8 bäder müßten wir uns selbst überzeugen. die Vertreter der Städte herauskommen können auf das Land, um sich davon überzeugen zu können, was die Landwirtschaft geleistet hat, um in der Kriegszeit durchzuhalten. All diese Gründe sind gerade der Gegenwart entnommen, sie sprechen dafür, daß die ablehnende Hal⸗ tung der Regierung nicht die rechte sein kann. Das zweite Argument war, daß der Zeitpunkt nicht recht gewählt sei, um sich Vorteil zu verschaffen; es ist bedauerlich, daß man solchen Vorwurf von dieser Stelle überhaupt zuruckweisen muß. Wir können uns der sehr energischen Abwehr, die er schon in der Kommission erfuhr, nur an⸗ schließen. Im Lande versteht man es gar nicht, daß die Mitglieder des preußischen Abgeordnetenhauses anders als die Reichstags⸗ abgeordneten behandelt werden. Die Anwesenheitsliste hat mit dieser Frage der freien Fahrt gar nichts zu tun; sie wird künstlich hier hineingezogen. Ich habe trotz der ablehnenden Haltung eines er⸗ heblichen Teiles des Hauses doch die Hoffnung, daß ein Wandel in den Anschauungen eintreten wird, und zwar auf Grund der Erfahrung, die wir gestern machen mußten; es wird im Lande keinen allzu günstigen Eindruck machen, wenn bei einer so wichtigen Abstimmung das Haus nicht beschlußfähig ist. Im Herrenhause hat sich dieser Wandel sehr rasch, von einer Session zur anderen, vollzogen. Ich glaube, daß auch im Abgeordnetenhause bessere Einsicht vielleicht sehr schnell kommen wird. Ich kann nur wünschen, daß der Antrag heute möglichst einstimmig angenommen wird.
Abg. Leinert (Soz.): Wir sind auch für möglichste Spar⸗ samkeit, aber es geht doch zu weit, wenn man auch spart an den Zulagen für unsere Diener und Angestellten. Diese Zulagen müssen entsprechend den gesteigerten Lebensmittelpreisen erhöht werden. Was die Freifahrtkarten betrifft, so muß man sich fast schämen, Jahr für Jahr auf dieser Tribüne den Wunsch nach Gewährung der freien Fahrt zu vertreten. Jeder im Volke glaubt, wir hätten diese Freifahrtkarten. Der Abgeordnete muß nicht nur seinen Wahlkreis besuchen können, er muß auch in der Lage sein, sich z. B. über die Bedeutung der Moorkultur an Ort und Stelle zu informieren. Die Reisekostenentschädigung für die Minister ist seinerzeit herabgesetzt, diejenige für die Abgeordneten aber auf ihrer früheren Höhe be⸗ lassen worden; das hat doch einen unangenehmen Beigeschmack. Allen solchen unhaltbaren Verhältnissen würde die freie Fahrt, wie sie die Reichstagsmitglieder genießen, mit einem Schlage ein Ende machen. Auch heute ist die Regierung hier nicht durch Minister vertreten, das ist eine wenig würdige Behandlung des Hauses. Die Furcht, daß die Abgeordneten nur Vergnügungsreisen machen würden, ist ganz unbegründet. Dazu haben die Abgeordneten schon viel zu wenig Zeit. Die Einführung der Reichstagslohnliste bei dieser Gelegenheit zu verlangen, scheint uns auch ein wenig würdiges Vorgehen zu sein.
Abg. Graf von der Groeben (kons.): Der Abg. Kopsch hat erwähnt, daß ein Teil meiner politischen Freunde früher dem gleichen Antrage zugestimmt habe. Der Antrag, um den es sich damals ge⸗ handelt hat, betraf nur Freifahrtkarten nach unserem Wohnsitz, solche, wie wir sie jetzt haben; es handelte sich damals nur um einen Aus⸗ gleich zwischen den großen und kleinen Entfernungen in unserem Vaterlande. Der Abgeordnete Kopsch hielt den gegenwärtigen Augenblick für besonders geeignet, diese Frage neu zu regeln. Ich bin im Gegenteil der Ansicht, daß dieser Augenblick ganz besonders geeignet ist, uns eine gewisse Selbstbeschränkung aufzuerlegen. Wir sollten dem Volke vorangehen in der Selbstbeschränkung (Zuruf des Abg. Adolf Hoffmann: Noch mehr Selbstbeschränkung ?) Allerdings, noch mehr Selbstbeschränkung, wir sollten dem Volke ein — gutes Beispiel geben. Es ist hervorgehoben worden, es wären keine Vorteile, welche den Abgeordneten durch die Gewährung der allge⸗ meinen Freifahrtkarten erwüchsen. Man darf hier nicht schemati⸗ sieren. Die Verhältnisse sind doch hier sehr verschieden. Von sehr
vielen Abgeordneten, welche dauernd den Kommissionsberatungen beiwohnten, dauernd im Plenum anwesend sind, könnte doch von ge⸗ wissen Vorteilen die Rede sein, aber das sind nicht alle Abgeordneten. Vielleicht ist ein Teil der Abgeordneten in der Lage, sich Vorteile zu verschaffen, jedenfalls würde sehr leicht die Ansicht verbreitet sein, daß wenn wir jetzt so ohne weiteres ohne Anwesenheitsgelder diese Frei⸗ fahrtkarten allgemein gewähren, den Abgeordneten gewisse persönliche Vorteile erwachsen könnten. Das von dem Abg. Kopsch erwähnte Beispiel der gestrigen Abstimmung ist auch geschlagen. Gerade die gestrige Abstimmung hat gezeigt, daß wir an diese Frage nicht herantreten dürfen, ohne gleichzeitig die Frage der Anwesenheits⸗ gelder zu regeln. Es ist hervorgehoben worden, die Landwirte und kleinen Gewerbetreibenden im Hause müßten stets in der Lage sein, nach ihrem Wohnsitz zu fahren. Dahin können wir stets fahren, um unsere persönlichen Geschäfte zu erledigen. Wenn der Abg. Schmedding sagte, es wäre eine mindere Bewertung der Abgeordneten, wenn uns allgemein Freifahrtkarten nicht gewährt würden, so kann ich das nicht finden. Ich bitte, die Resolution abzulehnen.
Abg. Dr. Friedberg (nl.): Wider Erwarten hat der Vor⸗ redner neue Gründe für die Ablehnung seiner Partei nicht angeführt, bis auf den einen, von dem ich mir allerdings nicht ganz klar ge⸗ worden bin, was er damit gemeint hat. Er sprach davon, wir sollten uns eine größere Selbstbeschränkung auferlegen. Meint er damit, daß es sich hier um persönliche Vorteile für die Abgeordneten handelt? Das möchte ich meinerseits zurückweisen. Eine Beschränkung könnte insofern in Frage kommen, daß man sich hier nicht zu sehr in eine Reihe von Materien vertiefte, für die der geeignete Zeitpunkt nicht vorhanden ist. Man könnte aber sagen, so lange halten uns doch diese Verhandlungen nicht auf, wie eine Reihe von Materien auf landwirtschaftlichem Gebiete. Wenn man gegen den Antrag ein⸗ wenden wollte, es könnte mit den Freifahrtkarten Mißbrauch getrieben werden, so wäre zu erwidern, daß es gegen Mißbräuche überhaupt keinen Schutz gibt. Ist es nicht ein Mißbrauch, wenn manche Kol⸗ legen zu Hause sitzen? Der Abg. von der Groeben hat gemeint, die Gewährung der Freifahrtkarten müßte verbunden werden mit einer Kontrolle der Anwesenheit. Ueber diesen Punkt schweigt sich der Antrag vollständig aus. Viele von uns, ich auch, sind durchaus nicht abgeneigt, die Einführung der Freifahrtkarten mit einer Kontrolle zu verbinden, sei es in Form von Annesenheitsgeldern oder in anderer Form. Hierüber könnte man sich mit der Staatsregierun verständigen. Früher ist von konservativer Seite geltend gemach worden, die Freifahrtkarten könnten zu politischen Zwecken, die sie nicht billigen können, zu Agitationsreisen, benutzt werden. Minister von Loebell hat in der Kommission davon gesprochen, auch die Minister könnten es als ein Bedürfnis ansehen, mehr Fühlung mit den Wählern zu suchen. Ich gebe zu, daß auch solche Agitationsreisen ganz gut wären. Wahrscheinlich würden die Minister auch die Fahrgelder und Reisekosten, die ihnen zustehen, liquidieren. Trifft dies zu, so müssen auch die Abgeordneten freie Fahrt haben, um Fühlung mit ihren Wählern zu behalten. Woher erklärt sich der verschiedene Standpunkt der süddeutschen Regierungen! Ich glaube, die preußische Regierung legt mehr Wert auf den Gegensatz zwischen Parlament und Regierung; diese Gesellschaft, nämlich wir preußischen Abgeord⸗ neten, soll keine freie Fahrt bekommen. Ein solcher Standpunkt sollte doch jetzt in der Brust eines Deutschen keinen Platz haben. Man sollte doch gerade jetzt mehr Vertrauen haben. Auch ich be⸗ dauere, daß der Minister heute nicht hier ist. Von seinen Kom⸗ missaren haben wir auch nichts erfahren, bis auf ein gewisses Ge⸗ bärdenspiel. Hoffentlich wird der Minister bei der dritten Lesung anwesend sein und uns das gewähren, was er auch für sich in An⸗ spruch nimmt. Wenn der Abgeordnete Schmedding uns aufgefordert hat, uns endlich aufzuraffen, so meine ich, daß wir in solchen Fragen, wo es sich nicht um prinzipielle Gegensätze handelt, sondern um Zweckmäßiakeits: und Bedürfnisfragen, um manche Annehmlichkeiten für die Träger gewisser Aemter, wir diese Forderungen bei der Ab⸗ stimmung einmal als Machtmittel benutzen könnten, um den Wunsch des Hauses zu erzwingen.
Abg. Kopsch (fortschr. Volksp.): Der Antrag von 1909, auf den Graf v. d. Groeben hinwies, ging wesentlich weiter, als er glaubte; es wurde auch freie Fahrt nach dem Wahlkreise verlangt, die nicht bewilligt wurde. Wenn er meint, manche wollten sich durch die freie Fahrt Vorteile verschaffen, so weiß ich nicht, woher er eine derartige
3 16
Es ist auch notwendig, daß
sich mit größeren Aufgaben befassen
um zu dieser Verdächtigung seiner Mitkoll i zu ge⸗ f Verhältnisse auf dieser Seite nicht Den Ffühvn Abg. Dr. seiner Partei so
Kenntnis hat, langen. Jedenfalls kennt er die o genau, wie auf seiner eigenen. Friedberg stimmen wir zu. Er wird, wenn er mi
vorgehen will, wie er es angeründigg hatz uns auf seiner Seite finden.
Dr. Arendt (reikons.): Ich bedaure, daß diese Dis⸗ Sie ist nicht geeignet zur Erreichung des Es ist überhaupt zweifelhaft, ob der jetzige Sie kann von ver⸗
Es handelt sich hier
Abg. - kussion siattgefunden hat. ege⸗ dem ich zustimme. 1 Zeitpunkt geeignet ist, die Frage zu erörtern. schiedenen Standpunkten beantwortet werden. Hhand h hie nicht um eine Frage des persönlichen Interesses. Sie hätte besser in einer Kommission verhandelt werden können. Meine politischen Freunde sind überwiegend der Meinung, daß grundsätzlich der Antrag ein richtiger ist, aber ihre Ansichten gehen darüber auseinander, ob der egenwärkige Augenblick geeignet ist; deshalb wird ein Teil meiner Freunde gegen den Antrag stimmen.
Die Etats für das Abgeordnetenhaus und Herrenhaus werden genehmigt. Die Resolution wird die Stimmen der Konservativen und eines Teils der konservativen angenommen.
Ueber die Kommissionsverhandlungen zum Etat der Königlichen Seehandlung (Preußische Staatsbank) berichtet
Abg. Dr. Rewoldt (freikons.), wobei er hauptsächlich die Bemühungen der Seehandlung würdigt, die Reichsbank in ihren Be⸗ strebungen, den bargeldlosen Verkehr zu fördern, zu unterstützen.
Darauf wird der Etat der Seehandlung bewilligt.
Ueber die Kommissionsverhandlungen zum Etat der Preußischen Zentralgenossenschaftskasse re⸗ feriert ebenfalls
Abg. Dr. Rewoldt (freikons.): Durch den Liquidations⸗ prozeß, der auch im Mittelstand in Stadt und Land stark eingesetzt hat, haben sich die Schulden der Genossenschaften erheblich verringert, und die Guthaben haben bei ihnen umgekehrt eine starke Vermehrung er⸗ fahren. Erhebliche Mittel stehen bereit, um sofort nach dem Kriege wieder angelegt zu werden. Auch die Zentralgenossenschaft hat es sich angelegen sein lassen, das Bestreben, den bargeldlosen Verkehr zu fördern, zu unterstützen. Ebenso haben die Zentralgenossenschaftskasse und die Genossenschaftskassen das ihrige zum Erfolge der bisherigen Kriegsanleihen beigetragen. Möge dies auch bei der vierten Kriegs⸗ anleihe der Fall sein. “ 8 8
Abg. Fahrich (kons.): Mit Befriedigung ist der gute Stand der Zentralgenossenschaftskasse schon in der Kommission festgestellt worden. Die Umsätze haben sich im Jahre 1915 um 2 Milliarden gesteigert. Der Gesamtumsatz hat sich in den ersten zehn Monaten des vergangenen Jahres um das Doppelte des Jahres 1914 ge⸗ steigert. Dabei ist es möglich gewesen, den Zinsfuß auf einer an⸗ gemessenen Höhe zu erhalten. Der Geschäftsleitung gebührt dafür unser Dank. Eine Schwierigkeit ist der Preußenkasse durch den Geld⸗ zustrom erwachsen. Es handelt sich hier zweifellos um eine vorüber⸗ gehende Erscheinung, und diese Gelder müssen, wenn wieder Bedarf für sie vorhanden ist, ohne Schwierigkeiten zur Verfügung gestellt werden können. Wir haben zu der Leitung das Zutrauen, daß sie auch hier den richtigen Weg finden wird.
Auch der Etat für die Preußische Zentralgenossenschafts⸗ kasse wird bewilligt. 1
Es folgt der Etat der Bauverwaltung.
Die Kommission beantragt hierzu die Resolution: „die Regierung zu ersuchen, noch während des Krieges für jedes Stromgebiet eine Organisation zu schaffen, die unter Zuziehung von Schiffahrtsinteressenten dafür Sorge trägt, das vorhandene Schiffsmaterial in einem Zustand zu erhalten, daß es nicht nur während des Krieges brauchbar bleibt, sondern auch nach dem Kriege sofort in vollem Umfange für den Wasserverkehr im Binnenlande und von und nach unseren Seehäfen nutzbar gemacht werden kann. Die Organisation hätte zugleich die Aufgabe, im Kriege zur Ergänzung der Eisenbahnen auf eine weitgehende Heran⸗ ziehung der Schiffahrt zum Austausch der Erzeugnisse zwischen Westen und Osten hinzuwirken, wobei namentlich die in großem Umfange stilliegenden und dem Untergange ausgesetzten Fahrzeuge der zu den Fahnen einberufenen Einzelschiffer zu berücksichtigen wären.“
Berichterstatter Abg. Brütt (freikons.) empfiehlt die Bewilli⸗ gung des Etats der Bauverwaltung mit der Maßgabe, daß eine Summe von 4250 ℳ für die Ablösung der Brückenbaulast an der Goldenen Brücke über die Hunte bei Goldenstedt ausgeworfen wird, sowie die Annahme der Resolution.
Aba. Gerlach (Zentr.): Infolge der Kriegslage fallen auch in diesem Etat manche Ausgaben fort, und manche Wünsche müssen zurück⸗ gestellt werden. Der Bauetat ist diesmal um 7,3 Millionen niedriger als 1915, um fast 13 Millionen niedriger als 1914. So sehr diese weise Sparsamkeit anzuerkennen ist, so berühren doch manche Abstriche schmerzlich, namentlich die Beschränkung des Dispositionsfonds für bau⸗ wissenschaftliche Ermittlungen und Versuche. Wir müssen uns aber auf bessere Zeiten vertrösten. Angenehm ist die Erhöhung der Ein⸗ nahmen aus den Verkehrsabgaben um eine Million Mark und aus dem Schleppbetrieb des Rhein — Weser⸗Kanals um 700 000 ℳ. Mit Beainn des kommenden Rechnungsjahres wird die Kanalstrecke von Minden nach Hannover bezw. Duisburg für den Probebetrieb in An⸗ ariff genommen werden. Ebenso erfreulich ist es, daß die Oder-—— Weichsel⸗Wasserstraße trotz des Krieges für Vierhunderttonnenschiffe in Betrieb genommen werden konnte, und daß das Ziel der Regulierungs⸗ arbeiten, die Beschaffung einer Wasserverbindung zwischen Oder und Weichsel für Schleppzüge von Schiffen, erreicht ist. Der Bau⸗ verwaltung gebührt Dank dafür, daß der Verkehr im Osten Eund Westen durch bedeutsame Bauausführungen auch während des Krieges unter Heranziehung von Kriegsgefangenen verbessert worden ist. Daher ist die Kurve der Verkehrsentwickelung auf unseren künstlichen wie natürlichen Wasserstraßen stetig gestiegen, dank dem planmäßigen Ausbau unserer Wasserstraßen und der Vervollkommnung des Schiffahrtsbetriebes. Das ist eine Mahnung, in der Vervoll⸗ kommnung und Verbesserung der Wasserstraßen fortzuschreiten. Der Rhein— Herne⸗Kanal ist während der Stockung des Eisenbahnverkehrs durch die Mobilmachung für die Versorgung der Städte des rheinischen Industriebezirks mit Lebensmitteln und anderen Waren benutzt worden. Die Wasserstraßen haben sich als eine wertvolle Eraänzung des Eisenbahnbetriebes erwiesen. Die Rheinschiffer wünschen die Be. freiung von Hafenabaaben während der Kriegs dauer und möalichst auch nach dem Kriege, die Kleinschiffer wünschen größere Berücksichtiaung bei den staatlichen Transporten, namentlich beim Kohlenversand. Mit Rücksicht darauf, daß das alte Wasserstraßenproaramm nahezu erledigt ist, bitte ich die Regierung, uns recht bald nach Friedensschluß eine wasserwirtschaftliche Vorlage zu machen, wesche die in den letzten Fahren hier vorgetraoenen berechtigten Wünsche berücksichtiagt. Die Resolution der Kommission halten wir für eine zweckmäßige und nütz⸗ liche Anregung, wir werden ihr gern zustimmen. Die Hochbauämter sollen durch Zusammenleagung einzelner Bezirke neuorqanisiert werden, dadurch können 19 Hochbauämter gufgehoben werden. Außer Er⸗ svarnisgründen spricht hierfür die Absicht, die Vorstände der Hochbau⸗ ämter, ältere Regierungsbaumeister und Bauräte, selbständiger zu machen und mehr für die größeren Aufgaben ihres Berufes freizu⸗ machen. Zu diesem Zweck sollen sie von technischen Bureaubeamten unterstützt und von allen minderwichtigen Dienstgeschäften, dem sogenannten Kleinzeug, entlastet werden. Das ist ein auter Gedanke, aber er hat auch eine Kehrseite; denn von den entbehrlich werdenden Vorständen von Hochbauämtern sollen elf als sogenannte fliegende Baumeister bei Bauausführungen verwendet und vier bei Regierungen gebraucht werden. Darin liegt eine Gefahr für die im Staats⸗ interesse dringend erwünschte harmonische technische Durchbildung unserer Staatsbaubeamten. Diese Norstände der Hochbouämter werden während die fliegenden Bau⸗
für das egen rei⸗
meister die größeren Bauausführungen und Neuhbauten übernehne ües Das würde kein richtiger tens gen Die Erhöhungt Selbständigkeit der Regierungsbaumeister ist zu begrüßen, aber Techniker Pna zur Selbständigkeit nur erzogen werden, wem; unter eigener Verantwortung Bauten ausführt. Die höheren Sta⸗ beamten haben die Entwicklung ihrer künstlerischen Individual ebenso nötig wie die Privatarchitekten. Es darf nicht dahin komm daß die künstlerische Minderwertigkeit unserer Staatshaubeamten spottelt wird. Sodann empfehle ich die Wünsche der Regierungshh meister auf eine bessere Anrechnung ihrer Dienstjahre, sowie Wünsche gewisser Kategorien von Hilfsbeamten und Hilfsarbeitem! Wasserbauverwaltung, die in verschiedenen Punkten, auch hinsichtlicht Kriegsbeihilfen, unguͤnstiger dastehen als die der Eisenbahnverwaltan Man spricht heute so viel von den überraschenden Leistungen deutschen Technik, denen auch unsere Waffenerfolge zum großen a zu danken seien. Die Techniker wollen aber weniger bewundett, efördert sein. Die platonische Bewunderung allein genügt ne Man räume ihnen in der Staatsverwaltung und sonst endlich! Stellung ein, die ihnen nach Leistungen und Vorbildung zukomz Man beseitige die materiellen und ideellen Schranken, die sie ihren juristischen Kollegen zurzeit noch trennen. In Königsberg! steht eine für den Wiederaufbau der Provinz Ostpreußen eingeseh Kriegshilfskommission, der 18 hohe Beamte und Vertreter der La wirtschaft, des Handels und des Handwerks angehören. Ein Techni sitzt nicht darin, obwohl die Kommission auch eminent technische 2 gaben zu lösen hat; einem Techniker Sitz und Stimme darin zu git⸗ daran hat die Staatsregierung nicht gedacht, oder hat es nicht geme Nur dem Ausschuß für die technischen Angelegenheiten sind zwei àe niker beigegeben; das genügt nicht. Der Städtebau ist nicht eine Kunst, sondern auch eine Wissenschaft. Mit dem Vorurteil, der Techniker als das fünfte Rad am Wagen, als Handlanger zu! handeln sei, sollte endlich aufgeräumt werden. — Zur Förderung Seefischerei, der Küsten⸗ und der Hochseefischerei sollte, entsprech einem vom Haus früher angenommenen Antraͤg, weit mehr als bis eschehen. Die Fischereihäfen müssen vermehrt und den Fischem Mittel gewährt werden, auch die Hochseefischerei betreiben zu köm das ist insbesondere zur jetzigen Kriegszeit und bei den enormen Pr der Süßwasserfische dringend notwendig. Ich schließe mit Wunsche, daß der Bauverwaltung später wieder reichere Mittel in diesem Etat zur Verfügung Festellt werden, und daß die Stall regierung auch den berechtigten Wünschen der deutschen Technik gen werden möge.
Abg. Mathies⸗Berlin (nl.): In Friedenszeiten ist hier Hause und von der Staatsregierung auf die außerordentliche Be⸗ tung der Wasserstraßen für militärische Zwecke im Kriege hu wiesen worden. Nun ist der Krieg ausgebrochen, und es hat; herausgestellt, daß die Benutzung der Wasserstraßen eine außerorde lich geringe ist. Das ist sehr bedauerlich, denn die Wasserstrch wären im Kriege von großem Nutzen. Auch der Verkehr auf d mtürlichen Wasserstraßen ist nur gering. Das ist wohl darauf zum zuführen, daß es hier an jeder Organisation fehlt. Wie in bie wirtschaftlichen Fragen, so ist man auch hier über Erhebungen u. hinausgekommen. Ich habe deshalb in der Kommission einen And gestellt, der diesem Mangel abhelfen soll, und dieser Antrag ist! der Kommission angenommen worden. Es wird immer behaupz daß der Transport auf den Eisenbahnen schneller und pünktlicher! Bei richtigen Schleuseneinrichtungen usw. können aber die Ge auf den Kanälen ebenso schnell befördert werden wie auf den Eif bahnen. Man hätte sich rechtzeitig mit den Schiffahrtsgesellschaften Verbindung setzen und sie zur Aufstellung bestimmter Fahrzeiten Tarife verpflichten sollen. Das wertvolle Material, das auf Wasserstraßen schwimmt, wird um so minderwertiger, je länger Krieg dauert. Welche Bedeutung hätte die Schiffahrt während Krieges namentlich für die Landwirtschaft und für die Versorgung 1 Lebensmitteln haben können, wenn man die Wasserwege ausreiche benutzt hätte! Dann wäre auch die Kartoffelnot im Westen leicht! seitigt worden. In Berlin allein liegen seit 11½8 Jahren 215 Kä Das Personal ist leider zum Teil etwas planlos zu den Fahnen ign berufen, und die Fahrzeuge sind rettungslos verloren, wenn nicht be Abhilfe geschaffen wird. Auf die eisernen Kähne haben die Schiß im weitesten Umfange Hypotheken aufgenommen. Solche Hypother werden hauptsächlich von holländischen Banken gegeben. Da nun Zinsen nach Holland vielfach nicht bezahlt werden können, so sind Kähne von der holländischen Regierung mit Beschlag belegt. 21. Regierung muß hier so weit ““ dafür Sorge tragen, d die Schiffer, wenn sie aus dem Kriege zurückkehren, ihr Eigent wiederbekommen. Es muß aber auch dafür gesorgt werden, daß Behörden sich der Familien der Kriegsteilnehmer unter den Schiffe genau so annehmen, wie der aller anderen, ebenso muß etwas für dier dem Kriege invalide zurückkehrenden Schiffer geschehen.
Miinister der öffentlichen Arbeiten von Breitenba
Meine Herren! Beide Herren Vorredner haben sich mit! Stellung der höheren Techniker in der Verwaltung eingehend! schäftigt. Der Herr Abg. Gerlach sagte im Sinne einer Mahnu die Techniker in der Verwaltung seien nicht nur Handlanger. ist mir nicht recht verständlich, wie er zu der Auffassung kom daß eine solche Mahnung am Platze sei. Für meine Person mös ich aussprechen — und ich glaube, das auch für alle anderen Staz ressorts in Anspruch nehmen zu können —, daß die höheren Technit vollwertige Mitarbeiter sind und als solche gelten.
Was die Frage betrifft, ob die Wünsche, die der Herr P. Gerlach und auch der Herr Abg. Mathies bezüglich einer Besse stellung der höheren Techniker geltend gemacht hat, A⸗ sicht auf Erfüllung haben, so möchte ich darauf hinweisen, daß uns neulich im Wirtschaftsausschuß über diese Fragen unterhals haben. Ich habe, als die Anregung gegeben wurde, auch in d Hochbauverwaltung Oberbauratsstellen zu schaffen, hierfür volle So pathie zu erkennen gegeben, und ich kann aussprechen, daß ich; Laufe der Jahre bemüht gewesen bin, den dahin gehenden Wünsc Geltung zu verschaffen. Dem stehen aber sehr große Schwierigkein entgegen, weniger Schwierigkeiten innerhalb meines Ressorts,: vielmehr solche, die aus anderen Ressorts heraus sich geltend mach weil dort eine Reihe von Beamten vorhanden ist — ich habe neulich genannt: Beamte der Schulverwaltung, Gewerbeverwaltu Medizinalverwaltung —, die gleichartige Ansprüche erheben werde So hängt also diese Frage mit anderen Fragen, auch mit der all meinen Frage der Organisation der Staatsverwaltung, zusamm und ist nicht so leicht zu lösen, so viel Sympathie auch der zustänte Ressortminister ihr entgegenbringt.
Es ist weiter Beschwerde darüber geführt worden, daß die Tech nik in den neugeschaffenen Organisationen zu Wiederaufbau von Ostpreußen nicht genügend vertret ist. Meine Herren, ich lasse es dahin gestellt, ob die Beschwer berechtigt ist und ob insbesondere ein ausgesprochenes Bedürfnis das vorliegt, daß in diese Kriegshilfskommission höhere Techniker hineit kommen. Es ist Tatsache, daß die Techniker und auch Städtebau in dem Ausschuß vertreten sind. Denn, meine Herren, das Hauf bauberatungsamt war bisher — darauf hat auch der Herr 2 Mathies hingewiesen — mit einem höheren Techniker besetzt, der! umfassendem Maße den Zielen und Zwecken Rechnung getragen he die bei dem Wiederaufbau in rein technischer Beziehung zu berüͦ⸗ sichtigen sind. Die 17 Bauberatungsämter, die dem Hauptba beratungsamt unterstehen, sind sämtlich mit Technikern besetzt, un zwar, einem allgemeinen Wunsche entsprechend, nicht mit Staatz
1“ “
vera
technikern, sondern mit Technikern, die aus dem Stande der Privat⸗ architekten hervorgegangen sind. Es ist sehr wohl möglich, daß man bei näherer Prüfung der Bedürfnisse dazu kommt, auch solche An⸗ regungen, wie sie hinsichtlich der Oberbauräte hier gegeben sind, zu berücksichtigen. Eine Zusage kann ich heute aber nicht geben.
Der Herr Abg. Gerlach hat sich dann mit der Bauorgani⸗ sation der Hochbauämter befaßt, und er hat sie freundlich beurteilt. Er hat aber doch die Sorge, daß aus einer Neuorgani⸗ sation sich wieder eine Schlechterstellung der Techniker ergeben werde. Diese Neuorganisation kann man eigentlich kaum als Orga⸗ nisation bezeichnen, da es sich im wesentlichen um eine anderweitige räumliche Abgrenzung der Kreise handelt, freilich mit der aus⸗ gesprochenen Absicht, die Leiter dieser Kreise selbständiger zu stellen durch organisatorische Maßnahmen, also beispielsweise auf dem Ge⸗ biete des Verdingungswesens, um sie in die Lage zu setzen, sich nur mit den größeren Angelegenheiten ihres nunmehr erweiterten Kreises abzugeben, dadurch, daß man ihnen mittlere Techniker besonders guter Qualität zuweist. Aus dieser Aenderung hat sich bei den höheren Technikern, den lokalen Baubeamten, das Gefühl einer großen inneren Befriedigung ergeben. Daß bei einer solchen Maß⸗ nahme dann, wenn man sie auf den ganzen Staat ausdehnt — heute sind ja nur gewisse Teile des Staates in Angriff genommen —, eine größere Anzahl von Stellen eingehen wird, das muß hingenommen werden, entspricht aber auch ganz den Auffassungen, die hier jüngst in einem, wie ich meine, bereits angenommenen Antrage seitens des Hohen Hauses niedergelegt sind, ein Antrag, der auf Vereinfachung und Verringerung der Zahl der Beamten abzielt.
Die Sorge, daß den leitenden Baubeamten, also den Orts⸗ baubeamten, die großen Objekte durch fliegende Regierungsbaumeister entzogen werden, trifft weder in der Vergangenheit, noch für die Zu⸗ kunft zu. Tatsächlich mußten die größeren Bauten stets den für diesen Zweck abgeordneten höheren Baubeamten, den Regierungs⸗ baumeistern, übertragen werden, weil es dem Ortsbaubeamten nicht möglich ist, sich neben seinen laufenden Geschäften, die einen bedeu⸗ tenden Umfang haben, mit den Aufgaben der Erledigung, also der Projektierung und Kontrolle eines großen Einzelbaues, zu befassen. Ich glaube nicht, daß die Neuabgrenzung der Kreise nach dieser Rich⸗ tung irgendwie zu einer Schlechterstellung führen kann.
Ich möchte mich nochmals resümieren. Mein Streben als Chef der allgemeinen Bauverwaltung ist von Anbeginn an darauf gerichtet gewesen, ebenso wie es mir in der Staatseisenbahnverwaltung gelungen ist, die Stellung der höheren Techniker zu heben und damit ihre Ar⸗ beitsfreudigkeit zu fördern. (Bravo!)
Der Herr Abgeordnete Mathies hat uns hier die Gründe nochmals auseinandergesetzt, die neulich schon im Wirtschaftsausschuß für die Annahme des Antrages geltend gemacht worden sind, der unter seinem Namen geht, auf die Organisation des Wasserstraßenverkehrs während des Krieges oder doch in Vorbereitung eines Krieges abzielt und mit der Fürsorge für die notleidenden Kähne auch die für die notleidenden Schiffer und Schifferfamilien verbindet. Ich habe schon in der Kom⸗ mission meiner vollen Sympathie für den Antrag Ausdruck gegeben, obwohl ich mir darüber nicht im unklaren bin, daß die Schaffung einer zweckmäßigen und wirklich wirksamen Organisation auf dem Gebiete der Wasserstraßen und für den Wasserstraßenverkehr viel größeren Schwierigkeiten als bei den Eisenbahnen begegnet. Bei den Eisenbahnen stehen der Heeresverwaltung geschlossene, feste Organi⸗ sationen gegenüber, auf denen sich alles weitere aufbaut, während auf den Wasserstraßen eine Unzahl von Kräften unseres privaten Erwerbs⸗ lebens, eine Unzahl von Schiffen und Kähnen, die einer Vielzahl von Eigentümern gehören, in Frage kommen. Wir haben bereits während des Krieges Versuche gemacht, nach ganz bestimmten Richtungen solche Organisationen zu schaffen. Ich muß aber leider aussprechen, daß wir bisher nicht viel weiter gekommen sind. Ob es während des Krieges möglich ist, etwas Zweckmäßiges und Durchgreifendes zu schaffen, möchte ich bezweifeln. Der Gedankke scheint mir aber von einer solchen Bedeutung zu sein, daß man ihn für den Fall eines neuen Krieges vorbereiten muß und nach allen Richtungen hin durchzuprüfen haben wird.
Was die Fürsorge für die notleidenden Kähne betrifft, so konnte ich bereits im Wirtschaftsausschuß mitteilen, daß die Ver⸗ waltung der märkischen Wasserftraßen schon im Herbst vergangenen Jahres ganz im Sinne der Anregungen vorgegangen ist. Das not⸗ leidende Schiffsmaterial soll tunlichst durch fiskalische Dampfer an die Heimatsorte und, wenn dieses nicht möglich ist, an bestimmte Sammelstellen gebracht werden. Das Personal der Wasserbauver⸗ waltung soll sich ferner mit der Beseitigung der Schäden die ohne ganz umfassende Reparaturen möglich ist, mit eigenen Kräften be⸗ fäassen. Diese Bestimmungen sind seitens der zuständigen Minister sämtlichen in Frage kommenden Verwaltungsstellen, insbesondere sämtlichen Regierungen, mitgeteilt worden und werden heute bereits be⸗ folgt. Ich nehme daher an, daß diese Frage im wesentlichen im Sinne der Herren Antragsteller Erledigung finden wird.
Wenn der Herr Abgeordnete Mathies meinte, die Nutzbarmachung des gewaltigen Parks an Schiffen, der sich auf den Wasserstraßen befindet, wäre berufen, eine Entlastung der Eisenbahnen herbeizu⸗ führen gerade zu den Zeiten, wo die Eisenbahnen durch militärische Beanspruchung voll belegt sind, so ist das richtig. Ob es aber in dem Umfange geschehen wird, wie der Herr Abgeordnete es wünscht und hofft, kann zweifelhaft sein, weil die Güterbeförderung zur Kriegszeit zum ganz überwiegenden Teile das Moment der Dringlichkeit hat und die Verzögerungen, die die Wassertransporte erleiden, nicht er⸗ tragen kann.
Wenn der Herr Abgeordnete Mathies meinte, daß bei dem Vor⸗ handensein einer durchgehenden Wasserstraße vom Westen nach Osten die Kartoffeltransporte diesen Weg einschlagen könnten, und daß sie heute auf den Eisenbahnen in sehr wesentlichem Umfange verzögert würden, so muß ich ihm durchaus widersprechen. Die Kartoffel⸗ transporte — insoweit er eine Kritik der Transportleistungen der Eisenbahnverwaltung einflocht — auf dem Eisenbahmvege werden heute bevorzugt; es sind Einrichtungen getroffen, daß dieselben von Schneide⸗ mühl, wo wir eine große Sammelstation für den Kartoffelverkehr haben, nach Hamm, wo die Transporte wieder aufgelöst werden, nicht länger als 30 Stunden unterwegs sind. Das sind Leistungen, die auf dem Wasserwege niemals erreicht werden können. geen Als Eisenbahnminister habe ich unter allen Umständen ein Inter⸗ esse daran, daß uns in so kritischen Zeiten, wie den Zeiten eines Krieges, der
1“ 8 8 8 86
Wasserweg Entlastung bringt. Darum werde ich als worden, uhd zwar in einein Um 1 16“ 8 3 8s 8 “ 1 3
Wasserbauminister meinerseits alles jun, was diese Hilfeleistung der Wasserstraßen erleichtert und fördert. (Bravo!)
Abg. Krause⸗Waldenburg (freikons.) trägt dem Minister dar öffentlichen Arbeiten ausführlich den Wunsch der Stadt Spandau vor, den Neubau der Havelzugbrücke tunlichst zu fördern und für die Gewährung eines Staatszuschusses in Höhe der Hälfte der Baukosten zu wirken. Die bestehende, 1886 dem Verkehr übergebene Brücke genüge den modernen Anforderungen nicht mehr; die Stadt habe im Einverständnis mit der Strombauverwaltung den Plan für einen Bau mit einer einzigen Spannung aufgestellt; der Staat habe aber bisher sich ablehnend dagegen verhalten, während des Krieges einen Zuschuß zuzusagen. Nun seien am 14. Januar 1916 die Klappen von einem großen Dampfer angefahren und beschädigt worden; der Schaden sei zwar ausgebessert, aber die Polizei habe die Brücke gesperrt. Eine hölzerne Notbrücke für 180 000 ℳ sei im Bau. Die Stadt halte nun an ihrem Plan erst recht fest. Sie erwarte, daß der Minister eine eingehende Untersuchung verfüge und die Zusage wegen des Zuschusses erteilen werde; sie sei bereit, die Summe zu verauslagen, wenn sie sie nach dem Kriege zurückerhalte.
Unterstaatssekretär Dr. der
Freiherr von Coels von 1 Brügghen: Der Verwaltung ist bekannt, daß ein Neubau auch im Interesse der Schiffahrt notwendig ist. Nachdem der Zustand der Brücke sich so verschlechtert hat, daß sie verkehrspolizeilich gesperrt werden mußte, tritt die Neubaufrage abermals an die Bauverwaltung heran; sie wird, wie es auch bisher der Fall war, wohlwollend geprüft werden. Ob ein Zu⸗ schuß während des Krieges geleistet werden kann, ist zweifelhaft; man wird sich mit der Notbrücke behelfen müssen.
Abg. Fürbringer (nl.): Mit der Fürsorge für die Stadt Emden und ihren Hafen hat die Regierung nur die Politik des Großen Kurfürsten und Friedrichs des Großen seit 1866 wieder aufgenommen. Im diesmaligen Etat sind ja für diese Zwecke die Summen nicht in der früheren Höhe eingesetzt. Aber alles Notwendige soll auch in diesem Kriegsjahre ungeschwächt zur Ausführung gelangen. Dafür möchte ich auch namens meines Wahlkreises der Staatsregierung meinen Dank sagen. Natürlich bleiben noch manche Wünsche übrig. Es könnte durch Eindeichung bei Emden ein großes Areal Neuland gewonnen werden, das nicht bloß den Landwirten und Wiesenbauern in der Gegend, son⸗ dern auch dem heute so bedeutsamen Kartoffel⸗ und Gemüsebau zugute käme. Wenn die großen Projekte der Ausführung näher gebracht werden, welche zum Gegenstande haben, bei Emden Kriegshafenanlagen zu schaffen, aus Emden ein kleines Wilhelmshaven zu machen, so möchte ich schon jetzt den Wunsch aussprechen, daß darunter die Anlagen für die Handelsschiffahrt nicht leiden dürfen. Sehr anerkennenswert ist auch, daß der Etat Mittel zur Sicherung der Nordseeinseln Norderney und Juist enthält. Die hart betroffenen Bewohner dieser Inseln werden daraus neue Hoffnung schöpfen.
Abg. Freiherr von Maltzahn kkons.): Wir stehen dem Antrage Mathies sympathisch gegenüber. Mit dem Minister sind wir der Auf⸗ fassung, daß das Schiffsmaterial unter allen Umständen auf den Wasser⸗ straßen in gutem Zustande erhalten werden muß. Wir glauben auch, daß der Kartoffeltransport zwischen dem Osten und Westen am schnellsten nur durch Eisenbahnen bewerkstelligt werden kann. Im übrigen verkennen wir mit dem Abg. Mathies und dem Minister nicht die Bedeutung, welche die Wasserstraßen im Kriege und im Frieden haben, um den Eisenbahnverkehr zu entlasten. Wir halten den jetzigen Zeitpunkt nicht für gegeben, mit neuen Vorschlägen über Wasserstraßen an die Staatsregierung heranzutreten. Wir müssen abwarten, welche Verhältnisse nach dem Kriege bestehen werden. Trotzdem ist erfreulich, daß die Wasserstraßen, die bereits vor dem Kriege in Angriff genom⸗ men waren, nach dem Kriege alsbald fortgeführt werden sollen. Ich erinnere in dieser Beziehung an den Lippe⸗Seitenkanal. Die erforder⸗ lichen Garantien müssen aber von den beteiligten Verbänden, den Pro⸗ vinzialverbänden übernommen werden. Ohne derartige Garantien würden wir nicht in der Lage sein, solchen Vorlagen zuzustimmen. Die Vereinfachung der Hochbauamter begrüßen wir, wenn wir auch dabei einige Vorbehalte machen müssen. Das Extraordinarium ist mit großer Sparsamkeit aufgestellt. Wir danken aber dem Herrn Eisen⸗ bahnminister dafür, daß er trotz der Kriegszeit es doch verstanden hat, die notwendigen Arbeiten fortzusetzen und zum Teil wieder neue vorzu⸗ nehmen. Ich denke da an Norderney und an die Schiffereiverhältnisse in Geestemünde und auch nicht zuletzt an Emden, für das der Vor⸗ redner so warm gesprochen hat.
Abg. Baerwald ffortschr. Volksp.): Dem hier geäußerten Wunsche nach einem weiteren Ausbau der Wasserstvaßen können wir uns nur in vollem Umfange anschließen. Die Wasserstraßen und Kanäle dienen nicht immer zur Entlastung der Eisenbahnen, sondern auch als Zubringer der Eisenbahnen, sie sind eine notwendige und nütz⸗ liche Ergänzung des Eisenbahnsystems. Wir würden uns freuen, wenn der Mittellandkanal nach Beendigung des Krieges das noch fehlende Stück bekäme. Wie nützlich wäre der Kanal gewesen, wenn dieses Stück der Heeresverwaltung für die Mobilmachung zur Verfügung gestanden hatte. Auch für den Transport der Kartoffeln nach dem Westen wäre es nicht zu unterschätzen gewesen. Kartoffeln können bei Frost auf den Eisenbahnen nicht verladen werden. Dem Antrage Mathies stimmen wir gern zu. Die Kleinschiffahrt hat in einigen Teilen aufgehört, in anderen ist sie wesentlich eingeschränkt, weil der Verkehr nach den Seehäfen abgenommen hat und die Schiffer zu den Fahnen einberufen sind. Man sollte den Schiffern durch genossen⸗ schaftlichen Kredit und staatliche Beihilfe unter die Arme greifen. Die Verhältnisse auf der Weichsel sind besonders mißlich. Im Sommer ist es häufig kaum möglich, 100 Tonnen in einem Schiffs⸗ gefäße zu verfrachten. Darum ist die Schiffahrt nicht rentabel. Wochenlang ruht die Schiffahrt wegen Versandung. Die Schuld an diesen trostlosen Verhältnissen trägt die russische Wirtschaft, der russische „Kulturträger“. Jetzt ist das wichtige Stromgehiet von Warschau bis Thorn in deutscher Hand, und der Minister würde sich ein Verdienst erwerben, wenn er die dortige Verwaltung veranlassen wollte, auch auf diesem Gebiete tätig zu sein und für eine Verbesse⸗ rung der Schiffahrtsverhältnisse zu sorgen, so daß zwischen Warschau und Danzig Schiffsgefäße bis 300 und 400 Tonnen zu jeder Jahres⸗ zeit verkehren können. Damit würde ein großes Kulturwerk zu⸗ gunsten der Landwirtschaft und der Industrie geschaffen. Notwendig ist auch eine schleunige Ausbaggerung der Weichselmündung, damit die
Schiffer nicht gestört werden. Endlich bitte ich die Staatsregierung, doch das Projekt des Main— Donau⸗Kanals möglichst zu fördern, woran namentlich Frankfurt a. M. ein großes Interesse hat.
Abg. Dr. Dahlem (Bentr.): Ich möchte die Aufmerksamkeit des Ministers darauf richten, daß seit einiger Zeit das Binger Loch der Schiffahrt versperrt ist. Dort ist ein großes Schiff untergegangen, so daß die gesamte Schiffahrt nur mit Mühe fort⸗ geführt werden kann. Ich möchte den Minister fragen, ob es nicht möglich ist, dieses Hindernis baldigst zu beseitigen. Ich erkenne an, daß durch das Hochwasser die Aufräumungsarbeiten sehr gehindert sind, andererseits meine ich, daß der jetzige Niedergang des Wassers Veranlassung geben könnte, neu an die Sache heranzutreten, und das Hindernis wieder aus dem Rheine zu beseitigen. Die kleinen Schiffer sollten möglichst berücksichtigt und ihnen geholfen werden.
Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:
Meine Herren! Ende Januar ist im Bingerloch ein mit Kalk⸗ stein beladener Kahn gesunken; er hat sich rechtwinkelig zum Strom gelegt. Mit den Hebungsarbeiten ist sofort begonnen worden; zu⸗ nächst wurde die Löschung der Ladung vorgenommen. Als die Löschung fast beendet war, trat Hochwasser und damit eine starke Behinderung ein. Sobald die Hochwasserwelle abgeflutet sein wird, werden die Arbeiten wieder aufgenommen werden, und wir hoffen, daß in ab⸗ sehbarer Zeit das Fahrwasser im Bingerloch wieder frei sein wird. Die Schiffahrt ist während dieser Zeit zwar erschwert, aber nicht unterbrochen worden. Sie ist durch das zweite Fahrwasser geleiter fang, daß bis zu 30 000 Tonnen täg⸗
11“ 1“
lich dab zweite Fahrwasser passierl haben. Immerhin liegt aller Anlaß vor, die Arbeiten zur Beseitigung des Schiffahrtshindernisses im Binger Loch zu fördern. 1 Einer der Herren Vorredner hat darauf bingewiesen, welche große Bedeutung die Regulierung des Weichselstromes
für unsere gesamten Interessen im Osten und für die Verbindung der
Wasserstraßen des Ostens mit den westlicher liegenden Schiffahrts⸗ wegen hat. Diesen Ausführungen kann ich in jeder Beziehung bei⸗ pflichten. Die Zivilverwaltung in Russisch Polen ist heute schon mit den wasserbaulichen Fragen as der russisch⸗polnischen Weichsel beschäftigt und hat eine eigene Wasserbauverwaltung eingerichtet. Sie können sicher sein, daß die Frage der Regulierung der Weichsel in der nächsten Zukunft auch von der preußischen Wasserbauverwaltung mit der größten Aufmerksamkeit verfolgt werden wird. Des näheren brauche ich mich hierüber nicht auszulassen.
Die Notlage derkleinen Schiffer erkenne ich durchaus an. Soweit ich in meinem Ressort nachhelfen kann, werde ich bestrebt sein, das Meinige zu tun, und werde auch die heute hier vorgetragenen Wünsche an das zuständige Ressort des Herrn Handelsmihristers leiten.
Dem Herrn Abgeordneten Fürbringer kann ich auf seine freund⸗ lichen Aeußerungen über die preußische Wasserbauverwaltung, die im Interesse des Hafens von Emden im Laufe der letzten Jahr⸗ zehnte vieles geschaffen hat, nur erwidern, daß ich hoffe, daß die Sonne, die in der Vergangenheit so freundlich über Emden geschienen hat, auch in der Zukunft über Emden scheinen wird. (Heiterkeit.)
Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch (freikons.): Der Abg. Baerwald hat den Mittellandkanal dringend empfohlen. Bei den letzten Verhandlungen von 1901 ist von der Staatsregierung der Nachweis geliefert, daß die Verkehrsbedeutung des Mittellandkanals für Groß Berlin eine sehr große ist, daß aber die Bedeutung für den Güter⸗ austausch zwischen dem Osten und Westen auch nicht entfernt von der Erheblichkeit ist, wie man gewöhnlich annimmt. Jedenfalls muß die notwendige Frachtparität zwischen dem niederschlesischen und west⸗ fälischen Gebiet aufrechterhalten werden.
Der Etat der Bauverwaltung wird genehmigt, die von der Kommission empfohlenen Anträge werden angenommen.
Darauf tritt das Haus noch in die Beratung des Etats der Justizverwaltung ein und nimmt den Bericht des Abg. von dem Hagen (GZentr.) über die Kommissionsver⸗ handlungen entgegen.
Der Referent erwähnt, daß für die Erörterung der Petitionen von Unterbeamten, soweit diese Gehaltsaufbesserungen und Kriegszu⸗ lagen betreffen, von der Haushaltskommission eine Unterkommission eingesetzt ist, welche diese Petitionen, sowie die gleichartigen aus allen anderen Zweigen der Staatsverwaltung erörtern soll.
Zur Geschäftsordnung bemerkt
Abg. Graf von der Groeben kkons.): Diese Unterkommission hat die Aufgabe, gewisse allgemeine Richtlinien zunächst unter den Parteien über die Stellungnahme zu diesen Petitionen zu vereinbaren, die dann der Haushaltskommission und spater dem Hause vorgelegt werden sollen, damit nicht bei jedem einzelnen Etat diese Wünsche erörtert zu werden brauchen. Aus diesem Grunde möchte es zweck⸗ mäßig sein, diese Wünsche und Petitionen von der Beratung dieses Etats selbst auszuschließen und sie später, eventuell bei der dritten Beratung, gemeinsam zu beraten. Ich beantrage dies.
Abg. Adolf Hoffmann (Soz.) spricht sich gegen die Be⸗ schlußfassung über diesen Geschäftsordnungsantrag bei so geleertem Hause aus und will sie erst morgen vorgenommen wissen. Die er⸗ wähnte Kommission werde ja doch nur eine Begräbniskommission sein.
Nach kurzer Debatte entscheidet das Haus gemäß dem Antrage des Grasen von der Groeben.
Schluß nach 4 ½ Uhr. Nächste Sitzung Freitag 11 Uhr. (Fortsetzung der Etatsberatung; Fischereigesetz; kleinere Vor lagen.) .
Statistik und Volkswirtschaft.
Entwicklung des Beschäftigungsgrades und Arbeits⸗ marktes in Groß Berlin in der Zeit vom 12. bis 19. Februar 1916.
Nach der vergleichenden Darstellung des gewerblichen und industriellen Beschäftigungsgrades in Groß Berlin am 12. und 19. Februar, die das Statistische Amt der Stadt Berlin veröffentlicht, ist in der Zeit zwischen diesen beiden Stichtagen die Gesamtzahl der versicherungspflichtigen Mitglieder von 238 Kranken⸗ kassen Groß Berlins von 1 123 712 auf 1 128 646, d. i. um 4934 oder 0,44 % gestiegen. Beim männlichen Geschlecht betrug das Mehr 694 oder 0,14 %, beim weiblichen 4240 oder 0,06 %.
Bei den 28 allgemeinen Ortskrankenkassen zeigen die Männer eine Zunahme um 386 Versicherungspflichtige oder 0,10 %%, die Frauen eine solche um 2842 oder 0,64 %, beide Geschlechter zusammen eine Zunahme um 3228 oder 0,47 %.
Bei den 207 gewerblich gegliederten Krankenkassen beläuft sich das Mehr in der Berichtswoche auf insgesamt 1688 Ver⸗ sicherungepflichtige oder 0,40 %, bei den Männern insbesondere auf 309 oder 0,18 %, bei den Frauen auf 1379 oder 0,28 %. Nur bei 4 von den 16 unterschiedenen Gewerbegruppen ist eine sich durchweg nur in engen Grenzen haltende Abnahme einge⸗ treten; die größte weist mit — 93 Versicherungspflichtigen oder 0,49 % das Nahrungs⸗ und Genußmittelgewerbe auf. Unter den eine steigende Entwicklung zeigenden Gruppen hebt sich besonders die Metall⸗ und Maschinenindustrie mit einer Zunahme um 847 Versicherungspflichtige heraus, die allerdings lediglich durch das weibliche Geschlecht (+ 884) herbeigeführt ist, da bei den Männern eine wenn auch nur ganz geringfügige Abnahme, um 327, festzustellen ist. Auch die Steigerung im Verkehrsgewerbe ist, wenn auch nicht ausschließlich, so doch überwiegend auf das weibliche Geschlecht zurück⸗ zuführen: + 179 von im ganzen 292.
Die Zahl der bei 38 Fachverbänden der freien Gewerk⸗ schaften ermittelten Arbeitslosen ist in der Woche vom 14. bis zum 21. Februar von 2512 auf 2606, d. i. um 94 oder 3,74 % ge⸗ stiegen. Bei den Maurern trat eine durch den Frost bedingte Zu nahme der Arbeitslosenzahl um 27, bei den Metallarbeitern männ lichen Geschlechts eine solche um 57 ein.
Nach dem Bericht des Verbandes märkischer Arbeitsnachweis wurden in der Woche vom 12. bis 19. Februar von den öffentlichen Arbeitsnachweisen Groß Berlins 2203 (in der Vorwoche 1440) Stellen für männliche und 2362 (2220) für weibliche Personen ver⸗ mittelt. An offenen Stellen waren 2620 (2534) für männliche und 3059 (2716) für weibliche Arbeitskräfte vorhanden. männlichen Arbeitsuchenden stellte sich auf 3206 (3553), — lichen auf 3524 (3710). Die Lage des Arbeitsmarktes für männd liches Personal war in der Berichtswoche im allgemeinen un⸗ verändert. Auf jenem für weibliches Personal waren Anzeichen eines leichten Aufstieges zu bemerken. In den Munitions⸗ fabriken berrschte erhöhter Bedarf noch weiblichen Arbeitskräften. In der chemischen Industrie war man gezwungen, zum um Heere eingezogenen Arbeiter vermehrte weibliche Kräfte einzu⸗ stellen. Die günstigen Verhältnisse in der Damenkonfektion dauerten an; es war zum Teil schwer, die gewünschten tüchtigen gelernten Arbeitskräfte zu beschaffen. Die Beschäftigung in der Buchdruck⸗ industrie gestaltete sich infolge der Osterarbeisten aünstig. Geübte
Kräfte wurden ferner zum Sortieren in Lumpenfabriken stark gesucht.