Erlaß des Staatsministeriums, betreffend Anwendung des vereinfachten Ent⸗ eignungsverfahrens bei dem Unternehmen der Kultivierung von Oedländereien des Roten Luchs im Gutsbezirke Wüste Sieversdorf, Kreis Lebus. Vom 28. März 1915. Auf Grund des § 1 der Verordnung, betreffend ein ver⸗
einfachtes Enteignungsverfahren zur Beschaffung von Arbeits⸗ gelegenheit und zur Beschäftigung von Kriegsgefangenen, vom
11. September 1914 (Gesetzsamml. S. 159) wird bestimmt,
daß das vereinfachte Enteignungsverfahren nach den Vor⸗ schriften dieser Verordnung bei dem vom Provinzialverbande der Provinz Brandenburg auszuführenden, mit dem Ent⸗ eignungsrecht ausgestatteten Unternehmen der Kultivierung von Oedländereien des Roten Luchs im Gutsbezirke Wüste Sievers⸗ dorf, Kreis Lebus, stattfindet. 11“ 5 Berlin den 28. März 1915. Das Staatsministerium.
Delbrück. Beseler. von Breitenbach. von Trott zu Solz. Lentze. von Loebell.
1“
Sydow.
Freiherr von Schorlemer. von Jagow. Helfferich.
Auf Grund Allerhöchster Ermächtigung Seiner Majestät des Königs ist die Wahl des Direktors Dr. Adolf Menk an dem bisherigen Realprogymnasium in Arolsen zum Direktor des nunmehrigen Realgymnasiums daselbst durch das Staats⸗
ministerium bestätigt worden.
Ministerium des Königlichen Hauses.
Dem Fabrikbesitzer Heinrich Freese in Berlin⸗Nieder⸗ schönhausen ist das Prädikat eines Königlichen Hoflieferanten und
der Witwe Helene Frost, geb. Schenck, Inhaberin der Firma H. Frost & Söhne, in Berlin das Prädikat einer König⸗ lichen Hoflieferantin verliehen worden. 8
8 8
“
Justizministerium.
Versetzt sind: der Landgerichtsrat Dr. Dunkelberg in Stargard i. P. als Amtsgerichtsrat nach Ilfeld, der Land⸗ richter Dr. Kasemeyer in Bochum nach Hagen, der Amts⸗ richter von Dorrien in Kiel als Landrichter an das Land⸗ gericht daselbst und der Amtsrichter von Heemskerck in Schmiedeberg i. Schl. nach Altona.
In der Liste der Rechtsanwälte sind gelöscht die Rechts⸗ anwälte: Geheimer Justizrat Dr. Ludwig Cohn und Justizrat Rother bei dem Landgericht in Breslau, Justizrat Louis Cohn bei dem Kammergericht, Justizrat Braun bei dem Amtsgericht in Waldbröl, Dr. Feld bei dem Landgericht I in Berlin, Dr. Ulrich Schultze bei dem Amtsgericht in Spandau, Dr. Rust bei dem Amtsgericht in Bleckede und Northoff bei dem Amtsgericht in Hattingen.
Mit der Löschung des Rechtsanwalts Dr. Rust in der Rechtsanwaltsliste ist zugleich sein Amt als Notar erloschen.
In die Liste der Rechtsanwälte sind eingetragen: der
gechtsanwalt Dr. von der Trenck aus Potsdam bei dem Kamsnergekicht, der Gerichtsassessor Dr. Tomalla bei dem Amtsgericht in Kattowitz und der Gerichtsassessor Dr. Köpke bei dem Amtsgericht in Schenefeld.
Der Landgerichtsrat Schmidt in Görlitz und der Rechts⸗ anwalt, Justizrat Rath in Bonn sind gestorben.
Ministerium der öffentlichen Arbeiten.
Es sind verliehen etatsmäßige Stellen: für Mitglieder der Eisenbahndirektionen den Regierungsräten Brewer in Essen und Scherff in Königsberg (Pr.), dem Eisenbahndirektor
Poelmann in Kattowitz sowie den Regierungsbaumeistern des Eisenbahnbaufachs Meinecke in Berlin und Pieper in Cöln;
für Vorstände der Eisenbahnbetriebsämter den Regierungs⸗ baumeistern des Eisenbahnbaufachs Wirth in Nauen, Albert Eggert in Cöln, Paul Schroeder in Luckenwalde und Jaehn in Gnesen;
für Vorstände der Eisenbahn⸗Werkstätten⸗ usw. ämter den Regierungsbaumeistern des Maschinenbaufachs Max Wedell in Oberhausen und Sußmann in Bromberg;
für Regierungsbaumeister den Regierungsbaumeistern des Eisenbahnbaufachs Emil Ham mer in Kattowitz, Willy Wolff in Cöln, Brieskorn in Breslau, Walter Hartmann in Frankfurt (Main), Scheunemann in Kattowitz, Blunck in Berlin und Martens in Ahrweiler sowie den Regierungs⸗ baumeistern des Maschinenbaufachs Streuber in Duisburg und Mertz in Berlin.
Dem Regierungs⸗ und Baurat Moormann in Münster i. W. ist die hochbautechnische Ratsstelle bei der dortigen Regierung und dem Regierungsbaumeister Paffendorf in Münster i. W. die Stelle des Vorstandes des Hochbauamts I daselbst übertragen worden.
Die Geheimen Bauräte Mau in Danzig und Haus⸗ mann in Münster i. W. sind in den Ruhestand getreten.
Ministerium für Handel und Gewerbe.
Dem Lehrer der Handwerker⸗ und Kunstgewerbeschule Paul Brandes in Breslau ist der Charakter als Professor verliehen worden. ““ 11.“
8
Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 20 der Preußischen Gesetzsammlung enthält unter Nr. 11 415 das Gesetz über die Niederschlagung von Unter⸗ suchungen gegen Kriegsteilnehmer, vom 4. April 1915, und unter Nr. 11 416 einen Erlaß des Staatsministeriums, betreffend Anwendung des vereinfachten Enteignungsverfahrens bei dem Unternehmen der Kultivierung von Oedländereien des Roten Luchs im Gutsbezirke Wüste Sieversdorf, Kreis Lebus, vom 28. März 1915. 8 8 Berlin W. 9, den 9. April 1915. Königliches Gesetzsammlungsamt.
Seine Erzellenz der Staatsminister und Minister der öffent⸗ lichen Arbeiten von Breitenbach von Dienstreisen;
Seine Exzellenz der Staatssekretär des Reichsschatzamts, Staatsminister Dr. Helfferich.
Preußen. Berlin, 10. April 1915.
Ihre Majestät die Königin von Schweden ist, wie meldet, gestern abend über Kopenhagen hier ein⸗
111“ 8
Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Handel und Verkehr und für Zoll⸗ und Steuerwesen, die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Justizwesen sowie die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Rechnungswesen hielten heute Sitzungen.
8 “
Am 1. April 1915 befanden sich laut Meldung des „W. T. B.“ insgesamt 812 808 Offiziere und Mannschaften in deutscher Gefangenschaft, und zwar:
Franzosen: Offiziere und sonstige im Offiziersrange stehende Personen.... “ 8 Russen: Offiziere us... 14“ Belgier: Offiziere usw... Mannschaften 1X“ EFngländer: Offiziere usw.. 4“
3 868 238 496 504 210
647 39 620 520
20 307.
Die Nr. 3 der „Amtlichen Nachrichten des Reichs⸗ versicherungsamts“ vom 15. März 1915 enthält im Amtlichen Teil unter A (Allgemeines) den Abdruck eines Runderlasses des Reichskanzlers vom 6. August 1914 an alle Kaiserlichen Missionen und Konsularbehörden über die Be⸗ achtung der Anordnungen für unfallrentenberechtigte Inländer, die sich im Ausland aufhalten, sowie über die Mitwirkung der Kaiserlichen Vertretungen im Ausland bei der Durchführung der Reichsversicherungsordnung.
Unter B (Unfallversicherung) folgen 1
ein Randschreiben des Amtes vom 16. Dezember 1914 an die Träger der Unfallversicherung über die Führung von Verletztenrenten⸗ zählkarten, eine Bekanntmachung des Amtes vom 13. Januar 1915 über das Verzeichnis der für leistungsfähig erklärten Gemeindeverbände, für die nicht das Reichsversicherungsamt, sondern ein Landes’ versicherungsamt zuständig ist, nach dem Stande vom 1. Januar 1915.
Sieran schließen sich Rekursentscheidungen (2772 bis 2778]⁄*), eine Entscheidung des Beschlußsenats (2779) und 1 Entschziungen (2780 bis 2784) über folgende Gegen⸗ tände: 1
„Ein Unfallverletzter hat grundsätzlich auch Anspruch auf Ent⸗ schädigung für ein Leiden, das dadurch herbeig⸗führt worden ist, daß fut sch 7gs eigener Entschließung einer Heilbehandlung unterzogen hat [2772]; 8
Die Eintragung eines Betriebs im Betriebsverzeichnis, die im Einverständnis aller Beteiligten, auch des Unternehmers, erfolgt ist, hat die Vermutung der Richtigkeit für sich; bei einem Streite über die Richtigkeit aus Anlaß eines Unfalls muß also der Gegenbeweis geführt werden, wenn eine andere Berufsgenossenschaft als zuständig in Anspruch genommen werden soll; der Unternehmer selbst und seine Hinterbliebenen haben, auch wenn dieser Beweis gelingt, nicht das Recht, die sachlich zuständige Berufsgenossenschaft in Anspruch zu nehmen 12773];
Die Entscheidung über die Berufung gegen einen förmlichen Bescheid der Berusegenossenschaft darf von dem Oberversicherungsamt nicht unter Hinweis auf das Verfahren nach § 1736 der Reichs⸗ versicherungsordnung abgelehnt werden [2774];
Der Vorsitzende des Oberversicherungsamts ist befugt, durch Vor⸗ entscheidung eine Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen [2775]; „Besteht kein Anspruch auf Entschädigung, weil die Erwerbs⸗ fähigkeit des Verletzten nicht beeinträchtigt ist, so steht grundsätzlich weder dem Verletzten ein Anspruch auf Feststellung der abstrakten Entschädigungspflicht der Berufsgenossenschaft, noch dieser ein An⸗ spruch auf Feststellung des Nichtbestehens ihrer abstrakten Ent⸗ schädigungspflicht zu 12776];
Der Returs über eine Rente für vorübergegangene Erwerbs⸗ unfähigkeit ist ausgeschlossen trotz unzulässiger Verurteilung einer bei⸗ geladenen, schon rechte kräftig befreiten Berufsgenossenschaft durch das Oberversicherungsamt (§§ 1687, 1703, 1700 Nr. 2 der Reichsver⸗ sicherungsordnung) [2777; —
Die Bezeichnung der Rente als „vorläufig“ nur in den Gründen des Urteils des Oberversicherungsamts ist rechts unwirksam und schließt auch in Verbindung mit dem am Ende des Urteils stehenden Ver⸗ merk „diese Entscheidung ist gemäß § 1700 der Reichsversicherungs⸗ ordnung endgültig“ den Rekurs nicht aus 12778];
Die für einen einheitlichen Eigenbau während mehrerer aufein⸗ anderfolgender Monate aus Unkenntnis der gesetzlichen Vorschriften unterlassene Einreichung von Lohnnachweisungen (§ 24 des Bau⸗ Unfallversicherungsgesetzes, § 799 der Reicheversicherungsordnung) bildet nur eine fortgesetzte Unterlassungshandlung und kann daher nur mit einer Strafe (§ 45 Abs. 2 des Bau⸗Unfallversicherungsgesetzes in Verbindung mit § 147 des Gewerbe⸗Unfallversicherungsgesetzes, § 909 der Reichsversicherungsordnung) belegt werden [2779];
Die Fahrzeughaltung eines Arztes ist versicherungspflichtig, wenn dabei nur eine sonst im Haushalt beschäftigte Arbeitskraft zur Reinigung und Instandhaltung der Lampen des Kraftfahrzeugs ver⸗ wendet wird [2780];
Besitzt ein Unternehmer an einem Orte oder an verschiedenen Orten eines Bezirks mehrere Ladengeschäfte, so kann ein einheitlicher Betrieb angenommen werden, wenn zwischen den einzelnen Geschäften bei der Behandlung und Handhabung der Ware ein wutschaftlicher und betriebstechni cher Zusammenhang besteht; dieser Zusammenhang wird bis zum Beweise des Gegenteils vermutet [2781];
Mitglieder des Aufsichtsrats eieer Aktiengesellschaft, die mindestens fünf Jahre lang Betriebsunternehmer waren, können zwar Mitglieder des Vorstands der Berufsgenossenschaft, nicht aber Vertreter in der Genossenschaftsversammlung sein [2782];
Die entsprechende Anwendung des § 14 Abs. 4 der Muster⸗ satzung für gewerbliche Berufsgenossenschaften (Amtliche Nachrichten des R. V. A. 1912 S. 577 ff.), die § 26 Abs. 1 Satz 2 a. a. O.
*) Die neben den einzelnen Entscheidungen stehenden einge⸗ klammerten Zahlen geben die Ziffer an, unter welcher diese in den „Amtlichen Nachrichten“ veröffentlicht sind.
8 8
vorschreibt, bezieht sich nicht auf die Anordnung, daß die Ersatzmänner denselben Vertretungskreisen angehören sollen wie die Mitglieder des Sektionsvorstandes [2783];
Die Vorschriften des Arlikel I § 6 des Reichsgesetzes vom 15. Juli 1909 über die Umwandlung der Entschädigungslasten des Jahres 1909 in eine schwebende Schuld finden auch bezüglich des Betrags Anwendung, den ein Versicherungsträger infolge Auftrags für einen anderen Versicherungsträger an Entschädigungsleistungen im Jahre 1909 zur Zahlung an die Post angewiesen hat, und zwar zugunsten des Versicherungsträgers, für dessen Rechnung die Zahlung erfolgt war [2784].
Der Abschnitt C (Kranken⸗, Invaliden⸗ und Hinter⸗ bliebenenversicherung) bringt die Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 23. Mai 1914 über die Zuweisung von Versicherten an die Landkrankenkassen gemäß § 236 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung und vom 28. Januar 1915 über Krankenversicherung und Wochenhilfe während des Krieges, ferner das Rundschreiben vom 4. Februar 1915 über die bis Ende 1914 festgesetzten Renten und sonstigen Bezüge und ein Verzeichnis der vom Reichsversicherungsamt auf Grund des § 514 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung zugelassenen Ersatzkassen, für die bis zum 1. Februar 1915 eine Anordnung nach § 518 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung ergangen ist. Es folgen 16 Revisionsentscheidungen mit nachstehenden Leitsätzen.
Ansprüche aus § 50 des Krankenversicherungsgesetzes, die vor dem 1. Januar 1914 entstanden sind, bleiben auch nach diesem Zeitpunkt erhalten. Sie sind, wenn darüber vor dem 1. Januar 1914 die Auf⸗ sichtsbehörde noch nicht ensschieden hat, nach der Reichsversicherungs⸗ ordnung im Beschlußverfahren zu erledigen [1951];*)
Die Bestimmung der Satzung einer Krankenkasse, daß die Kasse für größere Heilmittel einen Zuschuß gewähren darf (§ 193 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung), gibt den Versicherten keinen Rechts⸗ anspruch auf den Zuschuß 11952];
Der aus der Pflichtversicherung erwachsende Anspruch auf Sterbe⸗ geld (§ 202 der Reicheversicherungsordnung) wird durch die Weiterver⸗ sicherung nicht beeinträchtigt [1953];
Hebammen können ihre Ansprüche wegen Hebammendienste (§ 205 Nr. 2, § 198 der Reichsversicherungsordnung) aus eigenem Rechte nicht im Feststellungsverfahren nach §§ 1636 ff. a. a. O. verfolgen [1954];
Die Voraussetzung des § 214 der Reichsversicherungsordnung, daß ein wegen Erwerbslosigkeit Ausgeschiedener unmittelbar vorber mindestens sechs Wochen versichert war, liegt nicht vor, wenn das Arbeitsverhältnis infolge ungerechtfertigter Entlassung für vier bis fünf Tage unterbrochen war [1955];
Eine nach § 169 der Reichsversicherungsordnung versicherungefrei gewordene Person kann sich nach § 313 der Reichsversicherungsordnung weiterversichern [1956];
1) Der Vorsitzende des Versischerungsamts kann auch in den Fällen des § 1661 der Reichsversicherungsordnung eine Vorentschei⸗ dung nach § 1657 a. a. O erlassen. b2) Das nach der Satzung der Krankenkassen zu zahlende besondere Krankengeld (§ 194 Nr. 2 der Reichsversicherungsordnung, § I Ziffer 3 des Krankenversicherungsgesetzes) — das sogenannte Taschen⸗ geld — ist im Falle des § 573 der Reichsversicherungsordnung in dem
gleichen Verhältnis zu erhöhen, in dem das gewöhnliche Krankengeld
zu erhöhen wäre. .
3) Die Bekanntmachung des Reichsversicherungsamts vom 30. Sep⸗ tember 1885 (Amtliche Nachrichten des R. V A. 1885 S. 283) ist am 1. Januar 1913 mit dem § 12 des Gewerbe⸗Unfallversicherungsgesetzes außer Kraft vetreten [1957];
Ansprüche des Vemetzten gegen den Unternehmer aus § 577 der Reichsversicherungsordnung sind Leistungsansprüche, über die im Fest⸗ stellungeverfahren nach §§ 1636 ff. der Reichsversicherungsordnung fu entscheiden ist (§ 1551 Abs. 2 a. a. O.); sie sind keine Ersatzansprüche im Sinne der §§ 585, 1771 ff. der Reichsversicherungsordnung. Ent⸗ hält eine über einen solchen Anspruch ergangene Vorentscheidung des Vorsitzenden der Spruchkammer des Oberversicherungsamts den Hinweis, daß gegen sie nur die Revision an das Reichsversicherungsamt zulässig sei, so liegt darin ein auf Nichtanwendung der §8 1658, 1679 der Reichsversicherungsordnung und auf unrichtiger Anwendung des § 1776 a. a. O beruhender wesentlicher Mangel des Verfahrens, der in der Revisionsi stanz zur Aufhebung der angefochtenen Vor⸗ entscheidung führen muß [1958])=;
Ersatzansprüche aus den §§ 573 bis 577 und 579 der Reichs⸗ versicherungsordnung (zu vergleichen § 585 a. a. O.) sind nicht revisionsfähig [1959];
1) Im preußischen Verwaltungsstreitverfahren auf Grund des
Gesetzes über, die Allgemeine Landekverwaltung vom 30. Jult 1883 wicd die Rechtshängigkeit einer Streitsache durch Einreichung der Klageschrift bei dem zuständigen Gerichte bewirkt, also nicht sch durch einen gemäß § 58 des genannten Gesetzes ergehenden, das z ständige Verwaltungsgericht bestimmenden Beschluß des Oberverwa tungsgerichts.
2) Der Ersatzanspruch der in § 25 des Gewerbe⸗Unfallversiche⸗ rungsgesetzes genaunten Kassen usw. hatte im Gegensatze zu § 150 der Reichsversicherungsordnung nicht zur Voraussetzung, daß die zu Ersatz in Anspruch genommene Unfallrente auf dieselbe Zeit fiel, f welche die zu ersetzende Unterstützung zu gewähren war. Bei Unfa renten von wechselnder Höhe konnten daher für zunächst ungede gebliebene Teile der Ersatzforderung später freiwerdende Rentenbeträ in Anspruch genommen werden. Nach dem 1. Januar 1913 fällte werdende Unfallrentenbeträge können jedoch zum nachträglichen Ersa auch dann nicht herangezogen werden, wenn der Ersatzanspruch berei nnter 8er Herrschaft des Gewerbe⸗Unfallversicherungsgesetzes entstand 1 8 8
1) Hat eine Berufsgenossenschaft das Heilverfahren gemäß § 15 der Reichsversicherungsordnung übernommen, f Arzt bestimmen, von dem sich der Kranke behandeln lassen mu Der Kranke hat in diesem Falle nicht das Recht der freien Arztwaͤhl⸗
2) Hat der Kranke der Anordnung der Berufsgenossenschaft zu wider sich von einem anderen Arzt behandeln lassen, so kann er die Kosten für diesen Arzt von der Berufsgenossenschaft nicht erstat verlangen. Dagegen hat die letztere kein Recht, dem Kranken für d Zeit, während der er sich von dem anderen Arzte hat behande lassen, das Krankengeld einzubehalten. Die Vorschrift des § 606 der findet keine entsprechende Anwendung
Bei Ersatzansprüchen nach dem Fünften Buche der Reichsver sicherungsordnung, insbesondere bet Ansprüchen der Versicherungsanstalt gegen die Krankenkasse nach § 1518 Abs. 2 a. a. O. können keine Zinsen gefordert werden 11962];
Hat ein Armenverband eine in armenrechtlichem Sinne hilfs⸗ bedürftige Person durch Gewährung von Kur und Verpflegung in einer Heilanstalt unterstützt, so wird der Ersatzanspruch des Armen⸗ verbandes gegen die Krankenkasse nach § 1531 der Reichsversicherungs⸗ ordnung nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Aufnahme in die Heil⸗ anstalt auch wegen Gemeingefährlichkeit der Person angeordnet worde ist [1963];
Der Umstand, daß der bei den Akten des Versicherungsträgers
hefindliche Bescheid nicht unterschrieben ist, stellt keinen wesentlich Mangel des Verfahrens dar, wenn der dem Kläger zugestellte Besch ordnungemäßig unterschrieben ist und aus den Akten sich ergibt, daßt die Erteilung des Bescheids von den dazu berufenen Personen be⸗ schlossen worden war [1964];
Der in der Revistonsentscheidung 1833 (Amtliche Nachrichten der R. V. A. 1914 S. 499) ausgesprochene Grundsatz findet auch auf d Vorsitzenden des Versicherungsamts und auch auf Krankenversicherung sachen Anwendung (1965]; 1
Bei Ansprüchen auf Leistungen der Krankenversicherung ist de Revision stets zulässig, wenn es sich um Unterstützungsfälle handelt,
so kann sie selbst den
in denen der Kranke mindestens acht Wochen arbeitsunfähig gewesen ist; die Revision ist deshalb auch dann nicht ausgeschlossen, wenn in solchen Fällen der streitige Anspruch einen Zeitraum von weniger als acht Wochen umfaßt (§ 1695 Nr. 2 der Reichsversicherungsordnung) [1966]. b 3¹
Durch Entscheidungen der Beschlußsenate sind folgende Grundsätze aufgestellt worden:
Die nach §§ 13 Abf 2 und 14 Abs. 2 Satz 1 der Reichsversiche⸗ rungsordnung den Arbeitgebern gleichgestellten Personen können nur in der Gruppe der Arbeitgeber zu den Organen der Krankenkasse gewählt werden [1967]; —
Die Freisprechung des Vorstandsmitglieds einer Krankenkasse, gegen das wegen eines im § 12 der Reichsversicherungsordnung er⸗ wähnten Vergehens das Hauptverfahren eröffnet und das deshalb vom Versicherungsamte nach § 24 a. a. O. seines Amtes enthoben wurde, ist im Beschwerdeverfahren von dem Oberversicherungsamte zu berücksichtigen und kann zur Aufhebung des Enthebungsbeschlusses des Versicherungsamts führen [1968];
Kriegsteilnehmer, an deren Angehörige der Arbeitgeber einen Teil ihres bisherigen Gehalts wäbrend des Krieges weiterzahlt, unterliegen nicht der Krankenversicherung [1969]; 1
In die Anmeldevordrucke (§ 317 der Reichsversicherungsordnung) darf keine Frage aufgenommen werden, ob der Versicherungspflichtige Mitglied einer Ersatzkasse ist und ob er den Antrag auf Ruhen der Rechte und Pflichten bei der Pflichtkasse nach § 517 der Reichs⸗ versicherungsordnung stellen will [1970]:
1) Die — rechtskräftig verfügte — Ablehnung einer von dem zuständigen Kassenorgane beschlossenen Satzungsänderung kann in einem späteren, eine Beitragsstreitigkeit betreffenden Verfahren nicht mehr bemängelt werden.
) Inhalt und Umfang des Aufsichtsrechts des Versicherungsamts bestimmen sich auch gegenüber einer geschlossenen, bis zur Abwicklung der Geschäfte als fortbestehend geltenden Kasse nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung, nicht nach den des Krankenversiche⸗ rungsgesetzes. 1 “ 8
3) Eine Weigerung im Sinne von § 379 Abs. 2 der Reichs⸗ persicherungsordnung kann unter Umständen dann angenommen werden, wenn das betreffende Kassenorgan zur Ausführung des ihm obliegenden Geschäfts offenbar ungeeignet ist [1971];
Rechte und Pflichten des Vorsitzenden des Vorstands einer Krankenkasse, die in der Satzung geregelt sind, können nicht durch Beschluß des Ausschusses, sondern nur durch eine Satzungsänderung geändert werden 11972 „
Bei Betriebskrankenkassen sind die für die Ueberwachung der Kranken erforderlichen Personen (Krankenkontrolleure) auf Kosten des Arbeitgebers zu bestellen [1973]; b 1
Gegen Entscheidungen der Aufsichtsbehörde, die sich gegen den Ausschuß der Krankenkasse richten, steht dem Vorsitzenden des Aus⸗ schusses ein Beschwerderecht zu [1974];
Die Verteilung eines Kassenbeitrags durch das Versicherungs⸗ amt gemäß § 396 Abs. 2 der Reichsvpersicherungsordnung ist auch gegenüber der Krankenkasse wirksam [1975]1 8
Ueber den Antrag des Arbeitgebers auf Ermäßigung der Kassen⸗ beiträge nach § 420 der Reichsversicherungsordnung entscheidet das Oberversicherungsamt — auf weitere Beschwerde — endgültig (1976];
Zu den Dienstboten, die durch Bekanntmachung des Senats der
freien Hansestadt Bremen vom 30. Dezember 1913 nach § 440 der Reichsversicherungsordnung für versicherungsfrei erklärt worden sind, gehören auch die in der Landwirtschaft beschäftigten Dienstboten 1977]; — Die versicherungspflichtigen Mitglieder der früheren einge⸗ schriebenen Hilfskassen, die vom 1. Januar 1914 ab noch nicht als Ersatzkassen zugelassen sind, sind bis zum 30. Juni 1914 oder bis zur früheren Zulassung der Kasse als Ersatzkasse von der Verpflichtung, einer öPflichtkasse anzugehören, befreit [1978]; 4
Ueber die Ablehnung des Vorsitzenden des Spruchausschusses ent⸗ scheidet das Oberversicherungsamt gemäß § 1646 Satz 2, 1780 der Reichsversicherungsordnung im Beschlußverfahren [1979];
Gegen eine nach § 405 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung als endgültig bezeichnete Entscheidung des Oberversicherungsamts ist weitere Beschwerde nach § 1797 der Reichsversicherungsordnung zu⸗ lässig, wenn die Entscheidung nach ihrem Inhalt nicht ausschließlich einen der im § 405 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung erwähnten Streitgegenstände betrifft.
Wenn in einem im Spruchverfahren zu entscheidenden Streite über eine Leistungspflicht einer Kasse die Versicherungspflicht einer Person streitig wird, so ist hierüber in dem anhängigen Verfahren, nicht gesondert, nach § 405 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung zu entscheiden [1980].
Unter der Ueberschrift „Andere Entscheidungen“ finden sich · folgende Grundsätze:
Hausgeld (§ 1271 der Reichsversicherungsordnung) ist nicht zu gewähren, wenn der Versicherte zum Unterhalte der Angehörigen nicht mehr als die Hälfte aus seinem Arbeitsverdienste beigetragen hat [1981]; die ein Versicherungsamt einer Partei für ihr ohne gesetzlichen Grund angeordnetes persönliches Erscheinen erstattet, sind nicht erstattungspflichtige Barauslagen im Sinne des § 59 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung [1982]; 1
1) Die Rückforderung von Pflichtbeiträgen auf Grund des § 1446 der Reichsversicherungsordnung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Versicherte sich bei der Durchführung eines abgewiesenen Renten⸗ anspruchs auf diese Beiträge als auf freiwillig geleistete gestützt hat.
2) Irrtümliche Annahme der Versicherungspflicht liegt schon dann vor, wenn die Beteiligten der Meinung waren, zur Verwendung von Beiträgen verpflichtet zu sein [1983]; 8
Der Bescheid 1984 behandelt die Frage, bei welcher Anstalt sind die von der Heeresverwaltung in dem besetzten feindlichen Ausland beschäftigten inländischen Arbeiter zu versichern? und der Bescheid 1985 betrifft die Wochenhilfe während des Krieges.
Den Schluß bilden die Uebersichten über Zahlungen aus In⸗ validen⸗, Kranken⸗, Alters⸗ und Zusatzrenten und über Versicherungs⸗ leistungen an Hinterbliebene der 31. Versicherungsanstalten in den Monaten November und Dezember 1914 und über den Erlös aus Beitragsmarken in den Monaten Dezember 1914 und Januar 1915.
Der Nichtamtliche Teil enthält die Anzeige zweier Schriften: 1 1
1) „Kriegskrüppelfürsorge. Ein Aufklärungswort zum Troste und zur Mahnung“ von Professor Dr. Konrad Biesalski in Berlin⸗ Zehlendorf, erschtenen im Veclage von Leopold Voß, Leipzig und Hamburg 1915,
2) „So sollt ihr leben in der Kriegszeit“ von Professor Dr. Martin Faßbender, erschienen im Verlage der Herder'schen Buch handlung, Freiburg t. Br. 1915. u“
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Der heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ liegen die Ausgaben 443 und 444 ber Deutschen Verlust⸗ listen bei. Sie enthalten die 195. Verlustliste der preußischen Armee, die 171. Verlustliste der bayerischen Armee und die 155. Verlustliste der württembergischen Armee.
Württemberg.
Die württembergische Staatsschuld betrug, wie „W. T. B.“ meldet, nach einer Bekanntmachung des Finanz⸗ ministeriums am 31. März 1914 insgesamt 646 729 014,29 ℳ. Bei Vergleichung mit dem Stande vom 31. März 1913 ergibt sich eine Vermehrung der Staatsschuld von 23 743 928,57 ℳ.
Der Staatssekretär des Reichsschatzamts, Staatsminister Dr. Helfferich, der vorgestern abend in Darmstadt ein⸗ getroffen ist, wurde gestern mittag, wie „W. T. B.“ meldet, von Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog empfangen und stattete Abends dem Staatsminister von Ewald einen Besuch ab.
— Elsaß⸗Lothringen.
Der Kaiserliche Statthalter Dr. von Dallwitz hatte für gestern abend Einladungen zu Ehren der Zweiten Kammer des Landtages ergehen lassen. Zahlreiche Ab⸗ geordnete hatten der Einladung Folge geleistet. Außer ihnen waren anwesend der Staatssekretär Graf von Roedern, die Unterstaatssekretäre Koehler, Freiherr von Stein, Dr. Frenken, Ministerialdirektor Cronau und andere Regierungskommissare sowie Vertreter der Presse. In seiner Ansprache führte der Kaiserliche Statthalter nach begrüßenden Worten und einem kurzen Rückblick auf die jüngst vergangenen großen Ereignisse laut Be⸗ richt des „W. T. B.“ u. a. aus:
Mit freudigem Stolz und dankerfülltem Herzen gegen Gott können wir zurückblicken auf den bisherigen, durch unvergängliche Heldentaten unserer ruhmgekrönten Heere gekennzeichneten Ver⸗ lauf des Krieges, wenn er auch einzelnen Teilen des Elsaß und des Lothringer Landes, denen die ersten Angriffe des westlichen Feindes galten, überaus schmerzliche Wunden geschlagen und be⸗ sonders schwere Opfer und Lasten auferlegt hat. Aber ganz abgesehen von den eigentlichen kriegerischen Ereignissen, hat der Krieg innerhalb unserer engeren Landesgrenzen in rascher Folge erfreuliche wie unerfreuliche Erscheinungen mancherlei Art ge⸗ zeitigt. Zu den ersteren zähle ich den glatten und ordnungsmäßigen Verlauf der Mobilmachung — selbst in den der feindlichen Grenze nächst gelegenen Bezirken und namentlich den freiwilligen Eintritt so mancher vaterlandsliebender und opferfreudiger Jünglinge in das deutsche Heer, wenn auch die seinerzeit hierüber von einzelnen Zeitungen gebrachten Zahlen ganz willkürlich gegriffen waren. Andererseits bedauere ich auch, so ungeheuerliche Vorkommnisse nicht unerwähnt lassen zu können, wie sie durch die Namen Weill und Wetterlé und andere mehr zur Genüge gekennzeichnet sind, weil sie ein Zeichen sind der Verwirrung, die in manchen Köpfen angerichtet worden ist durch die vor dem Krieg viel⸗ fach beliebte Spielerei mit dem absonderlichen und geradezu grotesken Gedanken einer sogenannten „Doppelkultur“ und durch die auf annähernd dem gleichen Niveau stehenden Redereien von der „Vermittlerrolle des Grenzlandes“. Meine Herren, so viele Wunden auch der Krieg dem Elsaß und dem Lothringer Land geschlagen, so schwere Opfer und Lasten er ihnen auferlegt hat, den dauernden Nutzen wird er, wie ich zuversichtlich hoffe, dem Lande bringen, daß er es reinigen wird von den Tendenzen und Bestrebungen, die unter diesen verschwommenen Phrasen und halt⸗ losen Schlagworten sich zu verbergen pflegen, und daß er die Er⸗ kenntnis zum Gemeingut seiner Bewohner machen wird, wie gerade die westliche Grenzmark des Reichs — sowohl ihrer geographischen Lage wie auch ihrer geschichtlichen Vergangenheit wegen — berufen und verpflichtet ist, fortan ein festes, unerschütterliches Bollwerk zu sein rein deutscher Kultur und echt deutscher Gesinnung.
Zum Schluß warnte der Statthalter vor der „Vorliebe für Aeußerlichkeiten“, die von jenseits hereingetragen und bei⸗ behalten worden seien, an sich aber nichts gemein hätten mit der berechtigten Eigenart des Landes und den besonderen Stammeseigentümlichkeiten seiner Bewohner, und schloß mit einem Hoch auf Seine Majestät den Kaiser, in das die Gäste begeistert einstimmten. Den Dank der Gäste erstattete in kurzen Worten der Präsident der Zweiten Kammer Dr. Ricklin, der unter anderem lebhaft versicherte, daß die elsaß⸗-lothringische Bevölkerung vorgekommene Verfehlungen einzelner aufs pein⸗ lichste empfinde und auf das entschiedenste verurteile. Mit der⸗ selben Entschiedenheit aber weise er es zurück, daß die Ver⸗ fehlungen einzelner der Gesamtheit des Volkes aufs Schuld⸗ konto geschrieben würden.
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Oesterreich⸗Ungarn. 8
Nach dem Durchbruchsversuch der Besatzung der Festung Przemysl am 19. März meldete deren Kommandant, General Kusmanek, dem Kaiser Franz Joseph telegraphisch den Verlauf des Gefechts und schloß seinen Bericht mit den Worten: „Treu unserem Eide und in grenzenloser Liebe und Ergebenheit für Eure Majestät werden wir bis zum Ende aushalten.“ Hierauf traf, wie „W. T. B.“ meldet, am 20. März von der Militärkanzlei des Kaisers das folgende Telegramm ein:
Ergreift es Mich auch tiefschmerzlich, daß der gestern kühn gewagte Durchbruch der Besatzung von Przemysl an der Ueber⸗ macht des Feindes scheiterte, so blicke Ich doch mit wehmütigem Stolze auf den unvergleichlichen Opfermut der Braven, denen der Erfolg nicht beschieden war. Allen, die da gekämpft haben, danke Ich allerherzlichst für ihre Heldentat und segne das ruhmvolle An⸗ denken jener, die ihr Leben auf dem Felde der Ehre hingaben. Noch in fernster Zukunft wird die Geschichte weithin künden, was Oesterreich⸗Ungarns Krieger mit der hartnäckigsten Verteidigung der Festung Przemysl vollbracht haben. Sie waren standhaft und tapfer bis zum letzten Ende. Franz Joseph.
Am 21. März telegraphierte der Festungskommandant an den Vorstand der Militärkanzlei des Kaisers, Freiherrn von Bolfras: 8
Ich bitte Eure Erzellenz, Seiner Majestät den tief ehrerbietigsten und heißesten Dank der Besatzung Przemyls für die neuerlichen so huldvollen Worte zu Füßen zu legen. Diese so unendlich gnädigen Worte haben sich tief in unsere Herzen einge⸗ graben, sie werden uns aufrichten und unser trauriges chicksal mit Ehren tragen lassen. Gleichzeitig bitte ich, Seiner Majestät treugehorsamst zu melden, daß der Gegner vom 20. März, 6 Uhr Nachmittags, bis zum 21. März, 3 Uhr Vormittags, zuerst die Nordwest⸗, dann die Nordostfront und schließlich auch Teile der Ostfront angegriffen hat, daß aber alle diese Angriffe abgewiesen worden sind. Gehorsamst Kusmanek, G. d. J.
Daraufhin traf am 22. März die folgende Depesche der Militärkanzlei des Kaisers in Przemysl ein: 8
Ich habe mich beeilt, den Inhalt der Depesche vom 21. März Seiner Majestät alleruntertänigst zu melden. Seine Majestät danken allergnädigst in besonders huldvoller Anerkennung fuüͤr die nicht⸗ erlahmende Zähigkeit, mit der Kommandant und Besatzung von Przemysl am 20. und 21. März mehrfache Angriffe auf die Fronten der Festung erfolareich abgeschlagen haben. Oesterreich⸗Ungarns blanker Schild der Waffenehre wird durch die Braven am San hoch⸗ gehalten, und 8” 1“ ünff isis gn Danke Seiner Majestät für die Wehrmacht so warm fühlendes Herz.
Bollfras, G. d. J.
— Ein gestern veröffentlichtes Rotbu ch enthält eine Sammlung von Nachweisen für die Verletzungen des Völkerrechts durch die mit Oesterreich⸗Ungarn Krieg führenden Staaten. In den einleitenden Bemerkungen heißt es laut Bericht des „W. T. B.“: 1 1
Die für die Verletzungen des Kriegsrechts angeführten Belege, die allerdings nur eine geradezu verschwindende Zahl im Verhältnis zu den⸗
jenigen, die sich tatsächlich ereignet haben, umfassen, lassen erkennen, daß
Botschaft in Washington
es kaum eine kriegsrechtliche Norm gibt, der die feindlichen Truppen nicht wiederholt zuwidergehandelt hätten. An die zahlreichen Fälle der Verwendung verbotswidriger Geschosse, der Mißachtung des Haager Reglements über die Gesetze und Gebräuche des Landkrieges und der Genfer Konvention reihen sich die furchtbaren Greueltaten an, deren sich die Truppen und die Bevölkerung Serbiens und Montenegros schuldig gemacht haben. “
Es ist gewiß unvermeldlich, daß sich im Gefüge so gewaltiger Heeresmassen mancherlej Verfehlungen gegen das Völkerrecht ereignen. Gleichwohl muß es eine schwere Enttäuschung bereiten, daß gerade die Truppen und die Behörden jenes Staates, unter dessen Aegide die Haager Konferenz das Kriegsrecht reformiert und ausgebaut hat, sich über die Verträge wegsetzen und nicht einmal die Bestimmungen achten, die zum Schutze des Lebens, der Ehre, der Freihett und der religiösen Ueberzeugungen der friedlichen Bürger sowie im Interesse der Kunst und der Wissenschaft vereinbart worden sind. Nicht zum geringsten mag die Ursache hierfür in der Verwendung von Truppen zu suchen sein, denen das Verständnis für die Schranken der Kriegführung schlechterdings abgeht. Frankreich, Großbritannien und Rußland konnten füglich selbst nicht annehmen, daß ihre afrikanischen und asiatischen Untertanen die Bestunmungen des internationalen Rechts einhalten werden, und sie handeln daher fraglos wider besseres Wissen gegen das europäische Völkerrecht, wenn sie Wilde und Halbwilde gegen die Truppen europäischer Mächte zu Felde führen.
„Der erste Teil der insgesamt 145 Dokumente nebst Beilagen enthaltenden Sammlung bezieht sich auf die Behandlung der österreichisch⸗ungarischen diplo⸗ matischen Funktionäre durch Behörden feindlicher Staaten.
Aus dieser Sammlung ist ein Bericht des diplomatischen Agenten und Generalkonsuls in Tanger hervorzuheben, aus dem hervorgeht, daß dieser mit seinem Beamtenpersonal unter Bedeckung marokkanischer Soldaten, ohne daß ihm Zeit gegeben worden wäre, sich Geld zu verschaffen oder sonst notwendige Dispositionen zu treffen, an Bord des „Cassard“ gebracht wurde, woselbst er bereits den deutschen Ge⸗ schäftsträger und den deutschen Dragoman antraf, die ebenso behandelt worden waren. Eine vielhundertköpfige Menge Eingeborener konnte auf dem großen Platze vor der Gesandtschaft das Schauspiel mit an⸗ sehen, wie der Kaiserlich deutsche Vertreter in aller Form verhaftet und auf ein Kriegsschiff gebracht wurde.
Aus einem Berichte über die Ausweisung der österreichisch⸗ ungarischen Vertretungsbehörden aus Aegypten geht hervor, daß der äagvptische Minister des Aeußern, bei dem der österreichisch⸗ungarische Vertreter gegen die ihm vom Kommandanten der englischen Okku⸗ pationstruppen unter Androhung von Gewalt mitgeteilte Aus⸗ weisung protestierte, erklärte, daß es sich nicht um eine diplomatische Handlung der ägyptischen Regierung, sondern um einen Beschluß der englischen Militärbehörden handle, deren Durchführung die ägyptische Regtierung nicht zu verhindern imstande sei.
Den zweiten Teil der Sammlung bilden die Stücke 8 bis 37, die die Behandlung der österreichisch⸗unga⸗ rischen konsularischen Funktionäre betteffen.
Nummer 26 behandelt die bereits aus der Tagespresse bekannte Leidensgeschichte des Vizekonsuls von Hoffinger in St. Petersburg, der bekanntlich verhaftet, in das Gouvernement Wologda verschickt und in der unwürdigsten Weise behandelt wurde. Der österreichtsch⸗ ungarische Konsul in Kiew Baron Hein, der mit dem Kanzleipersonal verhaftet und in Gesellschaft der schwersten Verbrecher nach Kursk verschickt wurde, wurde auch späterhin in brutalster Weise behandelt.
Der dritte Teil der Sammlung ist der Behandlung der österreichischen und der ungarischen Staats⸗ angehörigen in Belgien, Frankreich, Großbritannien, Ruß⸗ land und Serbien gewidmet.
Der vierte Teil der Sammlung 71 Stücke, unter denen sich amtliche Meldungen und Pr otokolle befinden über grauenhafte Mißhandlungen Verwundeter, über menschenunwürdige Behandlung in Spitälern untergebrachter Kranker und grauenhaste Verstümmlungen gefallener Soldaten.
Das Stück 128 berichtet über empörende Martern an einem Husarenunteroffizier, dem von Serben die Unterarme abgehackt und die Oberarme gebunden wurden, worauf er in diesem Zustande auf ein Pferd gesetzt und das Pferd im Galopp davongetrieben wurde. Einem andern Mann wurden Einschnitte in das beiderseitige Rippenfell gemacht, ein Strick durch die Brust gezogen, worauf er an diesem aufgehängt und unter ihm Feuer angezündet wurde. Andere Leute wurden auf Bajonette gespießt und so umhergetragen. Heimtückische Ueberfälle werden von serbischen Komitatschis, Weibern und Kindern berichtet. Von Montenegrinern wird neben der Beschießung von Sanitätsstationen eine große Anzahl grauenhafter Verstümmlungen, die an Verwundeten und Toten verübt wurden, gemeldet.
Die in der Sammlung aufgezählten, von den Russen in der Bukowina verübten Greueltaten, Plünderungen und Verwüstungen sind zum Teil bereits aus früher ver⸗ öffentlichten Mitteilungen und aus Feststellungen rumänischer Blätter hinreichend bekannt. “
enthält insgesamt
Großbritannien und Irland. 1
Die englische Regierung hat auf die Note der deutschen über den versenkten Dampfer „Falaba“ geantwortet. Nach dem „Reuterschen Bureau“ erklärt die Regierung, daß die „Falaba“ nicht bewaffnet ge⸗ wesen und den Passagieren nicht Zeit zum Ausbooten gegeben worden sei. Der Torpedo sei abgeschossen worden, als die Boote noch nicht von dem Schiff los waren, ein großer Verlust an Menschenleben sei daher unvermeidlich gewesen; es sei beispiellos, der Mannschaft der „Falaba“ Nachlässigkeit vor⸗ zuwerfen.
— Der öffentliche Kurator des feindlichen Eigen⸗ tums in England und Wales hat vorgestern den siebenten Bericht ausgegeben, aus dem hervorgeht, daß von dem De⸗ partement seit Beginn des Krieges Eigentum im Werte von insgesamt 85 306 813 Pfund Sterling, das Untertanen von England feindlichen Ländern gehört, in Verwaltung genommen ist. Davon sind 675 000 Pfund Sterling auf Zinsen angelegt worden. Die Auslagen des Amts werden aus den Einnahmen bestritten.
— Vorgestern ist in London eine antideutsche Liga ge⸗ gründet worden, die sich aus Mitgliedern aller Parteien zu⸗ sammensetzt und das Ziel verfolgt, gegen deutsche Arbeit, deutsche Güter und deutschen Einfluß in Großbritannien zu arbeiten. Die Losung ist: Das britische Reich den Briten!
Frankreich. Der Minister Sembat und eine Abordnung des Kammer⸗
ausschusses für öffentliche Arbeiten sind in Marseille eingetroffen und haben mit der Prüfung von Maßnahmen begonnen, die geeignet sind, die Leistungsfähigkeit des Hafens von Marseille auf das höchste Maß zu steigern. Der Minister, der mit der Abordnung von der Handelskammer empfangen wurde, hielt eine Ansprache, in der er nach dem „Temps“ ausführte:
Die politischen Kämpfe, die nach dem Kriege sicher wieder auf⸗ leben würden, würden die Volksvertreter nicht hindern, an dem wirt⸗ schaftlichen Aufschwung Frankreichs tätigen Anteil zu nehmen. Eine