1915 / 212 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 08 Sep 1915 18:00:01 GMT) scan diff

mitten des Dorfes. Es ist ein Zeichen der Widerstandskraft und Wetterbeständigkeit für den⸗ das solange den Unbilden der Witterung getrotzt hat. Professor Peters schließt seine Ausführungen mit fol⸗ ender Mahnung: „In einer Zeit, in der die alles ausgleichende Stadrfunst in die entlegensten Winkel zieht, müßte es als eine Pflicht betrachtet werden, aus früheren Zeiten noch zu retten, was zu retten ist, und solche ehrwürdigen Zeugen einer schlichten Bauernkunst und eines frommen Bauernsinnes zu schützen und zu erhalten. Mögen auch hier die Bestrebungen der Denkmalpflege und des Heimatschutzes eingrelfen und den rechten bleibenden Erfolg haben.“ 11“

Ausstellungsnachrichten.

Elne Kupferschau aus Anlaß der Metallbeschlagnahme hat in Nürnberg, wo einst das Kupferschmiedsgewerbe in hoher Blüte stand, das Germanische Nationalmuseum im Saale seines Kupfer⸗ stichkabinetts veranstaltet. Die Ausstellung, die aus öffentlichem und privatem Besitz unter starker Beteiligung des Altertümerhandels in der Eile zusammengebracht wurde, verfolgt den praktischen Zweck, das Publikum und die Vollzugsorgane der Behörden über die weniger augenfälligen Schönheiten des alten Gebrauchskupfers aufzuklären. Neben ausgesprochenen Kunstformen sind darum hauptsächlich solche Gegenstände ausgestellt, die an sich unter die Beschlagnahme fallen können (wie alte Wasserbehälter und ⸗Kannen, Backformen u. dergl.), aber durch Gestalt und Zierat kunst⸗ und kulturgeschichtlichen Wert besitzen. Insbesondere soll das Interesse auf die zarte alte Punzlerung gelenkt werden, die nur zu häufig geringer geachtet wird als aufdring⸗ liche halbmoderne Geschmacklosigkeiten. Die Bestimmung, daß Kupfergeräte mit Beschlägen im allgemeinen nur als Altmetall gelten, hat dazu geführt, daß gute alte Stücke durch voreilige Entfernung x. zerstört wurden. Das sollte tunlichst überall verhindert verden. 8

8

Postaufträge nach der Schweiz können mit dem Vermerk „zur Schuldbetreibung“ versehen sein. Werden solche Postaufträge nicht eingelöst, so fordert die schweizerische Postverwaltung die Auf⸗ traggeber auf, ein förmliches Betreibungsverlangen, das Namen und Wohnort des Gläubigers und des Schuldners, die Forderungssumme in gesetzlicher Schweizerwährung und Art und Datum der Forderungs⸗ urkunde oder in Ermangelung einer solchen den Grund der Forderung enthalten muß, sowie den gesetzlichen Kostenvorschuß einzusenden, der 1,05 Fr. für Forderungen bis 100 Fr. und 1,75 Fr. für höhere Forderungen beträgt. Außerdem sind ein schweizerischer Gerichtssitz und eine dort wohnhafte Person zu bezeichnen, der die Betreibungs⸗ unrkunden zugestellt werden sollen. Wird diesen Vorschriften nicht genügt, so geht der Postauftrag an den Aufgabeort zurückk.

Nr. 37 des „Zentralblatis für das Deutsche Reich“, herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 3. September 1915 hat folgenden Inhalt: Justizwesen: Aenderungen und Ergänzungen

des Verzeichnisses der mit der Einziehung von Gerichtskosten be⸗ trauten Behörden (Kassen). Zoll⸗ und Steuerwesen: Zulassung von Waldmeister als Tabakersatzstoff. Veränderungen in dem Steande und den Befugnissen der Zoll⸗ und Steuerstellen. Handels⸗ und Gewerbewesen: Vertriebsgesellschaften für den Steinkohlen⸗ und Braunkohlenbergbau. Polizeiwesen: Auswelsung von Ausländern aus dem Reichsgebiete.

Theater und Mufik

Lessingtheater.

Das Lessingtheater griff gestern auf ein Schauspiel zurück, das

vor zehn Jahren an dieser Bühne, als sie noch unter Brahms Leitung stand, seine Uraufführung erlebt hatte: „Stein unter Steinen“ von Hermann Sudermann. Das Schauspiel, das mit seiner handfesten Theatralik und an das Volksstück gemabnenden Rührselig⸗ keit dereinst dem überfeinerten Geschmack der Lessingtheaterbesucher nicht behagen wollte, erregte gestern keinen Meinungsstreit mehr. Ist eine innere Wandlung des Publikums vor sich gegangen, durch die g einfacheren Gefühlsregungen zugänglicher geworden ist, oder machte sich gestern nur eine gewisse Duldsamkeit gegenüber einem Stück geltend, über das die Akten bereits geschlossen sind? Es ist schwer zu entscheiden. Die gestrige Aufführung des Schauspiels stand, obwohl mit Ausnahme des dem Lessingtheater wiedergewonnenen Albert Bassermann, lauter neue Kräfte am Werke waren, der des Jahres 1905 keineswegs nach. Besonders stark fesselte der dritte in der Kantine spielende Akt mit seinem wirksamen Schluß, während die Stimmung nach dem vierten merklich abflaute. Als Darsteller ist Albert Bassermann, der den um seine bürgerliche Existenz ringenden, entlassenen Sträfling Jakob Biegler spielte, wiederum an erster Stelle zu nennen. Erich Kaiser⸗Titz als sein Gegenspieler raf den Ton des abstoßend rohen, weltmännisch selbst⸗ ewußten Steinmetzen Göttlingk ebenfalls sebr überzeugend. Als Zuchthaushumorist Struve führte sich Hermann Vallentin, das bisherige belitebte Mitglied des Königlichen Schauspiel⸗ hauses, mit Glück an seiner neuen Wirkungsstätte ein. Auch der bis an die Grenze der Möglichkeit menschenfreundliche Steinmetzmeister Zarncke fand in Kurt Götz einen trefflichen Vertreter. Nicht minder gut waren die weiblichen Rollen besetzt. Das urwüchsige Talent von

Verkehrswesen. 8

Dagny Servaes hob die sympathische Gestalt der Lore kräftig hervon; rührend wirkte die verwachsene und kränkliche Tochter des Steinmetz⸗ meisters, Marie, in der Wiedergabe Irmgard von Hansens und un⸗ aufdringlich drollig die schwatzhafte Wirtschafterin Paula Ebertys. Die Herren Ziener, John, Neßler und Platen vervollständigten in den kleineren Rollen das feinabgetönte Zusammenspiel, um das sich der zuleßt auch hgn Spielordner verdient gemacht hatte.

Morgen, Donnerstag, werden im Königlichen Opernhause „Die lustigen Weiber von Windsor“ in folgender Besetzung gegeben: Frau Fluth: Fräulein Alfermann; Frau Reich: Frau Goetze; Anna Reich: Frau Engell; Falstaff: Herr Knüpfer; Fluth: Herr Bischoff; Reich: Herr Krasa; Fenton: Herr Sommer; Spärlich: Herr Henke; Cajus: Herr Wolter vom Hoftheater in Schwerin als Gast. Diri⸗ gent ist der Kapellmeister von Strauß.

Die Spielzeit des Königlichen Schauspielhauses, die mit Rücksicht auf szenische Schwierigkeiten nicht, wie ursprünglich vor⸗ gesehen, am 1. September beginnen konnte, wird am Sonnabend, den 11. d. M., eröffnet werden, und zwar mit einer Aufführung von Wildenbruchs „Quitzows“ (178. Dauerbezugsvorstellung). Es folgen am Freytags „Journalisten“ (179. Dauerbezugsvorstellung) Wund am Montag Lessings „Minna von Barnhelm“ (180. Dauer⸗ bezugsvorstellung). Der Vorverkauf der Eintrittskarten beginnt am morgigen Donnerstag.

Fräulein Maria Fein, bisher am Hoftheater in Dresden, beginnt am Montag ihre Tätigkeit am Deutschen Theater. Sie spielt in der Neueinstudierung von Hebbels „Judith“ die Titelrolle. W1111“

Mannigfaltiges. Berlin, 8. September 1915.

Der Oberbefehlshaber in den Marken, Generaloberst von Kessel erläßt unter dem 7. September d. J., wie „W. T. B.“ mitteilt, folgende Bekanntmachung: „Für den Landespoltzeibezirk Berlin und für die Gemeinden im Kreise Teltow, Berlin⸗Treptow, Berlin⸗Britz, Berlin⸗Dahlem, Berlin⸗Friedenau, Berlin⸗Grunewald, Berlin⸗Johannisthal, Berlin⸗Lankwitz, Berlin⸗Lichterfelde, Berlin⸗ Mariendorf, Berlin⸗Niederschöneweide, Berlin⸗Schmargendorf, Berlin⸗ Steglitz, Berlin⸗Tempelhof, im Kreise Niederbarntm, Berlin⸗Pankow, Berlin⸗Reinickendorf, Berlin⸗Weißensee, bestimme ich biermit im An⸗ schluß an meine Bekanntmachung vom 13. Juli 1915, O.⸗Nr. 34 458: Zur Ersparung von Beleuchtungsstoffen wird die Fort⸗ lassung der Beleuchtung an allen mit Pferden bespannten Fuhr⸗ werken noch bis einschließlich 15. Oktober 1915 gestattet. Die be⸗ stehenden polizeilichen Vorschriften treten insoweit außer Kraft.“

Ueber Kriegsnagelungen schreibt der Professor Dr.⸗Ing. H. Phleps⸗Danzig im „Zentralblatt der Bauverwaltung“: An einer Hausecke in der Nähe des Stephandomes in Wien steht ein mit un⸗ zähligen eisernen Nägeln benagelter kleiner Baumstamm. Die Sage erzählt, daß jeder, der an dem Gotteshaus des heiligen Stephan mit⸗ gewirkt hötte, sich mit einem Nagel an diesem Erinnerungsmal ver⸗ ewigte. Unser jetziger Krieg hat diese Sitte neu erweckt. So wie der schlichte Wiener Werkmann durch eine Nagelung dem der Gottheit gewidmeten Denkmal huldigen wollte, gedenkt man nun im ganzen Deutschen Reiche in ähnlicher Handlung seiner Ehr⸗ furcht und Hingebung zu Kaiser und Reich äußerlich Ausdruck zu verleihen. Um den Kriegsnöten zu steuern, soll mit der Nage⸗ lung zugleich eine Opfergabe an Geld verbunden sein. Hier⸗ mit allein ist der gewollte Zweck noch nicht erreicht. Da der genagelte Holzkörper zugleich als Erinnerungsmal an den vaterländischen Geist während des Krieges späteren Geschlechtern erhalten bleiben soll, ergibt sich zugleich der künstlerische Gedanke, den genagelten Aufbau in eine eigenartige Form zu kleiden. Man hat bisher hierbei vor⸗ wiegend zu figürlichen Formen gegriffen. So ging z. B. zuerst Wien mit einem eisernen Ritter voran. In Deutschland betraten mehrere Städte einen ähnlichen Weg, Heilbronn mit einem Eisenhart, Mannheim mit einem eisernen Roland, Hamburg mit einem eisernen Michael (2,70 m hoch), Bremen mit einem eisernen Roland, Emden mit einem „Isern Keerl van Emden“ (2 m hoch), Breslau mit einem eisernen Michael (2 ½m hoch) und Berlin mit einem 10m hohen Hindenburg⸗ Frank⸗ furt a. M. wählse einen sitzenden Adler, Lübeck den Doppeladler seines Wappens, Potsdam und Wannsee begnügten sich mit einfachen eisernen Kreuzen, Goslar griff zu drei Schilden, die Hindenburg, Weddigen und den namenlosen Helden gewidmet sind, und Schöne⸗ berg entschied sich für eine Tür. Bei den meisten dieser Wahrzeichen unterließ man es, die Formengebung den technischen Bedingungen anzupassen. Die erste Erwägung hierüber betrifft die Form an sich. Es muß zu allererst dafür Sorge getragen werden, daß die Nägel einen sicheren Halt bekommen, daß die Gefahr des Aufeinander⸗ treffens einzelner Nägel ausgeschlossen bleibt und daß sie an jeder Stelle leicht eingeschlagen werden können. Aus diesem Grunde sind spitze Winkel, kleine buckelartige Erhöhungen und scharfe Einschnitte zu vermeiden. Figürliche Darstellungen bergen aber diese Mißstände stets in sich, und deshalb werden solche Stellen durch die Nagelung immer unschöne Veränderungen erleiden. Dte für Nagelungen günstigen Formen setzen sich nach dem Angeführten aus geraden Flächen, Rundkörpern, stumpfwinkligen und flachgewellten Vorsprüngen zusammen. Eine zweite Erwägung muß dafür Vorsorge treffen, daß der genagelte Körper, wenn er der Einwirkung des Wetters preis⸗ gegeben wird, nicht Risse bekommt. Hierzu dienen eiserne Sicherungen. Diesen beiden grundlegenden Erwägungen entsprechen am meisten die

Tafel oder die Säule. Als nächstliegende Form für Tafelnage⸗

lungen kann man die Tür als Eingangstür von Kirchen und öffent⸗

lichen Gebäuden waͤhlen und je nach den Mitteln Neues schaffen oder alte Türen benutzen. Wenn auch die elung bei letzteren eine will⸗ kürliche Zutat darstellt, werden sich ihre Merkzeichen sei es ein eisernes Kreuz, ein Adler, ein Schwert, ein Eichenzweig, eine Fackel, der Namenszug unseres Allerhöchsten Kriegsherrn oder allein die Jahreszahl des Kriegsjahres selbst leicht einfügen lassen. Man könnte auch besonders geformte der Nagelung dienende Tafeln auf⸗ schrauben. Außerdem lassen sich tafelförmige Wahrzeichen gesondert bei Innen⸗ und Außenwänden von Kirchen, Rathäusern und Stadt⸗ toren aufhängen. m Freien muß dafür Sorge getragen werden, daß das Holz vor Einflüssen der Feuchtigkeit bewahrt bleibt. Das kann außer den üblichen das Werfen Lerhindernden Vor⸗ kehrungen ein Schutzdach und ein metallener Randschutz bewirken Für eine zweite Form genagelter Wahrzeichen wären einfache Balken vor⸗ zuschlagen, die, ein⸗ oder zweiseitig genagelt, in Torwegen oder Vor⸗ hallen von öffentlichen Gebäuden in wagerechter Lage aufgehängt werden können. Diese Form dürfte sich für kleinere Gemeinden eignen und trotz ihrer Einfachheit sich als wirkungsvoll erweisen. Es ist von Wichtigkeit gerade für die kleinen Gemeinden, wo die Mittel gering sind, nach eigenartigen Wahrzeichen zu suchen. Wäre es nicht angebracht, über den genagelten Gegenstand hinwegzugehen und außer diesen auch Gebilde der Natur heranzuziehen? So z. B. könnte man die Tanne nehmen, die an einem besonderen genagelten Gerüst mit eiserner Deckschiene sich leicht befestigen ließe und die dann, vierteljährlich erneut, zugleich ein Zeichen ewig wach bleibenden Gedenkens an die Heldenzeit des großen Krieges darstellen würde. Allen Wahrzeichen voran dürfte die Säulenform steben, nicht allein deshalb, weil wir sie seit unserer altgermanischen Vorzeit lieben, sondern auch wegen ihrer ästhetischen wie technischen Vorzüge. Mit ihrer aufrechtstehenden Form lassen sich im Freien wie im Innern stets Bilder von eigenartigem Reiz schaffen. Ihr äußeres Gewand, ob rund oder vielkantig, verbürgt die für eine gute Nagelung not⸗ wendigen Voraussetzungen keine übermäßigen Erhöhungen und Einschnitte So haben die Stadt Danzig und die Stadt Thorn sch für Sääulen entschieden. In Danzig sitzt die Säule mit vier Eisen verankert auf einem Sockel von Kunstgranit und e Sie ist aus mehreren Teilen weichen Kiefernholzes mit Quarkleim zusammengeleimt. Um Risse zu vermeiden, hat sie eine sechsfache eiserne Bereifung erhalten. Auch das bekrönende Kreuz, an dessen Innerem Vertiefungen liegen, ist am Rande mit starkem Eisenblech geschützt. Desgleichen trägt der Uebergang vom Kreuz zum Schaft ein Eisenkleid. Auf diese Weise ist dem Einwirken der Witterung schon in der Verteilung der Baustoffe Einhalt geboten. Die Säule wurde zweimal mit heißem Leinöl gestrichen. Wenn die Nagelung, die in Form eines silbernen Ornaments auf eisernem Grund vollzogen wird, vollendet ist, so werden die eisernen Nägel in gewissen Zeitabschnitten mit einem schützenden Anstrich versehen werden. Die eisernen Relfen des Schaftes dienen außer technischen Zwecken zugleich als die ehernen Verkünder unserer Fürsten und Helden, soweit sie auf den Osten Bezug haben. Der oberste Reif trägt die Namen des Kaisers sowie des Kronprinzen und des Prinzen Heinrich, der zweite Reif: Hindenburg, Mackensen, Falkenhayn, der dritte: Tirpitz, Spee, Weddingen. Das Eisenwerk wurde schwarz gestrichen, die Buchstaben blaugrün. Für die Kronprinzessin, die mit ihrem Nagel und den Nägeln für die kronprinzlichen Kinder die Nagelung selbst einleitete, wurde eine besondere Stelle in Wappen⸗ form ausgespart. Als Rand dieses Wappens reihen sich die Nägel der Ehrengäste. An der Thorner Säule sind die gleichen Beweg⸗ gründe wie am vorigen berücksichtigt worden. Hier sollte das Kreuz allein genagelt werden, was auf die Gesamterscheinung ihres Auf⸗ baues wesentlich einwirkte. Bei geringen Mitteln konnte man sich begnügen, nur einzelne Stellen einer Säaͤule zu benageln. Es lassen sich auch hier, besonders durch die metallenen Bekrönungen, leicht eigenartige Formen bilden. Auch der Gedanke, solche Säulen zugleich als Kranzhalter auszubilden, läßt sich leicht und billig in die Tat umsetzen und gibt dem Denkmal einen neuen Wert. 8

Auf der Treptower Sternwarte finden in den nächsten

Tagen folgende kinematographischen Vorführungen mit erklärenden Vorträgen statt: Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: „Unser Heer in Krieg und Frieden, um 5 Uhr: „Unsere Feldgrauen an der Front“, Abends 7 Uhr: „Siegeszug der Verbündeten in Galizien“; Mittwoch, den 15. September: „Aus fernen Landen“. In jedem kinemato⸗ graphischen Vortrag werden neue Kriegsfilme vorgeführt. Am Dienstag, den 14. September, Abends 7 Uhr, spricht der Direktor Dr. F. S. Archenhold an der Hand zahlreicher Lichtbilder über: „Das Geheimnis des Weltenbaues“, am Sonnabend, den 11. Sep⸗ tember, Nachmittags 5 Uhr, wird der Lichtbildervortrag: „Unser Planetensystem“ gehalten. Mit dem großen Fernrohr können Doppelsterne, der „Jupiter“ und der Mond beobachtet werden.

Kopenhagen, 7. September. (W. T. B.) An Bord des norwegischen Dampfers „Marie“, der mst einer wertvollen Stückgutladung nach London unterwegs war, brach am 2. September während heftigen Sturms Feuer aus, das sich schnell über das ganze Schiff verbreitete, sodaß die Besatzung gezwungen war, in die Boote zu gehen. Zwei Boote wurden vom Sturme weggerissen, ein drittes, in das sich die Besatzung rettete, lief zur Hälfte voll Wasser. Die Schiffbrüchigen wurden schließlich von dem griechischen Dampfer „Marcella“ aufgenommen und in Port Talbot gelandet.

(Fortsetzung des Amtlichen und Nichtamtlichen in der 8 G

Ersten Beilage.)

8 Freitag: Rausch. Th eater Sonnabend:

Königliche Schauspiele. Donners⸗ 1. Teil. tag: Opernhaus. 183. Abonnements⸗ 8223 Die lustigen Weiber von DNeutsches Theater. (D

udsor. in 4 Akten nach Shakespeares gleich⸗ Faust, 2. Teil. namigem Lustspiel von H. S. Mosenthal. reitag: Faust, 1. Teil. RMait van uo, Uienet. kuglsch wE1. Leitung: Herr Kapellmeister von Strauß. 1.gn Regie: Herr Oberregisseur Droescher. un Ballett: Herr Ballettmeister Graeb. Chöre: Weibsteuf 24 Herr Professor Rüdel. Anfang 7 ½ Uhr. 4 1 : Opernhaus. 184. Abonne⸗ mentsvorstellung. Alda. Oper in vier kten (7 Bildern) von G. Verdi. Text von Antonio Ghislanzoni, für die deutsche Bühne bearbeitet von Julius Schanz. Anfang 7 ½ Uhr. * ——— ““ Abends 8 ¼ 8 äuber. Berliner Theater. Donnerst, Abends 8 Uhr: Extrablätter! Heitere Bilder aus ernster Zeit von Bernauer⸗Schanzer und Gordon. Musik von Walter Kollo und Willy Bredschneider. lottenburg,

blätter! Phantastische Oper in drei B

niaarũ Vorspiel und einem Epilog nach Th. Phantastisches Tanzspiel in 7 Bildern Theater in der Königgrützer Amadeus Hoffmanns Novoellen von Jules und einem Vorivpiel. Straße. Donnerstag, Abends 8 Uhr: Barbier. Musik von Jacques Offenbach. Nedbal. Vorher: Am Wörther See. Freitag: Die Fledermaus. Hoffmanns Erzäh⸗

Ueber die Kraft, 1. Teil. Schauspiel in zwei Akten von Björnstjerne Björnson. Deutsch von Julius Elias.

Sonnabend: lungen.

Ueber die

Komisch⸗phantastische Oper Reinhardt). Donnerstag, Abends 6 ½ Uhr:

Sonnabend: Faust, 2. Teil.

Freitag: Die deutschen Kleinstädter. Sonnabend: Stein unter Steinen. Sonnabend: Der Weibsteufel. Volksbühne. (Theater am Bülowplatz.) (Untergrundbahn Schönhauser Tor.) Direktion: Max Reinhardt.

Freitag und Sonnabend: Die Räuber. Leipziger. Musik von Gilbert.

Deutsches Opernhaus. Bismarck⸗Straße 34 37.

eitag und folgende Tage: Extra⸗ Direktion: Georg Hartmann.) Donnertt., Abends 8Uhr: Hoffmanns Erzühlungen.

Deutsches Künstlertheater. Nürn⸗

Abends 7 ¼ Uhr: Eröffnungsporstellung.

Zum ersten Male: König Salomo. Schönthan. Freitag:

rinnen.

irektion: Max

Lessingtheater. Donnerstag, Abends 68 Uhr: Stein unter Steinen. Schau⸗

le. spiel in 4 Akten von Hermann Suder⸗

Uhr: Der mann.

Freitag: Baumeister Solneß.

8 Uhr: Schauspiel Philippi.

Komische Oper. (An der Weiden⸗ dammer Brücke.) Donnerstag, Abends 8 Uhr: Jee herun man sein.

. Operette in drei ö““ und Erich Urban.

Freitag und folgende Tage: Jung

uuß man sein. Taufstein.

(Char⸗

Theater des Westens. (Station:

Zoologischer Garten. Kantstraße 12.) ildern, einem Donnerstag, Abends 8 Uhr: Andersen.

Musik von Oskar feste druff!

Liederspiel von Thomas Koschat. Freitag und folgende Tage: Andersen. Vorher: Am Wörther Cee.

feste druff!

Schillerthenter. o. (Wallner⸗

gerstr. 70/71, gegenüber dem Zoologischen theater.) Donnerstag, Abends 8 Uhr: Schönfeld.) Donnerstag: - 8 Garten.) Sonnabend, den 11. September, Der Raub der Sabinerinnen. Schwand nenan Segofsen

Charlottenburg. Donnerstag, Abends von Karl Ettlinger. der Menuschheit. in dre

Freitag: Rosmersholm. Sonnabend: Der G'wissenswurm.

een von Leo Leipzl Lustspielhaus. (Friedrichstraße 236.)

keo Leipziger 89 Gesangstexte von Leo .n. en. in drei Akten von Eugen Burg und Louis

Freitag und folgende Tage: schaftlicher Diener gesucht...

Theater am MNollendorsfplatz. Donnerstag, Abends 8 ¼ Uhr: feste Vaterländisches Volksstüch V in vier Bildern von Hermann Haller und Willt Wolff. Musik von Walter Kollo.

Freitag und folgende Tage:

Thaliatheater. (Direktion: Kren und

Freitag: Zum ersten Male: Drei

in vier Akten von Franz und Paul von Paar Schuhe.

Der Raub der Sabine⸗ Sonnabend: Zum ersten Male: Heimat. Bahnhof Friedrichstr.) Donnerst., Abends

Trianontheater. (Georgenstr., nahe 8 Uhr: Die Hydra. Lustspiel in 3 Akten

Freitag und folgende Tage: Die

Hydra.

——C—C—’—’—’’—

Akten von Felix

Familiennachrichten.

Gestorben: Hr. Regierungs⸗ und Forst⸗ rat a. D., Geheimer Regierungsrat Rudolf Godbersen (Berlin). Verw. Fr. Oberst Anna von Hirsch, geb. Muth

Schwanf (Magdeburg).

Herr⸗ Verantwortlicher Redakteur:

Direktor Dr. Tyrol in Charlottenburg.

Verlag der Expedition (J. V.: Mengering) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und mmer 8 rlagsanstalt, Berlin, Wilhelmstraße 32. Drei Beilagen

Immer sowie die 674. und 675. Ausgabe der Deutschen Verlustliste

5

eiger und Königlich Preu

Berlin, Mittwoch, den 8. September

8 8 8

ßischen Staatsanzeiger.

1915.

der Prägungen

Goldmünzen

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on Reich

Amtliches. Deutsches Reich. 1““ U e b e r s i ch t 1

8

smünzen in den deutschen Münzstätten bis Ende August 1915.

Silbermünzen

Nickelmünzen Kupfermünzen

Doppel⸗ kronen

Kronen

Hiervon auf Prtvat⸗ rechnung *)

Fünf⸗ Drei⸗ markstücke markstücke

Zwei⸗

Ein⸗ ünfzig⸗ markstücke Füacg

markstücke pfennigstücke

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Fünfund⸗ zwanzig⸗ pfennigstücke

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Fünf⸗ pfennigstücke

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1 255 139 50 272 327 107 000 100 000—- 500 000 -8 311 000 134 000—-

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2) Vorher waren geprägt**) .

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770 75

4) Hiervon sind wieder eingezogen 5) Bleiben 1“ 4 447 966 620][704 934 880

5 152 901 500 ℳ.

*) Einschließlich von Kronen, zu deren Prägung die Reichsbank das Gold geliefert hat.

8

J028955 78 15775521855

1 249 821 761,50 ℳ.

**) Vergl. den „Reichsanzeiger“ vom 9. August 1915, Nr. 186.

Berkin, den 7. Heptember 1915.

281 137 8601172 163 8507319 013 862⁄365 940 85411171 565 335 50 2499 678 251 ,69 912 462 20] 36 744 950 2

114 157 090,85 224 779 428,13 ℳuℳ„.

Richtamtliches.

Zu den Mitteilungen des Londoner Auswärtigen Amtes über die deutsch⸗englischen Verhandlungen im Jahre 1912, die nunmehr im Wortlaut vorliegen, schreibt die „Nord⸗ deutsche Allgemeine Zeitung“:

Der Eindruck, den wir schon von der telegraphischen Wiedergabe gewonnen, findet sich vollauf bestätigt. Es handelt sich um einen Versuch der englischen Regierung, das englische Publikum und die Welt von der einfaochen und klaren Tatsache abzulenken, daß die deutschen Bemühungen, im Winter 1912 mit England zu einer den Weltfrieden sichernden Verständigung zu gelangen, an der positiven Weigerung des englischen Kabinerts gescheitert sind, Deutschland Neutralität auch nur für den Fall zuzusichern, daß ihm ein Krieg aufgezwungen werden sollte, asso nicht absolute Neu⸗ tralität, wie das den Tatsachen entgegen Mr. Asquith in öffentlicher Rede behauptet und Sir E. Grey in der „Times“ vom 27. Januar bestätigt hat.

Wir stellen zunächst fest, daß ein Verlangen nach absoluter Neu⸗ tralität schon in dem Entwurf nicht mehr enthalten war, den Lord Haldane von Berlin nach London zurückbrachte, nachdem der Minister die erste in unserer Ausgabe vom 18. Juli dieses Jahres wiedergegebene deutsche Formel sofort als zu weitgehend zurückgewiesen hatte. Das Foreign Office wendet nun die Taktik an, besagten Entwurf, in dem die Neutralitätspflicht auf den Fall eines Krieges beschränkt wurde, in dem der beteiligte Vertrag⸗ schließende nicht als Angreifer gelten könne, in allen Einzelheiten wiederzugeben, um zu beweisen, daß es sich um einen Versuch der deutschen Re ierung gehandelt habe, Deutsch⸗ land die absolute Neutralität Englands zu sichern, sich selbst dagegen freie Hand vorzubehalten. Es wird dabei mit der Behauptung operiert, daß die deutschen Formulterungen Deutschland die Möglichkeit geboten haben würde, einen Krieg durch seine Bundesgenossen provozieren zu lassen, unter Berufung auf seine Ver⸗ tragspflichten daran teilzunehmen, gleichwohl aber von England Neu⸗ tralität zu verlangen. Daß das englische Anerbieten, sich nicht an einem „unprovozierten“ Angriff gegen Deutschland beteiligen zu wollen, England analog die Möglichkeit bot, seine Freunde zu einem Krieg gegen Deutschland zu veranlassen und dann unter dem Vor⸗ wand nicht neutral zu bleiben, daß kein unprovozierter Angriff vor⸗ liege, scheint dem Foreign Office nicht eingefallen zu sein. Ver⸗ trauen in die gegenseitige bona fides ist die natürliche und selbstver⸗ ständliche Voraussetzung für alle solche Abkommen. Bei der Auf⸗ fassung, die die deutsche Regierung von ihren Verpflichtungen gegen ihre Dreibundgenossen hegte, e sie Vorsorge dahin treffen, durch die geplanten Vereinbarungen nicht in Gegensatz zu diesen Ver⸗ pflichtungen zu geraten. Daher die Klauseln in dem deutschen Ent⸗ wurf, die die Zusicherung deutscher Neutralität für den Fall aus⸗ schlossen, daß dieselbe mit den Dreibundabmachungen nicht vereinbar war. Auch die weiteren deutschen Vorschläge erscheinen jetzt der englischen Regierung und mit ihr dem ganzen Chor der eng⸗ lischen Presse als eine hinterlistige Falle. Natürlich muß dabei der gegenwärtige Krieg als Probe aufs Exempel für die deutsche Tücke herhalten. Wir wollen ihr diesen Spaß nicht verderben, nur möchten wir als Kuriosum feststellen, daß die englische Kundgebung sich als Eideshelfer für die Behauptung, daß der Krieg tatsächlich ein deutscher Aggressivkrieg sei, auf das wortbrüchige Italien beruft. Wir haben bestimmte Gründe für die Annahme, daß die neugeknüpften Be⸗ ziehungen zu dem durch seinen Verrat für alle Zeiten gekennzeichneten Italien von seinen jetzigen Bundesgenossen als ein Pudendum an⸗ 8 werden. Wie die Anrufung des italienischen Zeugnisses lehrt,

ildet die englische Regierung, die mit einem so edlen Enthusiasmus für die Heiligkeit der Verträge in den Kampf gezogen ist, in dieser Hinsicht eine Ausnahme.

Es ist nun sehr bedauerlich, daß alle die schönen Argumente, mit denen die englische Regierung jetzt theoretisch zu beweisen sucht, weshalb die deutschen Neutralitätsformeln für England unannehmbar waren, weder Lord Haldane noch Sir E. Grey zur Verfügung standen, als sie mit dem Grafen Metternich im Winter 1912 verhandelten. Andernfalls wäre es dem Shs cha ier vielleicht möglich gewesen, die Bedenken der Minister zu beseitigen oder andere Formulierungen vorzuschlagen, die diesen Bedenken Rechnung trugen. Aus der Bericht⸗ erstattung des Grafen Metternich geht aber klar hervor, daß die englischen Minister damals ganz unumwunden zugegeben haben, daß die Sorge um die Beziehungen Englands zu Rußland und Frankreich für ihre Haltung ausschlaggebend sei. Die nachstehenden beiden Be⸗

chte des Grafen Metternich mögen dies erweisen: London, den 15. Februar 1912. Lord Haldane hat mir gestern ausführlich über seine Unter⸗ redungen in Berlin Mitteilung gemacht. Ich konnte dabei konsta⸗ tieren, daf die mir von Euerer Exzellenz zugegangene Information genau mit Lord Haldanes Aeußerungen übereinstimmt. Der

(Fortsetzung aus dem Hauptblatt.)

Minister bemerkte, daß seine aus Berlin zurückgebrachten Eindrücke und Mitteilungen auf Sir E. Grey, den Premierminister und seine übrigen Kollegen den besten Eindruck gemacht hätten und daß das Kabinett den dringenden Wunsch habe, daß eine Vereinbarung zustande komme. Er verhehle sich nicht die großen Schwierigkeiten, welche die beiden Punkte, Neutralitätsabkommen und Flottennovelle, in sich schlössen. Die englische Regierung könne mit Bezug auf die Neutralitätserklärung unsere Fassung nicht annehmen, weil sie ihr freundschaftliches Ver⸗ hältnis zu Frankreich und Rußland nicht in Frage stellen wolle. Er glaube aber, daß eine Fassung in der Art, wie sie von ihm vorgeschlagen sei, von großer und segensreicher Wirkung auf die Beziehungen der beiden Völker sein werde, und daß ein solches Abkommen ebenfalls der übrigen Welt den festen Entschluß der beiden Regierungen beweisen werde, in Frieden und Freundschaft miteinander zu leben. Auch ein solches Abkommen würde die Ecken und Schärfen wegnehmen, welche aus Englands bisherigen Ententeverhältnissen uns gegenüber entstehen könnten. Wenn die von ihm vorgeschlagene oder eine ähnliche Formel von uns akzeptiert würde, so würde damit im englischen Volke die Grundlage zu dem Vertrauen in die beiderseitigen Beziehungen gelegt werden, ohne welches keine diplomatische Formel dauernden Wert habe. Würde dagegen eine Formel gewählt, die einen un⸗ günstigen Einfluß auf die Beziehungen Englands zu Frankreich und Rußland ausübe, so wäre damit von vornherem das Abkommen mit uns in England unpopulär, und es würde daher nicht den inneren Wert und die Kraft besitzen, die es zur Herstellung der beiderseitigen freundschaftlichen Beziehungen haben müsse. gez. Metternich.

(Es ist bierzu zu bemerken, daß Lord Haldane schon in Berlin eine Neutralitätsformel entworfen hatte, die dem später an Sir E. Grey gemachten offiziellen Vorschlag ungefähr entsprach.)

London, den 17. März 1912. Zur Erläuterung des Abkommens, das mir heute Sir Edward Grey nach erneuter Ministerratssitzung für den Fall einer Einigung über die Flottennovelle vorgeschlagen hat und dessen Wortlaut ich gleichzeitig telegraphisch übermittele, bemerkte der Minister, er wolle mir offen sagen, weshalb die englische Regierung Anstand nehme, das Wort „neutral“ oder „Neutralität“ in das Abkommen aufzunehmen. Er müsse bei dem vorgeschlagenen Ab⸗ kommen nicht nur die Beziehungen zu Deutschland, sondern auch zu andern Ländern berücksichtigen. Die englische Regierung müsse mit der Tatsache der wachsenden See⸗ macht Deutschlands rechnen, welche mit der geplanten Flottennovelle eine bedeutende Verstärkung erfahren werde. England könne daber nicht seine bisherigen Freundschaften aufs Spiel setzen. Ein direktes Neutralitätsabkommen würde unbedingt die französische Empfindlichkeit reizen. Dies müsse die eng⸗ lische Regierung vermeiden. Er könne nicht soweit gehen, die Freundschaft mit Frankreich zu gefährden, ins⸗ besondere auch nicht aus folgenden Gesichtspunkten: 8 Er set bei dem absoluten Vertrauen, das er in die Person und die Politik des Herrn Reichskanzlers setze, der festen Ueberzeugung, daß die Beziehungen zwischen Deutschland und England sich bessern würden. Er sei ferner der festen Ueberzeugung, daß under diesen Umständen etwaige Schwierigkeiten, die zwischen den beiden Re⸗ gierungen entstehen könnten, keine unerfreulichen Dimensionen an⸗ nehmen würden. Er gehe noch weiter und verbürge sich, daß die englische Politik in dem Sinne des von ihm vorgeschlagenen Ab⸗ kommens geführt werde, auch wenn der Abschluß des Abkommens für den Augenblick an der Floktennovelle scheitern sollte. Ein Neutralitätsabkommen sei aber in seinen Wirkungen unabhängi von Persönlichkeiten. Die englische Regierung müsse daher au an den Fall denken, daß einmal eine Aenderung in der verantwort⸗ lichen Leitung der Reichspolittk eintreten werde. Daher könne sie über das vorgeschlagene Abkommen nicht hinausgehen und nicht das Risiko laufen, eines Tages die französische Freundschaft verscherzt zu haben und zwischen zwei Stühlen zu sitzen. Das vorgeschlagene Abkommen dagegen genüge, um vertrauensvolle und den Frieden fiderndf Beziehungen zwischen uns zu schaffen, ohne daß England eine bestehenden Freundschaften gefährde. Seine Politik sei darauf gerichtet, eine erneute Gruppierung der Mächte in zwei Lager zu vermeiden, und diese werde mit der Zeit ihre Früchte tragen. gez. Metternich.

Daß Sir E. Grey seine Ablehnung des deutschen Vorschlags u. a. mit einem möglichen Wechsel in der Person des leitenden deutschen Staatsmanns begründete, zeigt, wie fremd der Minister den Verhältnissen des Auslands und speztell Deutschlands gegenüberstand. Da die Minister in allen Ländern, besonderz auch in Frankreich, häufig

a so würden bei Rezipierung des Greyschen Standpunktes, der

nur die besonderen Verhältnisse in England berücksichtigte, internationale Vereinbarungen überhaupt nicht mehr möglich sein. Auch wurde Graf Metternich angewiesen, den Minister darauf aufmerksam zu

machen, daß die auswärtige Politik in Deutschland nicht wie in Eng⸗

land ausschließlich von der jeweiligen Regierung beziehungsweise

Parlamentsmajorität abhängig sei, vielmehr biete die Person Seiner

Majestät des Kaisers eine Bürgschaft dafür, daß die deutsche Politik n

auch weiterhin in den friedlichen Bahnen wandeln werde, die sie unter

der Regierung Seiner Majestät niemals verlassen habe. Der Minister

mute aber Deutschland zu, von den geplanten Rüstungsmaßnahmen Abstand zu nehmen, die nach Ansicht der zuständigen deutschen militärischen Stellen für eine wirksame Defensive gegen einen Angriff der vereinigten Flotten der Ententemächte absolut erforderlich seien, ohne gleichzeitig die erforderlichen Garantien gegen einen solchen An⸗ griff geben zu wollen. Jedenfalls sei die von Sir E. Gre Formel in dieser Hinsicht wertlos. Wenn der Minister ferner auf die Möglichkeit eines Wechsels in der Richtung der deutschen Politik in der Zukunft hinweise, so übersehe er, daß auch wir durch

ein etwaiges, jedenfalls auf längere Zeit zu treffendes Abkommen in

unserer Politik nicht weniger gebunden sein würden als England. Wenn wir also jetzt auf die Durchführung der Flottennovelle in dem beabsichtigten Umfange verzichten sollten, so würden wir uns im Falle eines Wechsels in der englischen Politik gegenüber den Mächten der Tripleentente in einem Zustande maritimer Unterlegenheit befinden. Das Risiko set daher beiderseits das gleiche. Graf Metternich möge daher der englischen Regierung keinen Zweifel darüber belassen, daß das Zustandekommen einer auf ein gegenseitiges Schutzabkommen hinauslaufenden, die englische Neutralttät in weitgehender Weise sicherstellenden Vereinbarung die absolute Voraussetzung dafür bilde, unter der allein der Reichskanzler bei Seiner Majestät dem Kaiser einen Verzicht auf wesentliche Bestandteile der Flortennovelle befür⸗ worten und der öffentlichen Meinung in Deutschland gegenüber würde rechtfertigen können Graf Metternich glaubte, diese Instruktion dahin auslegen zu sollen, daß nur ein die absolute Neutralität Englands garan⸗ tierendes Abkommen diesen Voraussetzungen entsprechen werde. Er hat sich, wie die englische Veröffentlichung zutreffend erwähnt, auch in diesem Sinne gegen Sir E. Grey ausgesprochen. Daß aber der Botschafter diese Forderung nachträglich, und zwar auf Weisung des Reichskanzlers, zurückgezogen hat, erwähnt das Foreign Offtce nicht. Als nämlich Graf Metternich be⸗ richtete, Sir E. Grey habe darauf hingewiesen, daß bei den Be⸗ sprechungen Lord Haldanes mit dem Reichskanzler über die Neutra⸗ litätsformel nicht, wie jetzt, absolute Neutralität gefordert worden sei, erhielt der Botschafter die Instruktion, dem Minister zu sagen, daß der deutsche Vorschlag sich an den von Lord Haldane selbst in Berlin skizzierten Entwurf anlehne, über den er bezüglich der Neutra⸗ lität nicht hinausgehe. Auch billige der Reichskanzler den Wortlaut der beiden von Graf Metternich vorgeschlagenen Zusatzformeln in dem englischen Entwurf: „England wird daber mindestens wohlwollende Neutralität beobachten, falls Deutschland ein Krieg aufgezwungen werden sollte“,

oder „England wird daher selbstverständlich neutral bleiben, falls Deutschland ein Krieg aufgezwungen wird“, 8 in denen absolute Neutralität nicht verlangt werde. Im übrigen komme es der Kaiserlichen Regierung nicht auf den Wortlaut, sondern den Inhalt der englischen Zusicherungen an. Deutschland müsse die

Gewißheit haben, von England weder direkt noch in einem ihm von

dritter Seite aufgezwungenen Krieg angegriffen zu werden.

Graf Metternich meldete daraufhin am 26. März, daß er sofort und ehe der englische Ministerrat eine endgültige Entscheidung treffe, betonen werde, daß die deutschen Formeln nur relative Neutralität vo sähen und daß deutscherseits eine Zusicherung absoluter Neutralität von England nicht erwartet werde. Er glaube, daß dies die Mög⸗ lichkeit einer Verständtgung wieder in Fi Nähe rücke. 8

Die Hoffnung des Botschafters sollte sich nicht verwirklichen, wie aus nachstehendem Bericht hervorgeht:

„London, den 29. März 1912.

Die Frage über den Inhalt einer politischen Vereinbarung mit

uns hat dem Ministerrat wiederum vorgelegen. Die englische Regierung will nicht über die von ihr ve Formel hinaus⸗ gehen. Sir Edward Grey bemängelte den mir von Berlin aus zugegangenen Entwurf für ein Neutralitätsabkommen, weil er Anlaß zu verschiedenartiger Auslegung geben könne. Ein solches Abkommen würde weitergehen als irgend ein Vertrag, den die englische Regierung mit einer europäischen Macht, mit Ausnahme des alten portugiesischen Bündnisses, abgeschlossen habe. Unser Entwurf komme einem Bündnis nahe. Ich hätte kürzlich den Wunsch nach einem Abkommen ausgedrückt, das weitgehende Neutralität in sich schließe. Ein Abkommen mit absoluter Bindung für Neutralität werde bei anderen Mächten Mißdeutungen erfahren und könne die Beziehungen Englands zu ihnen schädigen, was die englische Politik zu vermeiden wünsche. Die englische Formel dagegen sei klar und enthalte ebenfalls die Absicht der Neutralität im Falle unprovozterten Angriffs von dritter Seite. (England will neither make nor join any unprovoked attachk. „England wird keinen unprovozierten Angriff machen oder sich an einem solchen beteiligen.“)

pfennigstücke

5 592 97 15 774 063,04

55 7807278 98 40 28863

gebotene

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