1915 / 170 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 22 Jul 1915 18:00:01 GMT) scan diff

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8 der Könivlichen Regierung in Potsdam und der Stadt Berlin Nr. 7

S. 72, ausgegeben am 13. Februar 1915, 8

der Königlichen Regierung in Frankfurt a. O. Nr. 7 S. 53, aus⸗ gegeben am 13. Februar 1915,

der Königlichen Regierunga in Stettin Nr. 8 S. 47, ausgegeben am 20. Februar 1915,

der Köatglichen Regierung in Köslin Nr. 7 S. 29, ausgegeben am 13. Februar 1915,

der Königlichen Regserung in Stralsund Nr. 7 S. 24, ausgegeben am 13. Februar 1915, 8

der Königlichen Regierung in Bromberg Nr. 7 S. 58, ausgegeben am 13. Februar 1915,

der Königlichen Regierung in Liegnitz Nr. 7 S. 38, ausgegeben am 13. Februar 1915,

der Königlichen Regierung in Magdeburg Nr. 7 S. 41, ausgegeben am 13. Februar 1915,

der Königlichen Regierung in Merseburg Nr. 7 S. 44, ausgegeben am 13. Februar 1915, 3

der Königlichen Regierung in Erfurt Nr. 9 S. 63, ausgegeben am 27. Februar 1915, und

der Königlichen Regierung in Schleswig Nr. 17 S. 165, ausgegeben

am 27. März 1915;

2) das auf Grund Allerhöchster Ermächtiaung vom 16. August 1914 (Gesetzsamml. S. 153) am 24. April 1915 vollzogene Statut für die Entwässerungsgenossenschaft zur Regelung der Aue in den Gemarkungen Tostedt und Everstorf, Kreis Harburg, und Tiste, Kreis Zeven, durch die Amtsblätter 1b

der Königlichen Regierung in Lüneburg Nr. 20, Beilage, ausgegeben am 15. Mai 1915, und

der Königlichen Regierung in Stade Nr. 23 S. 195, ausgegeben am 5. Juni 1915.

88 Bekanntmachung.

Nach Vorschrift des Gesetzes vom 10. April 1872 (Gesetzsamml. S. 357) ist bekannt gemacht: der auf Grund Allerhöchster Ermächtigung vom 16. August 1914 (Gesetzsamml. S. 153) ergangene Erlaß des Staatsministeriums vom 6. Juli 1915, betreffend die Verleihung des Enteignungs⸗ zechts an den Kreis Osthavelland für die Verlängerung der Döberitzer Heerstraße bei Staaken über Bahnhof Dallgow bis zur Provinzialchaussee bei Dhrotz, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung in Potsdam und der Stadt Berlin Nr. 29 S. 355, ausgegeben am 17. Jult 1915. b

Abgereist:

Seeine Erzellenz der Präsident des Reichsbankdirektoriums, Wirkliche Geheime Rat Dr. Havenstein mit Urlaub.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 22. Juli 1915.

Der Bundesrat versammelte sich heute zu einer Plenar⸗ sitzung; vorher hielt der Ausschuß für Handel und Verkehr eine Sitzung

Am 15. Juli 1915 ist eine Bekanntmachung über Ver⸗ arbeitungsverbot und Bestandserhebung von Seiden und Seidenabfällen durch die Militärbehörden ver⸗ öffentlicht worden, über deren Tragweite in Interessenten⸗ kreisen Zweifel zu bestehen scheinen. Das „Wolffsche Telegraphenbureau’“ hat vom Webstoffmeldeamt des Kriegs⸗

ministeriums die Auskunft erhalten, daß die Verordnung sich lediglich auf solche Seidengarne bezieht, die zu Webzwecken verwendet werden können. Reine Nähgarne, besonders solche auf Rollen, Docken usw., werden davon nicht betroffen werden und sind nicht meldepflichtig. Ebensowenig müssen gefärbte Garne gemeldet werden. Das in § 2 der Verordnung ausgesprochene Verarbeitungsverbot gilt nur für Bourette⸗Seiden und Bourette⸗Garne. Die Bestände an Schappe⸗ und Tussahseide und an den übrigen in § 3 Nr. 3 bis 6 der Verordnung aufgezählten Seiden und Seidengarne unterliegen zwar der Meldepflicht, ihre Verarbeitung ist aber nach wie vor zulässig. 8 Soweit die Meldung nicht in diesem Sinne erfolgt ist, muß eine sofortige Neumeldung erfolgen.

Das Kriegsministerium gibt bekannt, daß das Bekleidungs⸗ Beschaffungsamt Berlin unter der Bezeichnung Wirtschafts⸗ blatt für Heer und Marine (W. Bl.) eine voraussichtlich wöchentlich oder zweimal im Monat erscheinende Zeitschrift vorläufig für die Dauer des Krieges herausgeben wird. Das Blatt soll den für das Beschaffungswesen in Betracht kommen⸗ den Dienststellen eine Uebersicht der wichtigsten Maßnahmen, Verfügungen und wirtschaftlichen Vorgänge im gesamten Heeres⸗ und Marinelieferungswesen geben. Auch soll es die Oeffent⸗ lichkeit, insbesondere die amtlichen Vertretungen von Handel und Gewerbe, die industriellen und gewerb⸗ lichen Verbände, Anbieter und Lieferanten, von den für sie wissenswerten Tatsachen unterrichten. Durch die Zeitschrift werden nicht nur alle Erlasse, die diese Kreise interessieren, sondern auch die für sie wichtigen Ver⸗ öffentlichungen der Militärbehörden, die bisher nur durch die Tages⸗ und Fachpresse verbreitet wurden, bekannt gegeben. Ankündigungen gegen Bezahlung können keine Aufnahme finden. Schriftleitung und Geschäftsstelle des W. Bl. befinden sich im Amtsgebäude des Bekleidungsbeschaffungsamtes Berlin SW. ½ Askanischerplatz 4, Fernsprecher Lützow 2087, 2187, 2188. Be⸗ stellungen auf das Blatt nehmen das Bekleidungs⸗Beschaffungs⸗ amt Berlin und der Verlag von August Scherl G. m. b. H., Berlin SW. 68, Zimmerstraße 36/41, entgegen. Der Bezugs⸗ preis einschließlich Versand beträgt 3 für das Vierteljahr.

Für das neue Erntejahr 1915 5 die Bundesrats⸗ verordnung vom 28. Juni g. den Verkehr mit Brot⸗ getreide und Mehl eine euregelung gebracht. An Stelle der bisherigen zentralisierten Durchführung im Sinne der Verordnung vom 25. Januar tritt eine gewisse Dezentrali⸗ sation. Die Kommunalverbände, d. h. die Verwaltungsbehörden, haben künftig die Vorräte zu beschlagnahmen, zu bewirt⸗ schaften, die Versorgung ihrer eigenen Bevölkerung zu erledigen und Ueberschüsse abzuliefern. Im Königreich Bayern wurde bereits die erste Verordnung in diesem Sinne durch⸗ geführt. Die Beschlagnahme der Vorräte der Ernte s erfolgte im Sinne der Verordnung vom 25. Januar 1915

durch die Kommunalverbände. Es dürfte den Kommunal⸗

verbänden der übrigen Bundesstaaten deswegen erwünscht sein, die Arbeitsweise kennen zu lernen, nach der die Kom⸗ munalverbände in Bayern diese Aufgabe erledigt haben. An⸗ haltspunkte hierfür bietet ein Formheft, ausgearbeitet von Dr. Georg Heim, Direktor der Landwirtschaftlichen Zentral⸗ genossenschaft des Bayerischen Bauernvereins für Ein⸗ und Verkauf e. G. m. b. H. Regensburg: „Die Durchführung der Verordnung vom 25. Januar 1915“. Dieses Formheft, in welchem alle Geschäftsvorfälle an Hand von Formularien er⸗ läutert sind, ist zum Betrage von 3 durch die Landwirt⸗ schaftliche Zentralgenossenschaft Regensburg, Weißenburger

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Straße 5, zu beziehen.

Bisher ist nur den zur Wiederherstellung der Gesundheit und den zur Frühjahrsbestellung und zur Ernte in die Heimat beurlaubten Mannschaften freie Eisenbahnfahrt gewährt worden. Wie durch „W. T. B.“ mitgeteilt wird, ist nunmehr für sämtliche Mannschaften bei Heimatsurlaub während

des Krieges freie Eisenbahnfahrt bewilligt worden. 1“ 1“ 8 5

Der heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ liegen die Ausgaben 600 und 601 der Deutschen Verlust⸗ listen bei. Sie enthalten die 281. Verlustliste der preußischen Armee, die 204. Verlustliste der bayerischen Armee, die 173. Ver⸗ lustliste der sächsischen Armee, die 223. und 224. Verlustliste der württembergischen Armee und die 40. Verlustliste der Kaiser⸗ lichen Marine.

Oesterreich⸗Ungarn. Gestern nachmittag hat in aller Stille die Einsegnung Beisetzung der Leiche der Erzherzogin Maria Rainer in der Kapuzinergruft in Wien stattgefunden.

Eine Verordnung des österreichischen Ackerbau⸗ ministers im Einvernehmen mit den Ministern des Innern und des Handels bestimmt, wie „W. T. B.“ meldet, über die Verwendung von Getreide und Mehlprodukten zu

Futterzwecken:

Die Verfütterung von Wintergetreide und von Mais der neuen Ernte unterliegt keiner Beschränkung. Die festgesetzte Verbrauchs⸗ menge von durchschnittlich einem Kilogramm täglich für jedes Pferd bleibt bis auf weiteres aufrecht. Von der im eigenen Betrieb ge⸗ ernteten Gerste dürfen die Landwirte höchstens ein Viertel der Gesamt⸗ erzeugung an ihr eigenes Vieh verfüttern.

Großbritannien und Irland.

Das Unterhaus hat gestern einstimmig die verlangten Kriegskredite bewilligt.

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ über den Verlauf der Debatte erklärte der Premierminister Asquit h u. a., der Rest der bisherigen Bewilligungen, der 199 Millionen Pfund Sterling betrage, würde bis zum 21. September reichen, aber die Regterung wolle der Bank von England die Vorschüsse in Verbindung mit den Prä⸗ moratoriumswechseln zurückzahlen, die recht viele Millionen betrügen. Ferner würden die läglichen Kriegsausgaben steigen. Der Restbetrag werde also nur bis Ende Auguft reichen. Die reuen geforderten Kredite von 150 Millionen würden weniger als fünfzig Tage reichen. Asquith lehnte es ab, über allgemeine Fragen der Politik und der Kriegführung zu sprechen. Das Haus solle sich in der nächsten Woche vertagen und nach sechs oder sieben Wochen wieder zusammentreten. Die Regierung wolle der Kritik nicht ausweichen, aber die Minister müßten für einen gewissen Zettabschnitt ihre volle Aufmerksamkeit der großen Aufgabe zuwenden, über die sich alle Parteien des Hauses und alle Teile der Nation einig seien. Der Abg. Mason (Unionist) betonte, daß die Kriegsbewilligungen jetzt tausend Millionen Pfund Sterling erreichten. Sie würden leicht auf das Doppelte steigen. Die Nation müsse das Ganze bezahlen. Sparsamkeit sei notwendig, aber die Regierung habe darin kein gutes Beispiel gegeben und erst jetzt die Spar⸗ samkeitskommission eingesetzt. Sir Henry Dalziel (liberal) sagte, die Regierung könne sicher sein, daß das Parlament alle ihre Forderungen einstimmig bewillige. Das Haus habe das volle Vertrauen, daß die Regierung diplomatisch und militärisch ihr Bestes tue, um den Krieg möglichst bald dem gewünschten Ende zuzu⸗ führen. Der Redner bemängelte es, daß die neue Sparsamkeits⸗ kommissicn nicht ermächtigt sei, die Verträge der großen Zuschuß⸗ berwaltungskommission zu überprüfen. Die Kommission werde wenig ausrichten, wenn sie nur auf die Beaufsichtigung der Zivilfächer be⸗ schränkt bleibe. Der Redner stellte neuerlich die Forderung, daß Baumwolle als Banngut erklärt werde, und sprach den Wunsch aus, wegen des Flugwesens, über das im Lande Besorgnis herrsche, die Versicherung zu erhalten, daß alles geschehe, um diese Waffe für die Zwecke des Angriffs und der Verteidigung ausreichend zu entwickeln. Dalziel forderte sodann, das die Regierung Ver⸗ treter der französischen Presse, auch der Provinzpresse, nach England einlade, um die Beunruhigung in Frankreich zu beseitigen, wo man glaube, daß England in mancher Hinsicht nicht genug leiste, um den Krieg zu gewinnen. Der Abg. Joynson

icks (Unionist) verlangte eine stärkere Förderung des Flugwesens.

er Abg. Holt (liberal) bemängelte die Verschwendung, die im Kriegsamt und der Admiralität getrieben werde. Der Premier⸗ minister Asquith bestritt, daß die Kritik über die Verschwendung im Kriegsamt und in der Admiralität den Tatsachen entspreche. Die Ausdehnung der Tätigkeit der Sparsamkeitskommission auf die heiden Aemter sei unmöglich, da sie zu viele anderwärts unentbehrliche Beamte in Anspruch nehmen würde. Asquith erörterte nun die Baumwollfrage und sagte, dies sei eine äußerst heikle An⸗ gelegenheit, der die Regierung die sorgfältigste Aufmerksamkeit schenke. Es stehe außer Zweifel, daß eine Menge dieses Roh⸗ produkts, das zur Herstellung einiger sehr kräftiger Explosivstoffe diene, Feindesland erreiche. Die britische Regierung musse jedoch vorsichtig zu Werke gehen, um nicht die Handelsinteressen und die Empfindlichkeit der Neutralen zu verletzen. Sie hoffe bald zu einer befriedigenden Lösung zu gelangen, als dies bisher möglich gewesen sei. Ueber das Flugwesen sagte er dann, daß die Fliegerwaffe in England ebenso gut sei wie bei irgend einer anderen Großmacht. Der Unterstaatssekretär Tennant teilte mit, daß die Verluste an Flugzeugen geo gewesen, aber wieder gisett worden seien. Es sei eine gewaltige Zahl von Flugzeugen geliefert worden. Das Kriegs⸗ amt habe zwei private Fliegerschulen übernommen und die militärischen Fliegerschulen von einer auf elf vermehrt.

In der nun folgenden Verhandlung wurde die Geschäfts⸗ führung der Regierung besprochen.

Der Abg. Higham (liberal) sprach die Ueberzeugung aus, daß im Kriegsamt eine Besserung nicht eher zu erwarten sei, als bis einige Beamte als abschreckendes Beispiel in Whitehall gehängt wären. Der Abg. Ma rkham (liberal) sagte, das Unterhaus scheine ihm ebenso knechtisch zu sein wie die Presse, in der nur eine einzige Blätter⸗

ruppe den Mut und die Ehrlichkeit besitze, die Mißbräuche im

tegsamt bloßzustellen. Der Abg. Price (liberal) erblickte keinen in dem Koalitionsmintsterium. Der Abg. Caw lev (liberal) and es unerklärlich, daß Lord Kitchener die Anklagen gegen das Kriegsamt nicht beantworte. Er sollte das Kriegsamt verteidigen und sagen, ob die Anklagen wahr seien oder nicht. Die Nation fühle sich sehr besorgt und bedrückt. Wenn Kitchener keine Erklärungen

gebe, verdiene er selbst Tadel. Das Land werde bald wissen wollen weshalb Kitchener nicht ebenso zur Rechenschaft gezogen werde wie andere Minister.

Der Premierminister Asgq uith verlas sodann ein Tele⸗ gramm der Minister Lloyd George und Runciman, in dem diese berichten, daß die Konferenz der Bergleute sich dahin entschieden habe, den Arbeitern zu empfehlen, die Arbeit sofort wieder aufzunehmen und zu versuchen, den Zeitverlust wieder einzubringen. In dem Telegramm heißt es weiter:

Die Beseitigung der Schwie igkeiten war leichter durch ein Ab. kommen zu erzielen als durch Zwang. Es wurde ein gemeinsames Vorgehen mit den Bergwerksbesitzern ermöglicht, die sich zur sofortigen friedlichen Beilegung des Streikes vorbehaltlos der Regierung an⸗ vertraut haben.

Im Oberhause wies Lord Ribbkesdale auf die Vernichtung von Kapital und Kredit in ganz Europa durch den Krieg hin, wodurch die finanzielle Stabilität des ganzen Kontinents bedroht werde.

Lord Lansdowne sagte, obwobl vielleicht manche Nation mit vergrößertem Landgebiet und vermehrtem Ansehen aus dem Kriege hervorgehen werde, so werde es keine mit ungeschwächten Kräften tun. Die Folgen des Krieges würden nicht nur den Forischritt und das Gedeihen aufhalten, sondern eine Zeit finanziellen Mißgeschickes herbei⸗ führen. Lord Cromer verglich die Haltung der Nation den Staats. ausgaben gegenüber der eines Spielers, der jeden Maßstab für den Wert des Geldes verloren hat. Alle Anstrengungen des Parlaments und der Nation würden sich nach dem Kriege viele Jahre hindurch auf die Herstellung des finanziellen Gleichgewichts beschränken müssen. Gewisse Beamte schienen zu glauben, daß mit dem Kriege jede Kon⸗ trolle über militärische und maritime Staatsausgaben aufgehört habe. Die Deutschen machten es jedenfalls anders, bei ihnen gingen Spar⸗ samkeit und Schlagfertigkeit Hand in Hand.

Das sozialistische Komitee für die nationale Verteidigung, das sich kürzlich im Gegensatz zur unah⸗ hängigen Arbeiterpartei gebildet hat, plant eine große Ver⸗ sammlung, auf der die Haltung Ramsay Macdonalds und Keir Hardies angegriffen werden soll. Das Manifest des neuen Ausschusses bezeichnet die friedensfreundlichen Sozialisten als Träumer, deutsche Agenten und Pseudosozialisten.

Die letzte Verlustliste verzeichnet 42 Offiziere und

848 Mann. Frankreich.

Der Marineminister Augagneur hat sich letzten Freitag nach Toulon begeben, wo er die Schiffswerften und die Ar⸗ tilleriefabriken besichtigte und die erzielte Beschleunigung in der Herstellung von Munition feststellen konnte. Der Marine⸗ minister fuhr sodann nach Biserta, besichtigte dort die Kranken⸗ häuser und hatte eine lange Unterredung mit dem Admiral Boué de Lapeyrère, worauf er über Toulon nach Paris zurückkehrte.

Die Territorialsoldaten der Klasse 1889, die in Marokko stehen, werden nach einer Meldung des „Lyon Républicain“ nach Frankreich zurückgebracht.

Rußland.

Ein Ukas des Zaren ordnet die Einberufung der Duma für den 1. August an.

Das „St. Petersburger Verordnungsblatt“ teilt mit, daß Kraschenikow, der die Moskauer Unruhen unter⸗ suchen soll, die weitestgehenden Vollmachten erhält. Er

hat das Recht, Beamte abzusetzen und eine disziplinarische Ver⸗

folgung einzuleiten. Alle 88 werden ihm vollständig untergeordnet. Der Bericht soll direkt an den Zaren erstattet werden.

In St. Petersburg, in Moskau und in ganz Rußland sind gestern auf Veranlassung des Synods Bittgottesdienste für den Sieg der russischen Waffen abgehalten worden. Zahlreiche Prozessionen durchzogen die Straßen, gefolgt von Zehntausenden aus der Volksmenge, die andächtig beteten.

Italien. 1u““ ““ Die Kommifsion zur Feststellung der jeweiligen Lebens⸗ mittelpreise hat sich, wie die „Stampa“ meldet, mit einer Resolution an die Regierung gewandt, in der mit Rücksicht auf die anhaltende Steigerung der Getreidepreise eine amtliche Festlegung der Getreidepreise dringend verlangt wird.

Das Amtsblatt veröffentlicht einen Erlaß, durch den der Bürgermeister von Pieve di Teco in der Provinz Porto Maurizio seiner Stelle enthoben wird, weil er am 16. Mai öffentlich eine heftige Rede gegen die Beteiligung Italiens am Kriege gehalten hat. Die Brescianer Zeitungen „Jl,. Cittadino“ und „La Sentinella Bresciania“ bringen die Nachricht von der Verhaftung der Mitglieder der sozialisti⸗ schen Verwaltung von Gardone, die der antimilita⸗ ristischen Propaganda angeklagt sind. Unter den Ver⸗ hafteten befinden sich der Bürgermeister, der Vizesekretär und fünf Gemeindeassessoren.

Griechenland.

Nach einer Meldung der „Agence d'Athènes“ ist das Ent lassungsgesuch, das der Minister des Aeußern Zographos aus Gesundheitsrücksichten eingereicht hatte, genehmigt worden. Der Ministerpräsident Gunaris wird vorläufig die Geschäfte

des Ministeriums des Aeußern führen.

Bulgarien.

Die Regierung hat der „Frankfurter Zeitung“ zufolge in London energisch gegen die englischen Blockademaß⸗ regeln vor den bulgarischen Häfen am Agäischen Meere als im Widerspruch zu den Rechten der Neutralen stehend, Ein⸗ spruch erhoben. Bulgarien fordert die Aufhebung der Blockade und ist entschlossen, falls seine Vorstellungen keinen Erfolg haben sollten, Gegenmaßregeln zu ergreifen.

8 Amerika. Das amerikanische Kabinett hat dem „Reuterschen

Bureau“ zufolge nach zweistündiger Verhandlung dem Ent⸗

wurf einer Note des Präsidenten Wilson an Deutschland zugestimmt, die in ein bis zwei Tagen nach Berlin abgehen dürfte. Ueber ihren Inhalt wurde nichts

verlautbart.

Afrika. tee⸗

Ueber die Untersuchung wegen des jüngsten Anschlage

auf den von ns sgr habeen eingesetzten 18 98 wird strengste Geheimhaltung bewahrt. Wie die . 8 furter Zeitung“ berichtet, wollte der Khedive nach dem Eschiag abdanken und unternahm deshalb mehrfach Schritte. 8 Engländer zwingen ihn jedoch, auf seinem 8 verharren. Derselben Quelle zufolge beabsichtigten die e2 länder, ägyptische Soldaten in englischer Unifor

exyrobert.

nach den Dardanellen zu entsenden. Die Soldaten revol⸗ tierten jedoch, sodaß auf ihre Verwendung verzichtet werden mußte. Ganz gewaltig ist der Zustrom Verwundeter nach Aegypten. Die großen weltberuͤhmten Hotels Menahouse, Heliopolis, Palace Semiramis, Savoy und Gezireh Palace in Kairo sind in Hospitäler umgewandelt. Das Gleiche gilt für Alexandrien und Suez. Der von australischen Soldaten ein⸗ geschleppte Typhus greift weiter um sich, dabei macht sich das Fehlen an sanitärem Material sehr bemerkbar. Im Lande ge⸗ winnt zunehmender Mißmut die Oberhand. Die Heuschrecken⸗ plage, die in so furchtbarer Form wie jetzt noch nie aufgetreten ist, richtet unermeßliche Verwüstungen an.

Die italienische Besatzung von Nalut in Tripolis hat dem „Corriere della Sera“ zufolge die französische Grenze nach Dehibat in Tunesien überschritten. Die Streit⸗ kräfte der Aufständischen jener Gegend wuchsen so an, daß den Italienern kein anderer Weg zum Rückzuge blieb.

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Tanger ist die Ruhe im Duerrah⸗ und Gharbgebiete vollständig wiederhergestellt. . 11““

Westlicher Kriegsschaup

Großes Hauptquartier, 21. Juli. (W. T. B.) 8 Ostteil der Argonnen stürmten unsere Truppen zur Ver⸗ besserung ihrer neuen Stellung noch mehrere französische Gräben, nahmen 5 Offiziere, 365 Mann gefangen und erbeuteten ein Maschinengewehr. In den Vogesen fanden in

der Gegend von Münster hartnäckige Kämpfe statt. Die Franzosen griffen mehrfach unsere Stellung zwischen Linge⸗

kopf (nördlich von Münster) und Mühlbach an. Die An⸗

griffe wurden abgeschlagen. An einzelnen Stellen drang E in unsere Stellungen ein und mußte in erbittertem Nah⸗

ackerkopfes hält er noch ein Stück eines unserer Gräben besetzt. Tag und Nacht lagen die angegriffene Front und unsere anschließenden Stellungen bis Diedolshausen und bis zum Hilsenfirst unter heftigem feindlichen Feuer. Wir

ampf hinausgeworfen werden. Südwestlich des Reichs⸗

nahmen 4 Offiziere und etwa 120 Mann, zum großen Teile

Alpenjäger, gefangen.

Ein deutscher Kampfflieger zwang ein französisches Flug⸗ zeug bei Bapaume zur Landung; das Flugzeug ist unversehrt in unserem Besitz. Colmar wurde von feindlichen Fliegern mit Bomben beworfen, von denen zehn auf Häuser und Straßen der Stadt fielen. Ein Zivilist getötet, eine Frau verletzt. Oberste Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 22. Juli. (W. T. B.) Im Westteil der Argonnen machten unsere Truppen weitere Fort⸗ schritte. Lebhafte Artilleriekämpfe fanden zwischen Maas und Mosel statt. Südlich Leintrey brachen französische Angriffe dicht vor den Hindernissen unserer Vorpostenstellungen zu⸗ sammen. In den Vogesen griff der Feind gestern südwestlich des Reichsackerkopfes sechsmal an. Er wurde durch bayerische Truppen unter großen blutigen Verlusten zurückgeschlagen. Bei einem Gegenstoß gewannen wir das noch in Feindeshand befindliche Grabenstück zurück und machten 137 Alpenjäger (darunter drei Offiziere) zu Ge⸗ fangenen. Auch bei Sondernach wiesen wir Abends einen feindlichen Angriff ab.

Ein feindlicher Doppeldecker stürzte im Feuer unserer Ab⸗ wehrgeschütze in den Wald von Parroy ab. Im Luftkampf über dem Münsterkal blieben drei deutsche Flieger über drei Gegner Sieger und zwangen auf der Verfolgung zwei von ihnen zur Landung im Thanner⸗Tal.

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Oestlicher Kriegsschauplatz.

Großes Hauptquartier, 21. Juli. (W. T. B.) Oestlich von Popeljany und von Kurschany zieht der Gegner vor unseren vordringenden Truppen ab. Westlich von Szawle wurde die letzte feindliche Verschanzung im Sturme genommen und besetzt und die Verfolgung in östlicher Richtung fortgeführt. An der Dubissa, östlich von Rossienje, durchbrach ein deutscher Angriff die russischen Linien; auch hier weicht der Gegner. Südlich der Straße Maryampol Kowno führte ein Vorstoß zur Fortnahme der Dörfer Kiekieryszki und Janowka; drei hinter⸗ inander liegende russische Stellungen wurden Ebenso waren Angriffe unserer Land⸗ wehr gegen noch gehaltene feindliche Stellungen nördlich von Nowogrod von vollem Erfolge begleitet. Die Russen gingen unter Zurücklassung von 2000 Gefangenen und 2 Maschinengewehren zurück. Weiter südlich am Narew wurde ein starkes Werk der Vorstellung von Rozan erstürmt, 560 Gefangene gemacht und 3 Maschinengewehre erbeutet. Der Gegner ver⸗ sucht, an diesem Fluß hartnäckigen Widerstand zu leisten. Seine verzweifelten Gegenstöße mit zusammengerafften ruppen aus den Brückenkopfstellungen von Rozan, Pultusk und Nowo⸗Georgiewsk mißlangen. Die Russen erlitten schwere Verluste, 1000 Gefangene lieben in unserer Hand. Die Blonie⸗Grojeestellung gewährte dem Feinde nur kurzen Aufenthalt. Unter dem Zwange unseres sich von allen Seiten verstärkenden Druckes begannen die Russen westlich von Grojec ihre Befesti⸗ gungen aufzugeben und in östlicher Richtung zurückzugehen. Unsere Truppen folgen dicht auf. Oberste Heeresleitung.

Grußes Hauptquartier, 22. Juli. (W. IT. H) Nordöstlich Szawle machten unsere konzentrisch vor⸗ gehenden Truppen unter erfolgreichen Kämpfen 4150 Ge⸗ angene. Außerdem fielen ihnen 5 Maschinen⸗ gewehre, viele Bagagen und ein Pionierpark zur Beute. Der Durchbruch an der unteren Dubissa führte die deutschen Stoßgruppen bis in die Gegend von Grynkiszki

udzinny. Auf dem Wege dorthin wurden mehrere feindliche Stellungen gestürmt. Die Russen weichen auf der anzen Front vom Rakiewo⸗See bis zum Njemen. Südlich der Straße Marjampol —Kowno vergrößerten wir die entstandene Lücke und gewannen, weiter vordringend, Gelände nach Osten. Vier Offiziere 1210 Mann wurden gefangen genommen, 4 Maschinengewehre erobert. im Narew hat der Feind seine aussichtslosen Gegenstöße eingestell. Südlich der Weichsel sind die Russen in die

Generalstabes.

erweiterte Brückenkopfstellung von Warschau, in die Linie Blonie Nadarzyn Gora⸗Kalwarja, zurückgedrückt HO-Ohberste Heeresleitung.

S8 Südöstlicher Kriegsschauplatz.

Großes Hauptquartier, 21. Juli. (W. T. B.) In der Verfolgung erreichten die deutschen Truppen des Generalobersten von Woyrsch gestern die vorgeschobene Brückenkopfstellung südlich von Jwangorod. Ein sofortiger Angriff brachte sie in den Besitz der feindlichen Linien bei Wladislawow; um die anschließenden Stellungen wird noch gekämpft. Zwischen oberer Weichsel und Bug hat sich der Gegner erneut den Armeen des Generalfeldmarschalls von Mackensen gestellt. Trotz hartnäckigen Widerstands brachen österreichisch⸗ ungarische Truppen bei Skrzynice —Niedrzwica⸗Mala (südwestlich von Lublin), deutsche Abteilungen südöstlich von Piaski und nord⸗ östlich von Krasnostaw in die feindlichen Stellungen ein. Der Angriff ist im Fortschreiten.

Oberste Heeresleitung.

Wien, 21. Juli. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: Der Feind hat sich südlich der von Cholm über Lublin nach Iwangorod führenden Bahn neuerlich gestellt. Trotz seines hartnäckigen Widerstandes gelang es den verbündeten Streit⸗ kräften, ihn an mehreren Stellen zu durchbrechen. Bei Rozana bahnte sich das Korps Arz im Verein mit deutschen Bataillonen den Weg in die feindlichen Linien. Südwestlich Biskupice wurden die Russen in der Nacht durch die Deutschen zum Rückzug gezwungen. Zwischen der Bistritza und der Weichsel stieß die Armee des Erzherzogs Josef Ferdinand auf starken Wider⸗ stand. Beiderseits von Borzechow entrissen unsere Truppen in erbittertem Handgemenge sibirischen Regimentern ihre zäh verteidigten Stellungen. Bei dieser Armee wurden gestern 30 Offiziere und 6000 Mann als Gefangene eingebracht und 9 Maschinengewehre erbeutet. Zwischen der Weichsel und der Pilica wurde die Verfolgung fort⸗ gesetzt. Deutsche Landwehr durchbroch nordöstlich Zwolen die Vorstellung des Brückenkopfes von Jwangorod. Um die an⸗ schließenden Stellungen wird noch gekämpft. In Ostgalizien entbrannten bei Sokal neuerdings heftige Kämpfe. An der Slota⸗Lipa und am Dnjestr ist die Lage unverändert.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. von Hoefer, Feldmarschalleutnant. 8

Großes Hauptquartier, 22. Juli. (W. T. B.) Die deutschen Truppen der Armee des Generalobersten von Woyrf ch vereitelten gestern durch kühnes Zufassen die letzten Ver⸗ suche des Feindes, seine geschlagenen Truppen vorwärts Iwangorod zum Stehen zu bringen. Gegen Mittag war die große Brückenkopfstellung bei Lagow Lugowa⸗Wola von unseren tapferen Schlesiern ge⸗ stürmt; anschließend wurde der Feind unter Mitwirkung öster⸗ reichisch⸗ungarischer Truppen auf der ganzen Front in die Festung geworfen, die nunmehr eng eingeschlossen ist. Nordwestlich von JIwangorod kämpfen österreichisch⸗ungarische Truppen noch auf dem Westufer der Weichsel; gestern wurden über 3000 Gefangene gemacht und 11 Maschinen⸗ gewehre erobert. Zwischen Weichsel und Bug nimmt die Schlacht unter Oberleitung des Generalfeldmarschalls von Mackensen ihren Fortgang. Südwestlich von Lublin machten österreichisch⸗ungarische Truppen weitere Fortschritte; zwischen Siennicka⸗Wola (südlich von Rejowiec) und dem Bug wurden breite Abschnitte der feindlichen Stellung gestürmt.

ö“ Oberste Heeresleitung.

8

Südlicher Kriegsschauplatz. 3

Wien, 21. Juli. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: Im Görzischen setzten die Italiener auch gestern ihren all⸗ gemeinen Angriff fort. Am Rande des Plateaus von Doberdo und im Görzer Brückenkopf tobte die Schlacht den ganzen Tag. Abends gelang es dem Feind, den Monte San Michele E(östlich Sdraussina) zu nehmen. Heute früh eroberte Generalmajor Boog mit bisher zurückgehaltenen Kräften diese Höhe zurück. Südöstlich Sdraussina behaupten sich unsere Truppen mit größter Zähigkeit. Ein Flankenangriff von der Ruinenhöhe östlich Sagrado her warf schließlich die Italiener auch hier zurück; sie flüchteten unter großen Verlusten in die deckenden Räume. Da unsere Truppen auch den ganzen Südwestrand des Plateaus fest in Händen behielten und im Görzer Brückenkopf alle feindlichen Angriffe blutig zurück⸗ schlugen, hatte die mit ungeheuren Opfern bezahlte An⸗ strengung der Italiener wieder kein Ergebnis. An der übrigen küstenländischen Front herrscht verhältnis⸗ mäßig Ruhe. An der Kärntner Grenze hat sich nichts Wesentliches ereignet. Oestlich S chluderbach griffen drei feindliche Bataillone den Monte Piano an; sie wurden ab⸗ gewiesen, fluteten zurück und verloren etwa zwei Drittel ihres Standes.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

1

Der Krieg der Türkei gegen den Dreiverband.

Konstantinopel, 21. Juli. (W. T. B.) Bericht des An der Dardanellenfront hat sich am 20. Juli nichts von Bedeutung ereignet. Die Mine, die wir am 19. Juli gerade vor einer feindlichen Gegenmine zur Explosion gebracht, hat feindliche Soldaten, die dort arbeiteten, verschüttet. An den übrigen Fronten nichts Besonderes.

Statistik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Nach einer von „W. T. B.“ wiedergegebenen Meldung des „Reuterschen Bureaus’ aus Cardiff wurden gestern morgen in der Konferenz der Vertreter der Bergarbeiter die Arbeitsbedingungen, wie sie von dem Aus⸗ führenden Ausschuß gutgeheißen worden waren, mit über⸗ wältigender Mehrheit angenommen. Das ausführende Komitee der Arbeiter und die Vertreter der Arbeitgeber hatten, wie der „Rotterdamsche Courant’ berichtet, je ein Zimmer an beiden Enden des Korridors im Parkhotel. Lloyd George, Runciman und Henderson berieten bald mit der einen, bald mit der anderen Partet. Das Uebereinkommen ist heute sehr häͤnftig für die Arbeiter. Es wird ein hoher Mindestgrundlohn festgesetzt. Niemand wird für seine

2 8 Teilnahme an dem Ausstand bestraft. Das neue Abkommen wird allgemein als ein großer Erfolg Lloyd Georges betrachtet. . Aus New York erfährt „W. T. B.“, daß es gestern unter den ausständigen Arbeitern der Standard Oil Company in Bayonne (New Jersevy) zu ernsten Unruhen kam. Die Polizei, die die Ordnung herzustellen versuchte, wurde mit Steinen beworfen, sodaß sie schließlich von ihren Knüppeln Gebrauch machen mußte, Wum die Menge auseinander zu treiben. Die Ausständigen hatten versucht, die Anlagen der Standard Oil Company zu stürmen. Die Wächter feuerten ihre Revolver ab, verwundeten drei Streitkende und zerstreuten die Menge. Eine spätere Meldung besagt: Die Unruhen in Bayonne haben sich wiederholt. Fünfzig Personen wurden verwundet, darunter auch Polizisten. Die ver. wundeten Ausständigen wurden in Spitäler gebracht. Wie der Chef der Polizei angibt, zählte die Menge, die die Fabriken stürmen wollte, 5000 Personen. (Val. Nr. 169 d. Bl) Die Maschinisten der Waffen⸗ und Munitionsfabriken in Bridgeport legten vorgestern nicht die Arbeit nieder, wie die Führer angekündig hatten. Es verlautet, daß die Forderungen der Arbeiter be⸗ willigt wurden (vgl. Nr. 169 d. Bl.) Die französische Zeitung „Matin' meldet aus New York, daß 500 Mechaniker und 100 Maurer der Waffenfabrik Remington in den Ausstand traten. Der Fabrikbetrieb stehe still.

(Weitere „Statistische Nachrichten“ s. i. d. Ersten Beilage.] 2

Wohlfahrtspflege.

Die Erhaltung und Mehrung der deutschen Volks kraft rückt immer mehr in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Hat man zuerst versucht, die den einzelnen Volksgenossen durch den Krieg zugefügten Schäden zu mildern und zu diesen Zweck die Kriegsunterstützungen, die Volksernährung, die Hinterbliebenen⸗, Invaliden⸗ und Arbeitslosenfürsorge organtsiert, so wird man sich jetzt immer klarer der Wunden bewußt, die dem ganzen Volkskörper durch den Krieg geschlagen worden sind. Der Volkskörper, obschon aus den einzelnen Volksgenossen zusammengesetzt, hat seine eigene Biologie und bedarf, um den Lebenskampf in Krieg und Frieden bestehen zu können, einer besonderen Pflege, namentlich wenn er starke Wunden aufweist. Die Lehre von der Gesunderhaltung des Volkskörpers ist eine noch sehr junge Wissen⸗ schaft, steht aber gleichwohl für uns vor der unendlich wichtigen Auf⸗ gabe, Fragen zu lösen, die den Kernpunkt der deutschen Zukunft be⸗ rühren. Es gilt, die Volkszahl im richtigen Steigen zu erhalten, die durchschnittliche körperliche und geistige Leistungsfähigkeit zu er⸗ höhen und die inneren Feinde abzuwehren, die die gesunde Aufwärts⸗ entwicklung bedrohen. Zahlreiche Einzelbestrebungen, die die Bekämpfung der Volksseuchen, des Alkoholismus und der Kindersterb’ Hkeit, die Be⸗ rufs⸗, Wohnungs⸗ und Rassenhygiene betreffen, haben b rei Bim Frieden an der Gesunderhaltung des Volkskörpers gearbeitet un im Kriege ihre Anstrengungen verdoppelt. Jetzt kommt es eber darauf an, alle diese Emzelbestrebungen zu dem gleichen Ziele zu vcreinigen, die öffentliche Meinung und die Gesetzgebung von der dringenden Not⸗ wendigkeit bevölkerungspolitischer Maßnahmen zu überzeugen und zu⸗ gleich die durch Wissenschaft und praktische Erfahrungen ermittelten Wege zu weisen. In den Dienst dieser Aufgabe stellt sich die Zentralstelle für Volkswohlfahrt, die seit einigen Monaten in engster Fühlung mit Sachverständigen auf den einschlägigen Ge⸗ bieten Vorarbeiten geleistet hat. Zunächst ist eine außerordent⸗ liche Tagung für Erhaltung und Mehrung der deutschen Volkskraft im Herbst d. J. in Aussicht genommen, für die das Programm in mehrfachen Sitzungen ausgearbeitet worden ist. Dasselbe lautet: 1) Die Volkskraft und der Weltkrieg; 2) die Mehrung des Nachwuchses; 3) die Erhaltung und Kräftigung des Nachwuchses: a. Säuglings⸗ und Kleinkindesalter, b. schul⸗ pflichtiges Alter, c. schulentlassene Jugend; 4) der Schutz der Volks⸗ gesundheit: a. Wohnung und Siedlung, b. Volksernährung, c. Volks⸗ seuchen; 5) die Hebung der Rasse. Die Namen der Redner, unter denen sich die ersten Fachgelehrten befinden, werden später veröffentlicht werden. Es besteht die Hoffnung, im Anschluß an die Tagung ein pauerndes Zusammenarbeiten aller für die Gesundheit und fort⸗ schreitende Entwicklung des Volkes arbeitenden Kreise zu ermöglichen

Kunst und Wissenschaft.

In der Junisitzung des Vereins für Geschichte der Mark Branden burg in Berlin sprach der Archsvar Dr. Klinkenborg über die Stellung des preußischen Kabinetts zu der älteren Behördenorganisatton in Brandenburg⸗Preußen. Im Anschluß an eine von O. Hintze aufgestellte Ansicht betonte er, daß bereits vor der Gründung des Kabinetts in Brandenburg⸗Preußen eine primitive Art der Kabinettsregierung bestanden habe. Als ihr Organ erscheint das Kammersekretariat, Geheime Kammersekretariat, dessen Registratur sett 1685 als Kabinett in publicis bezeichnet wird. Die Verbindung des Kammersekretariats mit dem Herrscher wurde im Jahre 1710 zu⸗ gunsten der Geheimen Näte aufgehoben; die Kammersekretäre erhielten seitdem den Titel: Geheime Etatesekretäre. In dieso entstandene Lücke trat nun 1713 das Kabinett ein. Der Vortragende wies auf die ver⸗ schiedenen Arten der Kabinettsorders hin, deren Form sich aber bereits im 17. Jahrhundert ausgebildet habe. Die älteste ihm bekannt ge⸗ wordene Order, vom 1. April 1713, sei von dem ersten Kabinetts⸗ sekretär Creutz geschrteben. In der Aussprache wies Geheimrat, Pro⸗ fessor Dr. Hmintze auf analoge Erscheinungen in England, Frankreich und Spanien hin, die aber eine andere Entwicklung genommen hätten. Der Professor Dr. Volz behandelte in seinem Vortrage das Thema „Friedrich der Große und die orientalische Frage“ im Anschluß an das Werk von Uebersberger: „Rußlands Orientpolitik in den letzten zwei Jahrhunderten“. Nach Uebersberger war es seit Ausoruch des russisch⸗türkischen Krieges von 1768 bis 1774 Friedrichs „erster Entschluß“, einen Anteil an der russischen Beute zu erhalten, ohne das Schwert ziehen zu müssen“. Der König soll dieses Ziel kleinlicher Interessenpolitik erreicht haben, indem er geschickt Oesterreich gegen Rußland und Ruß⸗ land gegen Oesterreich ausspielte und so beide Mächte in die Maschen seines kunstvoll geknüpften Netzes verstrickte. Mit diesen Ausführungen steht Uebersberger im Bann der Arnethschen Auffassung, die er weiter ausgestaltet. An der Hand der von Uebersberger vollständig außer⸗ achtgelassenen „Politischen Korrespondenz Friedrichs des Großen“ schilderte demgegenüber der Vortragende die Politik des Königs, als deren leitenden Gesichtspunkt er die Absicht Friedrichs feststellte, zu verhüten, daß der Krieg zwischen Russen und Türken sich zu einem allgemeinen europäischen entwickelte, in dessen Strudel auch Preußen bineingerissen worden wäre, ohne daß preußische Lebensinteressen auf dem Spiele standen. Er wies ferner darauf hin, daß Friedrich gleich⸗ zeitig und zwar mit vollem Recht versuchte, für die an Ruß⸗ land gezahlten Unterstützungsgelder eine Entschädtgaung zu erhalten, die ihm dann auch mit der Erwerbung Westpreußens zuteil ward, daß es aber die Dinge vollständig auf den Kopf stellen beißt, dieses Bestreben für den treibenden und Hauptbeweggrund der Politik König Friedrichs zu erklären. Im Anschluß an die Ausführungen des Vor tragenden beleuchtete Gebeimrat Dr. Hintze auf Grund des politischen Testaments von 1768 noch näber die Stellung des Königs gegenüber Oesterreich und Rußland bei Ausbruch des Türkenkrieges.

Der neue Kartensaal der Hof.⸗ und Staatsbibliotbe in München, der jetzt dem allgemeinen Besuch zugänglich gemacht ist enthält, wie die „Münchener Neuesten Nachr.“ mitteilen, in chrono⸗

logischer Anordnung 10 000 Einzelkarten, nach Erdteilen, Staaten 8

und Provinzen zusammengestellt. Besonders reichhaltig ist die Ab teilung Bavern vertreten. Im Zusammenbhang mit den historischer Karten stehen die Kriegskarten der neuesten Zeit.