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fursorge und einen solchen vom 20. April 1915 über die Kenn⸗ zeichnung der auf den Krieg zurückzuführenden Versicherungsfälle. Den Revisionsentscheidungen 2027 bis 2039 sind folgende Grund sätze vorangestellt:
Arbeitern in Bergwerksbetrieben steht ein Anspruch auf Kranken⸗ geld für Sonn⸗ und Feiertage im allgemeinen nicht zu [2027].*)
Arbeitsunfähig erkrankie Mitglieder einer Gemeindekranken⸗ versicherung wurden bei deren Schließung Mitglieder der aufnehmenden Kasse, wenn das ihrer Versicherung zu Grunde liegende Beschäftigungs⸗ verhältnis im Zeitpunkt der Schließung fortdauerte [2028].
Der Anspruch eines Armenverhandes, der einen durch Betriebs⸗ unfall verletzten, nicht gegen Krankheit versicherten land⸗ oder forst⸗ wirtschaftlichen Arbeiter in den ersten dreizehn Wochen nach dem Unfall unterstützt hat und von der nach § 942 der Reichsversicherungs⸗ ordnung zur Gewährung der Krankenhilfe verpflichteten Gemeinde Ersatz verlangt, ist im Spruchverfabren nach der Reichsversicherungs⸗ ordnung zu verfolgen. Die Revision ist jedoch nach § 1778 der Reichsversicherungs ordnung unzulässig [2029].
Der Anspruch eines Armenverbandes, der einen durch Betriebs⸗ unfall verletzten, nicht gegen Krankheit versicherten gewerblichen Arbeiter in den ersten dreizehn Wochen nach dem Unfall unterstützt hat und von dem nach § 12 Abs. 2 des Gewerheunfallversicherungs⸗ gesetzes (§ 577 der Reicheversicherungsordnung) zur Gewährung der Krankenhilfe verpflichteten Betriebsunternehmer Ersatz verlangt, ist im Spruchverfahren nach der “ zu ver⸗ folgen. Die Revision ist jedoch nach § 1778 der Reichsversicherungs⸗ ordnung ausgeschlossen [2030].
Hat die einen Ersatzanspruch nach § 1528 der Reichsversicherungs⸗ ordnung zu Grunde egende Unterstützung in der Uebergangszeit vom alten zum neuen Recht stattgefunden, so bestimmt sich die Höhe des Ersatzanspruchs für die nach dem Inkrafttreten der Reichsversiche⸗ rungsordnung gewährten Unterstützung nach neuem Recht [2031].
1) Die in den Erlassen des preußischen Ministers für Handel und Gewerbe vom 13. Dezember 1913 (Ministerialblatt der Handels⸗ und Gewerbeverwaltung 1913 S. 647 ff) bezeichneten Knappschafts⸗ Oberversicherungsämter sind auch in den nach § 1528 der Reichsver⸗ sicherungsordnung zu erledigenden Ersatzstreitiagkeiten der in Betracht kommenden Knappschaftsvereine zuständige Berufungsgerichte, soweit die Streitigkeiten sich aus Unfällen in einem dem Knappschafte⸗ Oberversicherungsamt unterstellten Betrieb ergeben (Ziffer I 2 der Erlasse).
2) § 1528 der Reichsversicherungsordnung erfordert zur Einheit des Leistungsgrundes nicht, daß der Unfall die alleinige Ursache des Unterstützungsfalls ist. Es genügt, daß er mindestens eine erheblich ins Gewicht fallende von mehreren Ursachen ist [2032].)
1) Die in den Erlassen des preußischen Ministers für Handel und Gewerbe vom 13. Dezember 1913 (Ministerialblart der Handels⸗ und Gewerbeverwaltung 1913 S. 647 ff.) bezeichneten Knappschafts⸗ Oberversicherungsämter sind auch in den Ersatzstreitigkeiten von Ge⸗ meinden und Armenverbänden, bei welchen Ersatz aus der Invallden⸗ rente beansprucht wird, als Berufungsgerichte zuständig, sofern die letzte das Versicherungsverhältnis begründende Beschäftigung, die den Anlaß zur Entscheidung gibt, in einem der dem Knappschafts⸗Ober⸗ versicherungeamt unterstellten Betriebe stattgefunden hat (Ziffer 1 3 des Erlasses, zu vergleichen die vorstehende Revistonsentscheidung).
2) Für die Frage, ob eine fortlaufende oder eine vorübergebende Unterstützung im Sinne des § 49 des Invalidenversicherungsgese tzes vorliegt, ist nicht die Form der Bewilltgung maßgebend. Im Anschluß an die Rechtsprechung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts (zu vergleichen Erkenntnis vom 30. Januar 1904, Entscheidungen Band 45 S. 369) ist vielmehr angenommen worden, daß bei Prüfung dieser — die Gesoamtheit aller zur Zeit der Entscheidung bekannten Um⸗ tände zu berücksichtigen und insbesondere von Bedeutung ist, ob es sich um die Unterstützung einer sonst nicht hilfsbedürftigen Person bei außerordentlichen Notfällen, die ihrer Natur nach in absehbarer Zeit überwunden zu werden pflegen, handelt oder ob der Anlaß der Unter⸗ stützung seine zeitliche Begrenzung und die Voraussicht seines Weg⸗ falls in absehbarer Zeit nicht zuließ [2033].
Streit über das Annechnungsrecht des § 1529 der Reichs⸗ versicherungsordnung ist nicht im Spruchverfahren nach §§ 1540, 1771 der Reichversicherungsordnung zu entscheiden [2034].
Die im § 1531 der Reichsversicherungsordnung neben den Armen⸗ verbänden aufgeführten Gemeinden haben nur dann einen Ersatz⸗ anspruch im Sinne der erwähnten Vorschrift, wenn sie als Träger der Armenpflegelast Unterstützung gewährt haben. — Die von einem Kommunalverbande nach § 15 des preußischen Gesetzes über die Fürsorgeerziehung Minderjähriger vom 2. Juli 1900 gezahlten Kosten des Unterhalts eines Fürsorgezöglings sind nicht Kosten, die durch die Unterstützung eines Hilfsbedürftigen entstanden sind [2035].
Ein gemäß §§ 1531, 1536 der Reicheversicherungsordnung er⸗ bobener, gesetzlich nicht begründeter Ersatzanspruch ist von dem Ver⸗ sicherungsträger auch dann zurücknuweisen, wenn der Unterstützte sich mit der Ueberweisung der als Ersatz beanspruchten Leistungen ein⸗ verstanden erklärt hat [2036].
Ein Ersatzanspruch der Gemeinde oder des Armenverbhandes aus § 1531 der Reichsversicherungsordnung besteht insowelt nicht, als der Rentenanspruch des Versicherten infolge Aufrechnung gemäß § 1324 der Reichsversicherungsordnung erloschen ist [2037)].
§ 1522 der Reichsversicherungsordnung ist auch anzuwenden, wenn die Invalidität einer Witwe, die Anwartschaft auf Witwenrente hat, Folge eines entschädigungspflichtigen Unfalls ist, für den Unfall⸗ rente gewährt wird [2038].
Das über einen Anspruch ergebende Urteil muß in seinem ent⸗ scheidenden Teile auf eine Verurteilung oder Abweisung lauten, darf aber die Entscheidung nicht von einer Bedingung abhängig machen [2039].
Die Entscheidung 2040 spricht aus, daß Personen, die vor dem Kriege selbständig waren und erst infolge der durch den Krieg veränderten Verhältnisse eine nach dem Vierten Buche der Reichsversicherungsordnung an und für sich versicherungs⸗ pflichtige Beschäftigung übernommen haben, versicherungs⸗ pflichtig sind, während die Entscheidung 2041 die Frage, ob Kriegsteilnehmer und ihre Hinterbliebenen neben den ihnen
auf Grund des Mannschaftsversorgungsgesetzes vom 31. Mai 1906 und des Militärhinterbliebenengesetzes vom 17. Mai 1907 zustehenden Bezügen Anspruch auf Invaliden⸗, Altersrenten und Hinterbliebenenfürsorge nach §§ 1250 ff. der Reichsversicherungs⸗ ordnung haben, als zweifellos bejaht. Hiernach stehen dem gleichzeitigen unverkürzten Genusse der Bezüge auf Grund des Vierten Buches der Reichsversiche⸗ rungsordnung und der militärischen Fürsorge⸗ gesetze durch die Kriegsteilnehmer und ihre Hinter⸗ bliebenen keinerlei Pesetzliche Hindernisse entgegen.
Den Schluß bilden die Uebersichten über Zahlungen aus Invaliden⸗, Kranken⸗, Alters⸗ und Zusatzrenten und über Versicherungsleistungen der 31 Versicherungsanstalten an Hinter⸗ bliebene im Monat April 1915 sowie über den Erlös aus Bei⸗
tragsmarken im Monat Mai 1915. Der heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ iegen die Ausgaben 577 und 578 der Deutschen Verlust⸗
listen bei. Sie enthalten die 269. Verlustliste der preußischen Armee und die 215. Verlustliste der mürttembergischen Armee.
Seine Königliche Hoheit der Großherzog Friedrich vollendet morgen sein 58. Lebensjahr.
Großbritannien und Irland.
Im Oberhaus brachte Lord Midleton eine Re⸗ solution ein, daß die Regierung Schritte tun müsse, um die nichtmilitärischen Staatsausgaben zu verringern, und führte dabei laut Bericht des „W. T. B.“ aus:
Die letzten Tage bätten eine beträchtlich veränderte Haltung der Regierung betreffo des T.enne gezeigt. Reden, wie die Curzons, ließen erkennen, daß die Regierung entschlossen sei, das Volk nicht länger im Zweifel zu lassen, daß die Maske abgenommen und der Ernst der Lage völlig dargelegt werden solle. Die Kriegs⸗ schuld würde März 1916, wenn der Krieg dann beendet wäre, 1293 Millionen Pfund Sterling betragen, die Zinsen würden 58 194 000, die Kriegspensionen etwa 19 000 000 Pfund Sterling ausmachen. Demgegenüber ständen, vorausgesetzt, daß die Verbündeten und die Dominions alle aus den Anleihen entstandenen Verpflichtungen erfüllten, nur 62 750 000 Pfund zur Verfügung, sodaß ein jährliches Defizit von 14 250 000 Pfund vorhanden sein würde. Dabei fehlten Maßnahmen zur Abtragung der neuen Schuld. Midleton kritisierte die einzelnen Ressorts und griff die Finanzpolitik der liberalen Regierung, namentlich die Ausgaben für Sozialvolttik und Schulpolitik an und sagte: „Wir scheinen ebensowenig finanztelle wie militärische Vorbereitungen für den Krieg getroffen zu haben.“
In der Debatte stimmte Lord Lansdowne im allgemeinen den Ausführungen Midletons zu. Lord Staldwyn tadele, daß der Schatzkanzler nicht sofort bei Kriegsbeginn die Be⸗ steuerung erhöbht habe. Lord Haldane stimmte der Ansicht zu, daß die Ministerien sehr verschwenderisch wirt⸗ schafteten, aber die Debatte mache den Eindruck, als ob es nach dem Kriege genügen würde, neue Steuern zu erheben und im übrigen fort⸗ zufahren wie vorher. England werde indessen nach dem Kriege ein ganz anderes, weit viel ärmeres Land setn. Es werde die Vorteile der Macht⸗ stellung der Vergangenheit und der Ueberlieferung verloren haben, die England eine einzigartige Stellung im Handel und in der Industrie gegeben hätten und die es bis jetzt genossen hätte, weil es sie im Besitz gebabt habe, ohne daß Rivalen hätten hineinkommen können. Jetzt aber würden die Rivalen ins Feld einbrechen. England werde nicht so viel Ueberfluß an Kapital haben wie andere Länder. Die Kaufleute und Industriellen würden auf ihre eigenen Hilfs quellen, auf ihr eigenes Geschick, ihre Findigkeit und ihren Unternehmungsgeist angewiesen sein. Es sei daher notwendig, sich jetzt darauf vor⸗ zubereiten. Etne bessere Erztehung sei nötig. Die Kaufleute und Induftriellen müßten eine bessere Vorbildung erhalten, wenn sie sich gegen die neue Konkurrenz behaupten sollten. Sparsamkeit müsse aufs entschiedenste geübt werden, aber im Schulwesen ebensowenig wie bei den Armeen an der Front.
— Die britische Regierung hat das Angebot Südafrikas, ein Truppenkontingent mit schwerer Artillerie auf den europäischen Kriegsschauplatz zu schicken, angenommen.
Wie „W. T. B.“ meldet, wird erklärt, der Minister Lloyd George brauche insgesamt 100 000 Munitions⸗ arbeiter, die er bis Samstag zu erhalten hoffe.
— Die beiden letzten Verlustlisten zählen 44 Offiziere und 3316 Mann auf.
Frankreich. Von den Vorsitzenden der Kammergruppen und Parla⸗
mentsausschüsse ist nach einer Meldung des „W. T. B.“ be⸗
schlossen worden, der Kammer vorzuschlagen, sich am 22. Juli zu vertagen. Da das Parlament im Laufe des Septembers zwecks Bewilligung der letzten provisorischen Budget⸗ zwölftel tagen muß, bleibt nur die Festlegung der Sitzungs⸗ tage während des August und September zu erledigen. Die Kammern werden einen Entschluß darüber in öffentlicher Sitzung fassen. 8 8 “
Wie der „Rußkoje Slowo“ meldet, ist zum Unterstaats⸗ sekretär im russischen Ministerium des Innern Fürst Wolkonski ausersehen worden. Der Justizminister Tschealustoff soll d eine liberale Persönlichkeit ersetzt werden. “
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Der „Secolo“ berichtet, daß die Durchführung der Blockade der Adria am Dienstag begonnen hat. Die Blockadewirkung erstreckt sich über die ganze Adria nördlich der Linie Otranto- Aspirola. Die Schiffahrt in diesem Meere ist den Handelsschiffen jeder Nationalität untersagt. Ein Sonder⸗ dekret regelt die Konzessionen, die für die Handelsschiffahrt ge⸗ währt werden können.
Schweden.
Zu der russischen Antwort auf den Einspruch Schwedens gegen die Verletzung schwedischen Territoriums schreibt „Svenska Dagbladet“:
Das vorbehaltlose Bedauern über den Uebergriff ist ja an und für sich befriedigend. Jedoch bleibt mit unverminderter Stärke die Notwendigkeit bestehen, bei den verantwortlichen Stellen in Rußland und bei uns ernst einzuschärfen, daß solche groben Verletzungen der Neutralität und solche Uebergriffe sich unter keinen Umständen wieder⸗ holen dürfen, mit unverminderter Stärke schon deshalb, weil der biesige russische Gesandte der Erklärung des lebhaften Bedauerns den höchst bemerkenswerten Ausspruch hinzugefügt hat, daß in diesem Falle nur eine bedauerliche Unachtsamkeit vorliege.
Das Blatt meint, wenn derartiges dienstlich so milde beurteilt werde, dann bestehe wenig Sicherheit gegen Wieder⸗ holungen. Die übrigen Blätter geben ihre Befriedigung über die schnelle Antwort sowie über den Ausdruck des lebhaften Bedauerns wieder, wenn auch der schwere Fall nach dem „Svenska Morgenbladet“ eine noch vorbehaltlosere Entschuldi⸗ gung begründet hätte. Sie legen besonderes Gewicht auf die Versicherungen, daß Wiederholungen nicht vorkommen sollen.
Amerika.
Vom „Reuterschen Bureau“ verbreiteten Berichten zufolge haben die Anhänger Carranzas gestern in einem heftigen Kampfe vergeblich versucht, Turedon, ein Bollwerk der Partei Villas, in der Nähe von Monterey, einzunehmen. An dem Kampfe nahmen 18 000 Mann teil; die Verluste werden au 2000 geschätzt. “
Kriegsnachrichten.
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Westlicher Kriegsschauplatz.
Großes Hauptquartier, 7. Juli. (W. T. B.) Nörd⸗
lich von Ypern drangen englische Truppen gestern in einen unserer Schützengräben ein; sie waren am Abend wieder ver⸗ trieben. Westlich von Souchez wurden zwei nächtliche An⸗
griffe des Feindes abgewiesen.
1“
licher Truppenansammlungen in Arras geriet die Stadt in Brand; der Feuersbrunst fiel die Kathedrale zum Opfer. Zwischen Maas und Mosel herrscht lebhafte Kampftätigkeit. Südwestlich von Les Eparges setzte der Feind seine Anstrengungen, die ihm unlängst entrissenen Stellungen wieder zu erobern, fort. Bei dem ersten Angriff gelangten die Franzosen in einen Teil unserer Verteidigungslinie; ein Gegenstoß brachte die Gräben bis auf ein Stück von 100 m wieder in unsere Hand. Der Feind ließ ein Maschinengewehr zurück. Zwei weitere Vorstöße des Gegners, ebenso wie ein Füfff an der Tranchse, scheiterten völlig. Halbwegs Ailly⸗Apremont wurde unsererseits angegriffen; wir er⸗ oberten die feindliche Stellung in einer Breite von 1500 m und machten dabei mehr als 300 Franzosen zu Gefangenen. Bei Croix des Carmes (im Priester⸗ walde) erfolgte heute nacht der erwartete feindliche Gegen⸗ angriff; der Gegner wurde abgewiesen. Am Sudel (in den Vogesen) wurde ein feindliches Grabenstück erstürmt und für die feindliche Verteidigung unbrauchbar gemacht. In der
Champagne, südwestlich Suippes, bewarfen unsere Flieger 8
mit Erfolg ein feindliches Truppenlager. . 8 Oberste Heeresleitung.
Großes Hauptquartier, 8. Juli. (W. T. B.) Westlich von Souchez gelang es den Franzosen, in einer Breite von etwa 800 m in unseren vordersten Graben ein⸗ zudringen. Durch einen Gegenangriff wurden sie wieder vertrieben. Ein zweiter Angriff des Feindes brach im Feuer zusammen. Um ein kleines Grabenstück, in dem die Franzosen noch sitzen, wird mit Handgranaten ge⸗ käͤmpst. Gegen die von uns genommenen — westlich Apremont dauerten die feindlichen Angriffe Tag und Nacht hindurch ohne jeden Erfolg an. Die Zahl der Ge⸗ fangenen hat sich auf 3 Offiziere und über 400 Mann erhöht. Auf der ganzen Westfront fanden lebhafte Artillerie⸗ kämpfe statt. Oberste Heeresleitung.
est icher Kriegsschauplatz. Großes Hauptquartier, 7. Juli. (W. T. B.) Die
Zahl der Gefangenen südlich Biale⸗Bloto erhöhte sich auf
7 Offiziere und rund 800 Mann, ferner gingen 7 Maschinen⸗ gewehre und ein reichhaltiges Pionierlager in unseren Besitz über. In Polen südlich der Weichsel eroberten wir die Höhe 95 östlich Dolowatka (südlich Borzymow). Die russischen Verluste sind sehr beträchtlich, erbeutet wurden 10 Maschinengewehre, eine Revolverkanone und viele Gewehre. Weiter nördlich nahe der Weichsel wurde ein russischer Vorstoß abgewiesen. Oberste Heeresleitung.
Großes Hauptquartier, 8. Juli. (W. T. B.) Ein feindlicher Angriff aus Richtung Kowno wurde unter großen Verlusten für den Gegner abgeschlagen. Beim Dorfe Stegna, nordöstlich von —2 wurden einige russische Gräben genommen und behauptet. Feindliche Vorstöße in der Gegend von Strzegowo und von Starozreby (nordöstlich und südwestlich von Racionz) hatten keinen Erfolg.. Versuche des Gegners, uns die
gestern eroberte Höhe 95 östlich Dolowatka zu entreißen,
scheiterten. 1 Oberste Heeresleitung.
Südöstlicher Kriegsschauplatz.
8 Großes Hauptquartier, 7. Juli. (W. T. B.) West⸗ lich der oberen Weichsel wurden gute Fortschritte ge⸗ macht; östlich der Weichsel sind keine größeren Verände⸗ rungen zu melden. 3. bis 5. Juli machten wir 3850 Gefangene. Oberste Heeresleitung.
Wien, 7. Juli. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: An der Front der Armee des Erzherzogs Joseph Fer⸗ dinand dauern die Kämpfe fort. Eingetroffene russische Verstärkungen, die an mehreren Stellen zum Angriff vor⸗ gingen, wurden unter großen Verlusten zurückgeschlagen. Die Gefangenenzahl hat sich noch weiter erhöht. Am Bug und in Ostgalizien ist die Lage unverändert. In den Kämpfen an der unteren Zlota⸗Lipa wurden vom 3. bis 5. Juli 3850 Russen gefangen. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. von Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Großes Hauptquartier, 8. Juli. (W. T. B.) Die Lage der zwischen Dnjestr und oberer Weichsel stehenden deutschen Truppen ist unverändert. West lich der oberen Weichsel wurde eine Reihe feindliche Stellungen gestürmt. Oberste Heeresleitung.
Südliche Kriegsschauplätze.
Wien 7. eh An der Schlachtfront im Görzischen trat zunächst ziemlich Ruhe ein. Nach dem vorgestrigen Siege hatten unsere Truppe noch einige zaghaft geführte Nachtangriffe gegen den Görze Brückenkopf und die Plateaustellungen abzuweisen. Gestern er
öffnete der Feind neuerdings ein heftiges Geschützfeuer, dem
Nachts wieder vergebliche Vorstöße schwächerer Kräfte folgten Italienische Flieger warfen auf Triest Bomben ab ohne erheblichen Schaden anzurichten. m Krn⸗Gebiete griff der Gegner eine Felskuppe, der schon frühere An⸗ strengungen gegolten hatten, abermals an. Die braven Ver teidiger schlugen den Angriff, wie immer, ab. Vor unserer Stellung ist ein Leichenfeld. Im Kärntner und Tiroler Grenzgebiete dauern die Geschützkämpfe stellenweise fort.
Wien, 7. Juli. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: Auf den Höhen östlich von Trebinje fand in den letzten Tagen ein für unsere Truppen erfolgreiches Gefecht statt. Im Angriff eroberten einige unserer Abteilungen nach kurzem heftigen Kampfe eine montenegrinische Vorstellung und trieben die Montenegriner auf die nächsten Höhen zurück. Tags darauf ging etwa eine montenegrinische Brigade nach starker Artillerievorbereitung zum Gegenangriff vor, erlitt jedoch im Feuer unserer Truppen derartige Verluste, daß sie nach einiger Zeit auf die Hauptstellung, aus der sie vor⸗ gebrochen war, zurückging. Mehrere unserer Flieger griffen mit Bomben und Maschinengewehrfeuer erfolgreich in den Kampf ein.
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. von Hoefer, Feldmarschalleutnant. 1
Bei der Beschießung seind⸗
Auf der Verfolgung zur Zlota⸗Lipa vom
Amtlich wird gemeldet
Der Krieg zur See 1“
Berlin, 7. Juli. (W. T. B.) Gegenüber den russischen Berichten über das Seegefecht bei Got⸗ land am 2. Juli geht uns von maßgebender Stelle folgende Schilderung zu:
Unsere leichten Streitkräfte, die in der Nacht eine vorgeschobene Stellung besetzt gehalten hatten, fuhren am 2. Juli Morgens mit füdlichen Kursen zurück. Das Wetter war, namentlich nach Osten zu, unsichtig, strichweise sogar neblig. Gegen 6 Uhr früh erhielten plötz⸗ ich aus einer im 80. stehenden Nebelbank heraus „Augsburg“ und Albatros“, die in der Nähe von einander standen, Feuer und ge⸗ wahrten auf 7000 bis 8000 m Entfernung die undeutlichen Umrisse von 4 feindlichen Schiff en, die später als „Admiral Makaroff“, „Bajan“, Bogatyr“ und „Oleg“ ausgemacht wurden. „Albatroß“, der gegen⸗ über diesen großen Kreuzern keine Gefechtskraft besaß und ihnen auch an L152e unterlegen war, erhielt Befehl, sich nach der schwedischen Insel Gotland zurückzuziehen, während „Augsburg“ die heiden weiter östlich stehenden Kreuzer „Roon“ und „Lübeck“ herbei⸗ rief und inzwischen im Vertrauen auf ihre höhere Geschwindiakeit versuchte, das Feuer der Gegner von „Albatroß“ ab und auf sich zu lenken und den in Richtung der herankommenden Verstärtung zu ziehen. Die feindlichen Kreuzer ließen aber nicht von „Albatroß“ ab, sondern vereintgten auf ihn ihr beftiastes Feuer. Ein Entkommen aus dem feindlichen Feuerbereich war für ihn wegen seiner geringeren Geschwindigkeit nicht möglich. Nach zwei⸗ stündigem Gefecht, das die Russen trotz ihrer Ableugnungen auch nach Erreichen der schwedischen Hobeitsgewässer nicht ab⸗ brachen, wie die dienstlichen deutschen Meldungen in Uebereinstimmung mit den schwedischen Zeitungsberichten feststellen, mußte der Kom⸗ mandant sein von zahlreichen schweren Treffern leckgeschossenes und in finkenden Zustande befindliches Schiff bei Oestergarn auf den Strand setzen. Die dann eingetretenen Ereignisse, wie das Vonbordbringen der Schwerverwundeten, ihre liebevolle und fürsorgliche Aufnahme und Pflege durch die Bevölkerung, die Bestattung der Gefallenen unter der herzlichen Teilnahme der Einwohner, das alles ist aus den ausführlichen Schilderungen von Augenzeugen durch die schwedische und deutsche Presse bereits bekannt geworden. Aus ihnen geht auch klar hervor, wortan im übrigen wohl niemand in Deutschland ge⸗ zweifelt hat, daß die russische Behauptung, „Albatros“ habe die Flagge. noch während des Gefechts gestrichen, mit der Wahrheit nicht im Einklang steht.
Wäͤhrend dieses Vorganges waren zunächst „Lübeck“, dann „Roon“ aus östlicher Richtung in dem unsichtigen Wetter auf den Kanonen⸗ donner mit höchster Fahrt zulaufend, an die Schlußschiffe des Gegners herangekommen und hatten in das Gefecht eingegriffen. Der Feind richtene sein Feuer hauptsächlich gegen das ihm nächste und schwäͤchste Schiff, „Lübeck“; doch erzielte er keinerlei Erfolge, auch nicht, als ihm aus einer Nebelwand heraus gegen 8 Uhr 30 Minuten Vormittags sein neuester und stärkster Panzerkreuter „Rurit“ zur Hilfe kam. „Roon“ und „Augsburg“ stießen auf diesen vor, um „Lübeck“ zu ent⸗ lasten, was zur Folge hatte, daß „Rurik“ abdrehte. Das Gefecht, in dem die Russen nach eigenem Eingeständnis wahrscheinlich durch die schwere Artillerie von „Roon“ Beschädigungen erlitien haben, endete Ffgen 10 Uhr, wo der Gegner infolge des unsichtigen Wetters im
orden aus Sicht kam, bevor weitere Verstärkungen von uns auf dem Kampfplatze erscheinen konnten. Trotz der lebhaften und dauernden Beschießung durch die an Zahl und Gefechtskraft weit überlegenen russischen Schiffe haben unsere Kreuzer, abgesehen von „Albatroß“, keinen einzigen Treffer erhalten.
Die phantastischen Angaben des russischen Be⸗ richts über das Seegefecht bei Gotland, nach dem die deutschen Kreuzer mehrere Male getroffen, der Panzerkreuzer „Roon“ schwer beschädigt worden sein und die deutschen Schiffe sich zurückgezogen haben sollten, werden durch die obige Darstellung on deutscher Seite zur Genüge widerlegt.
Der Krieg in den Kolonien.
London, 7. Juli. (W. T. B.) Wie „Daily Chronicle“ meldet, berichtet ein aus Ostafrika in Athen angekommener Reisender, die Deutschen hätten den Hafen von Dares⸗ salam geschlossen, indem sie ein Trockendock und ein kleines Kanonenboot quer in der Flußmündung versenkten. Der Kreuzer „Königsberg“ liege unbeschadigt 15 Meilen strom⸗ aufwärts im Rufidjifluß und könne von den englischen Schiffen nicht erreicht werden. Die Engländer versuchten den Kreuzer zu torpedieren, aber die „Königsberg“ sei durch eine Schlamm⸗ bank geschützt, in der der Torpedo stecken blieb..
Der Krieg der Türkei gegen den Dreiverband.
Konstantinopel, 8. Juli. (W. T. B.) Das Große Hauptquartier meldet: An der kaukasischen Front versuchte die von unserem rechten Flügel zurückgeschlagene feindliche Kavallerie sich in ihren Stellungen zu halten und Gegenangriffe zu unternehmen. Diese Versuche schlugen fehl. An der Dar⸗ danellenfront beschoß unsere Artillerie bei Ari Burnu am 6. Juli wirksam die feindlichen Stellungen und verursachte schweren Schaden. Die gegen unseren linken Flügel kämpfende feindliche Artillerie beschoß infolge des schlechtgezielten Feuers ihre eigenen Schützen⸗ gräben. Sie fügte dadurch ihren eigenen Soldaten be⸗ trächtliche Verluste zu. Bei Sedil Bahr schlugen wir die von Erkundungsabteilungen des Feindes versuchten Ang riffe ab und fügten ihnen schwere Verluste zu. Während der Feind bei Tekke Burnu mit Aus⸗ und Einbooten be⸗ chäftigt war, an dem sich Hilfskriegsschiffe und kleinere Boote beteiligten, eröffneten unsere anatolischen Küstenbatterien plötzlich das Feuer auf die genannte Stellung. Eine Granate fiel mitten in ein Bataillon des Feindes und verursachte Ver⸗ wirrung und Verluste. Dieselben Batterien sprengten ein feindliches Munitionsdepot in der Nähe in die Luft. Von den
anderen Fronten ist nichts Wichtiges zu melden.
Nr. 27 der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge⸗ sundheitgamts⸗ vom 7. Juli 1915 hat folgenden Inhalt: deisonalnachrichten. — Bemerkung zur Krankenhausstatistik. — Ge⸗ undheitsstand und Gang der Volkskrantheiten. — Zeitweilige Maß⸗ regeln gegen Pest. — Gesetzgebung usw. (Deutsches Reich) Praktisches Iohr der Mediztner. — (Bayvern.) Landgerichtsärztlicher Dienst. —
(Schweiz.) Lebensmitt .Zürich.) C 1 (HeS; ebensmittel ꝛc (Kant. Zürich.) Geheimmittel
Absinth ꝛc. — (Luxemburg.) Wein ꝛc. — Vermischtes. Deutsches Reich.) Kinderheilstätten an der deutschen Seeküste, 1914. 8. Geschenkliste. — Wochentabelle über die Sterbefälle in deutschen rten mit 40 000 und mehr Einwohnern. — Desgl. in größeren Städten des Auslandes. — Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher zroßstädte. — Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. — itterung. — Beilage: Gerichtliche Entscheidungen auf dem Gebiete
der öffentlichen Gesundheitepflege (Aerzte).
Statistik und Volkswirtschaft.
Die Zentral⸗(Haupt⸗) Genossenschaften im Deutschen Reiche nach dem Gegenstande des Unternehmens am 1. Januar 1914 und 1915.
Die in Nr. 127 und 134 des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ be⸗ sprochene Veröffentlichung des preußischen Statistischen Landesamts über die vorläufigen Ergebnisse der deutschen Genossenschaftsstatistik für den Anfang des Jabres 1915 und des Vorjahres enthält auch Uebersichten über die Jentral⸗(Haupt⸗) Genossenschaften im Deutschen Reiche und deren Bewegung in den beiden letzten Jahren. Danach bestanden am 1. Januar 1914 und 1915 in Deutschland Zentral⸗ genossenschaften im ganzen und nach dem Gegenstande des Unter⸗ nehmens unterschieden:
genossenschaften
Artikel
für landwirt⸗
für gewerbliche
jahl der Zentral⸗ ssenschaften für
schaftliche bsatz landwirt⸗ und andere*)
Zentealkredit⸗ genossenschaften
Rohstoff⸗ vereine 27
27
(Haupt⸗) Genossenschaften
den A schaftlicher
Hauptgeno
Gesamt
1914 1915
dem V
1 1914 2 18 ’
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Reich 1) Preußen..
2) Bayern.. 3) Sachsen.. 4) Württemberg 5) Baden..
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1915 8 2 18 1914 2
1 1915 1 1914
do ᷑
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1 1915
- 1914
1915
1 1914
1 1915
7) Mecklenburg⸗ 1914 Schwerin 1915
8) Oldenburg 9) Elsaß⸗ 1 1914 Lothringen [ 1915
Sämtliche Zentral⸗ (Haupt⸗) Genossenschaften sind solche mit beschränkter Haftpflicht.
Im Kalenderjahre 1913 sind in Deutschland 9 Zentralgenossen⸗ schaften aufgelöst worden, nämlich die Landesgenossenschaftsbank für Brandenburg, Pommern und Mecklenburg, e. G. m. b. H., in Berlin, die Hygienische Stadtmolkerei, e. G. m. b. H, in Berlin, die Zentrale für Viehwertung (Viehzent ale), e. G. m. b. H., in Berlin, die Zentralkasse der Genossenschaftsbrauereien Deutschlands, e. G. m. b. H., in Charlottenburg, die Oberschlesische Genossenschaftsbank, e. G. m. b. H., in Beuthen (Oberschlesien), die Thüringer Genoss enschaftshank, e. G. m. b. H, in Erfurt, die Landwirtschaftliche Hauptgenossen⸗ schaft für Oberhessen, e. G. m. b. H., in Friedberg in Hessen, die Pfälzer Tavakverkaufsgenossenschaft, e. G. m. b. H., in Schifferstadt und die Hauptgenossenschaft Oldenburger Meiereien, e. G. m. b. H., in Oldenburg. DPiesen 9 Auflösungen stehen 2 Neugründungen gegenüber, nämlich die der Zentralkasse der bessischen landwirtschaft⸗ lichen Genossenschaften, e. G. m. b. H., in Darmstadt und die der Landwirtschaftlichen Kreditverbandskasse, e. G. m. b. H., in Freiburg
8
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t. B. Auch im letzten Kalenderjahre 1914 wurden 2 Zentralgenossen⸗ schaften neugegründet: die Handwerker⸗Verbandskasse Groß⸗Berlin, e. G. m. b. H., in Berlin und die Westfältsche Bauvereinsbank, e. G. m. b. H., in Münster, während nur 1 Zentralgenossenschaft in Deutsch⸗ land im vergangenen Jahre aufpelöst worden ist, nämlich die Ver⸗ bandskasse für schlesische Hausbesitzer⸗ und Handwerkergenossenschaften,
e. G. m. b. H., in Breslau.
*) Die „anderen“ Hauptgenossenschaften sind: 1) Zentraleinkaufs⸗ genossenschaft des Verbandes deutscher kaufmännischer Genossenschaften in Berlin, 2) Einkaufszentrale bayerischer Kolontalwarenhändler in München, 3) Maschinen⸗Verkaufsstelle des schlesischen Bauernvereins in Breslau, 4) Maschinengenossenschaft in Königsberg i. Pr., 5) Elektrische Ueberlandzentrale in Massow, 6) Zentral⸗Einkaufs⸗ genossenschaft der Perückenmacher und Friseure Deutschlands in Berlin. t
Kunst und Wissenschaft.
„Die Gärungsgewerbe unter Karl dem Großen. 812 hat Karl der Große eine Verordnung über die Katserlichen Güter oder Höfe erlassen. Die Landgüter waren Krongüter, aus deren Naturalerträgen die Haupteinnahmen des fränkischen Staats bestanden; es war daher eine gute Verwaltung und Festlegung der Rechte und der nach Tausenden zählenden Beamten, landwirtschaftlichen
rbeiter und Handwerker nötig. Die Katserlichen Landgüter waren
Musterwirtschaften.
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Die genannte Ordnung erfaßte aber auch, wie Schrohein in der „Deutschen Essigindustrie“ schreibt, das Milltär⸗ und Arzneiwesen, den Handel und vieles andere. Sie wird als Zeichen der hohen Regierungskunst Karls des Großen gerühmt. In den Kapiteln 5 und 8 der Landgüterordnung wird nicht nur ein sorg⸗ fältiger Ackerbau nach jeder Richtung, sondern auch besondere Sorg⸗ falt für die Weinberge und die Weinlese eingeschärft. Die Amtsleute baben den Wein in gute Gefäße zu legen und fleißig darauf zu achten, daß er in keiner Weise Schaden leidet. Der Weinschank bei den Landgütern war Kaiserlich, und daher war bestimmt, daß diejenigen, welche mit der Verwaltung von Wein⸗ bergen betraut waren, nicht weniger als 3 oder 4 Kronen von Trauben haben müssen, also Kränze, die vor der Weinschänke als Wahrzeichen aufgehängt wurden. Das erkärt die noch heute vielfach übliche Benennung der Gasthäuser zur Kroͤne, und die alte Sitte der Straußenwirtschaften. Für richtige Maße durch die Amts⸗ leute war Vorsorge getroffen; wir hegegnen da bereits den situlao — Seideln oder Henkeltöyschen. Besonders interessant ist auch, daß vorgeschrieben war, daß, was immer mit den Händen zugerichtet werden mußte, mit der äußersten Sauberkeit gemacht und angefertigt werde. Besonders war es auch verboten, Trauben mit den Füßen zu treten; es sollte alles dabei sauber und anständig zugehen. Der stärkste Verbrauch an Essig scheint damals in die große Fastenzeit, die von Aschermittwoch bis Ostern reicht, gefallen zu sein; viel⸗ leicht hing dies mit dem werktäglichen Fischgenuß zusammen und deutet das damals schon beliebte Marinieren an. Es wird nämlich bestimmt, daß jährlich von den Fastenspeisen zwei Drittel zum Hofe gedracht werden sollen, sowohl von den Gemusen, als von der Fischerei, ebenso von Käse, Butter, Honig, Senf, Essig, Kolbenhirse, Rispenhirse, von trocknen und grünen Kräutern, Rettich, Rüben usw. Vom Bier ist vielfach die Rede, aber Bier war damals ein ganz anderes Getränk als heute, denn es wurde ohne Hopfen bereitet. Dies ergibt sich aus dem Kapitel 70, wo alle Pflanzen angegeben sind, die S8. den König⸗ lichen Gütern gezogen werden mußten, wobei aber der Hopfen nicht erwähnt ist. In einem andern Kapitel werden diejenigen Hand⸗ werker aufgezählt, die jeder Amtmann in seinem Bezirke haben sollte, also die für Krieg und Frieden unentbehrlich gehaltenen Leute, z. B. die Eisen⸗,, Gold⸗ und Silberschmiede, Drechsler, Zimmerleute, aber auch die Brauer, „d. h. Leute, die Bier, Apfel⸗ oder Birnenwein oder irgend ein anderes trinkbares Gebräu zu machen wissen“. Die Brauer
Daß aber die Braumeister tatsächlich damals schen eine selbständige Stellung einnahmen, geht aus einer Stelle hervor, in der vorgeschrieben wird, daß ein jeder Amtmann, wenn er den Hof⸗ dienst hat, sein Malz zum Palaste führen und zugleich die Meister mirkommen lasse, die daselbst gutes Bier brauen sollen. Der Brauer stellte also das Malz auf dem Hofgute her, aber er verbraute es, sofern es für die Tafel des Kaisers und für dessen Hofbeamte be⸗ stimmt war, nicht auf dem Lande, sondern in der Näbe der Hofburg oder Pfalz. Das Bier war eben, da es ohne Hopfen hergestellt wurde, nicht sehr haltbar und nicht ohne Gefahr verwendbar. Wo so viele Gegenstände und namentlich Getränke hergestellt wurden, da mußte auch für geetanete Fässer gesorgt werden. Es mußten zu diesem Zwecke mu Eisen beschlagene Fässer benutzt und zur Pfalz geschickt werden. Sie sollten so stark sein, daß man sie auf Kiiegs⸗ zügen mirführen konnte.
Literatur.
— Rußland von Innen heißt das soeben erscheinende Julibeft der Süddeutschen Monatshefte (Preis 1,50 ℳ, Süddeutsche Monatshefte G. m. b. H., München und Leipzig). Es hat sorgenden Inbalt: An Feldmarschall von Hindenburg; Die orthodoxe Staatskirche von Dr. h. c. Albert Ehrhard, Professor der Kirchengeschichte an der Universität Straß⸗ burg; Die Russin von Pr. h. c. Adolf Dirr, Kustos am Ethno⸗ graphischen Museum in München; Die Geschichte der Ostseeprovinzen von Geheimrat Dr. Theodor Schiemann, Professor der Geschichte an der Universität Berlin; Die Deutschen in Rußland von Dr. Johannes Haller, Professor der Geschichte an der Universität Tübingen; Wladimir Ssemenow von Dr. Fritz Endres, Dozent der Geschichte an der K. B. Kriegsschule; Ein Russenlied von Paul Heyse; Die Lage des jüdischen Proletariats in Rußland von Wlad. W. Kaplun⸗Kogan in Berlin; Die russische Frau in der Revolution von Nadja Strasser; Das Hauz Romanow; Die Völkerzusammen⸗ setzung Rußands von Dr. R. Claus, Mitarbeiter des Kaiser⸗ lichen Statistischen Amtes in Berlin; Gvmnasium und Universtät in Rußland von Dr. Alexander Eliasberg; Das Leben an russischen Universitäten von einem ehemaligen russischen Universitätslehrer; Ein russischer General über Rußlands Bündnisse und Militarismus; Beamtentum und Gefängniswesen in Rußland; Ukas des Zaren Alexei Michailowitsch vom 18. Mai 1651; Rußlands Industrie und Handel von Dr. R. Claus; Nikolaus IJ. über Preußen im Jahre 1848; Die Verbrecherinsel Sachalin von Anton Tschechow; Aus russischen amtlichen Briefwechseln; Eine seltsame Vorahnung; Was brauchen wir Konstantinopel? von Gljeb Uspjenskiz; Das Grab von Kolo von Max Grafen Bethusy Huc, zurzeit im Feld; Ein Hinden⸗ burg bei Dostojewskij; Hindenburg von Dr. Karl Alexander von Müller, Mitarbeiter der K. B. Akademie der Wissenschaften, zurzeit beim Roten Kreuz. — Feldmarschall von Hindenburg hat die Wid⸗ mung dieses Heftes angenommen. 1
Land⸗ und Forstwirtschaft.
Futterwert und Preis der zuckerhaltigen Fu
Der preußische Landwirtschaftsminister gibt folgendes bekannt: Aus der 1914 er Eente ist ein beträchtlicher Bestand an zucker⸗ haltigen Futtermitteln verblieben, der für den Kaushalt der Futterstoffe in der bevorstehenden Wirtschaftsperiode besonders wertvoll ist, wenn er in der richtigen Weise ausgenutzt wird. In den Kreisen der Verbraucher erfahren die einzelnen Futtermittel eine sehr verschiedene Bewertung. Am wenigsten beliebt ist das Melassefutter, dessen Einführung vielfach noch immer beträchtlichen Schwierigkeiten begaegnet. Es handelt sich um rohe, unvermischte Melasse mit durchschnittlich 48 % Zucker, die in der Wirtschaft selbst durch Vermischung mit Spreu, Häcksel oder Stroh zur Fütterung geeignet gemacht wird, um Torfmelasse mit durchschnittlich 70 % Melasse und 30 % Torfmehl und um Päckselmelasse mit rund 65 % Melasse und 35 % Strohhäcksel. Der Robzucker (Erstprodukt mit rund 95 %, Nachprodukt mit rund 90 % Zucker) wird in nicht ver⸗ gälltem Zustand an die Verbraucher steuerfret abgegeben, wenn er von letzteren nach Vorschrift der Steuerbehörde nachträglich vergällt wird. Als fertiges Futter wird er der Regel nach in einer Mischung von etwa 90 — 95 % Rohzucker und 5 — 10 % Strohhäcksel ge⸗ liefert. Die Schnitzel, d. h. gewöhnliche Trockenschnitzel, Zucker⸗ schnitzel und Melasseschnitzel, sind nur noch in geringen Mengen vorhanden, weil sie ein allgemein beliebtes Futtermittel darstellen und daher zur Zeit der Beschlagnahme schon zum großen Teil ver⸗ griffen waren.
Professor Dr. M. Schmoeger. Danrzig, stellt in einem in Nr. 21 der „Westpreußischen Landwirtschaftlichen Mittetlungen“ vom 20. Mai 1915 erschienenen Artikel vergleichende Berechnungen über den Futterwert der zuckerhaltigen und anderer Futterstaffe an, aus dem hier einige ne wiedergegeben werden. Bezüglich der für Zucker und Melasse eingesetzten Preise ist zu bemerken, daß sich die Preise für die Mischfutter vom 20. Mai ab um 10 ₰ für den Monat und Zentner erhöhen. Die Vermittlungskosten sind in die Zahlen bereits eingerechnet, nicht aber Fracht⸗ und Sackgebühr. Die Berechnung führt zu folgendem Ergebnis:
Preis für den gentner
Preis für das Pfund Stärkewer 8 8 . Flüssige Melasse
Torfmelasse ..
Strohmelasse
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Robzucker mit 10 % Stroh⸗
häcksel vergällt 1
Melasseschnitzel
Zuckerschnitzel. 3 —
öa1ö1In1XAX1X“X*“; ““ Aus den Zahlen ergibt sich, daß das Pfund Stärkewert in allen Zuckerfutterarten rund 25 % billiger ist als in den Kartoffeln, wenn der Preis der letzteren zu 4 ℳ für den Zentner angenommen wird. Be⸗ sondets billig stellt sich die Nährwerteinheit in der frischen Melasse, wobei allerdings die hesonderen Kosten für Fässer, für die Arbeit des Mischens und für das Mischmaterial nicht mitgerechner sind. Der Preis der Strohmelasse und des mit Häcksel vergällten Rohzuckers erscheint erwas höher, jedoch ist der Futterwert des Häcksels dabei nicht berück⸗ sichtigt; geschteht das, dann berechnet sich die Nährwerteinheit in diesen Futterstoffen nicht wesentlich höher als in der Torfmelasse. Von allen Kraftfutterarten stehen zurzeit in größeren Mengen nur zuckerhaltige Futtermittel zur Verfügung, und auch unter den aus der Verarbeitung der neuen Ernte anfallenden Kraftfutterarten stehen die zuckerhaltigen Futterstoffe der Menge nach bei weitem an erster Stelle, denn die Erzeugung an Kleie ist aus bekannten Gründen nur gering, die aus der inländischen Ernte an Oelfrüchten hergestellten Oelkuchen, der Anfall aus den wesentlich etngeschränkten Gärungs⸗ gewerben ist ebenfalls geringer als sonst. Die Produkte der Zucker⸗ fabrikation müssen daher für die Erhaltung der einheimischen Vieh⸗· bestände tn erster Linie in Anspruch genommen werden.
Wenn da und dort Mißerfolge bei der Fütterung mit zucker⸗ haltigen Stoffen aufgetreten sind, so liegt das nicht an threr mangel⸗ haften Futterwirkung, sondern an ihrer unrichtigen Anwendung. Im allgemeinen sollten die Gaben von Zucker oder Melasse die Menge von 4 Pfund auf den Kopf bei Großvieh (1000 Pfund Lebendgewich t) nicht übersteigen.
Das ganze Futter kann also niemals aus Zuckerfutter bestehen, man muß vielmehr bemüht sein, eine Mischung aus dem verfüabaren Grünfutter, Heu, Futterstrob, Kartoffeln oder Rühen unter Zugabe von Zuckerfuster und der Mindestgabe von eiweißhaltigem Futter (Oelkuchen, Trockenhefe usw.) zusammenzustellen, wobei für die zucker⸗ haltigen Stoffe die oben angegebenen Grenzen einzuhalten und die
werden als Stceratores bezeichnet. Sicera war ein bei
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Oelkuchen auf eine Menge von ½-—1 Pfund für 1000 Pfund Lehend⸗