Neutralität Griechenlands verletzt hätten, ebenso wie Deutschland im Jahre 1914 die Neutralttät Belgtens 2u.⸗ babe, ferner daß der deutsche Reichskanzler am 9. Detzember im Reichstag dieselbe Beschuldigung ausgesprochen habe. Er fraate, ob der Unterstaatesekretär etwas fun wolle, um für die Bekanntgabe der Tatsache in den neutralen Ländern zu sorgen, daß die griechische Regterung durch Vermittlung ihres Minister⸗ präsidenten England ersuchte, Truppen über Saloniki nach Serbien zu senden und dadurch Griechenland in die Lage zu versetzen, seinen Vertrogspflichten gegen Serbien nachzukommen. Lord Robert Cecil antwortete, er wisse, wie solche Behauptungen in der Presse der neutralen Laänder auftauchten. Sie sneßen aber auch dort auf Widerspruch, ohne daß die britische Regierung darouf irgendeinen Einfluß ausübte. Sollt⸗ die Gefahr bestehen, daß die neutralen Lander zu einer irrigen Auffassung über diesen Punkt ge⸗ langten, dann werde er dem gegebenen Wink Rechnung kragen.
Der Solicitorgeneral Cawe erklärte in Erwiderung auf kritische Bemerkungen über den niederländischen Ueberseetrust, er wolle zwar nicht hbehaupten, daß die Vereinbarungen, die mit den niederländtschen Kaufleuten geschlossen wären, fehlerlos seien, aber er habe viele führende Leute des Ueberseetrusts gesprochen und sei zu der Ansicht gelangt, daß man aufrichtig wünsche, Eugland gegenüber loval vorzugehen. Das Abkommen mit dem Ueberseetrust sei von großem Werte für Holland und auch für England. Sir Arthur Markham fraate, ob der Solicitorgeneral verneinen wolle, daß an der Spitze des Kohlenbureaus, das vom niederländischen Ueberseetrust beaussichtigt werde, frühere führende Männer des rbeintsch⸗westfälischen Kohlen⸗ trusts stünden. Er mache sich erbötig, Namen zu nennen. Cawe antwortete, daß j de Mitteilung darüber genau untersucht werden würde. Seiner Meinung noch bestehe das Koblenbureau aber aus den vornehmsten holländischen Kohlenhärndlern. Er wisse aller⸗ dings nscht, ob einige davon früher an deutschen Kohlengruben inter⸗ esstert wären. 1
— Wie die parlamentarischen Mitarbeiler der Londoner Blätter berichten, wurde vorgestern eine von ungefähr sechzig unionistischen Parlamentsmitaliedern besuchte Versammlung ab⸗ gehalten, der Sir Edward Carson und Lord Charles Beres⸗ ford beiwohnten. Die Versammlung faßte dem „Rotterdamschen Courant“ zufolge den Beschluß, daß die Verlängerung der Legislaturperiode des Parlaments um ein Jahr zu lang sein würde, weshalb sie den Zusatzantrag einzubringen be⸗ absichtigen, die Periode nur um sechs Monate zu verlängern.
Die letzte Verlustliste zählt Offiziere und 957 Mann auf. 8
, 63
Italien.
Nach einer Meldung der „Tribuna“ hat der Abgeordnete Astengo eine Anfrage über das Ergebnis der Untersuchung des Untergangs des „Benedetto Brin“ und die Verant⸗ wortlichkeit dafür an die Regierung gerichtet und wegen des Schlusses der Kammer schriftliche Beantwortung innerhalb 14 Tagen verlangt. 8 1—“
Belgien. 1
Durch eine Verordnung vom 21. Oktober 1915 war die durch eine vorangegangene Verordnung vom 20. Dezember 1914 bis zum 21. Oktober 1915 verlängerte Frist für Protesterhebungen und sonstige zur Wahrung des Re⸗ gresses notwendige Handlungen nochmals bis zum 31. Dezember 1915 verlängert worden. Den Inhabern der vor dem 31. De⸗ zember 1915 fälligen gezogenen Wechsel war aufgegeben worden, den Bezogenen vor dem 31. Dezember 1915 Nachricht davon zu geben, daß sie die Wechsel in Händen haben. Es wurde hinzugefügt, daß bei domizilierten Wechseln die Domizilaten, bei Wechseln, deren Zahlung am Wohnorte der bezogenen Personen erfolgen soll, diese zu benachrichtigen sind. Da nun Zweifel darüber auf⸗ getaucht sind, ob diese Verordnung auch auf Wechsel Anwendung finden könnte, die in der Etappe zahlbar sind, wird, wie „W. T. B.“ meldet, ausdrücklich bekanntgegeben, daß die Ver⸗ ordnung nur auf Wechsel Anwendung findet, die im Gebiet des Generalgouverneurs zahlbar sind.
“ e
* 8
Schweden.
Der bulgarische Geschäftsträger Grekow ist gest König in Audienz empfangen worden und hat sein Beglaube⸗ gungsschreiben überreicht.
Das „Reutersche Bureau“ erfährt von diplomatischer Seite, daß der König Konstantin in der Audienz des diplomatischen Korps am Sonnabend persönlich Zusicherungen gegeben habe, die als zufriedenstellend betrachtet würden.
Die Gesandten des Vierverbandes haben den griechischen Ministerpräsidenten Skuludis besucht und Pariser Blättermeldungen zufolge amtlich verständigt, daß die wirt⸗ schaftlichen Maßnahmen gegen Griechenland aufgehoben worden
seien und die in den Häfen festgehaltenen griechischen Schiffe
alsbald freigelassen werden würden. 1“
Die von gewissen Organen der Saloniker Presse verbreitete Nachricht, daß das bulgarische Volk mit der Ver⸗ längerung des Krieges unzufrieden wäre und auf Friedens⸗ schluß binnen kurzer Frist bestünde, daß ein Teil der Opposition, namentlich die sozialistische Gruppe, das Zusammenarbeiten mit den Oesterreichern, Ungarn und Deutschen gegen die Engländer und Franzosen zurückweise, und daß lärmende Kundgebungen gegen den Krieg in Sofia und der Provinz stattgefunden hätten, die zu blutigen Scharmützeln geführt haben sollen, wird von der „Bulgarischen Telegraphenagentur“ in aller Form für unwahr erklärt. Eine amtliche Note lädt die Berichterstatter der neutralen Presse ein, Bulgarien zu besuchen, um sich dadurch am besten von der wahren Lage im Lande zu überzeugen.
Amerika.
8 Die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika hat nach einer Meldung der „Frankfurter Zeitung“ Einspruch gegen den Uebergrriff des französischen Kreuzers „Descartes“ erhoben, der vom amerikanischen Dampfer „Como“ in der Nähe von Portorico deutsche Mit⸗ glieder der Mannschaft herunterholte.
— Die deutschen Attaches Boy⸗Ed und von Papen werden dem „Daily Telegraph“ zufolge am 28. Dezember nach Deutschland zurückkehren.
— Der Präsident Wilson sagte in einer Ansprache an eine Versammlung von Geschäftsleuten in Columbus den „Times“ zufolge:
Es sieht so aus, als ob wir nach dem Kriege den Rückhalt an finanzieller und wirtschaftlicher Kraft für die ganze Welt bilden — und als ob wir in den Tagen des Wiederaufbaues und der
1 öhung, die Europa bevorstehen, vieles zu leisten hätten, was früher
herstellung des Frledens die [denkenden Männer in allen Ländern Bürgschaften für seine Dauer verlangen werden und daß man dann die Mutel des Rechts über die Mittel der Gewalt stellen wird. ⸗Ich glaube, wenn Amerika Gleichgewicht und freundschaftliche Haltung gegen alle Welt bewahrt, so wird es eine bevorzugte Stellung ein⸗ nehmen und einen vermittelnden Einfluß ausüben können. Ich spreche nicht von einer Vermittlung der Regierung, sondern ich meine die geistige Vermittlung.
— Nach Meldungen des „Reuterschen Bureaus“ befürwortete der Staatssekretär des Kriegsamtes Garrison in seinem Jahresbericht die Bildung von zehn neuen Infanterie⸗ regimentern, vier Regimentern Feldartillerie, 52 Kompagnien Küstenartillerie, 15 Kompaanien Pioniere und vier Luft⸗ geschwadern. Das stehende Heer soll um 400 000 Mann ver⸗ stärkt werden, indem 130 000 Mann zum dreijährigen Dienste ausgehoben werden. Der Staatssekretär des Marine⸗ amts Daniels empfahl em fünfjähriges Bauprogramm, das 10 Dreadnoughts, 6 Schlachtkreuzer, 10 Aufklärungskreuzer, 50 Zerstörer, 15 Hochsee⸗U⸗Boote und 85 Küsten⸗U⸗Boote um⸗ faßt und ferner eine Ausgabe von 6 Millionen Dollar für den Flugdienst vorsieht.
5
Kriegsnachrichten.
Großes Hauptquartier, 15. Dezember. (W. T. B.)
Westlicher Kriegsschauplatz.
An der Front hat sich nichts von besonderer Wichtigkeit ereignet. — 3
Ein am 12. 12. auf der Höhe von La Panne auf Grund geratener englischer Dampfer wurde gesiern von unseren Fliegern mit beobachtetem Erfolge an⸗ gegriffen.
Der Feind, der mehrere Flugzeuggeschwader gegen Bapaume — Peronne, nach Lothringen und auf Müll⸗ heim (Baden) angesetzt hatte, büßte im Luftkampf oder durch Feuer unserer Abwehrgeschütze 4 Flugzeuge, darunter ein Großflugzeug mit 2 Motoren, ein.
Oestlicher Kriegsschauplatz. Nichts Neues.
Balkankriegsschauplatz. 11“
Südwestlich von Plevlje ist der Feind über die Tara
und weiter östlich über die Linie Grab — Brodarevo
zurückgeworfen. Mehrere hundert Mann wurden gefangen genommen. Oberste Heeresleitung.
Wien, 14. Dezember. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: Russischer Kriegsschauplatz. Nichts Neues.
Italienischer Kriegsschauplatz. Die Tätigkeit der Italiener in den Judicarien dauert Einzelne kleinere Angriffe des Feindes wurden abge⸗ Der an der Straße nach St. Peter gelegene Stadt⸗ “
fort. wiesen T r teil von Görz stand wieder unter Artilleriefeuer.
Südöstlicher Kriegsschauplatz.
Südlich von Plevlje erstürmten unsere Truppen die montenegrinischen Stellungen auf der Prana Gora. Im Raume nördlich von Berane brachten wir neuerlich 2300 Gefangene ein. 1“
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstab von Hoefer, Feldmarschalleumant.
E11 — 88
Sofia, 13. Dezember. (W. T. B.) Aus dem Haupt⸗ quartier wird gemeldet: Der 12. Dezember des Jahres 1915 wird für die bulgarische Armee und das bulgarische Volk von großer historischer Bedeutung bleiben. Heute hat unsere Armee die letzten drei mazedonischen Städte, welche sich noch in den Händen unserer Feinde befanden, besetzt: Doiran, Gewgheli, Struga. Die letzten Kämpfe mit den Eng⸗ ländern, den Franzosen und den Serben spielten sich an den Ufern der Seen von Doiran und Ochrida ab. Der Feind wurde überall geschlagen. Mazedonien ist befreit, und auf dem mazedonischen Boden befindet sich kein einziger feindlicher Soldat mehr. Ueber die Operationen dieses Tages wird folgendes gemeldet: Nach der gestrigen Niederlage der Enaländer und Franzosen auf dem rechten Wardarufer und nach dem Durchbruch im Zentrum nahe beim Dorfe Furka zog sich der Feind gegen das neutrale griechische Gebiet zurück, von unseren Truppen verfolgt bis zur griechischen Grenze. Die Stadt Doiran wurde Mittags 12 Uhr genommen. Die Bevölkerung nahm unsere Truppen mit unbeschreiblichem Jubel auf. Un⸗ aufhörlich durchbrausten Hurrarufe auf S. M. den Zaren die Luft. Unsere Soldaten wurden mit Blumen überschüttet. Die Gefangenen, Toten und Verwundeten gehören haupt⸗ sächlich der 10. und 22. englischen Division an, bestehend aus den 29., 30, 31., 65., 66. und 67. Infanterie⸗Brigaden, die endgültig geschlagen wurden und auf ihrem Nückzuge Kanonen, Gewehre usw. zurückgelassen haben. Das ganze Kampffeld ist mit Ausrüstungsgegenständen übersät. Bisher wurden 200 gefangene englische Soldaten gezählt. Die Kolonne, die die Franzosen auf dem rechten Ufer des Wardar verfolgte, warf die französischen Truppen nach einem kühnen und energischen Angriff aus ihren Stellungen hinaus und drängte sie nach der griechischen Grenze. Um 5 Uhr 20 Minuten Nachmittags wurde die Stadt Gewgheli von unsern Truppen besetzt. Die Franzosen haben vor ihrem Rückzuge die Kasernen und die Stadt mit zwei Krankenhäusern in Brand gesteckt, die Eisenbahnbrücke über den Wardar südlich von Gewgheli wurde gesprengt. Die Zahl der Gefangenen und der Trophäen ist noch nicht gezählt. Die Artillerie (2) des Generals Sarrails ist von der Linie Doiran —Gewaheli an die griechische Grenze zurückgeworfen. Es muß anerkannt werden, daß die französischen Truppen viel tapferer als die englischen kämpften. In den zehntägigen Operationen, die in der Geschichie als die „Operationen am Wardar und Karassu“ werden bezeichnet werden, kämpfte gegen unsere Truppen eine Armee von 97 000 Franzosen und 73 000 Engländern, im ganzen also über 170000 Mann mit 600 Feldgeschüzen, 130 Gebirgsgeschützen und 80 schweren Haubitzen.
Die letzten Reste der serbischen Armee, die von
von Europa geleistet worden ist. Ich glaube, daß nach der Wieder⸗
Bitolia über Ochrida und Struga nach Albanien zurückweichen,
ogen sich nach ihrer Niederlage bei Ochrida am linken Ufer
8 Schwarzen Drin zurück, wobei sie alle Brücken über diesen Fluß vernichteten. In der Frühe des heutigen Tages haben unsere Truppen bei Struga den Fluß Drin passiert. Südlich dieser Stadt griffen sie die serbischen Truppen energisch an, machten 400 8291,* und nahmen drei Ge schütze. Die Verfolgung in der Richtung gegen Elbassan wird fortgesetzt.
Die Mobilmachung der bulgarischen Armee wurde am 10./23. September erklärt. Sechs Tage später begann die Konzentration der Truppen. Die Operationen gegen die Serben wurden am 1./14. Oktober begonnen, und 40 Tage später, d. h. am 10.,23. November, war die serbische Armee bei Pristina und Verisowitsch endgültig geschlagen und auf albanisches Gebiet zurückgedrängt. Am 16. 29. November wurden bei Prizrend und Kula Luma die letzten Reste der serbischen Armee gefangen genommen. Am 20. November bis 3. Dezember begannen die Operationen am Wardar und Karassu gegen die Engländer und Franzosen. Im Laufe von 10 Tagen war die Expeditionsarmee des Generals Sarrail geschlagen und auf neutrales Gebiet zurückgeworfen. Am 12. Dezember war ganz Mazedonien befreit, und kein einziger feindlicher Soldat befindet sich mehr auf mazedonischem Boden. Dies ist der Tag seiner Befreiung.
Die Verfolgung des Feindes ist augenblicklich eingestellt. Folgende Depesche des Kommandierenden der 2. französischen Armee vom 29. November Nr. 2007 charakterisiert die Franzosen. Die Depesche lautet: „Die französischen Truppen haben in den von ihnen besetzten Ortschaften die ganze Be⸗ völkerung zurückgedrängt und auf alle ihre Güter, Lebensmittel, Hausgerät, Vieh usw. Hand gelegt.“ Da sie jedoch ihren Miß⸗ erfolg voraussahen, haben sie die Nahrungsmittel wieder an seden verteilt und den Rest auf ihrem Rückzuge verstreut. Die besseren Gebäude wurden in Brand gesteckt, sodaß die Bevölke⸗ rung nach ihrer Rückkehr kein Dach und keine Nahrung mehr finden kann.
Konstantinopel, 14. Dezember. (W. T. B.) Das Hauptquartier meldet: Von der Irakfront liegen keine neuen Nachrichten vor.
An der Kaukasusfront wiesen wir Ueberrumpelungs⸗ versuche ab, welche der Feind mit kleinen Abteilungen an einigen Abschnitten unternahm.
Von der Dardanellenfront wird berichtet: Bei Anafarta beschossen feindliche Panzerschiffe, die dabei von Beobachtungsballons unterstützt wurden, einen Augenblick unsere Stellungen. Unsere Artillerie erwiderte das Feuer und beschoß wirksam die Schützengräben und Batterien des Feindes. Bei Ari Burun ziemlich heftiges Bombenwerfen und Geschütz⸗ kampf mit Zwischenpausen. Bei Sedil Bahr schleuderte der Feind in der Nacht vom 11. zum 12. Dezember gegen unseren linken Flügel eine ziemlich große Menge Bomben. Am 12. Dezember versuchte der Feind, nachdem er eine Stunde lang Bomben aller Art und Lufttorpedos gegen diesen Flügel geschleudert und ein sehr heftiges Gewehr⸗ und Geschützfeuer gegen denselben gerichtet hatte, einen Angriff, der jedoch durch eine kräftige Antwort unserer Artillerie, die den Feind mit großen Verlusten nach seinen Schützengräben zurückzukehren zwang, vollständig abgeschlagen wurde.
Konstantinopel, 14. Dezember. (W. T. B.) Bericht des Hauptquartiers. An der Irakfront nimmt die Tätiakeit der feindlichen Artillerie bei Kut el Amara von Tag zu Tag infolge unseres heftigen Gegenfeuers ab. Unsere Truppen näherten sich infolge geglückter Angriffe dicht der feindlichen Hauptstellung.
An der Kaukasusfront mit Ausnahme von Schar⸗ mützeln der Vorposten nichts von Bedeutung.
An der Dardanellenfront beschoß unsere Artillerie erfolgreich feindliche Stellungen bei Anafarta und feindliche Schiffe bei Kemikliliman und zwang sie, sich zu entfernen. Die feindliche Artillerie antwortete nicht. Bei Ari Burun Minenwerfertätigkeit und ein ziemlich heftiger, aber aussetzender Artilleriezweikampf. Bei Sedil Bahr fand in der Nacht vom 12. Dezember gegen unseren rechten und linken Flügel ein Gefecht mit Bomben und Lufttorpedos statt. Unsere Artillerie beschoß eine feindliche Haubitzenbatterie und sprengte ein Munitionsdepot dieser Batterie in die Luft. Am 13. De⸗ zember fand ein sehr heftiges Bombengefecht gegen unsere Laufgräben im Zentrum statt. Unsere Artillerie nahm erfolg⸗
ein Blockhaus und zwei Brücken über den Kerevizdere.
meldet: Eine Aufklärungsabteilung aus Patruh stieß am 11. Dezember auf 300 feindliche Araber, die gegen Westen hin verjagt wurden. Sie hatten 35 Tote, während 7 von ihnen gefangen genommen wurden. Die feindliche Ab⸗ teilung war mit Gewehren bewaffnet, sie bestand aus türkischen Landsoldaten und aus Irregulären. Die Engländer verloren
16 Mann an „3 Offiziere und 15 n an V wundeten. 8
8 Der Krieg zur See
London, 14. Dezember. (W. T. B.) „Lloyds“ melden: Der britische Dampfer „Orteric“, 6535 Bruttotonnen, ist versenkt worden. Die Besatzung ist bis auf zwei getötete und drei schwer verwundete Chinesen gerettet. 16““
Von „Wolffs Telegraphenbureau“ wird folgende Liste der seit Beginn der Saloniki⸗Expedition von U⸗Booten der Mittelmächte im Mittelmeer ver⸗ senkten feindlichen Truppen⸗ und Kriegsmaterial⸗ Transportdampfern verbreitet:
A. Hilfskreuzer und Truppentransportdampfer. 1) „Ramazan“, englisch, 3477 t, 500 Mann indische Truppen und
Kriegsmatertal. 2) „Transsvlvania“, englisch, 14 000 t, Truppen, Munition und 3) 1 Abtg. französische
Kriegsmaterial. „Admiral Hamélin“, französisch, 5051 t, Feldartillerie, Munitionswagen und 360 Pferde.
4) „Marquette“, englisch, 7050 t, 1000 weiße englische Soldaten, 502 eenetes⸗ Munitton und Krankenpfleger, 83 Mann gerettet.
5) „Calvados“, französisch, 6000 t, 800 Mann französische Kolontal⸗
truppen, 53 Mann gerettet.
6) „Tara', englisch, 1862 t, Hilfskreuzer.
5
y1111
Der Krieg der Türkei gegen den Vierverband.
reich Artilleriestellungen des Feindes unter Feuer und zerstörte
Kairo, 14. Dezember. (W. T. B.) Amtlich wird ge⸗
7) „Moorina“, englisch, 5000 t, Truppen und Transport von
500 Pferden.
88 „Caltforntan“, englisch, 6223 t, Kriegsmaterial und T (Zahl unbekannt). 4 8 eltt ae
B. Kriegsmaterial — Transportdampfer. 9) Ravitailleur“, fronzösisch, 2800 t, Kohlen fü ösische F Nhao a neiche, Zerefäsch t, Kohlen für französische Flotte 10) e. englisch, 4300 t, Kohlen nach Mudros für englische otte.
11) „H. C. Henny', englisch, 4219 t, Teeröl pv heczas glisch eröl von Alexandrien nach 12) „Provincia“, französisch, 3523 t, Kohlendampfer fü 8 framosische Flotte “ 13) „St. Margusrite“, französisch, 3800 t, Vorratsdampfer. 14) „Heridia „englisch, 4944 t, mit Stückgütern nach Saloniki. 15) „Antonte“, französisch, 2387 t, Vorratsdampfer. 3
16) „Craigston“, englisch, 2617 t, Kohlen von Cardiff nach Mudros. 17) „Burrsfield“, englisch, 4637 t, Kohlen, Torpedos, Stückgüter
1“
6
nach Tenedos. 18) „Woodfield“, englisch, 3584 t, 33 Motorbahnwagen. 24) Flotte. Kohlen für englisch⸗ 29) „Sir Richmd Awdry“, englisch, 2234 t, unbekannt. 32) Unbekannt, englisch, 4000 t, Munition. für die Saloniki⸗Expedition sind im Oktober und No⸗ Material für die russische Staatseisenbahn. (Bannware.) „Haltzones“, englisch, 5093 t, Erz, Baumwolle. 15) „Merganser“, englisch, 1905 t, Stückgut 2¹) „Colenso“, englisch, 3861 t, Stückgut und Elsenbahnwagen.
„Motorleichter X 30“‧, englisch. Leichter für Landungszwecke.
19) „Silverash', englisch, 3758 t, Vorratsdampfer. 9
20) „Scawby’, englisch, 3858 t, Kohlen⸗ und Vorratsdampfer.
21) „Thorpwood“, englisch, 3184 t, Kohlen für englisch⸗französische
22)
Sen „Yasukuni Maru’“, japanisch, 5118 t, Kriegsmaterial, Eisenbahn⸗ schienen, Petroleum, Stückgüter nach Solonikt. b „Buresk’, englisch, 4350 t, Vorratsschiff. 25) 26) „Clan Maccalister“, englisch, 4835 t, französische Flotte. 27) „Carta“, englisch, 3032 t, Vorratsschiff. 28) 23 französisch, 5600 t, Kohlen sür englisch⸗französische 0 Da Dampfer von 2 Torpedofahrzeugen begleitet wurde, mu auf wertvolle Ladung geschlossen werden. gs 8
30) „France“, französisch, 4025 t, in Charter der französischen Re⸗
gierung von Mudros nach Marsetlle.
33) Unbekannt, englisch, 4000 t, Munition.
34) „Hallamshtre“, englisch, 4420 t, 2200 t Kohlen für englisch⸗ französische Flotte von Malta nach Mudros. 1 Zufammen: 147 483 t.
vember noch folgende Schiffe im Mittelmeer von U⸗Booten
der Mittelmächte versenkt worden:
1) „Dimttrtos“, griechisch, 2508 t, Reis nach England. (Bannware.)
2) „Woolwich“, englisch, 2936 t, Phosphat, Zinn.
„Den of Crombie“, enalisch, 4950 t, Reis.
„Dahra“, französisch, 2127 t, Grütze, Graupen.
„Sidi Ferruch, französisch, 1619 t, Stückguͤter.
„WPer“, französisch, 3500 t, Stückgüter. “ „Apollo“, englisch, 3774 t, Kohle und zwei Kriegsschiffsbarkassen. „Apscheron“, russ. Tankdampfer 1000 t, 1000 t Hetzöl.
12) „Katja“, russisch, 500 t, Zucker.
13) „-nosis“, englisch, 3409 t, Koblen.
16) „Tringa“, englisch, 2160 t, leer.
17) „Tanis“, englisch, 3655 t, Vieh
18) „Kingsway', englisch, 3647 t, leer.
19) „Omara', französisch, 435 t, leer.
22) „Langton Hall⸗, englisch, 4437 t, Stückgut.
23) „Zarifis“, griechisch, 2901 t, Futter⸗, Lebensmittel nach England (Bannware).
24) „Algerien“, französisch, 1703 t, Stückgut. .“
Flotte. Kriegsmaterial nach Salonili,
23)
„Lumina', englisch, 6200 t, Heizöl für englisch⸗französische te.
31) „Alexandra“, englisch, 4000 t, Muni ion und Kriegsmaterial. Außer den Dampfern mit Truppen und Kriegsmaterial „Wacausta“, norwegisch, 3521 t, Zucker, Etsenbahnwagen und „Sailor Prince“, englisch. 3144 t, Gerste, Lebensmittel.
14) Name unbekannt, englisch, 5000 (2).
20) „Malinche“, englisch, 1868 t, Stückgut.
Gesamtsumme: 69 656 Tonnen.
Statistik und Volkswirtschaft.
Die landwirtschaftlichen Quellen der deutschen Kraft.
Der Weltkrieg 1914/16, der deutsche Widerstandskraft und Leistungsfähigkeit aller Welt vor Augen geführt hat, drängt dazu, einen Ueberblick über die Quellen zu geben, aus denen Deutschland seine Kraft schöpft. Das auf den Schlachtfeldern von 1870/71 ge⸗ einte Deutsche Reich hat in weniger als einem Menschenalter die Grundlagen seiner Volkskraft in einer Weise auegebaut, die es in den Stand setzt, einer Welt von Feinden siegresich Widerstand zu leisten, und die zu der Hoffnung berechtigt, daß schließlich auch die Gegner die Unbesieglichkeit Deutschlands einsehen werden. Dem deutschen Volk aber wird sich die Ue berzeugung einprägen, daß es auch wetterhin noch aus den Quellen seiner Kraft schöpfen kann, ohne daß diese ver⸗ siühen und daß es in diesem Punkte den Feinden überlegen ist und bleiben wird.
2 die folgende Gegenüberstellung sind Verhältniszahlen gewählt, wie sie ungefähr ein Jahr vor Kriegsausbruch bestanden haben. Deutschlands Bevölkerung betrug im Jahre 1871 40 997 000, im Jahre 1912 66 096 000 Seelen. Die Zunahme belief sich also auf 61,2 %. Der Geburtenüberschuß im Jahre 1911 betrug in Deutsch⸗ land 11,8 %, in England 9,6 %0, in Frankreich — 05 %. In Eng⸗ land nahm die Bevölkerung von 1871 bis 1912 von 31 556 000 auf 45 663 000 Seelen, also um 45 % und in Frankreich während der gleichen Zeit von 36 190 000 auf 39 602 000 Seelen, also um nur 9, % zu.
eutschland steht also, was die relative Zunahme seiner Bevölkerung 1 den Geburtenüberschuß betrifft, von den drei Ländern am
en da.
Die Leistungsfähigkeit Deutschlands, das eigene Volk zu ernäbren, wird durch die nachfolgenden Zahlen veranschaulicht. Es betrugen die Ernteerträge vam Hektar:
1912 Weizen Roggen Gerste Hafer Kartoffeln Doppelzentner in Deutschland 1 N.. 19¼ 150 3 in Frankreich... 3. 38 11 81,9 in Rußland. ö“ 8,7 8,5 81,7.
Diese für Deutschland avßerordentlich günstigen Zahlen sind das Ergebnis angestrengtester Arbeit und ungeheuren Fleißes. Das beweist am besten die steigende Leistungsfähigkeit der deutschen Land⸗ wirtschaft, die unter Ausnutzung aller Vorbedingungen für ein ertrag⸗ reiches Wachstum die E trägnisse der Vermehrung der Bepölkerung und den gestiegenen Lebensgewohnheiten entsprechend zu steigern ver⸗ stand. Im Jahre 1881 betrug der Ernteertrag vom Hektar in Deutschland für Weizen nur. 12,7 dz, 10,9 15,1 12,1
. 107,9
—
Kartoffel Wiesenheu .
8 b
. 33,3
Der Gitmmg stteg im Jabre 1913 für Weizen auf
& 9
19
+82
*
2U.g do,—
.bo 0 — 5 —=
1
und weist damit eine prozentuale Z mahme auf für Weizen um 85,8 %, für Roggen um 75,2 %, fur Gerste um 47,0 %, für Haser um 81 %, für Kartoffeln um 47 % und für Wiesen heu um 47,6 %.
Mit welchen Mitteln diese Ergebnisse erzielt wurden, sei ebenfalls noch furz erwähnt. Die Zahl der ökonomischen Lehrinstitute für die Landwirtschaft stieg von 7 vor etwa 30 Jahren mit 464 Be⸗ suchera auf 9 im Jahre 1911 mit 2387 Besuchern, die Zahl der mittleren und niederen landwirtschaftlichen Fachschulen in der gleichen Z itspanne von 87 mit 3257 Besuchern auf 246 Schulen im Jahre 1911 mit 14 589 Bezuchern, und die Zahl der ländlichen Fortbildungs⸗ schulen erhöhte sich während dieses Zeitraumes von 338 mit 9288 Be⸗ suchern auf 5349 mit 86 689 Besuchern.
„Besonders bemerkenswert sind auch die von den verschiedenen Ländern auf 1 Quadratkilometer Anbaufläche ver⸗ brauchten Düngesalze, von denen Deutschland 1321,b kg im Jahre 1912, England dagegen nur 189,3 kg und Frankreich 96,6 kg verwandte. 8
„Die gleiche steigende Entwicklung, wie die Bodenerträgnisse, zeigt die Viehhaltung. Pferde waren in Deutschland im Jahre 1873 3 352 000, im Jahre 1912 4 516 000 Srück vorhanden, in England dagegen im Jahre 1912 nur 2 229 000 und in Frankreich im Jahre 1911 nur 3 236 000 Stück. Der Rindviehbestand bat in Deutschland von 15 777 000 Stück im Jahre 1873 auf 20 159 000 Stück im Jahre 1912 zugenommen, betrug dagegen in England im Jahre 1912 nur 11 873 000 Stück und in Frankreich im Jahre 1911 nur 14 436 000 Stück. Schweine wurden in Deutschland im Jahre 1873 7 124 000, im Jahre 1912 21 885 000 Srtück gezählt. In England dagenen waren im Jahre 1912 nur 3 980 000 und in Frank⸗ reich im Jahre 1911 nur 6 720 000 Stück vorhanden.
Ganz beträchtlich hat auch in der Landwirtschaft die Anwendung von Maschinen ugenommen; so weist die Zabt der benutzten Dampfpflüge in der Zeitspanne von 1882 bis 1907 eine Zunahme von 258,3 % auf. 82bie Verwendung von Mäh⸗ maschinen ist in derselben Zeit um 1434,7 % und der Gebrauch von Dampfdreschmaschinen um 545,9 % gestiegen.
Daz ist ein Bild ständig steinender Entwicklung und ein Beweis der Kulturrflege, dem kein anderes Volk ähnliche Vergleichszahlen entgegenzustellen vermag. Es sind ergiebige und unversiegbare Quellen der Kraft, aus denen Deutschland schöpfen kann und die die Gewähr bieten, daß das deutsche Volk während der Dauer des Krieges ausreichend ernährt werden wird. Mögen die Feinde wähnen, Deutschland auszuhungern, Deutschland wird sich ernähren, und zwar besser und billiger, als es die feindliche Bevölkerung vermag.
Entwicklung des Beschäftigungsgrades und Arbeits⸗ marktes in Groß Berlin in der Zeit vom 27. November bis 4. Dezember 1915.
Nach der vergleichenden Darstellung des gewerblichen und indu⸗ strielen Beschäftigungsgrades in Groß Berlin am 27. November und 4. Dezember, die das Statistische Amt der Stadt Berlin veröffent⸗ licht, hat in der Zeit zwischen diesen beiden Stichtagen die Ge⸗ samtzahl der versicherungspflichtigen Mitglieder von 239 Krankenkassen Groß Berlins eine Verminderung von 1 132 203 auf 1 129 103, d. i. um 3100 oder 0,27 % erfahren, eine Entwicklung, die wesentlich durch die 28 allgemeinen Orts⸗ krankenkassen herbeigefuhrt ist. Bet diesen stellt sich die Ab⸗ nahme auf 1874 oder 0,75 % bet den Männern und auf 2904 oder 0, 66 % bei den Frauen, wo Re zu einem wesentlichen Teil durch das Hausgewerbe bedingt war.
Eine Zunahme der versicherungepflichtigen Beschäftigten dagegen zeigt sich bei der Gesamtheit der 208 gewerblich gegliederten Krankenkassen. Bei diesen ergibt sich ein geringes Mehr — von 157 oder 0,00 % — für das männliche Geschlecht, ein sehr viel größeres aber: von 1456 oder 0 82 % für die Frauen, sodaß für beide Ge⸗ schlechter der Versicher ungspflichtigen zusammen eine Zunahme von 1613 oder 0,38 % festzustellen tst. Im einzelnen eine starke Steigerung des Beschäftigungegrades bei den Waren⸗ und Kaufhäufern hervor: um 1050 Beschäftigte oder 5,1 %, als Folge des Bedarfs voaornehmlich an weiblichen Hilfskräften zur Bewältigung des Weihnachtsverkehrs. Unter den weiteren Fällen eines anziehenden Beschäftigungsgrades ist die Metall⸗ und Maschinenindustrie mit + 363 Versicherungspflichtigen oder 0,18 %, die Industrie der Nahrungs⸗ und Genußmittel mit + 143 oder 0,60 % sowie das Druckereigewerbe mit +† 105 oder 0,37 % zu erwähnen. Von den im ganzen nur 4 Gruppen mit einer dies mal geringeren Zahl von Beschäftigten ist die Abnahme um 103 Ver⸗ sicherungspflichtige oder 0,88 % beim Baugewerbe noch am größten, die Folge einer durch Witterungsverhältntsse bedingten Abnahme von Dachdeckerarbeiten.
Die Zahl der bei 38 Fachverbänden der freien Gewerkschaften erm’ttelten Arbeitslosen ist in der Woche vom 29. November bis zum 6. Dezember von 2377 auf 2148, d. i. um 229 oder 9,08 %, ge⸗ sunken. Zu nicht weniger als vier Fünfteln ist die Abnahme auf die Bauarbeiter zuruͤckzuführen, die nach Ablauf der Frosttage die Arbeit wieder aufnehmen konnten. Im übrigen waren nur geringfügige Veränderungen festzustellen.
Nach dem Bericht des Verbandes märkischer Arbeitsnach⸗ weise hat die Zahl der männlichen Arbeitsuchenden gegenüber der Vorwoche wenig, die der weiblichen stärker abgenommen. Die Ueber⸗ arbeit in Betrieben der Metallindustrie, die mit Heeresaufträgen be⸗ schäftigt sind, dauerte an, auch herrschte hier wieder, wie in der Vorwoche, Knappheit an gelernten Arbeitskräften. In der Fahrzeugindustrie machte sich infolge dringender Aufträge besonders ein Mangel an Holzarbeitern und Drehern bemerk⸗ bar. In der Bauindustrie begann schon wieder Knappheit an Maurern, Zimmerern und Hllfsarbeitern sich fühlbar zu machen. Auf dem Arbeitsmarkt fuͤr weibliches Personal trat in der Metallindustrie eine leichte Besserung ein In der Lederindustrie wurden wegen dringender Heeresaufträge Arbeiterinnen neu eingestellt. Doch hat die Nachfrage nach Hetmarbeiterinnen für Näharbeiten nach⸗ gelassen. Im Buchdruckgewerbe konnte die Nachfrage nach Arbeits⸗ kräften nicht befriedigt werden. Im ganzen betiug bei den öffent⸗ lichen Arbeitsnachweisen von Groß Berlin die Zahl der vermittelten männlichen Arbeitskrärte 3077, die der weiblichen 2470. An offenen Stellen waren für männliche Arbeiter 3715, für Frauen 2825 vor. hbanden. Die Zahl der männlichen Arbeituchenden stellte sich auf
3818, die der weiblichen auf 4238. .
Kunst und Wissenschaft.
Als der Krieg ausbrach, wandte man sich fast ausschließlich der Pflege der deutschen Kunst zu. Während aber die Theater längst wieder klassische Werke aus feindlichen Ländern aufführen, hat auf dem Gebiete der bildenden Kunst die einseitige und gründliche Beschäf⸗ tigung mit deutschen Werken zum Glück noch nicht nachgelassen. Auf den Kunstausstellungen fehlen die Ardeiten aus feindlichen Ländern vollkommen, die Kunsthandlungen führen uns neuere deutsche Meister wie Trübner, Thoma, Corinth, Liebermann und Slevogt in Gesamt⸗ ausstellungen vor, und man „entdeckte“ bet dieser Gelegenheit auch wieder einmal Ferdinand von Rayski. Der Kunsthandel brachte Werke seiner Hand gleich reihenweise auf den Markt, und der Salon Cassirer veanstaltet jetzt eine mit erlesenem Geschmack zusammengestellte Rayski⸗Ausstellung. Sie enthält so bedeutende Werke, daß vermutlich und hoffentlich diese zweite oder dritte Entdeckung des Kunstlers die endgültige sein wird, die ihm seinen Platz in der Kunstgeschichte unverrückbar anweist.
“ 8 8 8 8 88 1
88
trat
Daß die Kunst Ferdinand von Rayskis, der 1890 in Dresden im Alter von 84 Jahren einsam und unerkannt stard, sich bisher noch nicht endgültig durchsetzen konnte, hat natürlich gute Gründe. Das Schaffen des Künstlers ist recht ungleichwertig; es kommen in gut angelegten Gemälden neben schönen Bildstellen unglaublich hart und glatt gemalte und schlecht gezeichnete Dinge vor und es aiot eine Anzahl minderwertiger Bilder, die dem Ansehen des Künstlerz immer wieder geschadet haben. Obgleich in Museen wie Leiprig und Dresden und in der Nationalgalerte seit Jahren vorzügliche Werke von ihm hängen und obgleich die deutsche Jahrbundertausstellung, die den Künttler zum ersten Male der Vergessenhbeit entriß, eine Reihe von Meisterwerken ans Licht brachte, hat doch immer wieder Mittelgut die Erinnerung an diese ausgezeichneten Schöpfungen verwischt. Dazu kommt noch, daß Rayski auf die Kunst seiner Epoche keinen Einfluß ausgeübt hat. Weder zeitgenössische literarische Würdigungen noch Werke von Schülern weisen auf die Bedeutung und den Einfluß dieses Meisters hin, der ohne Beniehungen zu den berühmten Malern seiner Zeit still dahinlebte. Nicht zuletzt bietet aber auch der Um⸗ stand, daß sich die meisten seiner Gemälde auf abseits gelegenen
nach seinem Tode den Kunstfreunden ein Uabetannter gebliehen ist. Daß auch jetzt, nachdem der Künstler inswischen etnen Biographen gefunden hat und große Ausstellungen seiner Werke in Dresden und Berlin stat gefunden haben, noch viel Un bekanntes von ihm zu entdecken ist, lebrt die Ausstellung bei Cassirer. Hier sieht man zum ersten Male Bildnisse aus seiner frühen Zeit, die in den dreißiger Jahren während eines längeren
vorher in Ballenstedt seine militä ische Laufbahn aufgegeben hatte, wandte er sich in Paris erneuten Kunststudien zu, die er schon früher in Dresden als Kadett nebenbei betrieben hatte. Auf der Rückkehr von Paris weilte er in Würzburg, und hier entstanden Wert⸗ — die beiden Frauenbildnisse aus der Familie von Reding sind treffende Beispsele dafür —, die sich kaum in einer Bezitehung über landläufige glatte Biedermeierporträts erheben. Immerhin be⸗ weist das genial hingewirbelte kleine Selbstbildnis, das bereits auf der Jabrhundertausstellung zu sehen war, daß der Künstler damals schon über virtuoses Können verfügte, das er temperamentvoll anzuwenden verstand. Seit 1840 bis zu seinem Ende hat Rayski seinen Wohnsitz in Dresden, das er freilich häufig verläßt, um Einladungen auf sächsische Adelsgüter zu folgen. Er widmet sich hier der Jagd, und er malt hier auch: Bildnisse, Jagd⸗ und Tierbilder. In der HPaltung und Auffassung weichen selbst die besten Porträts Rayskis, die um die Mitte des 19. Jah hunderts entstehen, nicht von dem überlieferten Porträtstil ab. Wodurch sich aber Rayeki von allen übrigen Bildnismalern dieser Zeit unter⸗ scheidet, das ist die hervorragende, uns erstaunlich modern anmutende malerische Ausführung. Er malt die zumeist lebensgroßen Bildnisse rasch herunter. Diese ungestüme Behandlung hbat gelegentlich zur
eine strenge und sichere Schulung fehlt Meist aber schuf er seine Werke in einer glücklichen S'unde. Er versteht es, aus ein paar Oedensbändern, aus goldenen Tressen oder einem Blumenstrauß so reiche farbige Wirkungen herauszuholen, daß das ganze Bild trotz der dunklen Tracht farbig aufleuchtet. Den Kopf schildert er nicht in ausdrucksvoll bewegter Haltung und ohne lebhaftes Mienenspiel; e malt ihn in ruhiger Haltung sachlich und eingethend ab, ohne dabe leer und langweilig zu wirken. Das Bildnis der Frau von Posern die hbeiden Porträts der Grafen Alexander und Kurt von Einsiede sind hier vorzügliche Poben seiner reifen Kunst. Das große Familie bildnis „Auf der Schloßtrepvpe“ ist ein Beispiel dafür, wie ungleich Rayski in seinem Schaffen sein konnte. Das weiße Kleid der Frau ist wundervoll duftig und stofflich malt, während die Anzüge der übrigen Gestalten, besondere eine blaue Uniform glatt und pappig wirken. Einige Gemälde, die um 1860 entstanden sind, zeigen Rapskis Kunst auf der höchsten Stute. Die beiden lebensgroßen Jägerbildnisse und das Port ät der Frau von Schönberg sind in der geschm ckoollen Ver⸗ wertung unaufdringlicher Farbenklänge und in der lockeren und freien Behandlung überlegene Meisterwerke. Daß der Künstler in seinen Tierschilderungen in der Erfassung und Wiedergabe der Natur Vor⸗ zügliches leistet, ist bei seiner leidenschaftlichen Liebe zur Jaagd beinahe selbstverständlich. Die Rebhühner unter einem Brombeerstrauch und der K pf eines Spießerbocks sind hier besonders gelungene Schöpungen au diesem Gebiete. In seinen letzten 15 Lebensjahren hat Rayski fast nicht mehr gemalt. Sein letztes dotiertes Bild in dieser Ausstellung ein „Hase im Schnee“ aus dem Jahre 1875, bezeugt durch die gut beobachtete Schilderung und die malerische Behandlung der weichen weißen Schneedecke, daß es nicht das Gefühl nachlassender künst⸗ lerischer Kraft gewesen sein kann, das Ferdinand von Rapski be⸗ stimmte, Pinsel und Palette beiseite zu legen. Dr. Pl.
Literatur.
—— Karl Lamprecht hatte in seinem letzten Lebensj ahre eine kleine Schrift „Deutscher Aufstieg“ verfaßt, in der er auf engstem Raum d Fundamente und Tragpfeiler aufzeichnete, auf denen sich nach seiner Ansicht in den letztverflossenen 1 ½ Jahrhunderten die deutsche Aaf⸗ wärtsentwicklung aufgebaut hat. Zu gleicher Zeit ging daron, ein diesen stizzenhaften Grundriß ergänzendes Lesebuch für die Deutschen zu verfassen, eine Art Quellenbuch, dos dem mit seinem Entwicklungsgedanken Vertrauten dessen Richtigkeit erweisen und belegen und das zugleich aus dem Geist der Z iten selber zꝛu dem Leser reden sollte. Eatwurf und Anlage konnte Lamprecht noch selbst festlegen und einem großen Teil des Buches, mit dessen Ausführung er seinen Schüler Dr. Alfred Hönger betraute, noch durchsehen und gutheißen. Das Buch ist nunmebr unter dem Titel „Zeugnisse zum Deutschen Aufstieg 1750 bis 1914“ im Verlag von F. Andreas Perthes in Gotha erschienen (geb. 2 ℳ). Es lehnt sich in seinem Aufbau streng an das von Lamprecht in der oben erwähnten Schrift gebotenen Schema an, auf das bei jedem Quellenzeugnis noch ausdrücklich hingewiesen worden ist. Im übrigen sei hervorgehoben, daß der Herausgeber sich aus triftigen Gründen jedes Werturteils über die angeführten Stellen und über die Verfasser enthalten und daß er, im Gegensatz zu seinem Lehrer sich mit Erfolg bemübt hat, überflüssige Fremdwörter zu vermeiden Jedem mitgeteilten Stück ist ein Schriftenverzeichnis beigefügt; alle sonstigen Angaben enthält ein am Schluß mitgeteiltes Quellenverzeichnis. Innerba b der sechs von Lamprecht abaegrenzten Entwicklungsabschnitte (1620 — 1720; 1720 — 1750; 1750 — 1780; 1780 — 1815; 1815 — 1880 und 1880 — 1915 sind die mitgeteilten Quellen unter je 5 Gesichtspunkte geordnet: Philosophie, Welt⸗ anschauung, Wissenschaft, Erziehung; Religion und Theologie; Dichtung; Kunst; öffentliches Leben, Polstik, Wirtschaft. Die getroffene Auswabl selbst legt Zeugnis von vollständiger St ffbeherrschung ab und ist vor allem auch mit der richtigen Abschätzung der Bedeutung der heran⸗ gezogenen Persönlichkeiten für ihre Zeit und für die Gesamtentwecklung des deutschen Lebens vorgenommen. Das Buch ist also als eme glückliche Ausgestaltung des ihr zu Grunde liegenden geschichtlichen Entwicktungsganges anzusprechen und dürfte nicht nur als 24* gebildeten Familien, sondern auch für den Schulunterricht zur Be⸗ lebung und Ergänzung des Unterrichts in der neuen Geschächte vielen Lehrern willkommen sein.
— Aus der Zabl der kleineren Schriften, die aus Anlaß des Hobenzollernfubilaums entstanden sind, seien noch zwei nachoetragen, die durch sorgfältige Vera beitung des Stoffes und —⸗ geschickte volkstüml’che Darstell ng sich üder die meisten ähn⸗ lichen Versuche, eine knappe Uebersicht über die Herrschertättg⸗ keit unser Königehauses zu bieten, erdeben. Untes. bel Titel Fünf Jabrhunderte Hobenzollernberrschaft in Brandenburg — Preußen“ hat der Hoe'prediger a. D. D. Bern⸗ bard Rogge im Verlag der Gedrüder Paetel in Berlin (geb. 2,50 ℳ.
geb 3,50 ℳ) einen Abriß der preußischen amtgeschichte verfaßt. dem in manchen Abschnitten sein eeeaas Gelülcrenn Vem
2 8 8 ö“
Aufenthalts in Würzburg entstanden sind. Nachdem der Künstler 8
Folge, daß er bedenklich danebenhaut“ und oberflächlich wird, zumal ibm
Schlössern und Landsitzen des sächsischen Adels befiaden, die Erklärung dafür, daß Ferdinand von Ravskt Zeit seines Ledens und noch lange
8 8
8