1916 / 52 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 01 Mar 1916 18:00:01 GMT) scan diff

die Firma W. Schenker, Zigarettenfahrik in Dresden, Reitbabn⸗ straße 11 und Georgplatz 1 Juh.: Asik Maria Schenker (Verwalter: Kaufmann Krölich), die Firma P. Keßler, M sikinstromenten handlung in Markneu⸗ Verwalter: Ortsrichter Franz Heyne in Markneu⸗ rchen), die Altwarenhandlung des Abraham Jsbicki in Niederhaßlau bei Zwickau (Verwalter: Kaufmann Paul Lachmund in Fa. Scharig & Lachmund in Zwickau), Geschäfte betrteb des Judel (Idel) Schaja in Plauen i. V. Fabrikant Johannes Neupert in Plauen, Schild⸗ raße 28), die in Leipzin und Markranstädt befindlichen Warenläger der Firmen Abraham Kleinmann, Kolkt, Israel Helzufen, Rowno, und Moschko Fiedel, Kolkt (Verwalter: Bücherrevisor Karl Golücke in Leipzig, Dresdner Straße 9), und Danischewsky & Kulkes, Wilna (Verwalzer: Kursmakler Heino Espenhayn in Leipzig, Südstraße 34 11).

Für die in Leipzig befindlichen Warenläger und den daraus ge⸗ wonnenen Erlös der Firmen J. Heymann, London, P. A. Gußkow, Moskau, und F. J. Mistral frères, St. Remy du Provence, wurde

an Seelle des Bücherrevisors Karl Born der Kaufmann Ostar Zenari in Leipzig, Handelshof, zum Verwalter bestellt.

Wieder aufgehoben wurde die Zwangsverwaltung der Firma Hans Wagner Nachf. in Grüna und des dazu gehörigen Grundstückes und der in Leipzig und Markranstädt befindlichen Warenläger der Firmen M. & F. Mandl, Moskau, L. Judowitsch, Kiew, A. S. Redel, Warschau, Ahrah. Schapiro, Wilna, und des Waclaw L wandowski, Warschau. Dresden, den 29. Februar 1916. Ministerium des Innern. Vitzthum.

der

Dem Handelsmann Karl König in Freiburg, Kronenstraße Nr. 31, wurde mit rechtskräftigem Erkenntnis vom 10. Januar d. J. wegen Unzuverlässigkeit der Handel mit Nahrungs⸗ und Genußmitteln jeglicher Art sowie jede sonstige Betätigung als Handelsmann

Freiburg, den 24. Februar 1916.

Großherzoaliches Bezirksamt. 8 Fischer.

Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: 88 den Kammergerichtsrat Ritgen zum Oberverwaltungs⸗ gerichtsrat zu ernennen sowie dem Eisenbahnobersekretär Geisler in Paderborn und dem Eisenbahnoberkassenvorsteher Kloppenburg in Altona ei dem Uebertritt in den Ruhestand den Charakter als Rechnungsrat zu verleihen. ““ 1

Finanzministerium.

8 81 8 v“ Der Katasterkontrolleur, Steuerinspektor Breyer ist von 5338 als Regierungslandmesser nach Hannover versetzt vorden.

Die Katasterlandmesser Kempski und Mertens sind zu Katasterkontrolleuren in Betzdorf bezw. Asbach bestellt worden.

Das Katasteramt Wiesbaden I ist zu besetzen.

Königliche Generallotteriedirektion.

Bekanntmachung.

Die Erneuerungslose sowie die Freilose zur 3. Klasse der 7. Preußisch⸗Süddeutschen (233. Königlich Preußischen) Klassenlotterie sind nach den §§ 5, 6 und 13 des Lotterieplans unter Vorlegung der entsprechenden Lose aus der 2. Klasse bis zum 6. März d. J., Abends 6 Uhr, bei Verlust des Anrechts einzulösen.

Die Ziehung der 3. Klasse dieser Lotterie wird am 10. März d. J., Morgens 8 ½ Uhr, im Ziehungssaale des Lotteriegebäudes ihren Anfang nehmen.

Berlin, den 1. März 1916.

Khßhniglich Preußische Generallotteriedirektion.

Strauß. Ulrich. Gramms.

Bekanntmachung.

Auf Grund des § 1 der Verordnung des Bundesrats vom 23. September 1915, betreffend Fernhaltung unzuver⸗ lässiger Personen vom Handel, ist dem Kaufmann Hugo Dannemann in Stettin, Bogislavstraße 40, der Handel mit Nahrungsmitteln aller Art untersagt.

Stettin, den 28. Februar 1916.

Der Polizeipräsident. von Bötticher.

1

Bekanntmachung.

8 eristen und Makler Heinrich Langpaap, ohnhaft hier, Sedanstraße Nr. 20, ist der Handel mit Pferden, Rindvieh, Schweinen und Ferkeln auf Grund der Bekanntmachung des Bundesrats vom 23. September 1915 sar Fernhaltung unzuverlässiger Personen vom Handel unter⸗ agt worden. 1 8 1 Neumünster, den 26. Februar 1916. Die Polizeibehörde. öe Nissen.

Bekanntmachung.

1 8 Der Mühlenfirma August Rehbock in Langwedel ist auf Grund der Bundesratsverordnung vom 23. September 1915 der Handel mit Körnerfrüchten jeder Art unter⸗

sagt worden. Verden, den 28. Februar 1916. Der Königliche Landrat. Dr. Seifert.

Bekanntmachung.

Die Mühle des Mühienbesitzers Heinrich Feld⸗ mann in Morsum ist wegen Unzuverlässigkeit des Inhabers auf Grund der Bundesratsverordnung vom 28. Juni 1915 geschlossen worden. Gleichzeitig ist dem Genannten auf Grund der Bundesratsverordnung vom 23. September 1915 der Handel mit Körnerfrüchten jeder Art sowie mit Futtermitteln untersagt worden.

Verden, den 28. Februar 1916.

r Königliche Landrat. Dr. Seifert.

J“

Tagesordnungen

für die am 15. März 1916, Vormittags 11 Uhr und Nachmittags 12 ½ Uhr, in Halle (Saale) stattfindenden Bezirkseisenbahnratssitzungen:

a. Ordentliche Sitzung des Bezirkseisenbahnrats für die Eisenbahn⸗ direktionsbezirke Erfurt und Halle (Saale), . b. XIII. gemeinschaftliche Sitzung der Bezirkseisenbahnräte für die Eisenbahndirektionsbezirke Erfurt/Halle (Saale) und Magdeburg.

Zu a: 1) n 2) Geschäftliche Angelegenheiten des Bezirkseisenbahn⸗ rats.

3) Erörterungen über die seit der letzten Sitzung des Bezirks⸗ eisenbahnrats eingetretenen oder in Aussicht genommenen Erl ichterunen und Neuerungen im Personen⸗, Gepäck., Güter⸗ und Tierverkehr.

4) Beschlaßsassung uber Zeit und Ort der nächsten Sitzung 8 ständigen Ausschusses und der aächsten ordentlichen

tzung.

1) Wahl des Vorsitzenden für die gemeinschaftliche Sitzung.

2) Ersatzwahl eines stellvertretenden Mitgliedes des Landes⸗ eisenbahnrates aus den Kreisen des Handelsstandes.

Erfurt, den 25. Februar 1916.

Königliche Eisenbahndirektion. Kindermann.

Zu b:

für die am Mittwoch, den 15. März 1916, stattfindende 2. Gesamtisitzung des Bezirkseisenbahnrats Cöln.

Mitteilungen der geschäftsführenden Direktion. Neuwahl eines Mitgliedes für den ständigen Ausschuß. Mitteilungen über die Erledigung früherer Beratungsgegenstände sowie über Verkehrs⸗ und Fahrplanänderungen. Cöln, den 26. Februar 1916.

Königliche Eisenbabndirektion. 8 Martini.

1 bA“

In den nächsten Tagen wird die pierte Kriegs anleihe vom Reiche zur Zeichnung aufgelegt werden. Das deulsche Heer und das deutsche Volk haben eine Zeit gewaltiger Leistungen hinter sich. Die Waffen aus Stahl und die silbernen Kugeln haben das ihre getan, dem Wahn der Feinde, daß Deutschland vernichtet werden könne, ein Ende zu bereiten. Auch der englische Aushungerungsplan ist gescheitert. Im zwanzigsten Kriegsmonat sehen die Gegner ihre Wünsche in nebelhafte Ferne entrückt. Ihre letzte Hoffnung ist noch die Zeit; sie glauben, daß die deutschen Finanzen nicht so lange standhalten werden wie die Vermögen Englands, Frankreichs und Rußlands. Das Ergebnis der vierten deutschen Kriegs⸗ anleihe muß und wird ihnen die richtige Antwort geben.

Jede der drei ersten Kriegsanleihen war ein Triumph des Deutschen Reiches, eine schwere Enttäuschung der Feinde. Jetzt gilt es aufs neue, gegen die Lüge von der Erschöpfung und Kriegsmüdigkeit Deutschlands mit wirksamer Waffe an⸗ zugehen. So wie der Krieger im Felde sein Leben an die Verteidigung des Vaterlandes setzt, so muß der Bürger zu Hause sein Erspartes dem Reich darbringen, um die Fort⸗ setzung des Krieges bis zum siegreschen Ende zu ermöglichen. Die vierte deutsche Kriegsanleihe muß der große deutsche Frühjahrssieg auf dem finanziellen Schlachtfelde werden. Bleibe keiner zurück! Auch der kleinste Betrag ist nützlich! Das Geld ist unbedingt sicher und hochverzinslich an⸗ gelegt.

In das von „W. T. B.“ verbreitete, gestern veröffentlichte Antworttelegramm Seiner Majestät des Kaisers und Königs an den Brandenburaischen Provinzial⸗ landtag hat sich ein Fehler eingeschlichen. Es lautet folgen⸗

rmaßen: Großes Hauptquartier, den 28. Februar 1916.

Mieinen wärmsten Dank für die freundliche Begrüßung des Brandenburgischen Provinziallandtages. Ich freue Mich sehr über die neue Probe brandenburgischer Kraft und Treue bis zum Tode, welche Brandenburgs Söhne in unwiderstehlichem Ansturm auf die stärkste Feste des Erbfeindes in diesen Tagen abgelegt haben. Got segne Brandenburg und das gesamte deutsche Vaterland. Wilhelm R.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für 3 und Steuerwesen, für Justizwesen und für Rechnungswesen hielten heute vormittag Sitzung.

Mit dem heutigen Tage tritt, wie durch „W. T. B.“ mit⸗ geteilt wird, eine Bekanntmachung in Kraft, durch die Höchst⸗ preise für Eichenrinde, Fichtenrinde und zur Gerb⸗ stoffgewinnung geeignetes Kastanienholz festgesetzt werden. Die Verkaufspreise für den Zentner Rinde sind je nach der Güte abgestuft. Die Einzelheiten der Bekanntmachung ergeben sich aus ihrem Wortlaut, der bei den Polizeibehörden einzu⸗

Eine Neufassung der Bekanntmachung, betreffend Bestandserhebung und Beschlagnahme von Chemi⸗ kalien und ihre Behandlung Ch. I. 1/8. 15. KRA., tritt

mit dem heutigen Tage in Kraft (Ch. I. 1/3. 16 KRA). Der

Kreis der von der Verordnung Ch. I. 1/8. 15 KRA betroffenen. Personen, Gesellschaften usw. ist der gleiche geblieben. Die Abänderungen durch die Neufassung sind, wie durch „W. T. B.“ mitgeteilt wird, im wesentlichen folgende: 1

1) Die Beschlagnahme ist auch auf die bisher freien Mindest⸗ mengen auegedehnt worden. Bestimmte Mindestmengen sind jedoch

von der Meldepflicht befreit. .

2) Verkauf und Lieferung der beschlagnahmten Chemikalien im Inlande ist mit Ausnahme von Japankampfer und Glvzerin frei. Bei letzteren ist ein Erlaubnisschein erforderlich, falls die monatliche

Gesamtmenge der verkauften oder zu liefernden Mengen bestimmte

Mindestmengen überschreitet.

3) ee und Verbrauch beschlagnahmter Stoffe ist grundsätzlich nur auf Grund von Erlaubnisscheinen gestattet. Pie Neufassung enthält jedoch zahlreiche Ausnahmen von dieser Be⸗ stimmung. 8

4) Eine Anzahl in der Bekanntmachung aufgeführter Arbeits⸗

gänge ist freigegeben. Der Wortlaut der Bekanntmachung, die verschiedene Einzel⸗ bestimmungen enthält, ist bei den Polizeibehörden einzusehen.

In Belgrad wird in der nächsten Zeit wieder eine konsularische Vertretung des Reichs eingerichtet werden. Laut Meldung des „W. T. B.“ sind die entsprechenden Ver⸗ fügungen bereits ergangen. Sobald die der neuen Behörde zugeteilten Beamten in Belgrad eingetroffen sind und der Dienstbetrieb daselbst eröffnet ist, wird dies mitgeteilt werden. Bis dahin empfiehlt es sich, etwaige Anfragen an die Behörde zurückzuhalten. ö“ 8

8

2

8 Der heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ liegt die 895. Ausgabe der Deutschen Verlustlisten bei. Sie enthält die 468. Verlustliste der preußischen Armee und die 258. Verlustliste der sächsischen Armerer. 8

Oesterreich⸗Ungarn. Der König der Bulgaren ist gestern abend aus Coburg in Wien eingetroffen.

Der Prinz Mirko von Montenegro, der Serdar Vukotic und die in Montenegro zurückgebliebenen Minister, und zwar der Justizminister Radulovic, der Minister des Innern Popovic und der Kriegsminister Vjesovic, haben sich laut Meldung des „W. T. B.“, als sie von der durch die „Agence Havas“ unter dem 11. Februar veröffentlichten Er⸗ klärung des mit König Nikolaus nach Frankreich geflüchteten montenegrinischen Ministerpräsidenten Mtuskovie Kenntnis erhalten hatten, durch Vermittlung des in Cettinje anwesenden österreichisch⸗ungarischen Gesandten Eduard Otto an die K. und K. Regierung mit der Bitte gewendet, nachstehende Gegen⸗ erklärungen der Oeffentlichkeit zu übergeben:

Der König ichen Regierung ist die Erk ärung des Ministerpräsi⸗ denten Miuskooic zur Kenntnis gelangt, die dieser durch das mon⸗ tenegrinische Konsulat in Paris als offi iell bezeichnen ließ. Da diese Erklärung durchweg unnichtig ist und die Tendenz ver⸗ folgt, die Tätigkeit der im Lande verbliebenen Minister als nichtig und eigenmächtig darzustellen, und da man anderersetts nach ver Art

und Weise, wie sie erfolgte, sowie nach der Quelle, aus der sie eni⸗ sprungen ist, der „Agence Havas“, on der Existenz der fraglichen Er⸗

klärung nicht zweifeln kann, füͤhlt sich die Köntgliche Regirrung ver⸗ pfl chtet, auf die elbe mit ihren nachstehenden Erklärungen zu antworten und Ihnen gleichzeitig zu empfehlen, dafür zu sorgen, daß diese thre Erklärung die breiteste Pabltzität erhalte: 2

Am 29. Dezen ber (a. St) nach dem Falle von Kuk und Erstlo wurde nach Gutheißung durch Seine Majestät an das Kommando der K. und K. Trupven wegen Einstellurg der Feindseligkeiten heran⸗ getreten. Die Antwort darauf traf am 30. Dezember gegen Tages⸗ anbruch ein, als der König bereits nach Krusevac abgereist war, 21 sich auch die Minister nach Empfang der Antwort begeben

atten.

Nach längeren Beratungen bat die Königliche Regierung im Einvernehmen mit dem König die K. und K. Regierung mit einem Telegramm vomn 31 Dezember um Frieden. Gleich⸗ zeitig wendete sich Seine Majestät der König mit einer telegraphischen Bitte an Seine K. und K. apostolische Majestät um seine Vermittlung, damit uns desto günstigere Friedensbedingungen zugestanden würden. 1

Am 2. Januar erhielten wir die gleichlautende Antwort, auch auf das Ersuchen um Ennstellung der Feindseligkeiten, nämlich, daß Friedensverhandlungen nach Ablieferung der Waffen und nach Auslieferung der serbischen Truppen, die sich noch auf unserem Gebiete befänden, in Angriff genommen werden würden. Es folgten Beratschlagungen. Die Bedirgungen waren zweifellos schwere, ja sehr schwere, aber auch die Lage gestaltete sich immer schwieriger. Die österreichisch⸗ungarischen Truppen drängten rasch vorwärts. Ein ernster Widerstand konnte nirgends geleistet werden, insbesondere im Küstengebiet. Nahrungsmittel waren gar nicht und Munition wenig vorhanden. Schließlich wurde die erste Be⸗ dingung angenommen. Hinsichtlich der zweiten Bedingung wurde erklärt, daß sich keine serbtschen Truppen auf unserem Territorium befänden.

Die für die Verhandlungen über die Durchführung der Waffen⸗ ablieferung bestimmten Delegterten reisten am 3. Januar nach Cetinje ab und kehrten am nächsten Tage, dem 4. Januar, zurück mit der Mitteilung, daß die Feindseligkeiten eingestellt scien, daß jedoch Verhandlungen über den Modus der Waffenabliefe⸗ rung nscht in Angriff genommen werden können, bevor die Antwort von Wien eingetroffen sei Aus dieser Nachricht schöpften wir die Hoffnung, daß es zu Unterhandlungen und zu einem Einver⸗ ständnis kommen werde, worauf wir den Ministerpräsidenten Miuskovic, der sich Tags zuvor mit dem diplomatischen Korps nach Skutari begeben hatte, sofort zurückberiefen.

Statt dessen erbielten wir jedoch am 5. Januar vom Kommando der K. und K. Truppen ein Schriftmück, das die bei der Ablieferung der Waffen einspruchslos zu beobachtende Vorgangsweise vorschrieb. Die österreichisch⸗ungarischen Truppen waren in steter Vorrückung he⸗ griffen, insbesondere in Richtung gegen Skutart und Bojana. Es entstanden begründete Befürchtungen, daß die Kommunikation Skutari Medua unterbrochen werden würde. Der Ministerpräsident Miuskovic kehrte am selben Abend nach Skutari zurück, worauf am nächsten Tage, dem 6. Januar, die Note verfaßt und im Wege des Kommandos in Cetinje an die K. und K. Regierung expediert wurde, in der der Verlauf der Verhandlungen dargestellt und betont wurde, daß die voigeschriebene Art und Weise der Waffenablieterung praktisch undurchführbar und demütigend sei. (Von einer beabsichtigten Demütigung der Montenegriner war keine Rede. Es handelte sich einfach um milirärische Notwendigkeiten. Anmerkung des „K. K. Telegraphen⸗Korrespondenz⸗Bureaus“.) Gleichzeitig verlangten wir, daß gemäß dem Uebereinkommen die Delegterten zwecks Verhand⸗ lungen zusammentreten mögen. Denselben Tag, gegen 4 Uhr Nach⸗ mittags, reiste der König ohne Wissen der Regierung nach Skutart ab und von da über Medua nach Italien, aus welcher Ursache eben die im Artikel 16 der Landesverfassung vorgeschriebenen Formalitäten nicht erfüllt wurden. Ein solcher Abgang des Königs machte einen niederschmetternden Eindruck auf Heer und Volk. Es entstand eine allgemeine Verwirrung und die Gefahr innerer Un⸗

1dnungen, waß unz drei Minister bewogen bat, unsere Re⸗ jierungsfunktionen auch weiterhin auszuüben und die be⸗ gonnenen Verhandlungen, die mit Erfolg u Ende gefübrt

wurden, fortzusetzen, indem die Waffen als Staatseigentum

im Lande vperblieben und Heer und Volt ruhia nach Hause zurückkehren konnten, wodurch ohne Zmweifel das Land vom schließlichen Untergange gerettet wurde. Ein derartiger, hier kurz dargestellter Lauf der Ereign’sse demen⸗ üttert am besten die offizielle Note des Ministerpräsi⸗ enten Miuskoviec, weil dadurch festgestellt wird, daß die Ein⸗ tellung der Feindseligkeiten und sodann auch der Friede nicht aus verwerflichen Absichten angesucht worden ist, ondern einzig und allein mit Rücksicht auf die ernste die nach dem Falle der wichtigsten Stellungen entstanden und zu dem Zwecke, um das Volk vor der Knechtschaft (gemeint ist wohl die befürchtete Internierung der webrfähigen männlichen Bevölkerung. Anm. des „K. K. Tel.⸗Korr⸗Bureaus“) zu reften, welche für die erschöpfte Bevölkerung bloß von Nachteil nd für niemanden von Vorteil gewesen wäre; ferner, daß die Re⸗ ierung nicht zusammen mit der Königlichen Familie das Land erlassen hat, mit Ausnahme des Ministerpräsidenten, velcher allein weder die Regierung repräsentiert noch amens derselben irgendwelche Entscheidungen reffen kann, was hingegen den im Lande urückgebliebenen drei Ministern möglich ist, da sie die erforderliche Beschlußfähigkeit besitzen. (Die gesetz⸗ iche Grundlage für diese Auffassung ist uns nicht bekannt. um. des „K. K. Tel. Korr.⸗Bureaus“.); ferner, daß der Känig Kikolaus nicht zum Zwecke der Ermutigung der Truppen und zum Widerstande ein Mitglied seines Hauses und drei Regierungs⸗ itglieder im Lande zurückgelassen baf, da diese drei Mitolieder der Regierung von der Abreise des Königs nichts gewußt haben; und chließlich, daß der König Nikolaus weder von Skutnri noch von Medua oder von Italien aus weder Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen Mirko noch der Königlichen Regierung oder dem General Janko Vukotic irgendwelche Anordnungen dahin erteilt hat, daß ag Heer sich auf Skutari zurückziehen solle, daß dem Heere die Genannten folgen sollen und daß unter keinem Vorwande Friedens⸗ unterhandlungen in Angriff genommen werden dürften. Die obige Erklärung hat die Königliche Regierung mit Wissen und im Ein⸗ verständnisse mit Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen Mirko und em General Vakotic vollkommen frei von jedwedem Ein⸗ lusse oder gar infolge irgendwelcher Presson, auf der Grundlage von Dokumenten erlassen, welche niemand obzwin en noch zu igenem Vorteile und zur eigenen Rechtfertigung entkräften oder aus⸗ wechseln kann.

Pedgoritza, 4. Februar (a. St.) 1916. (Unterschriften) P inz Mirko, J. Vukotie, M. Radulovic, R. Popovic, R. Vjesovic.

Wie das „K. K. Telegraphen⸗Korrespondenz⸗Bureau“ er⸗ fährt, haben die in den obigen Erklärungen angeführten und auch in der Presse bereits mehrfach erwähnten Friedens⸗ ansuchen, die der König Nikolaus und seine Regierung mter dem 31. Dezember (a. St.) an Seine K. u. K. Apostolische Majestät, beziehungsweise an die K. u. K. Regierung gerichtet hatten, in deutscher Uebersetzung folgenden Wortlaut:

An Seine Kaiserliche und Königliche Apostolische Majestät Franz Josef I. Wien. 2

““ Eure Majestät! b Nachdem Ibre Truppen heute meine Hauptstadt besetzt haben, befindet sich die montenegrinische Regierung in der Not⸗ wendigkeit, sich an die K. und K. Regierung zu wenden, um sie unter Einstellung der Feindseligkeiten um Frieden wischen den Staaten Euerer Kaiserlichen Majestät und meinem Lande iu bitten. Da die Bedingungen eines glück⸗ Iichen Siegers hart sein können, richte ich im voraus an Eure Majestät die Bitte, sich für einen Frieden einzusetzen, der ehrenvoll und würdig des Prestiges eines Volkes ist, das in früheren Zeiten Ihr Hohes Woblwollen, Ihre Achtung und Ihre Sympathien nenessen hat. Ihr edles und ritterlich empfindendes Herz wird, boffe ich, diesem Volke keine Demütigung antun, welche es nicht perdient. gez. Nicolas.“

An die K. u. K. österreichisch⸗ungarische Regierung in Wien.

Die Königlich montenegrinische Regierung bittet die u. K. österreichisch⸗ungarische Regieruna, e mit Monte⸗ egro zu schließen. Sie bittet auch die K. u. K. österreichisch⸗ ungarische Reglerung, ihre Delegierten zu bestimmen, ebenso wie den rt, den Tag und die Stunde ihrer Zusammenkunft mit den Dele⸗ serten der Köntialich montenearinischen Regierung. Die Königliche Kegierung von Montenegro bitt⸗t die K. u. K. österreichisch⸗ engarische Regierung, die nötigen Befehle zum Finstellen der Feindseligkeiten geben zu lassen nd diesbezüglich den Tag und die Stunde zu bestimmen, damit die Königlich montenegrinische Regierung die gleichen efehle ihren Truppen erteilen kann. Die Königlich montenegrinische RKegierung bittet auch den Kommandanten, die Depesche Seiner Majestät des Königs von Montenegro, welche ihm unsere Parlamentäre, ie Herren Major Loumovic und Oberleutnant Popovic, übergeben verden, Seiner Majestät dem Kaiser von Oesterreich und König von Ungarn zuzustellen. Gleichzeitig wird der Kommandant gebetem zu estatten, daß unsere Parlamentäre die Antwort der K. und K. Re⸗ ierung in seinem Lager abwarten dürfen.

31. Dezember 1915 (13. Januar 1916).

ez. Ministerpräsident Miuskovic, Justizminister M. Radulovie, Mintster des Innern R. Popovie, Kriegsminister Vjesovic.

Am 14. Januar 1916 erfolgten die Antwort⸗ elegramme des Kaisers Franz Joseph und der K. und K. Regierung, die lauteten:

An Seine Majestät König Nikolaus von Montene ro. Es gereicht mir zur Genugtuung, daß Eure Majestät sich bereit erklären, den nunmehr zwecklos gewordenen Widerstand auf⸗ ugeben. Die Bedingungen der Etnstellung der Feindseligkeiten sind guerer Majestät bereits im Wege Meines Armeeoberkommandos ekanntgegeben worden. Auf den Vorschlag der montenegrinischen Regterung wird derselben die Antwort Meiner Regierung zugehen.

Franz Joseph.

LALnnn die Königlich montenegrinische Regierung. 1.u“ Da die Köntglich montenegrinische Regierung die Nutzlosigkeit eines weiteren Wäeerstandes einsieht und ihre Bereitwilligkeit erklärt hat, dem Blutvergießen Embalt zu tun, wird die K. und K. Re⸗ gierung, sobald die seitens der K. und K. Wehrmacht gestellten Be⸗ bingungen erfüllt und sohin die Feindseligkeiten eingestellt sein werden, die von der Königlich montenegrinischen Regierung erbetenen Dele⸗ terten unverzüglich entsenden, damit dieselben in Cetinje mit den elegierten der Regierung Montenegros zusammentreffen. Burian.

Wie am 17. Februar bekanntgemacht wurde, hat die

K. und K. Regierung, einer Bitte der in Montenegro zurück⸗ ebliebenen montenegrinischen Minister entsprechend, den Versuch uinternommen, ein Schreiben der genannten montenegrini⸗ chen Würdenträger an ihren in Frankreich weilenden önig durch Vermittlung der Königlich spanischen Regierung

i seine Bestimmung gelangen zu lassen. Einer Mitteilung er zu diesem Zwecke in S genommenen neutralen Stelle zufolge, haben sich der beabsichtigten Zustellung un⸗ orhergesehene, von Frankreich ausgehende Hindernisse

E1“

in den Weg gestllt, die es unmöglich machten, die monten egrinische Bittschrift um die Ernennung von Friedensunterhändlern dem König Nikolaus auszu⸗ händigen.

Italien.

Die offiziellen Vertreter der interventionistischen Partei haben vorgestern eine Versammlung abgehalten, in der die Redner laut Meldung des „Corriere della Sera“ nach scharfer Kritik der bisherigen Regierungspolitik auf die für Italien bestehende Notwendigkeit hinwiesen, den Krieg im engsten Anschluß an die anderen Vierverbandsmächte, also auch Inöih 4“ In dem Prozeß aegen die Obersten im General stab Egli und von Wattenwyl ist gestern das Urteil ge⸗ fällt worden. Wie „W. T. B.“ meldet, sind beide frei⸗ gesprochen worden. Sie werden ihren Vorgesetzten zur dis⸗ ziplinarischen Bestrafung überwiesen.

8 Dänemark. 8 Die deutsche Regierung hat, wie „W. T. B.“ meldet, der dänischen Regierung ihr aufrichtiges Bedauern darüber ausgesprochen, daß ein deutsches Flugzeug am 12. v. M. bei und über Kopenhagen dänisches Ge⸗ biet überflogen hat. Die deutschen militärischen Behörden haben in bestimmtester Form ihre frühere Weisung erneuert, daß ein Ueberfliegen neutralen Gebiets nicht stattfinden darf.

Türkei. Der Senat hat nach kurzer Debatte, in deren Verlaufe Talaat⸗Bey als interimistischer Finanzminister eine Dar⸗ stellung der finanziellen Lage der Türkei gab, die er als gut bezeichnete, mit allen gegen eine Stimme das Budget im allgemeinen angenommen. .“ 8

Bulgarien.

Die Sobranje hat in der gestrigen Sitzung die Adreß⸗ debatte begonnen.

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ sprach zuerst der Führer der demokratischen Partei Malinom, der im allgemeinen forderte, die Regierung möge der Opposition mehr Vertrauen schenken und sie in alle Fragen einweihen sowie sie über die abgeschlossenen Bündnisverträge und die daraus entspringenden Bündnis⸗ pflichten und Rechte aufklären. Malinow hob hervor, daß die Thronrede insofern eine Lücke aufweise, als sie bloß über die Beschießung von Dedeagatsch durch die Eng⸗ länder und Franzosen spreche. Es sei aber kein geringerer Skandal, wenn das große Rußland die wehrlose Stadt Warna beschieße. Die Regierung müsse derart vorgehen, daß Bulgarien nach dem Kriege im rechtmäßigen Besitz aller erworbenen Gebiete bleiben könne und zu keinen Vorwürfen Anlaß vorhanden sei. Nach Malinow c der Führer der Soztalisten Sakazow, der u. a. betonte, da Bulgarien angesichts der allgemeinen vage nur eine solche Politik verfolgen dürfe, die der künftigen Entwicklung und dem Nebeneinander⸗ leben der Balkanvölker entspreche; namentlich dürfe mon nicht etwa durch Ansprüche auf die an Rumänien verlorene Provinz die er⸗ worbenen Gebiete Mazedoniens gefährden.

Der Ausschuß für öffentliche Fürsorge, der das Handelsmonopol für Getreide und Lebensmittel besitzt, hat nunmehr, wie die „Bulgarische Telegraphenagentur“ meldet, durch den Eintrtt je eines Vertreters jeder Gruppe der parla⸗ mentarischen Opposition eine Neugestaltung erfahren.

Amerika.

MNach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ hat der deutsche Botschafter in Washington Graf Bernstorff der Regierung der Vereinigten Staaten mitgeteilt, daß Deutschland keinen Anlaß sehe, seine Anweisungen zur Versenkung bewaffneter Handelsschiffe ohne Warnung abzuändern oder ihr Inkrafttreten hinauszuschieben. Der Vertreter Oesterreich⸗ Ungarns hat der amerikanischen Regierung eine ähnliche Mit⸗ teilung gemacht.

Einer weiteren Meldung des „Reuterschen Bureaus“ zu⸗

folge ist Graf Bernstorff beauftragt worden, den Vereinigten Staaten mitzuteilen, daß die Versicherungen, die bei der „Lusitania“⸗ und „Arabic“⸗Angelegenheit gegeben morden sind, noch immer gelten, sich aber nur auf friedliche Handelsschiffe beziehen. In der gestrigen Sitzung des amerikanischen Kabinetts wurde die deutsche Denkschrift besprochen. Man beschloß obiger Quelle zufolge, die weiteren Mitteilungen der deutschen Regierung abzuwarten, die unterwegs seien.

Kriegsnachrichten.

Großes Hauptquartier, 1. März. Westlicher Kriegsschauplatz.

Die Artillerietätigkeit war auch gestern an vielen

Teilen der Front sehr rege, besonders auf feindlicher Seite.

An mehreren Stellen verfolgte der Gegner damit freilich nur

(W. T. B.)

Täuschungszwecke. Dagegen schien er im Yser⸗Gebiet, in der Champagne sowie zwischen Maas und Mosel be⸗ strebt zu sein, uns ernstlich zu schädigen. Er erreichte das Ziel nicht.

Im Luftkampf wurde ein englischer Doppeldecker bei enin bezwungen, die Insassen sind gefangen. Zwei fran⸗ zösische Doppeldecker holten die Abwehrgeschütze herunter, den einen bei Vezaponin nordwestlich von Soissons, Insassen gefangen, den andern dicht südwestlich von Soissons, In⸗ sasse wahrscheinlich tot. Ein von dem Leutnant der Re⸗ serve Kühl geführtes Flugzeug, Beobachter Leutnant der Reserve Haber, brachte einen militärischen Transport⸗ zug auf der Strecke Besançon Jussey durch Bomben⸗ abwurf zum Halten und bekämpfte die ausgestiegene Trans⸗ portmannschaft erfolgreich mit seinem Maschinengewehr.

Oestlicher und Balkan⸗Kriegsschauplatz. ichts von besonderer Bedeutung. v Oberste Heeresleitung.

29. Februar. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: Russischer und südöstlicher Kriegsschauplatz. Nichls Meines.

Italienischer Kriegsschauplatz.

Gestern nachmittag war das italienische Geschützfeuer gegen Teile des Görzer Brückenkopfes und die Hochfläche von Doberdo wieder lebhafter.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.

Der Krieg der Türkei gegen den Vierverband.

8 .

Konstantinopel, 29. Februar. (W. T. B.) Das

Hauptquartier teilt mit: Von den verschiedenen Fronten ist

keine Meldung über irgend eine wesentliche Veränderung ein⸗ getroffen.

Der Krieg zur See. 8

Le Havre, 29. Februar. (W. T. B.) Der „Agence

Havas“ zufolge ist der Schlepper „Au Revoir“ von einem

Unterseeboot torpediert und versenkt worden. Die Be⸗

satzung ist gerettet. 1 (Llopds Reasster föhrt einen Dampfer „Au Revoir“ mit 1058 t auf, der in Boulogne beheimatet ist.)

Landskrona, 29. Februar. (W. T. B.) Der Kapitän des schwedischen Dampfers „Tornborg“, der im Mittel⸗ meer versenkt wurde, berichtet: Der Dampfer wurde von einem österreichisch⸗ungarischen Unterseeboot 40 Meilen von Marseille versenkt. Die Besatzung wurde von einem spanischen Dampfer gerettet und nach Livorno gebracht.

Berlin, 1. März. (W. T. B.) Von unseren U⸗Booten wurden zwei französische Hilfskreuzer mit je vier Geschützen vor Le Havre und ein bewaffneter englischer Bewachungsdampfer in der Themse⸗ mündung versenkt. Im Mittelmeer wurde laut amtlicher Meldung aus Paris der französische Hilfs⸗ kreuzer „La Provence“, der mit einem Truppen⸗ transport von 1800 Mann nach Saloniki unterwegs war, versenkt. Nur 696 Mann sollen ge⸗ rettet sein. Das am 8. Februar an der syrischen.⸗Küste versenkte französische Kriegsschiff war, wie die Meldung des zurückagekehrten U⸗Bootes ergibt, nicht das Linien⸗ schiff „Suffren“, sondern der Panzerkreuzer „Amiral Charner“. 1

Der Chef des Admiralstabes der Marine

Parlamentarische Nachrichten.

Das Mitglied des Herrenhauses Freiherr von Richt⸗ hofen⸗Damsdorf, Oberregierungsrat a. D. und Ritterguts⸗ besitzer, ist nach einer Meldung von „W. T. B.“ aus Jauer am 29. Februar in Kohlhöhe bei Gutschdorf gestorben.

1“

In der heutigen (18) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, welcher der Finanzminister Dr. Lentze und der Minister des Innern von Loebell beiwohnten, gelangte zu⸗ nächst der Gesetzentwurf über weitere Beihilfen zu Kriegswohlfahrtsausgaben der Gemeinden und Ge⸗ mein deverbände zur zweiten Beratung. 1 8

Nach der Vorlage der Regierung soll dieser ein weiterer Betrag von 110 Millionen Mark zur Verfügung gestellt werden, damit sie Gemeinden und Gemeindeverbänden weitere Beihilfen zur Erleichterung ihrer Ausgaben für Kriegswohlfahrtszwecke gewähren kann. 1

Berichterstatter Abg. Li ppmann (Fortschr. Volkep.): An dem Entwurf hat Ihre Kommission eine Aenderung gemacht: Es sind statt 110 Millionen 200 Millionen Mark bewilligt worden. Die Bewilligung ist von der Kommission einstimmig vorgeschlagen; sie bat beretis die Zustimmung der Staateregierung gefunden, und die Kommissien hofft, daß auch Sie einstimmig die üee. dieser Summe genehmigen werden. Der Zweck dieser Ausgaben ist, daß die Familien der ins Feld gezegenen Krieger nicht der Armenpflege anheimfallen, sondern aus öffentlichen Mitteln unterstützt werden. Zur Erfüllung dieses Zweckes waren bei Beginn des Krieges eigent⸗ Uich nur Ansätze vorhanden. Als der Krieg begann, baßerte die ganze Kriegswohlfahrt auf dem Reichsgesetz vom 28. Februar 1888, betreffend die Unterstützung der Familien der Kriegsteilnehmer. Dieses Gesetz war in jeder Beziehung nicht mehr den Verhältnissen entsprechend, die Unterstützurgen waren durchaus unzureschend. Das Gesetz vom 4. August 1914 hat den Kreis der zu unterstützenden Angehörigen von Kriegsteilnehmern erwestert. Aber es waren auch die Unterstützungen für die Familien der Kriegsteilnehmer unzulänglich und erhedliche Zuschüsse erforderlich, um den Zweck des Gesetzes, die Erhaltung der Familten der Kriegsteilnehmer, zu erfüllen. Es war von Staat und Reich nichts geschehen für diejenigen Familien, die, ohne daß der Ernährer ins Feld gesandt war, dennoch Not litten. Hier sind die Gemeinden, zunächst die preußischen und dann auch die übrigen deutschen Gemeinden, eingetreten und haben die Lücke, die das Reichegesetz gelassen hatte, zunächst aus eigenen Mitteln ausgefüllt Es ist ein Rubmesblatt in der Geschichte der preußischen und der deutschen Gemeinden, daß sie an diese gemwaltige Aufgabe herangegangen sind, daß sie zunächst sie aus eigeren Mitteln zu lösen gesucht und auch gelost hahen. Bis zum Januar 1916 beruhte die ganze Kriegswohlfahrtspflege, abgesehen von dem, was auf Grund des Gesetzes vom 4. August 1914 vom Reiche geleistet wurde, auf freiwilligen Leistungen der Gemeinden, und auch das, was das Resch auf Grund jenes Gesetzes zu leisten hat, wurde von den Gemeinden für das Reich ausgelegt, und die Gemeinden wurden für die Erstattung der Beiräge auf die Zeit nach dem Kriege verwiesen. Es war natürlich, daß die Gemeinden diese ungebeuren Leistungen auf die Dauer aus eigenen Mitteln zu leisten nicht imstande waren. Es wurden nun bei der Emanation der ersten Kriegsanleihe Ende 1914 aus dieser Kriegsanleibe 200 Millionen zum Zwecke der Unter⸗ nötzung der Gemeinden bei der Kriegswohlfahr spflege bewilligt. Preußen bewilltate für denselben Zweck 110 Millionen. Im Januar 1915 wurden den Gemeinden über 63 % ihrer Ausgaben im April nur noch 52 %, im Mai nur noch 50 % und im Juni nur noch etwa 46 %l. Die Ausgaben der Gemeinden für Kriegswoblfahrtszwecke haben sich bis Dezember 1915 ver⸗ dreifacht, zu dieser Zeit wurden allein 46 Millionen angemeldet. Der Kreis der zu Uoterstützenden hat sich außerdem erheblich er⸗ weitert. Auch die durch den Krieg brotlos gewordenen Textil⸗ arbester sind auf diese Kriegswohlfahrtspflege der Gemeinden an⸗ gewiesen. Es ist anzuerkennen, daß bei der Verwendung den bisber zur Verfügung gestellten Fonds von 110 Mihlionen der Minister das größte Engegenkommen bewiesen hat, indem er darauf drang, daß für die Gewährung von Beihilfen das größte Wohlwollen ge⸗ zeigt wird, so insbesondere durch die Verordnung vom 21. Januar zäeses Jahres. Es ist in Zweisel gezogen worden, ob die Gemeinden berechtigt sind zum Schulgelderlaß für die höhbere Schulen besuchenden Kinder von Kriegsteilnehmern und ob sie guch Bei⸗ hilfen gewähren dürfen an solche Nichꝛkriegsteilnehmer, die durch den Krieg in Not geraten sind. Man. werd aber anerkennen müssen, daß 324: in diesen beiden Fällen ein Zweck der Kriegewohlfahrtspflege, und sogar ein herv

zwar

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