1916 / 61 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 11 Mar 1916 18:00:01 GMT) scan diff

wohl sich unkerhalten und das Für und Wider nach beiden Seiten erwägen kann. Aber, meine Herren, eine Frage von so eminenter Trogweite jetzt im Kriege für die Zeit nach dem Kriege zu erwägen, das ist mir völlig unfaßbar. Ich bitte Sie, nur zu erwägen, wie sich die Sache gestalten muß. Der Verfasser geht davon aus, daß der Einheitspreis der 4. Klasse erhalten wird, 2 Pf. für das Kilometer und die Person, daß die 4. Klasse in ihrer jetzigen Gestalt beseitigt wird und die 3. Klasse an ihre Stelle tritt. Die Folge ist, daß ein großer Teil der Passagiere, die heute in der 3. Klasse fahren, in die 4., die Zweipfennigklasse, wie ich sie nennen will, übergeht, ein kleinerer Teil in die höhere, in die Polsterklasse. Durch den Uebergang eines größeren Teils, vielleicht zwei Drittel der Passagiere, aus der jetzigen 3. Klasse in die demnächst kombinierte 3. und 4. Klasse erwachsen den Eisenbahnverwaltungen ganz außerordentliche Ausfälle. Die 3. Klasse hat einen Einbeitspreis von 3 Pf. für das Personenkilometer. Nun würde denjenigen Passagieren, die aus der heutigen 3. Klasse in die Polsterklasse übergehen wollen, meines Ermessens nicht zu⸗

gemutet werden können, daß sie den heutigen Preis der Polsterklasse

zahlen, in der 4,5 Pf. pw Kilometer zu erlegen sind; man wüͤrde geradezu gezwungen sein, die Polsterklasse im Preise herunterzusetzen. Dadurch entsteht dann ein weiterer Ausfall für alle diejenigen Per⸗ sonen, die die Polsterklasse bisher benutzt haben, und selbstverständlich für alle diejenigen, die die 1. Klasse benutzt haben. Es ist überaus schwierig, bei einem solchen riesenhaften Projekt mit sicheren Zahlen⸗ angaben zu kommen. Nach Berechnungen, die in meinem Ministerium gemacht sind, würde mit einem Ausfall von 60 bis 80 Millionen im Jahre zu rechnen sein (Hört, hört!), ein Risiko, das unmöglich in so schweren Zeiten übernommen werden kann. (Sehr richtig!)

Der Verfasser ist aber auch der Meinung, daß hierbei nicht stehen zu bleiben wäre, und weist ganz mit Recht auf den Personen⸗ zugfahrplan hin. Meine Herren, schon vor Jahr und Tag habe ich mich mit den Bundesregierungen in Verbindung gesetzt, um den Personenzugfahrplan neu aufzubauen und zu gestalten, wie er nach dem Kriege sein muß. Da hat natürlich die Ersparnisfrage eine große Rolle gespielt. Aber ich kann den Weg des Verfassers nicht gehen. Er sagt: auf den großen Verkehrslinien wollen wir die Züge, soweit notwendig, vermehren, aber dort, wo solche Verkehrswege nicht vorhanden sind, sollten Einschränkungen eintreten, sollten die Züge vermindert werden. (Hört, hört!) Meine Herren, eine solche Politik steht mit der Politik der preußischen Staatseisenbahnen in vollstem Widerspruch. (Sehr richtig!) Die Verkehrspolitik der preußischen Staatseisenbahnen, des größten Verkehrsinstituts Deutschlands, ja Europas, ist immer darauf bedacht gewesen, daß sie das, was sie für den Verkehr gewährt, allen gewährt, und daß nicht einseitig zugunsten gewisser Kreise Vergünstigungen gewährt werden, und anderen das, was sie besitzen, genommen wird. (Bravo!)

Es ist auch noch auf andere bemerkenswerte Einrichtungen hin⸗ gewiesen, auf den Verkehr der Ku rswagen. Die Kurswagen sind, wie Sie wissen, eine Last für die Verwaltungen, kostspielig, und die Verwaltungen sind von jeher bemüht, die Zahl der Kurswagen ein⸗ zuschränken. Petitionen aller Art werden darüber geschrieben; nicht der einzelne Interessent, es sind die Vertretungskörper der Be⸗ rufskreise, die sich mit ihrer ganzen Kraft dafür einsetzen, daß ihnen auf diesem Gebiete gewährt wird, was wir glauben, ihnen nicht ge⸗ mwähren zu können. Wir sind uns klar darüber, daß hier eine Ein⸗ schränkung erfolgen muß. (Sehr tichtigt rechts.) Nur den finanziellen

ffekt soll man nicht überschätzen.

Der Verfasser weist ferner auf Ersparnisse im Güterverkehr

in. Ganz zweifellos lassen sich im Güterverkehr Ersparnisse er⸗ zielen. Hier kann ich nur an das anknüpfen, was Herr Graf von der Groeben soeben anführte: wir müssen uns technisch vervollkommnen. Wir müssen, um auf seine Anfrage zu antworten, die durchgehende Güterzugbremse einführen, und ich darf die erfreuliche Mitteilung machen, daß die Versuche mit der durchgehenden Güterzug⸗ bremse zu einem so glücklichen Ergebnis geführt haben, daß wir boffen, von dieser technischen Errungenschaft bald Gebrauch machen zu können. (Bravo!) Darin liegen große Ersparnisse, namentlich große

rsonalersparnisse; denn dadurch würde das zahlreiche Bremser⸗ personal, das heute auf den Zügen fährt, zum großen Teil freigemacht.

Ich nehme an, daß der Verfasser auch die Umleitungen im Güterverkehr im Sinne hat. Meine Herren, in dem Gebiet der preußischen Staatseisenbahnen und in ganz Norddeutschland spielen die Umleitungen gar keine Rolle. Ich spreche aus: die preußischen Staatseisenbahnen sind durchaus geneigt, das Prinzip der kürzesten Route, falls sie die leistungsfähigste ist und darauf kommt es amn —, zu akzeptieren. Ob alle bundesstaatlichen Verwaltungen dazu in der Lage sind, das will ich dahingestellt sein lassen.

Es ist gar keine Frage und darin hat der Verfasser recht —: es können nicht ganz unerhebliche Ersparnisse herausgeholt werden, wenn man sich vor solchen gewaltigen Eingriffen, wie er sie plant oder anregt, im Personenverkehr bewahrt. Aber eins übersieht er vollkommen: wir leben in einer Zeit der Preissteigerungen, wie wir sie noch nicht gekannt haben. Ich habe neulich in der Staatshaus⸗ haltskommission auf die außerordentliche Steigerung der persönlichen und sachlichen Ausgaben der Staatseisenbahnen hinweisen müssen. Ich habe bekannt geben können, daß wir im Jahre 1916 an Personen⸗ mehrkosten aus Anlaß des Krieges trotz geminderten Personals mit einigen 50 Millionen rechnen, und ich bin überzeugt, daß wir diese Summe nicht einhalten, daß wir sie überschreiten werden. (Hört, hört!) Ich habe darauf hingewiesen, welche Mehrkosten uns aus der Beschaffung der Lokomotivkohlen erwachfen. Ich war damals zurückhaltend; ich rechnete mit einem Betrage von einigen 20 Mil⸗ lionen. Die Verhandlungen mit dem Syndikat und der Ober⸗ schlesischen Kohlenkonvention machen es aber heute wahrscheinlich, daß wir in einem Jahr 40 bis 50 Millionen Mark mehr zur Be⸗ schaffung von Lokomotivkohlen werden aufwenden müssen. (Hört, hört!) Heute laufen noch uns günstige Verträge über die Be⸗ schaffung von Schienen, Schwellen und Kleineisenzeug. Nach ihrer Ablaufsfrist haben wir für diese stark zu Buch schlagenden Ma⸗ terialien sehr erhebliche Mcehraufwendungen in Abschlag zu bringen.

Für Schmiermaterialien und für eine große Zahl von sonstigen Ma⸗ terialien, die wir brauchen, sind enorme Preissteigerungen zu zahlen.

Nun wird man sagen können: diese Preissteigerungen sind durch den Krieg hedingt. Ich bin in vieler Beziehung Optimist; aber nach dieser Richtung bin ich es nicht. Angesichts der ungeheuren Be⸗ lastungen des gesamten wirtschaftlichen Lebens, die uns die Steuern brugen werden, werden die Preise hoch bleiben. (Sehr richtig!) ir Hahen afso mit einer bauernden starken Belastung zu rechnen. 28 AK weien die Grsparnisse, die wir auf Grund einer ver⸗

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es ist

räumen, daß es nichtwerbende Anlagen seien. (Es muß desha

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ständigen Betriebsführung erzielen nicht einer Betriebsführung, die den Verkehr knehelt und erdrückt —, verwenden müssen, um diese eminenten Mehrkosten einigermaßen auszugleichen. Ja, meine Herren, wenn danm das Reich, wie es sich der Herr Verfasser vorstellt, auf die etraigen Ersparnisse angswiesen werden sollte, weng es etwa auf Gewinn und Verlust mit mir arbeiten würde, würde es nur auf der Verlustseite buchen können.

Also das Reich muß einen anderen, wie ich schon vorher sagte, sichereren Weg gehen. Da es die Einnahmen braucht, so muß ich, so schwer es mir wird, es als Verkehrsminister auszusprechen, so sehr ich es deklage, und so sehr ich mich dagegen in friedlichen Zeiten bei heruntergehenden Konjunkturen gesträubt haben würde, sagen: Sum die Verkehrssteuern kommen wir meines Er⸗ achtens nicht herum! In der Beziehung müssen wir um⸗ lernen; es muß der Minister umlernen, wie jeder im Vollke.

Meine Herren, der Verfasser tritt dann für die Schaffung einer Reichsstelle zur einheitlichen Verkehrs⸗ leitung ein und geht von folgender Erwägung aus. Die großen Leistungen der Eisenbahnen im Kriege, die er anerkennt, sind aus⸗ schließlich, wie er an einer Stelle sagt, auf die einheitliche Leitung des Eisenbahnwesens durch die einzig dastehende Heeresverwaltung zu⸗ rückzuführen. Ich bin der letzte, der den Ruhm der Heeresverwaltung auch auf diesem Gebiete nach irgendeiner Richtung kürzen wollte. Es ist auf dem Gebiete des Eisenbahnwesens im engsten Zusammenwirken mit den Eisenbahnverwaltungen Deutschlands durch die Heeresverwal⸗ tung bei der Mobilmachung, bei dem Aufmarsch und der Durchführung des Krieges Außerordentliches geleistet worden. Aber wie vollzieht sich das? Außerhalb der Grenzen Deutschlands haben wir sogenannten Militärbetrieb; dort hat Verwaltung und Betrieb die Heeresverwal⸗ tung und deren Organe, die Militäreisenbahndirektionen und die Aemter. Innerhalb der Grenzen Deutschlands haben wir den Kriegs⸗ betrieb. Dieser wird von zuständigen Verwaltungen der Eisenbahnen Deutschlands geführt. Diese haben ihren Betrieb nach den Anforde⸗ rungen der Heeresverwaltung einzurichten, nicht nur für die Heeres⸗ transporte, sondern unter Umständen auch für die Transporte, die nicht Heerestransporte sind (Sehr richtig! links.); sie müssen die Ein⸗ schränkungen, die Sperrungen hinnehmen. Darin liegt gerade für die verantwortlichen Betriebsverwaltungen Deutschlands die Schwierig⸗ keit während des Krieges, daß sie die Anforderungen der Heeresverwal⸗ tung und die Anforderungen des Verkehtrs, der nicht Heeresverkehr ist, ausgleichen und befriedigen müssen. (Sehr richtig!) Das geschieht ohne Einflußnahme von seiten der Heeresverwaltung, ganz ebenso selbständig, unter Verantwortung der Staatseisenbahnbehörden, wie es im Frieden geschehen ist.

Aber auf diesen unzutreffenden Voraussetzungen baut der Ver⸗ fasser seinen Vorschlag der Schaffung einer Reichsstelle auf. Er sagt: nach dem Frieden werden wir in Deutschland einen Verkehr von einem Umfange und einer Größe erleben, daß er nur bei einheitlicher Zu⸗ sammenfassung bewältigt werden kann, und diese kann, wie im Kriege durch die Heeresverwaltung, auch im Frieden nur durch eine einheit⸗ liche Stelle erfolgen, und das soll eine Reichsstelle sein. Das ist ein Fehlschluß. Sehe ich aber von der irrtümlichen Voraussetzung ab, so bitte ich, nur sich zu vergegenwärtigen, wie sich der Verkehr innerhalb Deutschlands abwickelt. Die größten Schwierigkeiten bestehen natur⸗ gemäß dort, wo der Verkehr am dichtesten ist, in den Industrierevieren, in den großen Häfen und Indnstrieplätzen; dort liegt ihr Ursprung: Sie können unter Umständen auch in anderen Gebieten hervortreten; auch Süddeutschland kann betroffen werden. Besonders betroffen wird aber in erster Linie Norddeutschland, und dort sind die Eisenbahnen durchaus einheitlich und zentral geleitet. Ich kann mir für diese ver⸗ kehrsdichtesten Gebiete von einer solchen Stelle, die eine Reichsstelle sein soll, keine weiteren Erfolge versprechen. (Sehr richtig!) Der Verfasser schlägt sie auch nur vor, wie er sagt, als Ueberleitung für die Schaffung von Reichseisenbahnen. Der Verfasser war in früheren Jahren, wie aus seinen früheren Schriften erkennbar ist, kein An⸗ hänger der Reichseisenbahnen; er ist es während des Krieges geworden. Er war Anhänger von Gemeinschaften wie der preußisch⸗hessischen Ge⸗ meinschaft. Ohne Angabe von Gründen hat er jetzt eine andere Stellung eingenommen.

Ich kann schließen. Der Verfasser deutet an einer Stelle seiner Schrift an, daß er gewissermaßen Dolmetscher und Vollzieher Bis⸗ marckscher Pläne und Gedanken sei. Meine Herren, ich stehe auf dem Boden der Wirklichkeit. Ich fühle mich nicht nur, ich bin verantwort⸗ licher Leiter und Verwalter eines großen Bismarckschen Erbes, der preußischen Staatseisenbahnen (sehr richtig! und Bravol), und an diesen Grundfesten will ich nicht rütteln lassen, ich müßte denn einen ganz festen, sicheren Boden unter den Füßen haben. (Lebhafter Beifall.) Die Kirchhoffschen Vorschlöge lassen dieses vermissen. (Wiederholter lebhafter Beifall.) 8 Vormittags 11 Uhr.

Mäürz 1916,

24. Sitzung vom 10. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.) Ueber den Beginn der Sitzung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden. Das Haus setzt die zweite Lesung des Etats der Eisenbahnverwaltung fort.

Abg. Dr. Macco (nl.): Wir schließen uns den anerkennenden Aeußerungen an, die die beiden Vorredner 85 die Tätigkeit der Eisen⸗ bahnverwaltung während des Krieges ausgesprochen haben. Es ist mir eine Freude, anzuerkennen, daß unsere Eisenbahnbeamten vom Minister bis zum letzten Arbeiter ihre Pflicht aufs äußerste getan und damit wesentlich heigstragen haben, den; rieg sich günstig entwickeln zu lassen. Meine F haben mich beauftragt, dafür unseren Dank auszusprechen. Für die Beurteilung des Etats fehlt uns diesmal eine

roße Menge von Material, das uns sonst ein klares Bild gegeben

8 wir können uns nur auf die Erfahrungen der letzten beiden Jahre stützen. Bezüglich des Finanzabkommens ist darauf hinzuweisen, daß das statistische Anlagekapital von 1914 bis 1916 sich um ungefähr 1200 Millionen Mark erhöht hat; demnach haben sich die Abgaben der Eeneemereelhg; für die allgemeinen Staatszwecke von 200 auf 267 Millionen erhöht. Dagegen hat sich die Verzinsung des Anlage⸗ kapitals von 6,3 im Jahre 1913 auf 3,5 im Jahre 1914, also fast um die Hälfte, ermäßigt. Unter diesen Umständen werden wir in den nächsten Jahren zu einer endgültigen Regelung des Verhältnisses der Eisenbahnverwaltung zur Staatsfinanzverwaltung kommen müssen. Ob wir mit der jetzigen Dotierung des Extraordinariums auskommen werden, ist schwer zu übersehen. Die Ausgaben des Extraordinariums, auch diejenigen für die graßen Bahnhöfe, sind für die Erhaltung des Betriebes und der Rentabilität erforderlich, kaum eine Ausgabe wird in Extrgordingrien gemacht, die sich nicht aus der Notwendigkeit des v6 selbst ergabe; deshalb sind alle diese Ausgaben als werbenve Anlagen zu betrachten, ich mochte endlich einmal mit der S auf⸗ , k einmal

werden, ob wir nicht die Kosten, die Erhaltung

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gründlich erörtert

des Betriebes und der Rentabilitét erforderlich sind, auf Ahl nehmen sollen. In den Lobgesang auf den Ausgleichsfonde kamn! nicht einstimmen. Der Ausgleichsfonds ist nicht genügend müssen ihn höher dotieren, wenn wir nicht zur nleihe übergahe wollen. Wir stehen jetzt aus dem Jahre 1915 einem Maniy 170*Millionen gegenüber, und wir konnen die 2,1 , die den Stant inanzen zugeführt werden sollen, nicht erreichen. Der Ausdehnung 8 inanzabkommens auf weitere zwei Jahre werden wir zustimanen. If ersonlich kann mich von der Zweckmäßigkeit der unveränderten W. längerung nicht überzeugen. Die Mehrheit meiner Fraktion ist ah der Ansicht, daß die zeitigen Verhältnisse nichts anderes gestatten. freue mich, daß wir endlich so weit sind, daß die durchgehende Bns eingeführt wird; lange genug hat es ja gedauert. Ich möchte hosst daß wir auch die selbsttätige Kuppelung, wie sie in den Vereini Staaten seit langen Jahren im Gebrauch ist, bei uns eingeführt sehe ehe wir einen neuen Krieg haben. Die großen Treppen bei den üfens Bahnhöfen sind für die große Anzahl von Verwundeten und Kün

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sehr schwer und mühselig zu besteigen; ich habe manchmal die arnz Teufel, die diese Treppen, hier und da sogar in zwei Etagen, hina klettern müssen, sehr bedauert. Ich bitte den Minister für die N. mehrung der Personenaufzüge zu sorgen, um hier Abhilfe zu schgst Den Leistungen der Eizenbahnverwaltung konnen auch wir höchste Anerkennung zollen, zumal ihren Leistungen während Krieges. Naturlich hatte in der Zeit der Mobilmachung die Eisenze

ausschließlich den Heeresbedürfnissen zu dienen; als dann Industrie n

Landwirtschaft sich auf die veränderten Verhältnisse eingerichtet hatt als es galt, für die Erhaltung unseres Wirtschaftslebens, für die nährung der Bevölderung usw. Sorge zu tragen, sind gewisse Schm rigkeiten in Gestalt von Mangel an Wagen und Betriebsmaterial u aufgetreten, Schwierigkeiten, die in der Naätur der Sache lagen und a denen ich der Verwaltung nicht den geringsten mache, aber die Frage berechtigt erscheinen lassen, ob diese Sch ierigkeitt sich nicht hätten vermindern lassen, wenn wir ein größer ckusgebalnth Wasserstraßennetz gehabt hätten, wenn der Rhein —Elbe⸗ und 8 Rhein— Donaukanal vorhanden gewesen wären, um das Getreide n auch auf dem Wasserwege in größerem Umfange zu transportzerz Das Eisenbahnnetz, aber auch das Wasserstraßennetz wird auszubch⸗ sein. Die Umwälzungen, die der Krieg mit sich gebracht hat, zwingt dazu, unser deutsches Vaterland in Zukunft als ein selbständigen Wirtschaftsgebiet zu betrachten, als es bisher war. Es wird nse Aufgabe sein, Deutschland vom Auslande unabhängiger zu machen d. bisher, und dies ist nur möglich, wenn die Gütererzeugung innerze des Reiches ausgeglichen wird. Die Landwirtschaft wird auf eine intensiveren Betrieb hingewiesen sein. Ebenso werden wit industrieller Beziehung andere Aufgaben bekommen; wir werden ein stärkeren Inlandsmarft zu erwarten haben. Daß wir nach h Kriege schwierige wirtschaftliche Verhältnisse bekommen werden, insbesondere das Geld teurer sein wird, ist sicher, aber diese Sorge⸗ überall vorhanden und in den feindlichen Landern stärker als bei Für die Entwicklung und Erhaltung des Staates absolut notwend ind billige Verkehrsmittel. Allgemein billige Tarife zu fördern, st wir weit entfernt, wir denken nicht daran. Die Verwaltung hat; diesem Gebiete die richtige Politik verfolgt, den Bedürfnissen entgena zukommen, wo sie im einzelnen aufgetreten sind und sich als begrünk erwiesen haben; aber warnen möchte ich davor, daß unter dem Dn der heutigen Finanzlage man zu einem allgemeinen Aufschlag auf Tarife wie 1873 übergeht. Das war der größte Mißgriff, den Verwaltung machen konnte, der dann 1878 zu einer vollständig Umwälzung unserer Wirtschaft geführt hat. Das System Staffeltarife wird ausgebaut werden müssen; eventuell muß der mit schaftliche Ausgleich in der verstärkten Heranziehung der Wasserstraf gesucht werden. Die Befürchtung, daß die Zukunft der Eisenbahn ungewiß und Gefahr für die Erhaltung ibrer Wirtschaftlichkeit de handen sei, kann ich nicht teilen; sie ist unberechtigt. Ein Englämd hat unseren deutschen Ingenieur und unsere deutsche Technik für e viel Gefahr für Englands Ruhm und Weltstellung erklärt d die deutsche Flotte. Nun ist ja in England die wirtschaftliche Mob machung gegen Deutschlands Handel und Industrie proklamiert wore Ich gkaube, England wird mit seinen widts chaftlichen⸗Mobilmachꝛu plͤnen bei den Neutralen wenig Entgegenkommen finden, und à. seinen eigenen Freunden müßte ihr eigenes wirtschaftliches Inten ganz aus den Augen geschwunden sein, wenn sie sich von England die Zukunft fangen lassen wollten. Wir brauchen also deswegen k große Sorge zu haben; worauf wir aber unser Augenmerk richze müssen, ist eine Ausdehnung unseres wirtschaftlichen Gehietes auft befreundeten Nationen, so nach dem Orient. Wenn ich auch daß diese Gebiete uns mit der Zeit von groff Nutzen sein

so darf ich andererseits nicht verschweigen, haß wir nicht erm können, daß wir gerade dort schon große Goldschätze heben kör Wir werden immer als Nachfolger der Engländer und Franzosen : treten müssen und nur mit Vorsicht und größter Solidität vorgen können, um sie uns für die Zukunft zu erobern. Im ganzen bral wir nicht zu befürchten, daß England uns wirtschaftlich schädigen k es wird mit seinen Plänen ebensowenig Glück haben, wie seinerzeit? seinem „made in Germany“. Zu dem Minister habe ich das trauen, daß er uns wirtschaftlich üher die schweren Zeiten hinaushech wird. Wenn er seinerseits die wirtschaftliche Entwicklung fördert, de ist es nach meiner Ueberzeugung durchaus nicht schwierig, die Li zu tragen, die uns aus dem Kriege selbst und aus den Folgen Krieges beschieden sein werden. Ich hoffe, daß uns ein neues Deut land auch in wirtschaftlicher Beziehung erblühen wird.

Finanzminister Dr. Lentze:

Meine Herren! Ich möchte nicht unterlassen, meiner besondat Befriedi gung darüber Ausdruck zu verleihen, daß alle Redner! Hauses und auch der Staatshaushaltsausschuß befürwortet bhalt daß das Finanzabkommen des Jahres 1910 auf weit 2 Jahre verlängert werden soll. Bei der Unklarheit und Undund sichtigkeit der Lage während des Krieges und bei den außerordentliche Schwankungen, welche in den Einnahmen und Ausgaben der Eich bahnen vorhanden sind, ist es gar nicht möglich, während des Krit⸗ irgend eine neue finanzielle Regelung zu treffen. Ich freue M. deshalb, daß das bisherige Abkommen verlängert werden soll. M. meiner Ueberzeugung hat das bisherige Abkommen sich sehr gutt währt. Der Herr Abg. Dr. Macco hat allerdings an dem bishern Abkommen und an der Finanzierung der Eisenbahnen mancherlei da zusetzen. Er hat auch heute wieder seine verschiedenen Beschwec punkte vorgebracht, und ich kann nicht umhin, hierauf, wenn auch! mit wenigen Worten, einzugehen.

Der Herr Abg. Dr. Macco hat zunächst die Berechnung n Eisenbahnrente nach dem statistischen Anlagekapital beanstandet: hat erklärt, die Berechnung der Eisenbahnrtente nach dem statistische Anlagekagekapital würde zu niedrig ausfallen; wenn das ursprüngli Anlagekapital zugrunde gelegt werden würde, würde es anders ag fallen. (Widerspruch des Abg. Dr. Macco.) Wenn ich Herrn P. Dr. Macco falsch verstanden haben sollte, so bitte ich um Entschul gung, ich entnehme aus seinen Bewegungen, daß ich ihn mißte standen habe.

Dann hat der Herr Abg. Macco die alte Frage aufgeworft ob es richtig sei, das Extraordinarium aus den Eisenbahnet nahmen zu bestreiten, oder ob es nicht besser wäre, das Extraordinarium Anleihen aufzunehmen. Meine Herren, redet der Anleihe das Wort. Ich bin aber aus voller Ueberzeugug davon durchdrungen, daß das vom Standpunkt einer vorsichtig Finanzverwaltung aus niemals möglich sein wird. Ich möchte bdar h inweisen, daß wir fast gar keine Schuldentilgung bei der Eisenbak

ltung haben; denn die Schuldentilgung mit 8 % von d

Pünsche haben solche Folgen in sich, daß diejenigen, rechen,

8 il für den Pbraus

weils balidierenden Kapitalschuld ist doch eine Schuldentilgung, die

aeeinem so riesigen Unternehmen absolut unzureschend ist. Es muß

infolgedessen eine Verstärkung dieser Schuldentilgung eintreten, und eir haben immer in dem aus laufenden Mitteln gespeisten Extra⸗ dinatium eine verstärkte Schuldentilgung erblickt. Wenn wir das Frtraordinarium aus der Anleihe genommen hätten, dann würde die Schuldentilgung geringer geworden sein, und wir würden eine sehr jel höhere Eisenbahnkapitalsschuld haben, als wir sie bis heute Gott sei Dank! nur besitzen. Unsere Eisenbahnkapitalschuld würde olle 3,2 Milliarden mehr betragen wie heute, und diese 32 Milliarden müßten aus den Eisenbahneinnahmen verzinst werden. Wenn wir diese Zinsen einmal ausrechnen, so ergeben sie mindestes 120 bis 150 Millionen jährlich, und diese 120 sis 150 Millionen würden uns bei den Eisenbahnreinerträgnissen ind auch beim Abschluß des Staatshaushalts fehlen. Es pürde im Jahre 1914 die Deftzitanleihe, die wir auf⸗ ehmen müssen, um das Defizit des Staatshaushalts abzudecken, sich sso noch um diesen hohen Betrag erhöht haben. Nun wissen wir soch gar nicht, wann wir überhaupt wieder mit Eisenbahnüberschüssen echnen können. Wir müssen daher darauf gefaßt sein, daß die Eisen⸗

pabnen noch eine ganze Reihe von Jahren hindurch nicht mit Ueber⸗

chüssen, sondern mit Mindererträgnissen abschließen, und diese würden hann sämtlich der Defizitanleihe zuwachsen. Wir würden also Eisen⸗ ahnschulden mit der Aufnahme neuer Schulden verzinsen müssen. Das ist in wirtschaftlicher Hinsicht etwas so unsolides, daß eine solide sinanzwirtschaft sich darauf niemals einlassen kann.

Nun hat Herr Dr. Macco erklärt, auch der Ausgleichsfonds hätte m nicht imponiert; der Ausgleichsfonds wäre nach seiner Ansicht iel zu gering gewesen. Ich gebe ihm gern zu, daß auch ich es mit euden gesehen haben würde, wenn wir einen höheren Ausgleichsfonds esessen hätten. Aber der höhere Ausgleichsfonds war bis dahin nicht nerzielen, und ich wäre Herrn Dr. Macco außerordentlich dankbar, wenn mir ein Mittel angeben könnte, welches einen höheren Ausgleichs⸗ nds herbeiführt. Aus seinen Ausführungen habe ich entnommen, daß t den Ausgleichsfonds dadurch höher dotieren will, daß er die Mittel

Ertraordinariums hineinnimmt und das Extraordinarium durch nleiben bestreitet. Herr Dr. Macco nickt mie zu; ich habe ihn hio richtig verstanden. Was würde das finanziell bedeuten? Das kürde bedeuten, daß wir einen Ausgleichsfonds auf Schulden und cht aus laufenden Mitteln nehmen. Ob ich die Schulden in der Fpalte des Extraordinariums oder des Ausgleichsfonds eintrage, das einerlei; Schulden werden unter allen Umständen aufgenommen, d wir werden infolgedessen den Ausgleichsfonds auf Schulden hmen. Herr Dr. Macco hat in seinen Ausführungen aber selbst klärt, man dürfe den Ausgleichsfonds nicht auf Schulden nehmen. lio ich glaube, wir kommen auf diesem Wege nicht zu einem finan⸗ el befriedigenden Ziele. Diese Frage braucht aber heute noch nicht ledigt zu werden. Wir haben noch zwei Jahre Zeit, bis dahin bleibt as alte Finanzabkommen bestehen, und ich habe die Hoffnung, daß hmich vielleicht doch noch einmal mit Herrn Dr. Macco über diese rage einige.

Eine andere Frage ist hier zur Sprache gekommen, die ich für meine erson sehr ernst auffasse, das sind nämlich die Bestrebungen, daß sere preußischen Staatsbahnen auf das Reich übergehen sleu. Schon früher in Friedensjahren, istmit diesent Gedanken wiedet⸗ itgespielt worden. Es ist oft erörtert worden, es wäre doch sehr er⸗ ünscht, wenn auch die preußischen Bahnen an das Reich übergingen, eil wir dadurch eine einheitliche Eisenbahnverwaltung für das ganze heautsche Reich erhielten und dadurch ein weseutlicher Fortschritt er⸗ elt würde. Ich habe schon damals, wenn diese Wünsche laut surden, immer ein großes Unbehagen empfunden. Denn diese welche sie aus⸗ sie sich überhaupt gar nicht klar gemacht haben können,

ist würden sie sie nicht ausgesprochen haben. (Sehr richtig!

sichts.)

Die Einnahmen unserer Staatseisenbabnverwaltung sind zum preußischen Sltaatshaushalt nutzbar gemacht; jahrein werden von den Reinüberschüssen der Eisen⸗ aonverwaltung bestimmte Summen an den preußischen Staats⸗ üshalt zur Deckung der allgemeinen Staatsbedürfnisse abgeführt. biese von der Eisenbahn bezogenen Einnahmen sind im Laufe der hre immer regelmäßig gestiegen, unsere ganze Staatswirtschaft ist rauf aufgebaut, daß wir mit steigenden Einnahmen in der Eisen⸗ ihn zu rechnen haben. Herr Dr. Macco hat allerdings die starke steigerung, die in den letzten Jahren vorgekommen sein soll, wenn ihn nicht mißverstanden habe, beanstandet, er hat gemeint, die fteigerung wäre zu stark gewesen. Aber ich muß darauf hinweisen, sh es im Interesse des Staatshaushalts dringend notwendig ist, daß ich unsere Einnahmequellen eine steigende Tendenz haben, weil zu eicher Zeit die Staatsausgaben auch alljährlich eine regelmäßige tteigerung aufweisen. Wenn unsere Einnahmequellen nicht eine gtürliche Steigerung erfahren, sind wir außerstande, ohne erhöhten teuerdruck den Staatsausgaben hinterher Genüge zu leisten.

Nun hat sich Preußen bis dahin bei dieser Regelung sehr wohl funden, und gerade die guten finanziellen Verhältnisse unserer Eisen⸗ hnen haben bei manchem das Gefühl erzeugt, ob es nicht wünschens⸗ it wäre, dem Reich in seiner großen Finanznot aufzuhelfen, indem an ihm diese starke Einnahmequelle, die Preußen aus den Eisenbahnen hat, fereignet. Meine Herren, die Frage ist außerordentlich weitgehend und hgeischneidig. Für mich unterliegt es keinem Zweifel, daß der Optimismus, n Herr Dr. Kirchhoff in seiner Broschüre geäußert hat, Preußen nde bei einer Uebereignung der Eisenbahnen an das Reich vom eich in glänzender Weise entschädigt werden, in Wirklichkeit nicht treffen würde. Das Reich möchte den allerbesten Willen haben;

Per bei den ungeheuren Summen, die das Reich zu decken hat,

de es außerstande sein, so zu verfahren. Das Reich kann uns cht in so reichlicher Weise entschädigen, wie Herr Dr. Kirchhoff es gedeutet hat. Preußen ist aber genötigt, unter allen Umständen cht nur den derzeitigen Wert zu verlangen, sondern auch eine Ab⸗ dung dafür, daß die Einnahmen bis dahin jährlich steigende gewesen nd. Unser ganzer Staatshaushalt würde in seinem Fundnment er⸗ büttert, wenn ihm eine steigende Einnahmequelle fortgenommen ürde ohne eine Vergütung auch für die regelmäßige Steigerung. Ich erkenne voll an, daß man dem Reiche in seiner Not zur eite stehen muß; ich verkenne das nicht. Ich muß dem er hinzufügen, daß auch die Bundesstaaten weiter die Möglichteit res Bestehens behalten müssen, um die gewaltigen Aufgaben, Kulturaufgaben, die ihnen obliegen, auch weiterhin erfüllen

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1ührlich sehr grohe

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zu können. Die Bundesstaaten haben freiwillig schon jetzt dem Reiche eine Quelle zum Teil überwiesen, und das ist der Vermögenszuwachs während des Krieges und überhaupt der Vermögenszuwachs im Frieden. Dadurch, daß das Reich den Vermögenszuwachs besteuert, wird die andere Haupteinnahmequelle, die wir neben den Eisenbahnen haben, nämlich die Erträgnisse der Steuern, wesentlich dermindert. Auch die Erträgnisse unserer Steuern müssen eine steigende Tendenz haben, wenn der Staat ohne eine Ueberlastung der Staatsbürger seine Aufgabe erfüllen soll. Nun ist durch die Ueberweisung der Vermögenszuwachssteuer an das Reich eine Schwächung der Einnahmen aus den direkten Steuern für Preußen die natürliche Folge, und zwar wird die jetzt dem Reichstage vorliegende Reichsvermögenszuwachssteuer während des Krieges eine ganz erhebliche Schwächung in unseren Einnahmen zur Folge haben. Die Sätze, welche in der Reichsvermögenszuwachssteuerordnung vor⸗ gesehen sind, sind konfiskatorischer Natur. Während gewöhnlich die Steuersätze so festgesetzt sind, daß der] Betreffende die Steuersätze aus seinem Einkommen bestreiten kann, sind die Steuersätze bei der Reichsvermögenszuwachssteuer derart, daß sie nicht aus dem Einkommen, sondern aus der Substanz bestritten werden müssen, daß also der Zensit einen Teil seines Ver⸗ mögens angreifen und dem Neich übereignen muß. Es sinkt dadurch also die Steuerkraft des Einzelnen auch Preußen gegenüber, und infolgedessen ist Preußen schon durch dieses Gefetz in seinen Einnahmen beschränkt. Wenn nun noch außerdem die Einnahmen aus den Eisenbahnüberschüssen gleichfalls so geregelt würden, daß die zukünftige Steigerung dabei nicht berücksichtigt würde, dann wäre das eine ganz schwere Benachteiligung Preußens, und es würde für den Staat verhängnisvolle Folgen haben. Aus diesem Grunde schon würde ich es für außerordentlich bedenklich halten, der Frage der Uebereignung der Eisenbahnen an das Reich überhaupt näher zu treten.

Aber die Folgen sind ja auch noch ganz andere. Es wird immer gesagt: es sind ideelle und finanzielle Gründe, welche dafür sprechen, daß die Eisenbahnen an das Reich übergehen müssen. Der ideelle Grund wird darin erblickt, daß wir dann ein ein⸗ heitliches Eisenbahnnetz haben, daß jedweder Uebergang von einer Eisenbahnverwaltung zur andern, jeder Uebergang an der Grenze fortfällt und bei den Eisenbahnen alles einheitlich wie die Post und das Heer im Reiche ist. Ich glaube, das liegt mehr in der Idee, denn wie der Herr Arbeitsminister gestern schon aus⸗ geführt hat, merkt das reisende Publikum überhaupt nicht mehr, daß eine Eisenbahngrenze da ist. Die Züge gehen durch die anderen Länder, ohne daß man umzusteigen braucht, man hat bei der Verfrachtung und sonst gar keine Schwierigkeiten. Es wird de facto alles so gehandhabt, als ob wir ein einheitliches Eisenbahnnetz hätten. Allerdings läßt sich eine Tatsache nicht leugnen, daß nämlich doch eine Abrechnung zwischen den einzelnen Eisenbahnverwaltungen stattfinden muß, und daß diese Abrechnung in Fortfall kommen würde, wenn das ganze Eisenbahn⸗ netz ein einheitliches wäre. Da kommt es nun darauf an, wie hoch diese Ausgaben sind und welche Gegenausgaben gegenüberstehen, wenn die Vereinheitlichung eintritt, d. h. wenn die Eisenbahnen an das Reich übergehen. Hier hat sich ergeben, daß sich

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so viele Ausgaben auf der anderen Seite für Vereinheitlichung der Besoldungen notwendig werden, daß die Vorteile, welche im übrigen entstehen, mehr wie aufgewogen werden.

Aber es würden sehr große Nachteile auch ideeller Natur ein⸗ treten. Man sagt sonst immer: allzu große Gebilde zu zentralisieren ist nicht gut; eine Dezentralisation ist sehr viel besser. Das hat sich auf dem Gebiete des Eisenbahnwesens auch in sehr starkem Maße gezeigt. Dadurch, daß die Eisenbahnen auf die ver⸗ schiedenen Staaten verteilt worden waren, war jeder einzelne Staat in der Lage, den besonderen Bedürfnissen des eigenen Landes Rechnung zu tragen und Eisenbahnen zu bauen und Anschlüsse zu gewähren, die ganz unmöglich alle hätten ausgeführt werden können, wenn eine Zentralstelle zuständig gewesen wäre. Es ist ausgeschlossen, daß die Sonderbedürfnisse von einer einheitlichen Stelle aus, vom Reiche aus, so berücksichtigt werden können, als das bei einem Einzelstaate der Fall ist. Das betrifft sowohl den Bau von Eisenbahnen wie auch die Einrichtung von Zugverbindungen. Ich weise darauf hin, daß wir alljährlich in unserem Staatshaushaltsetat eine ganze Anzahl von sogenannten Melio⸗ rationsbahnen bewilligen, bei denen in der Spalte „Verzinsung“ sehr oft fast gar keine oder eine Minusverzinsung angeführt ist, bei denen wir also bewußtermaßen wissen, wir bauen eine Bahn, welche die Rentabilität des ganzen Eisenbahnunternehmens nicht nur nicht fördert, sondern beeinträchtigt. Aber nichts desto⸗ weniger wird diese Bahn gebaut, weil die Regierung der Ueber⸗ zeugung ist, das Land muß aufgeschlossen werden und es muß dazu dann auch die nichtrentable Bahn gebaut werden, um dem Lande frisches Blut zuzuführen. Stellen Sie sich vor, ob eine derartige Behandlung der Eisenbahnbauten möglich wäre, wenn die Eisenbahn iu der Hand des Reichs ist. Die Konkurrenz der einzelnen Regie⸗ rungen des Vaterlandes, und der einzelnen Staaten und Gegenden würde sehr groß, und die Berufungen, die daraus folgen würden, so zahlreich sein, daß wahrscheinlich man kann wohl sagen mit ziemlicher Sicherheit solche Bahnbauten außerordentlich erschwert, wenn nicht unmöglich werden würden. (Abg. von Pappenheim: Siehe Darmstadt!)

Nun frage ich noch weiter: würde das Reich einen finanziellen Vorteil davon haben, wenn es die Eisenbahnen bekäme, und würden sich die darauf gesetzten Hoffnungen, daß sie eine starke Finanzquelle für das Reich würden, erfüllen? Das Eine muß allseitig zugegeben werden: die Bahnen könnten gar nicht anders auf das Reich über⸗ gehen, als daß die Einzelstaaten entschädigt würden. Wenn die Einzel⸗ staaten entschädigt werden, wie es notwendig ist, dann bleibt für das Reich nur eine mäßige Rente übrig. Wir haben nun in Preußen, obschon wir die Eisenbahnüberschüsse zu den Staatsausgaben herangezogen haben, eine sehr weise Finanzpolitik betrieben. Das soll kein Eigenlob sein. Aber ich muß ausdrücklich sagen: es ist immer dabei im Auge be⸗ halten worden, selbst wenn kleine Ueberschüsse vorhanden waren, daß der Eisenbahn das Nötüge zugeführt wurde, um sie gesund zu erhalten. Ich möoͤchte bemerken, daß auch nach dem Finanzabkommen das ganze Ertraordinarium das sind Eisenbahmreinerträgnisse wiederum in die hineingesteckt wird, und daß außerdem all⸗

Summen aus Anleihen bewilligt sind, um

wiederum neue Kapitalaufwendungen für die hestebencden Bahnen zu machen. Es ist also immer wieder von neuem sehr viel Geld in die Eisenbahnen hineingesteckt, und dadurch sind sie leistungsfähig geblieben. Wenn man dagegen die Eisenbahnen als reine Finanzquelle betrachten will, dann führt das mit Notwendigkeit dazu, daß nach Möglichkeit alle Reinerträgnisse herangezogen werden für die Staats⸗ oder die Reichskasse und daß für die notwendigsten Bedürfnisse der Eisenbahnen auf die Dauer die erforderlichen Mittel nicht vorhanden sind. Das wäre die unausbleibliche Folge. Das Reich würde bei seinem ungeheuren Geldbedarf die vorsichtige Finanz⸗ politik, die Preußen geführt hat, nicht ausführen können. Es müßte alles herausholen, was herausgeholt werden könnte. Ich bestreite in keiner Weise, daß der beste Wille vorhanden sein würde, es nicht zu tun. Ich möoͤchte aber demgegenüber positiv behaupten: die Verhält⸗ nisse sind dann stärker; bei einem so riesigen Geldbedarf, wie das Reich ihn hat, würde diese Quelle tatsächlich in anderer Weise ausgenutzt werden, als es Preußen bis dahin getan hat, nämlich in sehr viel stärterem Maße. Meine Herren, was dann hinterher aus den Eisenbahnen wird und wie Handel und Industrie davon betroffen werden, das ist mir nicht zweifelhaft. Ich halte das in wirtschaftlicher Hinsicht für eine große Gefahr für das ganze Vater⸗ land, wenn man dazu kommen sollte, daß aus den Eisenbahnen alles für Staats⸗ und Reichszwecke herausgeholt wird. Alle diese Gründe veranlassen mich, zu behaupten, daß es unbedingt sowohl im Interesse des Reiches wie auch im Interesse von Preußen liegt, daß die Eisenbahnen nicht an das Reich übergehen. Preußen hat nicht den springenden und starken Geldbedarf wie das Reich, obschon bei uns der Eeldbedarf natürlich auch nie kleiner wird, sondern immer größer, und Preußen ist infolgedessen imstande, die Eisenbahnen pfleglich zu behandeln; das Reich ist dazu nie imstande. Meine Herren, ich halte es deshalb für absolut not⸗ wendig, hier auszusprechen, daß vom preußischen Standpuntte und auch vom Standpunkte des Reichs aus der Gedanke, die Eisenbahnen an das Reich zu übereignen, ganz entschieden zurückgewiesen werden muß. (Bravo!) Auch im Interesse des Reichs ist es sehr viel besser, daß die Bahnen bei Preußen bleiben. (Lebhafter Beifall.)

Abg. Graf Moltke (freikons.): Was unsere Eisenbahnen bisher

und namentlich in der letzten schweren Zeit geleistet haben, erregt mein höchstes Erstaunen und meine höchste Bewunderung. Auch die weitesten Foffnungen in dieser Beziehung sind übertroffen worden. Niemand onnte voraussehen, daß unsere Eisenbahnen sich auch unter den schwie⸗ Uüsten Umständen so bewähren würden. Es liegt hier eine der größten Leistungen vor, die jemals von Menschenkräften vollführt wurden. Ich befugt zu sein, nicht nur im Namen meiner Freunde, der Eisenbahnverwaltung unsere vollste Anerkennung auszusprechen. Ir diesen Leistungen spiegeln sich die hee und besten Eigenschafted unseres Volkes wider.é Da wir uns auf dem ganzen Gebiete unseres öffentlichen Lebens Erspamisse und Beschränkungen auferlegen müssen, kann auch die Eisenbahnverwaltung nicht ausgenommen werden. Ob allerdings die Vorschläge Kirchhoffs näherer Prüfung standhalten, ist fraglich. Ich kanm nicht einsehen, daß aus der Vereinfachung des Betriebes durch Aufgabe der vier Wagenklassen und Einführung von wei Wagenklassen eine Ersparnis berauskommen soll, und daß über⸗ haupt eine Verringerung des Verkehrs eintreten wird. Man kann überhaupt jetzt Ewperimente im Eisenbahnbetrieb in großem Maß⸗ stabe nicht machen. Diese Maßregel wäre auch nicht soßial, denn die vünr Klasse 8 nun einmal die Reisebedürfnisse der wenig mwohl!. schränkung der Zuggeschwindigkeit wäre wohl o des Ver⸗ kehrshedürfnisses moglich. Der preußische Staat ist in der Schaffung von Luxuszügen fast allen anderen Staaten überlegen. Die Züge, di nur alle 200 Kilometer halten, haben eine sehr bedeutende Geschwindiz⸗ keit, und es fragt sich, ob dafür die Reisenden entsprechende Auf⸗ wendungen machen. Unsere Luxuszüge erster und zweiter Klasse haben durchschnittliche Geschwindigkeit von beinahbe 70 Kilometern, der Durch· Hris sämtlicher Schnellzüge betragt 63 Kilometer. Das ist der urchschnitt, aber 17 Züge auf den preußischen Bahnen haben eine Geschwindigkeit von 85 bis 90 Kilometern. Diese Geschwindigkeit könnte man verringern, um zu sparen. Hunderttausende, ja Millionen sind erforderlich, um einen einzigen Knoten mehr Geschwindigkeit bei den Seeschiffen zu erzielen. Die höhere Geschwindigkeit bedingt auch einen höheren Verschleiß des gangen Materials. In der Zwangslage, sich Einschränkungen auferlegen zu müssen, muß man sie sich auch in bezug auf die Transportverhältnisse gefallen lassen. Auch die Zahl der Sckmellzüge, die teilweise miteinander in den Tageszeiten sehr stark konkurrieren, könnte beschränkt werden, z. B. auf der Strecke 8 Hamburg Berlin. Die Einschränkung, die man auf dieser Strecke 38 zwangsweise in Kriegszeiten hat einführen müssen, könnte man auch in der Zukunft so lange aufrecht erhalten, als der Zwang zur Er⸗ sparnis anhält. Die Eisenbahnverwaltung sollte sagen: liebes Pu⸗ blikum, ich habe dich früher sehr verwöhnt, ich werde dich jetzt wieder entwöhnen. Durch die wachsende Zahl der Schneilzüge, zumal sie sich hauptsächlich auf gewisse Tageszeiten konzentrieren, ist ferner eine Beengung des Güterverkehrs eingetreten; infolge der Beschränkung der Schnellzüge könnte sich auch der Gütewerkehr bequemer entwickeln. Weitere Erleichterungen für den Güterverkehr wären dadurch möglich, daß man die Massenguter in der Hauptsache den Wasserstraßen über⸗ weist. Natürlich müßten dann die Wasserstraßen so entwickelt werden, daß sie dem Transvortbedürfnis der Massengüter gewachsen sind. Durch diese Entlastung der großen Eisenbahnlinien würden auch Er⸗ sparnisse erzielt werden können. Jetzt müssen die T grife zwischen den Eisenbahnen und den Wasserstraßen immer künstlich balanciert werden, es besteht da eine gewisse Konkurrenz. Die großen Massentransporte, natürlich mit Ausschluß aller eiligen Transporte wie des T ransportes der Lebensmittel, Kartoffeln usw., gehören auf die Wasserstraßen. Die großen Massengüter, Baumaterialien, Kohlen usw. müffen auf den Wasserweg verwiesen werden. Je mehr wir den Wasser⸗ weg entwickeln, desto mehr entlasten wir die Eisenbahn. Leider konnten die Wasserstraßen in diesem Kriege nicht erfüllen, was man von ihnen erwartet hatte, weil sie noch nicht gemäcend entwickelt sind. Desbhalb konnte auch den Anforderungen der Militärverwaltung für Militärtransporte auf den Wasserstraßen nicht genügt werden. Für ein Experiment zur Schaffung von Reichseisenbahnen nach dem Kirch⸗ hoffschen Vorschlag scheint mir keine Zeit ungeeigneter zu sein als die jetzige. Mit diesem Experiment wäre ein großes Risiko verbunden, dazu muß man Zeiten aufsteigender Konjunktur im Frieden abwarten, wo man Muße und Mittel dazu hat, um die Sache so oder so zu drehen. Aber jetzt soll man nicht Vorschläge machen, daß wir unser preußisches Eisenbahnsystem in den Koffer packen und ein anderes System aus dem Koffer herausholen. Früber dachte ja der Eisen⸗ hahnminister einmal an eine Betriebsgemeinschaft mit den anderen Bundesstaaten, aber jetzt ist die Zeit nicht geeignet, solche Fragen zu erörtern. Ein Vergleich mit dem, was in den gegnerischen Ländern in bezug auf Schnelligkeit der Zuge geleistet wird, fällt nicht gerade zugunsten unserer verehrten Feinde aus. Ueber die Eisenbahnverhält⸗ nisse im allgemeinen in den feindlichen Ländern findet sich in der Zeitung des „Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen“ sehr inter⸗ essantes Material. Die englische Zeitschrift „Engineering“ führt in einer Untersuchung des Zustandes und der Leistungen der französischen Bahnen agug, daß das ganze gewerbliche Leben unter dem Kriege leidet, daß ein starker Ruckgang das Versehro und ein erhehliches Sinken dar Eisenbahnginnahmen eingstreten ist, daß die fur Truppene und Hexretmatertalbeförderung Feim Gragte gezählivn egntungen nur Leriug sind; weiler ist da don⸗ der Verarmüng des Landes Und dom

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