1915 / 144 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 22 Jun 1915 18:00:01 GMT) scan diff

Stellung vor. Auf den Maashöhen dauerten die Nah⸗ ; unter schwerem Artilleriefeuer den Tag über an. Heute früh gegen 3 Uhr schritten wir zum Gegenangriff, säuberten unsere Gräben vom eingedruugenen Feinde fast vollständig und machten 130 Gefangene. Ein kleiner feindlicher Vorstoß bei Marcheville wurde leicht abgewiesen. Oestlich von Lunéville entwickelten sich bei Leintrey neue Vorpostenkämpfe. In den Vogesen haben wir heute nacht unsere Stellungen planmäßig und ungedrängt vom Feinde auf das östliche Fecht⸗ Ufer östlich von Sondernach verlegt. Am Hilsenfirst erlitt der Feind bei erneuten Angriffen wieder ernste Verluste. Unsere Flieger bewarfen den Flughafen Courcelles vnestlich von Reims mit Bomben. Feindliche Bombenabwürfe auf Brügge und Ostende richteten keinen militärischen Schaden an. Oberste Heeresleitung.

96969ä*

Großes Hauptquartier, 21. Juni. (W. T. B.) In der Gegend nordwestlich Szawle und östlich der oberen Dubissa mißlangen mehrere zum Teil von stärkeren Kräften ausgeführte russische Angriffe. Oberste Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 22. Juni. (W. T. B.) Die Lage ist unverändert. Oberste Heeresleitung.

8 Südöstlicher Kriegsschauplatz. Großes Hauptquartier, 21. Juni. (W. T. B.) Die Armeen des Generalobersten von Mackensen kämpfen um Lemberg und Zolkiew; Rawa⸗Ruska ist in unserer Hand. Westlich Rawa⸗Ruska wurde der Feind gestern von deutschen Truppen angegriffen und geworfen. Am 19. und 20. Juni wurden auf dem Kampffelde zwischen Janow und nördlich Magierow rund 9500 Russen ge sangen genommen, 8 Geschütze und 26 Maschinen⸗ gewehre erbeutet. Oberste Heeresleitung.

Wien, 21. Juni. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: Die verbündeten Truppen sind in der Verfolgung bis vor Zolkiemwm, bis nahe an Lemberg und südlich der Stadt bis

an den Szezorek⸗Bach vorgedrungen. Die in dieser Linie stehenden russischen Kräfte werden überall angegriffen. Bei Mikolajow und Zydaczow hält der Feind am Dnjestr. Truppen der Armee Pflanzer schlugen heftige Angriffe der Russen südwestlich Potok Zloty, bei Zalezezyki und im bessarabischen Grenzgebiete wieder unter schwersten Verlusten des Feindes zurück. Die sonstige Lage im Nordosten ist unverändert. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Großes Hauptquartier, 22. Juni. (W. T. B.) Die Kämpfe nördlich und westlich von Lemberg werden fortgesetzt. Westlich von Zolkiew wurden die Russen heute nacht zum Rückzuge aus ihrer Stellung gezwungen. Die deutschen Truppen und das in ihrer Mitte kämpfende österreichisch⸗ungarische Armeekorps haben seit 12. Juni, dem Beginn ihrer letzten Offensive aus der Gegend von Przemyel und Jaroslau, 237 Offiziere, 58800 Mann zu Ge⸗ fangenen gemacht, 9 Geschütze und 136 Maschinen⸗ gewehre erbeutet. Oberste Heeresleitung.

Südlicher Kriegsschauplatz. Wien, 21. Juni. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: In der Nacht auf den 20. Juni schlugen unsere tapferen Truppen bei Plava wieder zwei italienische Angriffe ab. Hier erschien ein italienischer Offizier mit der weißen Fahne und einem Hornisten vor unserer Stellung, um eine Bitte seines Brigadekommandanten vorzubringen. Da sich diese Personen nicht mit einer schriftlichen Vollmacht als Parla⸗ mentäre ausweisen konnten, wurden sie festgenommen und sind Kriegsgefangene. Im Gebiete nordwestlich des Krn wurde der Feind aus einer Sattelstellung geworfen, wobei sich Abteilungen des Debrecziner Honved⸗Infanterieregiments besonders auszeich⸗ neten. Unsere schwere Artillerie griff erfolgreich in den Gebirgs⸗ kampf ein. An der Kärntner Grenze griff der Geaner im Raume östlich des Plöcken wie immer erfolglos an. Im Tiroler Grenzgebiet hat sich nichts Wesentliches ereignet. Das Feuer der italienischen schweren Artillerie gegen unsere Be⸗ festigungen ist ohne jede Wirkung. Am 19. Juni wurden die Tank⸗ und Hafenanlagen von Monopoli durch ein Torpedofahrzeug mit Erfolg beschossen und die Bahnhöfe von Bari und Brindisi von unseren Seeflug⸗ eugen durch Bombenwürfe beschädigt. 8 Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. vyvon Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Der Krieg zur See. „21. Juni. (W. T. B.) Am 20. Juni griff eines unserer Unterseeboote, etwa 100. Seemeilen östlich vom Firth of Forth einen englischen Panzerkreuzer, anscheinend von der Minotaur⸗Klasse, an. Der Torpedo traf, seine Wirkung konnte von dem Unterseeboot jedoch nicht mehr beobachtet werden. 1] Der Stellvertretende Chef des Admiralstabes. gez. Behncke.

3 (Die Panzerkreuzer der Minotaur⸗Klasse . Defence“, „Shannon“ und „Minotaur“] sind in den Jahren 1906 und 1907 von Stapel

gelaufen, haben eine Wasserverdrängung von 14 800 Tonnen und eine Geschwindigkeit von 22,5 bis 23,4 Seemeilen. Sie sind armiert mit vier 23,4⸗ und zehn 19⸗Zentimeter⸗Geschützen; ihre Besatzung ist 755 Mann stark.)

Der Krieg der Türkei gegen den Dreiverband. Konstantinopel, 21. Juni. (W. T. B.) Das Haupt⸗ quartier teilt mit: An der Dardanellenfront fand gestern bei Ari Burnu schwacher Artillerie⸗ und Infanteriekampf statt. Bei Sedil Bahr scheiterte ein Mittags gegen unseren linken Flügel gerichteter feindlicher Angriff in unserem Feuer. Der Feind mußte sich mit großen Verlusten in seine Schützengräben flüchten. Ein Angriff, den der Feind heute morgen von Sedil Bahr aus gegen unsere ganze Front unternahm, wurde gleichfalls zurückgeschlagen. Unsere anatolischen Küstenbatterien beschossen auch heute mit Erfolg feindliche Torpedobootszerstörer, Minensucher, Artillerie, Trainzüge, Munitionslager sowie Fliegerschuppen, örten ein feindliches Flugzeug und beschädigten ein anderes. Feind ließ darauf von seinen Fliegern mehr als 30 Bomben auf diese Batterien werfen, ohne Schaden anzu⸗ richten. An den anderen Fronten ist die Lage unverändert.

Statistik und Volkswirtschaft. 8

Die Hauptergebnisse der Grgänzungeösteuerveranlagung in Preußen im Jahre 1914.

Im vergangenen Jahre hat in Preußen eine Neuveranlagung zur Ergänzungssteuer für den Zeitraum 1914/16 stattgefunden, deren Ergebnisse, wie die der früberen Veranlagungen, im Königlichen Statistischen Landesamt bearbeitet und zusammen mit der in Nr. 132 des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ vom 8. d. M. (Erste Beilage) be⸗ sprochenen Einkommensteuerstatistik für das Jahr 1914 den heiden Häusern des Landtags vorgelegt worden sind. Die wichtigsten dieser Ergebnisse seien im folgenden mit Rückblicken auf die fruheren Ver⸗ anlagungsjahre mitgeteilt.

Es betrug

die Gesamt⸗ deren 6 ibre zahl der steuerpflichtiges sehärsaee⸗

Ergänzungs⸗ Vermögen hebungssoll )*) steuerzensiten 2 2

31 045 836 34 183 121 36 916 588 40 268 723 45 007 543

nach der Veranlagung

1 152 332 1 227 583 1 297 485 1 379 221 1 502 570

63 857 171 354 70 042 198 554 75 657 476 085 82 410 286 903 91 653 297 197

1 767 034] 104 056 987 221] 63 015 827 1 940 495]/ 115 270 076 2 70 243 915 788 1630 + 51 412 904 945] + 39 198 079 684 v. H. = 80 2 v. H. = 126,8 v. H

173 461 1+ 11 213 089 078 + 7 228 088 98 v. H= 1079 v. H.]= 11, v. H.

Die Neuveranlagung hat hiernach ein guünthiges Ergebnis gehabt. Gegen das erste Veranlagungsjabr 1895 hat sich die Zahl der Er⸗ gänzungsneuerzensiten bereits um nahezu sieben Zehntel, das steuerpflichtige Vermögen um rund vier Fünftel, das Steuer⸗ erhbebungssoll dagegen um das Eineinviertelfache vermehrt. Für die Steuerzunahme war natürlich die am 1. April 1909 erfolgte Ein⸗ führung der Steuerzuschläge (von 25 %) von wesentlichem Belang. Diese Zuschläge bezlfferten sich für 1914 auf 13,24, für 1911 auf 12,8) Millionen Mark; ohne sie betrug die Vermehrung der (ver⸗ anlagten) Steuer von 1895 bis 1914 nur 25,26 Millionen Mark oder 81 ¼½ v. H.

Ven 1911 auf 1914 war die Steigerung der Zensitenzahl mit fast einem Zehntel sowie die des Vermögens mit etwas weniger und die der Steuer mit etwas mehr als etnem Neuntel zwar bedeutend, indes verhälm ismäßig geringer als von 1908 bis 1911, in welchem Zeitraume sich vor allem die Zahl der Zensiten um über ein Sechstel vergrößerte.

Aufs Hundert der Gesamtbevölkerung entfielen im Jahre 1895 3, 7, im Jahre 1911 und im Berichtsjahre 1914 4,z7, hingegen aufs Hundert aller Haushaltungsvorstände und Einzelwirtschafter in Jahren 10,2 bezw. 11,4 und 11,⸗ Ergänzungsneuer⸗ zensiten.

Die „veranlagte Bevölkerung“, d. h. die Zahl der Er⸗ gänzungssteuerzensiten mit Einschluß der Angehé igen, betrug im Berichtsjahre 1914 6,20 Millionen Köpfe, d. s. 16,8 v. H. der Ge⸗ samtbevölkerung, gegen 6,4s Millionen = 16,2 v. H. im Jahre 1911 und 4,2s Millionen = 14, 1 v. H. der Gesamtbevölkerung im Jahre 1895.

Im Durchschnitt auf einen Zensiten hat sich das steuerbare Ver⸗ mögen von 55 468 im Jahre 1895 auf 58 888 im Jahre 1911 und 59 402 im Jahre 1914 vermößert; nur in den Jahren 1905 mit 59 751 und 1908 mit 60 998 stellte sich das steuerpflichtige Durchschnitrsvermögen höher als im letzten Veranlagungsjahre.

Das oben aufgeführte steuerpflichtige Vermögen stellt keines⸗ wegs den gesamten Besitz aller Privatpersonen in Preußen dar. Zu den „besitzenden“ Klassen gehören vielmehr auch sehr zahlreiche Per⸗ sonen mit Vermögen bis zu 6000 ℳ, also von noch nicht steuer⸗ pflichtiger Höbe (im Jahre 1895 9,7, im Jahre 1911 13,,2 und im Jahre 1914 14,27 Millionen), sowie viele (360 505 bezw. 242 158 und 243 288) mit einem jenen Betrag übersteigenden Vermögen, die aber gleichwohl auf Grund von § 17 Ziffer 2 und 3 oder § 19 Absatz 2 des Gesetzes von der Ergänzungssteuer freigestellt sind, weil sie kein steuerpfl chtiges Einkammen haben, besondere persönliche Befreiungsgründe (für Witwen, Waisen usw.) vorliegen oder ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigt ist. Unzweifelhaft be⸗ firdet sich im Besitze aller dieser Perionen zusammen noch ein gleich⸗ falls nach Milliarden zu bezlfferndes Vermögen.

Die zur Ergänzungssteuer Veranlagten bilden zusammen mit jenen auf Grund von § 17 Ziffer 2 und 3 oder § 19 Absatz 2 des Gesetzes Freigestellten die Gesamtheit derjenigen, die über ein Ver⸗ mögen von mehr als 6000 verfügen. Ihre Zahl machte aufs Hundert der Gesamtbevölkerung im Berichtsjahre 1914 ein⸗ schließlich der Angehörigen 19 , ausschließlich dieser 5,3, im Jahre 1911 18,5 bezw. 5, =r und im Jahre 1895 18,7 bezw. aus. Vom Hundert aller Haushaltungsvorstände und Einzelwirt⸗ schafter hatten mehr als 6000 Vermögen 1914: 13, ,

13,0 und 1895: 13,4.

*) einschließlich der Zuschläge von 1911/13 ab.

1899/1901 196982/190bob . 1905/1907. 1908/1910 .. 11II913 ... 1914/1916 ..

Wohlfahrtspflege. Zur Ansiedlung von Kriegsinvaliden.

Um den Zusammenhang zwischen den einzelnen Organisationen herzustellen, die sich in der preußischen Monarchie zum Zwecke der Uebernahme der Kriegsinvalidenfürsorge gebildet haben, und um mit den durch die Verschiedenheit dieser Organisationen bedingten Maßgaben doch für ein möglichst einheitliches Vorgehen in allen Landesteilen zu sorgen, auch um die an einer Stelle bereits ge⸗ troffenen Einrichtungen und gewonnenen Erfahrungen für andere Stellen nutzbar zu gestalten, haben der Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten, der Minister für Handel und Gewerbe, der Minister des Innern und der Kriegsminsster eine Darstellung der bisherigen Entwicklung auf diesem Gebtete und eine Zusammenstellung der für die Arbeit der Organisationen in Betracht kommenden Grund⸗ sätze und Richtlinien gegeben, in denen unter anderem zur Frage der Kriegsinvalidenansiedlung folgendes ausgeführt wird:

„Die auf die Ansiedlung von Invaliden auf dem platten Lande gerichteten Bestrebungen verdienen die Förderung der Fürsorge⸗ ausschüsse. Die Einduße an Arbeitsfähigkeit infolge der Kriegs⸗ beschädigung wird selten derart sein, daß dadurch die Möglichkeit landwirtschaftlicher oder gärtnerischer Betätigung in einem kleinen Eigenbetriebe völlig auegeschlossen ist. Findet diese beschränkte Arbeitsfähigkeit ihre Ergänzung in der Mitarbeit von Frau und Kindern oder anderen Familienangehörigen des Kriegsinväaliden, so wird die selbständige Bewirtschaftung kleinerer landwirtschaftlicher oder gärtnerischer Betriebe durchaus möglich und sowohl für den Invaliden als auch für die Allgemeinheit von Vorteil sein. Je nach den Umständen des Einnzelfalles, wobei neben den eigenen Wünschen des Invaliden namentlich in Frage kommt, ob er und seine Frau mit der Landwirtschaft vertraut sind, wie es mit seiner Arbeitsfähigkeit steht und wie seine Vermögensverhältnisse sind, kann es sich em pfeblen, auf eine Ansiedlung in rein landwirtschaftlichen Verhältnissen hinzu⸗ wirken oder die Gründung kleiner gartenmäßiger Beiriebe in der nächsten Umgebung der Stärte zu unterstützen. Daß es sich dabei nicht darum handeln kann, Niederlassungen ausschließlich von Kriegs⸗ inval’den zu gründen, bedarf keiner näheren Begründung.

—8 die Ausfährung der Ansierlung stehen einstweilen nur die Einrichtungen und Mittel zur Verfügung, die bislang in - der Förderung der inneren Kolonisation dienten und in

Hauptsache auf der preußischen Rentengutegesetzgebung fußen. 111“ 1X1““

Ob über die in finanzieller Beziehung hlernach bestehenden Grund- sätze binaus den Invaliden eine Sonderstellung eingeräumt werden kann, namentlich in der Richtung, daß minderdemittelte Be⸗ werber auch ohne den Nachweis eigener Barmittel als Ansiedler zu⸗ gelassen werden können, wird davon abhängen, wie die Ent⸗ schädigung der Kriegsinvaliden seitens des Reiches geregelt wird. Im übrigen wird sich ihre Ansiedlung unschwer in die zur Förderung der inneren Kolonisation in Preußen bestehende allgemeine Organi⸗ sation einfügen. Die in erster Linie berufenen Behörden (Ansied⸗ lungskommission, Generalkommissionen) und Landgesellschaften werden sich der Ansiedlung der Invaliden bereitwillig und mit be⸗ sonderer Sorfalt annehmen. Aber auch sonst wird auf die tatbereite, verständnisvolle Mitwirkung weiter Kreise, vor allem der Kommunalverbände, gerecchnet werden konnen. In den Provinzen, in denen unter staatlicher Mitwirkung provinztell organa⸗ sierie Träger der Ansiedlung vorhanden sind, empfiehlt es sich, diese in erster Linte heranzuztehen. Organisationen privaten Charakters, deren Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit auf dem Gebiete der inneren Kolontsation nicht in langer, erfolgreicher Praxis erprobt und anerkannt ist, werden nur mit Vorsicht zugelassen werden können.“ (Zentralblatt der preußtschen Landwtrtschaftskammern.)

Die Zentralstelle für Volkswohlfahrt hielt unter dem Vorsitze des Staatsministers von Möller am 17. d. M. im Landes⸗ hause der Provinz Brandenburg ihre ordentliche Generalversammlung ab. Dem von dem Geschäftsführer erstatteten Jahresbericht ist zu entnehmen, daß die Zentralstelle sich im Geschäftsjahre 1914/15 neben ihrer fortlaufenden Tätigkeit nach Ausbruch des Krieges in weitgehendem Maße hesonderen durch die Lage geschaffenen Aufgaben gewidmet hat. Zunächst gewährte sie dem „Nationalen Frauen⸗ dienst⸗ Umerkunft in ihren Räumen und stellte ihm einen Teil ihrer Arbeitskräfte zur Verfügung. Sie hat dadurch, wie de „Nationale Frauendienst“ bei seiner Uebersiedlung in eigene Räume im März d. Js. ausdrücklich anerkannt hat, Wesentliches zu dem Gelingen seiner Tätigkeit beigetragen. Mit der von der Zentralstelle berausgegebenen „Korrespondenz für Kriegswohlfahrts⸗ pflege“ wurde ein Organ geschaffen, das durch Registrierung der auf dem Gebiete der Kriegswohlmhrtspflege bekannt gewordenen Maß nahmen und ihre kritische Beleuchtung allen auf diesem Gebiet tätigen Stellen, Kreisen, Gemeinden usw. die Anregung zu wertvollen prakrischen Maßnahmen zu geben geeignet war. Einen außerordentlichen Erfolg hatten die im Zusammenwirken mit dem Verein für volkstüm liche Kurse von Berliner Hochschullehrern von der Zentralstelle ver⸗ anstalteten „deutschen Reden in schwerer Zeit“, die ihrer Aufgabe, in den breiten Massen der Berliner Bevölkerung auf⸗ klärend über den Krieg, seme Ursachen und seine Folgen zu wirken, dann aber auch durch die Besinnung auf die hohen Ziele dieses Kampfes die Stimmung dauernd zu erhalten, nach aller Urteil in hohem Maße gerecht geworden sind. Auch im Rahmen des Gesamt⸗ ausschusses zur Verteilung von Lesestoff im Felde und in den Lazaretten, insbesondere bei der Organisierung der vom 13. bis 19. Juni d. J abgehaltenen „Kriegsbuchwoche“ ist der Zentralstelle ein Hauptanteil der Arbeit zugefallen. Einen Haupt⸗ zweig der Tätigkeit der Zentralstelle bildet ihre Arbeit auf dem Ge⸗ biete der Jugendpflege Beim Auesbruch des Krieges hat die von dem Geschäftsführer als Vorsitzendem des Großberliner Haupt⸗ ausschusses für Leibesübungen und Jugendpflege verfaßte Denk⸗ schrift „Kriegszeit und Aufgaben der Jugendpflege“, die durch das Ministerium der geistlichen und Unterrschtsangeleagenbeiten die weiteste Verbreitung unter den Ortsausschüssen für Jugendflege fand und sämtlichen Stodtverwaltungen zugänglich gemacht wurde, wesentlich dazu beigetragen, Richtlinien für die Arbeit an der Jugend während des Krieges zu geben. Auf dem Gebiete des Wohnungswesens, das auch zu normalen Zeiten ein Hauptfeld der Tätigkeit der Zennal⸗ stelle bildet, wurden in einer unter dem Vorsitze des Geschäfts⸗ führers abgehaltenen Kriegstagung von Vertretern der deutschen Baugenossenschaftsverbände wichtige Anregungen gegeben, wie dem nach dem Kriege mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Mangel an küeinen Wohnungen vorgebeugt werden kann. Außerdem haben die wissenschaftlichen Beamten in zahlreichen Orga⸗ nisationen mitgearbeitet, deren Tätigkeit auf dem Gebiete der Kriegs-⸗ wohlfahrtespflege sich mit den Aufgaben der Zentralstelle berührt.

u den in nächster Zeit in Angriff zu nehmenden Aufgaben der entralstelle gehört in erster Linte die Stellungnahme der organi⸗ 1

erten Jugendpflege zu der künftigen Gestaltung der militärischen

Vorbereitung der Jugend, die in einer demnächst statt⸗ findenden Konferenz der Leiter der auf dem Gebiete der Jugend⸗ pflege tätigen Vereinigungen erfolgen soll, sowie die Veranstaltung einer Tagung von Sachverständigen, die der Erörterung des Themas

„Erhaltung und Mehrung der deutschen 11

unter den Gesichtsvunkten der durch den Krieg geschaffenen Sachlage gewidmet sein sol. 2 v““

Ueber die Beteiligung der Träger der reichsgesetz-

lichen Invaliden⸗ und Hinterbliebenenversicherung, der

Landesversicherungsanstalten, an der Kriegswohlfahrts⸗ pflege hat in einer Konferenz, die am 17. d. M. im Reichs⸗ versicherungsamte mit Vertretern der Landesversicherungsämter, der Landes versicherungsanstalten und Sonderanstalten stattfand, der Präsident des Reichsversicherungsamts Dr. Kaufmann einen kurzen Ueberblick gegeben. Es sind bis Ende Mai d. J. von den Landes⸗ versicherungsanstalten für Kriegswohlfahrtspflege gemäß § 1274 der Reichsversicherungsordnung rund 13 Millionen Mark gezahtt worden. 56 Millionen Mark wurden als Wohlfahrtsdarlehen zu erleichterten Bedingungen an bedrängte Gemeinden, Kreise usw. ausgegeben. An den Kriegsanleihen haben sich diese Versicherungsträger mit rund

290 Millionen Mark beteiligt. die durch § 1274 der Reichs⸗

versicherungsordnung umgrenzten Aufgaben der Kriegswohlfahrtspflege

war in einer Konferenz im Reicheversicherunggamt im August v. J. ein Betrag bis zu 5 vom Hundert des 2,1 Milliarden Mark be⸗ tragenden Vermögens der Versicherungsanstalten, also ein Betrag bis

zu 105 Millionen Mark, zur Verfügung gestellt worden. Die bieraus gezahlten 13 Millionen Mark setzen sich, wie ergänzend bemerkt werden kann, aus folgenden Einzelbeträgen zusammen: 1) Zuschüsse an das Rote Kreuz: r77272525 b. Propihtlalhesethit niw. . . .... 2) Beschaffung von Wollsachen und sonstigen Liebes⸗ gaben für das Feldheer 8 3) Unterstützung von Arbeitslosen und Hilfsbedürftigen: 211111“ b. mittelbar (durch Gemeinden, Vereine usw) 4 994 000 4) Unterstützung der Landesversicherungsanstalt Ost⸗ 5) Förderung der Kriegsversicheruun. 209 000 6) Ausrüstung von Lazarettzugemn . ..ü3175 000 7) Aufwendungen für Bade⸗ und Desinfektionswagen e6* 8) Ehrengaben an die Hinterbliebenen von gefallenen 1 000 000 1 500 000.

oder ihren Wunden erlegenen Kriegsteilnehmern 9) Aufwendungen für sonstige Wohlfahrtszwecke Die Landesversicherungsaagstalten haben auf diese Weise erfolgreich dazu beigetragen, die durch den Krieg geschaffenen Notlagen zu mildern und uns wirtschaftlich stark zu erhalten im Rücken der kämpfenden Heere. Bei diesen Aurwendungen wurden, wie der Präͤsident Dr. Kaufmann besonders betonte, sorgfältig die Grenzen berücksichtigt, innerhalb deren solche Ausgaben rechnungsmäßig verantwortet werden können. Die Landes versicherungsanstalten haben auch daran fest⸗ gehalten, daß ihre Fürsorge auf diesem Gebiete nur eine ergänzende, unterstützends sein kann, und daß durch sie die hierzu in erster Linie

verpflichteten staatlichen oder gemeindlichen Stellen nicht über Gebühr entlastet werden dürfen. Auch durch Forkführung der Kriegewohl⸗

.. 447 000 1 396 000

ahrtepflege der Landesversicherungsanstalten in der bisberigen vor⸗ e maßvollen Art wird, worauf der Präsident Dr. Kauf⸗ mann gleichfalls binwies, die finanzielle Leistungsfädigkeit der Ver⸗ icherungsträger nicht nennenswert berührt, geschweige deun ernstlich

t werden.

Der rses erlins teill . der deutschen

für die Metallbetriebe Groß T. B.“ mit: Die Arbeitgeber⸗ haben lärung erlassen, daß sie r und willens sind,

2 spelhe blen heimkehrenden Soldaten, soweit sie frühber in ihren Betrieben beschäftigt gewesen sind, wenn irgend möglich, wieder in denselben unterzubringen. Auch der Verband Berliner Metallindustrieller hat sich dieser Erklärung angeschlossen. Im Verein mit den Arbeiter⸗ organisationen hat er den Kriegeausschuß für die Metallbetriebe Groß Berlins, der zur Behebung der während des Krieges entstandenen Schwiertakeiten im Arbeitsverhältnis gegründet war, mit der Durch⸗ hrung der hierzu erforderlichen Maßnahmen betraut. Dieser Kriegs⸗ ausschaß ersucht alle in Frage kommenden Stellen, die aus dem

Militärverhältnis entlassenen Kriegebeschädigten, die zuletzt in Metall⸗ betrieben Groß Berlins beschäftigt waren, an die hierfür errichtete Geschäftsstelle: Berlin N., Schlegelstraße Nr. 2, zu verweisen.

Kunusft und Wissenschaft.

Große Berliner Kunstausstellung 1915. II.*)

8 Mit den Bildnissen verhält es sich ähnlich wie mit den land⸗

afili Darstellungen. Auch in der Reihe der Porträts rühren Ebe eeen Malern her, und diese lernt man von keiner neuen Seite kennen. Selbst das aus dem Gesamtbild der Ausstellung herausfallende Porträt eines Knaben von Fritz Burger, das in der Farbe und in der etwas verk⸗ ampften Haltung stark unter dem Einflusse der neuesten Schweizer Maler steht, kann nicht über⸗ raschen. Denn die Bildnisse, die der Künstler in den letzten Jabren zeigie, beweisen deutlich, daß Burger auf dem Weg ist, sich die Formensprache Hodlers anzueiäanen, der er in diesem Werke recht nahe kommt. Der Künstler nennt sein Gemälde, das einen Knaben, auf einem Steine im Freien sitzend, zeigt, „Deutsche Hoffnung“ und deutet schon durch den Bildtttel an, daß er das individuelle Bildnis zu einer Darstellung des typpischen deutschen Knaben erheben will. Dieses Streben rechtfertigt einiger⸗ maßen die monumentale Stilisierung, die allerdings nicht überzeugend wirkt. Als Bildnismaler ist Burger so gut, daß er es eigentlich nicht nötig hätte, sich auffallender fremder Wirkungsformen zu bedienen. Das ganz auf Blau gestimmte Bildnis einer sitzenden Dame von dem Berliner Paul Plontke gehört zu den erfreulichsten Werken der Aasstellung. Bereits im vorigen Jahre lenkte der Künstler durch gute und vielseitige Schöpfungen die Aufmerksamkeit auf sich und die bier gezeigte, farbig empfundene und streng im malerischen Stil durchgeführte Leistung rechtfertigt die damals ausgesprochenen Hoff⸗ nungen. Arthur Ludwig Ratzkas mit eindrimgender Sorgfalt durchgezeichnetes Frauenbildnis hat als ausdrucksvolle Charakterstudie Wert und besitzt zugleich jene geschmadcvolle, elegante Vornehmheit, die daa Publikum bei Damenbildnissen verlangt. Das große weib⸗ liche Aquarellporträt von Fritz Reusing und das kräftige Bildnis einer Dame im roten Kleid von Hela Peters, dessen Farben ein wenig bunt und hart nebeneinander stehen, sind unter den effektvollen „Saonbildnissen“ die künstlerischsten Leistungen. Ernst Pickardts flott hingemaltes Bildnis eines Majors fesselt durch die amüsante Art der lebendigen Charakterisierung immer wieder. Dem Gemälde einer fricsischen Braut, die im Festschmuck vor arünen Zweigen sitzt, verlieh Otto H. Engel eine porträtmäßige Haltung. Zu dem be⸗ wegten Grund bildet die ruhige Glätte des Gesichts einen störenden Gegensatz, sodaß das sonst recht aute Bild nicht völlig ausgeglichen wirkt. Der Münchener Edward Cucuel stellte eine Dame in einer Winterlandschaft dar. Die Auffassung des Gemäldes, vor allem der Klang der aufgebellten Farben, läßt Einflüsse der Maler aus dem Kreise der ehemaltgen Vereinigung „Scholle“ vermuten, von denen Leo Putz mit dem sehr bezeichnenden Gemälde „Bacchanale“ vertreten ist. Das Werk, daß ein wildes Gedränge von Bären und nackten Frauenleibern zeigt, stellt einen jener originellen Einfälle dar, an denen die Künstler dieses Kreises so reich sind. Auf seine malerischen Eigenschaften hin betrachtet, ist es in der Form nicht ruhig und kiar genug, um dekorativ wirken zu können, und die Durchführung ist nicht sein und reich genug, um den künstlerischen Gehalt eines umfangreichen Gemäldes ausmachen zu können. Unter den Werken anderer Münchener Künstler erfreut die kräftige Malerei des Zügel⸗Schülers R. Schramm⸗ Zittau, der die große, von Luft und Sonne durchflutete Freilicht⸗ szene „Frau mit Ziegen“ ausstellt. Walter Schnackenburg fügte zu den gefälligen und hlendenden Reizen, die eine Ballettszene schon an sich besitzt, durch die Mittel der Malerei keine stärteren neuen Reize hinzu. Immerhin ist auch dieses geschmackvolle Ballett⸗ bild zu den besseren Werken der Ausstellung zu zählen. UMnter den Arbeiten der Stuttgarter Känstler stellt Christian Landen bergers „Frühling“ die feinste Leistung dar. Den so oft unternommenen Versuch, den Frühling symbolisch im Bilde zu ge⸗ stalten, löst Landenberger auf eigene zarte Weise. Die Haltung und Bewegung der jungen Frau, die inmitten einer blühenden Wiese steht und ein Blumenbündel hochhält, ist von spröder Anmut, und mit ihrer verhaltenen Gebärde stimmen die blassen fahlen Farben fein zusammen, sodaß ein anmutige malerisches Werk zustande kam. Wenn man sich bemüht vor Amandus Faures „Wilhelmatheater“ die Erinnerung an Menzels im Motiv verwandtes Théätre Gymnase möglichst aus⸗ zulöschen, an dem man dieses kleine Theaterbild nicht messen darf dann vermag man an der Farbengebung und an den dargestellten Bewegungen dieser flott bebandelten Innenszene einige Feinheiten herauszufinden. Schließlich seien noch als weitere bemerkenswerte Schöpfungen Stuttgarter Künstler Christian Speyers helles und frisches Gemälde „In Erwartung“ und des Soldatenmalers Robert Haug bhreitflächig ausgeführtes Pehesee . erwähnt.

Nachdem man in der vorjährigen Ausstellung Gelegenheit hatte in einer Sonderausstellung die künstlerischen Absichten des Aachener Malers August von Brandis kennen und würdigen zu lernen, offenbaren sich die Schönheiten seines dunklen Innen⸗ raumes, in dessen Dämmerlicht die Kronleuchter und die ver⸗ Lire Möbel blitzend aufleuchten, ohne wetteres. Die düstere

timmung, und der zähe, schwere Farbenauftrag lassen diese Schöpfung so unauforinglich erscheinen, daß sie nur bei jenen Be⸗ achtung finden wird, die schon früher auf die Kunst dieses Aachener Meisters zu achten gelernt haben. Aus Dresden ist nicht viel da. Ferdinand Dorsch behandelt in seinem „Kabareit ein Münche⸗ nerisches Motiv derb, schwerfällig und mit wenig Geschmack.

Neue Namen, die man zum ersten Male beachtet, sind Hans Klohß und F. Lin dau, die beide aus Pot⸗dam stammen. Klohß versteht es, aus dem ganz unscheinbaren Motiv eines Eisenbahn⸗ damms, der in helles Grün gedettet ist, ein frisches und schönes Stück Malerei zu machen, und F. Lindau hat die Stimmung eines

geünen Tages am Wasser, den blassen Dunst, der über einer See⸗

dabei verschwommen und zerfahren wirkt. Dr. Pl.

8

fläche lie 8 weich und duftig wiedergegeben, ohne daß die Maserei

nTd; der Oberbibliothekar der Großherzoalichen ’e Geheime Hofrat Dr. k. c. Paul von ö im e beheneiahr gestorhm. Der Verstorbene, der zu den Be⸗ Besellschaft 8. Deutscheg Shafespeare⸗Gesellschaft, der Goethe⸗ und der Deutschen Schiller⸗Stiftung gehörte, hat

sich als 10es Mitglied dieser Gesellschaften um das deutsche

Geisteskeben dauernde Verdienste erworben. Nachdem er nach beendeten juristischn Stadien ei ige Jahre als Auskultator tätig gewesen war, wandte er sich der Journalitstik zu und war zunächet als Vertreter deutscher Blä ter in Paris beschäftiat. Seit dem Jahre 1863 leitete er die „Weimarische Zeitung“, bis er 1893 zum Bibtiothekar der Großherzoglichen Bibliothek ernannt wurde. Seine zahlreichen Schriften behandeln meist Stoffe aus der Geschichte und Kulturgeschichte Weimars. Es seien von ihnen genannt: „Karl August als Chef des 6. Kürassierregiments“, „Herzog Karl Auausts Nieder⸗ schrift über die Defension von Thüringen 1796 bis 1798“, Herzog Karl August und der Pariser Buchhändler Pougens“, „Das Weimar Joh. Seb. Bachs“.

In Dortmund soll zum 1. Oktober d. J. ein psychologisch⸗ pädagogisches Institut errichtet werden. Die Mittel zur Eia⸗ richtung und Unterhaltung werden, soweit sie nicht durch Beiträge der Mitglteder und Förderer gedeckt werden, von der Stadt Dortmund gewährt. Zur ersten Einrichtung hat die Regierung einen Beitrag von 3000 bewilligt. Die Anfgabe der Anstalt besteht darin, ihre Mitglieder in die exverimentelle Psychologie und Pädagogik einzurühren und sie zu wissenschaftlichen Arbeiten auf diesem Gebtet anzuletten. Auch Fertenkuse und volkstkümlich wissenschaftliche Vorträge sollen für weitere Kreise veranstaltet werden. Zum Leiter ist der Privat⸗ dozent Dr. Goldschmidt von der Universität Münster, der ein Schüler und Mitarbeiter von Wilhelm Wundt und Meumann ist, in Aussicht genommen.

Literatur.

Jahrbuch der Königlich preußischen Kunstsamm⸗ lungen. 36. Band. (1915.) Heft 1 und 2. Den neuen Jahrgang eröffnet Wilhelm von Bode mit einer Besprechung von „Brunod Pauls Plänen zum Asiatischen Museum in Dahlem.“ Bekanntlich soll auf dem staatlichen Gelände der alten Domäne u. a. eine Gruppe von Neubauten entstehen, die dem seit vielen Jahren empfundenen Platzmangel im Völkerkundemuseum abzuhelfen besimmt ist. Nach Ausführung des ganzen Planes werden im alten Bau an der Köniagrätzerstraße nur die präöhisto⸗ rischen Sammlungen verbleiben. Sie werden ein⸗ befrie⸗ digende Aufstellung finden und vielleicht auch mit der Sammlung deutscher Volkskunde vereinigt werden können, die infolge des Raum⸗ mangels bisher in der alten Gewerbeakademie in der Klosterstraße untergebracht werden mußte. Ven den Dahlemer Bauten ist zunächst ein „Asiatisches Museum“ in Angriff genommen. Professor Bruno Paul, der Leiter der Unterrichtsanstalt am Kunstaewerbemuseum, hat in freiem Anschluß an monumentale märkische Gutsbauten des 18. Jahrhunderts einen Plan des Gebäudes geschaffen, der sich dem Rahmen der späteren Anlage natürlsch einfügen und auch als Einzelbau von geschlossener Wirkung den asiatischen Sammlungen ein würdigez und geschmackooll's Heim bieten wird. Die zu überwindenden Schwierigkeiten waren nicht gering; galt es doch, neben den völkerkundlichen Gegenständen auch die seit Jahren davon getrennten Sammlungen astatischer Kunst unterzu⸗ bringen. So wird z. B. auch die zurzeit im Kaiser Friedrich⸗Museum eingebaute Fassade des Wüstenschlosses Mschatta dort einen eigenen Raum erhalten, von dem eine Skizze schon jetzt ein Bild gibt. Die Ausführungen W. von Bodes werden durch Skizzen und Grundrisse eingehend erläutert. Max J. Friedländer bespricht ein kürzlich erworbenes niederländisches Bild, die hetlige Magdalena darstellend, das aus der Sammlung Mansi in Lucca ins Kaiser Friedrich⸗Museum gelangte. Auf Grund eines Gemäldes in amerikanischem Privatbesitz gelingt es ihm, den Meister zwar nicht dem Namen, wohl aber seiner Eigenart nach zu vmschreiben, und ihm eine Reihe anderer Arbeiten zuzuweisen. Mit Quinten Metsys hat der Maler nichts zu tun, doch gehört er in den Kreis der Antwerpener Manieristen vom Anfang des 16. Jahrhunderts. Unter dem Titel „Der Mazzocchto des Paolo Uccello“ bringt G. J. Kern eine neue Frucht seiner tiefschürfenden Studien zur Geschichte der Perspektive und ihrer gesetzmäßigen Verwendung in der Maleret der italienischen Renaissance. Der Mazzocchto, der wulstförmige Teils einer damals üblichen männ⸗ lichen Kopfbedeckung, ist von Uecello mehrfach angebracht worden, auch an Stellen seiner Bilder, wo er sachlich nichts mit dem Thema zu tun hat. Kern zeint, daß die geometrische Konstrukrion dieses Körpers ein auch bei anderen Malern beliebtes Problem der wissenschaftlichen Perspektive war; er weist den engen Zusammenhang dieser Be⸗ strebungen mit den wichtigsten künstlerischen Fortschritten und Erfolgen jener Blütezet der Kunst nach. Hildegard Zim mermann liefert auf Grund eingehender archivalischer und stilistischer Unter⸗ suchungen eine Geschichte und Würdtaung der höchst seltenen Holz⸗ schnittfolge Hans Burgkmairs zur Genealogie Kaiser Maximiltans lI. In einem Band der Wiener Hotbibliothek ist uns das Handexemplar des Kaisers selbst zu der 77 Holzschnitte umfassenden Folge erhalten

Im 2. Heft des Jahrgangs unterzieht sich Max J. Fried⸗ länder der schwierigen Aufgabe, die Masse der in unseren Galerie⸗

katalogen unter dem Namen „Herri mel de Bles“ laufenden Ant⸗

werpener monieristischen Bilde des frühen 16. Jahrhunderts stil⸗ kritisch zu sondern. Das überresche Material der im ganzen wenig erfreulichen Bilder, die meist in Prwatsammlangen verstreut sind oder auf der Woge des Kunsthandels treiben, entzieht sich der Aufteilung an bestimmte Meister. Die ganze Kanstübung erscheint als eine Art Mode, die eine Zeitlang Werkstätten von sehr verschledener Art be⸗ herrschte und die in den Nieverlanden eine ähnliche Rolle spielt wie manche Seiten der Kunst des jungen Cranoch oder des jungen Alt⸗ dorfer in Deutschland. Von den fünf Bildergruppen, deren Zu⸗

sammenstellung Friedländer gelungen ist, wird eine vielleicht auf Go ssens

van der Weyden zurückzuführen sein, dessen Kunst durch Hulin de Loo vor zwei Jahren in derselben Zeitschrift eine interessante, leider noch nicht abgeschlossene Erläuterung erfuhr. Eine Zeichnung des Berliner Kupferstichkabinetts, die bisher unter dem Namen Timoteo Vitt ging, wird von Oscar Fischel mit überzeugenden Gründen Raffael selbst zugeschrteben. Das Blatt, das die hl. Magdalena darstellt, bildete mit seinem Gegenstück, einer Katharina, in Pariser Privatbesitz, den Karton zu einer sicher echten Tafel Raffaels, von der zurzett merkwürdigerweise nur eine Photographie, nicht aber der Standort des Originals bekannt ist. Detlev Freiherr von Hadeln bringt in einer zweiten Abhandlung über „Veronese und Zelottt“ seine ertragreichen Untersuchungen über Veronetes Jugendzeit, über die an dieser Stelle schon früher berichtet wurde, zum Abschluß. —— Walter Biehl erkennt in einer bisher wenig beachteten Marmorstatue des heiligen Sebastiar im Dom zu Como ein Werk von der Hand des Andrea Sansovino. Im Werk dieses Meisters, von dem auch das Kaiser Frtedrich⸗Museum eine Ton⸗ statuette desselben Gegenstandes besitzt, erscheint diese letztere als Vorstufe zu dem Sedastian in Como, der „die letzte freieste und monumentalste Lösung eines Problems bedeutet, um das sich San⸗ sovino von Jugend auf gemüht hatte“.

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Land⸗ und Forstwirtschaft. Beschäftigung der Strafgefangenen mit Feldarbeit.

Nach den Bestimmungen des Reichsstrafgesetzbuchs können die zu uchthausstrafe Verurteilten auch zu der An⸗ Pn Sen werden, insbesondere zu öffentlichen und von einer sechans ehörde beaussichtigten Arbelten. Diese Art der Be⸗ - sfetenng ist nur dann zulässig, wenn die Gefangenen abei von andern, freien Arbeitern getrennt gehalten werden. Diese Bestimmung gilt jedoch nicht für die zu Gefängnisstrafen Verurteilten, eine Beschäftigung außerhalb der Anstalt ist vielmehr nur mit ihrer Justimmung zu⸗ lässig. Um jedoch die zu Gefängnisstrafen verurtellten Personen in weiterem Umfange als bieber zu Bestellungsarbeiten heranzuztehen, hat der Bund esrat eine Bekanntmachung erlassen, nach der für die

Dauer des Krieges die Bestimmung im Strafgesetzbuch dahin ab 1 8

geändert wird, daß die zu Gefängnisstrafe verurteilten Personen auch ohne ihre Zustimmuna zur Außenarbeit verwendet werde dürfen. Dabet bleidt die Vorschrift des Strafgesetzbuchs, nach der di zu Gefängntsstrafen Verurteilten auf eine ihren Fähtgkeiten und Ver⸗ hältnissen angemessene Weise zu beschäftigen sind, unberührt.

Das Internationale Statistische Ackerbauinstitut gibt, wie die „Stampa“ meldet, bekannt, daß der Ernteertrag Italiens für 1915 in Weizen auf 55 Millionen Zentner und in Hafer auaf 4 ¼ Millionen Zentner geschätzt wird.

1“ v“ öe4“*“ FEFülektrische Trocknung und Haltharmachung des Holzes. A. Nodon erkannte, daß bei der Behandlung von Holz mit elektrischem Strom eine dreifache Wirkung eintritt, eine chemische, phvsikalische und aseptische. Die chemische Veränderung besteht haupresächlich in der raschen und vollständigen Orydation der verharz⸗ baren Saftbestandteile, dann werden molekulare Umlagerungen der Zellulose und dadurch Aenderungen in der mechanischen Festigkeit des Holzes bewirkt, schließlich tötet der elektrische Strom auch alle im Holze befindlichen schädlichen Teile ab. Das von Nodon auf Grund dieser Erkenntnis ausgearbeitete Verfahren er⸗ reicht in wenigen Stunden ein vollständiges Eintrocknen des Holz⸗ saftes, was beim Trocknen an der Lust viele Monate dauert. Durch die Oxpdation der verharzbaren Saftbestandteile verliert das Holz seine wasseranziehenden Eigenschaften, und es genügen dann wenige Wochen, um in freier Luft eine Austrocknung bis an den Kern zu be⸗ wirken. Bei der Ausführung des Verfabrens in der Praxis wird das Holz in mehreren Lagen übereinander geschichtet, wobei die einzelven Schichten durch Elektroden voneinander getrennt werden. Die Elektroden bestehen aus verzinktem Eisendrahtgewebe, das zwischen zwei Jutedecken eingenäht ist. Nachdem man sie auf das Holz gelegt hat, werden die Decken mit Wasser getränkt, sodaß sie den Strom gut leiten. Gewöhnlich wird Wechselstrom benutzt; auch Gleichstrom läßt sich anwenden, doch leiden in diesem Falle durch stattfindende Elektrolvse die Elektroden. Das Verfahren hat den besonderen Vor⸗ zug, daß man es an Ort und Stelle, also im Walde anwenden kann, wodurch nicht nur an Lagerkosten sondern auch an Traneportkosten ge svart wird. Das Anwendungsgebiet des Verfahrens, das sich nicht teuer stellen soll, ist zemlich ausgedehnt, und es sollen schon qute Er fahrungen im Schiffs⸗ und Eisenbahnbau, aus Tischlerwerkstätten und bei Holzpflaster vorliegen. 1“

Künstliche Hebung und Senkung des Grundwasser spiegels. Grundwasser ist bekanntlich Niederschlagwasser, das durch die oberen, wasserdurchlässinen Schichten des Erdbodens hindurchsickern bis es auf wasserundurchlässige Schichten stößt. Da das Grundwasser infolge dieser natürlichen Filtratton reiner ist als das Oberflächen wosser unserer Flüsse und Seen, so wird es als Trinkwasser bevorzugt Namentlich für große Städte reicht aber häufig das vorbandene Grund⸗ wasser nicht immer aus; da ist man in neuerer Zeit dazu über⸗ gegangen, künstliches Grundwasser zu erzeugen; es geschieht dies, indem man Oberflächenwasser, also etwa Flußwasser, auf geeigneten Flächen versickern läßt. So sehr nun auf der einen Seite die Senkung des Grundwasserspiegels für die Trinkwasserversorgung unerwünscht ist, so unangenehm können reichliche Grundwassermengen und hohe Grundwasserspiegel der Tiefbautechnik werden, wenn es gilt, Ab⸗ wässerkanäle und Untergrundbahntunnels zu bauen, die ganz oder zum Teil unter den normalen Wasserspiegel reichen. Hier wird zur künstlichen Absenkung geschritten, und die interessantesten Arbeften auf diesem Gebiete wurden wohl bei den Tunnelbauten der Berliner Untergrundhahnen durchgeführt. Ueber diese Technik macht nun Ohberingenieur Bechstein im „Prometheus“ Mitteilungen. Beim künstlichen Absenken etnes Grundwasserspiegels geschieht nichts weiter als beim Leerpumpen eines Brunnens; dem Grundwasserstrom im Bereich der trocken zu legenden Baugrube werden durch Pumpen so große Wassermengen entzogen, daß das nachsickernde Niederschlags⸗ wasser den Verlust nicht ausgleichen kann, daß die Menge des am Ort vorhandenen Geundwassers sch so stark vermindert, daß der Grundwasserspieoel sinken muß. Um das zu erreichen, werden rings um die Baug ube oder, wenn es sich um den Bau von Kanälen oder Tunneln handelt, zu beiden Seiten in 5 —6 m Ahbstand Rohrbrunnen niedergebracht, so kief, daß sie mit Sicherbeit noch Wasser geben, wenn der Grundwasserspiegel schon unter die Baugrubensohle gefunken ist. Eine größere Anzahl dieser Rohrbrunnen wird durch eine Saug⸗ leitung miteinander verbunden, diese wird an eine entsprechend starke Pumpe, eme Mammutpumpe oder elekerisch betriebene Zentrifugal⸗ pumpe, angeschlossen und dann kann die Wosserförderung beginnen. Die Pumpven arbeiten natürlich Tag und Nacht und müssen in ihrer Leistung so geregelt sein, daß nach der einmaligen Absenkung de

Grundwasserspiegels unter die Baugrubensohle ein Anstetgen während des Baues nicht mehr eintreten kann. Beim Bau des Tunnels für die Untergrundbahnen der Stadt Schöneberg wurden am Nollendorf⸗ platz längere Zeit hindurch in 24 Stunden 34 560 ebm Grundwasser ausgepumpt, eine Wassermenge, die den Gebrauchswasserbedarf einer Großstadt von 300 000 bis 400 000 Einwohnern darstellt. Beim Bau des Spreetunnels der Berliner Untergrundbahn wurde der Grundwasserspiegel 12 m unter den Spreespiegel gesenkt. Es geschab dies mit Hilfe von 24 m unter dem Wasserspiegel des Flusses nieder⸗ gebrachte Rohrbrunnen, die durch Mammutpumpen ausgepumpt wurden. Das stark verschlammte Bett der Spree zeigte sich dabei so dicht, daß nur geringe Mengen von Flußwasser durch die Sohle des Fußbettes bindurch in die trocken zu legenden, unterhalb des Flusses liegenden Bo enschichten gelangten.

HKandel und Gewerbe.

Ueber die Lage des deutschen Arbeitsmarktes im Monat Mai 1915

berichtet das vom Kaiserlichen Statistischen Amte herausgegebene „Reichsarbeitsblatt“ in seinem Juniheft: 8

In der Mehrzahl der Industrien war der Geschäftsgang auch im Mai durchaus befriedigend. Besonders gilt dies für Unter⸗ nebmungen, welche mittelbar oder unmittelbar für Heereszwecke a beiteten. Manche Betriebe konnten die Aufträge nur mit An⸗ spannung aller Krärte und unter Leistung von Ueberstunden, doppelten und dreifachen Schichten bewältigen. Eine wesentliche Aenderung gegenüber dem Vormonat ist im allgemeinen nicht eingetreten, be⸗ merkenswert ist jedoch die überall bemerkbare Entlastung des Arbeits⸗ marktes für weibliche Beschäftigte.

Die Berichte der einzelnen Verbände und Unternehmungen zeigen, daß im Bergbau der Absatz unverändert gut war. Auch die Eisen. und Maschinenindustrie war durchschnittlich ebenso leb⸗ haft beschäftigt wie im Vormonat. Dasselbe gilt für die elektrische Industrie, soweit sie, wie dies in großem Umfange geschteht, Kriegs⸗ gut herstellt. Gleichfalls befriedigend war die Lage der Spinn⸗

1.“

stoffgewerbe mit Ausnahme gewisser Spezialzweige, z. B. der

Seidenindustrie. Nicht einheitlich lagen die Verhältnisse in einigen anderen Gewerben, wie der chemischen und der Holzindustrte. Zu den Jadustrien, die über guten Geschäftsgang zu berichten haben, gehören auch einige Zweige der Nahrungs⸗ und Genußmittel⸗ gewerbe, z. B. die Bterbrauerei und die Zigarrenfabrskatton. Im Baugewerbe, das schon vor dem Krtege einen unbefriedigenden Geschäftsgang zu verzeichnen hatte und dessen Lage durch den Krieg zunächst noch weiter verschlechtert worden ist, machte sich im Berichts⸗ monat in einzelnen Städten infolge der öffentlichen Bautätigkeit eine gewisse Besserung bemerkbar, die auch stellenweise in einer Steigerung der Zahl der Beschäftigten zum Ausdruck kam.

Die Nachweisungen der Krankenkassen ergaben für die imn Beschäftigung stehenden Mitguieder am 1. Juni eine Abnahme der