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—.——V— 4 2 8
Ziemer (V Berlin), Masch. Gew. Abt. 6, Stockebrand (Detmold), Schwier (Mäünster), Masch. Gew. Abt. 7, Vogel (Magdeburg), Res. Masch. Gew. Abt. 2, Schulte (Hagen), Sommerfeld
(Brandenburg a. H.), Res. Masch. Gew. Abt. 5, Sieber ( Berlin),
Ers. Masch. Gew. Abt., 9 (Swinemünde), Wasserlein Gew. Ab
(III Bertin), Ers. Masch.
t., Gropp (I Braunschweig), Ers. Geb.Masch. Gew. Abt., Wloemer (I Königsberg), Lamprecht (Halberstadt), Fest. Masch. Gew. Abt. 2 Lötzen Grosskopf (1 Hannover), Jagsch (Belgard), Mahlke, Gewiess (Graudenz), Fest. Masch. Gew. Abt. 4, Graudenz, Ertner, Klein (Straßburg), Klöden (Görlitz), Pfeifle (—), Fest. Masch. Gew. Abt. 9
Straßdurg, Niebecker (Münster), Fest. Masch. Gew. Abt. 15 Metz.
und unter
*
Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 161 des Reichs⸗Gesetzblatts enthält unter
Nr. 4950 eine Bekanntmachung über die Außerkraftsetzung der Verordnung über das Verbot des Vorverkaufs von Stroh der Ernte des Jahres 1915 vom 21. Oktober 1915 (Reichs⸗ Gesetzbl. S. 682), vom 10. November 1915, unter
Nr. 4951 eine Bekanntmachung über Kaffee, Tee und Kakao, vom 11. November 1915, unter
Nr. 4952 eine Bekanntmachung über die Regelung der Preise für Buchweizen und Hirse und deren Verarbeitungen, vom 11. November 1915, unter 8 Nr. 4953 eine Bekanntmachung über die Regelung der Preise für Gemüse und Obst, vom 11. November 1915,
2 8 8 8 8.8
Nr. 4954 eine Bekanntmachung über die Regelung Preise für Obstmus und sonstige Fettersatzstoffe zum Brot⸗ aufstrich, vom 11. November 1915.
Berlin W. 9, den 12. November 1915. MgNaiserliches Postzeitungsamt. Krüer.
Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 162
des Reichs⸗Gesetzblatts enthält unter
Nr. 4955 eine Bekanntmachung über den Maßstab für den Milchverbrauch, vom 11. November 1915, unter
Nr. 4956 eine Bekanntmachung einer Aenderung zur Ver⸗ ordnung vom 14. Oktober 1915 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 671) über das Verbot des Anstreichens mit Farben aus Bleiweiß und Leinöl, vom 11. November 1915, unter
Nr. 4957 eine Bekanntmachung, betreffend Einwirkung von Höchstpreisen auf laufende Verträge, vom 11. November 1915, und unter
Nr. 4958 eine Bekanntmachung über Abänderung der Bekanntmachung über die Regelung der Kartoffelpreise vom 28. Oktober 1915 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 711), vom 11. No⸗ vember 1915. 3 88
Berlin W. 9, den 12. November 1915.
Ministerium des Innern. In der Woche vom 31. Oktober bis 6. November 1915 sind die nachstehenden öffentlichen Sammlungen zu Kriegs⸗
8
Berlin, den 12. November 1915.
wohlfahrtszwecken auf Grund der Bundesratsverordnung vom 22. Juli d. J. genehmigt worden.
**
Der Minister des Innern.
J. A.: Schneider.
Zu fördernder Kriegswohlfahrtszweck
Zeit und Bezirk, in denen das Unternehmen ausgeführt wird.
Stelle, an die die Mittel abgeführt werden sollen
Verein junger Kaufleute von Berlin, Unterstützung Berlin 1 .“ fallener Mitglieder
Verein „Deutschwehr“, Berlin⸗ Friedenau
Deutscher Hilfsbund für kriegs⸗ verletzte Offiziere, Berlin
besonderen Notfällen Verein Jugend spende für Krieger⸗ waisen, Essen Rüttenscheid
Frida Prüter, Pasewalk Fabrilb sitzer EugenFreund, Breslau
gaben ins Feld
Verein ehemaliger Kameraden des 9
kriegsbeschädigter Mit⸗ Der Verein und glieder und der Hinterbliebenen ge⸗ die offizelle Sammelstelle
Zum Besten der Heeresangehörigen
Uebersührung kriegsverletzter Offiziere in einen anderen Beruf, Vermirtlung von Stellungen in diesen sowie Unter- b 5 stützungen zu der Ausbildung und iin 8
Erziehung und wirtschaftliche Sicher⸗ stellung der Kriegerwaissen
Beschaffung von Liebesgaben für von der Ersatzabteilung Train 6 ins Feld ge⸗ sandte bedürftige Soldaten
Bis 31. Januar 1916, Provinz Brandenburg einschl. Landespolizeibezurk Berlin.
Bis 31. März 1916, Preußen. Bis 31. März 1916,
der Provinz Brandenburg für Kriegsbeschädigten⸗ fürsorgege Der Vereimn
8
Kriegerbund bezw. Nationatstiftung 1
für die Hinterbliebenen 8 der im Kriege Gefallenen
Biug 30. April 1916, Preußen. 1—
Frau von Knobelsdorff und Frau Beschaffung von Weihnachtsgaben für Frau von Knobelsdorff und Bis zum 25. Dezember 1915, ddeas im Felde stehende Kürassier⸗Regt. Frau Prüter Königin (Pomm.) Nr. 2 in Pasewalk Unterstützung von bedürftigen Mann⸗ schaftsfrauen und Kindern des Feld⸗ “ Art.⸗Rats von Peucker (1. Schles.) Nr. 6 nebenbezeichneten Regiments “ sowie Sendung von Weihnachtsliebes⸗ bezw. E. Heimann in Breslau
Provinz Pommern.
Bis 1. Februar 1916,
Kommandeur Provinz Schlesien.
der Ersatzabteilung des
Bis 31. Januar 1916,
E bteil Train 6 ictg sg. — Provinz Schlesien.
1““
ab
Aichtamtliches.
(Fortsetzung aus dem Hauptblatt.) Großbritannien und Irland.
Nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ hat Churchill in einem Brief an den Premierminister Asquith seinen Rücktritt angeboten. Er erklärt darin u. a.:
Als ich die Admtiralität verließ, nahm ich es auf Ihr Ersuchen auf mich, an der Arbest des Kriegsrats teilzunehmen und den neuen Ministern mit den Kenntnissen beizustehen, die ich damals in gewissem Maße besaß. Die Ratschläge, die ich erteilt habe, sind im Protokoll der Reichsverteidigungskommission und in der Denkschrift, die ich den Mitgliedern des Kabinetts vorlegte, ver⸗ zeichnet. Ich leafe Ihre Aufmerksamkeit darauf, daß ich augeublick⸗ lich vollständig mit der Bildung eines kleinen Kriegsrats überein⸗ stimme. Ich billige Ihre vor sechs Wochen geäußerte Ansicht, mich in diesen aufzunehmen. Ich sah damwals nicht vorars, mit wie großen persönlichen Schwierigkeiten Sie bei der Zusammen⸗ stellung des Kriegsrats zu kämpfen haben würden. Ich beklage mich durchaus nicht darüber, daß Ihr Plan gesndert wurde, aber gleichzeitig mit dieser Aenderung ist meine Arbeit für die Regierung naturlich beendigt. Ich kann nicht als Mitglied der Ex-tutivgewalt eine Stellung mit allgemeiner Verantwort⸗ UiUckeit für die Kriegspolitik einnehmen, ohne daran mitzuarbeiten, (Finsicht in ibre Enischlüsse zu haben und eire Kontrolle auszuüben. In dresen Zo⸗iten fühte ich mich auße stande, in gutbezahlter Un⸗ fäligkeit zu derkarren, und ersvche Sie desr halb, dem König meinen Rucktritt anzubieten.
Asquith erklärte in seiner Antwort, er bedauere den Entschluß Churchills sehr und spreche ihm seine hohe Aner⸗
kennung für die von ihm geleisteten Dienste aus.
— Das Unterhaus setzte vorgestern die Debatte über die Kredite fort. Vor Beginn der Verhandlungen sprach der Premiermininer Asquith sein Bedauern aus, daß in der Sitzung am Toge zuvor sämtliche Minister abwesend gewesen wären, und verhieß Abhilfe.
Der Abg. Joynson Hicks (Uvjionift) sprach über das Luftwesen und forderte laut Bericht des „W. T. B.“, daß die großen neuen deutschen Aerorlane auch in Englond eingeführt würden. Im Flottenflieger⸗ korps herrsche eroße Unzufriedenheit, weil Balkour inen im Plugwesen un⸗ erschrenen Admmwal an die Spitze des Fiugdienstes gestellt habe. Der Reduer fragte, wethalb England keine Lufischiffe baue und weshalb der Bau eines englischen Zeppelins im Januar cingesteht und erst ach! Monatfe päter wieder aufgenommen worden sjei. Di Wegierna bäalte. wenigstens ein aroßes Luftschiff bauen sollen, das die Osftköste hewache Jede Lurtstat on an der ganten englischen Küst- sohllte reichtich mit erstklassigen Flugeugen versehen sein. Wer die Geschütze gesehen bhabe, die die Londoner in den Glauben
einlullten, daß sie artilleristisch verteidigt seien, wundere sich nicht, 8 —
daß sie Zeppeline in einer Höhe von 15 000 Fuß nicht treffen könnten. Der Redner forderte eine energische Verteidiaung der Reichshauptstadt, Schutz der Ostküste durch schwere Motorgeschütze und eine großzügige Offensive, um die deutschen Luftschiffhallen zu zerftören. Der Abg. Lynch (Nationalist) sagte, England gewönne den Krieg nicht wegen der Unfähigkeit der obersten Heeresleitung. Kitcheners Ruf sei wesentlich von den Zeitungen gemacht worden; er habe vom ersten Augenblick an, wo er die diktatorische Macht über⸗ nommen habe, seine Unfähigkeit bewiesen. Kitcheners größter Fehler wäre die Munitionsfrage; er habe Monate gebraucht, um die ele⸗ mentare Wahrheit zu entdecken, daß der Kriegserfolg von der Munitions⸗ menge abbänge. Kitchener habe dies nicht einmal jelber entdeckt. Die Fehler, die Belgien ruintert hätten, würden bei Serbien wiederbolt. England könne auf der Westfront nur siegen, wenn es die Deutschen über den Rhein treibe. Aber habe Kitchener Vorkehrungen für die Eroberung des Rheins getroffen? Nein! Unter der geger⸗ wärtigen Heerführung treide England unvermeidlich dem schlimmsten Ende entgegen, nämlich einem unentschiedenen Kriege und einem unbefriedigenden Frieden. Die Unfähigkeit der Führer habe die Neutralität Griechenlands und Rumäniens verursacht. Lynch forderte, daß zunächst French verabschiedet würde; min⸗ destens 70 % der höberen Offiziere müßten beseitigt werden. Der Erste Lord der Admiralität Balfour verteidiate die Regierung und sagte, kine nicht unbenächtliche Anzahl von Luftfahrzeugen, die leichler als rie Lust seien, befänden sich gegenwärtig im Bau; sie seien für die Aufklärung bestimmt. Ein besonderer Küstenschutz gegen Luft⸗ angriffe sei nötig. London brauche außerdem eine lokale Ver⸗ teidicung. Alles geschehe, um den Lufldienst zu entwickeln. England wäre zurückgeblieben, es wäre immerfort während des Krieges zurückgeblieben. Das Haus müßte die unglückliche Tatsoche hinnehmen, daß es an Geschützen fehle, die für die Verteidigung Londons notwendig seien. Avber die Regierung tue alles, um die artellertütische und aviatische Verteidigung Londons zu verbessern. Eine Offensive mit Flugzeugen sei unausführbar Der Abg. Hoage (Lcheral) kritisierte die Beschlagnahme des „Globe“, währernd die „Epening News“, die dasselbe ge an hätte, frei aus⸗ aegargen sei, und schloß, der Premierminister habe die Veröffent⸗ lichung des „Globe“ für eine boshafte und böswillige Lüge er⸗ klärt, abr er selbst glaube mit Rücksicht auf gewisse Tatsachen, daß Kitchener seine Entlossung angeboten habe. Najtürlich werre dos dementiert werden, und die Mehrbeit der Nation werde Arguuh mehr glauben als ihm. Asquith protenierte nechdrücklich gegen die Unterstellung Hegges sowie gegen den neuer⸗ lichen Anciff Joynson Hicks in der „Morning Post“, daß er bewußt die Unwahrbest gesagt hate. Der Abg. Pringle (liberal) benrilt die Angabe Asquithe, deß der „Globe“ die Nachicht über den Rück⸗ nit Kitcheners erfonden babe, und tadelte, daß der „Globe“ allein bestrast worden sei, während andere Zeitungen unbebelligt geblieben mären. Er erinnerie daran, doß auch der Rücktritt Ca sons amtlich dementiert worden sei, obwobl er sich bald darauf als richtig beraus⸗ gestellt hätte. Der Staats sekretär des Innern Sir John Simon, ver⸗ eidigte das Vertabren gegen den „Globe“ Der Abg. Law (Nationalist) worf die Frage der Unterstützung Serbiens auf,
woraufhin der Stäatssekretär Grey die von der Regterung zur ““
Unterstützung unternomm Schritte darlegte und mit Nachdruz versicherte, daß keine unnötige Verzögerung eingetreten sei.
Sir Arthur Markham fragte im weiteren Verlauf der Sitzung den Staatssekretär Grey, ob er beabsichtige, auf die Mit⸗ teilung des früberen deutschen Botschafters in London .. Lichnowskvy, zu antworten, die in halbamtlichen deutschen Blättern veröffentlicht worden sei und der zufolge er gesagt habe, daß England als eine am Kriege teilnehmende Macht noch beßer imstande sein werde, das Gewicht seines Wortes in die — zu werfen, als wenn es neutral bliebe, da es jeden Augenblick drohen könne, sich vom Kriege zurückzuziehen. Grey antwortete: Ich habe niemalt gedroht, daß wir uns zurückziehen würden. Ich hoffe, daß es gut verstanden wird, daß unsere Stellung im Kriege durch den Vertrag mit Japan und das Abkommen vom 5. September 1914 mit Frank⸗ reich und Rußland bestimmt wird, und daß die Friedensbedingungen für uns so sein müssen, wie es Asquith am 9. November 1914 au. einander gesetzt hat. Es ist sehr erwünscht, daß ein für allemal ein, gesehen wird, daß dieser Beschluß sowohl von der Regierung in. gesamt als auch von den einzelnen — der Regierung sowie vom Volke gefaßt worden ist. In Beantwortung einer weitere Frage spendete Sir Edward Grey Lord Haldane für seine zei⸗ weilige Hilfe im Auswärtigen Amte warmes Lob und ertlärte, n habe selbst, als Haldane aus dem Kabinett ausschi⸗d, dem Premier⸗ minister den Wunsch zu erkennen gegeben zurückzutreten. Er hätte das auch getan, wenn nicht das Interesse des Landes sein Bleiben nötig gemacht hätte.
— Ueber die Beratung der Finanzfrage in der pvor⸗ gestrigen Sitzung des Oberhauses berichtet das „W. T. B.“ wie folgt:
Lord Middleton erklärte, das Publikum habe voellez Vertrauen zu Lord Kitchener, besonders zu seiner neuen Af⸗
abe, und kritisierte sodann das System, unter dem Ktchene Pebamnnerorben tun müßte. Er wäre Kriegssekretär, General⸗ inspektor, Oberstkommandierender in Großbritannien und General⸗ stabschef, er leitete ferner die Munitionsbeschaffung, führte da Vorsitz im Finanzausschuß des Kriegsamts und habe wiederholte Be⸗ ratungen mit den französischen Milttärbehörden gehabt. Kitchenen Genie verhinderte den militärischen Zusammenbruch Trotzdem win⸗ schafteten die Deutschen aus 15 Schilling den Wert eines Pfurd Sterling heraus, während England für jedes ausgegebene Pfund Sterling nur einen Wert von 10 bis 15 Schilling e⸗ ziele. Der Redner kritisierte die Verworrenhett der Finanzlage
und sagte, er könne nachweisen, daß im Munitionsministeriung
ein Chaos herrsche. Lord St. Aldwyn sagte, er habe sehr unerfreuliche Dinge über die Munitionsauft äge in Amerkk ehört. Es fehle der Regierung, namentlich dem Premierminister fquith, an Energie und Entschlossenheit. Seine Reden über Spa, samkeit seien prächtig, aber die Regierung gehe der Nation mit schlechtem Beispiel voran. Die Finanzlage sei sehr ernst, wenn arch nicht beunruhigend. Lord Selborne verteidigte die Regierung Die Schnelligkeit, mit der das Munitionsministerium geschafa worden sei, habe notwendig einige Fehler verursacht sowie viel Ve⸗ wirrung und Geldvergeudung. Das britische Svstem sei jedoch befer als das deutsche, bei dem die Kriegelasten absichtlich den Armen auf⸗
gebürdet würden. Frankreich.
Laut Aufstellung des Finanzministeriums stellt sich das Erträgnis der indirekten Steuern und Monopole im Oktober 1915, wie der „Temps“ meldet, auf 307 749 200 Fr. Gegenüber dem Oktober 1913 ergibt sich ein Ausfall va 88 356 000, gegenüber dem Oktober 1914 ein Mehrbetrag von 84 017 500 Fr. In den ersten zehn Monaten des Jahres 1915 ergibt sich gegenüber demselben Zeitraum des Vorjahres en Gesamtausfall von 260 754 300 Fr.
— Die Deputiertenkammer hat einstimmig den Antrag⸗ betreffend eine fünfprozentige Anleihe, angenommen. Ribot erklärte zuvor, wie „W. T. B.“ bo⸗ richtet:
Der Antrag zeige den Willen Frankreichs, den Krieg mit Waffe und Geld bis zum vollständigen Sieg fortzuführen. Die Regterun der Republik biete heute einen fünsprozentigen Zinsfuß an, weil nas dem Kriege der Geldzins infolge allgemeinen Kapitalbedarfs neos wendigerweise steigen werde und Frankreich nicht wolle, daß diejeniger die ihm während der Kriegstage lethen, weniger begünstigt seien ah die, die ihm nach dem Siege leihen würden. Ribot mahnte schließlic zur Mitwirkung aller, der Armen und Reichen, denn alle wüßten, das das nationale und moralische Leben auf dem Spiele stehe.
Die Rede Ribots wurde mit großem Beifall aufgenommen, und ihr öffentlicher Anschlag einstimmig beschlossen. 8
Rußland.
Der Minister des Aeußern Sasonow hat nach einer Meldung des Blattes „Rjetsch“ den Parteivertretern ver⸗ trauliche Mitteilungen über die Lage am Balkan gegeben.
— Der Minister des Innern Chwostow hat obiger Quelle zufolge in einem Rundschreiben die strengsten Maß⸗ nahmen gegen Entziehung von der Wehrpflicht var⸗ geschrieben.
— Der „Rußkoje Slowo“ bringt eine Unterredunz mit dem Finanzminister Bark, in der dieser ausführte:
Das Defizit von 330 Millionen Rubeln spiele keinerlet Rel⸗ Da die Kriegsauegaben im ersten Jahre allein acht Milliarm Rubel betrügen, müusse er ernstlich daran denken, woher er die Get⸗ mittel für Verzinsung und Amortisation der Kapitalien nehme könne. Es bestehe keine Hoffnunga, daß der nach dem Kriege über das gewohnliche Niveau erheben werg⸗ wohingegen die Kriegsausgabea weiter gewachzen seien. Bedauerlih sei es, die von England zugesicherten drei Milliarden im Autlarnee zu verausgaben, da dadurch die Zinsenlast weiter stiege. Es min wünschenswert, diese Gelder im Inlande anzuwenden, da man in Auslande bei den Lieferungen sehr überteuert würde und Millioꝛe durch Vermittler verschlungen würden. Die größte Aufmerksamke müßte daher der Entwickung der eigenen Industrie zugewandt werie. Diese würde nur ein Drittel dessen verlangen, was die Bestellarge im Auslande jetzt kosteten. Der schmerzlichste Punkt des Tages jett die Eröffnung der Börse. Er köanne dieser aber nicht zusti da dadurch die Spekulation und Gerüchteschmiederei neu einseh würde und dann zuvor eiligst die Valuta regultert werden wos mangels eines Exvortes sehr schwierig seit. Er könne troß großen Papiermangels den Einfuhrzoll nicht herabsetzen.
S
Die Kommission, die seit längerer Zeit mit der arbeitung des Zolltarifs, der die gegenwärtigen zehnprozentigen Wertzölle ersetzen soll, beschäftigt ist, hat Entwurf dem Großwesirat unterbreitet, das ihn dem ment demnächst zugehen lassen soll. Nach Blãttermeldumges beruht der Tarif weder auf Schutzzöllen noch auf einem v Freihandelssystem, sondern auf einer gemäßigten Han 8 politik,. die die Erzeugnisse der Landwirtschaft und entwicklungsfähigen Industrie der Türkei schützt, ohne 85 Konsumenten übermäßig zu belasten. Man glaubt, daß Einführung dieses Zolltarifs die Zolleinnahmen, die geger⸗ wärtig etwa 4 Millionen Pfund betragen, in dem erften veßß enach dem Kriege 7 und sodann 9 Millionen Pfund (200 lionen Kronen) erreichen werden. w—
Export sch
Der deutsche Botschafter in Konstantinopel, Graf Wolff⸗ Metternich, ist gestern vom König in Audienz empfangen worden. 1 8116
Das amerikanische Staatsdepartement bereitet der „Morning Post“ zufolge eine neue Protestnote gegen England vor, weil es Baumwolle als absolute Konterbande erklärt hat. Das Staatsdepartement hat ferner, wie die „Times“ melden, den amerikanischen Botschafter in Rom beauftragt, so schnell wie möglich alle Einzelheiten über die Versenkung der „Ancona“ mitzuteilen, mit der, wie berichtet wird, jüdisch⸗amerikanische Staatsbürger aus Palästina zurückgekehrt seien. Ob dieser Unterseebootangriff zu diplomatischen Auseinandersetzungen zwischen Oesterreich⸗Ungarn und den Vereinigten Staaten führen wird, hängt von den Einzelheiten ab.
— Der amerikanische Konsul in Progreso in Mexiko meldet, daß britische Marineoffiziere an Bord des Dampfers „Zealandia“ gegangen sind und eine Unter⸗ s uchung angestellt haben. Nach dem „Reuterschen Bureau“ wird von maßgeblicher Seite erklärt, daß die Untersuchung an Bord der „Zealandia“ durch britische Marineoffiziere keine Verletzung des Völkerrechts darstelle. Es sei festgestellt worden, daß das Schiff außerhalb der Dreimeilenzone lag.
—
4 8
Literatur.
— Von der von Ernst Jäckh im Verlag der Deutschen Verlags⸗ anstalt in Stuttgart und Berlin berausgegebenen Flugschriftenfolge „Der deutsche Krieg“ liegen die Hefte 61—66 vor, deren Inhalt bier kurz skiziert sei. Im 61. Hefte behandelt der Schweizer Schriftsteller Jakob Schaffner das Thema: Die Schweiz im Weltkrieg. Nach einem Ueberblick über die Geschichte seines Vaterlandes entwickelt er aus dieser die Entstehung der Neutralität der Schweiz und weist darauf hin, wie die Eidgenossenschaft diese Neutralität auffaßt und mit welcher Entschiedenheit und Objektivität sie ihre neutrale Haltung auch im gegenwärtigen Kriege beobachtet, im Gegensatz zu gewissen anderen „neutralen“ Staaten. Aus dieser Stellung und Haltung leitet der Verfasser für die Zukunft eine einflußreiche Rolle der Schwein bei einer etwalgen internationalen schiedsgerichtlichen Organi⸗ sation her. — Im folgenden Heft schreibt Dr. Franz Bachmann über den Krieg und die deutsche Musir. Mit gründlicher Sachkenntnis und zugleich mit warmer Begeisterung schildert der Verfasser zuerst die tiefe Innerlichkeit und die kraftvolle Form⸗ fülle der klassischen deutschen Musik, deren Meister er treffend und knapp kenvzelchnet. Die Verinnerlichung, die das deutsche Geistesleben aus
der schweren Kriegszeit im allgemeinen erwarten darf, gibt ihm dann
Raum für die Hoffaung, daß auch die edele deutsche Musik wieder in weiten Volksschichten eine Stätte finden und daß sie in unserem geistigen Kulturleben wieder die ihr gebührende Stellung einnehmen werde, aus der sie das oberflächliche, ja in mauchen Aeußerungen gemeine und rohe Treiben verdrangt hat, das in den Jahren vor dem Kriege sich bei uns breit machte. — Im 63. Heft befaßt sich Dr. Hermann von Staden mit Indiens Stellung im Weltkrieg, d. h. mit den etwaigen Folgen, die dieser Krieg fuür Indien und die englische Herrschaft in dieser wich⸗ tigsten und reichsten Kolonie haben könnte. Um diese Frage zu beant⸗ worten, gibt er einen knappen, aber alle Hauptpunkte klar beraushebenden Ueberblick über Land und Klima, schildert er die Eigenart der zusammengesetzten Bevölkerung unter Hervorhebung der indischen Mohammedaner, den tiefen Eifluß des Kastenwesens auf die Gesamtkultur des Landes und seine Politik, die Stellung der indischen Fürsten und die englische Vermwaltungspolitik. Im weiteren Verlauf der Schrift gebt er dann auf das Erwachen eines neuen Nationalbewußtseins in Indien ein, um schließlich die Möglichkeiten eines Aufstands zu erörtern. Obwohl sich manche Vorboten von inneren Unruhen zeigten, sei ein Zusammenbruch der britischen Herr⸗ schaft fürs erste nicht zu erwarten, denn den Eingeborenen fehle jede wilitärische Macht. Die Verwendung der indischen Truppen zur Ver⸗ teidigung Englands bedeute aber immerhin eine Desperadepolitik. Die nach einer europäischen Niederlage Englands in ihre Heimat zurückkehrenden indischen Truppen würden eine schwere Gefahr und eine Bedrohung der englischen Herrschaft bedeuten. — Ueber die Ziele unserer Weltyvolitik schrieb im 64. Heft Alfred Hettner. Seine Haupt⸗ thesen sind: Deutschland muß Weltpolitik treiben, nicht um die Welt⸗ herrschaft zu erringen, aber um eine Weltmacht zu werden; es müsse für die Politik der offenen Tür eintreten, aber auch eigene Kolonien besitzen; es müsse ferner eine freie Ausbildung des Weltverkehrs gegen England durchseten. — Flugwesen und Flu zeugindustrie der kriegführenden Staaten ist das Thema, das sich Roland Eisenlohr (im 65. Heft) gestellt hat. Er gibt Aufschluß über die unermüdliche, wohlorgansierte Arbeit, die in Deutschland auf dem Gebiet des Flugwesens vor dem Kriege ge⸗ leistet wurde, deren Früchte heute in der Ueberlegenheit der Deutschen im Luftkrieg geerntet werden. Daneben schildert er die Anstrengungen unserer Feinde, die darauf gerichtet sind, uns diesen Vor⸗ sprung wieder abzuringen, und kommt zu dem Ergebnis, daß die Vor⸗ herrschaft im Luftreich demjenigen Lande zufallen werde, dessen Flug⸗ wesen und Fluazeugindustrie unter Einschluß der Motorig dustrie am besten organisiert sein wird. Die ven einem erfahrenen Fachmann verfaßte und mit reichem Belegmaterial ausoestattete Schrift dürfte in weiten Kreisen Interesse finden. — Im letzten (66.) Heft schildert Dr. M. Uebelhör „Frankreichs finanzielle Oligarchie und ihren Anteil am Krieg.“ Er zeigt in knapper, aber klarer und anschaulicher Schilderung die Ursachen, die die herrschende finanzielle Oligarchte Frankreichs, die in politischer Hinsicht die Erbin der privilegierten Stände des ancien régime und in wirtschaftlicher Hinsicht die der ehemaligen Generalpachter bedeutet, zu einem derjenigen Machtfaktoren umbildeten, die Frankreich in den Welttrieg trieben. Wie fast alle finanziellen Oligarchten habe auch sie urspruͤnglich eher ein Interesse an der Aufrechterhaltung des Friedens gehabt. Sie habe aber dem Druck des wiedergeborenen, jungen Frankreich und dem des französischen Neoimperialismus nach⸗ geben müssen und sei durch eigenes Verschulden im psychologischen Moment derart schwach geworden, daß sie den Hetzern und dem Druck Rußlands und Englands nicht mehr habe standbalten koͤnnen.é Ibre Lage sei kurz vor dem Kriege vornehmlich infolge eines drohenden Bankkrachs derart unhalrbar geworden, daß nur in einem Krieg ihr ein Ausweg offen gestanden habe. In Frankreich selbst wie auch in den beiden anderen Drewerbandsstaaten habe man diese Zwangslage der Oligarchie meisterhaft auszunutzen verstanden. Namentlich Rußland habe als großer Gläubiger Frankreichs alles getan, die Finanzkrise zu ver⸗ schärfen und eine Panik hervorzurufen, unter deren Werkungen die Oligarchie befürchten mußte, vom Sturm der pekuntär schwer ge⸗ schadigten französischen Sparer hinweggefegt zu werden. Die Sach⸗ lage erkläre es, daß die in ihrer Mehrheit wenigstens negativ fried⸗ Uebende Kammer in den Krieg hineingetrieben wurde, sie löse auch das scheinbare Rätsel, daß Frankreich für diesen Krieg finanziell so schiecht vorbereitet war. — Von der bei S. Hirzel in Berlin erscheinenden Schriftenfolge „Zwischen Krieg und Frieden“ lienen die Hefte 28 und 29 vor. Im ersten be. handelt Oskar Müller „Irrung und Abfall Italiens Er sieht die tiefste Ursache zu der Irrung der ttalienischen Politik, die zu dem Verrat an den ehemaligen Bundesgenossen und zu einem opferreichen, aber ertolglosen Kriege führte, darin, daß Italtien den Drang in sich fühlte, als Gioßmacht zu handeln, obwohl es keine Großmacht war. Schon die Kriegserklärung an die Türkei wegen Tripolls fei eine matte Refl rbewegung der imperlalistischen Träume
¹
“ 8 1
gewesen, die Jialien he⸗ 1
kenntnis hätte dämmern müssen, daß sie nicht einmal Oester⸗ reich allein in einem Nationalkrieg würden bezwingen können, gaben sie den Gaukeleien Englands nach, das ihnen klein⸗ asiatischen Kolonialbesitz vorsviegelte. Italien habe in dieser Krisis einen merkwürdigen Rundgang gemacht: nachdem es zu schwachmütig gewesen, den Kampf zum Weltmachtsziel an der Seite der starken Katserstaaten zu führen, habe es Erfüllung in einem Krieg für seine kleinen nationalistischen Interessen gesucht, und selbst hierzu unfähig, taste es jetzt auf falschem Wege sich zu seinen trügerischen imperialistischen Hoffnungen zurück. — Im 29. Heft behandelt der Professor an der Hochschule in Gotenburg, Dr. Rudolf Kiellen, Die Idee von 1914. Der Verfasser hat sich auch in Deutschland durch sein Buch „Die Großmächte der Gegenwart“ einen Namen gemacht. In der vorliegenden kleinen Schrift, die von Dr. C. Koch ins Deutsche übertragen ist, stellt er die Ideen von 1914 denjenigen der französischen Revolutionszeit gegenüber, indem er kritisch die Angriffe der Bekenner des Alten, die noch auf 1789 zurückstarren, zurückweist und indem er dann positiv zum Gegenangriff übergeht und die geistigen und sittlichen Werte der Gegenwart ihnen gegenüber vertritt. — Auch von der Sammlung „Kriegshefte aus dem Industriebezirk“ (Verlag von G. D. Baedeker in Essen) sind drei neue Nummern erschienen. Im Heft 10 schreibt der General⸗ superintendent D. Karl Klingemann über „Glaube und Vaterlands⸗ liebe“, im 11. behandelt der Gerichtsassessor Dr. H. Wehberg „Die awerikanischen Waffen⸗ und Munitionslieferungen an Deutsch⸗ lands Gegner“ und im 12. betrachtet Klara Sander „Die Mode im Spiegel des Krieges. — Der Verlag von C. Ungelenk in Leipzig und Dresden gibt unter dem gemeinsamen Titel „Gottesbegegnungen im großen Kriege“ Heftchen heraus, in denen die Pfarrer und Lizentiaten Neuberg⸗Dresden und Stange⸗Pulsnitz gewisse religiöse Fragen und Erlebnisse durch Feld⸗ postbriefe, Auszüge aus Kriegstagebüchern und Erfahrungen von Feld⸗ predigern und dem unmittelbaren Erleben dem Leser nabeführen. Auf den Inhalt des ersten Heftchens ist an dieser Stelle schon kurz hin⸗ gewiesen. Jetzt liegen zwei weitere vor. Die im 2. Heft zusammen⸗ gestellten Milteilungen sind unter den Gesamttitel „Die wieder⸗ entdeckte Kische“ vereinigt; das 3. Heftchen nennt sich „Das mobili⸗ sierte Lutherlied“.
Verkehrswesen.
Die drahtlose Telegraphie hat in den wenigen Jahren ihres Bestehens eine 8 Entwicklung durchgemacht, doch werden noch andauernd Verbesserungen ersonnen und eingeführt. Eine solche Verbesserung sollte das von der französischen radio⸗elektrischen Gesellschaft erworbene, von Girardeau erfundene „systeme a onde unique“ (einwellige Spstem) sein, das in dem Jahrbuch der drahtlosen Telegrapbie und Telephonie von Professor Kalähne einer kritischen Erörterung unterzogen wird. Dieser kommt zu folgendem Ergebnis: Es ist kein Zweifel, daß die Mehrwelligkeit des üblichen mit zwei gekoppelten Schwingungskreisen arbeitenden Braunschen Systems einen Nachteil bedeutet und daß mit einem einwelligen System unter Umständen größere Wirtschaftlich⸗ keit erzielt werden könnte. Die Einwelligkeit will Grrardeau bei seinem System dadurch erreichen, daß er von dem zweikreisigen System zu einem dreikreisigen übergeht, in dem die betden mit Kondensator versehenen Stromkreise auseinander gerückt und ein dritter Kreis, eine geschlossene Stromleitung mit Induktionsspulen, aber ohne Konden⸗ sator, so dazwischen geschaltet wird, daß die beiden anderen Kreise nur auf ihn, aber nicht merklich aufeinander induzierend wirken. Eine eingehende Berechnung der theoretischen Grundlage dieses Systems zeigt, daß sich allerdings eine einwellige Schwingung damit herstellen läßt. Es ist das aber keineswegs unter allen Umständen der Fall, und es bleibt zweifelhaft, ob bei der von Girardeau peziell beschriebenen Form die Emwelligkeit wirklich verbürgt ist. Aber selbst wenn man die Rechnungen Girardeaus als zulässig betrachtet und die Einwelligkeit als tatsächlich erreicht annnimmt, so gebt doch aus der weiteren Durchführung der Rechnung hervor, daß die Koppelungsmöglichkeit durch die dret Kreise nicht besser, sondern schlechter wird. Auch ohne jede Rechnung kann man erkennen, daß die Zwischenschaltung eines unperiodischen für sich nicht schwingungsfähigen dritten Kreises zwischen den primären und sekundären Kreisen nach dieser Richtung keinen Vorteil bringen kann. Denn der zwischengeschaltete Kreis stellt ja gewissermaßen nur einen Transformator dar, der die Koppelung etwas umständlicher be⸗ sorat, als es sonst bei unmittelbarer Koppelung der beiden Kreise geschieht, und wie alle Transformatoren, ist er ein Energie ver⸗ zehrendes Glied, durch das die Dämpfung erhöht werden muß. Hinzu kommt noch, daß die praktische Ausführung nicht den von Girardeau dargestellten theoretischen Grundlagen entspricht, denn in der praktischen Ausführungsform wird garnicht ein in sich geschlossener Kre's zwischen die beiden anderen geschaltet, sondern es sind in dem Zwischenkreis Teile der Spulen der beiden anderen Kreise selbst enthalten, wodurch die in der Theorie voraus⸗ gesetzte reine induktive Koppelung gestört wird. Aber wenn man von dieser Abweichung zwischen Theorte und Praxis auch absieht, erscheint es doch ausgeschlossen, daß bei dem neuen Girardeauschen System ein besserer Wirkungsgrad und eine größere Wirtschaftlichkeit heraus⸗ kommen kann. Es ist daher nicht anzunehmen, daß dieses neue fran⸗ zoͤsische System das bisher übliche zweikreisige, von dem Deutschen Braun stammende, wird verdrängen oder auch nur erheblich beein⸗ trächtigen können.
Theater und Musik.
Kleines Theater.
Das Kleine Theater, das einen geschichtlichen Lustsplelzvklus vorbereitet, der ein Bild der Entwicklung des Lustspiels geben will, hat schon eine ganze Anzahl Stücke aufgeführt, die später dem Gesamtbilde eingefügt werden sollen. Gestern griff es auf den alt⸗ römischen Komödiendichter Plautus zurück, dessen „Miles gloriosus“ unter dem Titel „Der Prahlhans“ in der Uebersetzung von Karl Bardt zum ersten Male gegeben wurde. Es war eine verdienstvolle Tat, auch wenn das Stück mehr durch seine Aitertüm⸗ lichkeit als durch seinen Inhalt wirkte. Jateressant war es jedenfalls, die Fäden zu verfolgen, die sich von ihm aus durch die Komödien ver⸗ schiedener Jahrhunderte bis in die neueste Zeit fortspinnen. Der bramabasierende Soldat, den der alte Titus Maccus Plautus in seinen Pyrgopolintces schildert und den er selbst schon einer griechischen Vorlage nachgebildet hat, ist als Ahnberr Falstaffs und verschiedener anderer ruhmrediger Gesellen in Shakespeareschen Dramen zu erfennen. Auch seine beiden Sklaven, der schlaue Palagestrio und der dumme Sceledrus, von denen ersterer die lustige Intrige des Stückes leitet, sind lypische Figuren, denen man bei Hans Sachs, Molièdre, Shakespeare, Goldoni immer wieder begegnet. Und, um ein Beispiel aus unstren Tagen noch zu nennen, das Grundmotlv von Fuldas Lustsriel „Die Zwillingsschwester“, das gegennärtig im Königlichen Schauspielhause gegeben wird, findet sich schon ganz ebenso gestaltet in Plautus' „Miles gloriosus“ vor. Was man im Kleinen Theater gestern zu sehen bekam, war natürlich ein gereinigter Plautus, denn die Derbheiten, die sich der römische Volksdichter des dritten vorchristlichen Jahrhunderts erlauben durfte, entsprechen dem Geschmack unseres gesitteteren Zeitalters nicht mehr. Karl Bardt hat die Komödie in gereimte d-utsche Knittelverse übertragen, die dem Stil des Stuckes wohl auch am besten gerecht werden. Hie gestrige Aufführung, zu der Bogumil Zepler eine ansprrchende Begleit⸗ musik beigesteuert hatte, wurde mit einem Satyrtanz eingeleitet, der auf den Charakter des Spieles hinwies. Die Wiedergabe einzelner Rollen hätte man sich wirksamer denken können, insbesondere fehlte dem Darsteller des Pyraopolinices, Adolf Suchaneck, jegliche vis comica; er verfiel in den Fehler, sich selbst zu parodteren. Besser traf Bertholdt Reissig den Ton des schlauen und behenden Sklaven Pakaestrio, der dadurch, daß er der Eitelkeit seines Herrn zu schmeicheln weiß, diesen zu allen möglichen Torheiten und zu einem Lab⸗ s. abenteuer verleitet, das dem Prahlhans zuletzt die verdienten Prügel einträgt. Die anderen Rollen wurden von den Damen Straub, Wenaldy und besonders von Alice Torning, die eine dummschlaue
gte. Als seinen Führern schon die Er⸗
Magd sehr drollig v lörperte, sowie von den Herren Gronav, Forsch und Beckmann recht x gegeben. Als Spielleiter bewährte sich, wie stets, der Direktor Georg Altman. 1
Friedrich Wilhelmstädtisches Theater. 412
Leo Falls Operette „Der fidele Bauer“, die vor etwa sieben Jahren im Theater des Westens viel gegeben worden ist, wurde gestern auf der Bühne in der Chausseestraße zum ersten Male auf geführt. Der volksstückartige Charakter der Handlung und die 3 melodiöse, mehr ernste als lumige Musik übten auf das Publikum des Friedrich Wilhelmstädtischen Theaters gestern eine tiefere Wirkung aus als damals auf die an Tanzopereretten gewöhnten Besucher des Theaters des Westens. Der alte Bauer, der seinen „studierten Sohn, der in der Weltstadt Professor wurde, besucht und dort erkennen muß, daß er in den vornehmen Verkehr seines Sprößlings, für den er so große Opfer brachte, nicht vaßt, e innert an Gestalten in manchem oberbayerischen Stück, das Xaver Terofal und seine Bauerntruppe hier aufgeführt haben. Die Operette bietet außer einer Reihe sehr dankbarer Aufgaben für die DParsteller auch elne Menge reizvoller mustkalischer Nummern, so einen schoͤnen Eingangschor, einige anmutige Lieder sowie zwet⸗ und mehrstimmige Gesänge und ein an ein niedliches Kindertanzliedchen anknüpfendes Orchesterzwischenspiel. Einen breiten Raum nimmt freilich auch der Dialog ein, der zum Teil recht munter ist. In der Aufführung machte sich die Sorgsamkeit wieder - angenehm bemerkdar, mit der alle Vorstellungen des Friedrich Wil⸗ beimstädtischen Theaters vorbereitet werden. Die Titellrolle gab Edmund Loewe ebenso charakteristisch in seiner bäuerischen Art wie gemütvoll, den Sohn Johannes Müller, der sich kürzlich hier in der Partie des Vogelhändlers so glücklich eingeführt hatte. Unter den anderen Mitwirkenden zeichneten sich die Damen Frankté, Fuhr, die Herren Hilberg, Zikesch, Koffler sowie als Darsteller der Kinderrollen die kleine Martha Kubler und die kleine Totte Müller aus. Der Kapellmeister Dr. Max Werner leitete die Aufführung musikalisch mit sicherer Hand. er
Morgen, Sonntag, wird im Königlichen Opernhauf Verdis „Troubadour“ aufgeführt. Die Leonore singt Frau Dux, die Azucena Fräulein Leisner, die Ines Fräulein e den Manrico Herr Jadlowker, den Luna Herr Schwarz, den Fernando Herr Bach⸗ mann, den Alvaro Herr Krasa. Dirigent ist der Generalmusik⸗ direktor Blech.
Im Königlichen Schauspielhause geht morgen Ibsens „Peer Gynt“ mit der Begleitmusik von Edward Grieg in Szene. Die Vorstellung beginnt um 7 Uhr. 8 .
Im Lustspielhause findet am Donnerstag nächster Woche die Erstaufführung des Schwankes „Das Kuckucksei“ von Kraatz und Franz Arnold statt.
In dem morgigen Konzert des Blüthner⸗Orchesters werden Gertrud und Pilde Vistor ein in der hiesigen Königlichen Bibliothek aufgefundenes Konzert für zwei Klaviere und Orchester (As⸗Dur) von F. Mendelssohn⸗Bartholdy zum ersten Male vor⸗ tragen. Der Hofopernsänger Ludwig Dornay singt die Arie für Tenor und Orchester aus „Judas Maccabäus“ von Händel sowie drei Lieder mit Klavier von Richard Strauß und Paul Scheinpflug. Ferner enthält das Programm die Militärsymphonie von Havdn, „Meeresstille und glückliche Fahrt“ von Mendelssohn⸗Bartholdy und die Ouvertüre zur Oper „Die verkaufte Braut“ von Smetana. Dirigent ist Paul Scheinpflug. Das Konzert beginnt um 7 ½ Uhr.
Handel und Gewerbe.
(Aus den im Reichsamt des Innern zusammen⸗ gestellten „Nachrichten für andel, Industrie Sund Landwirtschaft“.)
Niederlande.
Ausfuhrverbote. Die Ausfuhr folgender Waren ist seit dem 2. November 1915 verboten:
Zwiebelsaat, Porreesaat, Eiweiß, Eigelb und Er⸗ zeugnisse daraus, Aluminium und dessen Legierungen, Aluminiumwaren, Chlorkalk, Natronsalze, Zinn⸗ legierungen, Zinnwaren und Spießglanzkönig.
, (Telegramm des Kaiserlichen Generalkonsulats in Amsterdam.)
Norwegen.
Keine Ausfuhrgenehmigungen für Renntierfleisch. Das Landwirtschaftsdepartement teilt mit, daß in der letzten Zeit ver⸗ schiedene Anträge auf Ausfuhrgenehmigung für Renntierfleisch ein⸗ gelaufen seien. Das Departement werde indes gegenwärtig Be⸗ freiungen vom Verbote nicht genehmigen, da der inländische Preis für Renntierfleisch sehr gut sei. (Morgenbladet.)
— Geplante Neuordnung der Ausfuhr und des ein⸗ heimischen Verbrauchs von gesalzenen Heringen. In Drontheim und in Christiansund ist man in Kreisen des Herings⸗ geschäfts allgemein der Ansicht, daß auf dem Gebiete der Herings⸗ auzfuhr eine bedeutungsvolle Maßnahme bevorsteht. Statt die dem inländischen Verbrauche vorbehaltene Menge zu vergrößern, wird der von der Regierung eingesetzte Ausschuß den Erlaß eines Ausfuhr⸗ verbots für alle gesalzenen Heringe beantragen, allerdings unter Vor⸗ behalt größerer Ausfuhrbewilligungen, wobei on den Staat eine Ab⸗ gabe für die Tonne zu zahlen sein wird. Die Abgabe wird ver⸗ mutlich 3 Kr. nicht übersteigen Man erwartete das Erscheinen eiger amtlichen Bekanntmachung bereils zum 6. November 1915. (Nach Morgenbladet.)
— Zulässigkeit der Ausfuhr von Metall. Ein Rundschrei des Finanz⸗ und Zolldepartements an die Zoll kammern vom 21. Oktober 1915 laufet:
Unter Bezugnahme auf das diesseitige Rundschreiden vom 17. Fe⸗ bruar 1915, betreffend die Kontrollierung der Einfuhr von Metall⸗ waren aus dem Ausland, wird hierdurch auf Veranlassung des Mint⸗ steriums des Aeußern mitgeteilt, daß die in Abschnitt 3 des Rund⸗ schreidens erwähnten Erklärungen der in Betracht kommenden Firma darüber, daß sie eine bestimmte Menge fertiger Metallwmnen eingerüdrt habe, die den fröher ausgeführten Metallmengen entspreche, künfttadin in doxppelter Ausfertigung auszustellen sind, wovon die eine det dem Zollamt aufzubewahren ist, während die andere, nachdem sie mit der Bescheinigung des Zollamts über die Einfuhr versehen worden ist. dem Einführer zurückgegeben wird, der dann die Erklärung unmittel⸗ bar dem Ministerium des Aeußern einzureichen hat
Das hier angegebene Verfahren ist in allen Fällen zu befolgen. wenn die in Betracht kommende Firma die Erklärung üder die ein⸗ geführten Metallwaren noch nicht abgegeden hat. Die der Zohllver⸗ waltung bisher abgegebenen Erklärungen, die noch nicht weitergesandt sind, sind sobald wie möglich dem Mmisterium des Aeußern zu üder.⸗ senden. Vordrucke zu den neuen Erklärungen werden den in Betracht kommenden Firmen von dem genannten Ministertum unmitteldar zu⸗ gesandt werden.
Die in dem Rundschreiben erwähnte Buchfübhrung über die ein⸗
und ausgeführten Mengen zur Kontrollierung der adgegedenen Er⸗ klärungen kann künftig fortfallen. Die Zollkammer wird ferner ersucht, dofür Sorge zu tragen, doß das oben erwähnte Verfahren auch in Fällen angewandt wird, de denen als Bedinguug der Gewährung einer Ausfudrerlaudnis die Fin⸗ fuhr anderer Waren als Metallwaren vorgeschrieden wird. (Nach einem Bericht des Kaiserlichen Generalkonsulats in Kristrante.)