1915 / 150 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 29 Jun 1915 18:00:01 GMT) scan diff

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* Bekanntmachung.

Auf Grund der Verordnung, betreffend die zwangsweise Verwaltung französischer Unternehmungen, vom 26. November 1914 (7GBl. S. 487) ist für die folgenden Unternehmungen die Zwangsverwaltung angeordnet worden: ““ LXXII. Liste.

.“ Kreis Metz⸗Stadt. 8 Städtischer Haus⸗ und Grundbesitz. (Verwalter: Bürgermeister Dr. Foret in Metz.)

Gemeinde Metz. .“ Wohnhaus, Große Hirschstraß⸗ 2/4 der Witwe Plerron in Nancy, Wohnhaus, St. Stephansstraß 14 der Josephine Clementine Ernst,

früher in Groß⸗Hetringen, jetzt in Frankreich,

Garten, Nordstraße (12,47 a) des Ludwig Perette in Les Koems

Meuse, 6 Wiese (Seillewiesen) 661,71 a des Heinrich Lesort in

Straßburg, den 24. Juni 1915. Ministeri für Elsaß⸗Lothringen. Abteilung des Innern. J. V.: Cronau. 8

1

Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 82 des Reichs⸗Gesetzblatts enthält unter Nr. 4777 eine Bekanntmachung über die Geltendmachung von Ansprüchen von Personen, die in der Schweiz ihren Wohnsitz haben, vom 25. Juni 1915. Zerlin W. 9, den 28. Juni 1915. 8 Kaiserliches Postzeitungsamt. rüer.

Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst ge den Oberpfarrer Thiele in Oranienburg intendenten zu ernennen.

Ministerium für Handel und Gewerbe.

Auf Grund der Verordnung, betreffend die zwang weise Verwaltung russischer Unternehmungen, vom 4. März 1915 (RGBl. S. 133) ist für das dem Ingenieur Alfred Emde in Cottbus und der Firma A. L. Emde in Lodz gehörige Grundstück Kaiserstraße 78 in Cottbus sowie für die Firma Lichtspiel⸗Theater⸗Gesellschaft m. b. H. in Cottbus, Kaiserstraße 78 (Verwalter: Kaufmann Kurt Borkomwski in Cottbus, Benerstruße 48) die zwangsweise Verwaltung an⸗ geordnet worden. . 8G 8

Berlin, den 26. Juni 1915.

Der Minister für Handel und Gew ve

““ ö1“

Auf Grund der Verordnung, betreffend die zwangs⸗ weise Verwaltung britischer Unternehmungen, vom 22. Dezember 1914 (RGBl. S. 556) ist für die offene

andelsgesellschaft Robey & Comp. in Breslau (Verwalter: ivilingenieur Karl Joppich in Breslau) die zwangsweise Ver⸗ waltung angeordnet worden.

Der Minister für Handel un J. A.: Lusensky. ESsvoangelischer Oberkirchenrat.

Dem Superintendenten Thiele in Oranienburg ist das Ephoralamt der Diözese Oranienburg übertragen worden.

Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 29. Juni 1915.

In der am 28. Juni 1915 unter dem Vorsitz des Staats⸗ ministers, Vizepräsidenten des Staatsministeriums, Staats⸗ sekretärs des Innern Dr. Delbrück abgehaltenen Plenar⸗ sitzung des Bundesrats wurde dem Entwurf einer Be⸗ kanntmachung, betreffend die Regelung des Verkehrs mit Hafer, die Zustimmung erteilt. Zur Annahme gelangten ferner der Entwurf einer Verordnung, betreffend den Verkehr mit Brot⸗ getreide und Mehl aus dem Erntejahr 1915, der Entwurf einer Bekanntmachung, betreffend den Verkehr mit Kraftfutter⸗ mitteln, der Entwurf einer Verordnung, betreffend das Aus⸗ mahlen von Brotgetreide, der Entwurf einer Bekanntmachung, betreffend das Verfüttern von Roggen, Weizen usw., der Ent⸗ wurf einer Verordnung, betreffend den Verkehr mit Gerste aus dem Erntejahr 1915, der Entwurf einer Bekanntmachung über zuckerhaltige Futtermittel und der Entwurf einer Bekannt⸗

machung wegen Aenderung der Bekanntmachung, betreffend

Einschränkung der Trinkbranntweinerzeugung. 8

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Handel

und Verkehr und für Justizwesen, die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Handel und Verkehr sowie der Ausschuß für Zoll⸗ und Steuerwesen hielten heute Sitzungen.

Durch Verordnung des Reichskanzlers vom 24. Juni ist bestimmt, daß die Aufgabe von Verbrauchszucker, die bereits auf den 1. Juni angeordnet war, auf den 1. Juli 1915 wiederholt werden soll. Die Anzeigen sind bis zum 10. Juli an die Zentral⸗Einkaufs⸗Gesellschaft m. b. H. Berlin (Behrenstraße 14/16) abzusenden. Diese Gesellschaft wird den Handelskammern die nötigen Formulare in der zweiten Hälfte der Woche zugehen lassen; auch können Formulare seitens der Interessenten direkt bei der Gesellschaft eingefordert werden. Bei der auf den 1. Juni angeordneten Bestandsaufgabe hat sich gezeigt, daß mehrfach die Erstattung der Anzeigen unter⸗ lassen worden ist. Es wird darauf hingewiesen, daß jeber, der

ucker in Mengen von 50 Doppelzentnern oder mehr in GBewahrsam hat (ob Händler, Fabrikant, Spediteur, Lager⸗ halter usw.) zur Anzeige verpflichtet ist und daß die Unter⸗ lassung der Anzeige strafrechtliche Folgen nach sich ziehen kann.

Die vom Waffendienst zurückgestellten Personen werden darauf hingewiesen, daß sie sich nach Ablauf ihrer Zurückstellungsfrist nicht sogleich, sondern erst nach Empfang eines Gestellungsbefehls beim zuständigen Bezirkskommando zu

stellen haben.

Für das Zentralnachweisbureau des Reichs⸗ marineamts, Berlin W. 10 (Matthäikirchstraße 9), ist es nach einer Mitteilung des „W. T. B.“ von Wert, Briefe von in Gefangenschaft geratenen Marineangehörigen in Abschrift oder im Original zur Einsicht zu erhalten. In besonderem Maße trifft dies zu, wenn in den Briefen Mitteilungen über das Schicksal von Kameraden des Gefangenen enthalten sind. Briefe aus Rußland und Frankreich sind vor allem erwünscht, weil die von diesen Staaten übersandten Gefangenenlisten viel zu wünschen übrig lassen. Wohl manche Marineangehörige haben schon aus der Gefangenschaft Briefe geschrieben, die aber in den französischen und russischen Gefangenenlisten noch nicht oder mit verstümmeltem Namen oder mit ungenauer Bezeich⸗ nung des Marineteils aufgeführt sind und daher in den amt⸗ lichen Listen noch als „vermißt“ geführt werden. 8

Ueber die Lage der russischen Kriegsgefangenen in Deutschland gehen der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ von besonderer Seite folgende Mitteilungen zu:

In russischen Blättern erscheinen seit einiger Zeit ständig Artikel über die schiechte Lage der russischen Gefangenen in Deutschland, neuerdings auch aus dem russischen Hauptquartier, also aus offizieller russischer Quelle. Die „Rjetsch“ bat vor einiger Zeit eine scheinbar offiziöse Mitteilung der russischen Regierung gebracht, daß sogar die spanischen Diplomaten, die von ihrer Regierung beauftragt gewesen seien, die Gefangenenlager in Deutschland zu besuchen, zu dem Schluß gekommen seien, die Lage der russischen Kriegsgefangenen in den Lagern sei sehr schwierig geworden. Diese Behauptungen sind nur ein neues Mannöver in dem tendenziösen Pressefeldzug, den die Ententepresse gegen Deutschland seit dem Beginn des Krieges führt. Wie wir aus zuverlässiger Quelle hören, haben die Ententemächte jetzt auch den Versuch gemacht allerdings ohne jeden Erfolg —, die Vertreter der spanischen Regierung zu veranlassen, in diesem Lügenfeldzug gegen Deutslchand mit einzustimmen.

Ueber die wahre Lage der russischen Gefangenen ist folgendes zu sagen:

Die russische Regierung kümmert sich in der Tat recht wenig, um nicht zu sagen überhaupt nicht, um ihre Gefangenen. Die Ge⸗ fangenen erhalten weder Zuschüsse, noch gehen ihnen irgendwelche Liebesgaben aus der Heimat zu, im Gegensage zu den Engländern, Franzosen und selbst Belgiern. Ein anderer Beweis dafür, wie wenig der russischen Regierung, im Grunde genommen, die Lage ihrer Gefangenen am Herzen liegt, ist der, daß sie der deutschen Regierung die Bitte ausgesprochen hat, die Gefangenenlager besichtigen zu lassen.

Wenn solche Besuche trotz des Mangels an Interesse auf russischer Seite stattgefunden haben, so ist das nur dem hingebenden Eiter der svanischen Botschaft zu verdanken, welche die Inspektionen der französischen Gefangenenlager, die sie im Auftrage der französischen Regierung vorgenommen hat, auch auf die Russen mit ausdehnt. Ein anderer Grund dafür jst das Entgegenkommen der deutschen Regierung, die keine Einwendungen gegen solche Besuche erhoben hat. Da die spanische Vertretung, um Polemiken zu vermeiden, sich ent⸗ schlossen hat, ein für allemal Mitteilungen an die Presse wegen der Behandlung der ihrem Schutze anvertrauten Ausländer zu unterlassen, so war es nicht möglich, von spanischer Seite ein formelles Dementi gegen die Aeußerungen der russischen Presse zu erhalten. Alle Dementis würden auch kaum die Hattung der russischen Presse beeinflussen, der es darauf ankommt, die Stimmung im Volke zu erhalten und die große Neigung des russischen Soldaten zum Ueber⸗ laufen zu bekämpfen, indem ihm das Schreckgespenst der deutschen Barbareien vorgemalt wird. Für jeden, der sich von. der Ungerechtig⸗ keit des tendenziösen Feldzuges der russischen Presse überzeugen will, wird es genügen, die Berichte der schweizerischen Delegierten, der Herren von Marvall und Eugster, zu lesen, die von dem internationalen Komitee des Roten Kreuzes in Genf gedruckt worden sind. Wir zweifeln ferner nicht, daß, wenn die Berichte der spanischen Borschaft wörtlich und ohne Weglassung durch die russische, englische, französische und belgische Regierung ver⸗ öffentlicht würden, festgestellt werden würde, daß die Ansicht der Botschaft mit der der schweizerischen Delegierten übereinstimmt, d. h., daß im allgemeinen das Los der russischen Gefangenen in Deutschland vollkommen zufriedenstellend ist, soweit die Bemühungen der deutschen Regierung in Frage kommen, und daß die Verschiedenheit der Lage der Franzosen, Engländer und Belgier mit den Sendungen zusammenbängt, welche diesen von ihren Ländern zugehen. Natürlich haben die Beamten der Botschaft auch Mängel gefunden. Solche Mängel waren bei einer so großen, neuen Organisation, wie der der Kriegsgefangenen⸗ lager in Deutschland, die schon die Zahl von 130 erreicht haben und die ungefähr eine Million Gefangene, in der Mehrzahl Russen, ent⸗ halten, gar nicht zu vermeiden. Jede Erinnerung der Botschaft gegen Mängel ist jedoch stets in ernsthafte Ermägung gezogen und es ist ihnen, soweit es irgend möglich war, Rechnung getragen worden. Das Auswärtige Amt sowohl wie das Kriegsministerium haben das lebhafte Bestreben gezeigt, allen Anregungen der Botschaft, mit der sie seit Beginn des Krieges Hand in Hand arbeiten, Folge zu geben. In denjenigen Lagern, deren Bedingungen noch verbesserungsbedürftig sind, werden solche Verbesserungen ständig vorgenommen. Die Kom⸗ mandanten und sonstigen Befehlshaber der Lager sind sehr sorgfältig

ausgewählt, und für den Dienst in den Lagern sind nur solche Offi⸗

ziere und Beamte bestimmt worden, deren Fähigkeiten und persönliche Verhältnisse in jeder Beziehung die besten Garantien bieten.

Es besteht für uns kein Zweifel, daß die russische Regierung über die wahre Lage der russischen Kriegsgefangenen durch die Berichte der spanischen Botschaft und durch die mündlichen Mitteilungen eines Mitgliedes der spanischen Botschaft von hohem Rang, das jüngst im Interesse des Schutzes der Russen in St. Petersburg gewesen ist, ganz genau unterrichtet worden ist.

Im Bewußtsein unseres guten Rechts, unseres reinen Gewissens und in dem Gefühl, allen berechtigten Anregungen derjenigen In⸗ stanzen, die zur Vertretung der Interessen der russischen Gefangenen in Deutschland berufen sind, stets Rechnung getragen zu haben, koͤnnen wir das Urteil über die russische Preßmache ruhig den Neutralen überlassen. 8

Der heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ liegen die Ausgaben 562 und 563 der Deutschen Verlust⸗ listen bei. Sie enthalten die 261. Verlustliste der preußischen Armee, die 36. Marineverlustliste, die 198. Verlustliste der bayerischen Armee, die 163. Verlustliste der sächsischen Armee

die 211. Verlustliste der württembergischen Armee.

8 Oesterreich⸗Ungarn.

Der Kaiser Franz Joseph hat laut Meldung des

W. T. B.“ folgendes Handschreiben an den Oberkomman⸗

„TID. T.

danten Erzherzog Friedrich gerichtet:

8

Lieber Vetter Erzherzog Friedrich! .

1 Indem ich aus Anlaß der hohen Auszeichnung, die Ihnen Seine Majestät Kaiser Wilhelm durch Ihre zum General⸗ feldmarschall verliehen hat, Ihnen Meine wärmsten Glückwünsche ausspreche, gedenke ich Meinerseits in vollster Anerkennung und Dankbarkeit Ihrer hervorragenden Verdienste, die durch die erfolg⸗ reichen Kriegsoperationen in Galizien und die Einnahme von Lem⸗ berg gekennzeichnet sind. In festem Vertrauen weiß ich Meine Streitkräfte unter Ihrem Oberbefehl; mit bestimmter Zuversicht blickt das Vaterland den glorreichen Taten der Webrmacht ent⸗ gegen. Meinen lieben Feldmarschall geleiten Meine herzlichsten Segenswünsche auf allen Wegen.

Der Kaiser hat den Chef des deutschen Generalstabes von Falkenhayn zum Oberstinhaber des 8. Infanterie⸗ regiments mit folgendem Handschreiben ernannt:

Lieher General der Infanterie von Falkenhavn! 1— Die verbündeten Heeresleitungen haben seit Wochen in voller Einmütigkeit glänzende Erfolge erzielt, die in diesem Augenblick in der Einnahme Lembergs ihren Höhepunkt haben. iu diesen glänzenden Leistungen haben Sie ein hervorragendes Verdienst, und in dankbarer Anerkennung dieses Verdienstes, und damit Mein Heer Sie desto offenkundiger zu den Seinen zählen könne, ernenne Ich Ste zum Oberstinhaber Meines 8. Infanterieregiments. Empfangen Sie Meine herzlichsten Grüße und Wünsche.

Der Jahrestag der Ermordung des Erz⸗ herzogs Franz Ferdinand und seiner Gemahlin ist in der ganzen Monarchie durch Trauergottesdienste be⸗ gangen worden. Der Kaiser wohnte in der Frühe einer Seelenmesse in der Kapelle des Schönbrunner Schlosses bei. Dem Trauergottesdienste in Artstetten wohnten u. A. die Erzherzoginnen Marie Therese, Maria Annunziata, Fürstin Elisabeth zu Liechtenstein, die Kinder des Erzherzogs Franz Ferdinand, der deutsche Botschafter von Tschirschky in Ver⸗ tretung des Deutschen Kaisers sowie Vertreter des Kriegs⸗ ministeriums, der Marinesektion, des Honvedministeriums sowie Abordnungen verschiedener Regimenter bei. Unter den an den Särgen niedergelegten Kränzen befanden sich auch solche vom Kaiser Franz Joseph und Kaiser Wilhelm. In Hall bei Innsbruck, wo der Erzherzog Franz Ferdinand so gern weilte, wohnten dem Trauergottesdienste der Erzherzog Karl Franz Joseph und die Erzherzogin Zita bei, denen sowohl in Hall, als auch in Innsbruck ein begeisterter Empfang bereitet wurde.

Der Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg und der Staatssekretär des Auswärtigen Amts von Jagow haben vorgestern abend Wien wieder verlassen.

Die heutige „Wiener Zeitung“ veröffentlicht ein sechs⸗ monatiges Budgetprovisorium.

Durch Ministerialverordnung wird die Verbrauchs⸗

arbeiter und körperlich schwer arbeitende Personen erhöht.

Großbritannien und Irland.

Der Londoner Korrespondent des „Manchester Guardian“ erfährt, daß, wenn die Verhandlungen mit den Berg⸗ arbeitern erfolglos bleiben, Lloyd George selbst bei der Be⸗ ratung der Munitionsbill beantragen wolle, daß sie davon ausgenommen würden. Auch die Textilarbeiter würden atts⸗ genommen werden, wenn sie es verlangten.

Ueber die Lage der Kohlenindustrie in Süd⸗ wales berichtet der „Daily Telegraph“, daß Arbeitgeber und Arbeiter sich gleich pessimistisch über die Aussichten äußern. Der langfristige Arbeitsvertrag läuft morgen ab, worauf tägliche Arbeitsverträge in Kraft treten. Die Arbeitgeber haben den Vorschlag der Gewerkschaften abgelehnt, einen neuen dreijährigen Vertrag während des Krieges abzuschließen.

Die letzte Verlustliste weist

2076 Mann auf. 8 eiisn Frankreich

Der Kriegsminister Millerand gibt dem „Nouvelliste“ zufolge bekannt, daß die Mannschaften der Jahresklasse 1916 unter keinen Umständen vor einem später festzusetzenden Zeitpunkte an die Frent gesandt werden dürfen. Eine Aus⸗ nahme bilden die Kriegsfreiwilligen, die an die Front ge⸗ sandt werden dürfen, sobald ihre Ausbildung genügend fort⸗ geschritten ist.

Der Senat beriet heute einen Gesetzantrag über die pro⸗ visorischen Kredite für das dritte Vierteljahr 1915 in Höhe von 5605 Millionen. Die Blätter veröffentlichen darüber den Bericht des Senators Aimond, der namens des Finanz⸗ ausschusses des Senats für die Annahme des Antrags eintritt. Der Bericht erklärt, die täglich etwa 65 Millionen betragenden Ausgaben würden bestritten erstens durch Ersparnisse des fran⸗ zösischen Volkes. Am 15. Juni seien für 5393 Millionen Landesverteidigungsschatzscheine im Umlauf gewesen. Hinzu komme der Betrag von 2214 Millionen, der auf Landesverteidi⸗ gungsobligationen gezeichnet war. Zweitens betrügen die Budgeteinnahmen in den letzten fünf Monaten 1914 1118 Millionen, in den ersten vier Monaten 1915 1062 Millionen, was von der ersten zur zweiten Periode ein Steigen des Monatsdurchschnitts von etwa 30 Millionen ergebe. Dem Bericht zufolge werden daher 82 Prozent aller monatlichen Kriegsausgaben durch Zeichnungen auf Landes⸗ verteidigungsobligationen und ⸗schatzscheine sowie durch Budget⸗ einnahmen bestritten. Die übrigen 18 Prozent schieße die Banque de France und die Banque d'Algerie vor. Solche er⸗ mutigenden Symptome seien ein Beweis für das unerschütter⸗ liche Vertrauen des Landes in den Endsieg und für den Willen, bis zum Ende durchzuhalten.

Der Abg. Jean Henessy hat, wie der „Petit Parisien“ meldet, in der Kammer einen Gesetzesantrag auf Errichtung von vier Unterstaatssekretariaten des Krieges ein⸗ gebracht. Davon soll dem ersten die Intendantur, dem zweiten Genie, Luftschiffahrt und Erfindungen, dem dritten Eisen⸗ bahnen und Transportwesen und dem vierten das Gesundheits⸗ wesen unterstellt werden.

menge von Getreide und Mehlprodukten für

Offiziere

Rußland.

Der Kaiser hat laut Meldung der „St. Petersburger Telegraphenagentur“ das Rücktrittsgesuch des Kriegsministers, Generaladjutanten Ssuchomlinow angenommen und den General der Infanterie Poliwanow zum Verweser des Kriegsministeriums ernannt.

Das nzmin isterium hat der „Rjetsch“ zufolge eine besondere Konfe renz unter Hinzuziehung erster russischer Finanzwissenschaftler einberufen, ob es gesetzlich zulässig und ratsam sei, für Rechnung der Staatskasse Papiergeld kleineren Betrages ohne Golddeckung auszugeben und die Golddeckung der Staatsbank zur Ausgabe höherwertiger Papiere zu benutzen. Die Kommission hielt den Vorschlag für schädlich, weshalb die

Frage aufgeschoben wurde

Dem „Rußkoje Slowo“ zufolge haben die Russen in

8 den Ostseeprovinzen die strengsten Kontrollmaßregeln.

über Abreisende und Zureisende getroffen. Jeder Ausländer soll sofort dem nächsten Polizeibeamten übergeben werden. Bei Einbruch der Dunkelheit ist jedem befohlen, zu Hause zu bleiben. Diese Bestimmungen gelten nur für Riga nicht.

2 Portugal. Die Deputiertenkammer ist nach einer Meldung des „Temps“ am Donnerstag zusammengetreten. Eine ministe⸗

rielle Erklärung legte das Programm der Regierung dar,

gab dem Parlament Kenntnis von den wichtigen Dokumenten für die Haltung Portugals in dem europäischen Konflikt und bestätigte, daß das Land entschlossen sei, Entschädigung für den

in Angola erlittenen Schaden zu suchen. Der Demokraten⸗

führer Alexandro Braga sagte der Regierung jede Unter⸗ stützung seiner Partei zu. Almeida dagegen, der Führer der Evolutionisten, erklärte, er werde die neue Regierung bekämpfen

und eine Debatte über die Gründe für den Sturz des Kabinetts S Castro herbeizuführen, dessen Mitglieder man Gerechtigkeit

widerfahren lassen müsse. Die Worte Almeidas riefen eine

8 Kundgebung der Tribünenbesucher hervor, sodaß die Sitzung

unterbrochen werden mußte. Almeida und seine Anhänger

verließen den Sitzungssaal, worauf die Sitzung fortgesetzt wurde. 8 811““

Auf Grund von Instruktionen aus Washinaton sind Huerta und Croza verhaftet worden. Dem „Reuterschen Bureau“ zufolge werden sie beschuldigt, sich verschworen zu haben, in Mexiko eine Revolution zu entfachen. Beide wurden

gegen hohe Bürgschaft in Freiheit gesetzt.

Eiiner Meldung des „Daily Telegraph“ zufolge benutzen ie Gegner des Premierministers, Generals Botha seine Teil⸗ ahme am Feldzuge, um bei den Neuwahlen, die Ende dieses Jahres stattfinden müssen, seinen Sturz vorzubereiten. Eine neue Partei der Kapholländer ist gebildet worden, die die Regierung bekämpft und die Unterstützung derer erhofft, enen Herzog zu maßlos ist.

In einer öffentlichen Versammlung in Jo⸗

annesburg beantragte das Mitglied des Volksrats Dunc an eine Resolution, in der es dem „Reuterschen Bureau“ zu⸗ olge heißt, das südafrikanische Volk müßte die Achtung vor ich selbst verlieren, wenn es nachließe in der Teilnahme an dem rechtmäßigen Kampfe. Die Regierung müsse schnell zur Organisation, Ausrüstung und Einübung von Truppen schreiten und sie so rasch als möglich nach Europa senden.

Das Kriegsgericht in Bloemfontein hat den General Wessels zu fünf Jahren Gefängnis und einer Geldbuße von 1000 Pfd. Sterl., Conroy und Niclas Zerfontein zu je vier Jahren Gefängnis verurteilt. Durch eine Petition mit 12 645 Unterschriften von Afrikanderfrauen der Union ist der Justizminister um die Begnadigung Dewets ersucht worden.

8

Großes Hauptquartier, 28. Juni. (W. T. B.) Nörd⸗ lich von Arras wurden feindliche Nachtangriffe beider⸗ seits der Straße Souchez —Aix⸗Noulette und am Labny⸗ rinth nördlich Ecurie abgeschlagen. Im Westteil der Arg onnen versuchten die Franzosen gestern abend ihre ver⸗ lorene Stellung wieder zu nehmen. Trotz Masseneinsatzes von Artillerie scheiterten ihre Angriffe gänzlich. Dasselbe Ergebnis hatte auf den Maashöhen ein zwei Kilometer breiter Infanterieangriff beiderseits der Tranchse. Nach un⸗ großen Verlusten flüchtete der Feind in eine Stellungen zurück. In den Vogesen überfielen unsere Truppen die Besatzung einer Kuppe hart östlich von Metzeral. ünfzig Gefangene und ein Maschinengewehr blieben in unserer Hand. Besonders gute Erfolge hatten wir an dem süd⸗ lichsten Teil unserer Kampffront gegen feindliche Flieger. Im Luftkampf wurden zwei feindliche Flugzeuge nördlich des Schluchtpasses und bei Gerardmer heruntergeschossen, zwei weitere durch Artilleriefeuer bei Largitzen und bei Rheinfelden auf Schweizer Gebiet zur Landung gezwungen.

Oberste Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 29. Juni. (W. T. B.) Die Franzosen bereiteten gestern durch starkes Feuer zwischen der Straße Lens —Bethune und Arras nächtliche In⸗ fanterieangriffe vor, die jedoch durch unser Artilleriefeuer niedergehalten wurden. Auf den Maashöhen griff der Feind die von uns am 26. 6. gewonnenen Stellungen südwestlich von Les Eparges im Laufe des Tages fünfmal an. Unter großen Verlusten brachen diese Angriffe ebenso wie ein nächtlicher Vorstoß östlich der Tranchée erfolg⸗ los zusammen. Oestlich von Lunéville gelangten drei von mehreren feindlichen Bataillonen ausgeführte Angriffe gegen unsere Stellungen am Walde Les Remabois und westlich von Leintrey —Gondrexon nur bis an unsere Hindernisse. Der Feind flüchtete unter unserem in seine Stellungen zurück. Eine feindliche Artilleriebeobachtungsstelle auf der Kathedrale von Sois ons wurde gestern von unserer Artillerie beseitigt.

Oberste Heeresleitung.

Oestlicher Kriegsschauplatz.

Großes Hauptquartier, 28. Juni. (W. T. B.) Russische Angriffe nördlich und nordöstlich von Przas⸗ nysz, die sich hauptsächlich gegen unsere neue, am 25. Juni eroberte Stellung südöstlich von Oglenda richteten, brachen unter großen Verlusten für den Gegner zusammen. Oberste Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 29. Juni. (W. T. B.) Es hat sich nichts von Bedeutung ereignet. 8 Oberste Heeresleitung.

8 1“

Südöstlicher Kriegsschauplatz. Großes Hauptquartier, 28. Juni. ( Halicz wurde von uns besetzt; der Dnjestr ist heute früh auch hier überschritten worden. Damit ist es der

(W. T. B.)

Armee des Generals von Linsingen gelungen, auf ihrer ganzen Front nach fünftägigen schweren Kämpfen den Ueber⸗ gang über diesen Fluß zu erzwingen. Weiter nördlich ver⸗ folgen unsere Truppen den geschlagenen Feind gegen den Gnila⸗Lipa —-Abschnitt. Seit dem 23. Juni nahm die Armee Linsingen 6470 Russen gefangen. Nordöstlich von Lemberg nähern wir uns dem Bugabschnitt. Weiter westlich bis zur Gegend von Cieszanow sind die verbündeten Truppen im weiteren Vorgehen; sie machten mehrere tausend Gefangene und erbeuteten eine Anzahl Geschütze und Maschinengewehre. Oberste Heeresleitung.

Wien, 28. Juni. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: Die verbündeten Armeen in Ostaalizien verfolgen. Sie erreichten gestern unter fortdauernden Nachhutkämpfen nord⸗ östlich Lemberg die Gegend Klodzienko Zadworze, dann mit Vortruppen den Zwirz, der im Unterlauf schon über⸗ schritten wurde. Halicz ist in unserem Besitz. Das süd⸗ liche Dnjestr⸗Ufer aufwärts Halicz ist vom Feinde frei. Nach fünftägigen schweren Kämpfen haben die verbündeten Truppen der Armee Linsingen den Dnjestr⸗Uebergang erzwungen. An der übrigen Dnjestr⸗Front herrscht Ruhe. Truppen der Armee des Erzherzogs Josef Ferdinand erstürmten gestern Plazow südwestlich Narol und drangen heute nacht in die feindlichen Stellungen auf den Höhen nord⸗ östlich des Ortes ein. Die Russen sind im Rückzuge über 8.52 9 Die sonstige Lage im Nordosten hat sich nicht ge⸗ ändert.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Großes Hauptquartier, 29. Juni. (W. T. B.) Die Armee des Generals von Linsingen hat den Feind in der Verfolgung auf der ganzen Front zwischen Halicz und Firlejow über die Guila⸗Lipa geworfen; an diesem Abschnitt wird noch gekämpft. Weiter nördlich ist die Gegend von Przemyslani —Kamionka erreicht. Nördlich Kamionka wartete der Gegner unsern Angriff nicht ab, er ging hinter den Bug unterhalb dieses Ortes zurück. Nördlich und nordwestlich Mosty Wielkie (50 km nördlich von Lemberg) sowie nordöstlich und westlich von Tomaszow stellte sich gestern der Feind. Er wurde überall geworfen. Wir stehen jetzt auch hier auf russischem Boden. Unter dem Drucke unseres Vorgehens in diesem Raum beginnt der Feind seine Stellungen am Tanew⸗Abschnitt und am unteren San zu räumen. G 1 Oberste Heeresleitung.

Berlin, 28. Iuni. (W. T. B.) Aus dem Großen Hauptquartier erhalten wir über die Einnahme von Lemb erg das folgende Telegramm:

Anfang September 1914 waren die Russen in Lemberg, der Hauptstadt Galiziens, die eine Einwohnerzahl von 250 000 Menschen aufweist, eingezogen. Sie fuhlten sich während ihrer dortigen Herr⸗ schaft in der schönen Stadt, der sogleich ihr polnischer Name Lwow zurückgegeben wurde, au Berordentlich wohl, und gingen alsbald daran, Lemberg zu einer L-2 Festung auszubauen und zum weiteren Schutze dieses Besitzes die befestigten Linien der Grodek⸗ und Wereszvea⸗Stellung zu schaffen. Die von den Oesterreichern erbauten Verteidigungsanlagen von Lemberg wurden russischer⸗ seits verstärkt und erweitert, besonders auf der Süd⸗ und Südwestfront. Die bestehenden Bahnhofsanlagen wurden er⸗ weitert und eine Reihe von Feld- und Vollbahnen im Bereiche der Festung gestreckt. Um aber selbst für den Fall, daß die Grodek⸗Stellung durchbrochen und aufgegeben werden mußte, die Be⸗ hauptung der Festung Lemberg zu garantieren, wurde, gleichlaufend zur IEE1 und angelehnt an die Nordfront der Festung, eine stark befestigte Anschlußstellung gebaut, die sich auf den Höhen westlich der Bahn Lemberg —Rawa Ruska bis gegen Dobrosin hin⸗ zieht. Nachdem die Armeen des Generalobersten von Mackensen die Grodek. und Weres,yca⸗Stellung durchbrochen hatten, siteßen deutsche Divisionen und die daran anschließenden Truppen der Verbündeten auf die genannte Anschlußstellung.

Die Mitte der Armee Böhm⸗Ermoölli näherte sich gleichzeitig der Westfront von Lemberg. Die Masse dieser Armee griff einen Feind an, der sich in füdlicher Anlehnung an die Festung hinter dem Siczerzek⸗ und Stawczankabach gesetzt und zu erneutem Widerstande eingerichtet hatte. Es gelang, diese Stellung am Abend des 21. Junt an verschiedenen Stellen zu durchbrechen und die Angriffstruppen gegen die Befestiaungen der Westfront von Lemberg näber heranzu⸗ schieben. Deutsche Verbände, unter Führung des Generals von der Marwitz, erstürmten am gleichen Tage die wichtigsten Punkte der von den Russen zäh verteidigten Anschlußstellung, zwangen dadurch den Feind, diese Stellung ihrer ganzen Ausdehnung nach zu räumen und öffneten nunmehr den benachbarten österreichischen Truppen die Bahn zu den Befestigungen der Nordwestfront der Festung. Am 22. Juni konnten somit die Werke der Nordwest⸗ und Westfront von den österreichich⸗ungarischen Truppen genommen werden. Schon um 5 Uhr Morgens fiel das Werk Rzesna, bald darauf Sknilow und gegen 11 Uhr auch die Lysa Gora. Dieses Werk wurde vom K. und K. Infanterieregiment 34 Wilhelm I., Deutscher Kaiser und König von Preußen, erobert. In Werk Rzesna wurden neben Geschützlasetten und Maschinengewehren allein 400 Gefangene gemacht, die nicht weniger als 18 verschiedenen russischen Divisionen angehörten. Im Werke fand man neben Massen von Waffen und Munition auch eine große Menge ungeöffneter Holz⸗ kisten mit Stahlblenden. Schon am Mittag des gleichen Tages betraten die siegreichen Truppen die galizische Hauptstadt, in der die Russen fast 10 Monate geherrscht hatten. Um 4 Uhr Nachmittags zog der österreichische Armeeführer in die pöllt unversehrte und reich beflaggte Stadt ein. Auf Straßen, in den Fenstern und auf den Balkonen standen Tausende und Abertausende von Einwohnern, welche die Befreier stürmisch begrüßten und die Kraftwagen mtt einem Blumenregen bedeckten. Am nächsten Tage beglückwünschte in Lemberg der Oberbefehlshaber, General von Mackensen den Eroberer der Festung, K. und K. General der Kavallerie von Böhm⸗Ermolli.

Seine Majestät der Deutsche Kaiser richtete auf die Meldung vom Falle Lembergs folgendes Telegramm an den General⸗ obersten von Mackensen:

Empfangen Sie zur Krönung Ihres glänzend geführten galizi⸗ schen Feldzuges, zum Fall von Lemberg, meinen wärmsten Glück⸗ wunsch. Er vollendet eine Operation, die systematisch vorbereitet und schneidig und energisch durchgeführt zu Erfolgen an Schlachten und Beutezahlen in nur sechs Wochen geführt hat, noch dazu im freien Felde, wie sie selten in der Kriegsgeschichte zu finden sind. Gottes gnädigem Beistand verdanken wir an erster Stelle diesen glänzenden Sieg, sodann Ihrer bewährten kampferprobten Führung und der Tapferkeit der Ihnen unterstellten verbündeten Truppen beider in treuer Kameradschaft kämpfenden Heere. Als Ausdruck meiner dankbaren Anerkennung ernenne ich Sie zum Feldmarschall. gez.: Wilhelm. I. R.

Gleichzeitig wurde der Führer des österreichischen Heeres Erzherzog Friedrich zum preußischen Generalfeldmarschall ernannt. Die treue Zusammenarbeit der verbündeten Heere hatte reiche Frucht getragen.

Südlicher Kriegsschauplatz.

Wien, 28. Juni. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: Die Lage auf dem italienischen Kriegsschauplatz ist unver⸗ ändert, der Feind fast vollkommen untätig. Nur die Geschütz⸗ kämpfe dauern an allen Fronten fort. Marineflieger hat am 27. d. M. bei Villa Vicentina einen feindlichen Fesselballon beschossen und zum Niedergehen gezwungen, am 28. mitten im feindlichen Artilleriepark S. Canciangd schwere Bombe mit verheerendem Erfolge abge⸗ worfen, einen Dampfer in der Sdobba durch Bombe schwer beschädigt, sodaß Achterteil auf Grund sank. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.

von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Der Krieg zur See.

Liverpool, 28. Juni. (W. T. B.) Wie das „Reuter⸗ sche Bureau“ meldet, ist der Dampfer „Lucera“ gestern von einem deutschen Unterseeboot bei Ballycotton an der P”o. 2 von Irland versenkt worden. Die Besatzung wurde gerettet.

Rotterdam. 28. Juni. (W. T. B.) Dem „Rotterdam⸗ schen Courant“ wird aus London berichtet, daß ein deutsches Unterseeboot gestern mehrere Schiffe bei Yonghal an der Südküste Irlands angegriffen und den Dampfer „Edith“ aus Barromw, der sich auf der Reise von Silloth nach Cork be⸗ fand, versenkt habe.

London, 29. Juni. (W. T. B.) Wie das „Reutersche Bureau“ meldet, ist vorgestern nachmittag bei Tuskar in der Irischen See der große englische Dampfer „Indrani“ torpediert worden. Die Besatzung der „Indrani“ ist gestern früh in Milfordhaven durch Fischerdampfer aus Swansea gelandet worden. Die Leute erklärten, daß sie am Nachmittag zuvor, zehn Minuten vor fünf Uhr, ein Unterseeboot gesehen hätten, das zum Zeichen, daß die Boote herabaelassen werden sollten, zwei Schüsse löste. Sie konnten ein Boot flott machen, das das Unterseeboot in einer Entfernung von 50 YNards passierte. Der Kommandant hatte der Mannschaft zehn Minuten Zeit gegeben, um das Schiff zu verlassen; dann wurde eine Granate auf das Schiff abgeschossen.

Kunst und Wissenschaft. 8

Professor Dr. Kräpelin, Direktor des Naturhistorischen Museums in Hamburg, ist nach längerem Leiden gestorben.

Im 501. Bande der bei B. G. Teu n Leipzig erscheinenden Sammlung „Aus Natur und Geisteswelt“ gibt der Assistent am ge⸗ schichtlichen Institut der Universität Leipzig Dr. P. Oßwald einen lesenswerten Ueberblick über die innere und äußere Entwicklung Belgiens. Der Schrift sind die nachstehenden Ausführungen über Belgien, Land und Leute, nach ihrem geschichtlichen Ursprung entnommen:

Die Gebiete an Maas und Schelde waren zu Beginn ihrer Geschichte von keltischen Stämmen bewohnt, über die die römische Herrschaft ihre Macht ausgebreitet hatte. Ende des 4. Jahrhunderts rückten die Franken in das Maas⸗ und Scheldegebiet ein. An der großen Heerstraße fanden sie den ersten kräftigen Widerstand; Ger⸗ manen und Keltoromanen standen sich in den belgischen Gebieten zum ersten Male gegenüber. Bei Tournai (ndl. Doornik) bot der römische Feldherr Abtius ihrem Vordringen halt. Doch der Zweck ihres Vorstoßes war erreicht. Sie hatten Land, neue Wohn⸗ sitze gesucht und sie in den weiten Gebieten zwischen Rhetn und Schelde gefunden.

Die Küstengebiete Flanderns blieben von den Franken damals fast ganz unberührt. Eine große bewaldete Einöde zwischen Thor⸗ hout und St. Nicolaas schnitt sie vom Meere ab, das damals bis dicht an die Waldgrenze heranreichte. Erst später sind Franken in die neu entstandene Polderzone vorgedrungen, fanden da aber schon Friesen und einige Sachsen im Besitze dieses neuen Landgebietes, die von der See her sich hier niedergelassen hatten. Wie Waldgebiete im Süden und Westen, so hinderte auch im Südosten die damals noch waldreiche Hochebene der Ardennen die Franken an weiterem Vordringen in keltoromanisches Gebiet. Die späteren Vor⸗ stöße der Franken nach dem Süden hatten nur politische Bedeutung und verfolgten Ausdehnung der Macht und Herrschaft ihrer Fürsten. Das Volk folgte nicht mehr: eine fränkische Besiedlung der südlich des Kohlenwaldes gelegenen Gebiete fand nicht statt. Die historische Entwicklung erklärt uns die noch bestehende scharfe Sprachgrenze, die heute durch keine natürlichen Bedingungen mehr begründet ist. Seit Mitte des 5. Jahrhunderts steht die Volks⸗ und Sprachgrenze fe un hat sich seitdem unverändert bis in das 20. Jahrhundert er alten. Mit dem Vordringen der Germanen war das Christentum zurück⸗ gewichen. Erst im 7. Jahrhundert setzte nördlich des Kohlen waldes eine neue Missionstätigkeit ein. Im 8. Jabrhundert ist di Christianlsierung beendet. Dies sollte für die kulturelle und politisch Enzwicklung von weit größerer Bedeutung werden, als es auf der ersten Blick erscheinen mag. Die Bistumsgrenzen wurden ohn Rücksicht auf Volks⸗ und Sprachgrenze der Franken und Wallone 8 neu errichtet. Entsprechend der früheren Einteilung wurde das Bistum Lüttich, wo die germanische Bevölkerung am geringsten war, dem Erzbistum Cöln, die drei anderen dem Erzbistum Reims unterstellt, welche Einteilung bis in das 16. Jahrhundert (1559 bestehen blieb. So bereitete die Kirche die Bewohner für die Rolle von Vermittlern vor, die sie in späteren Jahrbundert n zu spielen berufen sein sollten. Inmitten der Bischofssprengel standen die Bewohner unter dem gleichen Einfluß ein⸗ und derselben Zivilisation. Wenn auch eine Vermischung der beiden Rassen seit dem 6. Jahrhundert nicht mehr stattfand, so konnten sie doch unmög⸗ lich noch lange in Feindschaft und Absonderung gegeneinander ver⸗ harren. Eine für beide Völkergruppen gemeinsame Kultur war im Entstehen begriffen. Die Brennpunkte dieser Kultur lagen aber im Süden, wo die Bischöfe ihren Sitz hatten und wo der Klerus seine Ausbildung erbielt. So hatte die Kirche begonnen, die in den Niede⸗ rungen der Schelde lebenden Franken von der germanischen Welt loszulösen. 8 8n Plen⸗ Werk wurde von der Politik der Merowinger unbewußt fortgesetzt. Als nach vielen beutgen Thronstreitigkeiten das Mero⸗ wingerreich in drei Teile zerfiel, in Austrasien, Neustrien und Burgund, da zeiate sich die auffällige Erscheinung, daß die Grenzlinie zwischen Austrasien und Neustrien einer Linie folgte, die in der Mitte von

Brabant die Bistümer Lüttich und Cambrat von einander schied. Die kirchlichen Grenzen hatten die politischen bestimmt. Die germanischen Vlamen wurden dadurch von Germanien getrennt, die romanischen Wallonen der Ardennen sowie der Landschaften Namur und Hennegau diesem einverleibt. Zwar ist im 8. Jahrhundert diese Grenzlinie wieder beseitigt worden; doch auch nach der Zeit Karls des Großen wird bei der neuen Grenzverteilung die Sprachgrenze von der politischen Grenze direkt durchquert.

Nach dem Tode Ludwigs des Frommen hat die Grenze zwischen Deutschland und Frankreich in den belgischen Gebieten sehr hin⸗ und hergeschwankt. Entscheidend ist: Niemals ist sie mit der Sprach⸗ und

Rassengrenze zusammengefallen. Bei der Teilung des karolingischen