1916 / 13 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 17 Jan 1916 18:00:01 GMT) scan diff

annschaftslöhnung. Wir wollen den Soldaten an der Front sta 53 80 ₰, denen in der Heimat statt 33 50 geben. Gleiche verlangte das Zentrum in Gestalt einer fünfzigprozentigen Er⸗ höhung; schließlich aber haben wir erleben müssen, daß auf Antr desselben Zentcums alle diese Anträge der Regierung als Matori überwiesen wurden! Das ist gleichbedeutend mit dem großen Papier⸗ korbz in dem solches Material aufgehoben zu werden pflegt. Wir wollen nicht die Soldaten in den Stand setzen, Geld nach Hause zu schicken, sondern er soll haben, was er an der it und in der Hei⸗ mat hei der gewaltigen Verteuerung aller Lebensmittel und Bedarfs⸗

nstände bpaucht. Damit ist den Soldaten nicht gedient, wenn nän ihre Leistungen in Leitartikeln preist. Wo es sich um unsere Iee handelt, darf von Sparsamkeit im Sinne des Reichsschatz⸗ sekretärs nicht die Rede sein; mehr als übel angebracht wäre Spar⸗ samkbeit auf Kosten der Soldaten. Ueberall besteben in den Militär⸗ verwaltungen jetzt Wirtschaftsausschusse; warum pruüft man nicht nach, nach welchen Grundsätzen die darin beschüftigten Herren besoldet werden? Das Mannschaftsbesoldungsgesetz muß auch auf alle diejeni⸗ hen ausgedehnt werden, die, ohne eine Verletzung erlitten zu haben, rank und invdalide geworden oder gestorben sind. Auch auf diese Leute muß die Versorgung ausgedehnt werden. Wenn Sie wirklich Freude in den Schützengräben erregen wollen, dann nehmen Sie unsere Anträge an.

Abg. Dr, van Calker (nl.): Die Kriegsbesoldungsordnung ist kein schönes Gesetz. Wenn es möglich wäre, mongen eine neue, durch⸗ gedachte Ordnung vorzulegen, ich wäre der Erste, der sie mit warmem Herzen übernehmen würde. Aber je tiefer man in die Geheimnisse dieser Ordnung eindringt, um so schwieriger erscheint die Lösung der da⸗ durch gestellten Aufgabs. Würde die Regierung uns morgen das Gesetz zur Korrektur vorlegen, wir würden bis ins Frühjahr hinein daran fitzen. Der Fehler ist leicht zu charakterisieren. Sie gibt auf der einen Seite zu diel, auf der anderen zu wenig. Aber in der sach⸗

emäßen Abmessung liegt eben die große Schwierigkeit. Sobald wir Frieden haben, wird diese Vorschrift rebidiert werden müssen. Das dürfte wohl auch die Ueberzeugung der Regierung sein. Es sind be⸗ reits auf unseren Wunsch Reformen in kleinem Umfange vorgenommen worden. Die Betreffenden sind wenig damit zufrieden, und sie haben eigentlich nicht Unrecht, wenn sie sagen, ihnen wird etwas weg⸗ genommen, was anderen gegeben wird. Der Abg. Stücklen hat die juristische Seite der Frage berührt. Ich verzichte, obwohl ich doch auch genügend Professor bin, darauf einzugehen nach den Erfahrungen die die Professoren gemacht haben. ae die Mannschaftslöhnung betrifft, so kann uns allen kein Geld für unsere Braven zu viel sein Wenn sie Mangel leiden, so müssen wir ihnen helfen. Eine Mann⸗ schaftslohnerhöhung, wie sie die Sozialdemokraten empfehlen, wäre eine zu schematische Regelung. Ich habe nicht einmal gehört, daß ein Mann in der Kaserne Mangel leidet. Draußen hat man allerdings auch Hunger gelitten, aber nur deshalb, weil die Verpflegung nicht herangebracht werden konnte. Gehungert haben da auch die Offiziere, und eine Erhöhung der Löhnung hätte nichts genutzt. Aermere Menschen sollten von Fall zu Fall unterstützt werden. Der ganze Reichstag hat den Willen, den Braven und Tapferen das zu leisten, was unsere Pflicht ist. Der Feldwebelleutnant ist keine besonders glückliche Einrichtung. Ich wünsche da eine Aenderung. Auch der Offizierstellvertreter ist ein Mittelding. Neuerdings sind nur wenige ernannt worden. Sie zu Feldwebelleutnants zu machen, gehbt nicht recht. Vielleicht könnte man die Vizefeldwebel und Feldwebel zu Oberfeldwebeln ernennen. Dadurch würde die Möglichkeit gegeben sein, den Mann in seiner Dienststellung zu belassen und ihm damit am besten zu dienen. Die Kriegsbesoldungsordnung ist in vielen Punkten reformbedürftig. Besonders ungünstig steht von den Offi⸗

ieren heute der Reserdeoffizier als Leutnant und Oberleutnant da.

Es ist eine Härte für einen Rechtsanwalt usfw., wenn er als Leutnant im Felde nur 310 bezieht. Ob diese Bestimmung gedeihlich ge⸗ ändert werden kann, kann ich nicht sagen, weil ich die finanzielle Wirkung auch nur dieser Bestimmung nicht übersehen kann. Wir haben es ehen mit einem Millionenheer zu tun. Wir könnten einen solchen Antrag nur dann vertreten, wenn wir die Mittel bereitstellen könnten. Wir haben alle ein warmes Herz für unsere Mannschaften und werden es auch betätigen.

Stellvertretender preußischer leutnant von Wandel:

Meine Herren! Ich bin dem Herrn Abg. van Calker für seine objektive und ruhige Dartstellung der Verhältnisse, wie sie bei der Beurteilung der Kriegsbesoldungsvorschrift vorliegen, sehr dankbar.

Am 25. August habe ich hier erklärt:

Ich sichere zu, daß der Wunsch, wie er in der Resolution aus⸗ gesprochen ist, eine allgemeine Revision der Kriegsbesoldungs⸗ ordnung und die alsbaldige Fertigstellung einer neuen Kriegs⸗ besoldungsordnung zu veranlassen, soweit das Kriegsministerium dabei beteiligt ist, nach Möglichkeit entsprochen werden soll.

Wenn der Herr Abg. Stücklen diesen Wunsch nach einer Re⸗ vision der Kriegsbesoldungsordnung heute von neuem ausgesprochen hat, so kann ich sagen, daß ich nicht nur Worte geäußert habe, sondern daß inzwischen auch Taten in die Erscheinung getreten sind. Wir haben bereits sehr umfangreiche und wirkungsvolle Aenderungen der

Kriegsbesoldungsordnung vorgenommen und sind dabei, weitere durch⸗ zuarbeiten. Wir hoffen, sobald die Durcharbeitung vollendet ist, auch damit hervortreten zu können. (Bravo!) Ich unterlasse es, im ein⸗ zelnen darauf einzugehen, betone aber, was ich bereits in der Kom⸗ mission ausgesprochen habe: daß der finanzielle Effekt der Aenderung in Dutzende von Millionen geht, die an Ersparnissen bereits ein⸗ getreten sind.

Die Frage der Rechtsgültigkeit der Kriegsbesoldungsordnung möchte ich hier nicht weiter erörtern. Sie ist strittig. Den Herrn Abg. Stücklen darf ich nur auf den Vortrag verweisen, den Herr Professor Arndt in der Juristischen Gesellschaft gehalten hat, in dem er ausführlich darlegt, wie sich die Rechtsgültigkeit der Kriegs⸗

besoldungsordnung aus der historischen Entwicklung erklärt.

Die Schwierigkeiten, die der Durchführung einer Umarbeitung iner Kriegsbesoldungsordnung entgegensteben, hat der Herr Abg. van Calker schon berührt. Sie liegen darin, daß erstens einmal eine unzählige Menge von Klassen von Personen, die zu berücksichtigen sind, n Frage kommen, daß beinahe täglich Stellungen geschaffen werden,

ren Entstehen vorher nicht erwartet wurde, daß die verschiedenen Dienstverhältnisse mobil und immobil berücksichtigt werden müssen, daß nicht das Kriegsministerium allein beteiligt ist, sondern nnerhalb des Heeres auch zahlreiche Beamte anderer Behörden, z. B. eer Post und der Eisenbahn, beschäftigt sind, deren eingentümliche Verhältnisse auch Berücksichtigung verlangen. Kurz und gut, es ergibt ich eine solche Menge von Gesichtspunkten, daß, wie auch der Herr Reichsschatzsekretär in früheren Sitzungen hervorgehoben hat, es ganz unmöglich ist, unter den Verhältnissen des Krieges und in kurzer Zeit eine vollständig neue Kriegsbesoldungsvorschrift aufzustellen.

Man kann aber auch nicht einzelne Steine herausgreifen und sagen: dies und das muß geändert werden. Dann stürzen sofort andere nach und berlangen auch Berücksichtigung. Wenn z. B. verlangt worden ist, daß die Löhnung der Mannschaften bei den mobilen Truppenteilen auf 80 Pf für die Gemeinen erhöht werden foll, so ist

ur Pflicht. aber ebenso zur Pflicht die Fer een der r

Kriegsminister, General⸗

daber schon vergessen, daß dann die Gemeinen mehr bekommen würden

bleiben werden. Die Gefreiten müßten auch hineinbezogen werden, und für sie müßte wieder eine besondere Klasse geschaffen werden, und so pflanzt sich bei jeder Aenderung, die an irgendeiner Stelle vor⸗ genommen wird, eine Wirkung weiter fort auf die anderen Stellen, sodaß es nur möglich ist, sachgemäße, logische Aenderungen zu treffen, wenn man das ganze erfaßt, und das kostet sehr viel Zeit.

Was nun die Erhöhung der Mannschaftslöhne überhaupt betrifft,

so habe ich auch das warme Herz für die Leute, daß ich selbstverständ⸗

lich auch wünsche, wenn die Löhnung so hoch wie irgend möglich wäre.

Aber die Gründe, die dagegen sprechen, sind doch auch nicht zu unter⸗

schätzen, und wie der Herr Abg. van Calker ganz richtig hervorhob

eine schematische Erhöhung in der Weise, daß jeder soundsoviel zugelegt

bekommen würde, würde auch dazu führen, daß es Leute bekommen, die

es gar nicht notig haben, und wieder Klassen erhöht werden, die bereits

jetzt hoch dotiert sind. Der Verheiratete und Unverheiratete würde

gleichmäßig bekommen, der Mann in der Etappe eben so viel, wie der

vorne, der Feldwebel, der z. B. schon recht gut bezahlt wird, wenn er erhöht wird um 50 ℳ%, wie beantragt ist, würde von 136 auf unge⸗

fähr 184 steigen, wozu kein Grund vorliegt. Kurz und gut, auch das beweist, man kann nicht einfach sagen, schematisch, jeder bekommt so und so viel mehr. Das gibt Verhältnisse, die gar keine Begrün⸗

dung haben. Von den finanziellen Wirkungen will ich nicht sprechen, sie sind aber recht erheblich.

Der Herr Abg. Stücklen hat in seinen Anregungen, die er gegeben hat, besonders auch auf die Offiziersgehälter Bezug genommen und verlangt, daß sie herabgesetzt werden sollen, wenigstens in den höheren Klassen. Ob das möglich ist, unterliegt der Prüfung. Früher hat er selbst sich auf den Standpunkt gestellt, noch in der Sitzung vom 25. August hat er ausgesprochen, daß er an den Gehältern der höheren Offiziere nicht zu nörgeln, wie er selbst gesagt, beabsichtige. (Hört, hört! rechts.) Von den Nebenbezügen, die er erwähnt hat, und die zu den Gehältern noch dazu kämen, ist uns nichts bekannt, die gibt es nicht. Im übrigen sind die Gehälter der Offiziere bereits erheblich herabgesetzt worden, z. B. bei den Besatzungstruppen in Belgien, indem dort die mobilen Gebührnisse ihnen genommen und nur die immobilen Gebührnisse belassen worden sind, im Gegensatz zu den Mannschaften, denen wir die höheren Gebührnisse nach wie vor bezahlen. Der Punkt, den er ferner erwähnt hat, bedarf ebenfalls der Richtigstellung, die Ge⸗ halter in den Wirischaftsausschüssen. Er hat sich dagegen gewendet, daß dort angeblich zu hohe Summen bezahlt werden. Die Offiziere, die in den Wirtschaftsausschüssen beschäftigt werden, bekommen nichts als ihr Militäreinkommen. Andere Persönlichkeiten, die aus Zivil⸗ berufen herangezogen sind, bekommen die nach den Vorschriften der Ge⸗ bührnisnachweisung vorgeschriebenen Tagegelder, über deren Höhe sich jeder aus der Gebührnisnachweisung informieren kann. Sie sind nicht erheblich, sodaß kein besonderer Grund vorliegt, sie als ungehörig zu bemängeln. Im übrigen möchte ich doch betonen, daß die Leistungen der Wirtschaftsausschüsse, die der Herr Abgeordnete abfällig kritisiert hat, ganz außerordentlich vorzügliche sind. Sie haben sich auf allen Ge⸗ bieten der Bewirtschaftung, des Ackerbaues, der Industrie wie in an⸗ derer Beziehung hervorragend betätigt, und wenn unsere Leute draußen so gut verpflegt worden sind, wie es geschehen ist, und ferner große Vorräte aus den besetzten Gebieten ins Inland überführt sind, die uns die Ernährung erleichtert haben, so verdanken wir das auch zu einem sehr großen Teil der geschickten, unermüdlichen Tätigkeit der Wirt⸗ schaftsausschüsse. (Bravol rechts.) Das darf ich hier mit voller Ueber⸗ zeugung und Bestimmtheit ausdrücken, die Offiziere und sonstigen Herren, die dort tätig gewesen sind und sich noch dort befinden, haben sich ein großes Verdienst um das Vaterland erworben.

Richtigstellen muß ich auch die Bemerkung des Herrn Abgeordneten Stücklen bezüglich der Offizierstellvertreter, die ich auch schon in der Kommission berichtigt habe. Ein Offizierstellvertreter, der überzählig wird, weil ein Offizier zu der Truppe kommt, tritt nicht zurück in den Feldwebel⸗ oder Vizefeldwebelgrad, sondern er bleibt Offizierstellver⸗ treter so lange, bis er wieder in eine freie Stelle einrücken kann. Zu⸗ rück treten nur diejenigen, die aus disziplinaren oder sonstigen Gründen nicht mehr zum Offizierstellvertreter geeignet sind. Die Sache verhält sich also anders, als hier dargestellt worden ist. Im übrigen ist aller⸗ dings eine Herabsetzung der Gebühren der Offizierstellvertreter einge⸗ treten. Das ließ sich nicht vermeiden, weil es erforderlich war, bei der Neuregelung der Einkünfte der Beamten und der Beamtenstellvertreter sie mit letzteren auf eine Stufe zu stellen.

Die Anregung des Herrn Abg. Dr. van Calker bezüglich der Schaffung der Stellung von Oberfeldwebeln nehme ich zur Kenntnis und werde ihr weiter nachgehen, werde prüfen, ob ihre Durchführung möglich ist.

Ich möchte also, indem ich zum Schluß komme, bitten, uns das Vertrauen zu schenken, daß wir die Kriegsbesoldungsvorschrift gründ⸗ lich durchprüfen und mit Mitteilungen an den Reichstag herantreten werden über die Aenderungen, die wir, im Einvernehmen mit dem Reichsschatzamt, für zweckmäßig erachtet haben. Ich bitte aber, die Resolutionen, wie sie in der Drucksache Nr. 195 aufgeführt sind, in derselben Form zu überweifen, wie es bisher beschlossen worden ist, nämlich als Material, und von weitergehenden Anträgen abzusehen, weil sie uns in der Form, wie sie gestellt sind, nicht durchführbar erscheinen. (Bravo! rechts.) 8

Staatssekretär des Reichsschatzamts, Staatsminister Dr. Helfferich:

Meine Herren! Ich kann mich im wesentlichen den Ausfüh⸗ rungen des Herrn stellvertretenden Kriegsministers anschließen. Auch ich möchte vor allen Dingen hier nicht noch einmal die staatsrechtliche Frage der Kriegsbesoldungsordnung, über die wir uns ja im August unterhalten haben, aufrollen. Mehr, als der Herr Kriegsminister heute in diesem Punkte gesagt hat, kann ich Ihnen auch nicht sagen.

Was die Kritik an der Kriegsbesoldungsordnung selbst und ihrer bisherigen Revision anlangt, so habe ich mich ja etwas darüber ge⸗ wundert, daß der Herr Abgeordnete Stücklen uns heute, nach den ein⸗ gehenden Beratungen in der Kommission, wieder die Beschwerden so sehr im einzelnen vorgetragen hat. im Plenum die Details der Kriegsbesoldungsordnung so zu erörtern, daß man in jedem einzelnen Fall den Punkt auf das i setzt. Wenn aber der Herr Abgeordnete Stücklen gesagt hat, man habe von unten

nicht als berechtigt anerkennen. Wir haben nicht von unten ange⸗ fangen, fondern wir haben bei der Reform der Beamtengehälter dem

die Gefreiten, und deshalb alfo die Gefreiten g, ee B 888

88

nberücksichtigt

Es ist doch kaum möglich, hier

angefangen, zu reformieren, statt von oben, so kann ich diese Kritik

Wunsche Rechnung getragen, den der Reichstag selbst und seine

gesprochen haben, daß nicht überall das Friedenshöchstgehalt zugrunde gelegt werde, sondern daß gestaffelt werde, genau wie im Frieden. Der Herr Abg. Stücklen hat zur Begründung seiner Kritik cinen Punkt herangezogen, von dem auch der stellvertretende Herr Kriegsminister bereits gesprochen hat, ich meine die Einkünfte der Offzierstellvertreter.

Auch hier ist lediglich den Gesichtspunkten Rechnung getragen worden, die in der Oeffentlichkeit und im Reichstag zur Sprache gekommen

sind, und die als wohlbegründete Wünsche an uns herangetreten sind. Was wir hier getan. haben, ist lediglich, daß wir in die sehr odiöse und gerade auch in den mittleren und unteren Schichten der Bevölke⸗ rung stark beanstandete Doppelbesoldung der Offizierstellvertreter, die gleichzeitig Beamte sind und als solche ihr volles Beamtengehalt weiterbeziehen, eingegriffen und einen billigen Ausgleich geschaffen haben. Herr Abgeordneter Stücklen, eine Reform von unten, wie Sie das dargestellt haben, ist das nicht, sondern es ist die Durch⸗ führung des Systems von oben nach unten. Wenn dabei in einzelnen Fällen ein alter Kriegsgerichtsrat in der höchsten Stufe etwas mehr bekommen hat als bisher, so hängt das mit dem neuen System zu⸗ sammen, das eingeführt worden ist, und doch im Prinzip auch Ihre Billigung gefunden hat. Wenn man hier einmal eingreift und re⸗ formiert, dann kann man nicht das neue System nur dort, wo es für die Betroffenen ungünstiger ist als das alte, zur Einführung bringen und es da, wo es günstiger wirkt, einfach abhacken und abschneiden. Das ist kein möglicher Standpunkt!

Das alles ist schon in der Budgetkommission besprochen worden. Ich lege aber Wert darauf, auch hier im Hause diese Kritik der Arbeit, die wir an der Kriegsbesoldungsordnung geleistet haben eine Kritik, die draußen falsch verstanden werden könnte —, ausdrück⸗ lich zurückzuweisen.

Was nun die Frage der Erhöhung der Mannschaftslöhne anbe⸗ ingt, so bin ich dem Herrn Abgeordneten Stücklen dafür dankbar,

daß auch er sich auf den Standpunkt gestellt hat, daß von einer eigent⸗

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ichen Bezahlung, also von der Errichtung eines Verhältnisses zwischen er Leistung und dem Gehalt, dem Solde, selbstverständlich keine Rede sein kann.

Unser Volk in Waffen kämpft für sich selbst, jeder einzelne

draußen kämpft für Hof und Herd, für seine Familie und seine künfti⸗ gen Existenzmöglichkeiten. (Zustimmung.) Unser Volk kämpft für sich selbst. Der Begriff der Bezahlung in kaufmännischem Sinne, möchte ich sagen, oder auch im Beamtensinne, trifft hier überhaupt nicht zu. (Sehr richtig!) Das, was zu geschehen hat in finanzieller Beziehuͤng, ist, daß den Truppen draußen das Leben und Kämpfen ermöglicht wird, daß ihr Los so erträglich wie möglich gestaltet wird. In diesem Punkte sind wir mit allen Parteien des Reichstages und mit dem ganzen Volke einig. Wie wir im einzelnen verfahren wollen, das sind lediglich Zweck⸗ mäßigkeitsfragen. Ob bei der Beurteilung der ganzen Lage aller Ver⸗ haltnisse draußen bei unseren Truppen nun für eine weitere Verbesse⸗ rung des Loses unserer Feldsoldaten gerade eine gleichmäßige und durch⸗ gehende Erhöhung der Mannschaftslöhne das beste ist, darüber kann man bei dem wärmsten Herzen zweifelhaft sein. Wir haben ja auch diese Frage in der Budgetkommission sehr eingehend erörtert. Ich habe mich gefreut, hier aus dem Munde des Herrn Abgeordneten van Calker, der die Verhältnisse draußen doch auch kennt, ein Auf⸗ fassung zu hören, die unsere Auffassung in diesen Dingen bestätigt. Wir glauben in der Tat, daß diese Frage der Gestaltung des Loses unserer kämpfenden Truppen gar nicht isoliert zugespißt werden kann auf die Frage der Mannschaftslöhne, sondern daß diese Frage im Zu⸗ sammenhang steht mit all den anderen Dingen materieller und finan⸗ zieller Natur, die unsere kämpfenden Soldaten berühren.

Deshalb hat die Budgetkommission auch beschlossen, die Frage der Erhöhung der Mannschaftslöhnung und andere Dinge, die hierher gehören, so die Gewährung des Verpflegungsgeldes während des Urlaubs, Familienunterstützung uff., einheitlich zu behandeln, und der Herr Berichterstatter Graf Westarp hat ja heute auch vorgeschla⸗ gen, die Verhandlungen über diese Dinge hier zusammenzuziehen. In der Tat ist der Zusammenhang hier gar nicht zu lösen. Für den Mann draußen ist es ja nicht nur eine seelische Erleichterung, wen er weiß, daß für seine Familie zu Hause das Nötige geschieht, sonder es ist auch eine materielle Entlastung.

Für den Mann draußen spielt neben der Geldversorgung vor allen die Verpflegung, die er von der Truppe erhält, eine Rolle. Ich möch⸗ sogar sagen, das spielt nicht nur daneben eine Rolle, sondern da spielt die Hauptrolle, das ist das Wichtigste, daß der Mann drauße! die Verpflegung bekommt, die er braucht. Nach dieser Richtung nützt ihm eben an vielen Stellen der gesamten Kampffront das Geld außer ordentlich wenig. Es gibt Fälle, wo die Leute gar nichts damit an zufangen wüßten, wenn man ihnen mehr Geld gäbe. Es kommt dar auf an, daß ihnen das geliefert wird, was sie zum Leben brauchen und was ihnen das Leben draußen erträglich macht.

Wir haben uns in der Budgetkommission keineswegs so kalt und ablehnend verhalten, wie es der Herr Abg. Stücklen dargestellt bat. Wir haben alle Möglichkeiten erörtert, und ich habe mich bereits in der Budgetkommission bereit erklärt, über das hinauszugehen, was bisher in bezug auf die Verpflegung für die Mannschaften geschehen ist, und mit dem Kriegsministerium zu prüfen, wo da etwa noch etwas zu verbessern ist. Ich habe mich bereit erklärt, für eine solche weiter Verbesserung, überall wo eine solche geboten sein sollte, die nöͤtigen Mittel bereitzustellen. Ich stehe mit dem Kriegsministerium jetzt über diese Punkte in Verhandlungen, und ich bin fest überzeugt, daß wir auf diesem Wege mit demselben Geld oder weniger Geld in der Richtung der Wünsche dieses Hauses, die auch die unfrigen sind, un endlich viel mehr erreichen werden, als mit einer schablonenmãßꝛm durch die ganze Armee durchgehende Erhöhung der Mannschafts⸗ besoldung. 8

Darauf muß ich aber halten, daß wir mit dem Geld, das wir ausgeben, einen möglichst großen Nutzeffekt erreichen. Das ist für mich die Hauptsache in allen diesen Fragen. Denn darüber sind win uns klar. Auch das finanzielle Durchhalten in diesem Krieg ist nich leicht, und es wird schwerer, je länger der Krieg dauert. Sebr richtig!) Ich habe die Verantwortung in diesem Punkte. Ich weiß nicht, ob Sie mir nachfühlen, wie schwer die Verantwortung ist: aber ich bin durchdrungen davon, und ich werde auf meinem Posten nach dieser Richtung tun, was ich kann, um unser finanzielles Durchhalten zu sichern. (Beifall.) Deswegen frage ich mich bei allen diesen Dingen⸗

wo ist hier die Möglichteit, den größten Nutzeffekt für unsere kämpsen⸗ Das ist der Ge⸗

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Budgetkommission bei den Verhandlungen im März und August aus⸗

Wober sein müßten als im Frieden.

mprird, die ihre Löhnung sparen.

Deckung die Gehälter der Offiziere heranziehen.

netisch und akademisch wird von allen Seiten die Leistung der Of

Fann keine Rede sein.

schtspunkt, von dem ich ausgehe, und ich möchte bitten, sich auch vrerseits diesem Gesichtspunkt anzuschließen.

—Ich verstehe ja sehr wohl die Andeutungen, die der Herr Abge⸗ vnbnete van Calker vorhin gemacht hat: es ist außerordentlich leicht, solche Anträge hier zu stellen, es ist schwer, zu widersprechen, schwer füt die Parteien im Hause und schwer auch für die Regierung. Es wäre auch für mich außerordentlich viel bequemer, gegenüber An⸗ tegungen dieser Art, die hier an mich herankommen, zu sagen: jawohl, wir werden alles tun, was gewünscht wird, und nachher die Sint⸗

flut. Das ist aber ein Standpunkt, auf den ich nicht treten kann.

Ich werde von der strengen Wacht über die finanzielle Kraft des Reiches mich nicht abbringen lassen. Ich bin auch überzeugt, wenn das im Augenblick auch nicht gerade populär sein mag der Schatz⸗ sckretär hat ja ohnedies keinen Anspruch auf Popularität (Große Heiterkeit), später wird das von allen Seiten der Reichsfinanzverwal⸗ tung gedankt werden, am allermeisten von dem Feldsoldaten, der mehr als alle anderen daran interessiert ist, daß unsere finanzielle Kraft ntakt bleibt, daß wir auch finanziell durchhalten können. (Lebhafter

Beifall.)

Abg. Dr. Neumann⸗Hofer efc Volksp.): Was für die Mannschaften gilt, müßte auch für die Offiziere und Beamten gelten. Aber man kann im Kriege nicht unsere ganze militärische Organisation auf den Kopf stellen. Der Krieg ist eben ein Ausnahmezustand, der allerdings jetzt schon etwas lange dauert. In Friedenszeiten erhält der Offizier seine Berufsbezahlung, während auf der anderen Seite der Mann seine. Dienste dem Vaterlande widmet, wofür er keine Be⸗ zahlung erhält. Es kann aber gar keine Rede daven sein, dem Offizier im Kriege weniger Gehalt zu geben wie im Frieden. Anders könnte es bei den Offizieren der Landwehr und der Reserve liegen. Es würde aber bedenkliche Folgen haben und den Zusammenhang des Heeres lockern, wenn man diesen im Kriege weniger zahlen wollte wie den gktiven Offizieren. Ein gewisser Ausgleich ist ja schon dadurch ge⸗ schaffen, daß die Offiziersgehälter den Reserve⸗ und Landwehroffizieren, tie ja meist Beamte sind, dann auf ihr Gehalt angerechnet werden. Ich kann allerdings nicht verstehen, wie ohne jede Begründung Senats⸗ präsident Strutz sagen konnte, daß die Bezüge im Kriege namhaft Das Beste wäre allerdings die Beseitigung der Kriegsbesoldungsordnung. Die vorgenommenen Aende⸗ zungen erkennen wir als gut und zweckmäßig an. Aber man kann das Höchstgehalt eines Leutnants oder Hauptmanns nicht auf dieselbe Stuse mit dem eines Beamten stellen, denn der Hauptmann oder Leutnant werden ja doch befördert. Wir meinen, daß man bei der Aenderung der Besoldungsordnung nicht bei den Beamten stehen bleiben soll. Wir werden für den Antrag der Sozialdemokraten stimmen, der eine Revision der Offiziersgehälter empfiehlt. Dagegen

Fönnen wir uns für den Antrag der Sozialdemokraten betreffs Er⸗

höhung der Mannschaftslöhne nicht erwärmen, weil für die dort gegebenen Ziffern es an jeder Unterlage fehlt; in dieser Beziehung sind wir für den Kommissionsbeschluß auf Ueberweisung als Ma⸗ terial. Auf jeden Fall muß aber dafür gesorgt werden, daß niemand durch den Militärdienst einen wirtschaftlichen Vorteil erhält.

Abg. Dr. Spahn (Zentr.): In der Kommission war man im allgemeinen der Meinung, daß die Kriegsbesoldungserdnung reform⸗ bedürftig ist, und daß auch bei den Offiziersgehältern Sparsamkeit valten sollte. Es wurde aber auch darauf hingewiesen, daß in den Schützengräben bei Erörterung dieser Frage gewünscht worden ist,

man solle anstatt der Mannschaftslöhnungserhöhung lieber eine er⸗

böhte Fürsorge für die Kriegerfamilien einrichten. Man darf aber dabei nicht vergessen, daß es wohl eine ganze Anzahl Soldaten geben Aber es gibt auch sehr viele, die sie

iund eine etwaige Erhöhung notwendig brauchen. Bei der Bereit⸗

stellung von Mitteln kommt es auf den Effekt an, der erreicht werden Poll. Der Reichsschatzsekretär hat zugesagt, er wolle die Mittel ver⸗

stärken zur Verbesserung der Verpflegung der Truppen an der Front. Hierbei wird hoffentlich nicht geknappst werden. Das wäre denen gegenüber verfehlt, die ihr Leben für das Vaterland einsetzen. Im übrigen bitte ich, es bei den Kommissionsanträgen bewenden zu lassen. Abg. Kreth (deutschkons.): Auch wir haben den Wunsch, unseren Soldaten draußen möglichst viel zuzuwenden, sowohl in Form ausreichender, möglichst guter Verpflegung, wie in Form der Auf⸗ esserung der Löhne, soweit es mit unserer finanziellen Leistungs⸗ fähigkeit sich verträgt. Wenn der Schatzsekretär erklärt, seinem guten Herzen nicht so folgen zu können, wie der Reichstag möchte, weil er die Verantwortung zu tragen hat, die verfügbaren Mittel zusammenzu⸗ zalten, so ist das natürlich die Grenze auch für uns. Als man die Volksvertretung schuf, war der Volksvertreter nach der allgemeinen Ansicht der Mann, der den Daumen auf den Beutel hält, der sich lees erst abringen läßt; das ist ganz anders geworden, jetzt stehen wir uls Petenten der Regierung gegenüber. Unbescheiden sind unsere günsche in dieser Richtung nicht, vielleicht wird es sich ermöglichen gssen, diesen Wünschen gerecht zu werden. Nun will man aber zur 1 2 Ich will die akade⸗ lische Frage unerörtert lassen, ob die Kriegsbesoldungsvorschrift ein Ausfluß der Kommandogewalt ist oder nicht; wir haben das auch in er Kommission vermjeden, um nicht unfruchtbare Gegensätze hervor⸗ zurufen. Wir wollen das praktische Ziel, und aus praktischen Gründen ommen wir zur Verwerfung der bezüglichen Resolutionen. Theo⸗ fiziere

anerkannt. Aber es muß doch den Eindruck einer Kritik machen, Fehn mnan den Offizieren in demselben Augenblick, wo. man ihnen für hre Leistungen die Anerkennung und den Dank ausspricht, ihnen von hren Bezügen etwas einziehen will. Auf die Frage, ob man Hinden⸗ urg etwas von seinem Gehalt kürzen wolle, würde von allen Seiten jin Nein! ertönen. Es stehen hier vielleicht 10 Millionen in Frage. ine Lappalie; 10 Millionen sind eine Masse Geld, aber es ist doch in ganz geringer Betrag, in Vergleich gestellt mit unserer gemein⸗

Kamen Forderung der Aufbesserung der Mannschaftslöhne. Und wie

erden die Offiziere draußen an der Front diese Forderung auf⸗ ehmen? Wenn gesagt wird, der Unterschied zwischen den Gebältern er höheren Offiziere und der einfachen Soldaten sei zu groß, fo geben wir damit den Sozialdemokraten für Friedenszeiten ein ausgezeich⸗ etes Argument. Denn wie steht es mit dem Unterschied des Ein⸗ ommens zwischen den Großindustriekapitänen und den einfachen Ar⸗ Heitern? Von einer Kürzung der Bezüge unserer höheren Offiziere Die Regiments⸗, Brigade⸗ usw. Kommandeure ℳ. u. a. große Massen von Befehlsempfängen. Sie müssen die Fereteser an ihren Tisch ziehen, sie können sie doch nicht „unge⸗ 8 8” ungetrunken wegschicken; die Kosten dafür werden ihnen 89 uch die Offiziere in den Garnisonen haben ihre großen und 88 ren useen zu erfüllen. Ihre Erfahrungen und Arbeiten 8* für; 8 kämpfenden Truppen an der Front don höchster Bedeu⸗ Ahcbs. nens mich, daß die Tätigkeit der Wirtschaftsausschüsse 8 ennung rfahren hat. Die Etappe wird im Inlande gar Se . der Garnison verwechselt. Auch die Etappenoffiziere 8 si Hin ihren Leistungen mit den Verdiensten der kämpfenden Lruppen ziemlich messen. Wir stimmen aus allen diesen Gründen Sgen die Entschließung, die die Reform der Offiziersgehälter will. 8 vFühhe der Gewährung freier Fahrt an Beamte und Offiziere, oüt EZ reisen, wenn sie einen sehr weiten Weg haben, gewoß wollend geprüft werden. Mit den Leistungen unserer Bac ihrer ausgezeichneten Führer haben wir alle Veran⸗ Hahn leden sein. Diese Führung zeigt, daß nicht allein die

6 1b 8 e m Kriege entscheidet. 1 Pg. ermer⸗ Hersfeld (wirtsch. Ba8)⸗ Viel wichtiger als Kese e n aftslöhnung. ist die Mannschaftsverpflegung im Felde. 8 Feirene anntermaßen gut. Noch wichtiger ist die Versorgung ae 8 der Krieger. Hindenburg hat mit Recht gesagt, daß die ürft den Schützengräben keine Sorge um ihre Familien haben

sen. In der Gewährung der Unterstützungen bestehen Ungleich⸗

heiten und Härten, die in den beteiligten Kreisen Mißbehagen errege⸗

müssen. Auch bei den Besoldungen bestehen 8.Miöbebaren 18,=

seitigt werden konnen und beseitigt werden müssen. Man follte über⸗

haupt den Leuten, die bis zu 2500 heziehen, keine Abzüge machen.

Unsere Heerführer haben hohe Unkosten. Ein Mann wie Generalfeld⸗

—. von Hindenburg kann überhaupt mit Geld nicht abgegolten erden.

Abg. Stücklen (Soz.): Ich habe keinem Offizier unterstell daß er im Felde Geld verdienen soll. Die Perigkel ber une Etent lichen Ausschüsse habe ich nicht abfallig kritisiert, sondern über sie nur

uskunft verlangt. Von einer Bezahlung der Kriegsleistungen kann und soll keine Rexe sein. Man kann aber nicht deshalb sagen, daß die Gehälter der Offiziere nicht revidiert werden sollten. Wenn der Reichsschatzsekretär, wenn auch versteckt, hat sagen wollen, daß wir unsere Anträge nur zu agitatorischen Zwecken eingebracht hätten, so müssen wir dagegen protestieren. Die Sorge um die Reichsfinanzen teilen auch wir, aber gerade deshalb dringen wir auf der einen Seite auf weitgehende Sparsamkeit, und auf der anderen Seite darauf, daß den Soldaten das Notwendige gegeben wird.

Damit schließt die Besprechung. 1111“ 8 Die Abstimmung wird am nächsten Montag erfolgen. E g2.— Haus wendet sich zur Erörterung des „Baralong“⸗ Falles.

Berichterstatter Graf von Westarp (dkons.): In dieser Frage war die Kommission einmütig. Ein feiger Mord ist geschehen. Tapfere deutsche Seehelden sind der ehrlichen Ausübung ihres Berufes zum Opfer gefallen, nachdem ein tückischer Feind unter schnödem, betrüge⸗ rischem Mißbrauch der amerikanischen Flagge und ihrer Farbe sie in walt b⸗ Mkt Recht hat die deutsche Regierung Sühne für dieses Verhrechen gefordert. Die Sühne ist schroff abge⸗ lehnt worden. Der Vorschlag, diesen Fall einem Schiedsgericht zu unterbreiten, man mag über dieses Schiedsgericht denken wie man will, kam einer Ablehnung gleich, sie war kein Ersatz für die Sühne und Strafe, die das eigene Land an dem aus seiner Mitte hervor⸗ gegangenen Verbrechern zu vollziehen hat. Die Form, in der die Ablehnung seitens der englischen Regierung beliebt worden ist, ent⸗ Prach nicht dem Ernst, nicht der Würde der Sache und der Stunde. Die englische Note war durchzogen von einem Ton, für den Fremd⸗ worte gebraucht werden müssen. Von einem Ton suffisanter Arro⸗ ganz und Ueberhebung, den England am Platze zu glauben scheint überallda, wo es glaubt, mit Völkern zu tun zu haben, die es als verächtliche kleine Masse bezeichnen kann, ein Ton, den sich das deutsche Volk gefallen zu lassen weder genötigt noch gewillt ist. Unerhört ist es, daß England es gewagt hat, in seiner Note gegen unsere Armee, Fcer unsere Truppen zu Wasser und zu Lande, gegen das deutsche Volk in Waffen den Vorwurs zu erheben, daß unser Heer in unge⸗ zählten Fällen Verbrechen schwerster Art begangen habe. Worte, welche diesen Vorwurf mit ausreichender Schärfe zurückweisen, lassen sich nicht finden. Die verleumderische Beleidigung fällt auf ihre Urbeber zurück, und die Tat bedeutet einen Schandfleck für den Namen dieses Schiffes und seiner Offiziere. Die Note ist ein Denk⸗ mal der Schande für England. Der Ausschuß beschäftigte sich auch mit der Antwort, die die deutsche Regierung auf diese Note erteilt hat. Man mag über die Einzelheiten, über den Zeitpunkt der Be⸗ kanntgabe der Note und ihrer Antwort, über das Maß der Darlegungen verschiedener Ansicht sein, in den Hauptsachen bestand auch hier im Ausschuß volle Einmütigkeit. Die Darlegungen über die einzelnen von der englischen Regierung vorgebrachten Fälle und die übrigen Aus⸗ führungen der Note sind, wie alle Parteien anerkannt haben, klar, schlüssig und unwiderleglich. Als selbstverständlich wurde es von allen Seiten erachtet, daß unsere Regierung es abgelehnt hat, in dem Falle weitere Verhandlungen zu führen, und die Hauptsache ist: volle Einmütigkeit bestand darin, daß die beste Antwort in Taten besteht, in entschlossenen Taten. Der Ausschuß hat die Möglichkeiten solcher Taten erörtert. Es wäre aber im Augenblick nicht angbracht, darüber öffentlich zu sprechen. Diese Aussprache der Kommission ist für ver⸗ traulich erklärt worden, und ich richte an die Vollsitzung ebenfalls gleichfalls die Bitte, sich auf die Einzelheiten nicht einzulassen; für Worte ist die Zeit nicht da, die Stunde gebietet entschlossenes Handeln.

Abg. Noske (Soz.): Mit heller Empörung hat das deutsche Volk den Wortlaut der englischen Note in der „Baralong“⸗Affäre zur Kenntnis genommen. Als vor Monaten die ersten Nachrichten darüber kamen, daß die Mannschaft eines deutschen Unterseebootes durch die Leufe eines enaglischen Hilfskreuzers in geradezu bestialischer Weise getötet sei, haben ich und wohl viele mit mir eine Zeitlang an der Rich⸗ tigteit der Angaben stark gezweifelt; es erschien ganz ungeheuerlich, daß Seelente es fertiggebracht haben sollten, auf wehrlos im Wasser treibende Menschen zu schießen und die schon gerettete Mannschaft, die ein wehrloser Gegner geworden war, meuchlings zu töten. Eng⸗ lische Seeleute haben nach ritterlichem Kampf deutsche Mannschaften aus der Flut gerettet; es ist selbstverständlich, daß deutsche Seeleute in jedem Fall einem wehrlosen Feinde gegenüber ebenso handeln werden, wie es auch in einigen Fällen geschehen ist. Wenn bisher englische Schiffe mehr deutsche Seeleute als deutsche Schiffe englische Mannschaften aufnehmen konnten, worauf die Enaländer wiederholt prahlerisch, guch jetzt wieder in der Note, hingewiesen haben, obwohl nur etwas Selbstverständliches geschah, so doch nur deswegen, weil die Umstände es nicht anders mit sich brachten. Im Fall „Baralong“ kann schon lange nicht mehr daran gezweifelt werden, daß die Aus⸗ sagen der amerikanischen Zeugen vollen Glauben verdienen. Wäre es anders, so würden die englische Regierung und die englische Presse sehr bald mit Entrüstung, die sie so gut zur Schau zu tragen wissen, den amerikanischen Zeugen und den Erörterungen der deutschen Presse entgegengetreten sein. Das Schweigen kann gar nicht anders denn als ein Schuldbekenntnis bewertet werden. Selbstverständlich fragt man sich, was die deutsche Regierung wohl für eine Sühne für den seigen Mord an deutschen Soldaten verlangen wird. Das deutsche Volk verspürt keine Nei⸗ gung, seine Unterseeboote als vogelfrei behandeln zu lassen. Deshalb hat es seinerzeit ganz allgemeine Genugtuung hervorgerufen, als durch Repressalien die englische Regierung genötigt wurde, gefangene Offi⸗ ziere und Mannschaften unserer Unterseeboote die anfänglich ver⸗ weigerte ehrenvolle Behandlung als Kriegsgefangene zuteil werden zu lassen. Nur selbstverständlich war es, daß jetzt die deutsche Regierung Bestrafung der Schuldigen verlangt. Allen Ungehörigkeiten in dem schon an sich furchtbaren Krieg entgegenzutreten, hat jede Regierung und jedes Volk allen Anlaß, schon um das Zusammenarbeiten der Nationen nach dem Kriege nicht unnötig zu erschweren. Die Bereit⸗ willigkeit dazu läßt die englische Note im Falle „Baralong“ absolut vermissen. Die englische Antwort auf die Forderung der Bestrafung der Schuldigen ist das Empörendste, was wir bisher an Zynismus erlebt haben. Die Ausflüchte der englischen Regierung, die sich weigert, die Schuldigen zu bestrafen, laufen indirekt auf eine Billigung des Mordes an deutschen Seeleuten hinaus. Dafür hat das deutsche Volk kein Verständnis. Mit Genugtuung haben wir im Verlauf des Krieges davon Kenntnis genommen, daß die dänische, schwedische, norwegische Regierung in bedeutsamen Fällen anerkannt haben, da

die deutsche Regierung vorgekommene Ungehörigkeiten mißbilligt 9 dafür sofort Genugtuung gewährt hat. Die englische Regierung hat sich nicht gescheut, die Soldaten des deutschen Heeres und der Flotte mit dem Vorwurf verbrecherischer Kriegführung zu beschimpfen. Wir verwahren unsere Volksgenossen mit aller Entschiedenheit gegen solche Verunglimpfung. Wir wissen, daß der deutsche Soldat kein Un⸗ mensch und Barbar ist. Wir wissen, daß unsere Mannschaften in der Flotte und im Heere sich an Menschlichkeit, Gesittung und kultureller Bildung von den Soldaten irgendeines feindlichen Landes nicht über⸗ treffen lassen. Unsere Soldaten sind doch nicht Abkömmlinge von Insulanern, die sich von Menschenfleisch nähren, wie sie jetzt gegen uns 1S werden. Die Soldaten unseres Heeres und unserer Flotte

seine Gewalt bekommen hat.

tammen zum großen Teil aus unserer Mitte und sind gewerkschaftli und politisch geschult, sie wissen, daß sie einen Eristengkam of für 8 Zukunft ihrer Kinder und unseres ganzen Volkes führen. Die Leute,

die den schweren Dienst auf den U⸗Booten tun, verdienen nicht den

Vorwurf des Barbarismus, a . England hat sich nicht gescheut, unsere Frauen und Kinder aus rn zu wollen, weil es uns militarisch nicht niederringen kann. Auf die unerhörte Provokation freut mich die an sich allerdings selbstver⸗ standliche Feststellung, daß die deutsche Armee und die deutsche Marine nach wie vor in diesem Kriege die Grundsatze des Volkerrechts und der Menschlichkeit achten und daß die leitenden Stellen streng darauf weiter halten wollen, daß alle Verstöße dagegen genau untersucht und nachdrücklich geahndet werden. Beim Lesen der deutschen Antwort konnte ich mich allerdings fragen, ob auf den Zynismus der englischen

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Regierung nicht derber hatte geantwortet werden können. in sich wäre das berechtigt gewesen, aber ich billige die maßvolle Zuruck⸗ haltung, die beobachtet ist. Die Antwort ist durchaus ernst und würdig, und Deutschlands gutes Recht ist in diesem Falle ein viel besseres Argument, als harte Worte es sein können. Natürlich kann auch nach uͤnserer Meinung der „Baralong’⸗Fall nicht durch einen Protest seine Erledigung finden; es ist zu billigen, wenn die deutsche kegierung selbst die verweigerte Sühne für das Verbrechen an deut⸗ schen Soldaten versuchen wird. Wohl bedauern meine Freunde und ich jede weitere Verschärfung der Kriegführung, der Krieg ist wahrlich schon furchtbar genug. Aber wir können nicht dulden, daß England mit dem deutschen Volk und seiner Flotte Schindluder spielt. Unsere U⸗Bootsleute, die wir bewundern und die wir lieben, dürfen wir nicht feindlichen Mordversuchen aussetzen, die von feindlichen Frank⸗ tireurschiffen unter falscher Flagge unternommen werden. Vorschläge zur Sühne zu machen, ist nicht unsere Aufgabe. Aber unsere Marine⸗ mannschaften werden es verstehen, wenn sich die Gelegenheit bietet, gegen England so empfindliche Schläge zu führen, wie wir es wünschen müssen. Wir haben aber auch das Zutrauen, daß sie es auch ver⸗ stehen werden, das Ansehen Deutschlands als Kulturland zu wahren und sämtlichen Geboten der Menschlichkeit Rechnung zu tragen.

Abg. Dr. Spahn (Zentr.): Ich freue mich über das Ergebnis der Beratung der Kommission, über den Bericht des Berichterstatters und auch über das, was der Abg. Noske hier vorgetragen hat. Eng⸗ land verlangt, daß die Angelegenheit einem amerikanischen Schieds⸗ gericht unterbreitet wird. Wir haben keine Veranlassung, diese An⸗ gelegenheit anders als nach unseren Kriegsgrundsätzen zu untersuchen. Wir haben selbst festzustellen, wie wir diesen Fall zu entscheiden haben. Das, was England verlangen kann, war doch schon ausreichend ge⸗ schehen. Jetzt verweigert uns England, dasselbe zu tun. England, so glaube ich, hat am allerwenigsten Ursache, in dieser Weise egen uns aufzutreten. Durch Hereinziehung Japans in diesen Krieg, durch die Heranziehung farbiger Truppen nach Europa zur Führung dieses Krieges gegen uns, führt England selbst den Krieg in einer Weise, wie er von Römern nie brutaler geführt worden ist. Dies beweist es auch dadurch, daß es uns aushungern will, indem es uns abschließt und die Neutralen bedrückt. All dies tut England ohne die Größe, die den Römern stets eigen war, während England ihn von Fremden führen läßt durch Heranziehung von Söldnern, während seine eigenen Leute und seine Schiffe sich verstecken. Ich bin nun gespannt, was nach dieser Erörterung hier im Reichstage das neutrale Ausland sagen wird und ganz besonders, was der Allierte von England, Japan, sagen wird. Dasselbe England spielt sich jetzt in dieser Weise auf, das uns die Russen nach Ostpreußen hineingehetzt hat und von diesen auch Galizien verwüsten ließ. England muß sich nachsagen lassen, es mäste sich vom Marke der anderen. Daß wir aushalten und durch⸗ halten werden, das verbürgen uns die sittlichen Kräfte unseres Volkes. Diese geben uns die feste Ueberzeugung, daß wir in diesem Kriege auch weiter dauernd siegreich kämpfen werden. Her ganze Reichstag hat das feste Vertrauen, daß die Maßnahmen, die seitens der Regierung als zulässig erachtet werden, die richtigen sind, und ich bin sicher, daß diese Maßnahmen unsere Zustimmung finden werden.

Abg. Bassermann (nl.): Auch namens meiner politischen Freunde erhebe ich Protest gegen den „Baralong“⸗Fall, gegen den schnöden Mord deutscher Soldaten und gegen die englische Note, die den Gegenstand der heutigen Besprechung bildet. Der Tatbestand ist ein einfacher. Es haben auf Besehl eines englischen Kapgftams eng⸗ lische Flottenmannschaften dentsche Soldaten feige ermordet. Die eidlichen Ausfagen, die durch die Presse veröffentlicht find, enthüllen so scheußliche Tatsachen, daß man staunen kann, daß Angehörige eines Volkes mit einer so stolzen Vergangenheit wie die Englands, sich zu solchen Taten des Hasses fortreißen lassen können. Es ist schwierig, Worte der Entrüstung zu finden, die dem Abschen Ausdruck geben über diese Ermorbung fapferer deutscher Soldaten. Der Vorfall hat sich aus der Hitze des Gefechtes hinübergespielt in dem Zeitraum, in dem sich deutsche Soldaten und der deutsche Kapitän auf ein in der Nähe befindliches Schiff gerettet hatten. Dort hat man die Ge⸗ retteten aufgesucht und kaltblütig erschossen. Um sicher zu gehen, hat man jedem Deutschen dann noch einen Schuß durch den Kopf gegeben. Einmütig war die Empörung im deutschen Volke. Das ging auch aus den Verhandlungen unserer Kommission hervor. Ich freue mich der warmen Worte der Entrüstung, die Kollege Noske hier im Plenum gefunden hat. Auch im neutralen Auslande haben wir viel Stimmen gehört, die sich mit Abschen dagegen wandten. Wir haben gelesen, daß dort geschrieben ist, daß EEnglands Schild mit einem unaustilg. baren Makel befleckt ist. Ich will ein Beispiel anführen. Nach einem Seegefecht überließen die Japaner unsere Schiffe und die treibenden Trümmer den Engläntbern. Die Japaner sahen zu, und die Kritik der Japaner war: so handelt kein Samurari. Wir sind stolz auf unsere Erfolge in der Nordsee und im Mittelmeer. Manche tapfere brave Junge liegt länast auf dem Grunde des Meeres. In treuer Pflichterfüllung hat er den Tod erlitten, einen ehrenvollen und schönen Tod. Aber das, was wir besprechen, ist feiges Auslöschen blühenden Menschenlebens, feiger Mord. Was die englische Note anlangt, so haben wir alle den Eindruck, als wäre in ihr der Gipfel der Unverschämtheit erreicht. Sie 9- getragen von großer Frivolität und unverschämter Ueberhebung. Man überschlägt sich förmlich in Beschimpfungen der deutschen Armee. Die Note geht so weit, da man generell das deutsche Heer der Begehung von derartigen Gewaltk⸗ tätigkeiten beschuldigt. Man fragt sich mit Recht, was will England mit dieser vergiftenden Note, die jebde Behandlung unmöglich macht Will man uns zu unbedachten Maßregeln fortreißen? Das ist irrig! Auch in dieser Zeit der allgemeinen Empörung werden wir die Ruhe und Vorsicht beobachten und uns nicht hinreißen lassen und kaltes Blut auch gegenüber diesen englischen Unverschämtheiten behalten, un⸗ beschadet der Energie, mit der diese Maßregeln einzusetzen haben Unsere Note sagt zum Schlusse, daß wir die Ahndung selbst in Hand nehmen. Ich gehe auch meinerseits auf die möglichen Ver⸗ geltungsmaßregeln nicht ein, die der Regierung überlassen bleiben müssen. Wir erwarten aber, daß rasch und energisch gehandelt wird. Der Reichskanzler hat ja selbst erhlärt, daß wir die Sentimentalität verlernt haben. Hier ist Energie notwendig, energisches Vornoßen gegenüber England, von dem wir Tag für Tag lesen, wie das Völker⸗ recht von ihm geachtet wird. Wir sind stolz auf unser Heer und unsere Flette und auf ihre Leitung, die mit nimmer ermüdender Pflicht⸗ erfüllung und mit Treue bis zum Tode unter den größten Anstrengungen ihr Leben hingeben. Wir sind stolz auf die großen Erfolge, die wir in diesem langen Kampfe errungen haben. Wenn man die Bilanz des Jahres 1915 mit der des Jahres 1914 vperaleicht, so haben wir 470 000 Quadratkilometer mit 30 Millionen Menschen erobert, gegen⸗ über dem Jahre 1914 mit 50 000 Quadratkilometern und 10 Millionen Menschen. Wir sind aber auch stolz darauf, daß unsere Krieg⸗ führung getragen ist vom Geiste der Sittlichkeit und Humanität. Das deutsche Verhalten zeigt sich auch in der Behandlung der Gefangenen und der Zivilbevölkerung in den okkupierten Gebieten. Wir weisen mit Entrüstung die englische Note zurück. Wir protestieren gegen die Meuchelmörder und erwarten von unserer Regierung die schärfsten Masgegeln. 1 1

Abg. Fischbeck (fortschr. Volksp.): Kein Wort der Ent⸗ rüstung, das von der Tribüne eines Parlaments gesprochen werden darf, scheint scharf genug, um das zum Ausdruck zu bringen, was über die englische Note gesagt werden muß. England glaubte, als es den Krieg begann, in wenigen Tagen Deutschland zur See niedergerungen zu haben, es glaubte, daß bie Landheere, die es sich nach enalischer Ueberlieferung dienstbar gemacht hatte, in kurzer Zeit Deultschtand

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