Bekanntmachung.
Nach Vorschrift des Gesetzes vom 10. April 1872 (Gesetzlamml. .357) sind bekannt gemacht:
1) der auf Grund Allerhöchster Ermächtigung vom 16. August 1914 (Gefetzsamml. S. 153) ergangene Erlaß des Staatsministertums vom 9. April 1915, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an das Rheinisch⸗Westfälische Elektrizitätswerk, Aktiengesellschaft in Essen a. R., füͤr die Anlage eines Anschlußgleises der Schaltstation der 100 000 Voltleitung in Osterath im Landkreise Crefeld an den Bahahof Osterath, durch das Amtsblatt der Kẽnialichen Regierung in Düsseldorf Nr. 18 S. 201, ausgegeben am 1. Mai 1915; 8
2) der auf Grund Allerhöchster Ermächtigung vom 16. August 1914 (Gesetzsamml. S. 153) ergangene Erlaß des Staatsministeriums vom 23. Aprtl 1915, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an die Gemeinde Settrup im Kreise Bersenbrück für den Ausbau eines öffentlichen Weges vom Orte bis zum geplanten Bahnhofe Settrup, durch das Amtsblatt der Königlichen Reagierung in Osna⸗ brück Nr. 20 S. 115, ausgegeben am 15. Mai 1915;
3) der auf Grund Allerhöchter Ermächtigung vom 16. August 1914 (Gesetzsamml. S. 153) ergangene Erlaß des Staateministeriums vom 29. April 1915, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an den Kreis Wittlage für die Regulterung und Instandsetzung der Hunte, durch das Amtsblatt der Köntglichen Regierung in Osnabrück Nr. 23 S. 138, ausgegeben am 5. Juni 1915;
4) das auf Grund Allerhöchster Ermächtigung vom 16. August 1914 (Gesetzsamml. S. 153) am 2. Mai 1915 vom Staats⸗ ministerium vollzogene Statut für die Mietzel⸗Regulterungs⸗ genossenschaft in Soldin im Kreise Soldin durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung in Frankfurt a. O. Nr. 22 S. 215, ausgegeben am 29. Mai 1915;
5) der auf Grund Allerböchster Ermächtigvung vom 16. August 1914 (Gesetzsamml. S. 153) ergangene Erlaß des Staatsmintsteriums vom 3. Mai 1915, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an die Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz für die Erweiterung des Landesbads in Aachen⸗Burtscheid, durch das Amtsblatt der Könta⸗ lichen Regierung in Aachen Nr. 21 S. 235, ausgegeben am 22. Mai 1915:
6) der auf Grund Allerhöchster Ermächtigung vom 16. August 1914 (Gesetzsamml. S. 153) ergangene Erlaß des Staatsministeriums vom 26. Mai 1915, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an die Gemeinde Altendorf im Landkreise Hamm für den Ausbau des Weges von Altendorf nach Krümde als Kreiestraße innerhalb der Gemarkung Altendarf, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung in Arnsberg Nr. 23 S. 196, ausgegeben am 5. Junt 1915.
Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 18. Juni 1915.
In der am 17. Juni 1915 unter dem Vorsitz des Staats⸗ ministers, Vizepräsidenten des Staatsministeriums, Staats⸗ sekretärs des Innern Dr. Delbrück abgehaltenen Plenar⸗ sitzung des Bundesrats fanden folgende Vorlagen die Zustimmung des Bundesrats: Betreffend Verbot des Vor⸗ verkaufs der Ernte des Jahres 1915, betreffend Aenderung der Grundsätze für die von der Reichsverteilungsstelle vorzunehmende Verteilung der Vorräte, betreffend Verarbeitung von Kartoffeln in den Brennereien, betreffend Abgabenfreiheit für Salz zum Einsalzen von Garneelen (Krabben) und betreffend II. Nach⸗ trag zur Deutschen Arzneitaxe 1914. Außerdem wurde über eine Anzahl von Eingaben Beschluß gefaßt.
In ihrem amtlichen Bericht vom 15. Juni Abends brüstet sich die französische Heeresleitung, wie durch „W. T. B.“ mit⸗ geteilt wird, mit dem bekannten Fliegerangriff auf Karlsruhe, den sie als Vergeltungsmaßregel für die Be schießung offener französischer und englischer Städte hinstellt. Dieser Begründung des französischen Angriffs ist die Tatsache entgegenzuhalten, daß von deutscher Seite nur befestigte Punkte ind solche im Operationsgebiet liegende Orte beschossen worden sind, die mit dem Kriege unmittelbar in Zusammenhang tanden. Ueberall, wo es sich dabei um offene Städte gehandelt zat, waren unsere Anariffe nur die Vergeltung für gleichartige Maßnahmen unserer Gegner. Wir haben darauf in unseren Berichten auch in jedem Fall ausdrücklich hingewiesen.
Daß die Begründung des französischen Vorgehens somit eer Wahrheit widerspricht, wird niemand in Erstaunen setzen, der die Berichte unserer Gegner kritisch zu lesen pflegt. Neu ist dagegen die brutale Offenheit, mit der die seindliche Heeres⸗ leitung eingesteht, daß sie ihren Fliegern als Angriffsziel eine fern vom Kriegsschauplatz gelegene friedliche Stadt bezeichnet hat, in der gerade den Franzosen vor dem Krieg so vielfach gastfreundliches Entgegenkommen erwiesen worden ist. Millitärische Gründe können dieses Verhalten nicht recht⸗ fertigen, denn der einzige Verlust, den der Angriff unserer Kriegsmacht zugefügt hat, besteht in der Verwundung dreier in Lazarettpflege befindlicher Soldaten. Die abseits von der Stadt gelegene Munitionsfabrik, deren militärische Bedeutung übrigens nicht allzugroß ist, hat bis auf die Beschädigung eines Baugerüstes nicht gelitten. Obwohl sie als Angriffsziel sehr leicht erkennbar war, ist sie auch nur mit wenigen Bomben belegt worden.
Schon daraus geht hervor, daß es den Franzosen garnicht auf die Gewinnung eines militärischen Vorteils angekommen ist. Mit noch weit größerer Deutlichkeit ergibt sich diese Tat⸗ sache aber aus dem Umstande, daß den feindlichen Fliegern nach dem amtlichen Eingeständnis der Franzosen besonders das Residenzschloß als Ziel bezeichnet worden ist. Man hat im Lager unserer durch Spionage so gut unterrichteten Gegner zweifellos genau gewußt, daß das Schloß außer der ehr⸗ würdigen Großherzogin Luise seit mehreren Wochen Ihre Majestät die Königin von Schweden beherbergte. Die An⸗ wesenheit dieses einem neutralen Herrscherhause angehörenden hohen Gastes hat die französischen Flieger jedoch nicht davon zurückgehalten, gerade das Schloß besonders heftig anzu⸗ greifen und auch in der Tat erheblich zu beschädigen. Wie groß die Gefahr für Ihre Majestät die Königin gewesen ist, zeigt unter anderem die Tatsache, daß mehrere Sprengstücke in das Zimmer der schwedischen Baronin Hochschild geflogen sind. Auch die Kinder Seiner Großherzoglichen Hoheit des Prinzen Max von Baden, über deren Schlafgemach eine⸗Bombe das Dach zertrümmert und die Decke eingeschlagen hat, sind nur mit knapper Not dem Tode entgangen. Unter der Bürgerschaft hat der Ueberfall an Toten und Verwundeten insgesamt 84 Opfer gefordert.
Wir können den Angriff nach diesem Ergebnis und nach der den feindlichen Fliegern erteilten dienstlichen Anweisung über die Angriffsziele nicht als eine militärische Unternehmung, sondern nur als ein Verbrechen bezeichnen, dessen Roheit von
1 der F
Der heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ liegen die Ausgaben 544 und 545 der Deutschen Veriust⸗ listen bei. Sie enthalten die 252. Verlustl iste der preußischen Armee, die 192. Verlustliste der bayerischen Armee, die 159. Verlustliste der sächsischen Armee und die 35. Verlustliste
Kaiserlichen Marine. “
Seine Königliche Hoheit der Großherzog hat
gestern, wie „W. T. B.“ meldet, vom Kriegsschauplatz aus
nachstehendes Telegramm an den Oberbürgermeister von Karls⸗ ruhe Sigrist gerichtet:
Seine Majestät der Kaiser telegraphiert mir seine tiefe Empörung über den ruchlosen Angriff auf das liebe Karlsruhe. Die armen unschuldigen Opfer der Bürgerschaft, mit der er sich in Freud und Leid verbunden fühle, haben ihn sehr betrübt. Ich freue mich, Ihnen dies warmempfundene Teilnahme des Kaisers mitzuteilen.
Friedrich, Großherzog.
Oesterreich⸗Ungarn. Das ungarische Amtsblatt veröffentlicht eine Ministerial⸗
verordnung über die Sperre der diesjährigen Ernte an
Weizen, Roggen, Halbfrucht und Hafer. Im Zu⸗ sammenhang mit der Sperre wird auch der Plan der Errich tung einer Kriegsgetreide⸗Gesellschaft veröffentlicht. Der Zweck der Gesellschaft ist die Beschaffung, Aufspeicherung und der Verkehr von landwirtschaftlichen Produkten oder aus land⸗ wirtschaftlichen Produkten hergestellten Erzeugnissen gemäß einem mit der ungarischen Regierung zu treffenden Uebereinkommen. Das Stammkapital beträgt 20 Millionen, welches in 2000 Aktien im Nominalbetrag von je 10 000 Kronen aufgeteilt wird. Die Dividende kann 5 Proz. jährlich nicht übersteigen. Als Gründer der Gesellschaft wird die ungarische Regierung aufgeführt. Der Bestand der Gesellschaft ist auf die Kriegs⸗ dauer beschränkt, nach dessen Ablauf die Gesellschaft liquidiert werden wird. “ Großbritanuien und Irland.
Die gestrige Verlustliste enthält die 102 Offizieren und 2107 Mann.
Frankreich. v
hat der „Agence Havas“ zufolge einstim mig einen Gesetzantrag auf Eröffnung außerordentlicher und ergänzender Kredite für die Marine und das Kriegs⸗ ministerium angenommen.
Die Regierung hat Maßnahmen getroffen, um die Ein⸗ bringung der Ernte in Frankreich zu sichern. Wie der „Matin“ meldet, werden außer den in den Depots liegenden Soldaten, die zu diesem Zweck einen vierzehntägigen Urlaub erhalten, durch Vermittlung des nationalen Stellennachweises nach England geflüchtete Belgier und spanische Landarbeiter für die Ernteeinbringung herangezogen.
Der Kammerausschuß für das Gesundheits⸗ wesen hat dem „Petit Journal“ zufolge Versuche von Leichenverbrennung vornehmen lassen, um eventuell in der Kammer einen Gesetzentwurf einzubringen, wonach die Ge⸗ fallenen auf den Schlachtfeldern verbrannt werden sollen. Da die Versuche befriedigend ausfielen, wird der Ausschuß einen Gesetzentwurf ausarbeiten und der Kammer unterbreiten.
— Der Anleiheausschuß des Pariser Gemeinderats hat die Ausgabe von 83 Millionen in fünfeinhalbprozentigen Gemeindegutscheinen mit einjähriger Laufzeit und fünf⸗ einviertelprozentigen Gemeindegutscheinen mit halbjähriger Lauf⸗
zeit beschlossen. Rußland.
Die Pogrome in Moskau, die telegraphischen Mel⸗ dungen zufolge nur einen nationalistischen Unfug darstellen sollten, haben, wie das Blatt „Sozialdemokraten“ erfährt, einen weit ernsteren Charakter gehabt und lebhaft an Rußlands Revolutions jahr erinnert, wo Polizei und Militär den Aus⸗ schreitungen ruhig zugeschaut haben. Auch eine schwedische Fabrik ist völlig zerstört worden. Der Plünderung folgte Brandstiftung, und die Stadt brannte Abends an zahlreichen Stellen. Die Unruhe in Moskau nach diesem Ausbruch ist außerordentlich groß. Man fürchtet neue Ausschreitungen des Pöbels und erwartet, daß die neuen Pogrome gegen die Juden gerichtet sein werden.
Namen von
Dänemark. 8
Das Folkething hat gestern, wie „W. T. B.“ meldet, einstimmig folgenden, von Vertretern aller Parteien eingebrachten Antrag angenommen:
Das Folkething beschließt, zu erklären: Da man auf allen Seiten des däntschen Volkes ohne Parteiunterschied einig ist, daß jede Re⸗ gierung bei der Durchführung einer undedingt gleichmäßigen Neu⸗ tralitärspolitik unterstutzt werden müsse, sagt das Haus dem jetzigen Ministerium in der Arbeit für diese Politik die Unter⸗ stutzung zu.
Der Ministerpräsident Zahle führte aus, die Regierung habe diese Erklärung von dem Hause gewünscht, um politische Klarheit für die Zukunft zu erlangen und festzustellen, ob alle Parteien des Reichstages bereit seien, das jetzige Ministerium dauernd in der Arbeit für die gleiche unbedingte Neutralitäts⸗ politik zu unterstützen, in der das Volk ohne Unterschied der Partei einig sei. Durch Annahme des Beschlußantrages sei diese Frage klar beantwortet. Er könne namens des Ministeriums erklären, daß dieses nach der Annahme d s Antrages bereit sei, die Arbeit fortzusetzen. “
Schweden. 8
Die schwedische Regierung hat, wie „Dagens Nyheter“ melden, bei der fran zösischen Regierung Vorstellungen erhoben wegen der französischen Postzensur bei argentinischen und portugiesischen Sendungen, die nach Schweden bestimmt
sowie deren teilweiser Beschlagnahme. 8 5 “ v1XA“
“ Schweiz. 1
In der gestrigen Sitzung des Ständerats begründete das Mitglied Wettstein⸗Zürich (freisinnig) den Antrag, wo⸗ durch der Bundesrat eingeladen wird, die Frage zu prüfen und einen Bericht und einen Antrag einzubringen, in welcher Weise der Bund die staatsbürgerliche Bildung und Erziehung
der schweizerischen Jugend fördern könnte. Der Antrag⸗ steller führte laut Bericht des „W. T. B.“ aus:
Das Verhalten vieler Bürger habe während des Krieges und besonders in den ersten Wochen nach dessen Ausbruch politisches Denken und die Erkenntnis der Bedingungen der schwetzertschen Fretheit, Selbständigkeit und der Grundlagen der schweizerischen Neutralität sowie der sich daraus ergebenden Pflichten vermissen lassen. Er verlange daher die Förderung der allgemeinen nationalen Erziehung durch vermehrten Unterricht in allen drei Landessprachen zur Ueberwindung aller primitiven Sprachen⸗ und Rasseninstinkte, ferner die Schaffung eines staatsburgerlichen Lehrmittels mit finanzieller Hilfe des Bundes, die Ausbildung besonderer Lehrkräfte und ver⸗ mehrten Unterricht in der neuesten Geschichte des schweizerischen Bundesstaats.
Der Bundesrat Calonder erklärte namens des Bundes⸗ rats die Annahme des Antrages, der den Absichten des Bundesrats entgegenkomme; der Bundesrat sei im Hinblick auf gewisse innerpolitische Erscheinungen der neuesten Zeit über⸗ zeugt von der Notwendigkeit, die staatsbürgerliche Erziehung energisch zu fördern. 8 Amerika.
Nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ hat der bisherige Staatssekretär des Auswärtigen Bryan den ersten Teil einer langen Erklärung über den „grundlosen“ Krieg veröffentlicht. Er prophezeit, daß die Vereinigten Staaten die größte in der Geschichte dagewesene Gelegenheit zu einer Friedensvermittlung haben würden, und sagt weiter, nach Beendigung des Krieges werde das Bedürfnis nach einer internationalen Konferenz und nach Abänderung der Gesetze des Völkerrechts auftreten, das mehr für Nationen im Kriegs⸗ zustande als für ihr friedliches Zusammenleben gemacht
sein scheine. ““ 3
Westlicher Kriegsschaup atz.
Großes Hauptquartier, 17. Juni. (W. T. B. Nördlich des Teichs von Bellewaarde wurden die vorgestern verlorenen Grabenstücke zum größten Teil zurückerobert. Di Engländer und Franzosen setzten gestern ihre D
bruchsversuche fort. Nördlich des Kanals von
Bassée wurden die Engländer von Westfalen Gund Sachsen im Handgemenge überwältigt und zu beschleunigtem Rückzuge in ihre Stellungen ge⸗ zwungen. Gegen die Front von westlich Liévin bis Arras richteten die Franzosen fortgesetzt neue Angriffe. An der Lorettohöhe wurde ihnen ein völlig zerschossener Graben überlassen, südlich Souchez gelang es ihnen, in unserer Stellung in einer Breite von etwa 600 m Fuß zu fassen; dort wird noch gekämpft. An allen anderen Stellen wurden sie blutig abgewiesen. Die unter größtem Munitionse insatz und ohne Rücksicht auf die schwersten Verluste geführten
Angriffe haben somit wiederum mit einer Niederlage Die für uns
der Franzosen und Engländer geendet. siegreichen Nahkämpfe legten erneut Zeugnis ab von der
glänzenden Tapferkeit und unerschütterlichen Ausdauer unserer Truppen. Mit dem gleichen Mißerfolg endeten fran⸗
zösische Angriffe bei Moulin⸗sous Touyent. Wir nahmen dort fünf Offiziere, 300 Franzosen gefangen. In den Vogesen dauerten die lebhaften Kämpfe zwischen Fecht⸗ und Lauchtal gestern noch an, kamen aber am Abend zum Still⸗ stand. Abgesehen von einem kleinen Geländeverlust nordwest⸗ lich Metzeral, haben wir alle unsere Stellungen behauptet. 100 Gefangene fielen in unsere Hände.
Die Behauptung im amtlichen französischen Bericht vom 16. Juni, 11 Uhr Abends, daß die Kathedrale von Reims mit Brandgranaten beschossen worden sei, ist unwahr. Unser Feuer richtete sich vielmehr gegen die Ostkasernen sowie gegen die Batterien am Gleisdreieck nördlich von Reims, die lebhaft auf unsere Stellungen gefeuert hatten. Oberste Heeresleitung.
Großes Hauptquartier, 18. Juni. (W. T. B.) Die Feinde setzten ihre Durchbruchsversuche nördlich Arras
vergeblich fort. Die Engländer erlitten nördlich des Kanals
von La Bassée eine neue Niederlage; ihre Angriffs⸗ truppen wurden aufgerieben; nur einzelne Leute flüchteten sich zurück. Westlich Angres, beim Kirchhof südlich Souchez und nördlich Ecurie sind Franzosen in kleine Teile unserer vorderen Stellung eingedrungen; hart nördlich der Loretto höhe gaben wir ein im umfassenden Feuer liegendes Grabenstück planmäßig auf. Im übrigen wurden die feind⸗ lichen Angriffe abgeschlagen. Seit dem 16. Juni nahmen wir auf dem Kampffelde nördlich Arras 17 Offiziere 647 Mann gefangen, die blutigen Verluste der Gegner entsprechen denen in der Schlacht in der Champagne. In den Argonnen wiesen wir schwache feindliche Vorstöße ab. Bei Vauquois haben sich örtliche Gefechte entwickelt. Die Vogesenkämpfe mwestlich Metzeral sind noch im Gange. Oberste Heeresleitung.
Oestlicher Kriegsschaupla Großes Hauptquartier, 17. Juni. (W. T. B.) Mehrere russische Angriffe wurden abgewiesen. Sonst keine besonderen Ereignisse. Oberste Heeresleitung.
Großes Hauptquartier, 18. Juni. (W. T. B.) Vordringende russische Abteilungen wurden von deutscher Kavallerie über den Szymsza⸗Abschnitt (östlich der Straße Cytowiany —Szawle) zurückgeworfen. Ein von starken feindlichen Kräften gegen die Dawinal inie vorgetragener Angriff scheiterte. 8 Oberste Heeresleitung
Südöstlicher Kriegsschauplatz.
Großes Hauptqnartier, 17. Juni. (W. T. B.) Nördlich Sieniawa zwangen die Angriffe der verbündeten Truppen die Russen zur Aufgabe ihrer Stellung und zum Rückzuge auf Tarnogrod. Die Armee des Generaloberst von Mackensen drängte in scharfer Verfolgung dem Feinde nach. Dachnow und Lubaczow wurden gestürmt, das südliche Smolinka⸗Ufer wurde vom Gegner gesäubert, bei Niemirow der russische Widerstand schnell gebrochen, die Straße Niemirow — Jaworow überschritten Weiter südlich gingen die Russen gegen die Wereszyca zurück. Süd⸗ östlich der Dnjestr⸗Sümpfe ist die Lage unverändert.
Oberste Heeresleitung.
Pembrokeshire torpediert.
Wien, 17. Nmi. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: Auch gestern konnten die geschlagenen russischen Armeen nirgends standhalten. In Mittelgalizien setzten sie auf der ganzen Front, durch starke Nachhuten gedeckt, den Rückzug in nord⸗ östlicher und östlicher Richtung fort. Die verbündeten Armeen ver⸗ folgen scharf. Nördlich Sieniawa dringen unsere Truppen über Cieplice und Cewkow vor und haben gestern starke russische Kräfte, die noch auf aalizischem Boden kämpften, unter schweren Verlusten über die Reichsgrenze zurück⸗ geworfen. Oestlich anschließend erreichten verbündete Truppen Lubaczom, entrissen den Russen nach heftigem Kampf Niemirow und dringen weiter auf Janow vor. An der Lemberger Straße warfen Truppen der Armee Boehm starke russische Nachhuten bei Wolczuch y noch in den Abendstunden über die Wereszyca und erstürmten Mitternachts den Westteil von Grodek. Auch südlich Grodek wurde das Westufer der Wereszyuca vom Feinde gesäubert. Südlich des Dnjestr ist die Lage im allgemeinen unverändert. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. von Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Großes Hauptquartier, 18. Juni. (W. T. B.) Beiderseits Tarnogrod warfen die verbündeten Truppen in der Nacht den Feind gegen den Tanewabschnitt zurück. Die anderen Armeen des Generalobersten von Mackensen haben die geschlagenen Russen bis in die vorbereitete Grodekstellung (Linie Narol-—Miasto — Magierow —We⸗ reszyca⸗Bach bis zur Einmündung in den Dnjestr) getrieben. An der Dnjestr⸗Front nordöstlich Stryj ist die Lage un⸗ verändert. Oberste Heeresleitung.
Südlicher Kriegsschauplatz.
Wien, 17. Juni. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: An der Isonzo⸗Front schlugen unsere Truppen bei Plava wieder mehrere Angriffe unter schweren Verlusten für den Gegner ab. Im Felsgebiet des Krn dauern die Kämpfe der Gebirgstruppen fort. An der Kärntner Grenze hat sich gestern nichts Wesentliches ereignet. In Tirol wurden feindliche Vorstöße gegen das Tillia⸗Cher⸗ Joch, im Tofane⸗Gebiete bei Dre Sassi, Buchenste in und auf dem Monte Coston ööstlich Folgaria) zurück⸗
gewiesen.
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. von Hoefer, Feldmarschalleutnant.
1, 17. Juni. (W. T. B.) Wie das „Reutersc Bureau“ meldet, ist der britische Dampfer „Trafford“, von Cork nach Sydney, gestern von einem deutschen Unter⸗ seeboot in der Irischen See versenkt worden. Die Be⸗ satzung wurde gerettet.
London, 17. Juni. (W. T. B.) „Lloyds“ melden aus Milfordhaven: Der britische Dampfer „Straithnairn“ mit 2812 Nettotonnen wurde in der letzten Nacht auf der Fahrt von Penarth nach Archangelst an der Küste von Der Kapitän und zwölf Mann ertranken.
London, 18. Juni. (W. T. B.) Lloyds melden, daß die Fischdampfer „Petrel“, „Erxplorer“ und „Japo⸗ nicea“ aus Aberdeen am 4. und 5. Juni von Untersee⸗ booten versenkt worden sind.
Stockholm, 18. Juni. (W. T. B.) „Stockholms Tidningen“ meldet aus Göteborg: Der norwegische Dampfer „Granit“ wurde vorgestern in der Nähe des Vingafeuers vor Göteborg von den Deutschen in Grund ge⸗ schossen. Dasselbe Blatt meldet aus Malmö: Zwei schwedische Fischerboote übernahmen vorgestern abend vor Limhamn von einem deutschen Torpedoboot die Besatzungen der versenkten Dampfer „Verdandi“ und „Granit“, insgesamt 28:Mann, ind setzten sie in Malmö an Land.
Berlin, 18. Juni. (W. T. B.) Ueber die Art der Vernichtung von „U 29“ ist, wie wir von maßgebender Stelle hören, jetzt aus besonderer Quelle bekannt geworden, aß das Boot durch einen unter schwedischer Flagge ahrenden englischen Tankdampfer zum Sinken ge⸗ racht worden ist. Hierdurch finden die von vornherein imlaufenden Gerüchte ihre Bestätigung, daß das Boot britischer Hinterlist zum Opfer gefallen ist. “
Der Krieg der Türkei gegen den Dreiverband.
Konstantinopel, 17. Juni. (W. T. B.) Das Haupt⸗ zuartier teilt mit: An der Dardanellenfront vernichtete unser linker Flügel am Morgen des 15. Juni durch Artillerie⸗ feuer ein feindliches Flugzeug, das beim Ueberfliegen unserer Stellung gegenüber Ari Burnu beschädigt und zum Absturz Finter den feindlichen Schützengräben gebracht wurde. Gestern
.
ereignete sich bei Ari Burnu und Sedil Bahr nichts von
Bedeutung. Unsere Küstenbatterien an der Meerenge bombar⸗ dierten bei Sedil Bahr die feindlichen Artilleriestellungen sowie die Truppen des Feindes und eine seiner Transportkolonnen; ie sprengten einen Wagen der genannten Kolonne in die Luft.
Auf den übrigen deutung.
Nach amtlichen Quellen von Kapitän zur See z. D. von Kühlwetter.
Monate sind seit dem Gefecht vergangen und es ist nicht etw
ig, von unserer Seite aus erneut davon zu sprechen, weil die Zeit Dinge entschleiert hätte, die eine Veränderung von früher Gesagtem 122 machten, wohl aber ist das umfangreiche Material über dieses Gefecht so weit gesichtet, daß es zusammen mit den in England ver⸗ fentlichten Gesechtsberichten und Pressenachrichten ein einigermaßen zuverlässiges Bild der Schlacht zu geben gestattet. Vorausgeschickt nag sein, daß dasselbe nscht nur unsere ersten amtlichen Darstellungen destätigt, sondern auch zeigt, wie richtig das Ergebnis der Schlacht er⸗ annt wurde, wie man es in England zu verschleiern gesucht hat und noch sucht, und wie auch in diesem Fall bei une die Bewertung des eigenen Erfolgeg wit allergrößtter Vorsicht und Zurückbaltung geschah⸗ d Nachdem sich englische Seestrettkrätte am 19 Januar in der deutschen Bucht gezeigt hatten, sollte der beliebte Flichgrund mitten in er Nordsee, die Doggerbank und der Weg von ussereg Fluß⸗ mündungen doribin von feindlichen Fischerfahrzeugen Kündlich ge⸗ säubert werden, weil man Gewißheit hatte, daß diese dort in der
Hauptsache Ueberwachung und Spionage trichen. Feindliche leichte b
ronten keine Kampfhandlung von Be⸗
Streilkräfte sollten dabei natürlich auch verjagt und womöglich ver⸗ nichtet werden. In der Hauplsache cine Unternchmung für Torpedo⸗ boote und kleine Kreuzer, denen starke Kreazer als Rückhalt mitgeageben wurden, weiter nichts. Alles übrige hat unser Gegner bineingefabelt, um sich wenigstens den Nimbus zu schaffen, die englische Küste vor Heimsuchung geschützt zu haben, nachdem der Lorbeerkranz des Siegers, den man vporeilig flocht, sich bei näherer Betrachtung entblätterte. So liefen unsere 4 Panzerkreuzer „Seydlitz“, „Moltke“, „Derff⸗ linger“ und „Blücher“, mit kleinen Kreuzern und Torpedoboots⸗ flottillen als Fühler und Sicherung vorgeschoben, am 23. Januar aus und standen am 24. früh bei der Doagerbank, bereit ihren Auf⸗ trag auszuführen. Es wehte mäßiger östlicher Wind und die Fern⸗ sicht war ungewöhnlich klar, sodaß schon der dämmernde Wintertag den Feind entdecken ließ. Kurz nach 8 Uhr melden unsere sichernden Kreuzer und Flottillen einen englischen kleinen Kreuzer mit Torpedo⸗ booten und sehen in Westsüdwest und Nordnordwest starke Rauch⸗ wolken. Damit stand die Anwesenbeit zahlreicher feindlicher Streitkräfte bei der Doggerbank fest. Unsere Streitkräfte sammeln sofort auf Südost⸗Kurs. „Kolberg“ löst sich dazu aus dem Gefecht mit dem zuerst gesichteten kleinen Kreuzer der „Aurora“⸗Klasse. der nach mehreren Treffern abgedreht hatte, ohne selbst anderen Schaden erlitten zu haben als zwei Treffer, deren einzige Bedeutung in zwei Toten lag. Auf dieses Geschützfeuer dampft der Admiral des ersten englischen Schlachtkreuzergeschwaders mit hoher Geschwindigkeit zu und läßt seine sieben kleinen Kreuzer und 26 Torpedoboote in gleicher Richtung los. So wird während des Sammelns unseren Streikräften folgende Lage klar: Von binten laufen die feindlichen leichten Kreuzer und Torpedoboote auf, dahinter stehen mindestens 8 große Schiffe und an Steuerbord — rechts — hinten in westlicher Richtung nähern sich fünf Rauchwolken, die um 9 ½ Uhr deutlich als die Schlachtkreuzer „Lion“, „Tiger“, „Prine ß Royal“, „New Zealand“ und „Indomitable“ erkannt werden, deren Reihenfolge der englische Admiral so berichtet Von West⸗ füdwest bis Nordnordwest standen danach mindestens 13 große englische Schiffe, 7 kleine Kreuzer und 26 Torpedoboote. Daß es Torhett gewesen wäre, 4 aroße deutsch“ Schiffe, 4 kleine Kreuzer nicht 6, wie der englische Bericht sagt und 22 Torpedoboote gegen diese ganze Macht zum Gefecht beranzuführen, bedarf keiner Worte. Der englische Bericht verschweigt geflissentlich die Anwesenheit der englischen Hauptmacht, indem er sich auf Wiedergabe der Ereignisse des Gefechts seibst beschränkt, zu dem die Hauptmacht nicht herankommen konnte. Dem deutschen Admiral blieb nur ein südöstlicher Kurs übrig, der ihm ein hinhaltendes Gefecht ermöglichte und ihn in die deutsche Bucht hinein, also unsern Stützvunkten und der Möglichkeit der Verstärkung näher brachte. Auch von nicht direkt auf den Feind zu führenden Kursen hätte jeder wesentlich nördlichere oben nach Däne⸗ mark, jeder südlichere näber an die englischen Stützvunkte des Südens herangeführt. Höchste Fahrt war geboten, weil sie allein Aussicht bot, die Schiffe des Gegners auseinanderzuzieben, die feindliche Haupt⸗ macht solche Geschwindigkeit sicher nicht halten konnte, und damit pielleicht Gelegenheit zu einem erfolgversprechenden Teilgefecht ge⸗ schaffen wurde. Das ist das, was englische Zeitungen sich erdreisteten, die „Flucht nach Hause“ zu nennen. So spann sich das Gefecht an. Gegen 10 Uhr eröffnet der Feind auf über 20 km das Feuer, ohne daß er zunächst unsere Schiffe erreichen kann, es dauert bis 10 Uhr 12 Minuten, ebe er seinen ersten Weitschuß erzielt. Um halb zehn schon eröffnet „Blücher“ das Feuer auf kieine Kreuzer und Torpedoboote, die von hinten auflaufen mit dem Erfolg, daß ein getroff ner Kreuzer abdreht und ein Torpedo⸗ boot nach einer Explosion versinkt. Kurz nach 10 Uhr eröffnen auf 18 km unsere Panzerkreuzer das Feuer auf den Hauptgegner. Die hohe Geschwindigkeit, die die englischen Schlachtkreuzer entwickeln, läßt nicht nur die englische Hauptmacht zurück, sondern teilt auch die Schlachtkreuzer selbst in zwei Grupven, die ältesten Schiffe „New Zealand“ und „Indomitabie“ bleiben langsam zurück, ohne daß sie jedoch von der Teilnahme am Gefecht ganz ausgeschlossen werden. Der östliche Wind ist dem Kampf dadurch ungänstig, daß er die schweren Rauchschwaden der Schiffe und unserer jetzt vor den Panzerkreuzern stehenden Torpedoboote zwischen die beiden kämpfenden Linien wehte. Nimmt man dazu die große Gefechtsentfernung, die nie unter 14 ½ km wurde, so sind damit die Schwierigkeiten, die für beide Teile, man weiß nicht für wen am meisten, be⸗ standen, gekennzeichnet. Trotzdem hatte unsere schwere Arttillerie ihr Ziel außerordentlich schnell erreicht. Gegen 10 ½ Uhr stürzte auf dem vordersten Schiff „Lion“ ein Mast, eine halbe Stunde später folgte ein Schornstein nach, Feuer und Rauch der als Treffer krevierenden Granaten waren dentlich zu sehen. Zu gleicher Zeit waren auch auf dem zweiten Schiff der englischen Linie Treffer im Vorschiff zu sehen und Brandwirkung. Das Schiff blieb etwas zurück, sein Feuer wurde schwächer. 10 Uhr 40 Minuten erhielt „Sevdlitz“ einen schweren Treffer im Achterschiff, der die Verwendbarkeit der hint ren schweren Artillerie beeinträchtigte. Kurz nach 11 Uhr wurden erneut auf dem zweiten englischen Schiff schwere Treffer und große Brandwirkung beobachtet und gegen 11 ½ Uh mußte dieses Schiff die Schlachtlinie verlassen und blieb allmählich zurück, sodaß jetzt „Lion“ und das 3. Schiff die vordere Gruppe bildeten, während das 2. Schiff näber zu der Gruppe der zurück⸗ gebliebenen kam. Das 3. Schiff schloß gleichzeitig näher an das 1. heran. Von 11 ½ Uhr an läßt das Feuer der feindlichen Schlachtkreuzer nach. Zu dieser Zeit bleibt unser Schlußschiff „Blücher“ zurück,
nachdem Artillerietreffer und Brand beobachtet und Maschinenschaden 1
gemeldet ist und zieht damit vorwiegend das Feuer der zurück⸗ gebliebenen Schiffe auf sich. Gegen 12 erhält „Lion“, das feindliche Führerschiff, hintereinander mehrere schwere Treffer vorn, die die vordere Artillerie anscheinend unbrauchbar machen, eine starke Detonation wird beobachtet, dazu Brand, das Schiff dreht nach Steuerbord ab und verläßt stark überliegend die Schlachtlinie, die Führung an das früher dritte Schiff überlassend. Kurz darauf erhält dies von einem zwischen den kämpfenden Linien gebliebenen Torpedoboot einen Torpedoschuß und nun dreht die ganze englische Linie mit einer gleichzeitigen Wendung auf nördlichen Kurs, bricht damit das Gefecht etwa 70 Seemeilen von Helgoland ab, gerade in dem Augen⸗ blick, als auf den erschütterten Feind der Torpedobootsangriff angesetzt wurde, der nun nicht mehr durchgeführt werten konnte. Damit zog sich die Hauptmacht der feindlichen Schlachtkreuzer, soweit sie folgen konnte, nach dem zurückgeoliebenen „Blücher“ hin. Nach Anaabe des englischen Admtrals bestimmten ihn die Anwesenheit von Untersee⸗ booten und die Annäherurg an das deutsche Mtnengebiet zum Ab⸗ brechen des Gefechts. Die große Entfernung und der Qualm ließen den deutschen Admiral die Sachlage nicht so erkennen, wie sie hier jetzt gegeben ist und sich aus zusammengetragenen Aafzeichnungen ergibt, ihm war die Linie der feindlichen Schlachtkreuzer nur zum kleinen Teil sichtbar, nur die Beschädigung und das Ab⸗ drehen des Führerschiffs waren beobachtet, nichts von dem, was auf der Nr. 2 und 3 vorgegangen war und noch vorging, war deutlich auszumachen. Auf unserer Seite war zu der Zeit „Blücher“ schwer havariert, „Seydlitz“ verfügte noch nicht wieder über seine hintere schwere Artillerie. Im Norden weit ab stand der größte Teil der englischen leichten Kreuzer und Torpedoboote. Nach seinen Beob⸗ achtungen hatte also kein Ausgleich unserer Unterlegenheit stattgefunden. So entschloß er sich zunächft, nur suüdlicher zu steuern, vielleicht die englische Linie von hinten zu umfassen und auf diesem Wege zu „Blücher“ hinzukommen. Die geschilderte Unmöglichkeit, die Lage zu überseben, und die Vorauesicht des schnellen Herankommens der feindlichen Hauptmacht ließen es jedoch sehr bald ihm richtig erscheinen, Auch seinerfeits das Gefecht abzubrechen und nach Osten weiterzugehen, weil er keine Möglichkeit sah, den nahezu bewegungslosen „Blücher“ endgültig zu entsetzen. Zu dieser Zeit kommt das Torpedoboot, das schon einen erfolgreichen Schuß abgegeben hatte, zum zweiten Mal auf den jetzt hinten in der nach Norden dampfenden englischen Linie stehenden „Tiger“ zum Schuß, es erfolgt dort eine starke Detonation, das ganze Schiff ist in grauweiße Ranchwolken gehullt, zuerst ist noch ein Stöck vom Heck zu seben und 12 Uhr 23 Minuten verschwindet das Schiff. Dies wurde von einem der Schiffe, das in unserer Linie hinten stand und freien Ausblick hatte, von älteren
Offizieren beobachtet. Ob die Angabe des englischen Admirals, das „Tiger“ von vornberein 2. Schiff der cnglischen Linte mwar, richtig ist, mag dahingestellt bleiben. Die Verschiebungen der ersten Schiffe in der Linie, ehe die Wendung nach Norden geschah, sind nicht mit vollständiger Sicherbeit festzustellen. Der Verlust von „Tiger⸗ steht fest. Seit „Blücher“ zurückblieb, versuchten mehrfach englische Torpedoboote, ihn anzugreifen, dierbei wurde die Vernichtung je eines Zerstörers um 11 ⅛ und 12 ½ Uhr deutlich beobachtet. Ueber den End⸗ kampf des Blücher“ wissen wir nur durch das Luftsch ff, das gegen Ende des Gefechts über dem Kampfplatz erschien, daß er kurz nach 1 Uhr kenterte, nachdem er torpediert war. Seine Geschütze feuerten, bis er versank, Zähigkeit und Heldenmut seiner Beiatzung waren seiner Widerstandsfähigkeit ebenbürtig. Zu der Zeit waren nur mehr vier feindliche Schlachtkreuzer auf der Wahlstalt. Der engli che Bericht ergänzt das Bild noch wie folgt: Nachdem das englische Fübrerschiff schwer beschädigt ist, holt der englische Admiral seine Flagge dort nieder, schifft sich gegen 12 ⅞ Uhr auf einem Torpedoboot ein und erreicht in etwa stündiger schnellster Fahrt seine anderen Schiffe wieder, ungefähr 1 ½ Stunden, nachdem sein Flaggschif aus⸗ gefallen war, und setztt seine Flagge auf der „Princeß Roval“. Um 5 Uhr gelingt es dann „Inbomitable“, den bewegungsunfähigen „Lion⸗ in Schlepp zu nehmen und schleppt ihn bis in den Hafen.
Das Gesamtergebnis der Schlacht war also bei den britischen Streitkräften: ein neuer Schlachtkreuzer von 30 000 b gesunken; zwei neue Schlachtkreuzer schwer beschädigt; von der schweren Be⸗ schädigung eines dritten Schlachtkreuzers gingen später noch zuver⸗ lässige Nachrichten ein, sie muß dem „Blücher“ hauptsächlich zu⸗ zuschreiben sein, wir konnten also nicht sofort darüber underrichiet sein; drei Zerstörer gesunken; zwei kleine Kreuzer bes hädigt: bei den deutschen Streitkräften: ein alter Schlachtereuzer von 16 000 t gesunken; ein neuer Schlachtkreuzer beschädigt; ein kleiner Kreuhzer leicht beschädigt.
Besor ders bemerkenswert ist dabei, daß die Beschädigung des „Sendlitz“ durch einen einzigen Treffer geschah und daß auß recen ium ganzen nur noch ein schwerer Treffer den Gürtelpanzer eines Panzer⸗ kreuzers traf und dort unschädlich detonierte, sonst ist auf keinem der Schlachtkreuzer überhaupt ein Treffer zu verzeichnen, ebenso wie kein Torpedoboot getroffen ist. Also zwi Neffer in zweistündigem Gefecht, abgesehen von „Blücher“. Offenbar hatten die englischen Schlachtkreuzer zunächst die Absicht, das Gefecht nur auf sehr große Entfernung zu führen und vielleicht erwartet, dadurch eine artilleristische Ueberlegenbeit zu finden oder wenigstens der Mittelartillerie unserer Kreuzer zu entgehen. Erfolg brachte es ihnen nicht, weil unsere Schießkunst die bessere war, indem die schwere Artillerie schneller am Ziel war und besser am Ziel blieb. Daß das größere Kaliber auf englischer Seite für den Erfolg hier keine Rolle spielte, ist deutlich und die Tatsache bemerkenswert, daß kein Schiff durch Artillerie allein zum Sinken gebracht wurde. Die Ueberlegenheit an Geschwindigkett auf englischer Seite ist mit ganz phantastischen Zahlen versehen worden, die in keiner Weise der Wirklichkeit entsprechen. Das Gefecht ist auf englischer Seite im Durchschnitt mit gut 25 See⸗ meilen geführt worden gegenüber etwa 23,5 Seemeilen auf unserer Serte. Unser langsamstes Schiff, der „Blücher“, stand in jeder Flottenliste mit einer geringeren Geschwindigkeit als die langsamsten Schiffe des Gegners, somit war die höhere Verbandsgeschwindigkeit auf dessen Seite selbstverständlich. Mit einer Geschwindigkeit von 28 und 29 Seemeilen, von der gefabelt wurde, hätten die englischen Schlachtkreuzer nicht, als sie das Gefecht abbrachen, noch gegen uns zurückgestanden, sodaß ihre Wendung sie weit hinter uns vorbeiführte. Dabei kann gern anerkannt werden, daß die Geschwindigkeit der eng⸗ lischen Schiffe bemerkenswert gut war.
Außer schon Erwähntem hat die englische Darstellung nichts Neues gebracht, wohl aber haben die englischen Veröffentlichungen daru gedient, die Unzuverlässigkeit auch der amtlichen englischen Be⸗ richterstattung in belles Licht zu setzen. Von dem Gefecht selbst mögen die unrichtigen Nachrichten zum Teil ihre Erklärung darin finden, daß die Beobachtung so schwer war. Hierunter könnten die Angaben rechnen, daß „Princeß Royal“ eingangs des Gefechts mit ihrem Feuer auf das 3. Schiff, „Derfflinger“, überging und ihm er⸗ hbeblichen Schaden zufügte und daß um 10 Uhr 40 Min. (9 Uhr 45 Min.) unser Führerschiff und die Nr. 3 in Brand gewesen seien. Die Nr. 3, „Derfflinger“, hat während des ganzen Gefechts den einen schon erwähnten unschädlichen Treffer auf dem Gürtelpanzer be⸗ kommen und nie gebrannt. Auf Nr. 1, „Seydlitz“, verursachte der angeführte Treffer um 10 Uhr 40 Min. tatsächlich einen Brand. Ueher die tropfenweise Verzapfung der Nachricht über die schwere Beschädigung des „Lion“ ist schon bei anderer Gelegenheit in der deutschen Presse berichtet. Am 25. Januar wurde sie gar nicht erwähnt, am 27. als schnell revarierbar bezeichnet, am gleichen Tage das Schiff kampfunfähig genannt und gesagt, man könne keine näheren Mitteilungen machen, das Schiff könne jedoch der Marine erhalten bleiben. Englische Zeitungen berichten in schwülstigen Pbrasen von dem feierlichen Augenblick, als der „Lion“ als letztes Schiff stolz in den Hafen dampfle, während er mit Mühe und Not geschleppt den rettenden Hafen erreichte, und dieser feierliche Augen⸗ blick wurde zu einer Zeit erlebt, als das Schiff im Schlepp noch gar nicht in der Näbe sein konnte. Es gab eben manches zu ver⸗ bergen in diesem Gefecht, von dem Untergang des „Tiger“ angefangen, und das empfanden andererseits auch englische Zeitungen und schrieben zum Bericht des englischen Admirals: „Was nach der Zeit der Beschädigung des „Lion“ geschab, als der Admiral den anderen Schiffen befahl, das Gefecht mit dem fliehenden Feind fortzuführen, wird nicht enthüllt. Dadurch ist die Erzählung unvoll⸗ ständig und enttäuschend.“ Dte hier fehlen de Zeit war tatsächlich die, als unsere Torpedobote vorbrachen, „Tiger“ getroffen wurde und später sank. Und an anderer Stelle heißt es: „Der Abstand von 70 See⸗ meilen von Helgoland — beim Abbrechen des Gefechtes — hätte uns die Möglichkeit gegeben, den Kompf noch mehrere Stunden fort⸗ zusetzen, ebe wir an deutsche Minenfelder kamen. Viel kürzerer Kampf hätte schon entscheidend werden können. Hätte die Vernich⸗ tung des deutschen Geschwaders uns auch ein oder zwei Schiffe ge⸗ kostet, so wäre das billig gewesen. Ist das überhaupt ernstlich versacht worden? Wenn es bemerkenswert ist, daß des Admirals Bericht über den Befehl zum Angriff schweigt, — damit ist ein Befehl an „Indomitable“ gemeint — Blücher“ zu vernichten und an das übrige Geschwader, die deutsche Queue an⸗ zugreifen — so ist es noch bemerkenswerter, daß er keinen Versu macht zu erklären, warum diese Befehle nicht ausgeführt wurden Die Erklärung ist in den Ereignissen, dem Kampfunfähigwerden des Flaggschiffes, der schweren Beschädigung der „Princeß Roval“ und dem Sinken des Tiger“ gegeben, es war aber nicht mehr möglich, diesen Befehl auszuführen, und da der Gefechtsbericht fast alle diese Tatsachen verschweigt, bleibt er in diesem Punkt unverständlich und muß den Besprecher zu dem Schluß führen: „Das Flaggschiff war kampfunfähig. Es war eine Lage, die jeden verwirren konnte. Bevor dieser Umstand besser erklärt wird, muß es scheinen, als ob bier ein bedauerlicher Irrtum des Oberbefehlshabers vorgekommen ist. Es ist leicht zu verurteilen. Das Bedauerliche des Ganzen ist, daß das Versagen der Urteilskraft für einen so kurzen Augenblick einen so glänzenden Sieg in eine Episode verwandelt hat, die man zwar nicht verbergen kann, aber vergessen sollte“. Man muß ganz unzweifelhaft diesem Kritiker recht geben, es ist unmöglich zu er⸗ klären, warum der englische Admiral das Gefecht abbrach, wenn es um seine Schiffe so stand, wie er berichtet. Tatsächlich stand eben die Sache ganz anders und wenn das Gefecht nicht von englischer Seite abgeorochen wäre, dann hbrauchten wir heute nicht zu sagen: Es war leider dem deutschen Admiral nicht möglich, die vengleische Schwächung zu erkennen und das, im Verein mit der Vor⸗ aussicht, daß die feindliche Hauptmacht bei einem lange, in anderer als füdönlicher Richtung geführten Gefecht herankommen mußte, haben ihn verbindert, dies Gefecht, das zu unseren Gunsten ent⸗ schieden war, dis zu einem vernichtenden Sieg durchzukämpfen.
(W. T. B.)