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1t . 7 der „Amtlichen Nachrichten versicherungsamts“ vom 15. Juli 1915 enthält unter A (Unfallversicherung) eine Bekanntmachung des Amtes vom 21. Juni 1915 über die Genehmigung von Unfallver⸗ hütungsvorschriften im 2. Vierteljahr 1915, eine weitere Be⸗ kanntmachung vom gleichen Tage über die Genehmigung von Gefahrtarifen im 2. Vierteljahr 1915. Hieran schließen sich Rekursentscheidungen (2811 bis 2813*) und andere Ent⸗ scheidungen (2814 bis 2817) über folgende Gegenstände:
Eine Gräberei (Grube) im Sinne des § 537 Abs. 1 Nr. 1 der Reichsversicherungsordnung setzt begrifflich nicht die Gewerbsmäßigkeit des Betriebs voraus [2811];
Das bloße Vorhandensein der — nicht bedürstigen und nicht unterstützten — Eltern schließt den Anspruch der Großeltern auf Hinterbitebenenrente nicht aus; die Leistungen des Enkels an die zu⸗ sammenlebenden Großeltern dürfen nicht bloß der Großmutter zuge⸗ rechnet werden, und bei der Frage nach der Eigenschaft des Enkels als überwiegender Ernährer darf nicht das Einkommen des Großvaters außer Betracht bleiben [2812];
Der Hinweis darauf, daß für die Schätzung der Erwerbsunfähig⸗ keit des Verletzten ein (näher bezeichnetes) ärztliches Gutachten die Unterlage bilde, genügt nicht als Begründung des Bescheides (§ 1589 der Reichsversicherungsordnung); es bedarf vielmehr der Mitteilung wenigstens des wesentlichen Inhalts des Gutachtens.
Die allgemeine Verweisung auf die §§ 1592, 1595, 1596 der Reichsversicherungsordnung genügt nicht als Hinweis auf die dem Verletzten nach den dortigen Vorschriften zustehenden Berechtigungen (§ 1590 a. a. O.); der Bescheid muß vielmehr entweder einen Ab⸗ druck der Paragraphen oder einen besonderen Vermerk enthalten, aus dem der Verletzte ohne weiteres ersehen kann, welche Berechtigungen ihm im einzelnen zustehen [2813];
Bei Anlegung zeuweilig verfügbarer Gelder einer Berufs⸗ genossenschaft ist deren Sitz auf die Auswahl der nach landesgesetz⸗ licher Vorschrift zur Anlegung von Mündelgeldern für geeignet er⸗ klärten Bankanstalten ohne Einfluß 12814];
Die Kosten ärztlicher Guthaben, die das Versicherungsamt im Einspruchsverfahren im Rahmen seiner Befugnisse aus §§ 1595 und 1598 der Reichsversicherungsordnung einholt, gehören zu den von den Versicherungsträgern zu erstattenden Barauslagen; für die Frage der Erstattungspflicht eines im Einspruchsverfahren von Amts wegen ein⸗ geholten ärztlichen Gutachtens kommt es nicht darauf an, ob das Gutachten zur Beurteilung des Falles erforderlich war [2815];
Gegen die Festsetzung der Kosten des Verfahrens vor dem Ober⸗ versicherungsamte (§ 44 der Kaiserlichen Verordnung über Ge⸗ schäftsgang und Verfahren der Oberversicherungsämter) beginnt die Beschwerdefrist in allen Fällen erst von der Zustellung einer förm⸗ lichen Verfügung des Oberversicherungsamts ab zu laufen [2816];
Die Entscheidungen der Oberversicherunasämter über Beschwerden gegen Kostenfestsetzungen der Versicherungsämter (§ 97 der Kaiser⸗ lichen Verordnung über Geschäftsgang und Verfahren der Ver⸗ sicherungsämter) sind endgültig 12817].
Der Abschnitt B (Kranken⸗, Invaliden⸗ und Hinter⸗ bliebenenversicherung) enthält einen Runderlaß der Medi⸗ zinalabteilung des Kriegsministeriums vom 2. Juni 1915 über die Verlegung der sicher dienstunbrauchbaren Mannschaften in Lazarette ihres Heimatgebiets und einen Nachtrag zu dem in den „Amtlichen Nachrichten“ des Reichspfrfrcherungsamts 1915 Seite 345 veröffentlichten Verzeichnis dir vom Reichsversiche⸗ rungsamt auf Grund des § 514 Abf. 1 der Reichsversiche⸗ rungsordnung zugelassenen Ersatzkassen, für die eine Anordnung nach § 518 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung ergangen ist. (Abgeschlossen am 10. Mai 1915.)
Den Revisionsentscheivungen 2042 bis 2044 sind folgende Grundsätze vorangestellt:
Kriegsteilnehmer, die sich nach § 313 der Reichsversicherungs⸗ ordnung weiterversichert haben, haben im Falle ihrer Verwundung. und dadurch herbeigeführter Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Kranken⸗ geld, und zwar in Höbe des in der Kassensatzung vorgesehenen ein⸗ fachen Betrags. Ein Anspruch auf Erhöhung des Krankengeldes auf den anderthalbfachen Betrag steht ihnen für die Zeit, in der ihnen Krankenpflege von der Heerrsverwaltung gewährt wud, nicht zu, auch wenn die Satzung eine dem § 193 Abs. 3 der Reicheversicherungs⸗ ordnung entsprechende Bestimmung enthält [2042];*)
Der Jahresarbeitsverdienst Angestellter, deren voraussichtliche Einnahmen nicht von vornherein feststeben, ist schätzungsweise zu er⸗ mitteln (zu vergleichen § 165 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 der Reichs⸗ versicherungsordnung). Diese Schätzung bleibt für die Vergangenheit auch dann maßgebend, wenn sie sich nachträglich infolge nicht voraus⸗ es Umstände im Einzelfalle als nicht zutreffend herausgestellt
at [2043];
Zu den im § 1540 der Reichsversicherungsordnung bezeichneten Streitigkeiten über Ersatzansprüche gehören auch Streitigkeiten der Ersatzberechtigten untereinander.
Reicht der zur Verfügung stehende Betrag einer Invalidenrente zur Befriedigung der von dem vorläufig unterstützenden und dem endgültig verpflichteten Armenverband erbobenen Ersatzansprüche nicht aus, so ist der vorläufig unterstützende Armenverband befugt, diesen Betrag bis zur Höhe seiner Aufwendungen ganz für sich in Anspruch zu nehmen [2044];
— In den übrigen Entscheidungen werden folgende grundsätzliche Fragen behandelt:
Für die Prüfung der Frage, ob die Beschäftigung eines An⸗ gestellten seinen Hauptberuf bildet (§ 165 Abs. 1 Nr. 2 der Reichs⸗ versicherungsordnung), ist der Umfang der Beschäftigung nicht allein maßgebend. Es kommt auch darauf an, ob die Beschäftigung in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht für seine Lebensstellung von aus⸗ schlaggebender Bedeutung ist [2045];
Selbständige Musiklehrer und lehrerinnen, deren regelmäßiges Jahreseinkommen 2500 ℳ nicht übersteigt und die nicht Inhaber von Lehranstalten sind, unterliegen der Krankenversicherungspflicht [2046];
Bei Feststellung der Versicherungspflicht eines gegen feste Bezüge Angestellten ist der regelmäßige Jahresarbeitsverdienft (§ 165 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung) nach der Höhe der gegenwärtigen Be⸗ züge zu berechnen; eine für die Zukunft in Aussicht gestellte Gehalts⸗ erhöhung bleibt bierbei außer Betracht [2047];
Die Gewährung des halben Betrages des Krankengeldes statt der Krankenpflege nach § 193 Abs. 3 der Reichsversicherungsordnung darf durch die Satzung nicht dem freien Ermessen des Kassenvoxstandes im Einzelfall überlassen werden [2048]; —
Die Behörden der Reichsversicherung sind für die Schließung
kraft Landesrechts bestehender Krankenkassen und die Entzcheidung hierbei entstehen der Streitigkeiten nicht zuständig [2049]; 1) Während das Oberversicherungsamt in den Fällen, in denen die Reichsversicherungsordnung für einzelne Bestimmungen der Satzung die „Zustimmung“ des Oberversicherungsamts erfordert, nach freiem Ermessen endgültig entscheidet, darf es lediglich aus abweichenden Zweckmäßigkeitserwägungen die „Genehmigung“ zu einer an sich den gesetzlichen Vorschriften genügenden Bestimmung der Satzung oder Wablordnung nicht versagen; bei Versagung der Genehmigung ist die Beschwerde geaeben.
2) Entscheidungen der Beschlußkammer des Oberversicherungs⸗
amts müssen ausreichend begründet werden und unterliegen der Auf⸗ hebung, wenn dies nicht geschehen ist [2050]; 1) Ueber Streitfragen, welche die Anwendung und Auslegung einer rechtsgültig erlassenen Dienstordnung betreffen, entscheidet in letzter Instanz das Reichsversicherungsamt (zu vergleichen Entscheidurg 1919, Amtliche Nachrichten des RRA. 1914 Seite 7699)..
2 Sn. 5 eingeklam⸗ merten Zahlen geben die Ziffer an, unter welcher diese in den „Amt⸗ lichen Rachrichten“ veröffentlicht sind.
E11“
S11114XA“*“ 1 2) Die Anstellung der in § 351 Abs. 2 der Reichsverstcherungs⸗ ordnung genannten Personen erfolgt auch dann durch Beschluß des Gesamtvorstands, ohne daß es übereinstimmender Beschlüsse beider Gruppen im Vorstand bedarf (§ 349 Abs. 1 der Reichsversicherungs⸗ ordnung), wenn einzelne Bestimmungen der Dienstordnung nach § 251 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung auf diese Angestellten Anwendung finden [2051]; .
Gegen die Versagung der Genehmigung der Dienstordnung durch das Oberversicherungsamt (§ 355 der Reichsversicherungsordnung), wie überhaupt bei Entscheidungen des Oberversicherungsomis über den Erlaß und den Inhalt der Dienstordnuna, ist eine Beschwerde an das Reichsversicherungsamt nicht zulässig 12052];
Ueber die Beschwerde eines Kassenvorstandes wegen Versagung
der Genehmigung des Obetversicherungekamts zur Anstellung von Kassenbeamten nach § 359 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung hat das Reichsversicherungsamt nicht zu entscheiden [2053]; '1) Die Vorschriften des Krankenversicherungsgesetzes und der Reich⸗versicherungsordnung über die Verpfl chtung der Arbeitgeber zur Entrichtung von Beiträgen sind erschöpfend. Für die Anwendung von Vorschriften des bürgerlichen Rechts ist daneben kein Raum.
2) Die Verpflichtung zur Fortzahlung der Beiträge bis zur vor⸗ schriftsmäßigen Abmeldung des Versicherten (§ 52 Abs. 1 Satz 4 des Krankenversicherungsgesetzes, § 397 Abs. 1 der Reichsversicherunge⸗ ordnung) besteht auch dann, wenn inzwischen der nicht abgemeldete Arbeitnehmer infolge anderweiter versicherungspflichtiger Beschäftigun bei derselben oder einer anderen Kasse angemeldet worden ist. Oß der Arbeitgeber die Unterlassung der Abmeldung verschuldet hat, ist grundsätzlich ohne Bedeutung [2054];
1) In einem Verfahren über einen Antrag auf Befreiung von der Krankenversicherungspflicht nach § 418 Abs. 3 der Reichs⸗ versicherungsordnung ist für eine gleichzeitige Entscheidung über die Versicherungspflicht des zu Befreienden kein Raum. Wird in einem Verfahren über einen Befretungsantrag nach § 418 Abs. 3 der Reichs⸗ versicherungsordnung in der Beschwerde an das Versicherungsamt die Versscherungepflicht des zu Befreienden nachträglich bestritten oder hat das Versicherungsamt von Amts wegen Bedenken gegen die Ver⸗ sicherungspflicht des zu Befreienden, so ist die Entscheidung über die Beschwerde auszusetzen und zunächst vom Versicherungsamt, und zwar grundsätzlich vom Beschlußausschuß, nach § 405 Abs. 2 der Reichs⸗ versicherungsordnung über die Versicherungspflicht des zu Befreienden zu entscheicen (§§ 418 Abs. 3, 405 Abs. 2 der Reichsversicherungs⸗ ordnung).
2) Eine im Beschlußverfahren ergehende Vorentscheidung des Versicherungsamts muß den Hinweis enthalten, daß gegen die Vor⸗ entscheidung entweder das zulässige Rechtsmittel eingelegt oder Antrag auf Entscheidung durch den Beschlußausschuß gestellt werden kann (§ 60 der Verordnung über Geschäftsgang und Verfahren der Ver⸗ sicherungsdämter vom 24. Dezember 1911. § 1658 Abs. 1 der Reichs⸗ versicherungsordnung, Entscheidung 1915 Amtliche Nachrichten des RVA. 1914 Seite 741) [2055];
8* Diensiboten können auch von juristischen Personen beschäftigt werden.
2) Unter „Betrieb“ im Sinne des § 439 der Reichsversicherungs⸗ ordnung ist nur ein gewerblicher oder landwirtschaftlicher Betrieb zu verstehen [2056];
1) Die Satzung einer Krankenkasse darf die Gewährung der Mehrleistungen nicht davon abhängig machen, daß die Kassenmitglieder und deren Angehörtge nicht gegen § 529 der Reichsversicherungs⸗ ordnung verstoßen.
2) Eine Satzungsbestimmung, wonach die Mehrleistungen nur dann und so lange gewährt werden, als das Kassenmitglied und seine Angehörigen den Anordnungen des Arztes oder des Kassenvo standes Folge leisten und den Arzt nicht ohrne genügende Veranlassung in Anspr ch nehmen, ist unzulässig [2057];
Eine Krankenkasse kanu auf Grund des § 531 Abs. 2 der Reichs⸗ persicherungesordnurg, die Zahlu 8. h Ein⸗ bis Fünffachen der rück⸗ ständigen Beiträge einem Arbeiigehech nur dann auferlegen, wenn e auf Grund des § 530 a. a. O. zuvor rechtskräftig bestraft ist 2058 ;
Ueber die Versagung der Invalidenrente während eines Heilver⸗ fahrens (§§ 1271, 1505 der Reichsversicherungsordnung) ist, falls ein Feststellungsverfahren nicht schwebt, nach § 1273 der Reichsversiche⸗ rungsordnung im Beschlußverfahren zu entscheiden 2059;
Für Beiträge zur Invaliden⸗ und Hinterbliebenenversicherung, die aus der Beschäftrgung versicherungspflichtiger Personen durch den Konkursverwalter fällig werden, kann dieser persönlich nicht vor den Instanzen der Reichsversicherungsordnung haftbar gemacht werden. Persönlich haftet er nur nach Maßgabe des § 82 der Konkursordnung [2060];
Für die zur anderweiten Entscheidung an das Oberversicherungs⸗ amt zurückverwiesenen Spruchsachen der Invaliden⸗ und Hinter⸗ bliebenenversicherung darf die Pauschgebühr gemäß § 80 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung nur einmal erhoben werden [2061];
Die Höhe des Hausgeldes (§ 1271 Satz 3 der Reich versicherungs⸗ ordnung) richtet sich auch für die Zeit, füc die eine Verpflichtung der Krankenkasse nicht mehr besteht, nach der Satzung der Krankea⸗ kasse [2062].
Hieran schließen sich die Uebersichten über Zahlungen der 31 Versicherungsanstalten aus Invaliden⸗, Kranken⸗, Alters⸗ und Zusatzrenten, über Versicherungsleistungen an Hinterbliebene im Monat Mai 1915 und über den Erlös aus Beitragsmarken im Monat Juni 1915. v11“ 8
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Unter der Ueberschrift „Russische Lügen“ schreibt die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“:
Wie aus der russischen Presse zu entnehmen ist, hat die in Ruß⸗ land eingesetzte Greuelkommisston unter dem Vorsitze des Senators Kriwzow einen Bericht zusammengestellt, der in tausenden von Exem⸗ plaren nach den neutralen Ländern, hauptsächlich auch nach Südamerika versandt worden ist. Aus Einzelnotizen der russischen Blätter ergibt sich, was man russischerseits wagt, den deutschen Soldaten zur Last zu legen. Verbrennen russischer Gefangener, Erschießen friedlicher Einwohner, Marterungen von Gefangenen, Abschneiden von Fingern, Foltern mit glühenden Eisenstangen, das sind einige der wirksameren Nummern aus diesem Schreckenskabinett.
Wir sind überzeugt, daß niemand außerbalb Rußlands diesen allzu dummen Lügen Glauben schenken wird. Die russischen Greuel⸗ berichte, die gerade so unglaubwürdig sind, wie die russische Behaup⸗ tung, daß die russischen Truppen Warschau verlassen hätten, um der Stadt die Beschierung zu ersparen, richten sich selbst. Ihnen im einzelnen zu widersprechen, wäre zwecklos, da sie unkontrollierbar sind und der Greuelfeldzug von der russischen Regierung zur Verhetzung der kritiklosen Menge gegen Deutschland trotz aller Dementis syste⸗ matisch betrieben wird. Wir überlassen es ruhig jedem objektiv denkenden Neutralen, die Plumpheit dieser Lügen, die sich würdig an die Fälschungen der Pogrombilder anreihen, nach Gebühr einzuschätzen. 2 und Verleumden ist die letzte Waffe des geschlagenen
eindes.
Der heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“
liegen die Ausgaben 627 und 628 der Deutschen Verlust⸗
listen bei; sie enthalten die Liste Nr. 2 der aus England zurückgekehrten Austauschverwundeten, die 297. Verlustliste der preußischen Armee, die 210. Verlustliste der bayerischen Armee, die 238. Verlustliste der württembergischen Armee und die 43. Marineverlustliste.
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Die internationale Kommission, die über die Lage der österreichisch⸗ungarischen Kriegsgefangenen in Serbien zu berichten hatte und aus dem Gesandten der Ver⸗ einigten Staaten in Bukarest Vopicka, dem . nischen Militärattaché in Nisch, Oberstleutnant Sol und dem schweizerischen Sanitätshauptmann Bilad be stand, ist nach vierwöchigem Aufenthalt in Serbhien nach Wien zurückgekehrt. Sie hat den größten Teil der Unterbringungsorte der Kriegsgefangenen besucht und Gelegenheit gehabt, viele Kriegsgefangenen zu sprechen. Der Berichte ist nach einer Meldung des Wiener „K. K. Telegrapk Korrespondenzbureaus“ zu entnehmen, daß sich die Lage der Kriegsgefangenen in Serbien hinsichtlich der Behandlung, pflegung und sanitären Verhältnisse in der letzten Zeit in meisten Unterbringungsorten erheblich gebessert hat, wenn durchaus noch nicht überall solche Verhältnisse eingetreten sind wie sie für die Kriegsgefangenen zu wünschen sind. 8
Großbritannien und Irland.
In London ist ein Ausschuß für Gewerkschaftsre gebildet worden, dessen Zweck es ist, die Gewerkschaften gegen Gesetzgebung zu schützen, die ihre industriellen, sozialen politischen Rechte und Betätigungen zu schwächen und zu unte drücken strebt. In einem Manifest, das an die Gewerkschaft
gerichtet wurde, heißt es, daß das Streikrecht um jeden P wieder gewonnen werden müsse. Das Munitionsgesetz habe Gewerkschaften nicht machtlos gemacht. Der kommende werkschaftskongreß solle die Sache in die Hand nehmen.
— Die gestern erschienene Verlustliste weist 181 Offiziere und 2547 Mann auf. G“
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Dem „Petit Parisien“ zufolge hat die Kammer einen Zusatzantrag des Sozialisten Long zu dem Antrag über den Ankauf und Verkauf von Getreide und Mehl angenomr wonach künftig zur Brotherstellung nur bis 74 Proz. ausgemahlenes Mehl verwendet werden darf. Außerdem muß das Mehl bei der Brotherstellung ei Zusatz von mindestens 5 Proz. Roggen⸗, Reis⸗ oder Manr mehl enthalten. E“ 8
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In dem Seniorenkonvent der Duma beschwerte si der „Nowoje Wremja“ zufolge der Führer Kerenskig revolutionären Arbeitergruppe Trudowiki darüber, daß de Passus seiner Rede über die Friedenswünsche aus dem am lichen Stenogramm gestrichen worden sei. Hierzu bemerkte Markoff, wenn Kerenski nicht Mitglied der Duma wäre, diente er für seine Aeußerung gehenkt zu werden. In derselben Sitzung des Seniorenkonvents wurde festgestellt, daß der Krit oberzensor, General Swonikoff den Dumasitzungen beiwo um gemeinsam mit dem Präsidenten zu bestimmen, was dem Stenogramm zu veröffentlichen sei.
Wie das genannte Blatt ferner mitteilt, werden zehn Gouverneure, die nicht energisch genug gewesen sind, jetzt von dem Minister des Innern abgesetzt.
— Ueber die Räumung Warschaus bringen Hee „Times“ nachstehende Mitteilungen des Korrespondenten „Chicago Daily News“ beim russischen Heere:
Die Räumung der Stadt begann am 15. Juli. Die Poliz suchte jedes Haus auf und forderte auf, die Stadt zu verlassen Frachtwagen zur Verfügung zu stellen. 350 000 Personen, unten ihnen das halbe Ghetto, zogen nach Osten. Ungefähr ebensoviel Bewohner aus der Umgebung kamen dafür in die Stadt. In Warschau selbst sind 10 000 Familien zugrunde gerichtet. Der Korrespondent kennt vier Fälle von Leuten, die in den letzten Monaten 200 000 Pfund besaßen und jetzt bettelarm sind. A was an Metall in der Stadt war, wurde entweder nach Osten schafft oder zerstört. Es ist sicher nicht mehr als eine Tonne Ku⸗ zurückgeblieben. Die schweren Bronzeglocken der Kirchen wurden 1 geführt. Seit dem 21. Juli waren alle Fahrzeuge über Weichsel gebracht. nach Moskau. Die Lebensmittel waren in den letzten Monater ungefähr zehnmal teurer als sonst. Die Wasserleitung arbeitet nicht mehr, weil alle Maschinen nach Rußland gebracht wurder Die Fabriken wurden kurzerhand ausgeräumt. Die Besitzer erhielten die Erlaubnis, was sie von ihrem Eigentum in Siccherbeit bringen konnten, unentgeltlich nach Osten zu verfrachten. Tag und Nacht hörte man die Explosionen von den Sprengungen der Fabrikeinrichtungen. Jedes Bruchstück der gesprengten Maschinen wurde mit der Bahn verladen. Tag d Nacht gingen lange Wagenkolonnen nach Osten, und Soldaten waten damit beschäftigt, die kupfernen Telegraphendrähte herunter⸗ zuholen. Das auf den Feldern stehende Getreide wurde vernichtet, die Dörfer dem Erdboden gleichgemacht. Rings um Warschau wurden Feldverschanzungen aufgeworfen. Den Bewohnern der Vor⸗ städte wurde befohlen, sich nach der Stadt zu begeben. Auch mit der Räumung der Städte zwischen Warschau und Brest⸗Litowsk ist ke⸗ gonnen worden.
Italien.
Das amtliche Militärblatt veröffentlicht die Einberufung der ersten und zweiten Kategorie folgender Klassen: Grenadiere Jahrgang 1887, Infanterie und Alpenjäger 1886, Alpenjäger 1877, Artillerie 1885 und 1877, Infanterie, einschließlich Grenadiere und Bersaglieri, 1876. Gestellungstermin ist der 14. August.
„— Ueber die Tagung der parlamentarischen Gruppe de sozialistischen Partei meldet der „Secolo“ aus Florenz, bezüglich der Getreidefrage bedauern die Sozialisten, daß keine Maßnahmen zur Verhinderung der Umtriebe der Getreide⸗ spekulanten getroffen seien, und fordern die Regierung auf, große Getreideankäufe im Ausland zu machen und sie auf besonderen Dampfern nach Italien zu bringen. Die dem Staat dabei erwachsenden Verluste soll er als besondere Kriegsausgaben tragen. Zur politischen Lage wurde eine lange Entschließung mit verschiedenen Einwänden und Vorschlägen angenommen,
deren vollständige Veröffentlichung die Zensur jedoch verhinderte.
Aus den Mitteilungen des „Secolo“ ist zu ersehen, daß ein normales Weiterarbeiten des Parlaments verlangt wird, da dort jede Klasse und jede Partei ihr Programm entwickeln und die Verantwortlichkeit vor dem Lande übernehmen werde. Eine andere Entschließung über das Problem der Arbeitslosigkeit, deren schlimme Folgen sich immer deutlicher zeigten, bedauert das vollständige Versagen der Regierungsmaßnahmen zur Finanzierung der öffentlichen Arbeiten. Es soll ein Sonder⸗ ausschuß eingesetzt werden, der der Regierung noch einmal die ganze Schwere des Problems nahelegen soll. Nach dem Bericht Morgaris über seine Auslandsreise wurden schließlich alle vntr eeeen derer, die auf einen künftigen Frieden hin⸗
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20 000 Fuhrwerke fuhren quer durch Rußland]
Ueber ühungen der Vereinigten Staaten und der füdamerikanischen Republiken, in Mexiko den Frieden herzu⸗ stellen, meldet die „Morning Post“, die südamerikanischen Ver⸗ reter hätten auf der Konferenz sofort erklärt, daß sie egen eine politische Intervention nichts einzuwenden ätten, aber gegen eine militärische Intervention bestimmt pponieren würden. Der Staatssekretär Lansing erklärte, daß ie Vereinigten Staaten eine militärische Intervention nicht eabsichtigten. Der Erfolg der Intervention hängt also von en Mexikanern selbst ab. Die Fimmanzlage Mexikos ist nahezu offnungslos. Die Vereinigten Staaten sind geneigt, der Ge⸗ währung von Anleihen durch amerikanische Banken zuzustimmen, wofern sie Sicherheit haben, daß nicht bald darauf eine neue kevolution ausbricht.
— Wie die „Times“ melden, hat der Krieg Kanada ereits 18 Millionen Pfund Sterling gekostet. Die täglichen usgaben werden vom Finanzminister auf 60 000 Pfund zterling geschätzt. Die Staatseinkünfte sind mit den neuen Steuern um 100 000 Pfund Sterling monatlich gestiegen.
Kriegsnachrichten.
Westlicher Kriegsschauplatz.
Großes Hauptquartier, 10. August. (W. T. B.) destlich von Ypern gelang es starken englischen räften, sich in Besitz des Westteils von Hooge zu setzen. ranzösische Minensprengungen in der Gegend des Ge⸗ öftes Beauséjour in der Champagne waren erfolglos. ach der Zerstörung des Viaduktes westlich von Dammer⸗ rch durch unsere Artillerie am 30. 5. haben die Franzosen n Zuge einer Umgehungsbahn die Larg südlich von Mans⸗ ich überbrückt. Die kürzlich fertiggestellte Brücke wurde stern durch einige Volltreffer unserer Artillerie zerstört. m Südrand des Hessenwaldes westlich von Verdun urde ein französischer Fesselballon heruntergeschossen. Am
8. um 11 Abends warf ein feindlicher Flieger auf adzand (auf holländischem Gebiet in der Nähe r belgischen Grenze) Bomben. Zwischen Bellingen und Rheinweiler (südlich von Müllheim in Baden) mußte ein französisches Flugzeug im Feuer unserer Abwehr⸗ geschütze landen; Führer und Beobachter sind gefangen ge⸗ yzmmen. Bei Pfirt wich ein feindlicher Flieger, durch unser euer gezwungen, auf Schweizer Gebiet aus.
Oberste Heeresleitung.
Oestlicher Kriegsschauplatz.
Großes Hauptquartier, 10. August. (W. T. B.) Auf der Westfront von Kowno wurde der Angriff unter ständigen Gefechten näher an die Fortlinie herangetragen. Hierbei machten wir wieder einige Hundert Russen
Gefangenen, vier Geschütze wurden erbeutet. Truppen der Armee des Generals von Scholtz durch⸗ brachen gestern nachmittag die Fortlinie von Lomza, er⸗ stürmten Fort vier und nahmen heute bei Tagesanbruch die Festung. Südlich von Lomza wurde die Straße nach Ostrow kämpfend überschritten. Ostrow wird noch vom Gegner gehalten. Von Bojany westlich von Brok bis zur Bugmündung haben unsere Truppen diesen Fluß erreicht. Seit dem 7. August wurden hier 23 Offiziere, 10100 Mann zu Ge⸗ fangenen gemacht. Oestlich von Warschau ist die Armee des Prinzen Leopold von Bayern bis nahe an die Straße Stanislawow — Nowo⸗Minsk gelangt.
Oberste Heeresleitung.
(Brok liegt 12 km südlich Ostrow.) 88
Südöstlicher Kriegsschauplatz.
Wien, 9. August. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: Der von der Weichselfront zurückgewichene Feind wird ver⸗ folgt. Oesterreichisch⸗ungarische und deutsche Streitkräfte haben schon gestern zwischen der Eisenbahn Jwangorod — Lukow und dem Orte Garwolin die große Straße Warschau — Lublin in östlicher Richtung überschritten. Das linke Wieprzufer und das rechte Weichselufer bei Iwangorod sind vom Gegner gesäubert. Unsere Truppen übersetzten den Wieprz gegen Nordosten und Norden. Die Gefechtsfelder von Lubartow und Miechow wiesen alle Spuren einer eiligen Flucht des Feindes auf. Die Zahl der von der Armee des Erzherzogs Josef Ferdinand ge⸗ machten Gefangenen erhöhte sich auf 8000. Zwischen Wieprz und Bug wird weiter gekämpft. Am Dnjestr auf⸗ wärts Uscieczko warfen unsere Truppen die Russen an mehreren Punkten, wobei über 1600 Mann gefangen und 5 Ma⸗ schinengewehre erbeutet wurden. 8
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. von Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Großes Hauptquartier, 10. August. (W. T. B.) Die Armee des Generalobersten von Wovyrsch erreichte in der Verfolgung die Gegend nördlich und östlich von Zelechow; sie nahm Anschluß an den von Süden vor⸗ dringenden linken Flügel der Heeresgruppe des Generalfeld⸗ marschalls von Mackensen. Auf der Front von Ostrow bis zum Bug wurden die feindlichen Nachhuten auf ihre Haupt⸗ kräfte zurückgeworfen. Oberste Heeresleitung.
Südlicher Kriegsschauplatz. Wien, 9. August. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: Gestern stand der Südteil des Plateaus von Doberdo stellen⸗ weise unter heftigem Geschützfeuer. Unsere Artillerie antwortete mit Erfolg. Auch in der Gegend von Plava herrschte erhöhte Artillerietätigkeit. Ein Versuch schwächerer feindlicher Infanterie, in unsere Stellungen bei Zagora: einzudringen, mißlang. An der Kärntner Grenze griffen kleinere feindliche Abteilungen an mehreren Punkten erfolglos an. Vor unseren Stellungen auf dem Bladnerjoch ließ der Feind über hundert Tote zurück. Im Tiroler Grenzgebiete wies eine unserer Patrouillen auf der Cresta Bianca (Cristallo⸗ vensgh eine feindliche Halbkompagnie ab und brachte ihr hierbei erhebliche Verluste bei, ohne selbst auch nur einen Mann zu verlieren. Westlich Daone, am Lavanech fand in der Nacht zum 8. August ein lebhaftes Feuergefecht statt, an dem jedoch unsererseits keine Truppen beteiligt waren. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. vppon Hoefer, Feldmarschalleutnant.
ö“ Der Krieg zur 28
Kopenhagen, 9. August. (W. T. B.) Das Ritzausche Bureau meldet aus Kristiania: Hier eingetroffenen Nachrichten zufolge wurde gestern abend der englische Hilfskreuzer „India“ (7900 Tonnen) nördlich von Bödö beim Einlaufen in den Vestfjord torpediert. Der schwedische Dampfer „Göst⸗ aland“ ging mit 80 Mann der Besatzung nach Narvik ab. Etwa 72 Mann wurden auf Helligvärk gelandet. Die Mi⸗ litärbehörden haben die nötigen Maßnahmen getroffen.
Nybor, 9. August. (W. T. B.) Der dänische Dampfer „Lynn“ hat hier sieben Mann und eine Sen von der Be⸗ satzung des Gotenburger Dampfers „2 ai“ gelandet, der von Schweden nach England mit Grubenholz unterwegs war und am Freitag in der Nordsee von einem deutschen Unterseeboot in den Grund gebohrt worden war. Die Besatzung war in zwei Boote gegangen. Die Insassen des einen sind am Sonnabend vom „Lynn“ aufgenommen worden. Im zweiten Boote befanden sich der Kapitän und neun Mann, deren Schicksal unbekannt ist. (Grubenholz ist Bannware.)
Kristiania, 9. August. (W. T. B.) Die norwegische eiserne Segelbark „Norman“ (995 Tonnen), mit einer Holzlast, also Bannware, unterwegs nach dem Tyne, ist von einem deutschen Unterseeboot quer ab von Arendal, 6 Seemeilen vom Lande entfernt, versenkt worden.
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Der Krieg der Türkei gegen den Dreiverband.
Konstantinopel, 9. August. (W. T. B.) Der Ort Karatschali, in dessen Umgebung nach dem gestrigen Bericht des türkischen Hauptquartiers eine Landung frischer feindlicher Truppen stattgefunden hat, die jedoch in ihre Schiffe zurück⸗ getrieben wurden, liegt an der Nordküste des Golfes von Saros, ungefähr gegenüber der gleichnamigen kleinen Insel zwischen den Mündungen zweier kleiner Flüsse, 15 km. westlich des Ortes Kadiköj, der durch die Angriffe der Bulgaren gegen Bulair während des ersten Balkankrieges bekannt geworden ist.
Konstantinopel, 9. August. (W. T. B.) Das Haupt⸗ quartier teilt mit: An der Dardanellenfront brachte heute früh um 5 Uhr 50 Minuten eines unserer Wasserflugzeuge durch Bomben ein feindliches Unterseebot vor Bulair zum Sinken. Im Norden von Ari Burnu warfen wir gestern wiederholte Angriffe des Feindes zurück und fügten ihm Verluste zu. Bei Sedil Bahr zerstörten wir eine feindliche Bombenwerferstellung. Auf den übrigen Fronten nichts von Bedeutung.
Parlamentarische Nachrichten. . Wie die „Danziger Zeitung“ meldet, ist das Mitglied des
% 5 8 82 Hauses der Abgeordneten Kommerzienrat Münsterberg (Fortschr. Volksp.), Vertreter des Stadtkreises Danzig sowie der Kreise Danziger Höhe nnd Danziger Niederung, am 8.
d. M. gestorben.
Statistik und Volkswirtschaft.
Die ländlichen Fortbildunasschulen in Preußen im Jahre 1913.
Nach den „Statistischen Nachweisungen aus dem Gebiete der
landwirtschaftlichen Verwaltung von Preußen“, von denen vor kurzem der Jahrgang 1913 vom Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten herausgegeben worden ist, bestanden im Königreich Preußen im Jahre 1913 6775 ländliche Fortbildungsschulen. Sie waren sämtlich ohne fachlichen Unterricht, nachdem die letzten versuchsweise mit solchem ausgestatteten Schulen 1908 eingegangen waren. Kreise hatten 181, Gemeinden 5236, landwirtschaftliche Vereine 28, Private 1330 Schulen errichtet. Unterhalten wurden allein durch Kreise nur 8, durch Gemeinden 27, durch Private 43, durch den Staat 2017, während für 4675 Schulen der Staat noch Beitröge leistete und 5 Schulen überhaupt keine Zuschüsse erforderten. Ins⸗ gesamt betrugen die Unterhaltungskosten 1 173 053 ℳ, an denen der Staat mit 808 986 ℳ, Gemeinden mit 156 199 ℳ, Kreise mit 131 836 ℳ, Private, Stiftungen und dgl. mit 25 262 ℳ, Provinzen mit 6388 ℳ und landwirtschaftliche Vereine mit 1441 ℳ beteiligt waren; restliche 42 941 ℳ wurden durch Schulgeld gedeckt.
Von den Schulen wurden 2508 von nicht mehr als 10 Schülern, 2612 von 11 bis 20 und 1655 von mehr als 20 Schülern besucht. Insgesamt bezifferte sich die Schülerzahl auf 111 699, das sind im Durchschnitt für eine Schule 16,5.
Der Unterricht lag in den Händen von 369 Geistlichen, 3 Land⸗ wirtschaftslehrern, 8897 Volksschullehrern und 60 anderen Personen (vandwirten, Tierärzten), zusammen 9329 Lehrkräften. Im Durch⸗ schnitt entfielen auf einen Lehrer jährlich 64 von insgesamt 598 771 Unterrichtsstunden. In 41 Schulen wurde während des ganzen Jahres Unterricht erteilt, in den übrigen nur im Winter.
Gegen das Vorjahr hat die Zahl der ländlichen Fortbildungs⸗ schulen um 584 zugenommen.
Zur Arbeiterbewegung.
Einer vom „W. T. B.“ wiedergegebenen Meldung des „Daily Chronicle“ zufolge machen sich nach Berichten aus New York die Vorboten eines Ausstandes der Munitionsarbeiter in den Neuenglandstaaten bemerkbar; die Organisatoren der Streikbewegung berieten mit den Arbeiterführern über die Forderung höherer Löhne und kürzerer Arbeitszeit. Falls diese Forderungen nicht bewilligt würden, würde im September eine halbe Million Arbeiter zum Ausstand aufgefordert werden.
Wohlfahrtspflege.
Die Wanderausstellung für Säuglingskunde für Belgien kann im Kaiserin Auguste Victoria⸗Haus zur Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit im Deutschen Reiche am nächsten Sonnabend, Vormittags zwischen 11 und 2 Uhr, besichtigt werden. Die Besichtigung empfiehlt sich weniger für das Publikum, dem ja das ständige Museum der Anstalt zur Verfügung steht, als vielmehr für Provinzial⸗ verwaltungen, Gemeindeverwaltungen, überhaupt Körperschaften, die den Wunsch haben, zur Belehrung der Bepölkerung über Säuglings⸗ hogiene in der Provinz oder in einem kleineren Bezirk eine ähnliche Wanderausstellung zu erwerben.
Knunst und Wissenschaft.
Die technische Eiweißerzeugung.
Man mag bezweifeln, ob vom Krieg eine direkte Förderung der Wissenschaft zu erwarten ist oder nicht; unzweifelhaft hat aber der Krieg der Technik große Fortschritte gebracht, und zwar Fortschritte von grundlegender Bedeutung. Seit undenklichen Zeiten ist die Er⸗
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nährung der Menschheit abhängig vom Boden, von Licht und
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Wetter. Erst der Krieg mußte kommen, um hier eine Umn älzung berbeizuführen, wie sie größer kaum gedacht werden 2 Man vergißt, wenn man die praktische Bedeutung der Er⸗ zeugung von „Eiweiß aus Luft“ ins Auge faßt, zu leicht, daran zu denken, daß hier etwas in der Ge bichte der Menschheit bisher eigentlich ganz Unerhörtes in die Wege geleitet wird. Der Altmeister der Chemie⸗ Liebig, hat sich in doppelter Weise große Verdienste um Deutschland, auch um das heutige Deutschland, das gegen eine Welt von Feinden im Kampfe steht, erworben. Er hat durch die Begründung wissens haft lich⸗ chem'scher Laboratorien die Meihoden geschaffen, die die deutsch⸗ Chemie zur Vorherrschaft in der Welt brachten. Er hat a er auch gleichzeitig durch seine Lehre von der Anwendung künstlicher Dünge⸗ mittel den Ackerboden Deutschlands verotelfacht; er dat es ermoglicht, mit den Erträgnissen einer verkleinerten Fläche eine größere Volksmenge durch die Steigerung des Lendwirtschaftsbetriedes unter Anwendung der kfünstlichen Düngemittel zu ernähren. Prinzipiell betrachtet, bedeutet die Erzeugung von Hefe⸗ eiweiß mit Hilfe von Düngemitteln nichts mehr und nichts weniger, als daß nun zum ersten Male große Mengen gerade tes wschtigsten Nahrungsstoffs unabhängig vom Boden und ohne das sonstige Risiko, rein technisch gewonnen werden köngen. Die Grund⸗ logen des Verfahrens bilden, wenn der Ausdruck gestattet ist, die nächste geistige Etappe der Taten Liebigs. Liebig vervielfältigte den Ertrag der Ackerfläche, das neue Verfahren umgeht den Acker, die Landwirtschaft wird in die Bahnen des Fabrikbetriebs verwiesen. Dazu kommt noch ein zweites wesentliches Moment, wenn mang so sagen darf, die Ausschaltung des Zeitbegriffs. Was der Landmann dir Furche anvertraut und nachher erntet, das kann er zwar in gewissem Sinne beeinflussen durch seine Tüchtigkeit, durch seine Kenntnisse. Was der Land⸗ mann aber nicht kann, ist Herr der Zeit werden; er muß geduldig warten, bis das Korn reift. Dieser Punkt fällt bei der neuen Technik fort. In seinen wissenschaftlichen Grundlagen bedeutet das Ver⸗ fahren nichts unbedingt Neues, die Grundlagen sind in vereinzelien Tatsachen seit längerem bekannt; das ist aber ein Merkmal jeder wissenschaftlichen Arbeitsweise, und im Frieden hat es auch nicht an Versuchen gefehlt, die Ergebnisse der Wissenschaft in die Praris um⸗ zusetzen. Hier hat aber die Not des Krieges eingesetzt, und was sonst in langsam tastenden Versuchen vielleicht nach Jahren gelungen wäre, das hat der große Lehrmeister in kürzester Zeit zur Tat gemacht Die rüne Pflanze ist bieher die Grundlage aller Ernährung gewesen; sie esitzt im Cblorophyll ein Werkzeug, das es ihr ermöglicht, unter Aus⸗ nutzung der Sonnenenergie den Kohlenstoff der Kohlensäure der Luft und den Stickstoff, den sie dem Boden entnimmt, in jene drei Körpergruppen umzuwandeln, die die Grundelemente jeglicher Ernährung bilden: Koblehpdrate, Fett, Eiweiß. Die Heranztehung der Pilze — und zu diesen gehört die Hefe — zur Erzeugung von Nahrungsstoffen schaltet nun zunächst das Licht, die Sonnenenergie, als direkten Fattor aus; nötig bleiben nunmehr der Kohlenstoff und der Stickstoff als Grund⸗ lage für die Bildung von Eineiß. Bokorny hat gefunden, daß 100 g Preßhefe, die 28,36 g Trockensubstanz enthielten, binnen zwei Tagen bei entsprechender Ernährung 88 g Trockensubstanz liefern; das macht auf 100 g Trockensubstanz in der Versuchs⸗ hefe 310 g Tvrockensubstanz in der Ernte, b. b. He Trockensubstanzvermehrung betrug täglich 105 v. H. Selbst⸗ verständlich ist bier der Tag zu 24 Stunden gerechnet. Die Hauptmenge der erzeugten Trockensubstanz ist Eiweiß. Nach Berech⸗ nungen der Botantker beträgt die Vermehrung der Trockensubstanz im grünen Blatt im Tag, der hier nur mit 12 Lichtstunden gerechnet werden kann, aber nur 5 v. H. Der Unterschied zwischen 5 v. H. und 105 v. H. wird wohl jeden erkennen lassen, welch ausgezeichneter Eiweißfabrikant demnach die Hefe ist und welch grundlegende Bedeu⸗ tung das Verfahren besitzt. Das Verfahren ist zur rechten Zeit ge⸗ kommen, denn es ist noch nicht lange her, daß wir den Stickstoff so ganz in unserer Gewalt haben. Bis vor nicht allzulanger Zeit waren die wichtigsten Stickstoffquellen der Chilesalpeter und das Ammoniak, das man aus der Kohle gewann. Erst die jüngste Zeit hat uns ge⸗ lehrt, die reichste Stickstoffquelle, den Stickstoff der Luft, technisch zu erfassen. Auch bier hat ja der Krieg in dem gleichen Sinne einge⸗ wirkt, wie es sich bei der Erzeugung von Hefeeiweiß gezeigt hat, er hat den Schritt der Technik beschleunigt. Die Sperre der Salpeter⸗ einfuhr hat es zuwege gebracht, daß Deutschland wohl für alle Zeiten von einer Einfuhr von Salpeter unabhängig geworden ist, ja daß vielleicht der ganze Stickstoffmarkt der Welt nach dem Kriege ein ganz anderes Gesicht aufweisen wird. Dadurch, daß man den Stick⸗ stoff der Luft zur Erzeugung von Eiweiß direkt verwenden kann, ist abermals ein grundlegender Fortschritt zu verzeichnen; denn man be⸗ denke, woher der Stickstoff, den man in Form von Ammoniatsalzen als Düngemittel den Pflanzen zuführte, ei entlich stammt Er ent⸗ stammt der Koble, ist also, da die Kohle nichts anderes als verweste Pflanzenreste darstellt, nichts weiter als „pflanzlicher Stickstoff, der nach jahrtausendelanger Umwandlung wieder den Pflanzen als Nahrungsmittel dient. Dieser Umweg über Jahrtausende wird durch die Gewinnung der Düngemittel auf synthetischem Wege ausgeschaltet. Das Verfahren selbst muß man wirklich als technisch vollkommen be⸗ zeichnen, denn es ist in seinem Wesen einfach. Irgendwo wird ein Gärbottich aufgestellt, der die Nährlösung aufnimmt und in dem, durch einen durchgeblasenen Luftstrom angeregt, die Hefe zu lebhaftem Wachstum kommt. Ist das Wachstum nach etwa 10 Stunden beendet, so tritt eine Zentrifuge in Täuig⸗ keit und trennt die Hefe von der Nährflüssigkest. Schließlich wird die abgeschleuderte Hefe in einem Trockenapparat getrocknet und so in die Dauerware übergeführt. Das Verfahren kann also so ziem⸗ lich an jedem Orte ausgeübt werden, d. hb. die Erzeugung kann dorthin verleat werden, wo der Rohstoffbezug am einfachsten ist, entweder in die Nähe von Zuckerfabriken oder auh in die von Kanoffelstärk fabriken, denn deren Waschwässer, die sonst wenig ausgenutzt bei der Stärte⸗ fahrikation abgingen, enthalten alle Stoffe, die die Hefe zum Aufbau der Leibessubstanz benötigt. Noch ein anderer Rohstoff kann Ver⸗ wendung finden, und seine Ausnutzung würde die Lösung eines Problems bedeuten, das für die Technik stets ein Schmerzenskind war, nämlich die Verwendung der Ablaugen der Sulfitzellstoffabriken. Wenn unsere Wälder ihr Holz opfern müssen, um uns das geduldlge Papier in ungeheuren Mengen zu ltefern, so wird der Robstoff bei weitem nicht völlig ausgenutzt, und die Mengen organischer Substanzen, die unverwertet bleiben, sind so ungeheuer, daß ihre Beseitigung schwere Sorgen und viele Kosten verursacht. Man hat die ver⸗ schiedensten Wege eingeschlagen, um diese Ablaugen namentlich auch als Viehfutter zu verwerten, bisher jedoch ohne Erfolg. Hier kann nun das neue Verfahren eingreifen, denn auch in diesen Ablaugen ist assimilierbarer Zucker enthalten, und wie die Arbeiten des Instituts für Gärungsgewerbe bereits ergeben haben, sind sie geeignet, bei ent⸗ sprechender Mineraldüngung Hefesubstanz zu ernähren und damit Eiweiß zu liefern.
Nun noch einen Blick auf die wirtschaftliche Bedeutung des Hefe⸗ elweißes. Es ist nichts Neues, was in die Ernährung eingeführt wird. Es ist bekannt und erst kürzlich wieder festgestellt, daß das Hefeeiweiß sich sehr gut zur menschlichen Ernährung eignet, und für die Viehfütterung bedeutet ja gerade das Verfahren die Un⸗ abhängigmachung von der Einfuhr ausländischer Futtermittel. Wird das neue Verfahren für die Erzeugung von Bäckereihefe herangezogen, so werden dadurch namhafte Mengen von Getreide, die sonst diesem Zwecke dienten, als Futterstoffe frei. Der Preis der Nährhefe wird sich voraussichtlich auf etwa 150 ℳ für 100 kg stellen. Wenn man diesen Preis annimmt, dann würde die Nährhefe eines der billigsten Nahrungsmittel werden, denn Dr. Baudrexel hat berechnet, daß man dann für eine Mark bei Blutwurst 1044 Wärmeeinheiten mit 55 g Eiweiß, bei Hühnerei 1391 Wärmeeinheiten mit 105 g Esweiß, bet Emmenthaler Käse 1693 Wärmeeinheiten mit 123 g Eiweiß, bei mittelfettem Ochsenfleisch 896 Wärmeeinheiten mit 137 g Etweiß und bei Nährhefe 3013 Wärmeeinheiten mit 333 g Eiweiß erhalten würde. Der Berechnung sind die Friedenspreise zugrunde gelegt worden.