1916 / 53 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 02 Mar 1916 18:00:01 GMT) scan diff

18. Sitzung vom 1. März 1916, Vormittags 11 Uhr. (Bericht ven Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Auf der Tagesordnung steht zunächst die zweite Beratung des Gesetzentwurfs über weitere Beihilfen zu riegswohlfahrtsausgaben der Gemeinden d Gemeindeverbände. 8 Nachdem Abg. Lippmann den bereits in der gestrigen Nummer d. Bl. auszugsweise wiedergegebenen Bericht über die Kommissionsverhandlungen und deschlüsse erstattet hat, ergreift das Wort der Minister des Innern von Loebell: Niach den ausgezeichneten und eingehenden Darlegungen des Herrn Berichterstatters glaube ich auf eine nähere und weitere Be⸗ gründung des vorliegenden Gesetzentwurfs verzichten zu dürfen. Ich möchte nur eine Anfrage, die der Herr Berichterstatter an mich ge⸗ richtet hat, sofort beantworten. Nach der Bundesratsverordnung vom 21. Januar 1916 sind neu in den Kreis der zu Unterstützenden ein⸗ gefügt auch die schuldlos geschiedenen Ehefrauen, denen nach § 1578 des Bürgerlichen Gesetzbuches der Ehemann den Unterhalt zu ge⸗ währen verpflichtet ist. Schon vorher hatte ich in einem Erlaß vom J. Februar 1915 angeordnet, daß in Zukunft auch diese Ehefrauen unter den übrigen Voraussetzungen zu unterstützen seien. Es kann meines Erachtens gar keinem Zweifel unterliegen, daß diese Ehefrauen zu unterstützen sind wie die übrigen Ehefrauen und nach denselben Sätzen ihre Unterstützung zu fordern berechtigt sind. Das wollte ich nur feststellen.

Abg. von Hassell (kons.): Zu Beginn des Krieges hat das Deutsche Reich sofort eine vollendete Organisation —* orge für die Kriegerfamilien geschaffen. Damals konnte man aber nicht damit bochnen, daß der Krieg so lange dauern würde und daß so zahlreiches Menschenmaterial für den Krieg gebraucht werden würde. Darum hat der Bundesrat nach und nach durch Verordnungen nachgeholfen, ins⸗ besondere ist der Kreis der Unterstützungsberechtigten erheblich erweitert worden, die Mindestsätze der Unterstützungen sind von 9 auf 15 erhöht, für die Kinder von 7 auf 7,50 gleichfalls eerhöht worden. Diese Mindestunterstützungen reichen aber in vielen Fällen nicht an⸗ nähernd aus, um Entbehrungen von den Kriegerfamilien fern zu halten. Darin ist von den Gemeinden sehr viel geschehen; die Familienunterstützungen sind verdoppelt worden, und außerdem sind noch für die Zahlung der Mieten und für die Ver⸗ teuerung der Lebensmittel in zahlreichen städtischen und ländlichen Kommunalverbänden gewährt worden. Nachdem der Fonds für die Pegeeh Beihilfen erschöpft ist, bedarf es einer Wiederauffüllung des Fonds; denn wir müssen den schwer belasteten Kommunalverbänden ge⸗ recht werden. Die Regierung hatte eine Bewilligung von 110 Millio⸗ nen Mark verlangt, die Kommission war aber einstimmig der Auf⸗ fassung, daß dieser Betrag nur kurze Zeit ausreichen würde, und hat deshalb auf Anregung der zuständigen Minister den Betrag auf 200 Millionen Mark Irhect Wir müssen alles tun, um Not und Entbeh⸗

ung von den Familien der Krieger fern zu halten. Abg. Fürbringer (nl.): Auch meine 8S. sind mit der Erhohung des Fonds auf 200 Millionen Mark einverstanden, da⸗ durch wird die Fortsetzung der Kriegswohlfahrtspflege auf möglichst lange Zeit hinaus gesichert. Wir müssen dafür sorgen, daß die Ge⸗ meinden nicht unter diesen überwältigenden Aufgaben zusammen⸗ brechen. Die Gemeinden gehen weit über ihre Kräfte hinaus, und ur eine besondere Fürsorge der Regicrung und eine sehr kluge Spar⸗ samkeit kann sie dazu fähig machen, auch fernerhin diese Lasten zu tra⸗ gen. In der Unterstützung ist in weitherziger Weise vorgegangen worden, und es sind natürlich auch Zwecke entstanden, die mit der eigentlichen Versorgung der Familien der Krieger und der Hinter⸗ bliebenen nichts zu tun haben, sondern allgemein bestimmt sind, die Schäden des Krieges möglichst zu heilen. Die Kriegsfürsorge ist un⸗ streitig nötig, wenn wir den Krieg durchhalten wollen. Insbesondere ist die Jugendfürsorge in den Gemeinden durchzuführen. Die Einrich⸗ tung von Kinderhorten, die die Vaterländischen Frauenvereine und andere Vereinigungen getroffen haben, werden noch nicht genügend unterstützt, sie bedürfen aber dieser Unterstützung, damit den arbeiten⸗ den Frauen die Sorge für die kleinen Kinder abgenommen werden kann. Sehr erwünscht und für uns wertvoll wäre die Vorlegung einer Uebersicht über die Verteilung der bisher bewilligten preußischen Fonds, die ja auf Grund der vorliegenden Monatsübersichten zusammengestellt werden könnten. Abg. Leinert (Soz.): Der Begriff der „Bedürftigkeit“ wird von den einzelnen Gemeinden immer noch sehr verschieden und trotz aller Anordnungen des Ministers von vielen Gemeinden im armenrechtlichen Sinne ausgelegt; ebenso wird, trotzdem der Minister die individuelle Behandlung jedes Falles vorgeschrieben hat, vielfach noch schematisch der Mindestunterstützungssatz gewährt. Die Aufstellung einer Statistik kann große Schwierigkeiten nicht machen. Einzelne Lieferungs⸗ verbände machen unberechtigterweise Abzüge von den Kriegsunter⸗ stützungen auf Grund von Krankenpflegekosten, die die Armenverwaltung zu tragen hätte, und auf Grund von Mietsnachlässen. Die Unterschei⸗ dung zwischen Mindestsatz und Beihilfe der Gemeinden muß ver⸗ schwinden. Die Unterstützung muß als eine einheitliche und unteilbare angesehen werden. Die dankenswerte Bundesratsverordnung vom 21. Januar 1916 hat die gute Absicht, in der Prüfung der Bedürftig⸗ keitsfrage Wandel zu schaffen, nur zum Teil erreicht; auch der Zweck der neu geschaffenen Beschwerdeinstanzen wird verfehlt, wenn diese In⸗ stanzen rein formell verfahren und sich einfach auf die Entscheidung

des Lieferungsverbandes beziehen, sodaß auch die Berufung auf

den Wortlaut der ministeriellen Erlasse fruchtlos bleibt. Der Minister hat in der Kommission zugesagt, 131“ wenn Beschwerden an ihn herankommen. In dieser Beziehung muß namentlich dafür gesorgt werden, daß die kleinen Kinder der Kriegs⸗ teilnehmerfrauen nicht der notwendigen häuslichen Pflege und Wartung entbehren müssen. Wir wollen ja hoffen, daß der auf 200 Millionen erhöhte Staatsfonds nicht aufgebraucht wird; aber nach diesem Vorgang des Staates sollten auch die Lieferungsverbände ihrerseits eine Erhöhung der Unterstützungen durchführen, da sie ja doch nur ein Drittel der von ihnen aufgewendeten Mittel selbst zu tragen haben, während zwei Drittel ihnen vom Reiche erstattet wer⸗ den, Aus diesem 200⸗Millionenfonds sollen auch die für die brotlos gewordenen Textilarbeiter entnommen werden. der zu Beginn des Krieges bereits ergangene, noch heute geltende Ministerial⸗ erlaß über die Arbeitslosenunterstützung, der durch die Notlage der Textilindustrie wieder aktuell geworden ist, wird insofern nicht be⸗ achtet, als in den Ausschüssen für die Entscheidung über die einzelnen Fälle Vertreter der Arbeitgeber und Arbeiter nicht zugezogen werden. Die Unterstützung selbst ist mit der eines Kriegsteilnehmerkindes gleichgestellt und auf 7,50 pro Kopf und Monat bemessen, also viel zu gering. Die arbeitslosen Tertilarbeiter und die Arbeitslosen im allgemeinen sind auch sonst schlimmer daran als die Familien der Kriegsteilnehmer; für zze gelten z. B. die Reichsgesetze nicht, die sie vor gerichtlichen Prozessen usw. schützen. Der Erlaß, der die Unter⸗ stützung der arbeitslosen Textilarbeiter behandelt, schreibt auch nicht eine „angemessene“, sondern nur eine „notdürftige“ Unterstützung vor. Die Fürsorge für die arbeitslose Bevölkerung ist doch eine not⸗ wendige Voraussetzung für die Erhaltung des Willens zum Siege bei den im Felde Stehenden. Durch solche Unzulänglichkeiten wird dieser Wille nicht gestärkt, und mit dem bloßen Vertrauen auf die Verwaltung ist es nicht getan. Man will auch Taten sehen. Es

muß alles vermieden werden, was die Stimmung des Volkes herab⸗

drücken könnte.

Damit schließt die zweite Beratung. Die Vorlage wird nach dem Kommissionsvorschlag angenommen.

Es folgt die Beratung des Antrages der Abgeordneten Freiherr von Maltzahn (kons.) und Gen., betreffend Milderung der Not in Badeorten.

Der Antrag lautete ursprünglich:

Die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, der Not in den⸗ jenigen Badeorten, in denen aus militärischen Gründen der Bade⸗ betrieb verboten oder eingeschränkt ist, durch Gewährung von staatlichen Beihilfen zu steuern. 8. 8

Die verstärkte Haushaltskommission hat an Stelle der

Worte „aus militänischen Gründen“ „durch militärischen Befehl“ und statt des Wortes „verboten“ „ausgeschlossen gesetzt. Berichterstatter Abg. Freiherr von Maltzahn (kons.): Die Kommission hat geglaubt, durch diese Aenderungen den Bedenken entgegenkommen zu sollen, welche der Finanzminister geltend gemacht hatte hinsichtlich der weitgehenden Konsequenzen, die der Antrag nach sich ziehen würde, wenn alle diejenigen Gemeinden, welche sich in einer gewissen Notlage infolge kriegerischer Maßnahmen die gleichen Ansprüche stellen würden auf Beseitigung dieser Notlage durch Staatsbeihilfe. Durch Beschluß des Staatsministeriums ist denjeni⸗ gen Badeorten, Welche durch militärische Maßnahmen geschlossen waren, eine Hilfsaktion in der Weise zuteil geworden, daß ihnen Dar⸗ lehen zur Balanzierung ihrer Etats gegeben wurden. Diese Aktion entspricht ungefähr derjenigen Aktion, welche der Staat vornahm nach der schweren Sturmflut, die unsere Badeorte in den Jahren 1913 und 1914 heimsuchte. Bei unserem Antrage handelt es sich nicht um eine Hilfsaktion für alle in den Badeorten angesessenen Hausbesitzer, ondern um eine Hilfsaktion, um den schwerbeschädigten Badeorten fnne die Balanzierung ihrer Etats während der Kriegszeit zu er⸗ möglichen. Die Hilfsaktion für die Privatpersonen wird in einer, wenn auch nicht ausgiebigen, so doch erfreulichen Weise gewährt durch die Gründung von Hilfskreditkassen. Außerdem bietet der frühere 110⸗Millionen⸗ und in höherem Maße der jetzige 200⸗Millionen⸗ fonds die Möglichkeit, den se schwer geschädigten Badeorten zu helfen. Wie notwendig die Unterstützung der Badeorte selber ist, beweist der Rückgang der Frequenz in den Ostseebädern. Auf der Insel Rügen ist die Frequenz von 89 000 auf 10 000 heruntergegangen. Der Minister hat in der Kommission die Badeorte auf das Aus⸗ gleichsanleiheverfahren hingewiesen. Ein derartiges Verfahren ist aber, wie überhaupt, so auch namentlich in den Kommunen nicht als gangbar anzusehen. Von Aufsichts wegen kann ein derartiges Ver⸗ 8 unter keinen Umständen empfohlen werden. Denn woher sollen die Gemeinden die Zinsen nehmen, um eine derartige Ausgleichs⸗ anleihe durchzuführen. Die Ostseebäder haben dieselben General⸗ unkosten wie früher aufzubringen. Dagegen sind ihre Einnahmen immer mehr zurückgegangen. Die Bedenken wegen der Konsequenzen für andere Gemeinden hat die Kommission aufgeräumt. Eine Er⸗ höhung der Steuerzuschläge ist unmöglich. Wenn der Staat nicht helfend eintritt, so ist zu befürchten, daß die Badeorte allmählich dem gänzlichen Ruin entgegengehen. Diese b ist umso wünschens⸗ werter, als auch ein großer Teil der im Felde stehenden Krieger nach dem Kriege Erholung in diesen Badeorten suchen und hoffentlich auch finden wird. 2

Abg. Graef (kons.): Wir hoffen, daß die Regierung sich dem Antrag doch noch freundlich gegenüberstellen wird. Wir meinen, daß hier jedes Bedenken vor einer weitgehenden Konsequenz ungerecht⸗ fertigt ist, nachdem der Antrag auf die Gemeinden beschränkt ist, deren Verkehr durch militärische Maßnahmen eingeschränkt worden ist. Diesen Gemeinden muß unbedingt geholfen werden. Es handelt sich hier vielfach um wirtschaftlich sehr schwache Existenzen, für die der Badeverkehr die einzige Einnahme bildet. Die Grundbesitzver⸗ schuldung ist dort überall sehr groß. Man muß auch bedenken, daß

im allgemeinen in diesen Orten die Badezeit viel kürzer ist, als in

denen des Binnenlandes. Die militärischen Verbote für die Ostsee⸗ bäder sind von diesen sehr schwer empfunden worden. Man fürchtet deshalb, daß in diesem Jahre der Besuch noch weiter abnehmen wird. Die Furcht vor einer Unsicherheit ist natürlich unbegründet. Da⸗ durch wird aber die Notlage nicht aus der Welt geschafft. Auch der Paßzwang wird vielfach sehr unangenehm empfunden und wirkt sehr störend. Wir bitten deshalb, die Regierung möge doch hier ähn⸗ lichen Maßnahmen zustimmen, wie sie für die Nordseebäder geschaffen worden sind. 1

Abg. Lippmann ffortschr. Volksp.): Man hat den in Not geratenen Gemeinden den Rat gegeben, Ausgleichsdarlehen aufzu⸗ nehmen. Viele Gemeinden erheben aber jetzt schon so hohe Steuer⸗ sätze, daß dieser Rat unausführbar ist. Alle die jetzigen Ausfälle können doch unmöglich durch Steueraufschläge ein⸗ gebracht werden. Die Kriegskreditbanken, auf die man diese Ge⸗ meinden verwies, müssen doch nach bankmäßigen Grundsätzen verfahren. Diese Banken haben außerdem noch eigne Verwaltungskosten, so daß sie noch höhere Zinsen nehmen müssen. Es ist dadurch ausgeschlossen, daß wirklich Notleidenden geholfen wird. Hier müssen eben andere Mittel angewandt werden, wie z. B. bei den Kriegshilfskassen, denen der Staat einen Zuschuß gibt, wobei er auf 15 %% des zugeschossenen Betrages verzichtet. Wird hier nicht eingegriffen, dann können diese Badeorte ihre Etats weiterhin nicht in Ordnung bringen. Die Staatsregierung meinte, daß bei den Ostseebädern die Verhältnisse nicht ähnlich wie bei den Nordseebädern lägen. Aber in der Ostsee ist doch im Jahre 1915 an verschiedenen Stellen der Badeverkehr einfach verboten worden. Die Badeorte beschweren sich auch noch darüber, daß ihnen die militärischen Verordnungen nicht rechtzeitig bekanntgegeben worden sind. Hier muß also der Staat eingreifen und neben den Kriegskreditbanken einen Fonds schaffen, aus dem diese Gemeinden aus Staatsmitteln Geld erhalten können.

Abg. Dr. Re woldt (freikons.): Wir müssen mit der Tatsache rechnen, daß die Badeorte in eine so schwierige Lage gekommen sind, aus der sie sich nicht aus eigener Kraft aufrichten können. Was uns von den Rügenschen Bädern mitgeteilt ist über den Rückgang der Zahl⸗ der Badegäste, beweist uns, daß die Lage dieser Bäder sich kaum von der

Lage derjenigen Bäder unterscheidet, in denen aus militärischen Grün⸗ den der Betrieb vollständig eingestellt worden ist. Im Interesse der Gesundheitsverhältnisse der ganzen Bevölkerung müssen die Bäder aufrecht erhalten werden. Erwachsene wie Kinder werden nach dem Kriege das dringende Verlangen haben, in geordneten Verhältnissen an der Küste ihre Gesundheit in den Bädern so zu fördern, daß sich ein bleibender Vorteil ergibt. Deshalb müssen wir auch während des Krieges die Gemeinden in die Lage versetzen, die Bäder im In⸗ teresse der gesamten Bevölkerung zu erhalten.

Abg. Fürbringer (nl.): Meine Freunde sind ohne weiteres für die Annahme des Antrags; nachdem aber die Ostsee⸗ bäder in so ausgiebiger W ise hier vertreten sind, muß ich auch zu⸗ gunsten der Nordseebäder sprechen. Die Bedenken der Regierung gegen den Antrag, die in der Kommission geltend gemacht sind, sind auch von uns in Erwägung gezogen worden. Aber es ist doch eine Hilfsaktion für die Ostseebäder wie auch für die Nordseebäder er⸗ forderlich. Die Nordseebäder sind vollständig lahmgelegt worden, die Bewohner sind sogar ausgewiesen worden. Wenn wir eine große Kriegsentschädigung erhalten, können wir daraus die Mittel zur Unterstützung der Bäder entnehmen. Ich bitte jedenfalls die Re⸗ gierung, den Gemeinden zu ersetzen, was sie verloren haben. Den Hypothekengläubigern, die ihre Zinsen nicht erhalten, werden Dar⸗

ehen gegeben von den Gemeinden und von den Provinzen, aber die Hausbesitzer müssen doch die Sache bezahlen, und diese gerade sind erwerhslos geworden.

Das Haus beschließt nach dem Kommissionsantrag. Die zu diesem Gegenstand eingegan genen Petitionen aus werden der Regierung zur Erwä gung über⸗ wiesen.

Es folgt die zweite Beratung des Gesetzentwurss zur Förderung der Ansiedlung, nach welchem der Seehandlung (preußischen Staatsbank) behufs Gewährung von

Fmifchentgedi bei der Errichtung von Rentengütern 100

8

Millionen Mark zur Verfügung ffell werden solben, auf Grund des Berichts der 11. Kommission. Die Kommission hat die Vorlage mit einigen unerheblichen zusätzen angenommen und beantragt ferner folgende Reso⸗ ution: G 8 6 die Regierung zu ersuchen: a. bei der Gewährung von Zwischenkrediten die Förderung von Kleinsiedlungen besonders zu berücksichtigen, b. darauf hinzuwirken, daß beim Ankauf von Grund⸗ besitz, besonders während des Krieges und unmittelbar danach, vor⸗ sichtig vorgegangen wird, damit der Ankauf auch bei veränderten Preisverhältnissen für Ansiedlungszwecke günstig bleibt, c. den Zwischenkredit bis zur Höhe von 85 % des Wertes der zu besiedeln⸗ den Stelle nicht nur den provinziellen gemeinnützigen Ansiedlungs⸗ gesellschaften, sondern auch überall da zu gewähren. wo nach dem Gutachten der Auseinandersetzungsbehörde die Schaffung lebens⸗ fähiger Ansiedlungen von Bauern oder Arbeitern infolge der Tätig⸗ keit anderer Ansiedlungsgesellschaften oder Privater gewährleistet erscheint, d. bei den zuständigen Reichsorganen für die Aufrecht⸗ erhaltung und die wirksame Durchführung derjenigen Maßnahmen einzutreten, die dazu bestimmt sind, zu verhindern, daß in den von deutschen Truppen besetzten Gebieten der bisherige Wert der dor⸗ tigen landwirtschaftlichen Grundstücke spekulativ gesteigert wird. Die Resolution unter d. entspricht einem von den Abgg. Fuhrmann (nl.) und Gen. eingebrachten Initiativantrag. Ein anderer Antrag derselben Abgeordneten zugunsten der An⸗ siedlung von Kriegsverletzten ist nach der Annahme des Gesetz⸗ entwurfs von der Kommission für erledigt angesehen worden. Berichterstatter Abg. Dr. Karbe (kons.) empfiehlt mit kurzen Worten die Kommissionsbeschlüsse und weist darauf hin, daß viele Kriegsteilnehmer, die vom Lande stammen, auch wieder auf das Land zurückkehren wollen und ihnen die Ansiedlung dort erleichtert werden müsse. Minister für Landwirtschaft, Dr. Freiherr von Schorlemer:

Domänen und Forsten

Meine Herren! Der ausführliche Bericht der Kommission zur

Vorberatung dieses Gesetzentwurfs enthält so eingehende Angaben über die Absichten des Gesetzes und die Wege zu seiner Verwirklichung, daß ich mich näherer Ausführungen in diesem Augenblick enthalten kann. Ich habe namens der Staatsregierung nur zu erklären, daß die zu dem Re⸗ gierungsentwurf beantragten Zusätze in den §§ 3a und 6a, welche aus dem früheren Entwurf des Grundteilungsgesetzes übernommen worden sind, auch die Zustimmung der Staatsregierung finden. Was sodann den mir heute vorgelegten Antrag zu § 6 des Gesetzes betrifft, so hatte ich die Einbringung dieses Antrages, der bereits Gegenstand der Beratung und Beschlußfassung in der Kommission war, nicht mehr erwartet! Nachdem er aber gestellt worden ist, möchte ich doch die Erklärung wiederholen, welche ich namens der Staats⸗ regierung bereits in der ersten Sitzung der Kommission zur Vor⸗ beratung dieses Gesetzentwurfs abgegeben habe: Schon im Februar 1915 ist vom Herrn Minister des Innern im Haushaltsausschuß dieses hohen Hauses erklärt worden: Die Staatsregierung verschließt sich nicht der Notwendigkeit, infolge dieses Krieges und in voller Würdigung der darin hervor⸗ eetretenen Einmütigkeit und Geschlossenheit des ganzen Volkes ernsthaft zu prüfen, in welcher Weise die innere Politik auf wichtigen Gebieten und insbesondere auch gegenüber den preu⸗ ßischen Staatsangehörigen polnischer Abkunft mit den geänderten Zeitumständen in Einklang zu bringen ist. Und ferner hat derselbe Minister am 17. d. Mts. im Plenum dieses hohen Hauses erklärt: Die Preußen polnischer Abkunft mögen die Sicherheit haben, daß die Regierung in die Prüfung der die polnischen Interessen an⸗ gehenden inneren Politik mit aller der Objektivität und dem Wohlwollen Polen in diesem deutschen Lebenskampfe gebietet. Bis dahin muß es genug sein mit der milden, den berechtigten Interessen der preußischen Staatsbürger polnischer Herkunft entgegen⸗ kommenden Handhabung der geltenden Gesetzesbestimmungen. Wie bekannt, ist im Reich ein Gesetzentwurf vorbereitet, der den Kriegsbeschädigten die Möglichkeit bietet, sich mit Hilfe der Kapita⸗ lisierung eines Teils ihrer Militärrenten anzusiedeln. Der Ent⸗ wurf macht keinerlei Unterschied zwischen Kriegsbeschädigten deut⸗ scher oder polnischer Herkunft. Darüber, in welcher Weise polnischen Kriegsbeschädigten die Wohltaten des Gesetzes nutzbar zu machen sein werden, sind Besprechungen im Gange, die, wie ich hoffe, zu einem befriedigenden Ergebnisse führen werden. Jedenfalls muß den polnischen Kriegsbeschädigten auch die Möglichkeit gegeben wer⸗ den, sich innerhalb ihrer Heimatprovinz anzusiedeln. Daß dabeim die Interessen der deutschen Ansiedlungen gegenüber einer plan⸗ mäßigen Besiedlung von polnischer Seite gewahrt bleiben müssen, wird auch von den Vertretern der Polenpartei nicht verkannt werden. Auf die allgemeinen Fragen der Polenpolitik einzugehen, bietet der vorliegende Entwurf keine Veranlassung. Er enthält keinerlei Bestimmungen, die diese Frage berühren, sondern hat lediglich wirt⸗ schaftliche Bedeutung. Ausschließlich wirtschaftliche Bedürfnisse, insbesondere neue Siedlungsbestrebungen in den westlichen Provinzen, namentlich in Moorgebieten haben, wie aus der Begründung ersicht⸗ lich, seine Einbringung veranlaßt. Es handelt sich im wesentlichen

um die Wiedervorlage der im zweiten Teile des früheren Ent⸗

wurfs eines Grundteilungsgesetzes vorgeschlagenen Bestimmungen, denen ein politischer Charakter bei den damaligen Verhandlungen von keiner Seite beigemessen worden ist. Es kann daher im Inter⸗ esse eines baldigen Zustandekommens des Gesetzes nur dringend empfohlen werden, die Frage der zukünftigen Polenpolitik bei den Verhandlungen über den vorliegenden Entwurf auszuschalten.

Ich halte diese Erklärung auch heute noch in vollem Umfange aufrecht. Sie berechtigt die Mitbürger polnischer Zunge zu der Er⸗ wartung, daß die Staatsregierung den berechtigten Wünschen, welche anläßlich des in Aussicht stehenden Reichsgesetzes über die Kapitali⸗ sierung eines Teiles der Renten der Kriegsbeschädigten laut geworden sind, mit dem Wohlwollen begegnet, welches die Haltung der preußi⸗ schen Polen in diesem deutschen Lebenskampfe verdient. Da aber andererseits der Antrag der Polenpartei sich inhaltlich auf einem Gebiete bewegt, welches mit der Frage der Neuorientierung der Polen⸗ politik nach dem Kriege in engstem Zusammenhang steht, so kann ich das hohe Haus nur bitten, diesem Antrage zurzeit jedenfalls die Zu⸗ stimmung zu versagen.

Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch (freikons.): Der eben gehörten Erklärung der Regierung stimmen wir vollinhalt⸗ lich zu, auch betreffs des Vorbehalts im Interesse der deutschen An⸗ siedlung. Wir knüpfen daran den ck der Hoffnung, daß es

angängig sein wird, unter demselben Vorbehalt auch allen übrigen Kriegsteilnehmern die Vorteile der Rentengutsbildung nanemwenten.

Neuorientierung erfolgt.

eintreten wird, die die Haltung der preußischen

n eine materielle Erörterung des Antrages der polnischen Fraktion lehnen wir schon aus dem formalen Grunde ab, daß in Kriegszeiten Aenderungen der bestehenden Gesetze ohne Not nicht vor⸗

mehmen sind. Die Freikonservativen sind eifrige Freunde und Förderer der inneren Kolonisation. Das ist bekannt. Diesen Stand⸗ punkt wiederholt zu begründen, dazu ist 1g Zeit wahrhaftig nicht angetan; Wiederholungen wollen wir nur hören von so erfreulichen Nachrichten über N. Bootzerfole⸗ wie wir sie heute vernommen haben, und in denen ich ein gutes Vorzeichen für den morgen beginnenden Kampf gegen die bewaffneten Handelsschiffe erblicke. Wir stimmen der Vorlage und den von der Kommission angenommenen Ergänzungen zu, obenso auf der ganzen Linie auch den Resolutionen, von denen wir namentlich ejenigen welche den Nachdruck auf die Förderung der Kleinsiedlungen legt. 8 1 8 Abg.S tvezynski (Pole): Nach der Erklärung des Ministers mit dem besonderen Vorbehalt zugunsten der deutschen Ansiedlung müssen wir befürchten, daß die sogenannte Neuorientierung in der Polenpolitik der Regierung nichts bedeuten wird als die Aufrecht⸗ erhaltung des alten Zustandes. Die Notwendigkeit der Annahme unseres Aontrages ergibt sich aus der Interpretation, welche die Ge⸗ neralkommission dem Rentengutsgesetz von 1890 gegeben hat. Nach dem Gesetz ist der Antrag auf Bildung eines Rentengutes zurückzu⸗ weisen, wenn der Gründung rechtliche und tatsächliche Bedenken ent⸗ gegenstehen, und seit 1895 wird ein solches Bedenken darin gefunden, daß der Rentengutsnehmer polnischer Nationalität ist. Seitdem ist keinem Polen mehr ein Rentengut gegeben worden, und dieses an⸗ geblich humanitäre Gesetz hat sich zu einem Ausnahmegesetz gegen die Polen umgewandelt. Wenn hier weitere 100 Millionen für Zwischen⸗ kredit hergegeben werden sollen, müssen wir erstreben, daß die pol⸗ nische Bevölkerung von den Wohltaten dieses Gesetzes nicht ausge⸗ schlossen wird, daß das entgegenstehende gesetzliche Hindernis beseitigt wird. Das bezweckt unser Antrag. Der Minister und die Mehr⸗ heitsparteien lehnen ihn ab. In der Kommission hat sich nur das sozialdemokratische Mitglied dafür ausgesprochen. Von Reichs wegen wird ein Gesetz vorbereitet, welches den Kriegsbeschädigten, also auch den Polen, durch Kapitalisierung eines Teiles der Rente die An⸗ siedlung ermöglichen soll. Wir sind dankbar für diese gute Absicht, aber sie wird durch den Zusatz, daß die Interessen der deutschen An⸗ siedler gegenüber einer planmäßigen Ansiedlung von polnischer Seite gewahrt werden müssen, wieder illusorisch gemacht. Es ist auch immer bloß von Kriegsbeschädigten gesprochen worden, mit keinem Wort gber von der gesamten polnischen Bevölkerung. Das hier vor⸗ fiegende Gesetz bezieht sich aber auch bereits auf die Zukunft, und wenn es der bisherigen Ausnahmebehandlung der Polen nicht ein Ende macht, so steht es mit der angesagten Neuorien⸗ tierung nach dem Kriege im Widerspruch. Angesichts dieser Haltung der Regierung würden wir unsere parlamentarische Pflicht verletzen, wenn wir unseren Antrag nicht wieder aufnehmen würden. Wir haben unsere Wünsche im Staatsinteresse zurückgestellt, soweit es irgend möglich war, obgleich eine Ausnahanegesetzgebung schon Jahrzehnte lang auf uns lastet. Wir würden es vor unseren Wählern nicht verantworten können, zu warten, bis vielleicht eine Die Annahme unseres Antrages ist die unerläßliche Bedingung für die Annahme des Gesetzentwurfes. Schon der Wortlaut des Vorbehaltes muß uns dazu führen, obwohl uns das Gesetz im übrigen durchaus sympathisch ist. Erfahrungsgemäß bieten ministevielle Erklärungen keine genügende Garantie für die gleichmäßige Handhabung eines Gesetzes. Das sehen wir ja beim Vereinsgesetz. Wenn die Neuorientierung überhaupt einen Sinn haben soll, so muß vor allem bei der Ansiedlungsgesetzgebung der bisherige Standpunkt der Regierung aufgegeben werden. Die Reso⸗ ution nach dem Antrage Fuhrmann lehnen wir ab. Feldmarschall von Hindenburg hat eine Verordnung erlassen, wonach in Polen Rechtsgeschäfte, betreffend die Uebertragung von Grundeigentum, verboten und nichtig sind; ähnlich dar Generalgouverneur von Warschau. In den beteiligten Landesteilen besteht Unzufriedenheit über diese Verordnung, weil es heißt, daß sie bis nach Friedens⸗ schluß aufrecht erhalten werden soll, damit die dann zu erwartende Preissteigerung den deutschen Ansiedlern zugute kommt. Das macht uns unmöglich, für diese Resolution zu stimmen.

Abg. Graw (Zentr.): Ich habe namens meiner Freunde zu erklären, daß wir dieser Gesetzesvorlage zustimmen. Meine Freunde 8. aber auch der Ansicht, daß jedem die Moöglichkeit der An⸗ siedlung gewährt werden muß. Deshalb werden wir für den An⸗ Die Polen bei der Ansiedlung zu benach⸗ Es müssen alle be⸗ mögen sie der

trag der Polen stimmen. teiligen, würden wir für ungerechtfertigt halten. rücksichtigt werden, die im Kriege gelitten haben, polnischen Nationalität oder einer anderen angehören. Abg. von Bockelberg (kons.): Auf die Polenfrage will ich mich mit keinem Worte einlassen. Ich möchte nur den Vertreter der Polen fragen, warum er einer Erklärung zu dem Antrage der Polen, wie sie durch die Worte des Abg. von Zedlitz gekennzeichnet worden ist, einen geringeren Ernst beimessen will als den Erklärungen der Königlichen Staatsregierung? Der Vertreter der Polen hat das auch mit keinem Worte begründet. Was den Inhalt der Vor⸗ lage selbst anbetrifft, so könnte man vielleicht zweifelhaft sein, ob der gegenwärtige Augenblick es notwendig macht, eine neue gesetz⸗ liche Regelung dieser Materie vorzunehmen. Man könnte oI sagen, es fehle an den notwendigen Ansiedlern, und man solle sich mit einer so tief eingreifenden Sache erst beschäftigen, wenn eine wirkliche Notwendigkeit dazu vorliegt. Man könnte auch fragen, wie sich der Gütermarkt nach dem Kriege gestalten wird und ob nicht auch außerhalb der Reichsgrenzen nach dem Kriege reiches Kapital zur Ansiedlung zur Vexfügung gestellt wird. Wenn wir uns trotzdem entschieden haben, für die Vorlage zu stimmen, so geschah es des⸗ wegen, weil es an dem sogenannten Zwischenkredit fehlt und es not⸗ wendig ist, die Fonds aufzufüllen. Das ist ja in verschiedenen Zeit⸗ abschnitten geschehen, aber mit ziemlich geringen Summen. Jetzt werden mit einmal gesetzlich 100 Millionen geforderl. Das schließt keine Gefahr in sich. Sie werden nur Verwendung finden, wenn es notwendig ist, denn das Geld fließt, wenn es seinen Zweck bei der Ansiedlung erfüllt hat, wieder in seinen Fonds zurück. Wir stimmen auch deshalb für die Vorlage, weil die Regierung mit glücklichem Griff verschiedene Wünsche, die wir vor einigen Jahren hinsichtlich der Erleichterung der Besiedlungsmöglichkeit gegeben haben, in dem Gesetz berücksichtigt hat. Wir können der Regierung dafür nur dankbar sein. Den Resolutionen der Kommissionen stimmen wir zu, wenn wir sie auch nicht durchweg für absolut notwendig halten. Abg. Kindler (fortschr. Volksp.): Auch bei den Vor⸗ bereitungen zur Ansiedlung muß darauf geachtet werden, daß die Kriegsbeschädigten sobald als möglich wieder ihrem alten Berufe zu⸗ geführt werden. Es steht aber keineswegs fest, welche Größe ein Grundstück haben muß, um wirtschaftlich wirken zu können. Wir dürfen nicht vergessen, daß auch die kleinen und mittleren Besitz⸗ tümer wesentlich zur Ernährung des Volkes beigetragen haben. Es wäre übrigens verfehlt, wollte man hier allein das Loblied der land⸗ wirtschaftlichen Betriebe singen. Alle anderen Erwerbszweige haben in diesem Kriege ebenso ihre Pflicht getan. Es ist keine Zeit, jetzt derartige Erörterungen über den Nutzen und den Wert eines einzelnen Standes zu pflegen. Alle Parteien sind über den Wert der inneren Kolonisation einig, nur über das einzuschlagende Tempo war man in der Kommission verschiedener Ansicht. Wenn man daran denkt, daß die Ansiedlungskommission in 30 Jahren einige 20 000 Ansiedler angesetzt hat, so kann man ermessen, welche Auf⸗ goben zu erfüllen sind, um die große Anzahl der Kriegsverwundeten wieder ihrem Berufe zuzuführen. In diesem Falle ist schnelle Hilfe aber ganz besonders geboten. Es ist deshalb Sache der Aus⸗ führungsbestimmungen, das vorhandene Gesetz allen Bedürfnissen anzu⸗ passen. Wir müssen das Gesetz um seines großen Zweckes willen so an⸗ nehmen, wie es ist. Auch den Resolutionen stimmen wir zu. Gegenüber dem Antrage der polnischen Fraktion will ich erklären, daß wir hoffen, daß die der Regierung nach dem Kriege ein⸗ gelöst werden: Wir stellen als Hauptgrundsatz auf, möglichst alle Kriegsverletzten so schnell als möglich wieder ihren Berufen zuzu⸗ führen und sie zu nützlichen Mitgliedem der Allgemeinheit zu

2 So werden wir die schweren Schäden des Krieges am besten ilen. Abg. Fuhrmann (nl.): Wir nehmen den Gesetzentwurf mit den Abänderungen der Kommission an. In der Kommission sind alle Parteien für eine energische Fortführung der inneren Kolo⸗ nisation eingetreten. Unseren Antrag auf Er öhung der Zwischen⸗ kredite bringen wir nicht wieder ein, weil der Minister erklärt hat, die Regierung würde später an einer Erhöhung der Zwischenkredite die innere Kolonisation nicht scheitern lassen. Außerdem hat die Regierung erklärt, daß der jetzige Zinssatz nicht erhöht werden soll. Innerhalb der letzten 30 Jahre hat eine Verschiebung der Geburten⸗ ziffern zu ungunsten der Städte stattgefunden. Auch hier kann die innere Kolonisation nur günstig einwirken. Bei der Lage der Dinge ziehen wir unseren Antrag zuruck, Die Polen wollten gegen unseren Antrag stimmen. Aber ich will noch bemerken, daß, wenn infolge der Staatsmaßnahmen eine Steigerung der Grundstückspreise in den drei besetzten östlichen Gouvernements stattfindet, keine Ver⸗ anlassung vorliegt, die Vorteile davon dem jetzigen Besitzer zu⸗ kommen zu lassen. In der Kommission ist der Antrag einstimmig angenommen worden. Man war einstimmig der Ansicht, daß wir neben der Erweiterung unserer politischen Macht auch uberall Siedlungs⸗ land erwerben müssen zur Verbreiterung unserer landwirtschaftlichen Grundlage. 8

Abg. Braun (Soz.): Wir bringen all den Bestrebungen Sym⸗ pathie entgegen, die darauf hinzielen, den Kriegsinvaliden ihr Fort⸗ kommen zu ermöglichen. Wir betrachten dies als eine Ehrenpflicht des Staates. Ob dieses nun am besten in der Form der Ansiedlung ge⸗ schieht, das will ich hier unentschieden lassen. Mancher Invalide wird die Möglichkeit, eine kleine Landwirtschaft zu bekreiben, einer Existenz vorziehen, die ihn an eine Kellerwohnung in der Stadt bannt. Aber man varf nicht vergessen, daß gerade für die landwirtschaftlichen Be⸗ triebe doch nur Leute in Betracht kommen, die ihre ganze Kraft voll und ganz einsetzen können. Deshalb ist bei der Ansiedlung von Kriegsinva⸗ liden größte Vorsicht geboten. Durch die konzentrierte künstliche Schaffung von landwirtschaftlichen Kleinbetrieben wird sicherlich kein Fortschritt geschaffen. Aber es ist durchaus mit Freude zu begrüßen, daß der Staat hier Mittel zur Verfügung stellt, um die Tätigkeit der auf Gewinn gerichteten Kreditinstitute einzuschränken. Wir müssen aber verlangen, daß bei Anwendung des Gesetzes alle politischen C. esichts⸗ punkte zurückgestellt werden. In der Vergangenheit hat man Staats⸗ bürger polnischer Nationalität und Angehörige meiner Partei zurück⸗ gestellt. Die Regierung will diese Frage nach dem Kriege prüfen. Sie hat sich also nicht für die völlige Gleichberechtigung aller Staats⸗ bürger ausgesprochen. Dieses Versprechen auf die Zukunft ist ein un⸗ sicherer Wechsel. Der Reichskanzler sprach von den besetzten Ge⸗ bieten als von Faustpfändern. Ich halte es deshalb für falsch, jetzt schon von einer Annexion dieser Gebiete wie von einer Tatsache zu reden.

Abg. von Trampezynski (Pole): Nachdem der Kommissions⸗ bericht ergeben hat, daß dem Abg. Fuhrmann mit seinem Antrage vor allem daran liegt, daß dafür gesorgt werde, daß die in den okku⸗ pierten russisch⸗polnischen Gebietsteilen wirtschaftlich vernichteten Be⸗ sitzer nach dem Kriege nicht so viel Geld in die Hand bekommen, können wir schon aus diesem Grunde für seine Resolution nicht stimmen, die dann wiederum bloß ein neues kleines Ausnahmegesetz gegen die Polen schafft. Was unter Wahrung der Interessen der deutschen Ansiedlung von den Mehrheitsparteien verstanden wird, darüber habe ich von diesen irgendeine befriedigende Erklärung in der Kommission nicht erlangen können. Mindestens den Kriegsteilnehmern hätte doch in dem vor⸗ liegenden Entwurf das gleiche Recht gewährt werden müssen.

Damit schließt die Diskussion. Die Vorlage wird nach den Kommissionsbeschlüssen bis zum § 6 einschließlich angenommen. Bei der Abstimmung über den zu diesem § 6 gestellten Antrag der Polen stellt sich die Beschlußunfähigkeit des Hauses heraus, da nur 167 Mitglieder sich an der von denen 78 für, 89 gegen den Antrag stimmen. 8

Die Sitzung muß abgebrochen werden.

Schluß nach 4 Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag 11 Uhr. (Fortsetzung der Beratung; Etat.)

Handel und Gewerbe.

Norwegen.

Ausfuhrverbote. Eine Königliche Entschließung vom 23. Fe⸗ bruar 1916 verbietet die Aus fuhr von Kaffee. erner ist die Ausfuhr von Miesmuscheln verboten worden. Ein Rundschreiben des Departements des Aeußern verbietet vom 29. Februar 1916 ab die Ausfuhr von Waren aus Balata und Guttapercha, mit Ausnahme der Treib⸗ und Transportriemen, Kautschukwaren (Waren aus Gummi elastikum). (Morgenbladet.)

Der geschlossene Höhere Handelskursus für junge Kaufleute mit der Berechtigung zum einjährig⸗freiwilligen Militär⸗ dienst, der der 1. kaufmännischen Schule der Korporation der Kaufmannschaft im Gymnasium zum Grauen Kloster, Klosterstraße 74, angegliedert ist, hbeginnt sein Sommerhalbjahr am Dienstag, den 4. April, Abends 8 Uhr. Dieser Kursus, welcher eine wissenschaft⸗ liche Ergänzung der praktischen Lehre bezweckt, umfaßt sämtliche kaufmännischen Fächer sowte kaufmännisches Französisch und Englisch. Durch Einführung in die kaufmännischen Rechtsverhältnisse und in die Volkswirtschaftslehre will er zugleich das Verständnis für Hoch⸗ schulvorlesungen fördern. Nach Absolvterung des ganzen Kursus er⸗ halten die Teilnehmer ein ausführliches Abgangszeugnis Nähere Auskunft wird erteilt in der Schule, bezw. im Tirektorialbureau in der Börse, Burgstraße 25 II, von 9—3 Uhr

Gutem Vernehmen nach wird laut Meldung des „W T. B. die Firma Friedrich Krupp Aktiengesellschaft, Essen, sich an der vierten Kriegsanlethe mit 40 Millionen Mark beteiligen.

Nach dem dem Aufsichtsrat der Zechau⸗Kriebitzscher Kobhlenwerke „Glückauf;, Act.⸗Ges., Zechau, vorgelegten Endergebnis des abgelaufenen Geschäftsjahres kommt eine Dividende nicht zur Ausschüttung. 8

Wien, 1. März. (W. T. B.) Die Besserung der Einnahmen der K. und K. österreichischen Staatsbahnen hält an. Der Vergleich der vorläufig ermittelten Einnahmen des Monats Januar 1916 mit denen im Januar 1915 ergibt bei Ausschaltung der Einnahme⸗ ergebnisse der galizischen Staatsbahndirektionen, deren Verkehr in der Vergleichsperiode im Vorjahre durch die Kriegsereignisse er⸗ heblich beeinflußt war, eine Mehreinnahme von 6,2 Millionen Kronen gegenüber Januar 1914 eine Mehreinnahme von 4,7 Millionen Kronen. Für den Zeitabschnitt Jult 1915 bis Januar 1916 lassen unter der gleichen Voraussetzung die Einnahmen gegenüber der Vergleichsperiode 1914/15 eine Steigerung von .84,2 Millionen und gegen den gleichen Zeitabschnitt 1913/14 eine solche von 5,4 Millionen ersehen. Mit Einschluß der galtzischen Direktionen weisen die Einnahmen im Januar 1916 gegen jene des Januar 1915 eine Zunahme von 13,3 Millionen Kronen und gegen die Einnahmen im Januar 1914 eine Zunahme von 3,6 Millionen Kronen auf.

St. Petersburg, 29. Februar. (W. T. B.) Bankausweis. In Millionen Rubel. Aktiva: Bestand an Gold 1620,9 (1621,3 Vodr⸗ woche), Gold im Ausland 756,5 (756,5), Silder u. Scheidemünzen 48,6 d0h Wechsel 353,4 (365,0), kurzfristige Schatzscheine 3781,4

573,4),

Vorschüsse, sichergestellt durch Wertpapiere 459,6 (459,8), orschüsse, sichergestellt durch Waren 91,3 (94,0), Vorschufse an Anstalten des kleinen Kredits 73,3 (71,9), Vorschüsse an Land⸗ wirte 19,3 (19,3), Vorschüsse an Industrielle 9,1 (8,6), Guthaben bei den Filialen der Bank 428,5 (427,2); Passiva: Betrag der um⸗ laufenden Noten 5806,5 (5775,6), Bankkapital 55,0 (55,0), Ein⸗ lagen 22,2 (22,1), laufende Rechnung des Staatsschatzes 213,8 (206,8), laufende Rechnung der Privaten 1044,4 (1036,6).

Abstimmung beteiligen,

Barse zu Berlin 8 (Notierungen des Börsenvorstandes

vom 2. März für Geld Brief

1 Dollar 5,41 5,43 100 Gulden 237 237 ½ 100 Kronen 156 ¾ 157 Schweden 100 Kronen 156 ¾ 57 ½ Norwegen 100 Kronen 156 ¾ 157 ¼ Schweiz 100 Franken 106 8 106 Oesterreich 100 Kronen Rumänien 100 Lei Bulgarien 100 Leva

New York olland nemark

69,45 69,55 1“

Amtlicher Marktbericht vom Magerviehhof in Friedrichsfelde. Schweine⸗ und Ferkelmarkt am Mittwoch, den 1. März 1916. 1“

Auftrieb Schweine 250 Stück JSarha b“

Verlauf des Marktes: Langsames Geschäft; Preise unverändert.

Es wurden gezahlt im Engroshandel für:

Läuferschweine: 7—8 Monate alt. Stück 95 120

5 6 Monate alt.. 70 95

Föngs 3 4 Mpnate alt . . .. 53 70 ‧„

erkel: 9 13 Wochen alt... 40— 53 3—8 Wochen alt. 30 40

Kursberichte von auswärtigen Fondsmärkten.

London, 29. Februar. (W. T. B.) 2 ½ % Englische Konsols 58 ½, 5 % Argentinier von 1886 96 ½, 4 % Brasiltaner don 1889 46 ⅞, 4 % Japaner von 1899 72, 3 % Portugiesen —,—, 5 % Russen von 1906 84, 4 ½ % Russen von 1909 74, Waltimore and Ohio 89 ⅛, Canadian Pacific 176 ¼, Erie 37 ¾, National Railways of Mexiko 7 ⅛, Pennsylvania —,—, Southern Pacific 102, Union Pacisic 138, Untted States Steel Corporation 84 ½, Anaconda Copper 18, Rio Tinto 60 ½¼, Chartered 10/7, De Beers def. 942⁄½⁄6, Goldfields Randmines 3 ¾. Privatdiskont 5 ⁄2, Silber 26 ,16. Wechsel auf Amsterdam 3 Monate 11,42 ½, Wechsel auf Amsterdam kurz 11,22 Wechsel auf Parls 3 Monate 28,40, Wechsel auf Paris kurz 28,00, auf Petersburg kurz 151. Bankeingang 635 000 Pfund

terling.

„London, 1. März. (W. T. B.) Privatdiskont 5 32, Silbe 261⁄16. Bankeingang 584 000 Pfd. Sterl.

Paris, 1. März. (W. T. B.) 5 % Französische Anleihe 87,75 3 % Fermasfisch⸗ Rente 61,85, 4 % Span. äußere Anleihe 91,00, 5 % Russen 1906 84,10, 3 % Russen von 1896 —,—, 4 % Türken —,—, Suezkanal —,—, Rio Tinto 1715.

Amsterdam, 1. März. (W. T. B.) Amerikaner unregel mäßig, Schiffahrtsaktten schwach. Scheck auf London 11,19, Scheck auf Berlin 42,30, Scheck auf Paris 39,95, Scheck auf Wien 29,20 5 % Niederländische Staatsanleihe 101 ⅞, Obl. 3 % Niederl. W. S 70 ⁄/6, Königl. Niederländ. Petroleum 540, Holland⸗Amerika⸗Linie 375 ½, Niederländisch⸗Indische Handelsbank 180, Atchison, Topeka u. Santa 101, Rock Island ¾, Southern Pacific 91 ¼, Southern Railway —,—, Union Pacific 128, Anaconda 169 ⅛, United States Steel Corp. 75 ½. Französisch⸗englische Anleihe 92 ½.

New York. 29. Februar. (W. T. B.) (Schluß.) Das Geschäft an der heutigen Effektenbörse war nicht so lebhaft wie gestern, und es wurden im ganzen nur 530 000 Aktien umgesetzt. Bei Eröffnung war die Tendenz stetig, und die Kurse konnten nach den gestrigen zum Teil bedeutenden Rückgängen etwas höher einsetzen. Am Eisenbehnaktien⸗ markt waren es insbesondere Readings, die ihre Aufwärtsbewegung fortsetzten; auch Louisville u. Nashville Shares erfreuten sich leb⸗ hafterer Beachtung. Von Industriewerten waren Bethlehem Steele, Stahltrustaktien sowie Kupferwerte gefragt und etwas böher. Im weiteren Verlauf, als erneut weniger befriedigende Berichte aus Washington über die politische Lage eintrafen, trat eine Abschwächung ein, und die anfänglich erzielten Kursgewinne gingen zum Teil wieder verloren. Bei Schluß der Börse war die Haltung ruhig, die Kurse im allgemeinen noch etwas höher als gestern. Tendenz für Geld: Behauptet. Geld auf 24 Stunden Durchschn.⸗Zinsrate 1 , Geld auf 24 Stunden letztes Darlehen 2, Wechsel auf London (60 Taage) 4,71,50, Cable Transfers 4,77, Wechsel auf ris auf Sicht 5,87,75, Wechsel auf Berlin auf Sicht 73 , ilber Bullion 56 R, 3 % Northern Pacific Bonds —,—, 4 % Ver. Staat. Bonds 1925 —,—, Atchison, Topeka u. Santa F 102 ⅛, Baltimore and Ohio 85 ½, Canadian Pacific 166 ⅛, Chesapeake u. Obio 61, Chicago, Milwaukee u. St. Paul 93 ½, Denver u. Rio Grande 5, Illinvis Central 102 ¼, Louisville u. Nashville 121 ⅛, New York Central 103 ⅛, Norfolk u. Western 114 ½*), Pennsylvanta 56 ⅞, Reading 83, Southern Pactfic 97 ½ *), Union Pacific 133 ½, Anaconda Copper Mining 85 ½, United States Steel Corporation 82 ⅞, do. pref. 116 ¼.

N exklusive.

Rio de Janeiro, 29. Februar. (W. T. B.) Wechsel auf London 1115⁄16. 1

Lursberichte von auswärtigen Warenmärkten. London, 29. Februar. (W. T. B.) Kupfer prompt 105 ½. London, 29 Februar. (W. T. B.) Wollauktion. (Er⸗

öffnung.) Die heutige Auktion hatte eine gute Auswahl aufzuweisen.

Es herrschte ziemlich lehhafter inländischer Wettbewerb. Als aber

aus Australien niedrigere Preismeldungen infolge Beschlagnahme der

amerikanischen Ausfuhr bekannt wurden, wurde die Stimmung sch xächer. Es notierten: Beste Merinos gelegentlich 5 % niedriger,

Atlas 5 % niedriger, Croßbreds allgemein pari bis 5 % niedriger,

Capes Greasy 5 % niedriger. Capes Scoured waren unverändert.

Die Anzahl der angebotenen Ballen betrug 7890, von denen ungefähr

500 Ballen zurückgezogen wurden.

London, 1. März. (W. T. B.) Kupfer prompt 101. Liverpool, 29. Februar. (W. T. B.) Baumwolle. Umsatz

8000 Ballen, Einfuhr 16 400 Ballen, davon 18 000 Ballen ameri⸗

kantsche Baumwolle. Für März⸗April 7,56, für Mai⸗Juni 7,54.

Amerikanische und Brasilianische 3 Punkte niedriger.

Glasgow, 29. Februar. (W. T. B.) Roheisen für Kasse

83 sh. 3 d (W. T. B.) Roheisen per Kasse

Glasgow, 1. März. 84 sh. 7 d.

Amsterdam, 1I. März. (W. T. B.) Santos⸗Kaffee ruhig, für März 63 ⅛, für Mai 58 ½.

Amsterdam, 1. März. (W. T. B.) Rüböl loko 65 %, für März —. Leinöl loko 4 ¾, für März 49, für April 49 ½, für Mai 49 ⅛, für Juni 50 ½.

New York, 29. Februar. [W. T. B.) (Schluß.) Baumwolle loko middling 11,35, do. für März 11,24, do. für April 11,33, do. für Mai 11,43, New Orleans do. lolo middling 11,13, Petroleum Refined (in Cases) 11,25, do. Stand. white in New Pork 8,90, do. in Tanks 5,25, do. Credit Balances at Oil Ciw 2,40, Schmalz prime Western 10,70, do. Rohe & Brothers 11,30, Zucker Zentri⸗ fugal 5,02 5,05, Weizen für Mai 120 ½, do. für Juli —,—, do. hard Winter Nr. 2 124 ¾, Mehl Spring⸗Wheat clears (neu) 5,15 bis 5,25, Getreidefracht nach Liverpool 25, Kaffee Rio Nr. 7 loko 9 ¼, do. für März 7,75, do. für Mat 7,88, do. für Juli 7,97, Kupfer Standard loko —,—, Zinn 47,00 48,00.

Rio de Janetro, 29. Februar. (W. T. B.) Kaffee. Zufuhren: In Riv 7000 Sack. In Santos 21 000 Sack.