1915 / 116 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 20 May 1915 18:00:01 GMT) scan diff

S werde

1“

Großbritannien und Irland. Im Unterhause teilte der Premierminister Asquith

mit, daß man Schritte zur Neubildung des Kabinetts

auf breiterer persönlicher und politischer Grundlage tun wolle, und erklärte laut Bericht des „W. T. B.“:

Es sei noch kein enegültiger Beschluß gefaßt worden, aber um Mißverständnissen zuvorzukommen, wünsche er jedermann klar zu machen, daß erstens die geplanten Veränderungen die Stel⸗ lungen des Ministerpräsidenten und des Staatssekretärs für Aus⸗ wärtige Angelegenheiten nicht berühren würden, daß zweitens keinerlei Aenderung in der Politik des Landes im Hinblick auf die

ortsetzung des Krieges mit aller Energie und allen Mitteln beab⸗ ichtigt sei, daß drittens jede Neubildung des Kabinetts, die um des Kriegszweckes willen geschehe, nicht als ein Aufgeben der politischen Ideale irgendeiner Partei ausgelegt werden solle. Asquith bekräftigte die Erklärung Bonar Laws und sagte, die Opvosition würde lediglich von der Erwägung geleitet, welches die beste Methode zur erfolgreichen Beendigung des Krieges sei.

Hierauf kamen verschiedene Anfragen zur Beantwortung.

Der Untersekretär Mac Namara erklärte auf eine An⸗ frage, das deutsche Luftschiff, das am Sonnabend Southend beschossen habe, sei zuerst um 2 ¾ Uhr und zuletzt um 4 ½ Uhr früh gesehen worden. Die Admiralität wäre benach⸗ richtigt worden, und in wenigen Minuten sei eine Anzahl Flugzeuge von verschiedenen Luftstationen des Bezirks aufgestiegen, aber dichtes Gewölk habe die Verfolger bebindert. Mac Namara lehnte es ab, die an Churchill gerichteten Fragen zu beantworten, oh bei dem Untergang der „Lusitania“ verschiedene Kriegsschiffe, die sich in-Queenstown und Milford Haven befunden hätten, zur Stelle hätten sein können.

Der Minister des Innern MacKenna sagte in Beantwortung einer die deutsch⸗feindlichen Ausschreitungen ia London be⸗ treffenden Anfrage, es Leien dabei 257 Personen, darunter 107 Polizei⸗ beamte, verletzt und 866 Personen verhaftet worden. Der Umfang des Sachschadens sei noch nicht ermittelt. b

„Der Abageordnete Joynson Hicks (Opposition) fragte den Premier⸗ minister Asquith unter Bezugnahme auf die deutschen Berichte, ob ein Schlachtkreuzer oder Schlachtschiff oder ein anderes Kriegs⸗ schiff während der letzten drei Monate verloren gegangen oder vom Feinde zerstört worden sei außer denjenigen, deren Namen die Admiralität veröffentlicht habe. Asquith erwtderte, die Admiralität habe die deutschen Berichte dementiert. Asquith bezog sich übrigens auf seine Erklärung vom 22. April über die Zensur.

Der Abgeordnete Markham (Lireral) fragte, ob das Haus nicht wissen dürfe, was man auf der Straße wisse, worauf Asquith ant⸗ wortete, wenn man es auf der Straße wisse, wisse das Haus es auch. Markham warf ein: Aber nicht offistell! Ioynson Hicks fragte dann, ob der Premierminister seine Antwort nicht nochmals in Erwänung ziehen wolle. Aequith erwiderte hierauf, er bedauere, daß ein Abge⸗ ordneter derartig dränge.

„Auf eine weitere Anfrage erwiderte der Premierminister, eine Erörterung der Munitionsfrage sei inopportun und vielleicht für die strategische Lage nachteilig. Die Gelegenheit hierzu werde später zu einer günstigeren Zeit kommen. Augenblicklich sei er mit Rücksicht auf die Interessen des Landes entschieden gegen eine derartige Debatte. In der weiteren Besprechung sagte Lloyd George, die Abgeordneten seien sehr sanguinisch, wenn sie glaubten, daß der Krieg in 6 Monaten beendet sein werde.

Lord

„— Im Oberhause gab der Kriegsminister Kitchener eine Uebersicht über die Kriegslage. Er führte aus:

Die französische Offensive südlich von La Bassée weise bereits einen völligen Erfolg auf und schreite fort mit allen Anzeichen weiterer vöoͤllig befriedigender Ergebnisse. Die britische Offensive gegen die Kuppe von Aubers, die planmäßig vor gehe, hoffentlich bedeutende Ergehnisse erzielen. Die Russen hielten nach einem verzweifelten Widerstande gegen den öster⸗ reichisch⸗ungarischen und deutschen Vormarsch jetzt eine starke Linie von den Ostkarpathen bis zur Weichsel mit Przemyesl als Haupt⸗ bollwerk. Die Fortschritte der Truppen auf der Halbinsel Gallipoli seien wegen der großen Geländeschwterigkeiten natürlich langsam, aber die Türken würden allmählich aus ibren sehr starken Steluungen herausgeworfen, und obwohl der Feind beständig Verstärkungen heranziehe, seien die Nachrichten durchaus befriedigend. Die Besetzung Windhuks habe den letzten Abschnitt des süd⸗ afrikanischen Feldzuges eröffnet. Mesopotamien werde all⸗ mählich von allen feindlichen Streitkräften gesäubert. Die Herstellung von Munition habe zweifellos eine beträchtliche Verzögerung erfahren infolge der beispiellosen, fast unbegrenzten Anforderungen, die an die Hilfsquellen und an die Industriellen gestellt würden. Seitdem seien sehr erhebliche Fortschritte in der Herstellung gemacht worden. Die Herstellung hochexplosiver Granaten für die Feld⸗ geschütze sei bei Anfang des Krieges vorbereitet worden, und obwohl die Neuartigkeit der Kriegsmunition natürlich Verzögerungen und Schwierigkeiten für die Industriellen mit sich brächte, würde England in sehr naher Zukunft in einer befriedigenden Lage betreffs der Lleferung dieser Geschosse an die Armee in der Front sein. Bei den jüngsten offensiven Operationen hätten die englischen und die

anzösischen Truppen schwere Verluste erlitten, aber die Aufgabe der Armeen erheische große Opfer. Der Geist und die Moral der Truppen seien nie höher gewesen.

6 Rußland.

Der Kaiser Nikolaus ist gestern an der Front ein⸗ getroffen.

8

Italien.

Der deutsche und der österreichisch⸗ungarische Bot⸗ schafter haben dem „Matin“ zufolge dem Minister des Aeußern Sonnino eine Verbalnote überreicht.

Der König wurde gestern auf seinen Fahrten durch die Stadt zur Besichtigung von Truppenteilen von der Bevölkerung mit Enthusiasmus begrüßt. Gegen Abend fand laut Meldung des „W. T. B.“ eine große Kundgebung auf dem Kapitol statt, an der mehrere tausend Menschen teilnahmen; dabei hielt der Bürgermeister von Rom, Principe Colonna, umgeben von allen Assessoren und Stadträten, von der Höhe der berühmten Doppeltreppe des mit Fahnen geschmückten Senatorenpalastes eine patriotische, aber im Gegensatz zu manchen anderen Reden der letzten Tage maßvolle Ansprache. U. a. sagte er: „Wir

müssen den Blick auf unseren jungen König richten und uns daran erinnern, daß, wenn er uns eine Bahn weist, wir die Pflicht haben, ihm vertrauensvoll zu folgen.’“ Fürst Colonna endigte seine Rede mit einem begeistert aufgenommenen: „Viva- il Re!“ Dann ergriff der sozialistische Abg. Podrecca das Wort zu einer Lobrede auf Marine und Heer, die jedoch durch die Ankunft d'Annunzios unterbrochen wurde. Letzterer trat neben den Bürgermeister und sprach seinerseits zum Volk, indem er unter lautem und stets erneutem Beifall den Entschluß des Königs feierte. Nach d'Annunzios Rede zogen die Demonstranten unter Absingen von National⸗ liedern, während die große Glocke des Kapitolturmes er⸗ tönte, die sonst nur an nationalen Feiertagen geläutet wird, zur französischen Botschaft, wo die französische Fahne aufgezogen war. Diese wurde von der Menge unter Neigung ihrer Fahnen mit Hochrufen begrüßt. Der französische Botschafter Barrère erschien auf dem Balkon des Palais Farnese und warf mit

gehalten.

Dann hielt er eine französische Ansprache, in der er sagte, daß er in der Kundgebung des römischen Volkes die erfreulichen Vorzeichen für den gemeinsamen Sieg der Franzosen und Italiener sehe. Auf seine erneuten Rufe „Evviva l'Italia!“ wurde mit lebhaften Hochrufen auf Frankreich geantwortet. Nach einem Vorbeimarsch am Ministerium des Innern, wo Salandra lebhafte Huldigungen dargebracht wurden, löste sich der Demonstrantenzug ohne Zwischenfälle auf.

In Bologna beriet der Vorstand der sozialistischen Partei mit Vertretern des allgemeinen Arbeiterbundes und der sozialistischen Parlamentsgruppe über die Haltung, welche die Partei in der Kriegsfrage einzunehmen habe. Den „Basler Nachrichten“ zufolge wurde jeder Gedanke an einen General⸗ streik fallen gelassen. Eine Tagesordnung wurde angenommen, in der die unerschütterliche Abneigung des Proletariats gegen die Teilnahme Italiens am Kriege bestätigt und die parlamentarische Gruppe verpflichtet wird, gegen jede Kreditforderung für Kriegszwecke zu stimmen. Alle Organisationen werden zur Abhaltung von neutralistischen Kundgebungen aufgefordert.

Portugal.

Die portugiesischen Kriegsschiffe haben nach einer Meldung des „Progrès“ erneut Lissabon beschossen. Etwa hundert Personen wurden getötet, darunter mehrere Spanier. Der Kampf in den Straßen dauerte den ganzen gestrigen Tag an.

Die portugiesische Gesandtschaft in Berlin hat aus Lissabon die Nachricht erhalten, daß der Ministerpräsident Chagas sich besser befinde und die Präsidentschaft des Ministeriums behalte. Das Ministerium des Aeußern übernehme Teixeira de Cueiroz. Im ganzen Lande herrsche Ruhe. Die im Auslande ver⸗ breiteten beunruhigenden Gerüchte seien falsch.

MNorwegen.

Vor dem Seegericht in Kristiania haben gestern die Sach⸗ verständigen, Minendirektor Bruusqaaard und Marinekapitän Gottwaldt, ihr Gutachten über die Ursache des Unterganges des Dampfers „America“ abgegeben. Wie „W. T. B.“ meldet, geht dieses dahin, daß das Schiff aller Wahrscheinlich⸗ keit nach von einem losgeschossenen selbstbeweglichen Torpedo getroffen worden sei. Irgendein positiver Beweis für die Richtigkeit dieser Annahme könne nicht angegeben werden, nur der mittelbare Beweis, daß die Art der Explosion und die Lage des Explosionszentrums ihre Erklärung fänden, wenn das Fahrzeug von einem dagegen abgeschossenen Torpedo getroffen worden wäre. Deshalb sei es kaum wahrscheinlich, daß das Fahrzeug auf eine Mine gestoßen sei.

8 Schweiz.

Zwischen der Schweiz und Italien ist nach den „Basler Nachrichten“ ein Abkommen über einen Austauschver⸗ kehr abgeschlossen worden. Die schweizerische Bundesregierung wird ausführen lassen: Zuchtvieh entsprechend dem eingeführten Gewicht des Schlachtviehs, monatlich 1200 Zentner Zelluloid⸗ waren, 3000 Tonnen Abfalleisen, Farben, Anilinstoffe, Oele und 250 Wagen Holz.

In Erwartung großer Rücktransporte von italienischen Staatsangehörigen aus Deutschland und Oesterreich⸗Ungarn durch die Schweiz und zum Teil auch aus der Schweiz selbst, hat die italienische Gesandtschaft in Bern, wie „W. T. B.“ meldet, das mit den Bundesbahnen über die Rück⸗ beförderung von unbemittelten italienischen Staats⸗ angehörigen im August vorigen Jahres abgeschlossene Ab⸗ kommen erneuert. Die mittellosen Italiener werden demnach auf Kosten der italienischen Regierung unter Anrechnung der üblichen Taxe für Gesellschaftsbillete nach Italien zurückbefördert. An den Grenzstationen werden Vertrauensleute der italie⸗ nischen Behörden über die unentgeltlichen Rücktransporte ihrer Landesangehörigen entscheiden, wobei die Bundesbahnen der italienischen Gesandtschaft in Bern Rechnung stellen werden. Die Transporte italienischer Staatsangehöriger aus Frankreich und Deutschland haben übrigens seit dem letzten August bis heute nie ganz aufgehöct. Die Heimbeförderung der Franzosen aus den von den Deutschen besetzten Gebieten Frankreichs durch die Schweiz ist vorläufig beendet. Vergangene Nacht hat der letzte Zug wiederum etwa 500 Personen durch die Schweiz nach Genf geführt. Im ganzen wurden seit dem 5. März in rund 130 Zügen insgesamt 60 000 Personen durch di Schweiz nach Frankreich befördert.

Griechenland.

Nach dem gestern mittag ausgegebenen Bericht dauert die Besserung im Befinden des Königs an. Die Temperatur betrug 37,4 Grad.

Amerika.

Die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika erwägt der „New York Evening Post“ zufolge eine neue Protestnote an England über die Behandlung des amerikanischen Handels. Die Note soll ebenso nach⸗ drücklich sein, wie die Konterbandenote vom Dezember. In amtlichen Kreisen wachse die Erregung, da England trotz aller Versicherungen seine alte Politik der Verschleppung fortsetze, sodaß 40 amerikanische Schiffe, darunter etwa 28 mit Baum⸗ wolle beladene, in englischen Häfen festgehalten seien. Baum⸗ wolle im Werte von 2 500 000 Pfund Sterling lagere in englischen Häfen.

Kriegsnachrichten.

Westlicher Kriegsschauplatz. 8

Großes Hauptquartier, 19. Mai. (W. T. B.) Nördlich von Ypern nahmen die Kämpfe auf dem östlichen Kanal⸗ ufer einen für uns günstigen Verlauf. Südlich von Neuve Chapelle setzten die Engländer nach starkem Artilleriefeuer an einzelnen Stellen zu neuen Angriffen an. Sie wurden überall abgewiesen. Auf der Loretto⸗Höhe nahmen wir einige feindliche Gräben und erbeuteten dabei zwei Maschinengewehre. Ein starker französischer Angriff gegen den Südteil von Neuville brach unter schwersten Verlusten für den Feind in unserem Feuer zusammen. Im Priesterwald versuchten die Franzosen um Mitternacht vorzubrechen, wurden aber durch unser Artilleriefeuer nieder⸗ Oberste Heeresleitung.

20. Mai. (W. T. B.)

65

Großes Hauptquartier,

dem Rufe „Evviva l'Italia!“ Blumen auf die huldigende Menge.

Trübes, unsichtiges Wetter hemmte gestern in Flandern und

Artilleriestellung wurden ebenfalls vernichtet. englisch⸗französischen Truppen verbessert sich jeden Tag. Die türkischen Verluste sind schwer.

quartier teilt mit: gestern keine Aktion zu Lande stattgefunden. dagegen zwangen unsere am Ufer versteckt angelegten Batterien am

Nordwestfrankreich die Gefechtstätigkeit. Auf der Lorettohöhe machten wir kleine Fortschritte. Bei Ablain wurde ein nächtlicher feindlicher Vorstoß im Nahkampf abge⸗ wiesen. Zwischen Maas und Mosel war der Artilleriekampf besonders heftig. Gegen Morgen gingen die Franzosen östlich Ailly in breiter Front zum Angriff vor, der überall, zum Teil in erbittertem Handgemenge, von uns ab⸗ gewiesen wurde. Oberste Heeresleitung.

Oestlicher Kriegsschauplatz.

Großes Hauptquartier, 19. Mai. (W. T. B.) Aus der Linie Shagori Frauenburg sind gestern stärkere feindliche Kräfte angetreten. Nördlich und südlich des Njemen dauern die Kämpfe weiter an.

Oberste Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 20. Mai. (W. T. B.) Mit den aus der Linie Shagori Frauenburg im Vormarsch gemeldeten stärkeren feindlichen Kräften ist es zu keiner Gefechts⸗ berührung gekommen. An der Dubissa wurden russische Angriffe abgeschlagen, 900 Gefangene und zwei Maschinengewehre blieben in unserer Hand. Gestern griffen wir nördlich Podubis an, nahmen die Höhe 105 und machten weitere 500 Gefangene. Die südlich des Njemen vordringenden russischen Kräfte wurden bei Grycsz⸗ kabuda⸗Syntowty Szaki völlig geschlagen. Die Reste des Feindes flohen in östlicher Richtung in die Wälder, kleinere Abteilungen halten noch Sutki. Die blutigen Ver⸗ luste der Russen waren sehr schwer, die Zahl der Gefangenen erhöhte sich deshalb nur auf 2200, ferner wurden 4 Maschinen⸗ gewehre erbeutet. Oberste Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 19. Mai. (W. T. B.) Die Russen versuchten gestern das weitere Vorschreiten unserer über den San (nördlich Przemysl) vorgedrungenen Truppen durch⸗ Gegenangriff aufzuhalten. Alle diese Angriffe scheiterten unter schweren Verlusten für den Feind. Eine aus Hannoveranern und Oldenburgern bestehende Division hat in den letzten beiden Tagen bei den Kämpfen um den San⸗ übergang 7000 Gefangene gemacht sowie 4 Geschütze und 28 Maschinengewehre erbeutet. Zwischen Pilica⸗ und oberer Weichsel sowie südöstlich Przemysl werden die Kämpfe fortgesetzt. Oberste Heeresleitung.

Wien, 19. Mai. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: Die auf das östliche San⸗Ufer vorgedrungenen verbündeten Truppen warfen gestern starke russische Kräfte, die sich nordöstlich Jaroslau neuerdings gestellt hatten, bis über die Lubaczowka zurück. Sieniawa wurde erobert, der Uebergang über den San auch dort erzwungen; hierbei 7000 Gefangene gemacht, 8 Geschütze erbeutet. In den Morgenstunden versuchte feindliche Gegenangriffe wurden blutig zurückgeschlagen. Die Kämpfe am oberen Dnjestr und in der Gegend von Stryj dauern fort. Unsere Angriffs⸗ kolonnen erstürmten nördlich Sambor mehrere Höhen⸗ stellungen der Russen und eroberten vom Feinde hart⸗ näckig verteidigte Ortschaften. An der Pruth⸗Linie hat sich nichts Wesentliches ereignet. In Russisch⸗Polen wird im Berglande von Kielce gekämpft. .

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabs. von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Großes Hauptquartier, 20. Mai. (W. T. B.) Unsere über den San nördlich Przemysl vorgedrungenen Truppen wurden gestern nachmittag erneut von den Russen in verzweifelten Anstürmen angegriffen. Der Feind wurde überall unter sehr erheblichen Verlusten zurück⸗ geworfen. Heute früh gingen wir auf einem Flügel zum Gegenstoß über und stürmten die Stellungen des Gegners, der eiligst flieht. Oberste Heeresleitung.

1

Der Krieg zur See.

Haag, 19. Mai. (W. T. B.) Wie die „Nieuwe Courant“ meldet, teilen Fahrgäste der „Transylvania“, die in Glasgow ankamen, mit, daß sie, als das Schiff in die Kriegszone kam, 300 Yards hinter dem Schiff ein Untersee⸗ boot bemerkten. Die „Transylvania“ fuhr zuerst im Zickzack und flüchtete dann unter Volldampf.

London, 19. Mai. (W. T. B.) Das „Reutersche Bureau“ meldet, daß der Dampfer „Drumecree“, der gestern Barry verließ, torpediert worden ist; die Besatzung wurde gerettet.

London, 20. Mai. (W. T. B.) Das „Reutersche Bureau“ meldet aus Cardiff über die Torpedierung des Schiffes „Drumcree“: Die „Drumcree“ wurde gestern mittag in der Höhe von Trevose Head torpediert. Der erste Torpedo versenkte das Schiff nicht. Es wurde von einem norwegischen Dampfer ins Schlepptau genommen. Beide Schiffe wurden von einem Unterseeboot verfolgt. Der Norweger durchschnitt deshalb das Kabel und dampfte weg. Hierauf wurde ein zweiter Torpedo auf die „Drumeree“ abgefeuert, de den Dampfer zum Sinken brachte. Das norwegische Schiff nahm die Besatzung an Bord, die dann von dem nieder⸗ ländischen Dampfer „Magdalena“ nach Cardiff gebracht wurde.

Der Krieg der Türkei gegen den Dreiverband.

„London, 19. Mai. (W. T. B.) Der amtliche eng⸗ lische Bericht über die Kämpfe an den Dardanellen lautet: Die Brigade des Generals Cox schlug am 12. Ma einen Angriff mit schweren Verlusten für den Feind zurück Am nächsten Tage kam eine Doppelkompagnie von Gurkhas eine halbe Meile vorwärts und verstärkte das eroberte Gelände während der Nacht trotz sehr heftiger Gegenangriffe. Am 16. Mai machte eine Division von Lancashire Territorials be⸗ trächtliche Fortschritte. Ihre Haubitzenbatterie vernichtete eine Anzahl von türkischen Munitionswagen und eine türkische Kanone. Die feindlichen Schützengräben mit der neuen Die Lage der

Konstantinopel, 19. Mai. (W. T. B.) Das Haupt⸗ An der Dardanellenfront hat auch

Auf dem Meere

17. Mai das englische Schlachtschiff „Defence“, seinen

Ankerplatz zu verlassen und sein Feuer gegen unsere Land⸗

aiterien einzustellen. Am 18. Mai Vormittags beschossen je französischen Linienschiffe „Charles Martel“ und „Henri IV.“ mnit Torpedobootszerstörern unsere Infanteriestellungen auf dem zumelischen Abschnitt, zogen sich aber vor dem Feuer unserer gatteren auf dem asiatischen UUfer zurück. Am Nachmittag nachten die englischen Linienschiffe „Implacable“ und „Lord gelson“ einen gleichen Versuch, wurden aber auch verjagt; vom Felson“ fielen infolge der Ungenauigkeit seines Feuers 600 Granaten ins Wasser. Unsere Verluste sind ganz gering. güchts Wichtiges auf den anderen Kriegsschauplätzen.

Konstantinopel, 19. Mai. (W. T. B.) Seit einigen ragen bemerkt man bei den französischen Kriegsschiffen in den Gewässern südlich der Wilajets Smyrna und Konia lebhafte Tätigkeit. Der Panzerkreuzer „Jeanne d'Arc“ lief am 45. Mai in den Hafen von Marmaras ein, beschlagnahmte die glaggen mehrerer Barken und führte zwei Barken weg, darunter ene mit Holz beladene. Auch im Golf von Adalia beschlag⸗ nahmte derselbe Kreuzer einige Barken. Ein anderer Kreuzer landete Soldaten im Hafen von Tschaguil bei Fenike, um Vieh und Feflügel zu requirieren. Gendarmen und Miliz verjagten den fend 1 der Abfahrt gab der Kreuzer 150 Schüsse gegen

Statistik und Volkswirtschaft.

Der Tabakbau im deutschen Zollgebiet.

Nach dem kürzlich erschienenen Jahrgang 1913 der „Statistischen Nachweisungen aus dem Gebiete der landwirtschaftlichen Verwaltung von Preußen“ und der Statistik des Deutschen Reichs waren 1913 im deutschen Zollgebiet 14162,s ha mit Tabak bepflanzt, deren Ertrag in dachreifem, trockenem Zustande 25 833 689 kg. wog und ohne Steuer einen Preis von 13 082 263 erzielte. Der urchschnittliche Gewinn eines Hektars betrug also 1824 kg oder 4⁴ ℳ, der mittlere Preis für 100 kg 50,64 ℳ.

Tabak bauten 1913 86 953 Pflanzer. Von diesen bepflanzten 23728 eine Fläche von weniger als 1 a, 3733 1— 4 a, 16 047 4 bis 10 a, 26 615 10 25 a, 15 573 25 a 1 ha, 1257 1 ha und mehr. In Preußen, Elsaß⸗Lothringen und Luxemburg war am häufigsten der Anbau der kleinsten Fläͤchen von noch nicht 1 a, in Bayern, Baden, Hessen, Mecklenburg und Anhalt herrschte der Anbau von 10— 25 a vor; die Höchstzahlen der übrigen Staaten lagen zwischen 1 und 10 a.

Die Tabakernte des Deutschen Reichs war im Jahre 1913 die ungünstigste des Jahrzehntes 1904 1913. Geringer Anbau

nur 1905 wurde noch etwas weniger bestellt und eine Frucht⸗ harkeitszitffer unter dem Mittel wirkten zusammen. Auch die Güte war, wenn nach dem Verkaufspreise geurteilt werden darf, unter dem Durchschnitt. Es betrug

der Wert ohne Steuer

der ganzenn von Ernte 100 kg 1000 100 kg

14 405 41,5 21,7 16 210 50,4 2,6 18 812 58,3 21,8 16 767 57,7 18,7 21 797 62,9 23,7 18 794 66,7 17,4 21 488 74,5 18,7 17 342 59,4 17,2

der Gewinn vom Hektar

die Tabak⸗die Tabak⸗ fläche ernte

ha. 1000 kg

LI 15 883 34 381 905 14 111 31 860 906 .. 14 684 32 075 he .. 15 405 28 839 1908 14 525 34 409 1909 16 185 28 178 1910 15 404 28 854 1911 17 017 29 181 1912 15 775 38 856 22 196 57,1 24,6 1913 14 162 25 83 13 082 50,6 18,2 8

Die mittlere Ernte eines mehrjährigen Zeitraumes ist be⸗ zeichnender als die Ernte eines Jahres. Als Mittel aus den zehn Jahren 1904/13 zählte im Reiche die Tabakfläche 15 315 ha, die Tabakernte 31 247 000 kg, der Wert der Ernte 18 089 000 * 100 kg 57,% ℳ), der Gewinn vom Hektar 2050 kg oder

Am lohnendsten war der Tabakbau in dem Jahrzehnt 1904/13 in der Rheinprovinz und in Elsaß⸗Lorhringen mit 1879 und 1513 Gewinn vom Hektar, am weniagsten lohnend in den Provinzen Schlesien und Ostpreußen mit 740 und 814 ℳ.

Für den Tabakbau werden 6 Hauptgebiete unterschieden: 1) die Pfalz mit den bayerischen Hauptamtsbezirken Kaiserslautern, Landau und Ludwigshafen, den badischen Steuerbezirken Heidelberg, Mannheim, Schwetzingen, Sinsheim und den hessischen Hauptamts⸗ betrken Darmstadt und Worms, 2) Elsaß Lothringen, 3) badisches Oberland, aus den nicht zu 1 gerechneten badischen Steuerbezirken be⸗ stehend, 4) Gegend von Nürnberg und Fürth, 5) Uckermark und Odermündung, d. s. die preußischen Hauptamtsbezirke Eberswalde, Prenzlau, Frankfurt a. O., Stettin, Wolgast und der mecklenburgische Hauptamtsbezirk Neubrandenburg, 6) alle anderen Tabakgegenden. für diese 6 Pauptgebiete werden Anbau und Ertrag für 1913 und das Mittel aus 1904/13, wie folgt, beziffert:

Ertrag an trockenen dachreifen

Anbau Blättern

1913 1904/13 1913 1904/13

im vom im vom ganzen Hektar ganzen Hektar 1000 kg 100 Kkg. 1000 kg 100 kg.

Hauptgebiete

ha ha.

Elsaß⸗Lothringen.. hadisches Oberland. Gegend von Nürn⸗ berg und Fürth. termark und Oder⸗ mündung. . aͤlle anderen Tabak⸗

gegenden 1 371 1 731 3 047 4 078 deutsches Zoll⸗

gebiet . 14 162 15 315] 25 834 31 247 20 5. z. Gerade die beiden bedeutendsten Tabakgebiete, die Pfalz und das bndische Oberland, blieben 1913 um 26 und 24 % hinter dem zehn⸗ sährigen Mittel zurück, sodaß auch der trotz geringeren Anbaues um 2 % größere Ertrag der Uckermark und Odermündung das Weniger des Gesamtertrages nur auf 17 % ermäßigen konnte.

8 902 3 694 9 321

484

6 580 14,1

24,2

4 661 1 483 3 939

268

2 440

4 815 1 432 3 591 4 309 7 096

283 502

2 745 5 018 4 768

8 Wohlfahrtspflege.

Notzbarmachung der weiblichen Arbeitskräfte als Ersatz für männliche.

88 Der Vorsitzende des Zentralarbeitsnachweises in Berlin, Landesrat dr Freund teilt mit: Auf dem Arbeitsmarkt ist zurzeit ein nrfindlicher Mangel an männlichen Arbeitskrästen und ein Ueberfluß en weiblichen vorhanden. Bei den Arbeitsnachweisen werden Tausende den mäͤnnlichen Arbeitskräften dringend verlangt, die nicht gestellt derden können, während Tausende von Arbeiterinnen beschäftigungslos erumgehen und Arbeltslosen⸗ oder sonstige Unterstütung in Auspruch medmen. Es erscheint deshalb dringend motwendtg, daß in noch weit nößerem Umfsange als bleher versucht wird, weibliche Fdeitskräfte als Ersatz für männliche heranzuziehen. HDer

veröffentlicht der Dresdner Augenarzt Sanitätsrat Schanz imn

Berliner Zentralarbeitsnachweis hat bereits zahlreiche Ver⸗ mittlungen für Arbeitsstellen getätigt, die sonst nur von männlichen Ardeitskräften besetzt waren, so z. B. in der Metall⸗ industrie: Arbeiterinnen für die Drehbank, die Stanzerei und zum Kohlenstampfen, für das Drehen von Granaten, für Schraubendieben und für Klempnerei, in der chemischen Industrie; zum Pillendrehen, Füͤllen, Stampfen (mehrere Apotheken stellen auch Frauen als Haus⸗ diener ein), in der Lederindustrie: Arbeiterinnen für Sattlerei an der roßen Sattlermaschine und an der großen Schuhmachermaschine, in Bierbrauereien: Flaschenspülerinnen an der Maschine, in der Be⸗ kleidungsindustrie: Frauen als Büglerinnen und Stepperinnen für Konfektion, in Buchdruckereien: als Schriftsetzerinnen und Ein⸗ richterinnen, ferner für zum Verladen, für Tischlereien, für Koblenplätze, für Holzhandlungen, als Heize⸗ rinnen und Fahrstuhlführerinnen, ebenso als Radfahrerinnen und Kutscher. Bei einigem guten Willen und einiger Nach⸗

sicht der Arbeitgeber könnten zahlreiche Lücken, die sich jetzt sehr

empfindlich geltend machen, ausgefüllt werden. Die Arbeitgeber folten daher in ihrem eigensten Interesse und im Interesse der All⸗ gemeinheit erwägen, ob und in welchem Umfange bei Mangel an männlichen Arbeitskräften weibliche zum vorüber⸗ gehenden Ersatz eingestellt werden können. Außetdem regt Landesrat Dr. Freund an, daß auch Behörden möglichst wenig Be⸗ amte und Angestellte vom Kriegsdienst reklamieren und frei werdende Stellen im Kanzlei⸗ und Registraturdienst mit weiblichen Arbeits⸗ kräften besetzen möchten. Der Zentralarbeitsnachweis wird bald eine besondere Abteilung für die Vermittlung solcher Arbeitsstellen für weibliche Personen einrichten.

Die Zentralstelle für Volkswohlfahrt gibt bekannt: Die Gefahr einer Zersplitterung in der Fürsorge für die Kriegs⸗ invaliden und Hinterbliebenen scheint zu wachsen. Fast täg⸗ lich ist in den Zeitungen von neuen Plänen und Gründungen zu lesen, die die Errichtung von Heldenheimen, Invalidenhäusern, Waisen⸗ anstalten usw. auf besonderen Grundlagen bezwecken und hierfür Geld sammeln. Der Eifer, der sich allenthalben für das Wohl der Kriegs⸗ invaliden und der Hinterbliebenen regt, ist sehr anerkennens⸗ wert, darf aber nicht einer sachverständigen Leitung entbehren. Glücklicherweise sind wir in den vergangenen Kriegs⸗ monaten auch in der sozialen Fürsorge zu einer Sammlungspelittk und dem Beginn einer festeren Organisation gelangt. Unter der Mitarbeit der erfahrensten Sachverständigen werden immer stärker die Grundsätze einer großzügigen Fürsorge herausgearbeitet, in deren Gefüge viele der neu auftauchenden Pläne nicht hineinpassen. So gilt es z. B. als einer der wichtigsten Grundsätze, Kriegsbeschädigte nur im äußersten Notfall in Anstalten unterzubringen, sonst aber in dem Heer der Arbeitenden untertauchen zu lassen, als ob nichts ge⸗ schehen sei, d. h. nach erfolgter Heilung, der zuständigen Rentenversorgung und Vermittlung von Arbeit entsprechend der verbltebenen Leistungs⸗ fähigkeit. Bei der Gründung von Bünden, Verbänden und Gesell⸗ schaften für allgemeine Wohlfahrt oder für besondere Wohlfahrtszwecke sollte daher niemals versäumt werden, den Rat wirklicher Sachverständiger einzuholen. Die altbekannten großen Wohlfahrtsorganisationen werden meist in der Lage sein, einen solchen zu erteilen. Im übrigen kann hier für unpartetische Auskunftertetlung auf allen Gebieten der Wohlfahrtspflege die Zentralstelle für Volkswohlfahrt, Berlin W. 50, Augsburger Straße 61, genannt werden, die bekanntlich gemeinsam von den Reichs⸗ und Staatsämtern, einem großen Teil der Kom⸗ munalbehörden, den zentralen großen Wohlfahrtsorganisationen und

privaten Unternehmungen unterhalten wird.

Eine 7. Konferenz für Trinkerfürsorge wird am Pfingst⸗

Dienstag und ⸗Mittwoch, 25. und 26. Mai, im Landeshaus der Pro⸗

vinz Brandenburg in Berlin (Matthälkirchstraße 20/,21) abgehalten werden. Die Tagesordnung ist folgende: Eröffnungsansprache: Senats⸗ präsident, Wirklicher Geheimer Oberregterungsrat D. Dr. von Strauß und Torney, Berlin; Warum ist die Trinkerfürsorge gerade in der Kriegszeit besonders wichtig und besonders nötig? (Geheimer Re⸗ gierungsrat Dr. Dietz, Darmstadt); Wie werden die besonderen Schwierigkeiten persönlicher, sachlicher und sinanzieller Art, welche der Trinkerfürsorge in der Kriegszeit entgegenstehen, überwunden? (Amtmann Specht, Heidelberg, Pfarrer Ebeling, Saarbrücken); Einwirkung der in der Kriegszeit getroffenen Maßnahmen der Militär⸗und Zivilbehörden auf die Arbeit der Trinkerfürsorge (andesrat Kraß, Münster); Welche Aufgaben fallen den Staats⸗ und Gemeindebehörden zu für den Kampf gegen die Alkoholschäden in der Kriegszeit? (Stadtrat Rosenstock, Königsberg i. Pr.); Die Alkoholkranken im Felde (Sanitätsrat Dr. Colla, Bielefeld); Die Trinkerheilstätten in der Krtegszeit (Pastor Kruse, Lintorf); Berichte aus Trinkerfürsorgestellen (Reallehrer Bihler, Sturtgart; Lehrer Ewald, Barmen; Frl. Lübsen, Oldenburg; Dr. med. Mulert, Freiberg i. Sa; Dr. Neumann, Wien; Pastor Reymann, Liegnitz). Bitten um Eintrittskarten (unberechnet), um Programme und um Auskünfte sind an die Geschäftsstelle des Deutschen Vereins gegen den Mißzbrauch geistiger Getränke, Berlin W. 15, Uhlandstraße 146, zu richten. Nach den erfolgten Anmeldungen zahlreicher Vertreter von Staats⸗ und Gemeinde⸗ behörden, Wohlfahrtsstellen und vereinen aus allen Deutsch⸗ lands sind eingeh örterungen teresse zu erwarten. v11““ 1u““

Aus Zürich wird dem „W. T. B.“ berichtet: Da die vom inter⸗ nationalen Kinderschutzkongreß in Brüssel im Jahre 1913 beschlossene Begründung einer internationalen Zentrale für Kmderschutz und Jugendfürsorge in Brüssel wegen des Krieges nicht erfolgen konnte und da es doch wünschenswert ist, daß die internationalen Be⸗ ziehungen auf dem Gebiete des Kinderschutzes und der Jugendfürsorge erhalten werden, so hat sich die Schweizer Zentrale für Jugendfürsorge, Kinder⸗ und Frauenschutz bereit erklärt, während des Krieges die Vermittlung zu übernehmen. Sie hat idre guten Dienste allen großen Jugendfürsorgeorganisationen der euro⸗ päischen Länder angeboten.

Kunst und Wissenschaft.

Ueber die Wirkungen des Lichts auf die lebende Zelle der „Münchner Medizinischen Wochenschrift“ neue Untersuchungen, die deshalb doppelt interessant sind, weil sie sowohl tdeoretische Aaf⸗ klärung bringen, als auch zu praktischen Schlußfolgerungen füdren. Die letzteren können auch insofern, als sie sich auf den Sormenstich beziehen, vielleicht für die Hygiene des Sommerfeldzuges dedeutungs- voll werden. Das Licht wirkt auf die lebende Zelle, den der es uaf⸗ genommen wird, als chemischer Retz. Wie bhaben wir uns die chemische Wirkung des Lichtes dabet zu denken? Wir wissen, da chemische Prozesse durch Licht beschleunigt werden. Abr Ber⸗ spiel können bier die bekannten Umwandlungen de* an⸗ sarbstoffes, die Bildung des Methämoglobins aus Onrhämer. globin angeführt werden. Durch die Beeinflassung der dee en Avidität der reaagierenden Stoffe kann se nach Umstäühdem Spaltung oder Aufbau bewirkt werden. Es können meddehhene Sioffe gebildet werden, die andere euzisch. Pecheste in ihrem Verlauf beschleuntgen. Einblick in den Verloenf des Jelent⸗ lebens können wir gewinnen durch Studiam der Vernderangev, dis die chemischen Bestandteile der Zellen durch Licht erleiden, vnd dasch Erforschung der Wirkungen des Lichts auf die wermalerwerse in Ge⸗ webe sich abspielenden Vorgänge. Oie wichttasten Bestandieele der Zelle sind die Eiweißkörper, und wir wlsen aus Unternsuchungen, das⸗ diese photosensidel, also Uchtempändlich sind. Versuche dahen gezeigt,

daß sie unter dem Einstuß mrpwehiger Lichtfteaen Regaheren, daßs

unter der Lichtwirkang 1eliche Chveihkörper d enhadnden ühengesüarn werden. Nun entdält sowohl das Tagesneht whe da weht der küͤnitlichen Lichtqu Uen iwen sehr. Nevde’eden Feksih solchen kurpwelligen vnsichtdatneg Shhadken. des Femrich, he⸗

sonders wirksam sind. Schonz hat den Einfluß solcher Lichtstrahlen auf das Auge näher untersucht. Ganz be⸗ sonders hat er sich mit der Einwirkung auf die Eiweinkörper der Augenlinse beschäftiat. Die Ezweißkörper siad kolloidale Stoffe. Es ist bekangt, daß kbolloidale Lösungen unter Lichteinwirkung rascher aueflocken. Durch das Licht werden die 8 kleinsten Teile zu größeren Aagregaten zusammengeballt, aus leicht⸗ löslichen Stossen schwerlösliche. Wir kennen nun in der Linse einen Prozeß, der sich während des ganzen Lebens abspielt und der darin besteht, daß sich aus leichtlöslichen Eiweißlösungen schwerer lö⸗liche bilden. Es ist dies die Stlerose des Linsenkerns. Wenn wir am Ende des Lebens Trübungen in der Linse, den sogenannten grauen 8 Star beobachten, so ist dies das Ende dieses Umwandlungsprozesses der Erweißkörver durch das Licht. Die Versuche ergaben die Be⸗ stätigung der Richtigkeit dieser Anschauung. Weitere Untersuchungen von Schanz zeigten auch, daß gleiche Verhältnisse auch für das Serumeiweiß des Blutes gelten, und er glaubt, daß das, was für Eiereiweiß, Linseneiweiß und Serumeiweiß zutrifft, vielleicht mit einigen Abänderungen für alle Eiweißkörper Geltung 1 hat. Das Licht verändert den Aufbau der Eiweißkörper 3 in dem Sinne, daß aus leichtlöslichen schwerlösliche Eiweißkörper werden. Es will Schanz scheinen, als ob dies das biologische Grund⸗ gesetz über die Wirtung der strahlenden Energie auf die lebende Substanz darstellte. Wie das Licht die Eiweißstoffe der Linse ver⸗ härtet und zur Sklerose des Linsenkerns führt, so wirkt 28 auch auf die Zellen der Haut. Wir sehen, daß die Haut an den Stellen, die beständig der Lich einwirkung ausgesetzt sind, im Laufe des Lebens derber wird als die Haut, die vor Lichteinwirkung mehr geschützt ist. Beim Sonnenstich kann das Licht im Blut Veränderangen erzeuger die nicht sichtbar sind, und es können vielleicht durch derartige Ver⸗ änderungen der gelösten Eiweißstoffe Bedingungen geschaffen werden, die das Leben gefährden. 6 Literatur.

Aus der periodischen Kriegsliteratur sei zunächst der Inhalt der in den letztvergangenen Wochen erschienenen Dest der von Ernst Jäckh herausgegebenen Flugschriftenfolge deutsche Krieg“ karz skizꝛiert. Im Heft 43 „‚Hygienische Betrachtungen über Volksernährung im Kriege gibt der Professor Dr. Karl v. Noorden⸗Frankfurt a. M. einen knappgefaßten Ueberblick über den Einfluß der ve änderten Wirtschaftsweise auf die Ernährungsmöglichketten kommt zu dem Schluß, daß die in Deutschland verfügbare Gesamt nahrungsmenge dann ausreichen werde, wenn eine gründlich⸗ Aus vas und Verteilung der Nahrungsm tiel vorgenommen werde. In wercs⸗ Weise der einzelne dabei mitzuarbeiten habe, dafür gibt der Verfa eine Reihe von Winken und Anregungen. Im 44. Bändchen Oesterreich⸗Ungarn und der Krieg geht der Professo Dr. Otto Hötzsch den Gründen nach, aus denen sich die Bora⸗ setzung der uns feindlichen Mächte, die habsburgtiche Dovpel⸗- monarchie werde unter den Kriegswehen mfoig hr völkeschen Gegensätze auseinanderfallen, als irrig erwiesen bat. Verfasser untersucht den während des Kriegs zutage getretenen 2geee Zusammenschluß der in Oesterreich⸗Ungarn vereinten Bölker nach 2 sachen und Wirkungen und weist auf die künftigen Aufgaben bi. sie im Verein mit dem Deutschen Reiche als Vormacht gegen der Südosten zu erfüllen haben dürften. Im folgenden Heft behand der Professor Dr. W. Gerloff „den wirtschaftlichen Im perialismus und die Frage der Zollvereinigung Deutschland und Oesterreich⸗Ungarn“, mätrend der Berliner Rechtslehrer Professor Dr. o von 6 Bild des deutschen Volksgeistes im Krier sich im Heere und bei den Daheimgebliedenen in si 1 schaftlicher Kraft mächtig offenbart habe und ju der Zuverficht arm Recht gebe, daß er, der uns beim Kriegsausbruch sichtdar erschien nicht wie ein glänzendes Metenr den Blicken wierer entschmund. sondern auch heute, nach langer Kriegsdauer, dem inneren Auge seine unvermiderte Wurkungskrart cffenbart. Ueber Deutschland u Aegppten handelt im 48. Heft der Pearrer der deutsch⸗e Gemeinde ig Plexrandrien Erich Meyer auf Grund 2 persönlicher Erfährungen und gründlicher Kenntuis der Palittschen wirtschaftlichen und kulturellen Berhättnisse Aegyoteng. L Vorgeschichte der englischen Protektoratserklärung he pricht er den Eimffu des Deurschtums, der sich in kultureller, niche Hinsicht bemerkbar zu machen begann. Gegenüber der Abfperrun Aegyptens durch England müsse das Bestretem Drutschlands und seiner Bundesgenossen dabin ztelen, auch in Aegypten freir Buhmn für ihren wirtschaftlichen und kultarellen Einfluß zu schuffen. Im 47. Hest „Mit Schwert und Pflug”“ Figt der Professur Ur. Kurt von Rüncker, wie der Ausungerungsvlan Englands an deemn bohen Stand und der Leistungssähigkert der deutschen vandwirtt 1 zu schanden geworden ist. Er bdefpricht die Maßnahmen, auf Brund deren es der Landmwirtschaft gelang, den umgestalteien Verkältntssen des Krieges ungef tragen. Auch in Zukunft die deutsche Volkzermährung vom Augtand so unahhüngtg wie möglich zu halten, sei eine ungdmeisbare Pfticht, die Schutz und Pffege der heimischen Landwirtschaft in sich schließe. Jedes irser Sammlung, die im Verlag der Deutschen Verlagsanttalr in Stutt. gart und Bertin erscheinen, koster 50 ₰4. In der ber S. Dirzek in Berlin erschetnenden Sammlunm „Zwischen Krirg und Fredrn 8 liegen drei neue Hefte vor. Das Thema „Die Ethte ungd de 1 bebandelt im 22. der Prwessur an der Uniberfitkt München

8 Er geht dadei wm einer Jusammenfassung igen Ansichten aus, die den Krieg schlechthin ais emm Uenei, le⸗ trachten und setne Unnereinbarkeit mmt den Formnen des mtlichen Verhaltens aller Art betaunten. Nach einer Kertik dieser An⸗ schauungen schränkt der Verfasser sein Themu auf dir Fraue ein,

n. 2*

ungesäumt Rechnung zu

Deft

2n

wie Erhik zu amem noprenatgen Kriege zu steilen babe. und beiputt tfache, daß auch die strengsten Vertreter des absninten Friedenes⸗

die ethische Anerkennung demienigen unter den Frietge

Stznten nicht zu vertagen pflegen, der sich in der Noat⸗ wehr befindet. Der Notmeirk irg und die sich in ihm ergebencem Notmehrdandlungen werden dann unter Dinzutiehung den Bei⸗ spielen aus der kungsten Vergangenheit näüher brhandeit und darunt Rngewiesen, daß auch Angriffskriege unter Umstanden den Ihatakker vom Notwehrkriegen dahen können. Vrr einem weiterrn Fantei vird⸗ der ethische Wert des Gedankeng unterucht, daß esm Krien wüch. . billmgen fei, durcch den eine Natiun LEner anderen geaennben die mternationala Stellung erstreht, Re ihr vermage ihrer Kraft detsächlich zukemmt, und s dine geichchttiche Gruude lage sfün die echische Beuntrilung des Kriezes geunnen⸗ Die sinlichen Werie, die ein sniches Vötferrtnwen ertlat arr steigeri. werden daun gestreift und schlieBlich der einsig neoch übrig ierdenern Eimmand gegen die ethische Verechtigung einen neswendigen risges

der Kritcg überhaupt nicht notwendtg sei, vaerrtücet und dis darhaltbarkeit den Gliaubend an einen emsgen Friedeit, der dureh v0. eorechtliche Verträhe und durch ein —— Jaxahster werden nmir, A9 unerreichburrs Idra erwissen. Ta. 31. Bändchen behandelt Pauh Harmo die Faus ach der Reltaug der Pasteben nach dem Kutete Er hetoant, daßz de ei gewhen volitrschen Parielen inn Deutschland Komservatrismens, Kerilerigmges, eheramgde und Suziglternud) vor Kriegsbeginn sich im, etnenn. Illanen zn mnbuüdung und des unrzhigenn Uebergannes efngern EE1up.“ frahe, üeh, wdeiee, ee rstasken der Staatsgetinnunge das r Krieg gescttigt hat, auf Re. einazsinen Parteien nenr en verds. n Gegensatz zu der dolitrschen Bescmestimmüung. img Kriegs e.h. hondele sich heute ncht umt ein entftehendes, ondern ans eta rrs Keichsgefühl und Reses verde gearnüder Mer Arxt von Dagn dnus sich geddftigt erwernseg. Die wögliche Stellung der Pantsieg gegenühben

Keseun erftarbttn Rrichenefühl vird doon besenders. it Roasicht onk

die nach dem Krieg N eiwartenden vexlamenbegischen. ugaSekN sucht, sowohl Ne whrlschaftlich inuziellen wis Re elbtarchen. eEe ischeidende Fraue dabel vehde, ein, ob e Arten. von Avigahen

Nehrhelten sich werden psen lassen. Dnher I h