1915 / 210 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 06 Sep 1915 18:00:01 GMT) scan diff

Bekanntmachung vom 26. August 1915 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 524) füct eh K.ee diese Verträge nicht bereits seitens der Verkäufer er⸗ Ferner scheint in weiten Kreisen ein Irrtum darüber zu bestehen, was unter Hülsenfrüchten im Sinne der erwähnten Bekanntmachung zu verstehen ist, obwohl der § 1 Abs 2 unter Nr. 1—7 alle Aus⸗ nahmen genau aufzählt. Keine dieser Nummern erwähnt etwas von geschälten, gespaltenen oder zerkleinerten Erbsen, Bohnen und Linsen. Daraus folgt, daß sich die Verordnung auch auf derartig bearbeitete Hülsenfrüchse erstreckt. Jedoch ist für derartig verbesserte Produkte bei der Abnahme durch die Zentral⸗Einkaufsgesellschaft die Zubilligung eines angemessenen Schällohnes usw. nicht ausgeschlossen.

Der Staatskommissar für das Flüchtlingswesen teilt laut Meldung des „W. T. B.“, betreffs der Freigabe von Kreisen und Kreisteilen für die Rückkehr von Flüchtlingen, mit:

Von der allgemeinen Freigabe für die Rückkehr der Flüchtlinge waren bisher noch folgende Kreise und Kreisteile ausgeschlossen: Neidenburg, Ortelsburg, Johanntsburg, Lyck, Oletzko, Goldap, Stallu⸗ pönen, Pillkallen, Memel, Landkreis Tilsit nördlich der Memel und der Teil des Kreises Ragnit, der öftlich einer von der Memel längs des Szeszuppe über Naujeningken zur Inster gezogenen Linie gelegen st Auch diese Kreise und Kreisteile werden nunmehr allen Flücht⸗

ngen, die sich ein Unterkommen in der Heimat beschaffen können, zu der Rückkehr freigegeben. Zur Klarstellung der Frage, ob eine Unter⸗ kunft für sie vorhanden ist, haben sich die Flüchtlinge an den Bürger⸗ meister ihrer Heimatstadt, die vom Lande stammenden Flüchtlinge an die Landräte ihres Heimatskreises zu wenden. Besonders notwendig ist die Anfrage vor der Rückkehr in die Kreise Pillkallen, Johannis⸗ burg und Ortelsburg, auch ist zu berücksichngen, daß im Kreise Stallupörnen die Städte Stallupönen und Eydtkuhnen, im Kresse Neidenburg die Städte Neidenburg und Soldau, im Kreise Goldop Gr. Rominten und Serguhnen besonders stark zer⸗ tört sind.

In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ ist eine Genehmigungsurkunde,

betreffend eine Anleihe der Provinz Hannover, veröffentlicht.

Der heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ liegen die Ausgaben 671 und 672 der Deutschen Verlust⸗ listen bei. Sie enthalten die 320. Verlustliste der preußischen Armee, die 218. Verlustliste der bayerischen Armee sowie die 256. und 257. Verlustliste der württembergischen Armee.

1 Oesterreich⸗ Ungarn. 6 Der Minister am Hoflager Baron Erwin Roßner hielt gestern in dem durch den Tod des ehemaligen Ministerpräsi⸗ denten, Abgeordneten Koloman Szell frei gewordenen Wahl⸗ bezirke St. Gotthard 82 Wahlrede, in der er laut Bericht des „W. T. B.“ ausführte:

Ich muß darauf hinweisen, daß Deutsche und Ungarn seit Jahrhunderten, man kann sagen, seit der Begründung des ungarischen Königreichs, immer mit ihren Interessen aufeinander angewiesen waren. Schon Stefan der Heilige erkannte die Richttgkeit dieses Grundsatzes und, als er die Wahl hatte zwischen Morgenland und Abendland, lehnte er sich an Deutschland an und wurde römisch katholisch und nicht orthodox. Unter ihm kamen deutsche Ritter und deutsche Mönche ins Land, auch deutsche Bürger, die hier Städte gründeten. Der Gedanke, daß die Interessen Ungarns mit Deutschland eng ver⸗ knüpft sind, kam sofort nach Wieverherstellung der ungarischen Ver⸗ fassung zum praktischen Ausdruck. Bereits in der ersten Delegations⸗ sitzung, die nach Wiederherstellung unserer althergebrachten Verfassung gehalten wurde, betonte Koloman Tisza, der Vater unseres jetzigen Ministerpräsidenten, mein unvergeßlicher ehemaliger Partetführer, damals aber Fuͤhrer der Opposition, daß Oesterreich⸗Ungarn sich nicht mehr danach sehnen dürfe, in den deutschen Bund zurück⸗ zutreten, daß es aber auflichtig und mit Sympathie die neue Entwicklung Deutschlands verfolgen müsse, wenn auch nicht, um in einen Staatenbund mit Deutschland einzutreten, wohl aber, damit beide als freundschaftliche Verbündete thre gegenseitigen Interessen überall unterstützen. Es ist das unvergängliche Verdienst weiland Gtaf Julius Andrassys, der sich hierdurch ewige Verdienste um Thron und Vaterland erworben har, daß er das Bündnis mit Deutschland abschloß. Diese Richtung, die seinerzeit von unseren großen Staatsmännern gegen die zur Zeit des französisch⸗ deutschen Krieges im Jahre 1870 fühlbar werdende franzosenfreundliche Strömung mannbaft verteidigt wurde, ist dann zum Bündnis ge⸗ worden. Dieses Bündnis hat jetzt seine Bluttaufe erhalten, und Blut ist der festeste Kitt. So können wir auch heute und noch in ferne Zeiten mit unerschütterlicher Treue auf das Bündnis hinblicken. Wir kämpfen mit unseren treuen Ver⸗ bündeten den Kampf ums Dasein. Kein Opfer war uns zu groß und wird uns zu groß sein, um einen dauernden Frieden zu erkämpfen. Wir müssen siegen oder sterben, denn unsere Niederlage würde schmachpolle Knechtschaft bedeuten, und wir werden siegen! Unsere Verbündeten Armeen schreiten von Sieg zu Sieg und ihr unwiderstehliches Vordringen wird uns Frieden und dann die gesicherte Bürgschaft einer ungestörten Zukunst bringen. Der Redner schloß: Doch nicht nur die Völker Ungarns, sondern auch jene der beiden Staaten der Monarchie gegenfeitig haben sich gefunden und verstanden. 1 Großbritannien und Irland.

Die vorgestrige Verlustliste weist 74 Offiziere und 1550 Mann auf. 8 G“ Frankreich.

Der Handelsminister hat dem „Temps“ zufolge einen Ausschuß eingesetzt, der Gesuche auf Erteilung von Erlaubnissen zur Ausbeutung von Patenten während der Kriegsdauer, die Untertanen Deutschlands und Oesterreich⸗Ungarns gehören, prüfen soll. Der Ausschuß, dem Ministerialbeamte, Rechtsanwälte, Mitglieder von Handelskammern und In⸗ dustrielle angehören, hat darüber zu befinden, ob die Aus⸗ beutung des betreffenden Patents im Interesse der Landesver⸗ teidigung liegt.

Blättermeldungen zufolge werden die in Frankreich wohnenden Italiener des Jahrganges 1896 sowie die bisher zurückgestellten des Jahrganges 1895 einberufen, die bisher Militärfreien der Jahrgänge 1892 —1894 müssen sich zu einer neuen Untersuchung stellen.

Nach einem Beschluß des Ministerrats ist den Prä⸗ fekten und Bürgermeistern in der inneren Zone Frank⸗ reichs die Ausübung der gesetzlichen Machtbefugnis se der Polizei wieder übertragen worden. Die Militärbehörde bleibt jedoch berechtigt, zu jeder Tageszeit Haussuchungen bei Zivil⸗ personen vorzunehmen, Vorbestrafte sowie Personen, die keinen festen Wohnsitz in dem betreffenden Gebiete haben, zu ent⸗ fernen, die Ablieferung von Waffen und Munition zu fordern und Veröffentlichungen und Versammlungen zu verbieten, die

8

Unter dem Vorsitz des Kaisers hat vorgestern die Er⸗ öffnung einer Reihe von besonderen Besprechungen statt⸗ gefunden, die die Vereinheitlichung der Maßnahmen * nationalen Verteidigung zum Gegenstand haben. Die Beratungen sollen sich beziehen auf die Organisation der Transportmittel und der öffentlichen Einrichtungen, die den Bedürfnissen der Landesverteidigung dienen, auf Fragen der Lebensmittelversorgung und auf die Herbeischaffung von Kriegs⸗ material und Munition. Wie die „St. Petersburger Tele⸗ graphenagentur“ mitteilt, hielt der Kaiser bei der Eröffnung der Besprechungen folgende Ansprache: 3

Die Fragce, deren Lösung Ihren besonderen Besprechungen anver⸗ traut ist, nämlich die nationale Verleidigung, ist in der gegen⸗ wärtigen Stunde die schwierigste und die wichtiaste. Sie betrifft die umfangreichere Versoraung des Heeres mit Munition und damit das einzige, worauf unfere tapferen Truppen warten, um die fremde Invasion anzuhalten und den Erfolg von neuem an unsere Waffen zu fesseln. Die gesetzgebenden Körperschaften, die ich zur gegenwärtigen Sitzung zusammenberufen habe, haben mir fest und ohne im geringsten zu zögern, die einzige Antwort gegeben, die Rußlands würdig ist und die ich erwartet habe, nämlich, daß der Krieg bis zum vollständigen Stege fortgesetzt werden muß. Ich zweifle nicht, daß dies die Stimme von ganz Rußland ist. Indessen erlegt uns der große Entschluß, den wir gefaßt haben, auch einen größeren Eifer in unseren Anstrengungen auf. Dieser Gedanke ist bereits allgemein geworden. Es ist indessen notwendig, ihn auf dem schnellsten Wege in die Tat umzusetzen, und Ihre Besprechungen sollen gerade dazu dienen. Diese Besprechungen vereinen zu ge⸗ meinsamer und einiger Arbeit die Regierung, Abgesandte der gesetzgebenden Körperschaften und öffentsichen Einrich⸗ tungen und unsere Industriellen, mit einem Worte die Ver⸗ treter von ganz Rußland. Bei den Arbeiten, zu denen ich Sie mit vollem Vertrauen zusammenberufen und mit Vollmachten von außer⸗ ordentlicher Ausdehnung ausgestattet habe, werde ich Ihnen stets mit tiefer Aufmerksamkeit folgen und werde, wo es nötig ist, persönlich doran teilnehmen. Wir haben eine große Aufgabe vor uns und werden darauf alle lebendigen Kräfte des ganzen Landes richten. Lassen wir für den Augenblick jede andere Ueber⸗ legung beiseise, und wenn im Staatsinteresse noch so wichtig wäre, wofern sie nicht für den gegenwärtigen Augenblick wesentlich ist. Nichts soll unsere Gedanken, unseren Willen und unsere Kräfte von dem jetzt einzig vor uns stehenden Ziele ablenken, nämlich den Feind aus unserem Lande zu verjagen. In diesem Augenblick müssen wir vor allen Dingen die volle militärische Ausrüstung unserer aktiven Armee sichern, ebenso wie die der zu den Fahnen einberufenen Mannschaften. Diese Aufgabe ist Ihnen von jetzt ab anvertraut. Meine Herren, ich weiß, daß Sie alle Ihre Kräste und alle Ihre Vaterlandsliebe ihrer Vollendung widmen werden. Darum ans Werk mit Gottes Hilfe!

Nach dem Kaiser ergriff der Kriegsminister Poliwanow das Wort und gab in seiner Rede einen Ueberblick über die von der Sonderkonferenz in ihrer früheren Zusammensetzung getroffenen Maßnahmen.

Diese Konferenz habe die weitesten Kreise der Bevölkerung, die Körperschaften wie die Semstwos und die Gemeindevertretungen, die Industriellen und die kleinen Gewerbetreibenden sowie die Ver⸗ treter der Wissenschaft und der Technik zur Teilnahme an ihren Arbeiten eingeladen. Die Konferenz habe sich nicht darauf beschränkt, die bestehenden technischen Hilfsmittel nutzbar zu machen und zu erweitern, sie habe auch neue Munitionsfabriken errichtet, den Privatunternehmungen große Kreditvorschüsse gewährt, den Fabriken die Lieferung von Brennmaterial gewährt, für die Vermehrung fach⸗ männisch ausgebildeter Arbeiter und für die Regelung des Traneportes der erforderlichen Erzeugnisse gesorgt und die im militärischen Inter⸗ esse notwendige Räumung der industriellen Unternehmungen in den vom Feinde bedrohten Gebieten vorgenommen. Solcher Art seien die Fragen, deren Lösung die frühere Konferenz fest und entschlossen in die Hand genommen härte. Die neue Konferenz habe die schwierige und große Aufgabe, die von ihrer Vorgängerin getroffenen Maß⸗ nahmen möglichst wirksam zu gestalten.

Der Präsident des Reichsrats Kulomzin erklärte darauf, daß ein unvollständiger Sieg das Vaterland mit einer Fort⸗ setzung der wirtschaftlichen Abhängigkeit bedrohen würde, weshalb es notwendig sei, nach allen Seiten für den Bedarf und die Ausrüstung der Land⸗ und Seestreitkräfte zu sorgen. Der Dumapräsident Rodzianko erhob mit dem größten Nach⸗ druck Einspruch gegen den Gedanken eines Friedensschlusses, bevor der Feind besiegt und endgültig zerschmettert sei, denn die moralische Kraft der Nation sei durch die Mißgeschicke des Krieges nicht gebrochen und bleibe fest und unerschütterlich. Der Redner forderte den Kaiser auf, das ganze russische Volk zur Teilnahme an der heiligen Arbeit aufzurufen. Unter der festen und geschickten Leitung einer das Vertrauen des Monarchen und der Nation genießenden Regierung sei das russische Volk, indem es sich wie ein unbesiegbarer Fels um den Herrscher schare, unbegrenzter Selbstverleugnung fähig. Das russische Volk sei fest entschlossen, für immer die verhaßten deutschen Ketten zu zerbrechen. Nach Schluß der Versammlung wurden die Mitglieder vom Kaiser, der Kaiserin und dem Thronfolger empfangen.

Der Reichsrat hat dem von der Duma an⸗ genommenen Gesetzentwurf zugestimmt, durch den die Emissionsbefugnis der Staatsbank um eine Millarde Rubel erhöht wird.

Die Duma erörterte in der Sitzung am 30. August, wie „W. T. B.“ berichtet, die Frage der Flüchtlinge.

Der polnische Abg. Swentzitzki legte gegen die gewaltsame Vertreibung der polnischen Bauern Verwahrung ein. Im Kreise Plonsk seien von 25 000 Einwohnern über 22 000 gewaltsam ver⸗ trieben worden. Der Redner hob die feindliche Haltung der russischen Bevöltetnot gegen die Flüchtlinge und ibre grausame Behandlung durch die Behörden hervor. Der Ahg. Januschkewitsch (Kowno) führte aus, die Flüchtlinge bäten nicht um Gnade, sondern verlangten ihr Recht, da sie gewaltsam fortgeführt seien. Das ganze Land gleiche elner Wüste, das Volk sei an den Bettelstab gebracht. Nicht das Volk sei geflüchtet, sondern nur die Gouverneure und die Stadthauptleute. Der jüdische Abgeordnete Friedmann erhbob gegen die rücksichtslose Behandlung der jüdischen Flüchtlinge Einspruch, die schon Anfang Mai aus Kowno und Wilna vertrieben, nach Sibirien geführt und als Verräter gestempelt von einem Gouvernement ins andere abge⸗ schoben worden seien. Die Behörden hätten sogar verboten, ihnen Wasser zu geben.

In den letzten Tagen beschäftigte sich die Duma mit der Frage der Heeresergänzungen und beschloß, über den

ürzlich gefaßten Beschluß der Einberufung der Reichswehr 1. Aufgebots hinauszugehen und auch das 2. Aufgebot einzu⸗ berufen, das alle für dienstuntauglich Erklärten umfaßt, deren körperliche Gebrechen aber nicht so groß sind, daß sie nicht zu einer gewissen Art von Kriegsdienst verwendet werden könnten. Durch ihre Einberufung soll eine große Anzahl ausgebildeter

anderweitig beschäftigt werden. Ein amerikanischer Korrespondent, der das westliche Rußland bereist hat, gibt, wie die „Berlingske

Unordnung veranlassen könnten.

Tidende“ berichtet, eine interessante Schilderung seiner Er⸗

Soldaten für den Frontdienst freigemacht werden, die jetzt

lebnisse. Sämtliche bereisten Gebiete waren buchstäblich von

Flüchtlingen aus den von den Deutschen besetzten Gebieten

überschwemmt. Ueberall war er Zeuge dieser eigenartigen Veclrwenberung, die er in der Geschichte einzig dastehend nennt. Es wird angenommen, daß in den Städten Smolensk, Kiew, Mostau, Odessa, Witebsk und Petersburg in der letzten Zeit über anderthalb Millionen Flüchtlinge eingetroffen sind, von denen die meisten alles verloren haben. Die Verpflegung dieser erschöpften und hungernden Menschen bietet Schwierigkeiten, von deren Größe man sich keinen Begriff machen kann, wenn man diese traurigen Scharen nicht gesehen hat. In einigen Gegenden konnten sie mit Erntearbeiten beschäftigt werden, das aber ist jetzt vorüber. Andere Arbeit kann nicht eher beschafft werden, als bis die Industrien, die in den großen polnischen Fabrikgebieten stillgelegt worden sind, anderswo wieder eröffnet worden sind. Die Schwierigkeiten erhöhen sich dadurch, daß eine große Anzahl der Flüchtlinge die russische Sprache nicht beherrscht und nur polnisch, lettisch oder deutsch spricht. Diese Unglücklichen können sich nicht einmal verständlich machen und sind ebenso schlimm daran, als wenn sie sich mittellos in einem fremden Lande befänden. Die Stadtbehörden zeigen die größte Bereitwilligkeit zu helfen, aber die Not ist so groß, daß Millionen wie Tropfen im Meere verschwinden. Alle verfügbaren Eisenbahnen sind schrecklich überfüllt. Der Korrespondent mußte mehrmals drei Tage warten, um mit einem Zuge von einer Stadt zur anderen zu gelangen.

Der nach Sibirien verbannte Revolutionär Burzew telegraphierte dem radikalen Dumamitgliede Karenski, er habe die Nachricht von seiner Begnadigung erhalten und reise sofort nach Rußland ab.

Belgien.

Der stellvertretende Leiter des belgischen Ministeriums des Aeußern Baron Beyens ist dem „Journal“ zufolge durch Erlaß des Königs zum Mitglied des Ministerrats ernannt.

8 Sainennekt.

Der achte nordische Friedenskongreß i

Kopenhagen eröffnet worden.

1““

Schweiz.

Schweiz sich aufhaltenden Rumänen, die der Reserve oder der aktiven Armee angehören, Befehl erhalten, bei ihren Truppenteilen einzurücken. 8

Griechenland. v1“

Zwischen den Ententemächten und Griechen land ist ein Abkommen, betreffend den Handel und die Schiff⸗ fahrt Griechenlands, unterzeichnet worden. Wie die „Agence d'Athènes“ meldet, übernimmt danach Griechenland die Verpflichtung, durch gesetzgeberische Maßnahmen den Handel mit Bannware zu verhindern. Die Ententemächte werden der freien Ausfuhr von Tabak und Rosinen innerhalb der Grenzen der bisher nach den verschiedenen Ländern ausgeführten

aller ausschließlich für den inneren Bedarf Griechenlands be⸗ stimmten Waren aus England und seinen Kolonien nach Griechenland gestatten. Die Vereinbarung wird die Auf⸗ hebung der Durchsuchung griechischer Schiffe auf dem Wege

1u16“

Serbien.

Die Antwort Serbiens auf die Note der Verbands⸗ mächte ist überreicht worden. Wie die griechischen Blätter mitteilen, hätte sich Serbien grundsätzlich bereit erklärt, auf die ihm vorgeschlagenen Gebietsabtretungen einzugehen, jedoch über die Sicherheit seiner zukünftigen Grenzen mehrere Vorbehalte gemacht und die Bedingung gestellt, daß die Gebietsabtretung nicht sogleich, sondern erst nach Sicherung der neuen serbischen Grenzen erfolgen solle. Bulgarien.

Das russophile Blatt „Duma“ meldet, daß der russische Gesandte in Sofia Sawinsky abberufen worden ist. Nach demselben Blatte sollen die Diplomaten des Vierverbandes in Sofia mit der Antwort Serbiens auf die Vorschläge der Ver⸗ bandsmächte sehr unzufrieden sein.

Amerika. 1u“

Aus Kanada wird dem „Nieuwe Courant“ zufolge be⸗ richtet, daß man mit Rücksicht ouf den Krieg die Frage erwäge, ob die Legislaturperiode des Parlaments ohne Neu⸗ wahlen verlängert werden solle. Einige liberale Blätter ver⸗ langen, daß die Wahlen wie gewöhnlich stattfinden sollen. Ein anderer Vorschlag geht dahin, Laurier ins Kabinett aufzunehmen und auf diese Weise ein Koalitionskabinett zu bilden. Es wird auch von der Aufstellung einer Reservemiliz neben dem stehenden Heere gesprochen, zu der alle körperlich Geeigneten im Alter von mehr als 35 Jahren gehören sollen. Die Miliz soll ausschließlich gegen feindliche Einfälle oder im Falle von Unruhen im Lande gebraucht werden.

Asien.

Wie die Konstantinopeler Blätter von unterrichteter Seite erfahren, haben indische Aufständische eine Brücke in der Umgebung von Travancore und eine Eisenbahnlinie im Grenz⸗ gebiete von Beludschistan zerstört. Die Afghanen haben die Stadt Lorers in Beludschistan und die dortige Kaserne zerstört und marschieren gegen Quetta, die Hauptstadt von Britisch⸗ Beludschistan.

Großes Hauptquartier, 5. September. Westlicher Kriegsschauplatz. Keine wesentlichen Ereignisse.

Oestlicher Kriegsschauplaz. Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Hindenburg. Zwischen Friedrichstadt und Merecz (am Njemen) ist die Lage unverändert. Oestlich von Grodno ist der Feind hinter den Kotra⸗Abschnitt (südlich von Jeziory) zurückgewichen; die Zahl der in den Kämpfen um Grodno gemachten Gefangenen erhöht sich auf über 3600.

Der „Neuen Zürcher Zeitung“ zufolge haben die in der

Mackensen. Der Angriff geht vorwärts.

Mengen kein Hindernis in den Weg legen und die Ausfuhr

von einem Hafen zum andern zur Folge haben. 11“

11 8

und Wolhynien

von

Von Truppen der Armee des Generals von Gallwitz bei

und südlich von Mscibowo (südwestlich von Wolkowysk) ist der Gegner erneut geworfen. 520 Gefangene wurden eingebracht.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern. Der Austritt aus der Sumpf⸗ enge bei und südöstlich von Nowydwor (nördlich von Pruzana) ist erkämpft; auch weiter nördlich sind Fortschritte erzielt. Es wurden über 400 Gefangene gemacht und 3 Maschinengewehre erbeutet.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls von Mackensen. Der Brückenkopf von Bereza⸗Kartuska ist vom Feinde unter dem Drucke unseres Angriffs geräumt. In der Gegend von Drohiczyn und südlich leistete der Gegner gestern nochmals Widerstand, er wird weiter angegriffen.

Südöstlicher Kriegsschauplatz. 8 Die Armee des Generals Grafen Bothmer hat eine

8 Reihe feindlicher Vorstellungen auf dem westlichen Sereth⸗Ufer gestürmt.

Oberste Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 6. September. (W. T. B.)

Westlicher Kriegsschauplatz. Es hat sich nichts Wesentliches ereignet. Ein feindlicher Doppeldecker wurde an der Straße Menin Ppern herunter⸗

geschossen. Oestlicher Kriegsschauplatz. Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls von Hindenburg. Von der Ostsee bis östlich von Grodno ist die Lage unverändert. Der rechte Flügel nähert sich dem Njemen bei Lunno und dem Ros⸗Abschnitt nördlich von Wolkowysk.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern. Die Heeresgruppe ist unter Kämpfen mit feindlichen Nachhuten im Vorgehen und hat den Ros⸗ Abschnit südlich von Wolkowysk bereits ü berschritten. Auch die Sumpfengen bei Smolanica (nordöstlich von

Pruzana) sind überwunden.

Heeszesgruppe des Generalfeldmarschalls

Südöstlicher Kriegsschauplatz. Oberste Heeresleitung.

Wien, 4. September. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet:

Russischer Kriegsschauplatz.

Der Feind hat gestern an der ganzen Front zwischen dem Dnjestr und dem Südrand der großen Pripjat⸗Sümpfe heftigen Widerstand geleistet und die Stärke seiner Verteidigung wiederholt durch Gegenangriffe zu erhöhen versucht. Am unteren Sereth und zunächst der Mündung haben unsere Truppen unter zähen Kämpfen auf dem Ostufer des Flusses festen Fuß gefaßt. Sie entrissen dem Gegner die stark ausgebaute Stellung auf der Höhe Sloteria, nordwestlich von Sinkow, und brachten 2 Offiziere und 1400 Mann als Gefangene ein. Vor Trombowla und Tarnopol herrschte verhältnismäßig Ruhe. Nördlich Zalosce und östlich Brody durchbrach die Armee des Generals von Boehm⸗Ermolli die feindlichen Linien an zahl⸗ reichen Punkten. Es wurden hier 6 russische Offizierse, unter ihnen ein Oberst, und 1200 Mann gefangen. Wolhynien stehen unsere Truppen im Raume westlich von Dubno und bei Olyka im Kampf. Der Widerstand der Russen ist noch nicht gebrochen. Bei den K. und K. Streit⸗ kräften nordöstlich von Pruzany trat keine Aenderung der Lage ein. 8 Italienischer Kriegsschauplatz.

Seit den nutzlosen Angriffen gegen die Hochfläche von Lavarone und auf den Tolmeiner Brückenkopf hat die Tätigkeit der Italiener sichtlich nachgelassen. Von den Artillerie⸗ kämpfen abgesehen, fand gestern nur vor dem Südteil des ge⸗ nannten Brückenkopfes ein nennenswertes Gefecht statt. Der Feind wurde wie immer abgewiesen. Das gleiche Schicksal hatte eine heute zeitlich früih im Dolomitengebiete von Boedenalpe gegen den Inichriedl geführter italienischer

ngriff. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Wien, 5. September. (W. T. B.)] Amtlich wird gemeldet:

Russischer Kriegsschauplatz.

Die Russen setzen unserem Vordringen in Ostgalizien heftigen Widerstand entgegen. Ein russischer Angriff an der bessarabischen Grenze brach vor unseren Hindernissen zusammen, wobei mehrere feindliche Bataillone zersprengt wurden. Oestlich der Sereth⸗ Mündung drang der Feind unter gewohnter Vergeudung seiner Menschenmassen in einen unserer Schützengräben ein, wurde aber im Kampf von Mann gegen Mann zurückgeworfen, wobei er zahlreiche Tote und Gefangene in unserer Hand ließ. Westlich von Tarnopol erstürmten österreichisch⸗ungarische und deutsche Truppen ausgedehnte feindliche Verschanzungen. Auch bei Zalozce nahmen wir einen russischen Stützpunkt. Oestlich von Brody und in Wolhynien gewinnt unser Angriff langsam Raum. Die im Festungsbereich kämpfenden K. und K. Streitkräfte haben in den letzten Gefechtstagen etwa 30 russische

ffiziere und über 3000 Mann gefangen genommen.

Auf dem Kloster Budzanomw, das sich inmitten der rnssischen Front am unteren Sereth befindet, weht seit einigen Tagen die Fahne mit dem Genfer Kreuz. Wenn schon von Haus aus nicht angenommen werden kann, daß ein Feldspital mitten in der Kampfstellung eingerichtet wird, so ist im vor⸗ liegenden Fall überdies fesigestellt worden, daß die Russen das Kloster zu einem starken feldmäßigen Stützpunkt ausgestaltet haben. Es wird sonach niemand erstaunen, wenn demnächst russische Berichte erzählen mögen, wir hätten das in Rede stehende Kloster trotz des Genfer Kreuzes unter Feuer ge⸗ nommen. Der Feind macht sich hier eines Mißbrauchs völker⸗ rechtlicher Abmachungen schuldig, der unsere Gefechtsführung keineswegs beeinträchtigen darf. 14“

Italienischer Kriegsschauplaz.

Gestern entwickelten die Italiener auf der Hochfläche von Doberdo eine erhöhte, aber gänzlich erfolglose Tätigkeit.

48

Nach heftiger Beschießung einzelner Räume durch ihre Artillerie jeden Kalibers versuchten sie schon Vormtttags mehrer e Vor⸗ stöße entlang der Straße westlich San Martino. Alle wurden abgewiesen. Unsere Artillerie wirkte verheerend gegen den zurückflutenden Feind. Gegen Abend nahm das Geschützfeuer an Heftigkeit zu. Sodann folgten wieder ver⸗ einzelte Infanterieangriffe, die sämtlich unter großen Verlusten der Italiener scheiterten. In Südtirol wurden zwei feindliche Kompagnien, die unsere Posten in Marco angriffen, in die Flucht geschlagen.

8 er Krieg zur See. Kopenhagen, 4. September. (W. T. B.) Der an der finnländischen Küste untergegangene Dampfer „Sven Rin⸗ ström“ ist, wie gemeldet wird, wahrscheinlich zwischen Wasa und Mäntyluofo auf eine Mine gestoßen. Der Dampfer hatte als Ladung Eisen an Bord, das von Gefle nach Finnland bestimmt war. Ueber das Schicksal der Besatzung liegen Nachrichten nicht vor.

Der Krieg der Türkei gegen den Vierverband.

Konstantinopel, 4. September. (W. T. B.) Bericht des Hauptquartiers: Auf der Dardanellenfront im Ab⸗ schnitt von Anaforta zerstörte unsere Artillerie südlich von Azamkdere ein feindliches Maschinengewehr. Unsere Auf⸗ klärungskolonnen überraschten an verschiedenen Stellen feindliche Gräben und erbeuteten eine Anzahl Kriegsgerät und Telephon⸗ material. Bei Ari Burun nichts von Bedeutung. Bei Sedil Bahr beschoß der Feind am 2. September zu Lande und von der See aus während zweier Stunden ergebnislos Altchitepe und Umgebung. Auf dem linken Flügel ver⸗ ursachte unser Feuer eine Explosion in der Stellung der feind⸗ lichen Minenwerfer. Eine Mine, die wir zur Explosion brachten, zerstörte Stacheldrahtanlagen des Feindes, die zum Schutz gegen unsere Bombenwürfe dienen sollten. Sonst nichts von Bedeutung.

Konstantinopel, 5. September. (W. T. B.) Das Hauptquartier teilt mit: Am 4. September brachten wir in den Dardanellen ein feindliches Unterseeboot zum Sinken. Wir nahmen drei Ofsiziere und 25 Mann seiner Besatzung gefangen. Im Abschnitt von Anaforta führten unsere Erkundungsabteilungen erfolgreich nächtliche Ueberfälle aus und nahmen dem Feinde von neuem zahlreiche Beute ab. Am 4. September verursachten unsere Artilleristen auf einem feindlichen Transpotschiff an der Küste von Bujuk Ke⸗ mikli einen Brand. Bei Ari Burun feuerte die feind⸗ liche Artillerie mit Unterbrechungen und ohne Erfolg gegen die Uferfront Altchitepe. Am 4. September bombardierten unsere anatolischen Batterien an der Meerenge wirksam feind⸗ liche Barken des Feindes am Kap Elias Burun, seine ge⸗ deckten Stellungen bei Mortoliman sowie seine Batterien und Lager bei Sedil Bahr. Infolge unseres Bombarde⸗ ments versuchten die feindlichen Batterien zu erwidern, wurden jedoch zum Schweigen gebracht. Auch wurde der Feind ge⸗ nötigt, seine Lager zu räumen und neue aufzuschlagen. Am Abend zwangen unsere Batterien feindliche Torpedoboote, die sich dem Eingang der Meerenge zu nähern versuchten, zur Rückkehr. Ein feindlicher Dampfer, der längere Zeit unter dem Feuer unserer Artillerie blieb, wurde in der Dunkelheit auf die hohe See hinausgeschleppt. Auf den übrigen Fronten ist keine Veränderung eingetreten.

Konstantinopel, 5. September. (W. T. B.) Wie aus Erzerum gemeldet wird, versuchte der Feind nördlich vom Araxes einen nächtlichen Ueberfall auf die türkischen Truppen. In kräftigem Gegenangriff wurden die Russen zurück⸗ geschlagen und auf ihrer regellosen Flucht mit Bomben⸗ würfen bis zu ihren Verschanzungen verfolgt, wobei sie große Verluste erlitten. 400 Russen, die kürzlich gefangen genommen wurden, sind in Sivas eingetroffen.

Statistik und Volkswirtschaft.

Die Unfallversicherung beim deutschen Bergbau im Jahre 1914.

Der jetzt erschienene Verwaltungsbericht der für das Gebiet des ganzen Reichs zur Entschädtgung aller Betriebsunfälle im Bergbau gebildeten Knappschaftsberufsgenossenschaft für das Jahr 1914 gibt ein übersichtliches Bild von den bedeutenden Aufwendungen der deutschen Bergwerke auf dem Gebiete der Unfallversicherung. Der Anfang August 1914 ausgebrochene Krieg hat auch hemmend auf den Bergbau eingewirkt, da sehr viele Bergleute dem Rufe zur Fahne folgen mußten. Die Zahl der im Jahre 1914 durchschnittlich be⸗ schäftigt gewesenen und gegen die Folgen von Unfällen versicherten Personen ist von 918 805 im Vorjahre auf 841 118 im Berichts⸗ jahre, also um 77 687 oder um 85 v. H. zurückgegangen. Die an die Versicherten gezahlten Löhne betrugen 1268 Millionen Mark gegen 1458 Millionen Mark im Jahre 1913; sie stellten sich im Berichtsjahre um 190 Millionen Mark oder um 13 v. H. niedriger. Auf einen Versicherten entfielen im Durchschnitt 1508,28 im Bezirke der 45 % (1914:376 887) aller Bergarbeiter Deutschlands beschäftigenden Sektion Bochum 1733,34 gegen durchschnittlich 1587,52 im Vorjahre. Der geringeren Zahl der beschäft gten Per⸗ sonen entsprechend ging auch die Zahl der angemeldeten Unfälle zurück. Im Januar 1914 betrug diese 13 268, im August, dem ersten Kriegsmonat, nur 7005; in den folgenden Monaten ging die Zahl wechselnd wieder in die Höhe, belief sich aber im Dezember doch nur auf 8368. Im ganzen Jahre 1914 kamen 122 982 Unfälle zur An⸗ meldung, von denen 12 672 entschädigungspflichtig wurden. Tödlichen Verlauf hatten 1922 Unfälle; aus diesen hinterblieben 1327 Witwen, 3718 Kinder und Enkel und 72 ent⸗ schädigungsberechtigte Verwandte aufsteigender Linie. Im Vor⸗ jahre 1913 hatte die Zahl der angemeldeten Unfälle 133 710 und die der entschädigungspfl chtigen 13 763 betragen; Unfälle mit tödlichem Verlauf waren im Vorjahre 2121 gezählt worden. Die seit Jahren wiederkehrende Erschelnung, daß die größte Zahl der Unfälle an den Dienstagen und die kleinste an den Montagen sich ereignet, zeigt sich auch im Berichtsjahre; im Durchschnitt der Jahre 1894 bis 1914 entfallen auf die Dienstage 16,88 %, auf die Montage nur 15,48 % der Gesamtzahl. Die Ursache davon liegt in dem Um⸗ stande, daß am Montag eine große Zahl von Bergleuten nicht arbeltet und deshalb keinen Betriebsunfall erleidet; die Folgen des Feierns am Sonntag und Montag kommen in der größeren Zahl der Unfälle am Dienstag zum Ausdruck. Dte Zahl der durch die Gefährlichkeit des Betriebes an sich entstandenen entschädigunaspflichtigen Unfälle, deren Vermeidung nicht möglich war, betrug 67,05 % gegen 68,07 % im Vorjahre. Auf Mängel des Betriebes entfi len 1,08 % im Vor⸗ jahre 1,72 %, der Schuld der Mitarbeiter fielen 3,25 %, im Jahre

1913 3 ½ % und der Schuld doer Verletzten selbst 28,27 % gegen 27,38 % im Vorjahre zur Last. Von sämtlichen Uafällen verursachten die Versicherten 31,2 %, im Vorjahre stellte sich die Zahl auf 30,21 %0. Die von den Betriebsunternehmern allein aufzubringende Unfallast betrug über 31 Millionen Mark gegen nahezu 33 Millionen Mark im Vorjahre. Der Grund für die Verringerung der Umlage ltegt aber nicht in einem Fallen der Entschädigungen, sondern darin, daß von einer Erhöhung des Betriebsstocks, die im Jahre 1913 auf 2 ½ Millionen Mark bemessen war, mit Rücksicht auf den Krieg abgesehen worden ist. Auf je 1 Arbeiter emfielen an Unfallaft 37,2s gegen 35,724 ℳ6

Umlage um über 1 ½ Million Mark niedriger war als im Vorjahre.

Der Grund hierfür liegt darin, daß infolge des Krieges die Zahl der Versicherten um 8 5 % und die Summe der gezahlten Löhne um

13,0 %, die Umlage aber nur um 5,9 %. zurückgegangen ist. Die im 8 Betriebsjahre gezahlten Un fallentschädigungen betrugen nabe, u 30 Millionen Mark gegen noch nicht ganz 29 Millionen Mark im Vor⸗ jahre 1913. Einschließlich der im Berichtsjahre hinzugekommenen 12 671 haben sich seit dem Inkrafttreten der reichsgesetzlichen Unfall.

* versicherung, seit 1885/86, im deutschen Bergbau msgesamt 224 147

entschädigungspflichtige Unfälle ereignet; davon waren 1914 noch 88 563 zu entschädigen. Wie seit Jahren, wuchs auch 1914 die durchschnittliche Vollrente, und zwar von 840,64 i. J. 1913 auf 861,40 ℳ, im Bezirk der Sektion Bochum auf 955,08 im Berichtsjahre. Im Gesamtdurchschnitt entfielen auf leinen Renten⸗ empfänger 266,11 (im Bezirk der Sektion Bochem 294,75 ℳ) gegen 258,79 im Vorjahre, das sind 30,90 % der Vollrente gegen 30,78 % im Vorjahre. Der Rücklage, die nun die Höhe von mehr als 75 ½ Millionen Mark erreicht hbat, wurden 2 Millionen Mark zu⸗ geführt. Etnen für die Allgemeinheit noch bes onders interessanten Ab⸗ schnitt des Berichts bilden die ausführlichen Mitteilungen über die Unfallnervenheilanstalt „Bergmannswohl“ in Schkeuditz, über die Versuchsstrecke der Knappschaftsberufsgenossenschaft zu Derne und über das Grubenrettungswesen in den Sektionsbezirken.

Zur Arbeiterbewegung.

Das schottische Munitionsgericht in Glasgow ver⸗ urteilte, wie „W. T. B.“ erfährt, 17 Schiffbauer, die seit dem 26. August ausständig waren, zu je 10 Pfund Sterling oder 30 Tagen Haft mehrerer Arbeiter, die bei den im Bau befindlichen Schlffen auf

trödelten, anstatt zu arbeiten. Seitdem streikten 426 Schiffbauer. Eine Konferenz von 22 Gewerkschaften in Woolwich forderte von Lloyd George für sämtliche von der Regierung beschäftigten Ar⸗ beiter des Londoner Bezirks für Stückarbeit eine Kriegs⸗ zulage von 4 Schilling und 10 Pence, die einer Gruppe von Arbeitern bewilligt worden war.

85

Wohlfahrtspflege.

Die Fürsorge für die Hinterbliebenen gefallener Kriegsteilnehmer wird in Berlin seit Monaten von der „Zentrale für private Fürsorge“, Flottwellstraße 4, ausgeübt. Ihrer jahrelang gepflogenen Arbeitsweise getreu, sucht die Zentrale in enger Verbindung mit der „Nationalstiftung für die Hinter⸗ bliebenen der im Kriege Gefallenen“ das Schicksal der Krieger⸗ Eltern, ⸗Witwen und ⸗Waisen so zu gestalten, daß eine durchgreifende Hilfe es ihnen ermöglicht, sich eine neue, selbständige Existenz auf ge⸗ sunder wirtschaftlicher Grundlage zu schaffen. Es ist ihr bereits in vielen hundert Fällen gelungen, die wirtschaftlich n Verhältnisse durch Verhand⸗ lungen mit Gläubigern und Hauswirten zu regeln, kleinere Geschäfts⸗ betriebe nach Möglichkeit zu erhalten oder eme neue, den jetzigen Umständen der Kriegerwitwen angepaßte Berufsausbildung durchzuführen. Dabei er⸗ gibt sich eine umfassende Jugend⸗Fürsorge, die besonders auf eine gute Schule und berufliche Ausbildung der Kinder Wert legt und den Müttern in schwierigen Erziehungsfragen zur Seite steht. Auch für eine weitgehende gesundbheitliche sorge an den oft durch die langen Kriegsmonate erschöpften und nach dem Tode des Mannes gänzlich zu⸗ sammengebrochenen Witwen wird durch Beschaffung von Erholungs⸗ aufenthalt oder Kräftigungsmitteln Sorge getragen. Die Anbahnung persönlicher Beziehungen zu den oft sehr bedrückten Kriegerwitwen er⸗ sißt sich dabei von selbst und hilft oft die Durchführung der erforder⸗ ichen Maßnahmen fördern. Dieser schwierigen Arbeit kommen natur⸗ gemäß die seit 2 Jahrzehnten gesammelten Erfahrungen der Mitarbeiter⸗ schaft der Zentrale für private Fürsorge fehr zustatten und ermöglschen es ihr, eine wirklich umfassende, durchgreifende Fürsorge in einer großen Anzahl von Fällen auszuüben und so dem Volkwirtschaftsleben gesunde, gesicherte Familienverhältnisse und eine gut erzogene junge Generation zu erhalten. Die Zentrale, die in enger Fühlung mit allen wichtigen Feeshegs arbeitet, erstrebt einen Zu⸗ sammenschluß aller in Berracht kommenden Kreise auf dem Gebiete der Wohlfahrtspflege, um sich auf diese Weise zu einer Zentralstelle für die Hinterbliebenenfürsorge in Berlin auszubauen. Zu diesem Zwecke veranstaltet die Zentrale einen Ausbildungskursus für die sich auf dem Gebiete der Hinterbliebenenfürsorge betätigenden Personen.

Zur Fürsorge für die Kriegsblinden veröffentlicht der Leiter der Königlichen Blindenanstalt in Berlin⸗Steglitz, Schulrat Matthias, im „Blindenfreund“ einen Beitrag, in dem er Anregungen dafür gibt, wie den Kriegsblinden über das gesetzliche Maß hinaus geholfen werden kann. Er führt u. a. aus: Nach menschlicher Vor⸗ aussicht wird die Zahl der nahezu 34 000 Blinden Deutschlands durch den Krieg um etwa 500 vermehrt: dieselbe Zahl wie vor hundert Jahren nach den Freiheitskämpfen. Für diese ist zunächst in wirtschaftlicher Hinsicht zu sorgen. An erster Stelle tut das Reich seine Pflicht. Nach den Reichsgesetzen vom 31. Mai 1906 hat der erblindete Krieger u. a. eine jährliche lebenslängliche Rente von 1368 zu erhalten, die sich für Unteroffiziere um 60 ℳ, für Sergeanten um 18) ℳ, für Feldwebel um 360 erhöht. Die Kriegspension eines erblindeten Offinsers beläuft sich auf wenigstens 4000 ℳ. Dazu kommen für viele die Ansprüche auf Invalidenrente. Schwierig können sich jedoch die Verhältnisse der äl teren, ver⸗ heirateten und den gebildeten Ständen und höberen Berufen angehörenden Personen gestalten, da sich die Rente nur nach dem Dienstgrade richtet und das bisherige bürger⸗ liche Einkommen bei deren Festsetzung nicht berücksichtigt wird. Hier ist nun ein weites Betätigungsfeld für hoch⸗ herzige Spenden gegeben. Es kann mit Stolz gesagt werden, daß durch freiwillige Gaben bereits ansehnliche Summen zusammengebracht sind. Ein an erster Stelle vom Oberkomman⸗ dierenden in den Marken unterzeichneter „Aufruf zur Sammlung eines Kapftals zur Unterstützung erblindeter Krieger“ hat bis Anfang August allein einen Ertrag von über 2 Millionen Mark gehabt. Eine Dame in Berlin hat im vorigen Sommer unaufgefordert 100 000 für Kriegsblinde gestiftet. Das Sammelergebnis der „Kitegsblindenstistung“ ergab bereus über 500 000 ℳ. Nicht ohne Rührung wird man hören, daß eine Sammlung bei den mobilen Truppen des 18. Armeekorps über 41 000 e Weniger erfreutich zu lesen ist, bemerkt Schulrat Matthias, daß man sich in Ton und Begründung der Aufrufe oft bedauerlich vergreift und von dem Blinden als den Unglücklichsten der Unglücklichen redet, die für alle Berufe verloren und völlig —.æᷣf fremde Wartung und Pflege ange⸗ wiesen seien. Das heißt die Kriegsblinden irrtümlich für wirtschaßr⸗ lich und gesellschaftlich tot erklären. Nicht Almosen, sondern Arbeit gebe man dem Blinden; zu neuer, freudiger Erwerbstätig⸗ keit verhelfe man ihm mit allen Mitteln, nicht zu einem Bettlerdasein?!

im Vorjahre, auf je 1000 Lohnsfumme 24,720 gegen 22, 8 . Hier sind also im Berichtsjahre Steigerungen eingetreten, obwohl die

Der Ausstand erfolgte wegen Entlassung— der Fairfield⸗Werft rauchten, Zeitungen lasen und die Zeit vere.—