Bremervörde auszuführenden, mit dem Enteignungsrecht aus⸗ gestatteten Unternehmen der Kultivierung und Besiedlung des Brockohs⸗Moores in Ebersdorf stattfindet. 1 Berlin, den 29. Mai 1915. Das Staatsministerium. Delbrück. Beseler. von Breitenbach. 9n Trott zu Solz. Frhr. von Schorlemer. von Loebell. Helfferich.
Sydow. Lentze.
“ .
Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 28 der Preußischen Gesetzsammlung enthält unter Nr. 11 431 eine Verordnung, betreffend Erweiterung der Urkunde über die Erneuerung des Eisernen Kreuzes vom 5. August 1914, vom 4. Juni 1915, unter Nr. 11 432 einen Erlaß des Staatsministeriums, betreffend Anwendung des vereinfachten Enteignungsverfahrens bei der Erweiterung der zur Königlichen Geschoßfabrik in Siegburg gehörigen Anlagen, vom 27. Mai 1915, und unter
Nr. 11 433 einen Erlaß des Staatsministeriums, betreffend Anwendung des vereinfachten Enteignungsverfahrens bei dem Unternehmen der Kultivierung und Besiedlung des Brockohs⸗ Moores in Ebersdorf im Kreise Bremervörde, vom 29. Mai 1915.
Berlin W. 9, den 9. Juni 1915.
Königliches Gesetzsammlungsamt.
Deutsches Reich. “ Preußen. Berlin, 10. Juni 1915.
Der Bundesrat versammelte sich heute zu einer Plenar⸗ sitzung; vorher hielten der Ausschuß für Handel und Verkehr, der Ausschuß für Justizwesen sowie die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Justizwesen Sitzungen.
Wie die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ meldet, ist nach einer Mitteilung der hiesigen amerikanischen Botschaft das Gefangenenlager von Casabianca auf der Insel Korsika aufgehoben worden. Die dort untergebrachten Zivilgefangenen sind nach Uzès (Departement Gard) üͤbergeführt worden. 8
Nach einer weiteren Mitteilung der hiesigen amerikanischen Botschaft wird das Gefangenenlager in Montlouis aufgehoben werden. Von den dort untergebracht gewesenen Gefangenen sind die Zivilgefangenen sämtlich nach Uzés (Departement Gard) und die Kriegsgefangenen bis auf etwa hundert Soldaten, die anderswohin verbracht werden sollen, nach Cette und Castres übergeführt worden
Schon im November v. J. hat die deutsche Regierung die Forderung gestellt, daß die deutschen Kriegs⸗ und Zivil⸗ gefangenen aus Afrika an klimatisch einwandfreie Orte geschickt werden sollten. Diese Forderung ist durch die Ameri⸗ kanische und auch durch die Spanische Botschaft verschiedentlich wiederholt worden. Die Französische Regierung hat es für nötig gefunden, darauf nur zu antworten, daß die Deutschen in Dahomey an gesunden Orten lebten — was nicht zutrifft — und daß nur diejenigen nach Frankreich zu senden wären, deren Gesundheit einen längeren Aufenthalt in Afrika nicht gestattete. Frankreich hat also diese Forderung nicht erfüllt.
Wie die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ mitteilt, befinden sich zurzeit annähernd 400 deutsche Kriegs⸗ und Zivilgefangene in Dahomevy, teils aus Kamerun, teils aus Togo, und mehrere Tausende von Kriegs⸗ und Zivilgefangenen in Marokko und Tunis und den anderen französischen Besitzungen. Uebereinstimmende sichere Nach⸗ richten besagen, daß unsere Deutschen dort, an den verschiedensten Plätzen verteilt, und besonders in Dahomey geradezu schmachvoll be⸗ handelt werden. Zum größten Teil müssen sie in glühender Sonnen⸗ hitze schwere körperliche Arbeiten verrichten (Wegearbeiten, Steine⸗ klopfen usfw.). In Dahomey ist ihre Bekleidung völlt unzureichend. Sie durften nichts aus Kamerun oder Togo mitnehmen; in den leichten Sachen wurden sie im Herbst 1914 nach Dahomey gebracht. „Abgerissen“, mit leichten Kopfbedeckungen, verrichten e ihre Arbeit. Sie wurden fast nie in Europäerwohnungen gebracht, sondern leben in selbst erbauten Lehm⸗ oder Strohhütten, ohne Moskitonetze, auf Strohmatten, ja auf dem nackten Fußboden. Zum Teil zimmerten sie sich ihre Betten selbst. Sie müssen selbst kochen, eine Bedienung wird ihnen zum Teil versagt. Die Bewachung ge⸗ schieht in entwürdigender Weise durch Schwarze, die den Weißen ihre Macht zeigen. Die französische Zeitschrift „Minoir“ hatte sogar die Stirn, dies in einem Bilde zu bringen, das von einem höhnischen Kommentar begleitet war. Es fehlt an den nötigen Medizinen, wie Chinin usw., und an ärztlicher Hilfe. Ein französischer Arzt sagte: „Die Männer sollen leiden.“ Das Klima in Dahomey ist eines der mörderischsten der ganzen Westküste Atrikas; nicht nur deutsche, sondern auch französische Fachleute haben sich in diesem Sinne geäußert. Gelbes Fieber, Schwarzwasserfieber, Malaria sind an der Tages⸗ ordnung. Man kann sich nur mit Hilfe von Moskitonetzen gegen die Insekten schützen Wenn es auch Orte geben mag, die für den Europäer einigermaßen bewohnbar sind, so ist das Klima im allge⸗ metnen eines der ungesündesten. 1
Nicht besser ergeht es unseren Kriegsgefangenen in Nordafrika. Mit dem fortschreitenden Sommer erböhen sich dort die Tages⸗ temveraturen auf 50 und 60 Grad Celsius. Ohne Tropenhelme müssen unsere braven Soldaten in dieser Gluthitze schwerste Arbeiten verrichten. Das einzige, was die französische Regierung bis jetzt zu⸗ gestanden hat, ist eine Verlängerung der Mittagspause von 11 bis 3 Uhr. Nach übereinstimmenden Urteilen von Fachmännern ist es für Europäer, und noch dazu für solche, die des Klimas ungewöhnt sind, ohne Gesundheitsschädigung unmöglich, diese Arbeiten auszuführen.
Noch schlimmer erscheint es, daß die Franzosen auch Verwundete
und Kranke nach Afeika gebracht haben und ohne Erbarmen zur Arbeit zwingen. Die Ernährung ist auch hier durchaus unzureichend. Die Pakete aus der Heimat kommen in den meisten Fällen beraubt oder gar nicht an; auch die Geldsendungen gehen sehr unregelmäßig ein. Die Strafen sind außerordentlich grausam, eine Tatsache, die aus der Fremdenlegion schon längst bekannt ist. Vielfach haben Kriegsgefangene aus Verzweiflung uüber ihre Lage den Lockungen zum Eintritt in die Fremdenlegion nachgegeben, wo sie es natürlich auch nicht besser haben. Aus einer großen Anzahl von Briefen hört man übereinstimmend die erschütternden Klagen über die Leiden unserer ge⸗ fangenen Krieger in Afrika heraus. Hierbei ist zu bedenken, daß alle Postsachen der Prüfung durch die Zensur unterliegen und die Leute nicht das schreiben können, was sie wollen. Aber durch die eidlichen Avssagen zurückgekehrter Frauen und Missionare, und in durch⸗ geschmuggelten Nachrichten zeigt sich stets dasselbe traurige Bild.
Unsere Heeresverwaltung hat sich gezwungen gesehen, da alle Verhandlungen erfolglos blieben, nunmehr zu Taten, d. h. zu energischen Gegenmaßregeln zu schreiten. Das mörderische Klima von Dahomey steht uns nicht zur Ver⸗ fügung, auch auf dem Wege der Erniedrigung der weißen Rasse durch die Aufsicht von Schwarzen vermag Deutschland dem Kulturstaat Frankreich nicht zu folgen. Aber man wird kriegs gefangene Franzosen in ungefähr gleicher Anzahl wie unsere Kriegs⸗ und Zivilgefangenen in Afrika, aus den schönsten Gefangenenlagern, wo sie alle Annehmlichkeit und alle Fürsorge seitens der Lagerkommandanturen genießen, zu Arbelten in die Moorkulturen überführen. Die Auswahl der Ge⸗ fangenen wird ohne jede Rücksicht auf soziale Stellung und Beruf geschehen, genau so, wie es Frankreich mit unseren Kriegsgefangenen in Afrika macht. Wir wollen dadurch er⸗
reichen, was der Appell an die Menschlichkeit Frankreichs und
langmütigste Verhandlungen bisher nicht erreicht haben.
Der heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ liegen die Ausgaben 529, 530 und 531 der Deutschen Verlustlisten bei. Sie enthalten: Hinweise, betreffend An⸗ fragen nach Kriegsteilnehmern, sowie die 245. Verlustliste der preußischen Armee, die 189. Verlustliste der bayerischen Armee, die 156. Verlustliste der sächsischen Armee, die 197. Verlust⸗ liste der württembergischen Armee und die 33. Verlustliste der Kaiserlichen Marine.
Sachsen⸗Weimar.
Aus Anlaß seines heutigen Geburtstages hat Sein Königliche Hoheit der Großherzog, wie die „Weimarische Zeitung“ meldet, die nachstehende Landesherrliche Kund⸗ gebung erlassen:
In Anbetracht der schweren und ernsten Zeit, in der das deutsche Vaterland gegenwärtig steht, habe Ich bereits früher den Wunsch zu erkennen gegeben, daß an Meinem diesjährigen Geburts⸗ tag die Hundertjahrfeier der Annahme der Großherzoglichen Würde durch Meinen verewigten Ahnherrn Carl August, ruhmreichen An⸗ gedenkens, mit kirchlichen und Schulfeiern begangen, von sonstigen festlichen Veranstaltungen jedoch abgesehen werde.
Es ist mir aber herzliches Bedürfnis, den Gefühlen des Dankes Ausdruck zu verleihen, die Mich bei diesem für Mein Haus und Land gleich bedeutsamen Ereignis beseelen.
In dankbarem Aufblick zu Gott gedenke Ich der gnädigen Führung und der vielfachen Segnungen, die Mein Haus und Mein Land während des verflossenen Jahrhunderts erfahren haben; mit aufrichtigem Danke gegen den Höchsten erfüllen Mich insbesondere in der jetzt über das deutsche Vaterland hereingebrochenen schweren Prüfung die sichtbaren Beweise der göttlichen Gnade.
Das Deutsche Reich hat in einem Kampfe ohnealeichen Ehre und Dasein zu verteidigen. Mit Be.I sind auch in Meinem Lande alle wehrfähigen Männer und Jünglinge dem Ruf zu den Waffen gefolgt, und für Mich ist es eine selbstverständliche Pflicht gewesen, Selbst mit in den Krieg zu ziehen und mit Meinen Landeskindern die Beschwerden und Gefahren des Feldzuges zu teilen.
Mit gerechtem Stolz und größter Dankbarkeit gedenke Ich der außerordentlichen Leistungen, die die Angehörigen Meines Landes bisher auf den Schlachtfeldern vollbracht haben, mit Anerkennung und Dank aber auch der schweren Opfer, die die Daheimgebliebenen willig auf sich genommen haben, sowie der unzähligen Beweise von werktätiger und selbstloser Hilfsbereitschaft, in welcher sich vater⸗ ländische Gesinnung und wahre Nächstenltebe erhebend offenbart.
Endlich spreche Ich für alle Beweise treuer Anhänglichkeit, die Mir und Meinem Hause bei dem jetzigen bedeutsamen Anlaß dar⸗ gebracht werden, Meinen landesfürstlichen Dank aus.
Möge der Geist des Heldenmutes und der Opferwilligkeit, wie er vor einem Jahrhundert während der Freiheitskriege in den schweren Drangsalen und Nöten jener Krtegszeit lebendig war und auch während des jetzigen Krieges sich bei den Kämpfern draußen und der heimischen Bevölkerung von neuem bewährt, zum Wohle unseres engeren und weiteren Vaterlands auch fernerhin schöne Früchte zeitigen! Mein herzlicher Wunsch, in dem Ich Mich mit allen Meinen Untertanen eins weiß, ist es, daß Gott den deutschen Waffen auch fernerhin den Sieg verleihe und unserem Vaterland einen dauerhaften und ehrenvollen Frieden schenke, unter dessen Segnungen auch Mein Land in den kommenden Zeiten sich gesicherter Wohlfahrt erfreuen möge.
Gegeben
Weimar, den 10. Juni 1915. Wilhelm Ernst.
In derselben Nummer der „Weimarischen Zeitung“ wird
ein Landesherrlicher Erlaß über die Nieder⸗ schlagung von Untersuchungen gegen Kriegsteil⸗ nehmer veröffentlicht, demzufolge Seine Königliche Hoheit der Großherzog genehmigt, daß die bis zum heutigen Tage noch nicht rechtskräftig erledigten Untersuchungen gegen Teil⸗ nehmer an dem gegenwärtigen Kriege niedergeschlagen werden, soweit sie vor dem heutigen Tage und vor der Einberufung zu den Fahnen begangene Uebertretungen, Vergehen mit Aus⸗ nahme derjenigen des Verrats militärischer Geheimnisse, Ver⸗ brechen im Sinne der §§ 243,244, 264 R.⸗St.⸗G.⸗B., bei denen der Täter zur Zeit der Tat das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, zum Gegenstande haben. Ob noch in anderen Fällen die Niederschlagung der Untersuchung erfolgen soll, bleibt späterer Entschließung vorbehalten. Ausgeschlossen von den Gnaden⸗ erweisen sind Personen des Soldatenstandes, gegen die wegen begangener Straftaten durch militärgerichtliches Urteil auf Entfernung aus dem Heere oder der Marine oder auf Dienst⸗ entlassung erkannt ist oder wird, sowie andere Personen, die mit Rücksicht auf eine Straftat ihre Eigenschaft als Kriegsteil⸗ nehmer verloren haben oder verlieren werden. Das Staats⸗ ministerium hat die zur Aussührung dieses Erlasses erforder⸗ lichen Bestimmungen zu treffen.
Endlich hat Seine Königliche Hoheit der Großherzog in dankbarer Anerkennung an die ruhmvolle Beteiligung seiner Landeskinder an den Kämpfen in dem gegenwärtigen Kriege die Stiftung eines Wilhelm Ernst⸗Kriegskreuzes
Oesterreich⸗Ungarn. Der Ausschuß des Beirates der Kriegsgetreide⸗Verkehrs⸗ gesellschaft für Vorsorgen, betreffend die neue Ernte, hat laut Meldung des „W. T. B.“ einstimmig einen Antrag angenommen, nach dem die neue Ernte für die Bedürfnisse der Bevölkerung gesichert und jeder Spekulation und irrationellen Verwertung entzogen werden soll. Hierzu wäre die gesamte Ernte von Staatswegen zu beschlagnahmen mit Ausnahme des Eigenbedarfs der landwirtschaftlichen Bevölkerung. Zur Durch⸗ führung dieser Aufgabe sei die Kriegsgetreide⸗Verkehrsanstalt berufen. Es sei dringend notwendig, daß auch der Heeres⸗ bedarf bei der Kriegsgetreide⸗Verkehrsanstalt angesprochen und durch sie aufgebracht werde. Eine zweckmäßig durchgeführte individuelle Aufnahme der Ernteflächen und Ernteerträge wäre
*
ehestens einzuleiten. Die Regierung wird handlungen mit Ungarn einzuleiten, um den Reichsländern den statistischen Durchschnitt der Importe des letzten Jahres zu sichern. Die Verbrauchsregelung sei aufrechtzuerhalten und die tägliche Verbrauchsmenge im Nahmen des Ernteertrages zu erhöhen. Die Kleie sei für die Viehhaltung zu sichern.
Der Ministerpräsident Graf Stürgkh und die Minister Freiherr von Heinold, Dr. Schuster, Zenker und Freiherr von Engel haben sich gestern abend nach Budapest begeben, wo heute Konferenzen mit der ungarischen Regierung in der Frage der Behandlung der kommenden Ernte statt⸗ finden werden.
— Die günstigen Ergebnisse der letzten Musterungen, unterstützt durch die Ueberprüfung der bisherigen Enthebungen, haben es obiger Quelle zufolge ermöglicht, den für den 21. Juni 1915 in Aussicht genommenen Einberufungstermin der den Geburtsjahrgängen 1878 bis einschließlich 1886 angehörenden österreichischen Landsturmpflichtigen und bosnisch⸗herzego⸗ winischen Dienstpflichtigen in Evidenz der zweiten Reserve auf den 15. Jull hinauszuschieben. 1
Großbritannien und Irland.
Ueber die Besetzung der irischen Lordkanzler⸗ stelle ist in der gestrigen Kabinettssitzung keine Einigung erzielt worden. Die parlamentarischen Korrespondenten der „Daily News“ und des „Daily Chronicle“ geben zu verstehen, baß, wenn Asquith Campbell nicht ernenne, Carson aus dem Kabinett scheiden werde und vielleicht auch andere Minister, sodaß der Regierung kaum etwas anderes übrig bleiben würde als die Auflösung des Parlaments.
— Die „Times“ berichten, daß die Regierung beabsichtige, die ausstehenden parlamentarischen Arbeiten einschließ⸗ lich des Etats möglichst bald zu erledigen. Es sei daher eine lange Vertagung binnen wenigen Wochen zu erwarten. Die Session werde fortdauern, aber ohne lange Perioden par⸗
lamentarischer Tätigkeit.
— In der gestrigen Sitzung des Unterhauses erklärte der Handelsminister RKunciman auf eine Anfrage, er habe mit den Londoner Kohlenhändlern eine Beschränkung ihrer Gewinne während des Sommers vereinbart und verhandle darüber mit den London versorgenden Grubenbesitzern, die bisher un⸗ befriedigende Vorschläge gemacht hätten. Der liberale Ab⸗ geordnete Markham wies darauf hin, daß die italienische Regierung für die italienische Flotte jetzt englische Kohlen mit 35 Schilling die Tonne gegen früher 17 Schilling bezahlen müsse. Hierauf kritisierte Dalziel (Liberal), daß die Minister hinter dem Rücken des Parlaments ihre Gehälter untereinander zu gleichen Teilen verteilen wollten. Der Premierminister Asquith legte Verwahrung dagegen ein, daß sich das Haus um die persönliche Verwendung der Ministergehälter kümmere.
Ueber die Beratung der Kommission, betreffend die Erx⸗ richtung des Ministeriums für Kriegsmunition, berichtet „W. T. B.“, wie folgt:
Der Abg. Dalziel (Liberal) hob die vorgestrige Versicherung des Staatssekretärs Simon hervor, daß die Verleihung einer größeren Vollmacht an den Minister oder die Frage der Mobilisierung der Arbeit nicht ohne die Mitwirkung des Parlaments erledigt werden könne. Simon beantragte, den Wortlaut der Bill zu ändern, sodaß nur die administrativen Kompetenzen des neuen Ministeriums durch Königliche Verordnung bestimmt werden sollen, und erklärte weiter, die Bill ermächtige nach dem neuen Text nicht ein allgemeines Register aller Personen in milttärpflichtigem Alter für Industriezwecke aufzustellen. Der Abg. Sherwell sagte, die Bill könne Lloyd George nicht ver⸗ hindern, sein in Manchester entwickeltes Programm durch Anwendung der Gesetze über die Reichsverteidigung auszuführen, die unter seine Verwaltung fielen. Der Abg. Anderson (liberal) wies darauf hin, daß die Rede in Manchester in der ganzen Arbeiterbewegung einen sehr ernsten Verdacht erwecke. Wenn der Staatssekretär des Innern die Versicherung gäbe, daß es nicht die Absicht des Kabinetts sei, die Gesetze für die Reichsverteidigung zur Einführung eines Staatszwangs zu benutzen, würde die Arbeiterpartei auf eine weitere Debatte der Bill verzichten. Der Generalstaatsanwalt Carson beantragte ein Amendement zu der Bill, um den Begriff der Kriegsmunition möglichst fassen. Die Kommission nahm sodann die amendierte
ill an.
ze Bei der dritten Lesung der Bill sagte der Abg. Booth (Liberal), die überwiegende Mebrheit der liberalen Partei werde dem neuen Minister begeisterte Unterstützung gewähren. Versuche, den Plan zu verkleinern, stellten nicht die Stimmung unter den Liberalen des Hauses dar. Es bilde sich der Kern einer kleinen Partei, die anscheinend später Schwierigkeiten machen werde, aber die liberale Seite des Hauses sei entschlossen, die Regierung zu unter⸗ stützen. Der Premierminister Asquith dankte hierfür dem Redner und sagte, die Regierung wolle die Kritik nicht unterdrücken. Der Abg. Dalziel (Liberal) begrüßte diese Erklärung und sagte, an⸗ gesichts der bekannten Tatsachen, die diese Bill im zehnten Kriegs⸗ monat notwendig machten, dürfe der Minister von den Abgeordneten nicht verlangen, daß sie auf die Kritik verzichten. Das Gesetz habe die Billigung des Landes. Der Abg. Markham (Liberal) sagte, im Hause bilde sich eine Partei, deren Mitgliederzahl an den Kingern einer Hand herzuzählen sei, die aus Freunden Deutschlands beständen. Auch dieser Redner trat für das Recht der Kritik ein und schlug vor, die Sitzungen unter Ausschluß der Oeffentlichkeit abzuhalten.
— Die nationalistische Partei versammelte sich gestern im Unterhause und nahm eine Resolution an, in der sie sich nachdrücklich gegen die Wehrpflicht erklärt. Die Partei fühle sich angesichts des Pressefeldzuges verpflichtet, ihre Gegnerschaft gegen die Wehrpflicht auszudrücken, und ver⸗ urteile die Versuche, das Freiwilligensystem zu vernichten, als skandalös und verräterisch. Sie werde jedem Versuch, die Wehrpflicht einzuführen, energischen Widerstand entgegensetzen.
— Der Staatssekretär des Innern Simon veröffentlicht den Bericht des Organisationskomitees der Kohlen⸗ industrie. Der Bericht besagt laut Meldung des „W. I. B.
Die Rekrutierung entzog der Industrie über 190 000 Arbeiter; die Folge war eine Verringerung der Produktion um 3 000 000 t oder 13 ½ % in den ersten sieben Kriegsmonaten. Die häufige Ab⸗ wesenheit von Bergleuten von der Arbeit bedeutet eine weitere Ver⸗ minderung der Produktion, die sonst um 13 bis 14 Milltonen ver⸗ mehrt werden könnte. Der Produktionsverlust des Jahres seit Kriegs⸗ beginn dürfte 36 000 000 t erreichen. Da jedoch die Ausfuhr um 24 000 000 t sank, würde der Nettoverlust 12 000 000 t betragen. Der Verlust wird noch größer werden, wenn die Bergleute weiterhin als Rekruten eingestellt werden, wodurch auch die Lage der Industrie ernstlich beeinträchtigt werden würde.
Der Bericht empfiehlt schließlich eine teilweise Aufhebung des Achtstundenarbeitstages, rät davon ab, mehr Frauen ein⸗ zustellen und die Altersgrenze für die ungen herabzusetzen, und betont die Notwendigkeit, daß das Publikum mit Kohlen, Gas und elektrischem Licht sparsam umgehe.
— Die neueste Verlustliste weist 70 Offiziere und über 3560 Mann auf.
aufgefordert, Ver⸗
ovah⸗
Der Brigadegeneral Bourgeois ist dem Unterstaats⸗ sekrelär des Krieges beigegeben worden, um die Verwaltung der Feldartillerie sowie des Munitions⸗ und Ausrüstungswesens durchzuführen. Spanien.
afolge von Unruhen und Kundgebungen für und gegen die wachsende Erregung hervorriefen, hat die Reaierung angeordnet, daß die strengsten Maßnahmen
r Wahrung der Neutralität durchzuführen seien. Republikaner, Sozialisten und die Reformpartei fordern die Auf⸗ hebung des Verbotes von politischen Versammlungen, das von - Regierung zur Vermeidung interventionistischer und neutra⸗ listischer Kundgebungen erlassen worden ist. Der Ausschuß der sozialistischen Republikaner hat beschlossen, die schnellste Ein⸗
verufung der Cortes zu fordern, um die notwendigen Maß⸗
nahmen zu erörtern. 8 2. Griechenland.
Nach einer Meldung des „W. T. B.“ vom vorgestrigen Tage hat sich der Zustand des Königs gebessert. Die
temperatur betrug Abends 37, Puls 108, Atmung 18.
Amerika.
Nach zweistündigem Gedankenaustausch mit dem Kabinett über die Note an Deutschland gestattete der Präsident Wilson die Mitteilung, daß die Note fertig sei und wahr⸗ scheinlich heute abgeschickt werden würde. Der Präsident stellt in Abrede, daß eine größere Verzögerung eingetreten sei, als bei einer Note von solchem Gewichte natürlich sei. Die deutsche sote, die für den Angriff auf die „Gulflight“ Schadenersatz verspricht und um weitere Aufkärung über den Vorfall mit der
„Cushing“ ersucht, wird nach einer Meldung des „Reuterschen
Burcaus“ vom Präsidenten nicht als unbefriedigend angesehen, aber die beiden Fragen hätten nichts mit dem Hauptgrundsatz zu tun, für den die Vereinigten Staaten eintreten; nämlich, daß Amerikaner auf unbewaffneten Kauffahrteischiffen — welcher Nationalität immer in Sicherheit nach ihrem Be⸗ stimmungsort gebracht werden müßten, ehe ein zur Prise ge⸗ machtes Schiff vernichtet werde.
Der Staatssekretär Bryan sagt in einem Briefe an den Präsidenten Wilson, in dem er seinen Entschluß, aus dem Kabinett auszuscheiden, mitteilt, obiger Quelle zufolge:
Im Einklange mit Ihrem Pflichtgefühle und von den vornehmsten Beweggründen geleitet, bereiteten Sie zur Weitergabe nach Deutsch⸗ land eine Note vor, der ich nicht zustimmen kann, ohne meine Pflicht gegen das Land zu verletzen. Der Gegenstand ist so bedeutend, taß mein Verbleiben im Kabinett ebenso ungerecht Ihnen wie der Sache gegenüber wäre, die meinem Herzen am nächsten liegt, nämlich Ver⸗ hütung eines Krieges.
Der Präsident Wilson antwortete, er bedauere das Rück⸗
Ptrittsgesuch Bryans, das er mit einem Gefühle persönlichen
Bedauerns nur deshalb annehme, weil Bryan daxrauf bestünde. Wilson kommt weiter auf die erfreuliche Zusammenarbeit mit Bryan während der letzten zwei Jahre zu sprechen und sagt: „Selbst jetzt trennt uns nicht das Ziel, sondern nur die zu hefolgende Methode.“
Das „Reutersche Bureau“ meldet aus El Paso (Teras), daß der General Villa beschlossen habe, Carranza aufzu⸗ fordern, einen Ort auf neutralem Gebiet für eine Besprechung über die Warnungsnote des Präsidenten Wilson zu
1“ e“ Nach ei Priva meldung der „Neuen Zürcher Zeitung“ aus Mailand wird dort versichert, an der abessinischen Grenze seien ernste Unruhen ausgebrochen. Man rechne mit einem Einfall der abessinischen Stämme in die italienische Kolonie. Die italienischen Truppen wären zu schwach, so daß erhebliche Verstärkungen für einen erfolgreichen Widerstand not⸗ wendig sein würden. Australien. Die Regierung von Viktoria hat der britischen Re⸗ gierung nach einer Meldung des „W. T. B.“ mitgeteilt, daß sie infolge Fleischmangels die Fleischausfuhr verbietet.
—,. Großes Hauptquartier, 9. Juni. (W. T. B.) Am Osthang der Lorettohöhe zum Angriff ansetzende feindliche Kräfte wurden gestern nachmittag durch unser Feuer vertrieben. Am Südosthang derselben Höhe scheiterte ein feind⸗ licher Angriff. Die letzten Häusergruppen des schon seit dem 9. Mai zum großen Teil im Besitz der Franzosen befind⸗ lichen Dorfes Neuville wurden heute nacht dem Feinde über⸗ lassen. Südlich von Neuville schlugen wir wiederholte An⸗
griffe unter schweren Verlusten für die Franzosen
ab. In der Gegend südöstlich von Hebuterne ist der Kampf
nach einem in den Morgenstunden mißglückten Angriff der Fanzosen wieder im Gange. Im Priesterwalde wurde ein
feindlicher Angriff blutig zurückgewiesen, nur um
eine kleine Stelle unseres vordersten Grabens wird noch gekämpft.
Oberste Heeresleitung.
95 Großes Hauptquartier, 10. Juni. (W. T. B.) Die sampfe bei Souchez und Neuville dauern an. Nordwest⸗ ich von Souchez wurden alle Angriffsversuche der ranzosen im Keime erstickt. Westlich von Souchez 8 der Gegend der Zuckerfabrik erlangten die Franzosen kleine Vorteile. Fein dliche Angriffe gegen unfere Stellungen nördlich von Neuville brachen zusammen. Im Graben⸗ kampf südlich von Neuville behielten wir die Oberhand. Ein seindlicher Vorstoß südöstlich von Hebuterne scheiterte. Im Verlauf der letzten Kämpfe wurden dort etwa 200 Fran⸗ zosen von uns gefangen. In der Champagne setzten wir uns nach erfolgreichen Sprengungen in Gegend Souagin und nördlich von Hurlus in Besitz mehrerer feindlicher Gräben. Gleichzeitig wurden nördlich von ve Mesnil die französischen Stellungen in reite von etwa 200 m erstürmt und gegen nächtliche Gegen⸗ usmifff behauptet; ein Maschinengewehr und vier Minenwerfer dabei in unsere Hand. Im Westteil des Priester⸗ Best ein Grabenstück unserer vordersten Stellung im Besitz des Gegners. Oberste Heeresleitung.
8
Oestlicher Kriegsschauplatz.
„Großes Hauptquartier, 9. Juni. (W. T. B.) Auf dem östlichen Windauufer wurde Kubyli nordöstlich Kurschann genommen. Von Südwesten her nähern sich unsere angreifenden Truppen der Stadt Szawle. An der Dubissa wurde der seindliche Nordflügel durch umfassenden Fagriff in füdöstlicher Richtung geworfen. Unsere vordersten Linien erreichten die Straße Betygola — Ilgize. Südlich des Njemen traten die Russen nach hartnäckigen Kämpfen bei Dembowa Ruda und Kozliszki den Rückzug auf Kowno an. 300 Gefangene und zwei Ma⸗ schinengewehre wurden erbeutet. Bei der weiteren Verfolgung gewannen wir unter Sicherung gegen Kowno die Straße Mariampol — Kowno. Oberste Heeresleitung.
Großes Hauptquartier, 10. Juni. (W. T. B.) Süd⸗ westlich Szawle setzten die Russen gestern unserem Vorgehen lebhaften Widerstand entgegen; es wurden nur kleinere Fortschritte gemacht. Die Beute der beiden letzten Tage betrug hier 2250 Gefangene und 2 Maschinen⸗ gewehre. Gegen unsere Umfassungsbewegung östlich der Dubissa setzte der Gegner aus nordöstlicher Richtung Verst ärkungen an. Vor dieser Bedrohung wurde unser Flügel vom Feinde unbelästigt in die Linie Betygola — Zoginie zurück⸗ genommen. Südlich des Njemen nahmen wir bei den Angriffen und der Verfolgung seit dem 6. Juni 3020 Russen gefangen. Ferner erbeuteten wir 2 Fahnen, 12 Maschinen⸗ gewehre, viele Feldküchen und Fahrzeuge.
Oberste Heeresleitung.
Südöstlicher Kriegsschauplatz.
Großes Hauptquartier, 9. Juni. (W. T. B.) Oestlich Przemyosl ist die Lage unverändert. Nordöstlich Zu⸗ rawno brachten die Truppen des Generals von Linsingen einen russischen Gegenangriff zum Stehen. Weiter südlich wird um die Höhen westlich Halicz und westlich Jezupol noch gekämpft. Stanislau ist bereits in unserem Besitz. Es wurden 4500 Gefangene gemacht und 13 Maschinen⸗ gewehre erbeutet. Oberste Heeresleitung.
Wien, 9. Juni. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: Südlich des Dnjestr verloren die Russen neuerdings an Boden. Unter vielfachen Verfolgungskämpfen siegreich vor⸗ dringend, erreichten die Verbündeten gestern nördlich Kolomea die Linie Kulaczkowce — Korszow, gewannen die Höhen von Ottynia, nahmen Abends Stanislau in Besitz und drangen weiter gegen Halicz vor. Der Tag brachte 5570 Gefangene. An der übrigen Front in Galizien und Polen hat sich nichts Wesentliches ereignet DDer Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
von Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Großes Hauptquartier, 10. Juni. (W. T. B.) Oestlich Przemysl ist die Lage unverändert. Aus der Gegend von Mikolajow — Rohatyn (südlich und süd⸗ östlich von Lemberg) sind neue russische Kräfte nach Süden vorgegangen. Ihr Angriff wird von Teilen der Armee des Generals von Linsingen in Linie Litynia nord⸗ östlich Drohobycz-—Dnjestr⸗Abschnitt bei Zurawno abgewehrt. Oestlich von Stanislau und bei Halicz sind die Verfolgungskampfe noch im Gange.
Oberste Heeresleitung.
Berlin, 9. Juni. (W. T. B.) Aus dem Großen Haupt⸗ quartier wird uns über den Fall der Festung Przemysl noch ergänzend geschrieben:
Die Stadt Przemvel mit ihren etwa 50 000 Einwohnern liegt zu beiden Seiten des San. Fünf bis sieben Kilometer von der Stadt entfernt sind die Hauptbefestigungen angelegt, die eine Gesamtausdehnung von rund 50 km haben. Die Befestigungen bestehen aus kleineren und größeren Forts, die untereinander ducch Schützengräben, Schanzen und sonstige Erdwerke ver⸗ bunden sind. Die Forts sind mächtige, von tiefen Gräben umgebene Eidwerke mit zahlreichen betonierten Unterständen und gemauerten Kasernen. Breite, meist in zweifacher Reihe angelegte Drahthindernisse sperren nach allen Seiten den Zugang zu den Be⸗ festigungsanlagen. Für den Angriff der verstärkten bayerischen Di⸗ vision wurden drei Fort der Nordfront samt den dazwischen gelegenen Befestigungsanlagen bestimmt. Das heißt, es sollte in den großen Umzug der Festung ein Loch gebohrt werden von einer Breite, die etwas mehr als den 20. Teil des hefestigten Gesamtumzugs der Festung darstellt. Dies gelang am 31. Mai durch die Erstürmung der Forts 10 a, 9a und 11 samt Zwischenlinien. Bis zum Abend des 2. Juni hatte sich durch die Wegnahme der Forts 11 und 12 und Kapitulation der Werke 10 b und 9a die durchbrochene Linie zu einer Breite von 8 km erweitert, d. h. die ganze Nordfront, etwa der sechste Teil der ge⸗ samten Befestigungen war im Besitze des Angreifers. Die Besichti⸗ gung der erstürmten Forts der Nordfront legt zunächst Zeugnis ab von der erschütternden Wirkung unserer schwersten Geschütze. Beton⸗ klötze von 3 m Stärke sind geborsten und abgesplittert gleich zer⸗ störten Sandburgen. Die Trichter der 42 cm⸗Geschosse weisen eine Tiefe bis zu 8 und eine Breite bis zu 15 m auf. Auch die moralische Wirkung dieser Geschosse war eine derartige, daß die Russen an mehreren Stellen selbst die Drahtnetze durchschnitten, um sich aus ihrer unerträglichen Lage zu befreien und dem stürmenden Feinde zu
ergeben.
Säüdliche Kriegsschauplätze
Wien, 9. Juni. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: Der erste größere Angriff des Feindes, gestern nachmittag von Truppen in der beiläufigen Stärke einer Infanteriedivision gegen den Görzer Brückenkopf angesetzt, wurde unter schweren Verlusten der Italiener abgeschlagen. Diese fluteten im Artilleriefeuer zurück und mußten mehrere Ge⸗ schütze stehen lassen. Das gleiche Geschick ereilte feindliche Angriffsversuche bei Gradisca und Monfalcone. Die Kämpfe an der Kärntner Grenze östlich des Plöcken⸗ passes und das beiderseitige Geschützfeuer im Gebiet unserer Kärntner und Tiroler Sperrbefestigungen dauern fort. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
von Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Wien, 9. Juni. (W. T. B.) Wie aus Budapest ge⸗ meldet wird, wurde durch Bombenwürfe von dem später vernichteten italienischen Luftschiff „Citta di Ferrara“ in einzelnen Fabriken der offenen Stadt Fiume Material⸗ schaden verursacht. Der Betrieb wird jedoch in allen beschädigten Werken ungestört fortgesetzt. Im Gebiete von Fiume erlitten einige Personen Verletzungen. Auf dem benachbarten öster⸗ reichischen Gebiet wurde eine Frau getötet.
Wien, 9. Juni. (W. T. B.) Der Kriegsberichterstatter des „Fremdenblattes“ meldet zur Vernichtung des italieni⸗
e
schen Luftschiffes „Citta di Ferrara“, daß das Luft⸗ schiff sofort nach Sichtung von einem österreichisch⸗ungarischen Flugzeug verfolgt wurde. Das Flugzeug überflog das Luft⸗ schiff senkrecht und schleuderte eine Leuchtpatrone, worauf das Luftschiff erplodierte, zerschellte und als Trümmerhaufen zu Boden stürzte.
Wien, 9. Juni. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: An der serbischen Grenze fanden da und dort Plänkeleien und auch Artilleriegefechte ohne Bedeutung statt. Bei Korito wurde eine montenegrinische Bande in öster⸗ reichisch⸗ungarischen Uniformen zersprengt.
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. 1 Hoefer, Feldmarschalleutnant.
4 Der Krieg zur See. ondon, 9. Jun. (W. T. B.) Wie das „Reutersche Bureau“ meldet, ist der Dampfer „Lady Salisbury“, der mit Kohlen von Hartlepool nach London fuhr, bei Harwich ohne vorhergehende Warnung torpediert worden. Mehrere Mann der Besatzung verloren ihr Leben.
Amsterdam, 9. Juni. (W. T. B.) Hiesigen Blättern zufolge ist ein muider Fischdampfer bei der Dogger⸗ bank in die Luft geflogen. Von der Besatzung wurde nichts mehr gesehen. Der Fischdampfer „Nijndam“ gilt als verloren. Wegen der Fischdampfer „Texel I“ und „Irene“ herrscht lebhafte Besorgnis, da sie sich dicht an der englischen Küste in der gefährlichen Zone befanden. 1
Der Krieg der Türkei gegen den Dreiverband.
Konstantinopel, 9. Juni. (W. T. B.) Das Haupt⸗ quartier teilt mit: An der Dardanellenfront bei Ari Burnu schlugen wir in der Nacht vom 7. zum 8. Juni zwei feindliche Angriffe gegen unseren rechten Flügel leicht zurück und brachten dem Feinde große Verluste bei. Gestern anhaltendes schwaches Artillerie⸗ und, Infanteriegefecht mit Unterbrechungen. An den anderen Fronten nichts von Bedeutung.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Seniorenkonvent des Hauses der Abgeord⸗ neten trat gestern nachmittag zu einer Besprechung zusammen und einigte sich, wie „W. T. B.“ berichtet, dahin, den Präsi⸗ denten zu ermächtigen, die nächste Sitzung des Abgeordneten⸗ hauses für Sonnabend dieser Woche anzuberaumen und die zweite und dritte Lesung des Fischereigesetzentwurfs auf die Tagesordnung zu setzen. Man ging dabei von der Annahme aus, daß es dem Herrenhause möglich sein werde, in ganz kurzer Zeit den Fischereigesetzentwurf gleichfalls zu erledigen. Die darauffolgende Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses soll erst nach Abschluß der Beratungen des Herrenhauses über den Fischereigesetzentwurf bezw. nuc. Abschluß der Beratungen der Budgetkommission des Abgeordnetenhauses statt⸗ finden.
Auf Grund der ihm erteilten Ermächtigung hat der Präsident des Hauses der Abgeordneten für Sonnabend, 12 Uhr, eine Sitzung zur zweiten und dritten Beratung des Fischereigesetzentwurfes angesetzt. In der nächsten Woche sollen feine Plenarsitzungen stattfinden. Die verstärkte Budget⸗ kommission wird am Freitag und Sonnabend dieser Woche keine Sitzungen abhalten. 3
Wohlfahrtspflege.
Der Johanniterorden beabsichtigt, Ende Junt an der errenmeister des Ordens, Seine Koönigliche Hoheit den Prinzen itel⸗Friedrich von Preußen, einen Zug mit Liebesgaben für die
unter dem Kommando Seiner Königlichen Hoheit stehende Division abgehen zu lassen. Außer Hemden, Hosen, Strümpfen, Taschen⸗ tüchern, Schreib⸗ und Rauchsachen sind ganz besonders Getränke erwünscht, wie Wein, Limonade, Mineralwasser. Die Sammelstelle Ihrer Königlichen Hoheit der Frau Prinzessin Eitel⸗Friedrich von Preußen im Königlichen Schlosse zu Berlin, Archivsaal, nimmt Gaben oder Geldspenden für diesen Zug an jedem Mittwoch und Sonnabend von 11 bis 1 und von 4 bis 6 Uhr dankend entgegen.
1 Kunst und Wissenschaft. In Kiel starb, wie „W. T. B.“ meldet, an den Folgen einer Erkrankung, die er sich durch Ansteckung in einem Gefangenenlager zu⸗ gezogen hatte, der Direktor der Universitätsklinik Professor Dr. Hugo Lüthie im 45. Lebensjahrl.
Ueber spontane Kolloidbildung von Metallen. Bei den gewöhnlichen Methoden zur Herstellung kolloider Lösungen von Metallen wird das Metall entweder durch chemische Umwandlung oder durch Zerstäubung im elektrischen Lichtbogen in kolloiden Zustand gebracht. Einige Forscher haben aber die Meinung ausgesprochen, daß die Metalle sich auch spontan als Kolloid in einer Flüssigkeit lösen können. Namentlich glaubten die italtenischen Forscher A. Scala und M. Traube⸗Mengarini nachgewiesen zu haben, daß Metalle ganz allgemein in destilliertem Wasser durch Kochen direkt ohne Umwand⸗- lung zu Kolloiden aufgeöst werden. Eine derartige direkte Auflösung der Metalle zu Kolloiden wäre eine ganz neue Form von Kolloid⸗ bildung, die auch die genannten Forscher zur Annahme sehr meit⸗ gehender und für die Kolloidchemie ganz umwälzender Hvpothesen geführt haben. Die Richtigkett dieser Annahmen hätte auch die praktische Bedeutung, daß wenn etwa für die Zwecke der chemischen Untersuchung in einem Metallgefäß, z. B. aus Platin, gekocht würde, die dann kolloidal gelösten Metallmengen des Kochgeschirrs sich sehr störend bemerkbar machen müßten. Es hat deshalb H. Nordenson⸗Upsala diese Frage einer eingehenden Nachprüfung unterzogen, deren Ergebnis er in den Kolloldchemischen Beiheften jetzt veröffentlicht und die die Annahme der vorgenannten Forscher durchaus nicht bestätigen. Nach Nordensons Untersuchungen fand eine unmittelbare spontane Auflösung von Metalle 8 als metallische Kollolde nicht statt. Bei Metallen, die oxydabel sind, können durch die Einwirkung kleiner Mengen Sauerstoff Verbindungen gebildet werden und diese können infolge ihrer Schwerlöslichkeit als olloide auftreten. Besonders bei Blei ist diese Reaktion sehr schwer zu vermeiden, metallisches Kolloid wird jedoch auch bier nicht gebilde 8 Silber löst sich auch durch Oxydation sowohl in Wasser wie Alkohol leicht auf. Die so erhaltenen Verbindungen sind aber gegen Licht und Reduktionsmittel sehr empfindlich, sodaß hierdurch die Ver⸗ bindung leicht reduztert und das Metall als Kolloid gefällt wird Die Kolloldbildung ist also auch hier das Ergebnis einer chemischen Umwandlung. Die nicht oxpdierbaren Metalle, wie G bleiben ganz unverändert.
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old und Platin,
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