1 I uT.“
2
über das Zusammenwirken der Militärmedizinalverwaltung mit den Trägern der Arbeiterversicherung zugunsten von ver⸗ wundeten und erkrankten Kriegsteilnehmern, einen Runderlaß vom 25. —— 1915 über die Buchung von Kosten, die den Versicherungsträgern durch die Bereitstellung ihrer 8 Heilanstalten für die Pflege von verwundeten und erkrankten Kriegern und für sonstige mit dem Kriege zusammen⸗ hängende Zwecke erwachsen, ferner zwei Bekanntmachungen vom 29. März 1915 über die Befreiung von der Versicherungs⸗ b nach § 1242 der Reichsversicherungsordnung sowie die ekanntmachung vom 10. März 1915 über die am 1. Januar 1914 bei den Trägern der Invalidenversicherung zum Zwecke der Arbeiterwohnungsfürsorge und für andere, insbesondere ge⸗ meinnützige Zwecke verfügbaren und von ihnen aufgewendeten Beträge (§ 1356 Abs. 2 bis 4, § 1357 der Reichsversicherungs⸗ ordnung).
Den Revisionsentscheidungen 1986 bis 1997 sind folgende Leitsätze vorangestellt:
Die Mitaliedschaft bei einer Krankenkasse dauert auf Grund der Vorschrift des § 54 a Satz 2 des Krankenversicherungsgesetzes während des Bezugs von Krankenunterstützung nur fort, wenn zugleich Er⸗ werbsunfähigkeit vorliegt [1986];
Der Begriff der Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 182 Nr. 2
1 der Reichsv rsicherungsordnung ist gleichbedeutend mit dem Begriffe
8 1““ nach § 6 des Krankenversicherungsgesetzes
8 Eine Krankheit, die ein Versicherter sich bei einem Selbstmord⸗
versuche zugezogen hat, ist als vorsätzlich herbeigeführt im Sinne des
86§ 192 Nr. 2 der Reichsversicherungsordnung anzusehen [1988]; Weibliche Personen, für deren Tätigkeit erst am 1. Januar 1914
die Versicherungepflicht eingeführt ist, haben keinen Anspruch auf
Wochengeld gemäß § 195 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung,
wenn die Niederkunft vor Ablauf von sechs Monaten seit jenem Zeit⸗
punkt eingetreten ist [1989];
1) Zur Anwendung der Vorschrift des § 195 der Reichsver⸗ sicherungsordnung, wonach von dem Wochengelde für acht Wochen zwei in die Zeit vor der Niederkunft fallen dürfen, bedarf es einer
ausdrücklichen Bestimmung in der Kassensatzung nicht.
2.,) Diese Vorschrift ist nicht anwendbar, wenn die Versicherte
damals an einer mit Arbeitsunfähigkeit verbundenen Krankheit litt
und daher bereits Krankengeld erhalten hat [1990];
AAKrbeitsunfähig Erkrankte werden im Falle der Vereinigung ihrer Krankenkasse mit einer anderen Krankenkasse dann nicht Mitglieder der aufnehmenden Kasse (§ 289 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung), wenn das ibrer Versicherung zugrunde liegende Beschäftigungsverhältnis im Zeitpunkt der Vereinigung erloschen ist. Auf sie findet demgemäß auch § 212 der Reichsversicherungsordnung keine Anwendung [1991];
† 1) Die Versicherung eines aus der versicherungspflichtigen Be⸗
schäftigung ausgeschiedenen Kriegsteilnehmers kann nach § 313 der
Reichsversicherungsordnung auch durch Beitragszahlungen Dritter fort⸗ gesetzt werden, sofern die Beiträge für den Ausgeschiedenen in der Absicht gezahlt werden, ihn bei der Kasse weiterzuversichern, und sofern
dies seinem ausdrücklichen oder mutmaßlichen Willen entspricht.
2) Die „häusliche Gemeinschaft“ im Sinne des § 203 Satz 2 der Reichsversicherungsordnung wird durch Einberufung des Versicherten
zum Kriegsdienst noch nicht ohne weiteres aufgehoben.
3) Sind Begräbniskosten nicht entstanden, so ist das gesamte Sterbegeld als Ueberschuß dem in § 203 Satz 2 der Reichsversiche⸗ rungsordnung erwähnten Bezugzberechtigten zu zahlen [1992]; Im Falle des § 573 der Reichsversicherungsordnung wird das Hausgeld vom Beginne der fünften Woche nach dem Unfall bis zum Ablauf der dreizehnten auf ein Drittel des maßgebenden Grundlohns erhöht, es sei denn, daß das Hausgeld für diese Zeit den bezeichneten Betrag auch sonst erreicht [1993];
Uebernimmt eine Berufsgenoffenschaft nach § 1513 der Reichs⸗ versicherungsordnung vor dem Ablauf der Wartezeit das Heilverfahren für einen durch Betriebsunfall Verletzten, so ist sie nicht verpflichtet, ihn durch einen Arzt seiner Krankenkasse behandeln zu lassen [1994]; § 1520 der Reichsversicherungsordnung gilt nicht bei Streit zͤwischen der Versicherungsanstalt und einem Versicherungsverein auf
Gegenseitigkeit, der nicht als Ersatzkasse zugelassen oder für die Ueber⸗
gangszeit einer zugelassenen Ersatzkasse gleichgestellt ist 1995];
. Nach dem bis zum 1. Januar 1913 geltenden Rechte konnte ein Knappschaftsverein, der den Hinterbliebenen eines durch Betriebs⸗ unfall Gelöteten nach § 1722 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes vom 19. Juni 1906, betreffend die Abänderung des Siebenten Titels im Allgemeinen Berggesetze vom 24. Juni 1865 (§ 30 Abs. 1 Nr. 4 des Knappschaftsgesetzes vom 17. Juni 1912), eine Begräbnisbeihilfe gewährt hatte, Ersatz dafür aus der Unfallentschädigung nicht bean⸗ spruchen [1996];
Die Bestimmung im § 53 Abs. 1 der Kaiserlichen Verordnung über Geschäftsgang und Verfahren der Versicherungsämter, vom 24. Dezember 1911, wonach die Entscheidungen eine von Tatbestand und Gründen getrennte Entscheidungsformel zu enthalten haben, ist
zwingender Natur. Ihre Nichtbeachtung bildet einen wesentlichen
Mangel des Verfahrens. Gleiches gilt nach § 36 Abs. 1 der Kaiser⸗ lichen Verordnung über Geschäftsgang und Verfahren der Ober⸗ versicherungsämter vom 24. Dezember 1911 für die Entscheidungen der Oberversicherungsämter [1997];
Von dem Beschlußsenat sind folgende Grundsätze aufgestellt:
Der Einwand der Verjährung nach § 29 Abs. 2 der Reichs⸗ versicherungsordnung greift gegenüber dem Anspruch auf Rückerstattung zu Unrecht geleisteter Weiterversicherungsbeiträge auch dann durch, wenn der Versicherte die Ungültigkeit der Beiträge erst nach Ablauf der sechemonatigen Verjährungsfrisft erfahren hat. Der Zusatz im § 29 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung: „vorbehaltlich des § 1446 Abs. 2 und der §§ 1462, 1464“ bezieht sich lediglich auf Beiträge, die in der irrtümlichen Annahme der Versicherungspflicht entrichtet sind [1998]; 8
1) Eine Betriebskrankenkasse kann nicht mit rückwirkender Kraft auf einen anderen Betrieb desselben Unternehmers ausgedehnt werden.
2) Die Bestimmung der Satzung einer Betriebe krankenkasse, daß sich der Kassenbezirk, abgesehen von einzelnen besonders bezeichneten Betrieben, auf alle von dem Betriebsunternehmer noch zu erwerbenden oder zu errichtenden Werke erstreckt, ist unzulässig [1999];
Personen, die bereits vor Inkrafttreten der Reichsversicherungs⸗ ordnung aus der Versicherungspflicht ausgeschieden waren, weil sie
versicherungsfrei wurden und die sich seitdem nach § 27 des Kranken⸗ versicherungsgesetzes weiterversichert haben, steht nach dem 1. Januar 1914 gemäß § 313 Abs. 1 Satz 2 der Reichsversicherungsordnung das Recht des Uebertritts in eine niedere Klasse oder Lohnstufe zu [2000 ;
§ 313 Abs. 1 Satz 2 der Reichsversicherungsordnung gilt auch für diejenigen Personen, welche die Mitgliedschaft bei einer Gemeinde⸗ krankenversicherung freiwillig fortgesetzt haben und nach deren Schließung auf Grund des Artikels 14 des Einführungsgesetzes zur Reichsversicherungsordnung in Verbindung mit § 300 Abs. 1 Satz 2 der Reichsversicherungsordnung freiwillige Mitglieder bei der ent⸗
sprechenden Kasse geworden sind [2001];
Auch bei Krankenkassen, die den wirklichen Arbeitsverdienst der einzelnen Versicherten als Grundlohn bestimmen (§ 180 Abs. 4 der Reichsversicherungsordnung), ist die Weiterversicherung nach einem niederen Grundlohn gemäß § 313 Abs. 1 Satz 2 der Reichsversiche⸗ rungsordnung zulässig [2002];
Gehören zu dem Ausschuß einer Krankenkasse sechs Vertreter der Versicherten, so verstößt eine Satzungs bestimmung, daß die Vorschlags⸗ listen für die Vorstandswahl von drei Wahlberechtigten zu unter⸗ zeichnen sind, gegen die Grundsätze des Verhältniswahlverfahrens und ist daher unwirksam [2003];
War bei einer Wahl zum Vorstand einer Krankenkasse ein Wablausschuß zeitweise nicht ordnungsmäßig besetzt, so ist die Wahl ungültig, wenn d ährend der nicht ord ungsmäßige B
N11“ 1 1.“
25 21 1“ 8 sehanf abgegebenen Stimmen das Wahlergebnis beeinflußt sein kann
Gegen Anordnungen des Oberversicherungsamts nach § 375 der Reichsversicherungsordnung ist die Beschwerde an das Reichsversiche⸗ rungsamt ausgeschlossen (2005];
Die Satzung einer Krankenkasse hat bestimmt, daß die Beiträge für Versicherungspflichtige wöchentlich im voraus an den vom Vor⸗ stand bestimmten Stunden vom Arbeitgeber einzuzahlen sind. Die Versicherungsberechtigten haben die Beiträge zu der gleichen Zeit selbst einzuzahlen oder kostenlos einzusenden. Der hiernach maßgedliche Tag gilt allgemein auch dann als Zahltag, wenn der Vorstand nach der Satzung berechtigt, aber nicht verpflichtet ist, die fälligen Beiträge für Versicherungspflichtige monatlich durch Kassenboten vom Arbeit⸗ geber abholen zu lassen, und von dieser Ermächtigung regelmäßig Ge⸗ brauch macht [2006; 6
1) Zur Begründung des Anspruchs eines landwirtschaftlichen Arbeitnehmers oder eines Dienstboten gegen den Arbeitgeber auf eine den Leistungen der zuständigen Krankenkasse gleichwertige Unter⸗ stützung (§ 418 Abs. 1, § 435 der Reichsversicherungsordnung) ist die Zustimmung des Beschäftigten nicht unbedingt erforderlich. Die fehlende Zustimmung wird dadurch ersetzt, daß die Kasse oder die Beschwerdeinstanzen dem Antrag des Arbeitgebers auf Befreiung des Beschäftigten von der Versicherungspflicht stattgeben.
2) 8 dem Befreiungsantrage brauchen die Leistungen, die der Arbeitgeber an Stelle der Kasse übernimmt, nicht einzeln angegeben zu werden. Es genügt die Erklärung des Arbeitgebers, eine den “ der Krankenkasse gleichwertige Unterstützung gewähren zu wollen.
3) Bei der Entscheidung über den Befreiungsantrag ist von dem Nachweis der Leistungsfähigkeit des Arbeitgebers abzusehen, wenn diese offenkundig ist.
4) In dem Befreiungsantrage müssen die zu befreienden Per⸗ sonen namentlich aufgeführt werden [2007];
Werden landwirtschaftlich Beschäftigte oder Dienstboten nach den §§ 418, 435 der Reichsversicherungsordnung von der Kranken⸗ versicherungspflicht befreit, so erstreckt sich die Befreiung nicht ohne weiteres auf später von dem Arbeitgeber angenommene Personen der gleichen Art. Für sie ist ein neuer Befreiungsantrag zu stellen [2008];
Die Vorschrift des § 420 der Reichsversicherungsordnung über Ermäßigung von Beiträgen zur Krankenversicherung für landwirt⸗ schaftlich Beschäftigte gilt nach § 439 a. a. O. auch für Dienstboten, die nicht nur vorübergehend in der Landwirtschaft tätig sind [2009];
Bei Prüfung der nach § 439 der Reichsversicherungsordnung zu entscheidenden Frage, ob die Beschäftigung eines Dienstboten in dem Betrieb oder anderem Erwerbsgeschäfte des Dienstberechtigten für sich allein nach § 168 versicherungsfrei ist, insbesondere ob der Beschäfttgte im Sinne der Nr. I, 3 der auf Grund des § 168 ergangenen Be⸗ kanntmachung vom 17. November 1913 sonst keine berufsmäßige Lohnarbeit verrichtet, kommt die Tätigkeit des Dienstboten im Haushalt des Dienstberechtigten nicht in Betracht [2010];
Auch die ausländischen persönlichen Bediensteten eines im Inland wohnenden ausländischen Berufskonsuls sind nach dem 4. Buche der Reichsversicherungsordnung versicherungspflichtig [2011];
In dem Bescheid 2012 wird die Versicherungspflicht der russisch⸗ polnischen Arbeiter während des jetzigen Krieges besprochen und in dem Bescheid 2013 wird die Geltung des § 1542 der Reichs⸗ versicherungsordnung für die Verordnungsansprüche der Kriegs⸗ teilnehmer nach dem Mannschaftsversorgungsgesetze vom 31. Mai 1906 und ihrer Hinterbliebenen nach dem Militärhinterbliebenen⸗ gesetze vom 17. Mai 1907 verneint.
Den Schluß bilden die Uebersichten über die Zahl der im Jahre 1914 vereinnahmten Wochenbeiträge und Zusatzmarken, über Zahlungen aus Invaliden⸗, Kranken⸗, Alters⸗ und Zusatz⸗ renten und über Versicherungsleistungen der 31 Versicherungs⸗ anstalten an Hinterbliebene in den Monaten Januar und Fe⸗
7
Monaten Februar und g Närz 1915.
bruar 1915 und ber den Erlös aus Beitragsmarken in den
Der heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ liegen die Ausgaben 484 und 485 der Deutschen Verlust⸗ listen bei. Sie enthalten die 5. Sonderverlustliste des Deutschen Heeres (Unermittelte), die 222. Verlustliste der G Armee und die 181. Verlustliste der bayerischen
rmee.
Oesterreich⸗Ungarn.
Das Präsidium des Polenklubs hatte in seiner
letzten Sitzung, der auch der Landmarschall und der Minister für Galizien beiwohnten, laut Meldung des „W. T. B.“ be⸗ schlossen, nachstehendes Beglückwünschungstelegramm an den Kaiser zu richten:
In unbegrenzter Ehrfurcht, Dankbarkeit und Liebe zu Eurer Majestät geheiligter Person gestattet sich der Reichsrätliche Polenklub anläßlich des Glück verheißenden Sieges, den Eurer Majestät und die deutschen Heere unter den Augen des siegreichen Erzherzog⸗Feld⸗ marschalls erfochten haben, aufrichtigste und innigste Glückwünsche an den Stufen des Allerhöchsten Thrones zu unterbreiten.
Dem Obmann Bilinski ist hierauf folgendes Telegramm zugegangen:
Majestät danken dem Reichsrätlichen Polenklub herzlich für die in bewährter Treue und Anhänglichkeit dargebrachten Glückwünsche zu dem hocherfreulichen Erfolge der verbündeten Heere.
— Im ungarischen Abgeordnetenhause erklärte gestern der Ministerpräsident Graf Tisza auf das Ersuchen des Oppositionellen Rakovszky um Aufklärungen über die auswärtige Lage, im Bewußtsein seiner Verantwortlichkeit müsse er erwidern, daß er den jetzigen Augenblick nicht für geeignet halte, daß die Regierung sich äußere oder eine Debatte über die auswärtige Lage im Hause stattfinde.
8 Großbritanuien und Irland.
Im Unterhause erwiderte gestern der Premierminister Asquith auf die Anfrage, ob die Regierung Schritte getan habe, um Deutschlands wiederholte Uebertretungen der Haager Konvention zur Kenntnis der Unterzeichner zu bringen, laut Bericht des „W. T. B.“:
Deutschland habe den Krieg mit einem offenbaren Vertragsbruch begonnen und setze ihn mit zunehmender Mißachtung der Ueberein⸗ künfte früher gutbefundener Benimmungen über die Kriegsführung fort. Diese Tatsachen, bemerkte Asquith weiter, seien allgemein be⸗ kannt, und es habe keinen Zweck, mit der genannten Regierung in Verbindung zu treten, außer wenn England zu irgendeiner Aktion übergehen wolle. England vertraue, daß die neutralen Nationen immer mehr begreifen würden, daß die Ereignisse dieses Krieges die ganze zivilisierte Welt und die Zukunft der Menschheit berührten.
Darauf wurden Anfragen, die Versenkung der „Lusitania“ betreffend, an die Regierung gerichtet.
Lord Charles Beresford fragte, od der Premierminister weitere Einzelheiten über den Verlust der „Lusitania“ angeben könne. Mit welcher Schnelligkeit sie gefahren sei, ob sie über Old Head of Kinsale fahren wollte oder nicht; ob Old Head regelmäßig beim Ein⸗ und Auslaufen von Schiffen passiert werde, ob dort kein Patrouillendienst stattgefunden habe und welches das nächste Patroutlllenschiff gewesen sei; ob der Premierminister dem Hause versichern könne, daß alle solche Punkte, an denen ein⸗ und ausgehende Sch beizuk pflegten, jetzt entsprechend üb t
18
ob die Admiralität die Warnungen, nord⸗
würden; die den
amerikanischen Passagieren vor der Abfahrt zugegangen seien, erhalten
habe. MeMaster fragte, welche Maßregeln zum Schutze der „Lusitania“ angesichts der in den Zeitungen erschtenenen Warnung der deutschen Bolschaft getroffen worden wären. Houston fragte Churchill, ob er vor dem 7. Mai gewußt hätte, daß deutsche Unter⸗ seeboote seit einiger Zeit an der Südküste von England, im St. Georgskanal und in der Irischen See tätig gewesen seien, ob er ge⸗ wußt hätte, daß Tags zuvor die beiden großen Liverpooler Dampfer „Centurion“ und „Candidate“ in diesen Gewässern versenkt worden seien, ferner, daß die „Lusitania“ am 7. Mai eintreffen sollte und daß die Admiralität früher Torpedobootszerstörer und andere
8
Schiffe ausgesandt hätte, um Schiffe, die Pferde aus Amerika für die Regierung gebracht hätten, an der Südküste von Irland in
Empfang zu nehmen und sicher zu geleiten, und welche Maßregeln die Admiralität getroffen hätte, um die „Lusitania“ zu schützen und nach Liverpool zu geleiten. Der Erste Lord der Admiralität Churchill erwiderte, es würde voreilig seln, eine Antwort zu geben, bevor eine Untersuchung stattgefunden hätte, es sei auch unmöglich, die Vor⸗ kehrungen der Flotte für die Ueberwachung der Fahrwasser nach der Küste zu veröffentlichen. Die verfügbaren Hilssquellen erlaubten England nicht, den Handels⸗ und Passagierschiffen eine Eskorte von Zerstörern zu stellen, da täglich durchschnittlich 200 Schiffe ankämen und abführen. Die Admiralität habe Kenntnis von der deutschen Drohung und den Bewegungen der Unterseeboote gehabt; auf Grund davon habe die „Lusitania“ Warnung und Weisung für ihren Kurs erhalten und beide Botschaften empfangen, die zweite ganz kurz vor dem Angriff. Die Admiralität habe manchmal Eskorten für Schiffe gestellt, die Truppen, Munition und andere von der Regierung unbedingt benötigten Ladungen führten, aber Grundsatz sei, daß jedes Handelsschiff für sich selbst sorgen müsse, abgesehen von allgemeinen Vorkehrungen. Die Admiralität habe nach diesen Grundsätzen, die sich bewährt hätten, gehandelt. Eine schreckliche Ausnahme, wie der Fall der „Lusitania', dürfe die Aufmerksamkeit des Hauses und der Welt nicht von der Tatsache ablenken, daß der gesamte Seehandel Englands ohne merk⸗ baren Verlust und Schaden fortgeführt werde.
Das Unterhaus nahm sodann in zweiter Lesung die Bill an, die die Regierung ermächtigt, die Schankwirtschaften in den Bezirken, wo Munition hergestellt oder Transporte aus⸗ geführt werden, unter Kontrolle zu nehmen; die Bezirke werden später bestimmt werden. Die Regierung darf nach dieser Bill alle Wirtschaften eines solchen Bezirks schließen oder nach eigenem Ermessen führen. . 88
Italien. Wie das „Giornale d'Italia“ meldet, beriet der Minister⸗
präsident Salandra gestern vormittag mit dem König und
darauf mit dem Minister des Aeußern Sonnino, der später den Fürsten Bülow empfing. Das genannte Blatt warnt das Publikum vor den umlaufenden Gerüchten, die einander aufs stärkste widersprechen, und setzt hinzu:
Es ist nicht wahr, daß der Ministerrat heute vormittag ꝛusammen-⸗
treten sollte, jedoch vertagt wurde. Daher sind auch die Meldungen über Entschlüsse ernster Natur, über die der Ministerrat angeblich hätte beraten sollen, völlig unwahrscheinlich.
„Bei d ft ein gesinnter Redner in Coimbra, die der Eröffnungsfeier der monarchistischen Klubs
beiwohnen wollten, kam es gestern, wie der „Matin“ berichtete,
1 8
zu erregten Kundgebungen. Nach der Eröffnungsfeier wieder⸗
holten sich die Fundgebungen Polizei und Militär zerstreuten die Ordnung wieder her.
gigen die Monarchisten. Die ie Manifestanten und stellten
Türkei.
Der „Tanin“ bringt Enthüllungen über ein englisch⸗ *
französisches Komplott und die Organisation einer Ver⸗ schwörung, die schließlich zur Vorbereitnng einer militärischen Revolution ausartete, die dazu bestimmt war, die Hauptstadt dem Feinde auszuliefern. Er schreibt:
Die Verschwörung begann mit der Bildung einer geheimen Ge⸗ 8
sellschaft, die teils politische, teils betrügerische Zwecke verfolgte. Nachdem das Komplott, das zur Ermordung Mahmud Schefket Paschas führte, dank der entschiedenen Maßnahmen der türkischen Regierung mißlungen war, versammelten sich alle die Leute, die mehr oder weniger in die Affäre Mahmud Schefkets verwickelt waren, in Paris um Scherif Pascha, der den Mittelpunkt der Um⸗ triebe wegen des ihm zur Verfügung stehenden Vermögens bildete; so namentlich der frühere Oberst Sadik und der frühere Abgeordnete von Gümüldschina Ismail. Sadik hatte sich von Aegypten nach Paris begeben. Dem Ismall, der sich in der englischen Botschaft in Konstantinopel verborgen gebalten hatte, wurde es durch den früheren Ersten Dragoman dieser Botschaft Fitzmaurice ermöglicht, sich an Bord eines französischen Schiffes zu begeben. Entschlossen, das Glück⸗ noch einmal zu versuchen, und in der Hoffnung, die Macht an sich reißen zu können, gründeten Scherif und Genossen die geheime Gesell⸗ schaft „Die Patrioten“. Als Gründer trat Sadik auf. Zweig⸗ organisationen dieser Gesellschaft bestanden in Athen, Aegypten, Odessa, Constanza und Saloniki. Da der Balkanfriede damals noch nicht ge⸗ schlossen war, befanden sich zahlreiche kriegegefangene osmanische Offiziere in Griechenland. Um diese gewinnen zu können, war der Zweig⸗ organisation Athen ganz Bhee Bedeutung beigelegt worden. Sadik und Ismaitl kamen mit 40 000 Fr., die von Scherif herrührten, nach Athen, Ismail gründete die Zweigvereinigung, deren leitende Mitglieder der geflüchtete Oberstleutnant Zekt sowie die Majore Nusret, Kemal und Kudret waren. Zu den Mitgliedern gehörten Hauptmann Dschemal und der berüchtigte Kovalti Mustafa. Dier⸗ Mitglieder dieser Organisation erhielten anfangs 100, dann 130 und
150 Fr. monatlich. Der wahre Zweck der Zweigvereinigung war,
Geld berauszulocken, solange solches vorhanden war. Das Geschäft ging gut, aber später funktionierte die Maschine nicht mehr. Sadik beschloß darauf, die Zweigvereinigung Athen aufzulösen. Ihre Mitglieder schickte er teils nach Odessa, teils nach Constanza, wo sie weitere Befehle abwarten sollten. Sie sollten sich nach ihrer Ankunft, als russische Matrosen verkleidet, nach Konstantinopel begeben und sich in Pera im Hause neben der russischen Botschaft versammeln, um von dort die Repolution zu leiten und im Falle eines Mißerfolges gleich in die Botschaft flüchten zu können. Inzwischen erscheint als neue Person unter ihnen Midhat Effendi aus Akufa in Albanien. Midhat, der damals in Bosnien weilte, erhielt von Scherif einen vom 31. Jult 1913 datierten Brief, dessen Faksimile der „Tanin“ ver⸗ öffentlicht. Darin bittet Scherif Midhat, ihm seine Ansichten über die Mittel zur ö der Türkei, welche, wie Scherif schreibt, dem Untergange entgegengehe, darzulegen. Er bemerkt, Sabah Eddin. sei gegenwärtig in einer Botschaft in Konstantinopel verborgen. Ein anderer Verschwörer, Nihad Bei, wohne in Paris. Er⸗ übe seinen Einfluß aus, um für den Sturz der türkischen Regierung zu arbeiten, welche durch die Wiedereinnahme Adrianopels kühn geworden sei. Im Briefe wird auch von dem Zwischenfall des Sekretärs des Prinzen Sabah Eddin Lutfi Sapfet, gesprochen. Midhat war ein früherer Gegner des Komitees für Ein⸗ heit und Fortschritt. Später erkannte er jedoch infolge Wieder⸗ eroberung Adrianopels an, daß das Komitee und dessen Anhänger Patrioten seien. Er war es, der die Revolutlon der Offiziere, die von Sabah Eoddin mit russischem Gelde vorbereitet worden war, zum Scheitern brachte. Nach dieser Affäre ging Midhat mit seiner Familie nach Bosnien, wo er Handel trieb. Nachdem er den Brief Scherifs erhalten hatte, begab sich Midhat nach Athen und trat der geheimen Gesellschaft bei, nur zu dem
n ihre Ziele kennen zu lernen. Da damals Sadik vten und Jsmail nach Paris gereist waren, blieb Midhat as Leiter der Gesellschaft. Statt jedoch dort längere Zeit ahr er mit seiner Familie über Konstantinopel nach Der „Tanin“ veröffentlicht einen Brief desselben Midhat, daß es namentlich ihm zu verdanken sei, daß die utliche Geheimnisse der Organisation erfahren habe. Midhat eingehend dar, wie er, nachdem er veranlaßt wurde, mit fition zu arbeiten, deren infame Ziele, die durch aus⸗
ld gefördert wurden, festgestellt und beschlossen habe, die dben zu enthüllen. Man werde ihn der Denunziation be⸗
aber er zu können.
„Tanin“ wird seine Veröffentlichungen fortsetzen
sei stolz darauf, dem Vaterlande diesen Dienst
Bulgarien. Uebungen, die auf einen Monat berechnet sind, ist, „T. B.“ meldet, zum 1./14. Mai eine Anzahl koffiziere einberufen worden, ebenso für eine Uebung drei Jahrgänge Reserveinfanterie.
Amerika.
heiner Meldung des „Reuterschen Bureaus“ hat der Botschafter in Washington Graf Bernstorff den retär Bryan aufgesucht und sein tiefes Bedauern ausgesprochen, daß die Kriegsereignisse zum Verlust so erikanisscher Menschenleben geführt haben.
Vorsitzende der Kommission des Senats für aus⸗ Angelegenheiten, Senator Stone, äußerte dem Telegraph“ zufolge über die Versenkung der
nia“. 6 dürfen nicht übersehen, daß die „Lusitania“ ein englisches —, unter englischer Flagge fuhr und verpflichtet war, jederzeit jenst der englischen Regierung zu treten. Es ist auch erklärt aß das Schiff, als es angegriffen wurde, Reservisten an e, die nach England gingen, um in das englische Heer ein⸗ Die Passagiere haben sich infolge der halbamtlichen durch die deutsche Botschaft in voller Kenntnis der ihnen Gefahr befunden, als sie sich auf dies Schiff einer krieg⸗
Partei begaben, auf welchem sie sich auf englischem Boden
shre Lage war dieselbe, wie innerhalb der Mauern einer englischen Stadt. Was kann die Regierung der Ver⸗ staaten tun, wenn sich Staatsangehörige in einer belagerten nden und dort verletzt werden?
e erklärte, der Fall des Dampfers „Gulflight“ sei riger und ernsthafter als der der „Lusitania“.
Des „Reutersche Bureau“ meldet aus Mexiko vom
„ daß Truppen unter dem Befehl des früheren banten der Hauptstadt, Barona, die Residenz des Präsidenten Garza, auf den auch ein Attentat örden sei, angegriffen haben, daß der Angriff aber gen worden sei; die Lage in der Hauptstadt sei kritisch,
rchte ernste Ereignisse.
Asien.
das „Reutersche Bureau“ meldet, wird in Lahore ein
gegen 82 Personen wegen aufrührerischer Ver⸗
g gegen die Regierung verhandelt, deren Anstifter
erika zurückgekommene Inder sind. Die Sendlinge
besonders im Pendschab, in den Vereinigten Provinzen, und Audh. Es kam zu Räubereien und Morden.
ei hat Bomben gefunden und die Pläne der Ver⸗
zufgedeckt.
Kriegsnachrichten.
Westlicher Kriegsschauplatz.
ßes Hauptquartier, 11. Mai. (W. T. B.) Gestern wurde vor Westende ein englisches Linienschiff eer Feuer vertrieben. Oestlich YVpern machten wir Fortschritte und erbeuteten 5 Maschinengewehre. ch Lille setzten die ihre Angriffe auf ttohöhe und die Orte Ablain und Carency ämtliche Angriffe wurden abgeschlagen. Die von uns hier gemachten Gefangenen erhöht 800. Zwischen Carency und Neuville hielten osen die von ihnen genommenen Gräben noch in Kampf dauert hier fort. Ein englisches Flugzeug westlich Lille heruntergeschossen. Nordwestlich Berry in den Waldungen südlich La Ville au Bois unsere Truppen gestern eine aus zwei hinter⸗ egenden Linien bestehende Stellung in Breite m, machten dabei eine Anzahl unverwundeter Ge⸗ zund erbeuteten zwei Minenwerfer mit viel Munition. e Infanterieangriffe nördlich Flirey und im valde scheiterten unter erheblichen Ver⸗ r den Gegner. Oberste Heeresleitung.
Oestlicher Kriegsschauplatz.
ßes Hauptquartier, 11. Mai. (W. T. B.) Die nverändert. Oberste Heeresleitung.
ßes Hauptquartier, 11. Mai. (W. T. B.) Die suchten gestern in der Linie Besko⸗— Brzozow an nica-Brzezankaabschnitt —-Ropczyce (östlich Debica) — an der Weichsel die Verfolgung der Armeen des ersten von Mackensen zum Stehen zu bringen. sicht ist völlig gescheitert. Gegen Abend waren die Linien an vielen Stellen, insbesondere bei dzwischen Brzozow und Lutcza durchbrochen, am Vormittag bereits ein verzweifelter Angriff rrussischer Divisionen von Sanok in Richtung ter schwersten Verlusten für den Feind ge⸗ war. Die Verfolgung wird fortgesetzt. Oberste Heeresleitung.
n, 11. Mai. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: impfen der letzten zwei Tage haben unsere Truppen se Schlachtlinie bei Debica durchbrochen. Hierdurch esüdlich der Weichsel kämpfenden starken russischen
schleunigen Rückzug hinter die untere Wisloka ge⸗ Die Tragweite dieser Ereignisse wird klar durch heute früh vorliegenden Meldungen über kzug des feindlichen Südflügels in Polen. ie stark befestigte Nida⸗ ird vom Gegner als unhaltbar erkannt und geräumt. Wie der Erfolg bei Gorlice und
auf die Karpathenfront übertrug, so beeinflußt Armee des Erzherzogs Joseph Ferdinand bei Tarnow
und Debica die Lage in Russisch⸗Polen. In Mittelgalizien
dringen unsere und die deutschen Truppen unter fortwährenden erfolgreichen Kämpfen den Trümmern der geschlagenen russischen Korps gegen den Sanabschnitt Dynow Sanok nach. Ein ver⸗ suchter russischer Gegenangriff von etwa drei Divi⸗ sionen von Sanok entlang der Bahn gegen Westen wurde unter schweren Verlusten des Feindes blutig zurück⸗ geschlagen und die Verfolgung fortgesetzt. Gefangenen⸗ ahl und Beute nehmen täglich zu. Die aus dem
aldgebirge vorgedrungenen Kolonnen haben bei Baligrod den starken Gegner geworfen und mit Vor⸗ truppen den San bei Dwernik überschritten. Die russische achte Armee, die im allgemeinen zwischen Lupkow und Uzsok kämpfte, ist nunmehr mit beträchtlichen Teilen ebenfalls in die Niederlage verwickelt. In Süd⸗ ostgalizien sind die Russen in mehreren Abschnitten zum Angriffe übergegangen. Ein Vorstoß starker Kräfte nördlich des Pruth auf Czernowitz wurde an der Reichsgrenze zurückgeschlagen, 620 Gefangene gemacht. Nördlich Horodinka gelang es feindlichen Abteilungen, am “ Dnjestrufer Fuß zu fassen. Der Kampf dauert ier an.
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabs.
von Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Berlin, 11. Mai. (W. T. B.) Aus dem Großen Hauptquartier erhalten wir über den Fortgang der Durch⸗ bruchsschlacht in Westgalizien, die den Namen der Schlacht von Gorlice⸗Tarnow tragen wird, folgende weitere telegraphische Mitteilung:
Am Abend des 4. Mai war der taktische Durchbruch vollendet. Trotz des Einsatzes namhafter Reserven und trotz aller vorbereiteten 2., 3. und 4. Linien war der Feind geschlagen und im vollen Ruͤck⸗ zuge über die Wisloka. Wie der offizielle russische Bericht selbst zugibt, war die Truppe vor allem durch die außerordentliche Wirkung der schweren Artillerie der Verbündeten Am Morgen des 5. Mai meldeten die Flieger, die durch ihre Un⸗ ermüdlichkeit und ausgezeichneten Meldungen die Führung außerordent⸗ lich unterstützten, und deren Tätigkeit durch eine warme, unverwüst⸗ liche Maiensonne ganz wesentlich begünstigt wurde, den Rückzug des Feindes auf allen von Jaslo nach Osten und Norden führenden Straßen. Sie waren sämtlich von in großer Unordnung abziehenden Kolonnen bedeckl, die Straßenbrücken bei Jaslo brannten, die Eisen⸗ bahnbrücken über Ropa und Wisloka waren gesprengt. Nun war kein Zweifel mehr, daß der Feind nicht mehr die Kraft besaß, die Wislokaltnie zu verteidigen.
Der Verzicht auf die Behauptung dieser Linie mußte aber von der weittragendsten Bedeutung für die russische Nachbararmee werden, deren Stellungen im nördlichen Zipfel Ungarns nunmehr unhaltbar wurden. Die strategische Wirkung des Durchbruchs mußte sich jetzt fühlbar machen, und die Aufrollung der russischen Karpathenfront bis zum Lupkow⸗Sattel als Frucht des gelungenen Durchbruchs dem Sieger in den Schoß fallen. Zögerte der Feind mit dem Abzuge, dann wurden ihm die rückwärtigen Verbindungen verlegt, und seine im Ge⸗ birge stehenden Truppen abgeschnitten.
Tatsächlich vrachte der Telegraph von der benachbarten Armee des Generals der Infanterie Boreovic von Bojna schon am frühen Morgen die Kunde, daß der vor ihr gewesene Feind in der Nacht vom 4. zum 5. Mal den Abmarsch nach Norden angetreten habe, und daß er sich nahezu vor der ganzen Front im eiltgen, teilweise fluchtartigen Rückzuge befände. Die dritte österreichische Armee folgte dem Feinde auf dem Fuße; um diesem aber womöglich noch die Rückzugsstraße zu verlegen, ließ der den rechten Flügel der Armee Mackensen befehlende General von Emmich seine Truppen, die bei Zmigrod dank dem eiligen Abzug der Russen die Wislokabrücke noch unversehrt gefunden hatten, in einem Gewaltmarsch bis zur Jasiolka nördlich Dukla vorrücken, sodaß seine Kanonen am Abend dieses Tages die Stadt Dukla und die von dem gleichnamigen vielgenannten Passe heranführende Gebirgsstraße unter Feuer nahmen.
Während Hannoveraner und Bayern die Wacht gegen die Kar⸗ parthen hielten, damit aus ihnen nichts nach Norden entschlüpfte, stand im Rücken der deutschen Truppen noch schanzender Feind. Im übrigen rückten Mitte und linker Flügel der Armee Mackensen an diesem Tage gegen feindliche Nachhuten kämpfend an die Wtsloka heran. Am 6. Mai vollzog die Masse der Armee den Uebergang über den Fluß. Der Feind versuchte vrei cen Garderegimentern die östlichen Uferhöhen streitig zu machen. Er wurde angegriffen und ließ 15 Feldkanonen sowie zwei schwere Geschütze in der Hand des Siegens. Die Gardetruppen hatten bis dahin allein 12 000 Gefangene gemacht, drei Geschütze und 45 Maschinengewehre erbeutet.
In engster Zusammenarbeit mit Mackensen überschritt die Armee des Erzherzogs Joseph Ferdinand am 6. Mai mit ihrem rechten Flügel die Wisloka. Die 10. österreichische Division, die sich unter Führung ihres Kommandeurs, des Generals von Mecenseffy während der sämtlichen bisherigen Kämpfe ganz besonders ausgezeichnet hatte, setzte sich am 7. Mat nach erbittertem Straßenkampf in todes⸗ mutigem Sturm in den Besitz der Stadt Brzostek, die die Russen hartnäckig verteidigt hatten. Mitte und linker Flügel der öster⸗ reichischen Armee warfen den Feind aus verschiedenen zäh verteidigten Nachhutstellungen und setzten den Vormarsch fort. Die erzherzogliche Armee hatte bis zum Abend dieses Tages 16 000 Gefangene gemacht, sechs Geschütze und 31 Maschinengewehre erbeutet. 6
Der Krieg zur See.
erlin, 11. Mai. T. B.) Verschiedene englische Pressestimmen haben vor kurzem behauptet, daß die Erfolge des Unterseebootskrieges an der englischen West⸗ küste in letzter Zeit wesentlich nachgelassen hätten. Als Grund hierfür wird angeführt, unsere U-Boote würden zu Unter⸗ nehmungen gegen die englische Flotte gebraucht, außerdem hätten sie sich als unfähig erwiesen, den Handelskrieg in so großer Entfernung von der Heimat zu führen. Auch weisen englische Blätter darauf hin, daß unsere U-Boote hauptsächlich neutrale Schiffe versenkten. Demgegenüber können wir auf Grund einer Mit⸗ teilung von maßgebender Seite feststellen, daß allein in der Zeit vom 28. April bis 3. Mai von einem U⸗Boot an der englischen Westküste sieben feindliche Dampfer versenkt worden sind, nämlich die englischen Dampfer „Mobile“, „Cherbourg“, „Fulgent“, „Edale“ und „Minterne“, der russische Dampfer „Svoronow“ und der französische Dampfer „Europe“. Mit nicht geringerem Erfolge ist der U⸗Bootshandelskrieg an der Ostküste fortgesetzt worden. Im ganzen sind in der Zeit vom 28. April bis 5. Mai 29 Dampfer und drei Segelschiffe, mithin 32 Fahr⸗ zeuge, versenkt worden. 88
Berlin, 11. Mai. (W. T. B.) Aus zuverlässiger Quelle erfahren wir, daß die englische Cunard⸗Linie und die White Star⸗Linie bis auf weiteres ihren Dienst völlig eingestellt haben. Die Agenturen der beiden Linien haben Anweisung erhalten, keine Fahrkarten mehr auszugeben.
St. Petersburg, 11. Mai. (W. T. B.) Eine Ab⸗ teilung von Kreuzern der Baltischen Flotte, die im süd⸗ lichen Teil der Baltischen See auf der Höhe von Windau kreuzte, tauschte einige Schüsse auf großer Entfernung mit
stark erschüttert.
einem feindlichen Kreuzer und Torpedobooten aus, die von ihrer größeren Schnelligkeit Gebrauch machten und einem Kampfe auswichen. Sie verschwanden in südlicher Richtung. (Wie „W. T. B.“ mitteilt, handelte es sich um ein Zusammentreffen unserer zur Aufklärung vorgeschobenen leichten Streitkräfte mit russischen Schiffen. Die Russen verschwanden in nördlicher Richtung.) 3
Frederikshavn, 12. Mai. (W. T. B.) Der Drei⸗ master „Anna“ aus Marstal, der gestern mit Kohlen aus Wemyes hier eintraf, brachte 9 Mann der schwedischen Bark „Elsa“ mit, die auf der Reise von Helsingborg nach Granton mit Props von dem deutschen Unterseeboot „U 9“ in Brand gesteckt worden war.
Parlamentarische Nachrichten.
Dem Reichstag sind ein dritter Nachtrag zu der Denkschrift über wirtschaftliche Maßnahmen aus Anlaß des Krieges und ein vierter Nachtrag zu der Zusammenstellung der Anordnungen, die der Bundesrat auf Grund des §3 des Gesetzes über die Ermächtigung des Bundes⸗ rats zu wirtschaftlichen Maßnahmen usw. vom 4. August 1914 erlassen hat, nebst einem Anhang zugegangen, der die seit An⸗ fang März 1915 erlassenen Ausführungsbestimmungen des Bun⸗ desrats und des Reichskanzlers zu wirtschaftlichen Maßnahmen aus Anlaß des Krieges enthält.
Das Mitglied des Hauses der Abgeordneten Humann (Zentr.), Vertreter der Kreise Wiedenbrück, Pader⸗ born und Büren im Regierungsbezirk Minden, ist nach einer Meldung des „W. T. B.“ vom 11. d. M. in Neuenkirchen bei Wiedenbrück gestorben.
Wohlfahrtspflege.
„Die Kriegsblindenstiftung der Deutschen Gesellschaft für künstlerische Volkserziehung veröffentlicht einen Aufruf, der unter⸗ zeichnet ist von Ihren Köntglichen Hoheiten dem Prinzen und der Prinzessin August Wilhelm, dem Grasfen Bolko von Hochberg, Frau von Itne, dem Staatsminister 1). Dr. von Studt und einer Anzahl angesehener Persönlichkeiten, die auf dem Gebiet der Krüppelfürsorge sachverständig sind. Die Stiftung stellt sich die Aufgabe, sofort, solange nicht die Erhaltungspflicht des Staates in Kraft treten kann, den Bedauernswertesten unter unseren Kriegs invaliden, den Erblindeten, eine nutzbringende Beschäftigung zu verschaffen, die sie gleichzeitig vor den Gefahren be⸗ wahrt, die das Grübeln über ihr Schicksal mit sich bringt. Die Leute sollen unter gleichzeitiger Erlernung der Blindenschrift zu Telefonisten, Schreibmaschinisten, Masseuren ausgebildet werden, soweit nicht die übrichen Blindenberufe in Frage kommen. Gleichzeitig sollen sie durch eine musikalische Erziehung sich einen dauernden Prot erwerben, ihnen ihre Mußestunden erhellt. Eine berufliche Ausbilrung Musik soll nur ganz ausnahmsweise bei besonderer Begabung erfolgen. Die Geschäftsstelle der Kriegsblindenstiftung befindet sich in Berlin⸗ Wilmersdorf, Emser Straße 3. Spenden werden dort entgegen⸗ genommen oder sind zur Gutschrift auf das Konto Nr. 18 530 (Deutsche Gesellschaft für künstlerische Volkserzie ng) des Pof amts Berlin NW. 7 einzuzahlen. 8 8
Kunst und Wissenschaft.
Die Sammlung mittelalterlicher italienischer Plastik im Kaiser Friedrich⸗Museum ist in den letzten Jahren, vornehmlich aus Anlaß des 50 jährigen Dienstjubtläums des Generaldirektors Wilhelm von Bode, durch Schenkungen sehr erheblich bereichert worden. Im Maitheft der „Amtlichen Berichte aus den Königlichen Kunstsammlungen; gibt der Kustos, Professor Dr. Wulf in Wort und Bild eine Beschreibung der namhaftesten dieser Neuerwerbungen. Das älteste Stück trägt detorativen Charafter. Es ist eine mit Ornamenten gezierte Fensterverschlußplatte aus dem longobardischen Kreise aus vortrefflich hartem Stuck. Das Gitterwerk besteht nicht aus dem typischen Bandgeschlinge, das zahlreiche Denkmäler der Kirchen⸗ einrichtungen des 8. bis 10. Jahrhunderts in Italien schmückt, sondern noch aus dem einfachen Kreisgeflecht der Antike. Zu den cht⸗
lehnten Motiven der longobardischen Kunst, die die Platte auf⸗
weist, gehören neben dem gleichförmig verwendeten Rankenwerk auch Rosetten. Zeitlich dürfte das Stück in das 8. Jahrhundert zu fetzen sein, die Herkunft der Platte aus Mittelitalien steht durch zuver⸗ lässige An aben fest. — Zwei Jahrhunderte jünger ist ein ebenfalls im römischen Kunsthandel erworbenes Bruchstück eines Kalk⸗ steinbalkens, der wohl zu einem Portal gehört hat. — Höbere Bedeutung als dieses Ueberbleibsel besitzt sowuhl in gegenständlicher wie in stilistischer Hinsicht eine in drei Stücken erhaltene Reltef⸗ platte aus Marmor, die sich unschwer zu einer einheitlichen Dar⸗ stellung ergänzen läßt. Die auf den Stücken wiedergegebenen Szenen sind merkwürdig genug und scheinen doch alle aus demselben Vor⸗ stellungskreife geschöpft zu sein. Die Grundvorstellung spricht sich am deutlichsten im größten und vollständigsten Relief aus. Wir erblicken auf ihm etnen hunkdsköpfigen Menschen, der nach einem Baum hinauflangt, einen jungen Kentauren sowie ein drittes menschenähnliches, langbehaartes und anscheinend gehörntes Wesen, die sich augenscheinlich an einem Baumzweig gütlich tun wollen. Offenbar sind also Fabelwesen dargestellt, die im Walde leben. Die mittelalterliche Volkskunst hat hier eine unklar be⸗ wahrte Erinnerung an antike Mtschwesen zu verkörpern versucht. Der gehörnte Mann ist wohl ein Satyr, den Hundsköpfigen mag die byzantinische Kunst geltefert haben. Auf einem der kleineren Bruchstücke ist gleichfalls ein von einem Baumzweig essender Satyr dargestelt. Die größere Reliefplatte aber trägt als zweite Szene zwei in Liebesumarmung begriffene ähnliche Wesen unter einer Baum⸗ laube. Das Relief dürfte im 10. Jahrhundert im longobardischen Herzogtum Spoleto entstanden sein. — Der Fortschritt der Figuren⸗ bildung in den folgenden Jahrhunderten läßt sich an mehreren. Kapitellen beobachten. Den altertümlichsten Stilcharakter etwa der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts vertritt unter ihnen ein Kämpferkapttell aus Kalkstein. Es stellt auf jeder Seite zwei Rücken an Rücken auf dem Hinterteil sitzende und einer den andern größten⸗ teils verdeckende Löwen dar, die ihre Zähne in ein von unten aufragendes jugendliches Menschenhaupt schlagen. Das Bestreben, für jede der vier Ansichten den Löwenkopf vollständig zu zeigen und doch das Zu⸗ sammenstoßen mit dem der Nebenseite zu vermeiden, hat zur teil⸗ weisen Verschmelzung der Oberkiefer und Stirnen geführt und ein sonderbares Gebilde mit zwei Rachen erzeugt. Das ist aber für diese Stilstufe durchaus bezeichnend; in der Regel pflegt die Vereinigung sogar noch weiter zu gehen, sodaß ein einziger Kopf verschiedenen Tier⸗ oder sogar Menschengestalten angehört. — Ein größeres Kapitell nähert sich dem Typus des korinthischen Blattkapitells und trägt auf jeder Seite einen aufgerichteten Greifen; ein drittes Kapitell verrät noch deutlicher eine bewußte Annäherung an die antike Form, bewahrt in den Figuren aber den Charakter an die mittelalterliche Groteske. Sie wild durch zwei üher Kreuz sitzende Löwen gebildet, deren unverhältnismäßig große Köpfe an den Ecken mit je einem von der Nebenseite in der oben erwähnten Art