Sehr richtig.)
Aber meine Herren, mit der Bewilligung allein ist es nicht getan. Ihr Beschluß, die 10 Milliarden zu bewilligen, legt die 10. Milliarden dem Deutschen Reich nicht als Ostergeschenk auf den Tisch des Hauses nieder. Ihre Bewilligung bedeutet, im Grunde genommen, nicht mehr als die Autorisation für die Regierung, den von Ihnen bewilligten Betrag im Anleihewege flüssig zu machen, und deshalb, meine Herren, möchte ich einen dringenden Appell an Sie richten: begnügen Sie sich nicht mit dem stolzen Gefühl, die Mittel bewilligt zu haben, beteiligen Sie sich auch an der Aufbringung, nicht nur nach Ihren eigenen finanim ellen Kräften —
as nehme ich als selbstverständlich an — sondern beteiligen Sie sich an 8 “ S.en daß Sie als gewählte Vertreter des deutschen Volkes in denjenigen Kreisen, die Ihnen ihr Vertrauen geschenkt haben,
irken für die weitestgehende, ausgiebigste Beteiligung an der neuen Kriegs⸗ anleihe, wirken im Sinne der Aufklärung dafür, wie sehr die Mitwirkung an der Aufbringung der für den Krieg erforderlichen Mittel eine patrioticche Pflicht ist, der sich niemand entziehen darf. (Bravo.) -
Besonderer Anlaß für diesen Appell ist die Tatsache, daß wir vor kurzem die zweite Kriegsanleihe aufgelegt haben, und daß der Termim für die Zeichnung auf diese Kriegsanleihe am 19. dieses Monates, also in relativ kurzer Zeit abläuft.
Die erste Kriegsanleihe vom vorigen September war, wie Sie alle wissen, ein Erfolg von ungeahnten Dimensionen. Sie hat rund 4 ½ Mil⸗ liarden gebracht, einen Betrag, der alle bisher dagewesenen Finanz⸗ operationen einschließlich der französischen Kriegsentschädigung 1871 in Schatten stellte. Meine Herren, wir hatten diesen Erfolg zu verdanken dem durch die zähe Arbeit des deutschen Volkes im raschen Fortschritte vermehrten Wohlstand, wir hatten ihn zu verdanken der opferwilligen Vater⸗ landsliebe aller Bevölkerungsschichten, der vorzüglichen Friedens⸗ und Kriegs⸗ organisation unseres Geld⸗ und Kreditwesens und der ausgezeichneten Leitung des ““ chäftes. Meine Herren, es ist mir hier ein Bedürf⸗ zu bekunden, welches unvergängliche Verdienst um unsere Kriegsbereit⸗ ft und speziel um die Führung des Anleihegeschäftes sich 1 Reichs ank u und insbesondere der Reichsbankpräsident erworben hat. (Lebhafter Beifall.) In jahrelanger zäher Arbeit hat der “ darauf Seie unser Kreditwesen krisen⸗ und kriegsfest zu machen. (Sehr richtig.) Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, daß der Reichs⸗ bankpräsident bei diesem Bestreben mitunter auf S und Be⸗ v— gestoßen ist, aber auch, daß er schließlich in der großen Linie Verständnis gefunden hat, Verständnis in dem Maße, daß ohne gesetzlichen Eingrif unsere deutsche Kreditorganisation in den gewaltigen Stürmen des Kriegs⸗ ausbruchs sich besser bewährt hat als diejenige irgendeines anderen Landes. (Zustimmung und Beifall.) Und dieses ruhige Sichbewähren in den ersten kritischen Wochen hat neben den unvergleichlichen Waffenerfolgen unserer Truppen nicht zum wenigsten dazu beigetragen, dem ganzen Volke das Gefühl des Vertrauens zu be das die wichtigste Voraussetzung für
1“ 1.“ EE1“ “
un D
8 2 9
nis W, 81
kie Durchführung dieses Völkerkrieges ist. (Zustimmung. Aber ber de Erfolg der ersten Kriegsanleihe ist nur ein erster Eine gewennene Schlacht ist noch kein gewonnener Feldzug. Sie brauchen nur den Betrag der ersten Kriegsanleihe, so 2 gewaltig er an sich war, im Ver⸗ hältnis zu den Krediten zu setzen, die Sie bereits bewilligt haben, und die wir weiter von Ihnen ve langen müssen, dann werden Sie 8 Not⸗ wendigkeit versteben, daß der zweite Appell an die deutschen Sparer und Kwpitalstten ausgiebigsten Widerhall finden muß. müssen Sie uns helfen.
Wir haben die Organisation, die im September für die erste Kriegs⸗ anleihe geschaffen worden ist und so vorzüglich funktionierte, jett r. Möglichkeit ausgebaut. Wir haben den Kreis der Zeichnungsstellen für die Kriegsanleihe wesentlich erweitert. Diesmal nehmen nicht nur Banken Versicherungsgesellschaften, Sparkassen usw. Zeichnungen für die Kriegs⸗ anleihe an, sondern auch die sämtlichen Kreditgenosse enschaften haben sich zur Verfügung gestellt, und an denjenigen kleineren Plätzen, an denen nicht
wenigstens eine Sparkasse besteht, stehen die Posta nstalten für die Zeich⸗ eins zur Verfügung. 88
Wir haben uns ferner mit den einzelnen Bundesregierungen in Ver⸗ bindung gesetzt, um durch die Werbearbeit von Gemeindevorstehern, von Geistlichen und von Lehrern die Aufklärung über die patriotische Pflicht, bei der Kriegsanleihe mitzuwirken, und über die finanziellen “ e, die die Kriegsanleihe den Zeichnern gewährt, in die breitesten Schichten der Be⸗ völkerung hineinzutragen. In ungezählten Exempl aren haben wir ein Pertölat verbreitet, das alles Wissenswerte über die Kriegsanleihe ent⸗ hält und, wie ich glaube, in allgemein verständlicher Weise auseinandersetzt.
Meine Herren, es gilt, dem ganzen Volke klar zu machen, daß dieser Krieg mehr als irgendeiner zuvor nicht nur mit Blut und mit Eisen, sondern auch mit Brot und mit Geld geführt wird. Für diesen Krieg ibt es nicht nur eine allgemeine Wehrpflicht, sondern auch eine allgemeine Sparpflicht und eine es ine Zahlpflicht. (Sebr richtig!) Keiner darf sich entziehen, auch der Kleinste nicht. Der Vers Shens der ““ Leben sei nisse
4 22 Dazu können und
nsmittel und der Mammonsknecht, der sich nicht von Erspar⸗
en trennen kann, ist um kein Haar besser als A. D vgas der sich seiner Wehrpflicht entzieht. (Zustimmung.) Wie es für das Heer auf jeden Arm ankommt, der noch die Büchse spannen kann, so brauchen wir ale. die großen und kleinen Ersparnisse. Niemand darf sich mit der billigen Ausrede oder Redensart entziehen: auf meine paar Groschen Ersparnisse kommt es boch nicht an. Es kommt auf jede Ersparnis an. Das deutsche Volk muß auch in dieser Beziehung leisten, was es irgend leisten kann. Ich wiederhole, auch unser Ruf, der Ruf der finanziellen Kriegsleitung, geht an alle, an Groß und Klein, und Schande über jeden, der sich aub stellt! (Beifall.)
Das akute Thema der Kriegsanleihe hat mich von dem Reickshaus⸗
altsetat auf ein weiteres Feld geführt, auf das große Schlachtfeld der
finanziellen Kriegsführung. Ich möchte Sie einladen, auf diesem Felde mit mir eine rasche Umschau zu halten, eine Umschau, die Sie in den Stand setzen soll, die materiellen Opfer, die das deutsche Volk bringen muß, einzustellen in den großen Zusammenhang der finanziellen Kriegs⸗ vorgänge, und ich hoffe, daß es mir auf diesem Wege gelingen wird, Ihnen wenigstens einen gefühlsmäßigen Maßstab für die finanziellen Größen⸗ verhältnisse zu geben, die sich der verstand Smäßigen Auffassung nahezu ent⸗ ziehen. Vor allem hoffe ich, daß Sie sich ütberzeugen: wenn jeder seine Pflc tut, kann uns auch auf diesem Felde der Sieg nicht fehlen.
Meine Herren, das Ausland hat lange die Augen vor unserem wirt⸗
schaftlichen und finanziellen Wachstum verschlossen. Vor allem die Nationen des alten Reichtums, Frankreich und England, sahen, bei allem
Respekt vor unserer militärischen Macht, auf unsere finanzielle Leistungs⸗ fähigkeit mit unverhohlener Geringschätzung herab. Noch im Jahre 1911, zur Zeit der Marokkokrisis, glaubten die Franzosen, durch die Zurückziehung ihrer Guthaben, deren Umfang sie in phantastischer Weise überschätzen, uns auf die Knie zwingen zu können. Sie haben uns damit ungemwollt die Gelegenheit gegeben, gewissermaßen eine Generalprobe unserer fir nanziellen Kriegsbereitschaft abzulegen. Die Generalprobe ist “ für uns aus⸗ gefallen; aber die Franzosen haben aus diesem Verfahren nichts gelernt. Sie blieben nicht nur bei ihrer Unterschätzung unserer und bei der Ueber⸗ schätung ihrer eigenen Finanzkraft, sondern sie bildeten sehr bald die für
französischen Ohren ebenso angenehme wie für den Weltfrieden ge⸗ fäbrliche Legende: nur die Gefahr des finanziellen Zusammenbruchs habe Deutschland damals vor einem Ueberfall auf Frankreich abgehalten. Das war die Meinung, der man in den Jahren nach der Marokkokrisis in Paris ungefähr überall begegnen konnte.
Auch England hat unsere wirtschaftliche und politische Leistungs⸗ fähigkeit zu gering veranschlagt. Die Kenntnis der Verhältnisse anderer war ja niemals Englands starke Seite. (Sehr richtig!) Mein britischer Kollege, Mister Lloyd George, der eine bilderreiche Sprache liebt, hat wenige Tage nach dem Kriegsausbruch das Wort von der „letzten Milliarde“ und von den „silbernen Kugeln“ gesprochen, mit denen⸗England den Krieg gewinnen werde. Meine Herren, da ich mich begreiflicherweise dafür interessiere, wie sich die Welt und nament⸗ lich wie sich dieser Krieg in den führenden Köpfen unserer Feinde malt, habe ich mir den Wortlaut dieser Rede von Lloyd George beschafft und etwas näher angesehen. Ich bin dabei, abgesehen von der selbst⸗ verständlichen Ueberzeugung von Englands unbedingter Ueberlegenheit
über die ganze Welt, auf eine Vorstellung des Krieges und auf eine
Geschichtsauffassung gestoßen, die ich glaube, diesem hohen Hause nicht vorenthalten zu sollen. Lloyd George sprach damals vor einer Dele⸗ gation der Grafschaften und der Munizipalitäten. Er machte den Herren begreiflich, daß sie den Kapitalmarkt jetzt nicht für ihre Be⸗ dürfnisse beanspruchen dürften, sondern ihn ausschließlich der Regie⸗ rung für die Kriegszwecke überlassen müßten. Sie sehen also, in diesem Punkte verfährt doch das stolze England genau so, wie wir in Deutsch⸗ land verfahren. Dann fuhr er fort — ich will das wörtlich verlesen:
Wir brauchen jeden Penny, um gegen den gemeinsamen Feind zu kämpfen, und unsere erste Sorge muß sein, zu gewinnen. Die ersten hundert Millionen kann der Feind so gut aufbringen wie wir, die letzten hundert Millionen hat der Feind, Gott sei Dank, nicht... (Heiterkeit.) Mit den silbernen Kugeln haben wir schon früher ge⸗ wonnen. (Heiterkeit.) Wir haben Europa finanziert in dem größten Kriege, den wir je durchgefochten haben, und das ist es, was den Krieg gewonnen hat. ... Meine Herren, das ist wörtlich übersetzt. Nur der Vollständigkeit sei hinzugefügt, daß Llood George auch bei dieser Gelegenheit auf die unerschütterte und unerschütterliche Herrschaft Englands über die See hinwies, die England nicht nur den eigenen Handel sichere, sondern England auch gestatte, einen guten Teil des Handels seiner Feinde sich anzueignen. Er setzte hinzu: Natürlich muß das Geschäft aufrechterhalten werden, denn das Geschäft ist immer nötig, um den Krieg in Gang zu halten. (Heiterkeit.) Also, meine Herren, Lloyd Keorg⸗ 1 stolz darauf, daß der größte Krieg, den
2 * 8 8 “
England bisher in seiner Geschichte zu führen hatte, nämlich der Krieg gegen Napoleon I., mit silbernen Kugeln gewonnen worden sei, und er hat die stolze Hoffnung, diesmal werde die durchschlagende Kraft der silbernen Kugeln abermals den Ausschlag zugunsten Englands geben.
Ich meine, Lord Wellington — von dem braden Marschall Vor⸗ wärts ganz zu schweigen — muß sich bei dieser Einschätzung seiner Taten durch einen seiner Epigonen im Grabe umdrehen. (Sehr richtig!) Nein, meine Herren, mit dem dicken Geldbeutel allein, auch wenn er mit allen Künsten der Subsidien und der Bestechung gehand⸗ habt wird, sind damals Schlachten nicht zu gewinnen gewesen, und heute sind sie damit erst recht nicht zu gewinnen. (Sehr richtig!) Die preußischen Grenadiere, die bei Waterloo zur rechten Zeit noch Wellingtons Truppen herausgehauen und damit Schlacht und Feldzug und Imperatorenschicksal entschieden haben, haben von silbernen Kugeln sicherlich nichts gewußt (Sehr richtig!), und unsere Zweiundvierziger und unsere Unterseeboote schießen auch nicht mit silbernen Kugeln (Heiterkeit), sondern mit gutem Stahl, der durch deutscher Hände Arbeit gewonnen und gehärtet ist. (Bravo!)
Ich kann nicht umhin zu sagen, die Aeußerungen meines briti⸗ schen Kollegen haben mir stärker als irgend ein anderes Wort der englischen Staatsmänner in dieser Zeit den Unterschied klargemacht, der zwischen englischer und deutscher Auffassung vom Krieg besteht. (Sehr gut!) Das bekannte Wort von Clausewitz: Der Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, muß in das Englische übersetzt werden: die Politik und der Krieg sind die Fortsetzung des Geschäfts mit anderen Mitteln. (Heiterkeit.) Die Engländer be⸗ trachten in der Tat den Krieg als ein Geschäft, das mit geschäfts⸗ mäßigen Mitteln und mit Gewaltmitteln, soweit es nötig ist, abzu⸗ wickeln ist. (Sehr richtig!) Der Deutsche dagegen sieht in dem Kriege die schwerste, aber auch die erk habendste Prüfung, die das Geschick einem Volk zuerteilen kann, eine Prüfung, die alle moralischen, intellektuellen und materiellen Kräfte auf den Plan ruft und auf das äußerste an⸗ spannt. Diese Auffassung, auf die wir unsere Zuversicht bauen, ist, glaube ich, ein festeres Fundament, als alles Gold und Silber der Welt. (Beifall.) Aber es ist gut, daß wir den Gegner kennen und wissen, auf welche Waffen er sein Vertrauen setzt; und noch besser ist, daß wir sicher sind, ihm mit seinen eigenen Waffen ausreichend dienen zu können. Diese felsenfeste Zuversicht möchte ich hier aus meiner innersten Ueberzeugung heraus mit allem Nachdruck und aller Ein⸗ dringlichkeit bekunden. (Bravo!) Diese Ueberzeugung stützt sich nicht nur auf die Entwicklung unserer Wirtschaft und unseres Wohlstands, sondern auch auf die Erfahrungen des bisherigen Kriegsverlaufs.
Sie wissen alle, daß die Entwicklung unseres Volksreichtums und unseres Volkseinkommens vor dem Kriege auf einem Punkt angelangt war, der uns gestattete, uns England gegenüber als gleichwertig, und Frankreich gegenüber als überlegen zu betrachten. Ich setze hinzu: Unsere vermögenbildende Kraft hat in den letzten Jahren vor dem Krieg diejenige der beiden Länder zweifellos übertroffen. Wenn unsere ausländischen Rivalen, ja wenn vielfach wir Deutschen selbst unsere Wohlstandsentwicklung nicht richtig und jedenfalls nicht voll einschätten, so lag das namentlich an folgenden zwei Punkten: Unser erarbeiteter und ersparter Kapitalzuwachs fand vor allem und in erster Linie lohnende Verwendung in der heimischen Volkswirtschaft.
Der Ausbau und die Modernisierung unserer deutschen Industrie stellte an den Kapitalmarkt Jahr füur Jahr ganz gewaltige Ansprüche. Halten Sie sich nur vor Augen, daß vor 12 Jahren noch unsere Pro⸗ duktion von Roheisen mit 10 Millionen Tonnen gerade die englische Produktion, die uns vorher überlegen war, erreicht hatte, und daß im Jahre vor dem Krieg, im Jahre 1913, unsere Roheisenproduktion mit rund 20 Millionen Tonnen die englische Produktion, die stabil ge⸗ blieben war, genau um das Doppelte übertraf! (Hört! hört!)
Aber auch die Landwirtschaft hat sich im Laufe der letzten Jahr⸗ zehnte in einer Weise rationalisiert und in einer gewissen Beziehung — möchte ich sagen — industrialisiert, daß ihre Erzeugung nicht nur mit dem starken Wachstum unserer Bevolkerung Schritt hielt, son⸗ dern auch — auf die gleiche Bodenfläche bezogen — einen erheblich größeren Ertrag lieferte, als die Landwirtschaft irgend eines der mit uns konkurrierenden von denen die meisten unter besse Bodenbedingungen und 8 sser n klimatischen Verhältnissen arbeiten als wir. (Hört! hört! und S richtig!) Unsere deutsche Landwirtschaft ist heute in der ganzen nicht nur unübertroffen, sondern auch unerreicht. (Bravo!)
Der Ausbau unserer Industrie und die Entwicklung unserer Land⸗ wirtschaft hat, wie gesagt, den weitaus größten Teil unseres fece Kapitalzuwachses gebunden. Es blieb mithin, da uns das Hemd näher ist als der Rock, für das Ausland nur ein relativ heschee Teil unserer jährlichen Ersparnis zur Verfügung. In welchem Maße das der Fall ist, werden Sie an wenigen Zahlen sehen, die ich Ihnen geben will. In den letzten 5 Jahren vor dem Krieg betrug der Anteil der öffentlichen Fusffionen. der auf auswärtige Anlagen kam, in Deutschland 15 %, in Frankreich 69 %. (Hört! hört!) Von den englischen Emissionen kamen 46 % auf ausländische Anlagen, 36 9% auf die Kolonien und nur 18 % auf inländische Anlagen. An dem Maßstab der Auslandsanlagen gemessen, sind wir allerdings ein armes Volk geblieben. e. Maßstab ist aber fast so falsch, wie wenn man den Vermögenszuwachs, die Wohlstandszunahme eines Mannes beurteilen wollte 18-e; dem äußerlichen Aufwand, den er treibt. Das Verhältnis ist oft genug ein umgekehrtes. (Zustimmung und Heiterkeit.)
Meine Herren, dieselbe Tatsache, von der ich eben sprach, die relativ geringe Menge verfügbaren Kapitals für Auslandszwecke, hat ihr Gegenstück in dem Verhalten des Geldmarktes im Innern. Der Geldmarkt war bei uns durch das starke Bedürfnis für die Entwick⸗ lung von Industrie, Landwirtschaft und Handel während der letzten Jahre stärker in Anspruch genommen als derjenige unserer auslän⸗ dischen Konkurrenten. Die zeitweise stürmische Aufwärtsbewegung hat gelegentlich zu Pressungen geführt, die das Ausland als einen Beweis unserer finanziellen Rückständigkeit und Schwäche ansah, während diese Pressungen in Wirklichkeit nur die Begleiterscheinungen einer inten⸗ siven Betätigung unserer Kräfte und schlimmstenfalls notwendige Wachstumskrankheiten waren. Wo wirklicher Kapitalszuwachs vor⸗ handen war, und wo äußerer Schein sich breit machte, das hat sich gerade in unserem Verhältnis zu Frankreich schon in den Monaten vor dem Ausbruch des Krieges mit aller Deutlichkeit gezeigt. Das hat sich gezeigt, als der französische Markt und die französische Bank⸗ welt unter dem Druck der aus Prestigesucht wahllos übernommenen Auslandswerte und unter der Wucht gewaltiger Verluste an leicht⸗
8
fertig. eingegangenen überseeischen E Güeehse spekulatiosten Charak ters in allen Fugen zu erzittern begannen.
Meine Herren, die Begleiterscheinungen des Kriegsausbruche und der bisherige Verlauf des Krieges haben denjenigen recht gegeben, die unser finanzielles Kräfteverhältnis gegenüber unseren Gegnern günstig bewerteten. Die vielen Jahre von Arbeit und Sm 8 haben bei uns Kräfte angesammelt, die durch die wohlvorbereitete O
ganisation der finanziellen Mobilmachung in der wirksamsten Weije
zur Geltung gebracht werden konnten. Wohl sahen wir, daß ebens wie in andern Ländern in den ersten Tagen der Bestürzung und der Beunruhigung, der Verwirrung und der Kopflosigkeit ein törichte Zurückhalten und Zurückziehen von Bargeld stattfand. Aber der wohlüberlegten Maßnahmen der Regierungen und der Behörden, de zielbewußten Eingreifen der Reichsbank, der sofortigen Errichtung der Darlehnskassen, dem ruhigen und selbstsicheren Verhalten der Geld institute, Banken und Sparkassen gelang es in der kürzesten Frist die Zahlungsmittelkrisis zu überwinden und im Geldverkehr Ver trauen und normale Verhältnisse wiederherzustellen. Wir hatten zu diesem Zweck nicht nötig, wie die Bank von England, den Diskont auf 10 % zu erhöhen, sondern sind mit 6 95 ausgekommen; wir hatter auch nicht nötig, wie die englische Regierung, nahezu eine Woche vorn sogenannten „Bankfeiertagen“ zu dekretieren, nur um die Bankwel vor der Zahlungseinstellung zu schützen; und wir hatten auch schließ lich nicht nötig, wie die anderen kriegführenden Staaten und di meist⸗ en übrigen Länder, ein allgemeines Moratorium zu erlassen, da sehr viel leichter eingeführt als wieder aus der Welt geschaff 8— hr richtig!) Auch unser Staatskredit hat sich wesentlich besser ge⸗ halten als derjenige Frankreichs, und auch besser als derjenige Eng lands. Die dreiprozentige frambistsch Rente ist seit Kriegsausbruch um 12 % und zeitweise b 15 % zurückgegangen, unsere deutsche Reichs⸗ anleihe nur um 51½ Auch die englischen Konsols haben einen Rückgang erfahren um 7 %. Aber hier kommt in Betracht, daß die englische Regierung Minimalkurse dekretiert hat, die im freien Ver kehr zeitweise um 3 % bis 4 256 “ worden sein sollen.
Wenn Sie 88 noch etwas x— ad berücksichtigen, da
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und die Baktankeiege bis jetzigen Weltkriege schließlich als gemeinsames Ganzes ansehen müssen, wenn Sie also das 1910 für diese
Durchschnittskurs der französischen Rente im Jahre 1910 war 98, derjenige der deutschen dreiprozentigen Reichsanleihe 84; die französischen dreiprozentigen standen also um volle 14 % höher als die deutsche Reichsanleihe. Und heute ist seit einiger Zeit die fran⸗ zösische dreiprozentige Rente unter den Kurs der deutschen Reich anleihe heruntergegangen. (Hört, hört!) Der ganz balofas Vor sprung der französischen Rente von 14 % 3 also im Laufe
ren gegangen zu unseren Gunste
mich nun in kurzen Iigen n, wie die bisherige des Krieges bei Freund u bsich abgewickelt hat.
3 ich zune schst ein Wort sagen 8n e Kriegskosten bei den einzelnen Staaten. unsere eigenen Kriegskosten sind Sie ungefähr im Bilde. Die näheren Mitteilungen habe ich mir fü die Bebetkamrulfion vorbehalten. Die Kriegskosten de bündeten Donaumona rchie blieben angesichts der geringeren Effe stärke der österreichisch⸗ungarischen Armee hinter den “ rigen zurück. Unser anderer Verbündeter, die Türkei, war stets dafür be⸗ kannt, daß sie es meisterhaft versteht, ihre Kriege mit einem Mindestmaß von finanziellem Aufwand zu führen. Natürlich geht es auch hier nicht ganz ohne Gelbd. Der Mitwirkung, die über die eigenen, im übrigen nicht zu unterschätzenden Hilfsmittel der Türkei hinaus notwendig ist, hat sich Deutschland niemals bisher entzogen und es wird sich dieser Mitwirkung auch weiterhin nicht entziehen. 1 Ich bin in den Angelegenheiten der finanziellen Kriegs
brung in Fühlung mit meinem Freunde Dschavid Bey, dem früheren en “ in .“ den die ottomanische 8. t mit ige hierhergesandt hat.
— 1 83 rieas r Polans Was nun die Kriegskosten unserer Feinde anbelngt
— 32 Ff 1
Stück unserer Verbün deten. Für sich allerdings die stärkste Last, aber
ri besstoste n Englar den letzten Monaten und Wochen
1 erfreuliche Aunabme üterkeit), daß sie jetzt wohl kaum
Die silbernen Kugeln müssen in
Centand “ mancherlei erseben i, was bei uns einer solchen Nach⸗
hilfe nicht bedarf. (Sehr gut ) vlso nach dem letzten Material, das
ich habe zusammenstellen lassen, stellen sich die englischen Kriegs⸗
kosten für die mit dem M Säes März ablaufenden acht Monate auf
nicht weniger oder auf kaum weniger als 9 Milliarden Sa. Dabei
haben die Engländer mit sehr kleinen Kriegskosten angefangen und
sind dann sehr rasch und sehr stark mit ihren Kriegskosten in die
Höhe gegangen. Sie sind heute auf einer täglichen Kriegsausgabe von
etwa 2 Millionen Pfund, d. b. von 40 Millionen Mark angelangt, und ich glaube, die 16 wird wohl bald überstiegen werden.
Ueber die Kriegskosten von Frankreich und Rußland ist mir
Zuverlässiges nicht bekannt, außer den gelegentlichen Mitteilungen, ie nicht dort in diesen Ländern, sondern im englischen Parlament gemacht worden sind. Aus einer Aeußerung des englischen Schatz⸗ kanzlers schließe ich, daß die Kriegskosten von Rußland und Frank⸗ reich zusammengenommen kaum geringer sind als die doppelten Kriegskosten Englands. Der Unterschied, der dort angedeutet wurde, ist nicht sehr erheblich. Wenn ich nun noch alle die Nebenkosten hinzunehme, die Kosten für die sogenannte belgische Regierung und die belgische Armee (Heiterkeit), für Serbien und Montenegro, so wird die Summe der täglichen Kriegskosten unserer Gegner eber jenseits als diesseits von 120 Millionen Mark pro Tag liegen. Das sind 3 Milliarden 600 Millionen Mark in einem einzigen Monat. (Bewegung.)
Sie werden sich nun fragen, auf welche Weise die kriegführenden Staaten bisher diesen gewaltigen Anforderungen gerecht geworden sind. Die Mittel der Finanzierung eines modernen Krieges sind im wesentlichen die folgenden: Erstens die Aufnahme von Anleihen, zweitens die Inanspruchnahme der Noten⸗ und Papiergeldpresse, drittens die Verminderung von Ausgaben und Kriegssteuern.
Lassen Sie mich mit der letzten Position beginnen.
Die laufenden Ausgaben eines geordneten Staatswesens stehen zum reit überwiegenden Teile durch gesetzliche Verpflichtungen des Staates und
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