Auf Grund des § 9b des Gesetzes über den Belagerungs zustand vom 4. Juni 1851 verbietet der Oberkommandierende in den Marken, Generaloberst von Kessel, wie „W. T. B.“ meldet, für das Gebiet der Stadt Berlin und der Proovinz Brandenburg den Verkauf von Prismengläsern aller Art, Ziel⸗ und terrestrischen Ferngläsern, gallileischen Gläsern mit einer Vergrößerung von 4mal und darüber sowie von optischen Teilen aller vorgenannten Gläser, auch von den in Privatbesitz befindlichen, ferner den Verkauf von photographischen Objektiven in den Lichtnärken 3, 5 bis 6 und den Brennweiten von mehr als 18 cm. Zuwider⸗
handlungen gegen dieses Verbot werden bestraft. Ausnahmen sind von der ausdrücklichen Genehmigung des Oberkommandos Anordnung tritt sofort in Kraft.
abhängig. Diese
In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ g eine Genehmigungsurkunde, betreffend eine Anleihe der Stadt Frankfurt a. M., veröffentlicht.
Der heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ liegen die Ausgaben 983 und 984 der Deutschen Verlust⸗ listen bei. Sie enthalten die 533. Verlustliste der preußischen Armee, die 74. Marineverlustliste und die 268. Verlustliste der bayerischen Armee.
Oesterreich⸗Ungarn. Der Ausschuß des Beirats der Kriegsgetreideverkehrsanstalt hat sich dafür ausgesprochen, die bewährte staatliche Bewirt⸗ schaftung des Getreides durch die Kriegsgetreideverkehrsanstalt beizubehalten und dieses System auf Hirse, Wicke und Kar⸗ toffeln auszudehnen. Die Vollsitzung des Beirats der Kriegs⸗ getreideverkehrsanstalt hat, wie „W. T. B.“ meldet, be⸗ schlossen, für den gesamten Geschäftskreis der Be⸗ schaffung und Verteilung der Nahrungs⸗ und Futtermittel und zur Oderleitung der hierfür errichteten An⸗ stalten eine besondere Zentralkommission für Volks⸗ ernähruna zu schaffen, in die neben Staaisbeamten auch sach⸗ verständige Persönlichkeiten des praktischen Wirtschaftslebens als ständige Mitglieder zu berufen wären, und an deren Seite ein Beirat gestellt werden solle. Auch wurde die Regierung ersucht, mit der ungarischen Regierung ein Einvernehmen darüber anzustreben, daß eine gleichmäßige und gleich⸗ artige Verteilung der gesamten Lebensmittel⸗ erzeugung in Oesterreich⸗Ungarn auf beide Staaten der Monarchie tunlichst sichergestellt werde. — Der Ministerpräsident Graf Tisza ist gestern von seiner viertägigen Reise in Serbien nach Budapest zurück⸗ ö11“
16“ 88
GSroßbritannien und Irland. X““
Der Premierminister Asquith ist nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ Mitglied desirischen Geheimen Rats geworden, wodurch er tatsächlich ein Mitglied der Re⸗ gierung in Irland wird. Es ist das erste Mal, daß ein englischer Premierminister in den Geheimen Rat Irlands ein⸗ getreten ist.
Der ständige Untersekretär im Auswärtigen Amte Sir Artur Nicolson ist aus Gesundheitsrücksichten zurückgetreten. An seiner Stelle hat Lord Hardinge das Amt, das er bereits vor Nicolson verwaltete, einstweilen wieder übernommen.
— Im Unterhause teilte der Untersekretär im Kriegs⸗ amt Tennant mit, daß ein Luftrat unter dem Vorsitz Lord Curzons eingesetzt worden sei, der die allgemeinen Maß⸗ nahmen des Luftkrieges zu beraten habe, insbesondere die ge⸗ meinsamen Operationen des Luftdienstes der Armee und der Marine, und Vorschläge hierüber wie über die erforderlichen Maschinentyps machen werde. Er werde die Organisation leiten, Uebereinstimmung herbeiführen, für Material Sorge tragen und verhindern, daß die beiden Dienstzweige miteinander in Wettbewerb treten.
— Das Oberhaus hat das Sommerzeitgesetz an⸗ genommen.
— Einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ zufolge hat der Polizeigerichtshof entschieden, daß Sir Roger Case⸗ ment vor das Geschworenengericht kommen soll.
1 Frankreich.
Die Deputiertenkammer nimmt heute ihre Sitzungen wieder auf. Die eingelaufenen Vorlagen betreffen u. a. als Ergänzung des Gesetzes über die Mietverträge die Aufhebung der Pachtverträge, den Anbau der freien Ländereien und die vom Finanzminister angeforderten Kredite für das dritte Vierteljahr 1916. An Interpellationen sind angekündigt eine von Violetie über die “ der Zensur, eine von Albert Favres über die Umstände, unter denen die Schlacht von Verdun sich entsponnen hat. Der „Temps“ kündigt an, daß der Zustand der Tagung des Parlaments in Permanenz weiterdauern werde. Von 602 Sitzen seien 32 zurzeit erledigt.
Dänemark. 8 8
Der Minister des Innern brachte gestern im Reichstag
eine Gesetzesvorlage ein, wonach der Minister ermächtigt wird, auf Ersuchen Personen dänischer Abstammung das dänische Heimatsrecht zu bewilligen, die in die dänische Stammrolle aufgenommen sind oder waren und die nicht das Staatsbürgerrecht eines fremden Staates besitzen. Das Gesetz hat Gültigkeit bis zum Ende dieses Jahres und tritt sofort in Kraft. Bei der Einbringung der Vorlage führte der Minister Rode laut Bericht des „W. T. B.“ aus:
Die betreffenden Personen könnten ganz besonders während der augenblicklichen kriegerischen Verhältnisse fremden Ländern gegenüber in eine schwierige Lage kommen, wenn diese melnten, ebenfalls An⸗
ruch auf Ableistung der Militärpflicht der Betreffenden zu haben. ge liege in der Natur der Sache, daß diese Schwierigkeiten, be⸗ sonders im Verhältnis zu Deutschland, hervortreten müßten. Nach⸗ dem solche sich herausgestelt hätten, seien, um Abbilfe zu schaffen, Verhandlungen zwischen der deutschen und der dänischen Regierung geführt worden. Die dänische Regterung hätte gemeint, daß ein ein⸗ seitiges Vorgehen dänischerseits in dieser Angelegenheit unangebracht wäre. Die Verhandlungen, bei denen die dänische Regierung bei der deutschen verständnisvolles Entgegenkommen gefunden habe, seien nun soweit gediehen, daß die Regierung gemeint habe, eine Vorlage über die Gewährung des Heimatsrechts an die genannte Gruppe der Heimat⸗ losen einbringen zu müssen.
Die Vorlage wurde darauf endgültig und einstimmig in iden Kammern des Reichstags angenommen.
Schweden.
Zweiten Kammer des Reichstages kam bei Regierungsvorlage über die Vermehrung der Arbeitskräfte im Ministerium des Aeußern die Frage der Alandsinseln zur Ecörterung.
Laut Bericht des „W T B. sagte der Vizepräsident der Kammer Persson, die Regierurg habe von Anfang des Krieges an unter kräftigster Unterstützung seitens des Reichstages eine vollkommene Neutralttät Schwedens gewahrt. Im Laufe des Krieges habe sich indessen allerlei ereignet, was in mehrfacher Hinsicht besonders in der letzten Zeit geeignet sei, Unruhe zu erwecken. So habe man Angaben über Be⸗ festigungen und andere milttärische Anlagen auf den Alandsinseln erhalten, die insofern ernste Besorgnisse erweckten, als es für Schweden besonders wichtig sei, daß diese Inselgruppe in derselben militär⸗ polttischen Lage verbleibe wie vor dem Krieg. In öffentlichen Erörterungen seien Aeußerungen vorgekommen, die zu der Auffassung führen könnten, daß man bei der Behandlung dieser Frage andere als schwedische Gesichtspunkte anlegen wollte und daß man von der so oft bekundeten Neutralitäts⸗ politik der Regierung abzuweichen wünschte. Er sei perönlich über⸗ zeugt, daß die Regierung immerfort an der bisher verfolgten Neu⸗ tralitätspolitik festhalte und daß sie auch in der wichtigen Alands⸗ frage, wie in anderen Fragen, das Recht und die Interessen Schwedens wahre. Es wäre jedoch von großem Interesse für die Kammer und von großer Bedeutung für die öffentliche Meinung des Landes, wenn die Regierung sich darüber äußern wollte. Hierauf ergriff der Minister des Aeußern Wallenberg das Wort und sagte: „Es ist wieder⸗ holt und in unzweideutigen Worten von maßgebender Stelle aus⸗ geführt worden, daß Schweden in dem gegenwärtigen Welt⸗ krieg unter Wahrung seines Selbstbestimmungsrechtes nach allen Seiten hin eine strenge und unparteiliche Neutralität aufrechterhalten will und sehr lebhaft wünscht, in den Krieg nicht verwickelt zu werden. Ich bin in der Lage, die Erklärungen, die in dieser Hinsicht von seiten der Regierung abgegeben worden sind, völlig aufrecht zu erhalten. Die Bestrebungen der Regierung, ihrer Pflicht entsprechend, die Rechte und das Interesse Schwedens unbeeinträchtigt zu wahren, dürfen nicht mißverstanden oder mißgedeutet werden in Anbetracht der Art und Weise, in der Schweden die Forderungen der Neutralttät in schwieriger Lage stets erfüllt hat. Ich brauche nicht hinzuzufügen, daß die Regierung während des ganzen Verlaufs der Keise jeder Politischen Erörterung ferngestanden hat, die in dieser oder jener Richtung von den wiederholten Erklärungen der Regierung abweicht, und daß die Regierung solche Erscheinungen bedauern muß, die geeignet sein können, das Vertrauen zu dem Willen, Schwedens Selbständigkeit und Neutralilkät zu wahren, zu vermindern. Was die vom Vorredner besonders berüuͤhrte Frage betrifft, muß jeder, der die geschichtliche Entwicklung der sogenannten Alandsfrage studiert hat, einsehen, daß diese Frage eine Lebensfrage für Schweden ist. Dies war auch die Ansicht des schwedischen Reichstags 1908 und ist die Ansicht der schwedischen Regierung 1916. Ich bin überzeugt, daß diese Meinung auch jetzt vom schwedischen Reichetag geteilt wird. Aus diesem Grunde kann ich der Kammer in Uebereinstimmung mit dem, was ich eben ausgesprochen habe, versichern, daß die Regierung es für ihre Pflicht bält, diese Frage mit der unerläßlichen Auf⸗ merksamkeit zu verfolgen, und daß sie nichts unterlassen wud, um auf diesem wie auf anderen Gebteten die Rechte und Interessen Schwedens wahrzunehmen. Nähere Erklärungen kann sch aus leicht begreiflichen Gründen jetzt nicht abgeben.“ Der Scozialist Branting führte sodann aus, er sei überzeugt, im Namen der ganzen sozial⸗ demokratischen Reichstagsgruppe sprechen zu können, indem er dem Minister des Aeußern für die von ihm ab⸗ gegebene unzweideutige Erklärung danke“, daß die Regierung an ihren Bestrebungen, nach allen Seiten hin das Selbstbestim⸗ mungsrecht Schwedens zu verteidigen, festhalte und gleichz itig ihre früheren Erklärungen, entschieden in der Neutralität perharren zu w llen, völlig aufrechterhalle. Gerade in der jetzigen Lage sei eine solche Versicherung der Regierung weiten Kreisen des Voltes will⸗ kommener a’s je, seudem das große Unglück über die Welt herein⸗ gebrochen sei. Was nun im besoaderen die Alandshrage betreffe, so habe im Jahre 1908 die damalige sozialdemokratische Fraktion im Reichstage sich auf den in Schweden allgemein geteilten Stand⸗ punkt gestellt. daß es für die Sicherbeit Schwedens unumgäng⸗ lich notwendig sei, daß die Inselgruppe, wie bisber so auch in Zukunft, unbefestigt bleibe. Die gegenwärtige sozialdemokratische Reichstagsgruppe sei der Ansicht, daß die⸗ selben Gründe für diese Ansicht unverändert fortbestünden, und spreche daher die lebhafte Hoffnung aus, daß es gelingen möge, durch die in der soeben abgegebenen Erklärung des Ministers des Aeußern erwähnten Verhandlungen auf überzeugende und erfolgreiche Weise das Recht und die Interessen Schwedens in dieser Sache zu ver⸗ teidigen. Der Führer der Rechten Lindman erklärte darauf zu den von dem Minister des Aeußern gemachten Angaben, daß seine Partei sich der Neutratitätspolitik anschließe, die die Regierung erklärt, weiter⸗ hin beobachten zu wollen. Mit Befriedigung erfahre die Kammer, daß die Regierung nichts unterlasse wolle, um in der wichtigen Alands⸗ frage die Rechte und die Interessen Schwedens wahrzunehmen. Die einstimmige Meinung, die in dieser Frage im Jahre 1908 in dieser Kammer auegedrückt worden sei, tönne in diesem Jahre unter ein⸗ mütiger Teilnahme der Partei der Landwirte und der Bürger erneut ausgesprochen werden. Der Führer der Liberalen Eden sagte, er möchte seiner Zufriedenheit darüber Ausdruck geben, daß der Minister des Aeußern im Namen der Regierung die Erklärung abgegeben habe, die die Kammer eben entgegengenommen habe. Die Richtlinien für die auswärtige Politik, die in dieser Erklärung dargelegt worden seien, dürften nach seiner Meinung geeignet sein, die vom Minister des Aeußern erwartete einstimmige Zustimmung zu finden. Die Re⸗ gierung habe von neuem den desttimmten Willen Schwedens fest⸗ gestellt, seine Selbständigkeit und strenge und unparteiliche Neutralität im gegenwärtigen Weltkriege zu wahren, und die Regierung habe in der für das Land so bedeutungsvollen Alandsfrage der Kammer und dem Lande versichert, daß sie nichts unterlasse, um das Recht und die Interessen Schwedens wahrzunehmen. Er könne versichern, daß die Partei, der er angehöre, sich dieser Poltiik völlig anschließe, und er drücke die feste Hoffnung aus, daß diese glücklich durchgeführt werden könne.
In der Ersten Kammer wiederholte der Minister des Aeußern Wallenberg die in der Zweiten Kammer abgegebene Erklärung über die Neutralitätspolitik der Regierung und die Alandsinseln.
Der Fuhrer der Rechten Trygger führte darauf aus, er sei davon überzeugt, daß die Kammer mit Zufriedenheit die Erklärung der Ministers des Aeußern gehört hbabe, daß an der Neutralitäts⸗ politik, der die Kammer zugestimmt habe, von der Regierung auch weiterhin festgehalten werden würde, und daß die Regierung bei ihrer Auffassung über den Sinn und die Bedeutung der sogenannten Alandsfrage für Schweden bleibe, die im Jahre 1908 in der von der damaligen Regierung unter einmüötiger Billigung des Reichstags ab⸗ gegebenen Erklärung einen so deutlichen Ausdruck erhalten habe. Die Partei, der er angehöre, hege die wärmsten Hoffnungen, daß die Be⸗ strebungen der Regierung, diesen Standpunkt zu verwiklichen, einen vollen Ersolg haben möchten.
Die übrigen Parteiführer, Kvarzelius für die Liberalen und Wavrinsky für die Sozialdemokraten, wiederholten die von den Parteiführern in der Zweiten Kammer abgegebenen Erklärungen.
In der Zw der Beratung einer
Amerika.
Nach einer Meldung des Reuterschen Bureaus teilt der General Carranza mit, daß ein informelles Abkommen zwischen den Generalen Scott und Obregon geschlossen worden sei, demgemäß den Truppen Carranzas Gelegenheit ge⸗
geben werden solle, zu zeigen, ob sie imstande seien, die Lage “ 8
in Nordmexiko zu beherrschen.
Die amerikanischen Truppen werden solange auf mexikanischem Gebiet bleiben. Asien. — Die Unruhen unter den Matrosen in Soerabaja (Nieder⸗ ländisch Indien) sind einer Amsterdamer Blättermeldung zufolge beendigt. Alle Deserteure sind zurückgekehrt. 21 werden wegen Sabotage und Aufwiegelung zum Ungehorsam vor ein Kriegs⸗ gericht gebracht werden; viele Deserteure werden nach Holland zurückgeschickt werden. “ 8
8 Deutscher Reichstag.
48. Sitzung vom 17. Mai 1916, Nachmittags 2 Uhr.
Am Bundesratstische: die Staatssekretäre Kraetke und Dr. Helfferich. 1
Präsident Dr. die Sitzung 2 ¼ Uhr. 1 b 1
Das Haus setzt die zweite Lesung des Reichshaushalts⸗ etats für 1916 beim Spezialetat für das Reichsschatz⸗ amt fort. Die Debatte über den ersten Titel des Ordinariums der Ausgaben „Staatssekretär“ war beendet; das Gehalt wird bewilligt. 98
Angenommen wird die von der Haushaltskommission vor⸗ geschlagene Resolution: 8 “ 8
„Den Reichskanzler zu ersuchen, der Abteilung „Bäderfürsorge des Roten Kreuzes aus zur Verfügung stehenden Fonds eine ange⸗ messene Unterstützung zu gewähren.“
Der Etat für das Reichsschatzamt wird bewilligt und unter den einmaligen Ausgaben folgender neuer Titel nach dem Kommissionsvorschlag eingefügt: ” “
„Für die Vollendung und Ausstattung des Hauses auf dem Grundstück Viktoriastraße 34 zu Berlin zur Beschaffung von Ge⸗ schäftsräumen für die Reichsentschädigungskommission 500 000 ℳ. Die spätere Verwendung bleibt vorbehalten.”
Es folgt der Etat für den Rechnungshof des Reichs.
Abg. Frhr. von Gamp⸗Massaunen (deutsche Fraktion): Das Rechnungswesen sollte, so weit wie möglich, vereinfacht werden, namentlich sollten Bestimmungen erlassen werden, die während des Krieges die Rechnungskontrolle nicht über das notwendige Maß aus⸗ dehnt. Bei Gelegenheit der Rechnung über die Kosten des südwestafri⸗ kanischen Aufstandes hat der Reichstag auf Antrag der Budget⸗ kommission einstimmig beschlossen, daß eine vereinfachte Rechnungs⸗ kontrolle stattfinden solle, nachdem festgestellt war, daß die Kosten der Rechnungskontrolle nach den geltenden Bestimmungen etwa 1,2 Millio⸗ nen Mark betragen hatten.
Staatssekretär des Dr. Helfferich:
Ich glaube, der Herr Abgeordnete Frhr. von Gamp wird mit mir darin einig sein, daß der Rechnungshof eine notwendige und nütz⸗ liche Behörde ist (Sehr richtig! rechts), auf deren Mitwirkung wir im Kriege nicht verzichten können. Im übrigen kann ich dem Hause mitteilen, daß der Anregung des Herrn Abgeordneten von Gamp
Kaempf eröffnet um
Reichsschatzamts, Staatsminister
Rechnung getragen wird: ein Kriegskontrollgesetz ist in Vorbereitung.
(Bravo!)
Der Etat für den Rechnungshof wird bewilligt. 88 Zum Etat über den Allgemeinen Pensions⸗ fonds beantragt der Reichshaushaltsausschuß: „den Reichs⸗ kanzler zu ersuchen, dem Reichsausschuß der Kriegsbeschädigten⸗ fürsorge einen angemessenen Zuschuß aus Reichsmitteln zu gewähren.“
Berichterstatter Meyer⸗Herford (nl.) berichtet aus den Kom⸗ missionsverhandlungen, daß schon vor einem Jahre der Reichshaus⸗ haltsausschuß sich mit der Kriegsbeschädigtenfürsorge beschäftigt und den Reichskanzler um eine Vorlage zur Regelung der Kriegs⸗ beschädigtenfürsorge ersucht habe, die mit Hilfe einer Zentralstelle erfolgen solle. Die einzelnen Bundesstaaten und die sozialen Für⸗ sorgeorganisationen hätten Ausschüsse für diesen Zweck gebildet, und sodann sei der Reichsausschuß der Kriegsbeschädigtenfürsorge ge⸗ gründet worden. Es sei aber eine Unterstützung des Reichs für dessen große Aufgaben notwendig.
Die Resolution des Ausschusses wird angenommen. Die zu diesem Etat eingegangenen Petitionen werden dem Reichskanzler als Material überwiesen. 1
Der Etat für das Reichseisenbahnamt wird eben⸗ falls ohne Diskussion bewilligt.
Den Etat der Verwaltung der Reichseisenbahnen beantragt die Kommission unverändert zu bewilligen und die Petition des Verbandes deutscher Eisenbahnweichensteller I, Weichensteller und Brückenwärter und deren Hilfsbeamten, e. V., Sitz Beklin⸗Friedrichsfelde, um Gewährung einer Kriegs⸗ vergütung sowie um Erhöhung der den Beamten bewilligten Kriegsbeihilfen und der den Hilfsbeamten gewährten Unter⸗ stützungen durch die Beschlußfassung über den Etat für erledigt zu erklären.
Abg. Fuchs (Soz.): Es ist verständlich, daß der Krieg gewisse Verkehrseinschränkungen herbeigeführt hat. Es sind aber auch Ver⸗ kehrsbeschränkungen vorgekommen, die schlechterdings unverständlich sind und Handel und Gewerbe, den Mittelstand, erheblich schädigen. Diese Verkehrsbeschränkungen haben sich namentlich im Oberelsaß sehr fühlbar gemacht. Das gilt namentlich von den Paßvorschriften. Diese den Auslandspässen ähnlichen Pässe werden nur für kurze Zeit ausgestellt, und es muß jedesmal eine Gebühr von 50 ₰ gezahlt werden. Der Fremdenverkehr ist infolgedessen, wie die Statistik zeigt, sehr erheblich zurückgegangen, wodurch die Gemeinden, Gast⸗ wirte usw. schwer geschädigt worden sind, und ebenso natürlich auch die Eisenbahnen selbst. Ich möchte den Minister bitten, wenn nicht eine Beseitigung, so doch wenigstens eine Milderung der bestehenden Paßvorschriften herbeizuführen. Das Eisenbahnpersonal hat die ihm durch den Krieg auferlegte Arbeitslast bis zum physischen Zusammen⸗ bruch willig auf sich genommen. Die Verwaltung hat dieses auch anerkannt. Sie muß aber ihre Anerkennung auch in die Tat umsetzen. Sie hat allerdings Kriegszulagen gewährt, aber diese sind im Ver⸗ hältnis zu den enorm gestiegenen Lebensmittelpreisen viel zu gering. Diese Teuerungszulagen müssen erheblich erhöht werden. Den Hin⸗ weis auf die Ueberstunden würde ich nicht gelten lassen, denn diese sind mit einer erheblichen gesundheitlichen Schädigung der Arbeiter verbunden; es muß neues Personal eingestellt werden. In einer be⸗ sonders schwierigen Lage befindet sich das gesamte Fahrpersonal bis zu den Lokomotivführern und Heizern. b
Abg. Roeser (fortschr. Volksp.): Die Tätigkeit der Eisenbahn⸗ beamten verdient unseren besonderen Dank und unsere Anerkennung. „Ich mochte die Verwaltung besonders auf die Lage der Werkführer 44““ 86
*) Ohne Gewähr, mit Ausnahme
Staatssekretäre.
vorten, die man ihnen gespendet hat, muß eine Tat folgen.
hen 1 ¼ Million Mark betragen hat,
Abg. Ickler (nl.): Es ist doch sehr die Frage, ob die gewährten riegsnotzulagen ausreichen, um die ungeheure Steigerung der Le⸗ nomittel auszugleichen. Leider trifft das nicht zu. Ich weiß sehr ohl, daß die Reichseisenbahnverwaltung weitherzig entgegengekommen „Wir müssen aber dringend bitten, daß sie jene Zulagen erhöht. sch ich wünsche nicht, daß die Verbesserungen, die unbedingt wendig sind, nicht lediglich durch Ueberstundenarbeit gewährt werden. tner möchte ich wünschen, daß das Reich besondere Zuschüsse leistet, mit die private Pensionskasse der Eisenbahnarbeiter nicht zu sehr lastet wird. Es ist heute anzunehmen, za die eingestellten Arbeiter ngst nicht mehr in einem so gesunden Zustande sich befinden wie in rmalen Zeiten. Durch diese nicht vollwertigen Arbeiter wird die asse belastet. Man kann doch nicht der Privatkasse Lasten für die lgemeinheit zumuten. Die Kriegsteilnehmer werden selbstverständ⸗ hnicht so gesund zurückkehren, wie sie hinausgezogen sind. Die Er⸗ erbsfähigkeit wird sehr erheblich beschränkt sein, ihre Erwerbs⸗ fähigkeit in viel kürzerer Zeit eintreten als vor dem Kriege. Das deutet eine erhebliche Helstußs der Pensionsprivatkassen. Hier uß das Reich eintreten. Von der Kriegsnotzulage dürfen selbst⸗ kständlich die Beamten nicht ausgeschlossen werden. Es wird ferner - Notwendigkeit sich herausstellen, auch in organisatorischer Be⸗ hung etwas andere Wege zu wandeln. Der Abg. Roeser hat schon f die Lage der Werkführer hingewiesen. Ich glaube, man könnte ren Stand dadurch heben, daß man ihnen eine ihrer technischen Vor⸗ ldung entsprechende Stellung einräumt.
Abg. Dr. Haegy (Els.): Die Angestellten der Reichseisen hnen teilen mit den Angestellten in Staat und Gemeinden das Los, ß ihre Gehälter und Löhne in schwerstem Mißverhältnis stehen mit Lebensansprüchen; die Bezüge haben sich immer mehr entwertet. mbilliger Ausgleich durch Erhöhung der Kriegszulagen ist unbedingt tig, es würde darin zugleich eine Anerkennung liegen für die un heure Arbeitsleistung dieser Beamten⸗ und Arbeiterschaft in den gen der Mobilmachung und im Etappengebiet. Den hohen Lobes⸗ 1 b 1 folg Die an hsehr geringe Kinderzulage wird den Beamten mit über 2100 ℳ ht gewährt. Ganz besonders ungünstig ist die Lage der Werk⸗ hrer. Eine uns zugänglich gemachte Statistik weist nach, daß 28,3 % r Arbeiter mehr verdient haben als die Werkführer. Für die in em Jahre geleisteten Ueberstunden, die sich bis auf 850 belaufen, tman ihnen eine Vergütung von 100 A gewährt. Das ist durch⸗ s ungenügend. In Oesterreich sind die Verhältnisse dieser Kate⸗ rie viel befriedigender geordnet, und was dort möglich ist, sollte auch Verwaltung der Reichseisenbahnen möglich sein. Sonst darf man pnicht wundern, wenn die Werkführer immer mehr in die Privat üstrie drängen. Ebenso häufen sich die Klagen und Beschwerden Lokomotivführer; hier sollte man die häufigen Versetzungen und kommandierungen beschränken, die namentlich denjenigen nachteilig d, die ein eigenes Anwesen besitzen und etwas Landwirtschaft treiben. ich diesen Angestellten gilt es, die volle Dienstfreudigkeit zu er lien.
Chef der Verwaltung der Reichseisenbahnen, preußischer inister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:
Meine Herren! Auch die Verwaltung der Reichseisenbahnen be agt es, daß durch die Verkehrshemmungen das Wirtschaftsleben nerhalb der Reichslande stark beeinträchtigt wird. Auch die Reichs enbahnen selbst leiden ja wie keine andere deutsche Verwaltung ter diesen Hemmungen, wie sich aus dem starken Zurückgehen der erkehrseinnahmen, insbesondere im Personenverkehr, ergibt. Aber rsteht eine Gewalt in dieser Frage nicht zu. Diese Frage wird iglich unter militärischen Gesichtspunkten behandelt und muß auch ter militärischen Gesichtspunkten behandelt und entschieden werden.
Es ist von zwei Seiten auf die unerwünschte und, wie ich zugebe, erfreuliche Lage einer wichtigen Klasse der Reichseisenbahn⸗ amten, der Werkführer, hingewiesen worden, die ausschließlich aus Arbeiterverhältnis in das Beamtenverhältnis hineinwachsen. Es fft zu, daß das Gehalt der Werkführer in vielen Fällen niedriger als der Lohn der Arbeiterklasse, aus der sie hervorgehen. Wie ses Mißverhältnis in der Folge zu regeln sein wird, das lasse ich bingestellt. Ich kann nur als Chef der Reichseisenbahnen feststellen, SHich eine endgültige und befriedigende Regelung durchgeführt zu en wünsche. (Bravo!)
Meine Herren, die Lage des Personals der Reichseisenbahnen, gen es Arbeiter sein oder Beamte, beschäftigt die Verwaltung auf s lebhafteste. Wir wissen ja selbst am besten, welche außerordent⸗ ben Ansprüche an die Leistungen des Personals während des Krieges tellt werden müssen. Wir wissen, wie das Personal mit voller Hin⸗ ung diesen Ansprüchen Genüge leistet. Es ist dies ja auch von allen tellen, von allen Seiten aus anerkannt worden. Wir haben in erster ije das große Interesse, daß die Lebenshaltung des Personals den wierigen Lebensverhältnissen angepaßt wird durch Zuweisung an⸗ nessener Löhne und Gehälter. Wenn diese Zuweisungen nicht aus den gelmäßigen Löhnen und Gehältern erfolgen können, so erfolgen sie rch besondere Lohnzulagen oder Kriegsteuerungszulagen. Ich wäre der Lage, hier die Zahlen zu entwickeln über dasjenige, was im ab⸗ aufenen Etatsjahr den Arbeitern und Beamten der Reichseisen⸗ hnen zugemessen ist, und hieraus würde sich ergeben, daß in steigen⸗ n Maße diese Zulagen zu Löhnen und Gehältern erhöht worden sind. b kann feststellen, daß für das Jahr 1916 sich an Kriegslohnzulagen
Arbeiter eine Summe ergeben wird, die sich auf ungefähr zwei illionen Mark belaufen wird, während sie im Jahre 1915 nur daß ferner den Beamten, d zwar denjenigen Kategorien, für die sie den gesamten Reichsbe⸗ ten gegeben werden, Kriegszulagen in steigendem Maße gewährt rden sind. Ich kann meinerseits nur mit der Versicherung schließen, ß ich als Chef der Reichseisenbahnen der schwierigen Lage unseres rsonals in vollem Maße Rechnung zu tragen bereit bin und Rech ng tragen werde. (Lebhafter Beifall.)
Der Etat der Reichseisenbahnen wird bewilligt.
Es folgt der Etat der Post⸗ und Telegraphen rwaltung. Dazu beantragt die Haushaltskommission gende Resolutionen: “
a. den Reichskanzler zu ersuchen, eine Erhöhung der Bezüge der nichtetatsmäßig angestellten Post⸗ und Telegraphen⸗ assistenten, der nichtetatsmäßig angestellten Post⸗ und Telegraphen⸗ gehilfinnen und der Postboten sowie der Vergütung der Ge⸗ hilfinnen bei den Postämtern III möglichst bald durchzuführen; d. den Reichskanzler zu ersuchen, Anordnungen zu treffen, daß die im Disziplinarwege gegen Reichsbeamte ver hängten Strafen nach Ablauf einer angemessenen Frist durch Entfernung aller Vermerke in den Personalakten gelöscht werden.
Referent Abg. Meyer⸗Herford (nl.): Die gewaltigen istungen der Post⸗ und Telegraphenverwaltung insbesondere auf dem biete der Feldpost verdienen den höchsten Dank und die höchste An ennung. Ich weiß, daß ich mit dem Ausdruck dieses Dankes auf allgemeines Echo im deutschen Volke und besonders bei unseren riegern im Felde stoßen werde. In der lobenden Beurteilung der istungen der Feldpost ist man jetzt, nachdem man die entgegenstehenden pßeen Schwierigkeiten und Hindernisse kennen 89 hat, einig. an hat ihre Wohltaten immer allgemeiner erkannb und singt at auch in der Heimat ihr Lob ebenso wie im Felde. Gern vernimmt un, daß die aufopfernde, hingebende, aufregende Tätigkeit, das un⸗ vnüdliche Wirben der Feldpost guch äußere Anerkennung gefunden hat, 8 “ ö4“
Bis zum März 1916 sind an Beamte der Feldpost 1256 Eiserne Kreuze und mehr als 400 andere Auszeichnungen verliehen worden. Jetzt werden täglich nahezu 16 Millionen Briefe von ihr perarbeitet, das vierzigfache Quantum gegen den Krieg von 1870/71. Von August 1914 bis Ende März 1916 sind nach der Front 4,6 Milliarden Briefe befördert worden, dazu kamen 3 Milliarden im Felde auf⸗ egebene, zusammen über 7 ½¼ Milliarden! Bei den 23 heimischen Feldpostsammelstellen ist die Zahl der Beamten von 3000 jetzt bis auf 13⸗ bis 14 000 gestiegen. Mit den getroffenen Einrichtungen für die rasche und sichere Beförderung hat die Feldpost alle Schwierig⸗ keiten zu überwinden verstanden; die deutsche Feldpost wird stets ein Ruhmesblatt in der Geschichte der Post bilden. Rückhaltslose An⸗ erkennung wird auch den Leistungen der Post in der Heimat zu zollen sein; sie funktioniert tadellos, trotzdem eine große Zahl von Hilfskräften hat eingestellt werden müssen. Für besondere Leistungen sind auch an 84 Beamte in der Heimat Eiserne Kreuze verliehen worden; auch 19 Postbeamtinnen und Postgehilfinnen haben Auszeich⸗ nungen erhalten, darunter eine Gehilfin in Memel, welche den Fern⸗ sprechapparat noch bediente, als die Russen schon in Memel waren, und damit unseren Truppen einen großen Dienst erwies. Von 220 000 Postbeamten stehen 87 000 im Heeresdienst; im ganzen hat die Postverwaltung 97 341 Beamte abgeben müssen. 7400 Post⸗ beamte haben den Heldentod für das Vaterland erlitten. Zum Etat selbst wurde in der Kommission gewünscht, daß die Gemeinden bei dem Erwerb von Grundstücken und bei Neu⸗ und Ersatzbauten nicht über Gebühr belastet werden. Ferner wurde eine weitere Förderung der Wohnungsfürsorge für die Beamten gewünscht. Bis jetzt hat die Postverwaltung 673 Beamtenhäuser fertiggestellt, durchschnittlich im Jahre 40 Häuser. Der Abschluß des Etats der Post⸗ und Tele⸗ graphenverwaltung wurde von einem Regierungsvertreter folgender⸗ maßen dargestellt: Das Etatssoll an Einnahmen betrug 881 Milli⸗ onen Mark, in Wirklichkeit gingen nur 741 Millionen Mark ein; als Ausgabe waren veranschlagt 750 Millionen Mark, sie betrug in Wirklichkeit 790 Millionen Mark; statt eines Ueberschusses von etwa 131 Millionen ist also ein Zuschuß von 49 Millionen Mark erforder⸗ lich, der Unterschied zwischen dem Etatssoll und der Wirklichkeit be⸗ trägt also etwa 180 Millionen. Das ist nicht verwunderlich bei der Verteuerung der Bauten und der Ausdehnung der Feldpost, man muß sich sogar wundern, daß das Resultat noch so günstig ist. Bedauert wurde in der Kommission, daß keine neuen etatsmäßigen Stellen ge⸗ schaffen sind. Dadurch sind die Anstellungs⸗ und Beförderungsver⸗ hältnisse fast sämtlicher Beamtenkategorien schlechter geworden, be⸗ sonders derjenigen, die im Felde stehen, sie bekommen infolgedessen geringeres Ruhegehalt, geringere Bezüge bei Dienstbeschädigungen und geringere Hinterbliebenenversorgung. Bei der ganzen Lage konnte man aber in diesem Etat keine Verbesserung eintreten lassen, aber die Kommission ersuchte darum, daß in Zukunft zur Verbesserung der Anstellungs⸗ und Beförderungsverhältnisse neue etatsmäßige Stellen in den Etat eingestellt werden, ein Mitglied wünschte dies sogar schon für den Etat für 1917. Besonders bedeutet für die Assistenten die Verzögerung der Anstellung gewissermaßen eine Kriegssteuer von etwa 750 ℳ. Besonders wurde die schon 1914 versprochene Umwand⸗ lung von Stellen der Oberpostpraktikanten in etatsmäßige Stellen gewünscht. Auch die Post⸗ und Telegraphengehilfen müssen jetzt sieben Jahre auf Anstellung warten. Längst geprüfte Unterbeamte sollten alsbald zu gehobenen Unterbeamten gemacht werden. Da in diesem Etat diese Wünsche nicht mehr erfüllt werden können, empfiehlt sich die Annahme der Resolution des Ausschusses. Sie entspricht auch den Beschlüssen des Reichstages von 1914, die wegen des Krieges noch nicht ausgeführt sind. Die mittleren und technischen Telegraphen⸗ beamten haben bei der letzten Gehaltsregulierung nicht die not⸗ wendige Berücksichtigung erfahren, ihre Gehälter sind hinter den be⸗ rechtigten Wünschen zurückgeblieben. Die Verpflegungszuschüsse der Bahnpostbeamten müssen erhöht werden, das gleiche gilt für die Ar⸗ beiterlöhne. Aeltere Hilfsbeamte sollten nicht ohne Not durch weib⸗ liche Kräfte ersetzt werden. In der Kommission wurde aber die Tätig⸗ keit der weiblichen Aushelfer, besonders der Briefträgerinnen, lobend anerkannt. Die Wünsche wegen der Kriegsbeihilfen und der Kriegs⸗ teuerungszulagen sollen nach einem Wunsche des Schatzsekretärs erst beim Etat der Allgemeinen Finanzverwaltung erledigt werden. Ferner erbittet die Kommission eine weitere Ergänzung des Besoldungs⸗ gesetzes sowie die Löschung der Disziplinarstrafen nach Ablauf einer angemessenen Frist aus dem Strafregister und Personallisten. Von dem bezüglichen Gnadenerlaß vom 27. Januar dieses Jahres hat die Beamtenschaft so gut wie gar nicht Vorteil. Der Staatssekretär wies darauf hin, daß bereits bei tadellosem Verhalten innerhalb fünf Jahren auf frühere Bestrafungen nicht zurückgegriffen werden soll, Laber man meinte in der Kommission, daß dies nicht weit genug gehe, die überwiegende Mehrheit der Kommission erblickte die Mög⸗ lichkeit einer Rehabilitation nur in der Entfernung der Strafver⸗ merke in den Listen. In der Kommission wurde weiter eine Aus⸗ dehnung der Sonntagsruhe und eine Erhöhung der Pensionen nach dem Kriege für die pensionierten Beamten, die während des Krieges Heeresdienste geleistet haben, gewünscht, sowie eine Verkürzung der Vorbereitungszeit für die im Felde stehenden Beamten. Auf diesen letzteren Wunsch glaubte die Postverwaltung nicht eingehen zu können. Auf eine Eingabe der an Lieferungen für die Postverwal⸗ tung beteiligten Schneidervereinigungen teilte die Verwaltung in der Kommission mit, daß eine Lösung der Lieferungsverträge nicht beab⸗ sichtigt ist. Dankbar muß die Fürsorge der Postverwaltung für die Kriegsbeschädigten und die Hinterbliebenen der Kriegsteilnehmer an erkannt werden. Die Lösung des Dienstverhältnisses soll nur statt⸗ finden, wenn ein Kriegsbeschädigter für jeden anderen Beamtendienst unfähig ist, und bei der Prüfung der körperlichen Brauchbarkeit soll wohlwollend verfahren werden. Die Postverwaltung tut also für die Kriegsbeschädigten alles, was zurzeit geschehen kann, um die Lage dieser Armen zu verbessern. Dafür spreche ich nochmals unseren Dank aus.
Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke:
Meine Herren! Für die warme Anerkennung, die der Herr
Referent namens dieses hohen Hauses den Post⸗ und Telegraphen⸗
beamten ausgesprochen hat, spreche ich Ihnen meinen herzlichsten Dank aus. Es ist mir um so erfreulicher, das tun zu können, weil die Post⸗ und Telegraphenbeamten sowohl im Feld wie in der Heimat allen Anforderungen entsprochen haben, die an sie gestellt werden mußten. Da in der ersten Zeit des Krieges durch mißverständliche Auffassung den Postbeamten Schuld an Vorgängen beigemessen wurde, für die sie nicht verantwortlich waren, und sie die Vorwürfe damals stumm haben ertragen müssen, so ist es mir sehr angenehm, daß das hier offen zum Ausdruck gebracht worden ist.
Die Zahl der Beamten beträgt, wie Ihnen bekannt, etwa 220 000. Davon sind im Kriege 97 000 an das Heer abgegeben worden. Die Reichspostverwaltung hat sich für die 97 000 Beamten mit Aus⸗ helfern begnügen müssen, und es wird Ihnen allen verständlich sein, daß infolge der Verwendung so vieler ungeschulter Hilfskräfte an die Beamten in der Heimat ganz besonders hohe Anforderungen gestellt werden mußten. Es ist deshalb auch für die Verwaltung eine be⸗ sondere Sorge gewesen, daß infolge der kriegerischen Verhältnisse die Anstellung und die Beförderung der Beamten nicht in der Weise fortgeschritten sind, wie dies im Frieden der Fall gewesen wäre. Sie können aber überzeugt sein, daß die Verwaltung darauf bedacht sein wird, das Wohlwollen, welches den Beamten stets entgegengebracht wird, auch nach der Richtung zu bekunden, daß sie suchen wird, die eingetretenen Nachteile, wenn wieder ruhige Verhältnisse gekommen sind, zu mildern.
Wenn dann zum Schluß der Herr Reserent noch auf die Ver merke über Ordnungsstrafen in den Personalakten gekommen ist, so möchte ich bekunden, daß zwischen uns ein großer Unterschied der
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hören, als es darauf re
Auffassung gar nicht besteht. Ich habe in der Kommission schon zum Ausdruck gebracht, daß ich persönlich auch dafür bin, daß die Strafen in den Personallisten gelöscht werden. Aber es ist praktisch un- möglich, etwa 220 000 Akten durchzusehen und nicht bloß die Schrift⸗ stücke, in denen die Strafen enthalten sind, aus den Akten zu ent⸗ fernen, sondern auch diejenigen vielen Schriftstücke, in denen auf die Strafen zurückgegangen ist, durchzusehen und die auf die Strafen bezüglichen Vermerke zu beseitigen. Es würden nachher gar keine übersichtlichen Akten mehr sein, und es würde eine derartige Arbeit erfordern, daß sie praktisch nicht ausführbar ist. 8
Aber Sie sollten sich doch, meine Herren, damit begnügen, das
der Chef der Verwaltung vor diesen Gnadenerlassen schon angeordnet hat, daß in die Standeslisten erstens kleine Bestrafungen überhaupt nicht eingetragen werden, und daß zweitens, nach Verlauf von fünf Jahren, wenn nichts weiter vorgekommen ist, diese Strafen in Wirk⸗ lichkeit gelöscht werden, d. h. insofern, als auf sie nicht mehr einge⸗ gangen werden darf. Das ist alles, was auch sonst geschieht. Ich habe bereits in der Kommission gesagt, daß in den Strafregistern auch weiter nichts erfolgt, als daß die Strafen gelöscht werden, daß aber die betreffenden Behörden verpflichtet sind, wenn höhere Verwaltungs⸗ behörden anfragen, doch Auskunft zu erteilen. Weiter können wir auch nicht gut gehen, bei allem Wohlwollen und allem Interesse, das ich dafür habe, daß sich die Beamten wieder ganz straffrei fühlen können. Den Behörden, den Oberpostdirektionen und den Postämtern ist streng untersagt, irgendwie auf frühere Strafen zurückzugehen, wenn die be⸗ stimmte Zeit abgelaufen ist und der Beamte sich inzwischen tadelfrei verhalten hat. Ich möchte Sie daher bitten, diese Resolution nicht an⸗ zunehmen.
Abg. Nacken (Zentr.): Die hervorragenden Leistungen unserer Post⸗ und Telegraphenbeamten verdienen unsere Anerkennung, die in der Heimat nicht minder als die in der Feldpost. Aus den Kreisen der Post⸗ und Telegraphenbeamten ist uns eine Reihe von Wünschen hin⸗ sichtlich ihrer Beförderungs⸗ und Besoldungsverhältnisse zugegangen, Wünsche, deren Berechtigung wir voll und ganz anerkennen. Die Be⸗ amten dürfen zu allen Fraktionen des Hauses das feste Vertrauen haben, daß sie alles tun werden, um diesen Wünschen, sobald es einiger⸗ maßen möoglich ist, zu genügen. Wenn nun auch jetzt die Besoldungs⸗ und Beförderungswünsche vor den allgemeinen Interessen zurücktreten müssen, so besteht doch die Möglichkeit, eine Ausnahme zu machen, um den Wünschen zu entsprechen, die von den nichtetatsmäßig angestellten Post⸗ und Telegraphenassistenten, den nichtetatsmäßig angestellten Post⸗ und Telegraphengehilfinnen, den Postboten, sowie den Ge⸗ hilfinnen bei Postamtern UII geäußert sind. Es ist deshalb in der Kommission ein Antrag angenommen worden, welcher die Regierung ersucht, eine dritte Ergänzung des Besoldungsgesetzes in der vom Reichstag am 18. Mai 1914 beschlossenen Fassung möglichst bald wieder einzubringen. Diese Einbringung ist um so gerechtfertigter, als die Regierung damals selbst anerkannt hat, daß für jene Beamte eine Verbesserung absolut notwendig sei. Dieser Antrag ist von der Kommission auf Anregung des Reichsschatzsekretärs bis zur Beratung des Etats der allgemeinen Finanzverwaltung zurückgestellt worden. Namentlich den Landbriefträgern wäre eine Erhöhung ihres Gehalts sa gönnen. Die Postgehilfinnen können mit ihren jetzigen Bezügen chwer auskommen. Dadurch, daß während des Krieges keine neuen etatsmäßigen Stellen in den Etat eingefügt sind, sind große Härten entstanden. Ferner wurde in der Kommission der Antrag angenommen, die Kriegsbeihilfen auf die Postagenten auszudehnen, deren Ein⸗ kommen vorwiegend in der Vergütung für Wahrnehmung der Post⸗ dienstgeschäfte besteht. Es ist zu bedenken, daß die Postagenten während des Krieges viel mehr zu tun haben. Sodann wurde ein Antrag ange⸗ nommen, der durch einen Nachtragsetat die Mittel zur Gewährung von Kriegsteuerungszulagen an untere und mittlere Reichsbeamte wünscht, und ein Antrag, der die für die Bewilligung von Kriegs⸗ beihilfen festgesetzte Einkommensgrenze entsprechend erhöht. Hoffent⸗ lich gelingt es, diese Anträge in die Wirklichkeit zu übersetzen. Dem Wunsch auf Löschung der Strafvermerke möchte ich mich anschließen; wenn es auch schwer sein mag, alle Vermerke zu beseitigen, so sollte es doch gelingen, in Zukunft dem Wunsche Rechnung zu tragen. In bezug auf die Wünsche der Schneidervereinigungen hat der Staats⸗ selretär in der Kommission entgegenkommende Erklärungen abge⸗ leben. Es wäre gut, wenn diese Erklärüngen hier wiederholt würden.
as Postlieferungswesen müßte auf eine einheitliche Grundlage ge⸗ stellt werden. Ferner wünsche ich, daß den laut gewordenen Klagen der Postbeamten über Sonntagsarbeit, soweit wie es irgend mit dem Dienste verträglich ist, entgegengekommen wird. Weiterhin wünsche ich, daß möglichst viele Kriegsbeschädigte und Angehörige von Kriegs⸗ teilnehmern im Postdienste beschaftigt werden. Wenn der Staats⸗ sckretär des Reichspostamts und der Reichsschatzsekretär die be⸗ rechtigten Wünsche der Postbeamten erfüllt, dann werden sie die Ar beitsfreudigkeit dieser Beamten und damit ihre Leistungsfähi steigern. 8
Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke:
Dem Herrn Vorredner will ich gern bestätigen, daß die Reichs⸗ postverwaltung die Verträge, welche mit den Kleiderlieferanten ge⸗ schlossen sind, nicht als gelöst, sondern lediglich als ruhend ansieht.
Was seinen weiteren Wunsch anbetrifft, daß denjenigen Liefe⸗ ranten, die noch Kleider geliefert haben, der Nachteil, den sie durch die höheren Preise erlitten haben, ersetzt werden möchte, so sind wir gar nicht darüber unterrichtet, ob das stattgefunden hat. Soweit wir die Verhältnisse hier beurteilen können, sind die Lieferanten gar nicht in der Lage gewesen, von den Stoffen, von denen sie liefern sollten, Lieferungen ausführen zu können. Da vertragsmäßige Kleiderstoffe nicht zu haben waren, sind neue Stoffe, Ersatzstoffe, gewählt worden. Ueber die Preise der Kleider aus diesen Ersatz⸗ stoffen würde jede Oberpostdirektion mit den Lieferern neu zu ver⸗ handeln haben, weil die Preise, die für die anderen Stoffe festgesetzt waren, nicht in Betracht kommen können. Wir werden aber nochmals Ermittelungen anstellen lassen, wie die Verhältnisse bei den einzelnen Oberpostdivektionen liegen.
In bezug auf den Wunsch, daß die Beamten nicht zu sehr über⸗ lastet werden möchten, ist, glaube ich, schon alles Mögliche geschehen. Wir haben bereits im Dezember vorigen Jahres eine Verfügung er⸗ lassen, in der den Oberpostdirektionen Anhaltspunkte dafür gegeben wurden, daß sie den Dienst soviel wie möglich einschränken möchten. Ich möchte Ihnen einige Zahlen aus der Zusammenstellung, die mir über die Ausführung dieser Verfügung geliefert worden ist, geben. Natürlich können Einschränkungen nur soweit erfolgen, als sie ohne erhebliche Schädigung des Verkehrs möglich sind. Im Schalterdienst sind Erleichterungen und Verkürzungen der Dienststunden um 23 bis 24 % eingetreten; im Ortsbestelldienst sind die Bestellungen um 17 %, im Landbestelldienst um 14 % vermindert worden; der Kasten⸗ leerungsdienst ist im gleichen Maße eingeschränkt worden usw. Es ist mithin in dieser Beziehung schon alles Mögliche geschehen; ebenso in der Richtung, daß bezüglich des Sonntagsdienstes die Ruhezeiten, soweit es irgend möglich ist, beobachtet werden sollen.
Abg. Taubadel (Soz.): Auch wir erkennen die großan Lei⸗ stungen des Personals der Post⸗ und Telegvaphenverwaltung geun an. Das Personal . aber weniger Worte der Anerkennung zu
net, daß endlich seinen bescheidenen Wünschen