1916 / 118 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 19 May 1916 18:00:01 GMT) scan diff

der Kriegserfahrung unserer Führung außerordentlich gering sind. Der Stellvertreier des Chefs des Generalstabes.

von Hoefer, Feldmarschallentnant.

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Der Krieg der Türkei gegen den Vierverband.

Konstantinopel, 18. Mai. (W. T. B.) An der Jrak⸗ front und im Abschnitt von Hanikm keine Veränderung.

Im Kaukasus haben wir im Abschnitte von Bitlis durch unser Artilleriefeuer mit Schanzarbeiten beschäftigte feindliche Truppen gestört. Am 15. Mai griff der Feind in Stärke eines Regiments zu später Stunde unsere östlich der Ortschaft Aghnot westlich von Hens aufgestellte Abteilung an. Der Kampf dauerte bis Mitternacht, und der Angriff des Feindes scheiterte. Am 16. Mai erhielt der Feind ein Balaillon zur Verstärkung und erneuerte den Angriff. Der Kampf dauerte bis Mittag, schließlich wurde der Gegner gezwungen, sich zurückzuziehen, wobei er schwere Verluste erlitt und eine Anzahl Gefangene sowie Waffen und Munition in unseren Händen ließ. Die Angriffe, die der Feind am 16. Mai an vier Punkten gegen unsere Stellungen auf dem Berg Ziaret Tepe, 40 Kilometer östlich von der Ortschaft Baiburt, sowie gegen unsere Stellungen bei Ack Dagh, 10 Kilometer südlich von dem genannten Berge, machte, wurden sämtlich mit ungeheuren Verlusten für den Feind abgeschlagen. Am linken Flügel im Küstenabschnitt beschäftigte sich der Feind mit Befestigungsarbeiten.

Am 16. Mai, Nachmittags, feuerte ein feindliches Wacht⸗ schif†:f auf die Umgebung von Tschesme an der Küste von Smyrna einige Geschosse ohne Wirkung ab und zog sich dann zurück. Auf dem feindlichen Monitor, der an der Küste der Insel Keusten gestrandet ist, rief das Feuer unserer Artillerie einen Brand hervor. Von dem Schiff ist nur noch ein Wrack vorhanden.

An den übrigen Fronten keine Veränderungen.

Der Krieg zur See. 8

Rotterdam, 18. Mai. (W. T. B.) Wie gemeldet wird, ist der Dampfer „Batavier V“, dessen Untergang berichtet wurde, in der Nüähe der Gabbardboje auf eine Mine ge⸗ laufen. Unter den vier Personen, die ums Leben kamen, war ein amerikanischer Reisender. Auf dem „Batavier V“ befanden sich unter anderem 14 Kisten mit 60 000 Pfund Sterling in Gold. Der Dampfer hatte 28 Mann Besatzung und 8 Fahr⸗ gäste an Bord.

London, 18. Mai (W. T. B.) Bureau“ zufolge ist der britische Research“ in der Nordsee versenkt worden. tot, zwei verwundet; die übrigen sind gelandet. 3

London, 18. Mai. (W. T. B.) „Lloyds“ melden, daß der französische Dampfer „Mira“ versenkt worden ist.

Stockholm, 18. Mai. (W. T. B.) „Dagens Ryheter“ teilt mit, daß die Torpedierung des Dampfers „Hera“ un⸗ gefähr 25 Distanzminuten südwestlich Landsort 9 Uhr früh durch ein russisches U⸗Boot stattfand. Die Besatzung erhielt Befehl, in 10 Minuten das Schiff zu verlassen. Der Dampfer sank nach 20 Minuten.

Stockholm, 18. Mai. (W. T. B.) Gestern nachmittag wurden noch zwei deuntsche Dampfer durch ein U⸗Boot, wahrscheinlich ein russisches, auf der Höhe von Landsort ver⸗ senkt. Die „Kolga“, auf der Reise von Hamburg nach Stock⸗ holm, wurde 5 Uhr 20 Minuten Nachmittags südsüdöstlich Landsort von einem U⸗Boot mit Granatfeuer beschossen. Zwei Mann der Besatzung wurden leicht verletzt. Der Dampfer wurde danach torpediert und sank sofort. 13 Mann der Be⸗ satzung wurden von dem schwedischen Dampfer „Södra Sverige“ gerettet. Der Kapitän, der zweite Steuermann und noch zwei andere Männer werden vermißt. Um 6 Uhr 20 Mi⸗ nuten wurde der deutsche Dampfer „Bianca“ am gleichen Platz ebenfalls beschossen. Zwei Mann wurden leicht verletzt. Der Dampfer wurde torpediert und sank nach 20 Minuten. Der Kapitän murde gefangen genommen, die Besatzung von der „Södra Sverige“ aufgenommen. Sie ist heute früh in Stockholm eingetroffen.

Dem „Reuterschen Dampfer „Mac Ein Mann

Statistik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Der Deutsche Arbeitgeberbund für das Baugewerbe hat, wie „W. T. B.“ meldet, in einer gestern in Hannover abge⸗ haltenen außerordentlichen Generalversaemmlung die im Reichs amt des Innern getroffene Vereinbarung über die Verlänge⸗ rung des Tarif vertrags und Bewilligung von Kriegszulagen genehmigt. Der mit großer Mehrheit gefaßte Beschluß lautet: „Die außerordentliche Hauptversammlung des Deutschen Arbeitgeber⸗ Bundes für das Baugewerbe ermächtigt den geschäftsführenden Aus⸗ schuß, dem Reichsamt des Innern die Annahme der Vereinbarung vom 3. Mai d. J. über die Verlängerung der Tarifpverträge zu erklären, nachdem das Reicheamt des Innern die Zusage gegeben hat, bei den Reichs⸗ und Staatsbehörden dafür eintreten zu wollen, daß die in der Vereirbarung voraesevene Kriegsteverungszuloge der Bauarbeiter den bauausführenden Mitgliedern des Arbeitgeberhundes in allen Fällen zurückeritaltet werden, in venen der Bauvertrog vor dem Zustande⸗ kommen der Vereinbarung abgeschlossen worden ist, den Baugeschäften also die Verpflichtung zur Zahlung so außerordentlich hober Kriegs⸗ teuerungszulagen an die Bauarbeiter nicht bekannt war.“ (Vol. Nr. 115 d. Bl.) b

Aus Christiania wird der „Voss. Ztg.“ telegraphiert: Da die Vergleichsverhandlungen des staatlichen Schiederichters zwischen den Fabrikanten und den Arbeitern erfolglos verlaufen sind, beschloß der Arbeitgeber verband die vollständige Aussperrung von 77000 Arbeitern. Der Ministerpräsidert Knudsen erklärte, die Angelegenheit werde im Ministerrat besprochen werden. Falls kein anderer Ausweg zu finden sei, müsse die Regierung zu einem Zwangs⸗

vergleich ihre Zuflucht nehmen.

Kunst und Wissenschaft.

Rhe physikalisch⸗bistorische Klasse der Königlichen Akademie der Wissenschaften hielt am 11. Mat eine Sitzung unter dem Vorsitz ihres Sekretars Herrn Waldever. Herr Fischer sprach über neue Galloylderivate der Glucose und thren Vergleich mit der Chebulinsäure. In Ge⸗ meinschaft mit Dr. Max Bergmann hat er nach dem kürzlich auf⸗ gefundenen Verfahren der teilweisen Ncy ierung die Monogall vl⸗ und die Trigaloylegl cose darg stellt. Letztere besitzt die allgemeinen Eigenschaften der Tannire, aber trotz der Ach lichkeit in der Zu⸗ sammen setzung zeigt sie doch so große Verschiedenhe t von der natür⸗ lichen Chetulinfäure, daß diese eine andere Strukfur haben muß.

In dem an demselben Tage unter dem Vorsitz ihres Sekretars Hermn Dieltz abgehaltenen Situng der philosöphisch bistori⸗ schen Klasse les Herr Hintze über das zweite Politische

Testament Friedrichs des Großen von 1768 und einige Dokumente verwandter Art aus den Jahren 177½ 1782 und 1786. Er wies nach, daß das im IX. Bande der Oeuvpres gedruckte „Exposs du gouvernement, prussien“ ein gedrängier Auszug aus dem Politischen Testament von 1768 ist, wahrscheinlich bestimmt zur Information des Prinzen Heinrich, den der König 1776 zum Berater seines Nachfolgers in Aussicht genommen hatte. Die Frage, ob der Siebenjährige Krieg eine grundsätzliche Veränderung in Charakter, Methode und Spstem der frideriziantschen Politik hervorgebracht habe, verneinte er. Er hob als die Haupteindrücke des Politischen Testaments von 1768 die konservative Tendenz und das Bedürfnis einer beständigen militärischen und finanzteilen Kriegsbereitschaft hervor, die in dem Gefühl der politischen Unsicherheit wurzelte. Er erörterte dann näher die Lage, aus der dies Gefühl der Unsicherheit hervorging, und schloß mit einem Hinweis auf die leise, aber nicht bedeutungslose Wandlung, die sich in Friedrichs Ansichten über die Frage von Moral und Politik vollzogen hat. Auf den Zusammenhang der äußeren und der inneren Politik behielt sich der Vortragende vor, bei einer anderen Gelegendeit zurückzukommen.

In Königsberg f. Pr. erfolgte gestern, Mittags, vor einem Kreis geladener Gäste, unter denen sich die Mitglieder des Verwaltungsrats füͤr ostdeutsche Wirtschaft, die Spitzen der Behörden und der Senat der Albertus⸗Universität befanden, die Eröffnung des Instituts für ostdeutsche Wirtschaft. Die erste Ansprache hielt der Ober⸗ präsident von Batockt, der W. T. B.“ zufolge ausführte, das Zusammenarbeiten von Wissenschaft und Praxis habe bei den Natur⸗ wissenschaften überaus segensreich gewirkt und sei auch auf volkswirt⸗ schaftlichem Gebiete mehr ais bisher zu erstreben. Besonders der Krieg habe gezeigt, daß eine rechtzeinige reiche Dotterung der Volkswirtschatts⸗ wissenschaft, um sie zu tiefgehenderen Forschungen exakter Art in den Stand zu setzen, Deutschland große Schwierigkeiten und erhebliche Verluste erspart hätte. Für den Wiederaufbau der Provinz und ihren Weiterbau müßten diese Erfahrungen verwertet werden. Dazu sei das Institut für ostdeutsche Wirtschaft berufen. Besonders erfreulich sei, daß gerade in der zerstörten Provinz Ostpreußen diese auf Selbst⸗ hilfe beruhende wissenschaftliche Organisation habe geschaffen werden können. Der Direktor des Instituts, Professor Dr. Hesse legte eingehend die Aufgaben der neuen Anstalt dar und begründete die Notwendigkeit neuer Organisattonen, die eine Steigerung und Förde⸗ rung unserer wissenschaftlichen Arbeit auf wirtschaftlichem Gebiet ermöglichen sollen. Im besonderen zeigte er dann die Notwendigkeit eines Ausbaues unserer wirtschaftlichen Einrichtungen und des Zu⸗ sammengehens von Wissenschaft und Praxis für den deutschen Osten. Erst ein solches Institut gebe auch die Möglichkeit, die ganze Fülle an Erfahrungen der Ausbildung und Fortbildung der juristischen und volkswirtschaftlichen Beamtenschaft nutzbar zu machen, die sich gerade im Osten nach dem Kriege vor neue Aufgaben gestellt sehen werde. Es sei ein stolzer Gedanke, daß es der am schwersten beimgesuchten Provinz gelungen sei, noch inmitten des Krieges dieses Werk zustande zu bringen. Der Prorektor der Albertus⸗ Universität, Prosessor von Gierke gab zum Schluß den besten Wünschen für eine glückliche Entwicklung dieses Tochterinstituts der Albertus⸗Universität Ausdruck, das einem dringenden wissenschaftlichen Bedürfnis abhelfe. 8

Die Sommerausstellung der „Sezession“ im Königlichen Kunstausstellungsgebäude am Könicsplatz in München wird am 20. d. M., Vormittags 11 Uhr, in Anwesenheit Ihrer Majestäten des Königs und der Königin eröffnet werden.

Literatur 1

Das Maiheft der von Richard Fleischer herausgegebenen Monatsschriit „Deutsche Revut“ (dDeutsche Verlagsanstalt; vierteljährlich 6 ℳ) hat folgenden Inhalt: General der Infanterie von Wolnovich (Wien): Der Krieg einst und jetzt. Ostwärts den Blick. A. von Brauer: Petersburg vor vierzig Jahren. Wilsons Niederlage. Dr. J. Lulvès, Archibrat in Hannover: Bismarck und die römische Frage. Vom guten und schlechten Diplomaten. Eng⸗ lands Schaäͤdigung aus der Luft. Baron Hengelmüller: Die diplomattsche Vorgeschichte des Krieges der Vereinigten Staaten gegen Spanien (Schluß). Conrad Bornbak: Das bewaffnete Handelsschiff im neueren Völkerrechte. Dr. Kurt Zander, Geh. Regterungsrat, vorm. Generaldirektor der Anatol. Eisenbahn: Die Türket und Mitteleuropas wirtschaftliche Schützengräben? Universttätsprofessor Dr. Groder (Jena): Die Er⸗ nährung der deutschen Jugend, besonders der Schulkinder, im Kriege Professor Dr. K. D. Sphyris (Atben): Genosse Liebknecht und deutsche Freiheit. H. Wittmaack: Der Postkrieg. Professor Dr. Theobald Ziegler: Der Krieg und das deutsche Geistesleben. Erich Unger: Prolegomena zu einer Theorie der Politik. Lterarische Berichte. Eingesandte Neuigkeiten des Büchermarktes.

Im Maiheft der „Deutschen Rundschau“ (herausgegeben von Dr. Bruno Hake, Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin) veröffentlicht Franz Zweybrück einen Nachtuf an Marie von Ebner⸗Eschenbach . Em Beitrag „Zum indischen Problem“ von B. L. Freiherrn von Mackay hebdt den reltgionspolitischen Charakter dieser Fragen bervor. Aufmerksamkeit verdient die historische Veröffentlichung: 1866. Kriegs⸗ tagebuch des Generalleutnants Kurt Haubold von Einsiedel. (1866 Hauptmann in der Königlich sächsischen Leibbrigade.) Herausgegeben von Witlicho von Einsiedel um so mehr als cine ähnliche Veröffent⸗ lichung von einem Kämpfer der damals unterliegenden Seite bisher nicht erschienen sein dürfte. „Aus Jakob Burckbardts Briefwechsel mit Paul Heyse“ teilt Erich Petzet belangreiche Stöcke mit. Hans von Mäller dietet in einer Abhandlung „Lessings unterdrückte Schrift gegen Jöcher“ neues Material zur Lessingforschung. Wilhelm Watzoldt bringt einen Abriß „Aus der Geschichte der Schlachtenmalerei“. Die Reise⸗ schilderungen Aus der assatischen Welt“ von Marie von Bunsen sind fortgesetzt. Die zeitgenössische Dichtung ist durch Wilhelm Schäfers Novelle „Die begrabene Hand“ vertreten. In der Literartschen Rund⸗ schau wendet sich Valerius von Smialovszkyvs in einem Aufsatz „Zur Stellung Ungarns in Naumanns „Mitteleuropa““ gegen die Vor⸗ stellungen Naumanns von den staatsrechtlichen Verhältnissen in der Doppelmonarchie. Walter Heynen würdigt „Eine neue Otto⸗Ludwig⸗ Ausgabe“. Literarische Notizen und ein Verzeichnis der eingegangenen Bücher schließen das Heft ab.

„Ostpreußische Heimat“, Blätler für die Gesamt⸗ interessen des Ostpreußentums Herausgeber Eduard Kenkel, Char⸗ lottendurg. Das Doppelheft 7/8 hat folgenden Inhalt: Ostpreußens Hinterland von Dr. Robert Hessen; Zukunftsaussichten der ost⸗ preußischen Städte von Stadtrat Dr. Hoffmann; Memel, ein ost⸗ preußisches Städtebild von Dr. Felix Borchardt; Errichtung eines ostpreußischen Pfandbriefamtes für Hausgrundstücke von Dr. R. Pape; 2 Elektrisierung Ohpreusens von Dr. R. Pape; Die „Tilsiter Zeitung“ von Alfred Zingler; Die Patenschaf sbewegung und ihr Schöpfer von Dr. Paul Landau; Die Gründung des Reichsverbandes deutscher Kriegshilfsvereine für Ostpreußen vom Herausgeber; Meinem Hauptmann, Gedicht von Karl Plonzat; Die Korbflechtschule zu Geh⸗ land von Maria Schade; Springborn, eln ermländisches Klosteridyll von Reinhold Hrinen; Mitteilungen und Nachrichten.

Theater und Mustk.

Im Königlichen Opernhause wird morgen als 4. Abend des Richard Wagner⸗Zyklus Lohengrin“, mit den Damen Goetze, von Granfelt und den Herecen Unkel, Bohnen, Bischoff und Habich in den Haupirollen, gegeben. Dirigent ist der Kapellmeister von Strauß.

Im Königlichen Schauspielbause geht morgen im Sbake⸗ speare⸗Zyklus „Der Widerspenstigen Zähmung“, in den Havuptrollen mit den Damen Ainstädt, Heisler, von Mayburg, Ressel und den Herren Boettcher, Eggeling, Engels, Leffler. Lucas, von Ledebur, Panp, Verpermann und de Vogt besetzt, in Szene.

Mannigfaltiges. Berlin, den 19. Mai 1916.

Königsberg i. Pr, 17 Mat. (W.T. B.) Der stellvertretende öö des nordamerikanischen Hilfskomitees für stpreußen, Oberrichter Nippert⸗Ohio, war am Sonntag, den 14. Mai, in Königsberg zusammen mit dem Polizeipräsidente Freiherrn von Lüdinghausen.Berlin⸗Schöneberg und mehreren Herren aus der Provinz Gast des Oberpräsidenten. Bei dieser Gelegenheit wurde die allgemeine Frage der Verwendung der amerika, nischen Sammelgelder erörtert. Die endgüktige Entscheidung soll erst später nach einer Besichtigungsreise getroffen werden, die Herr Nippert nach den zerstörten Kreisen des Regierungs⸗ bezirks Gumbinnen, insbesondere nach dem für die Petenschaft Nord⸗ amerikas in erster Linte in Aussicht genommenen Kreis Ragnit und sodann nach dem Bezirk der Schlacht von Tannenberg unternehmen wird. Herr Nippert wird bet seinen Besichtigungereisen von einem Photographen begleitet sein, der Bilder von den Zerstörungen, den Wiederaufbauarbeiten und dem allgemeinen wfrkschaftlichen Leben in Ostpreußen zur späteren Veröffenrlichung Nordamerika aufnimmt. Heute weilt der Oberrichter Mippert als Gast des Feldmarschalls von Hindenburg in dessen Hauptquartier.

In der Spvrachecke des Allgemeinen Deutschen Sprachbereinz schreibt der Professor Tesch⸗Cöln über Schiffsarten: Lintenschiff, das Schlachtschiff erster Ordnung, hat seinen Namen daher, weil eh stark genug ist, vorn in der Schlachtlinte zu kämpfen. Fregatte heißt eigentlich gezimmerter Bau. Das Wort kommt von dem lateinischen fabricare, d. h. zimmern. Daraus entstand die lateinische Form fabricata, die italienisch zu fregata zusammengezogen wurde. Korvette kommt von dem latemischen Wort corbita, d. h. Lastschiff, das wiederum von corbis, d. b. Korb, abgeleitet ist. Der Name zeigt, daß das Lastschiff der Römer etne korbartige Gestalt hatte. Die Schiffsbaukunst ist von dieser einfachen Form zu der bewunderungswürdigen Vollkommenheit der heutigen Schiffsgattung fortgeschritten. Corbita wurde im Spanischen zu corbeta, im Französischen zu corvette und bezeichnete schon vor 200 Jahren ein Kriegsschiff. Der Name ist in der dentschen Flotte durch Kreuzer ersetzt und hat sich nur noch in dem Worte Korvetten⸗ kapitän erhalten. Kreuzer kommt, wie der Name leicht erkennen läßt, von kreuzen. Dieses Wort bedeutet in der Seemannsspra he zunächst: bei ungünstigem Winde, bet dem man nicht Kurs steuern kann, in der Weise hin⸗ und herfahren, daß man ihn kreuzt und von der eigentlichen Richtung doch etwas gewinnt. Sodann heisft kreuzen auch längere Zeit auf einer und derselben Stelle an der Küste, in dem Meere, vor einem Hafen hin⸗ und herfahren, um die Flagge zu zeigen Von diesem Zweck haben die Schiffe, je mehr sie auf die Dampfkraft eingerichtet wurden, sich immer weiter entfernt, aber doch den Namen Kreuzer behatten. Der Panzer hat seinen Namen den der Rümung, die den Unterleib (lateinisch pantex) deckte. Die Italiener nannten die Rüstung panciera, dite Spanter pancera. Pinasse, der Name für das Beiboot, bedeutet ein aus dem Holz der Fichte, lateinisch pinus, gebautes Boot. Das Wort ist im romanischen Sprachgebtet entnanden, wie das spanische pinassa und das fran⸗ zösische pinasse beweisen.

Marseille, 18. Mai. (W. T. B.) Nach einer Meldung der „Agence Havas“ ist der Dampfer „Harmonie“, von Oran kommend, am 17. Mai 20 Seemeilen vom Kap Gaöta mit dem italtentschen Dampfer „Genova“ zusammengestoßen 8.s e unken. Die Mannschaft ist gerettet, Fahrgäste waren nicht an Bord.

St. Petersburg, 17. Mai. (W. T. B.) Das russische Rote Kreuz hatte, wie die Petersburger Telegraphenagentur⸗ meldet, kürzlich Delegie te nach Stockholm geicchickt, die internationalen Konferenz der Vertreter des Roten Kreuz s teilnehmen sollten. Es hatte jedoch bestimmt, daß seine Delegterten an den Arbeiten nur teilnehmen sollen, wenn die Vertreter Heutsch⸗ lands ihr Bedauern über die Torpedterung des Hospital⸗ schif fes „Portugal“ ausgedrückt hätten. Da die Bemühu gen des Prinzen Karl von Schweden, eine solche Erklärung des Bedauerns vom deutschen Roten Kreuz herbetzuführen, keinen Erfolg gebabt haben, hat das russische Rote Kreuz seine Delegierten angewiesen, nach Rußland zurückzukehren. Sie sind daher sofort abgereist

„Bern, 18. Mai. (W. T. B.) Zu dem gestrigen Erdbeben melden Matländer Blätter, daß der stärkste Stoß Pesaro rraf, wo 7 Personen verwundet und Gedäude schwer beschädigt

wurden. Auch in Rimint ist der Sachschaden ziemlich groß.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

heater.

Königliche Schauspiele. Sonnab.: Opernhaus. 130. Abonne⸗ mentsvorstellung. Richard⸗Wagner⸗Zyklus. 4. Abend: Lohen⸗ grin. Romantische Oper in drei Akten von Richard Wagner. Musikalische Leitung: Herr Kapellmeister von Strauß. Regie: Herr Oberregisseur Drorscher. Chöre: Herr Professor Rüdel. Arn⸗

fang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 136. Abonnementsvorstellung. Shakespeare⸗ Zyklus. Der Widerspennnigen Zähmung. Lustspiel in fünf Akten von Shakespeare, nach der Ueversetzung von Wolf Grafen Baudissin für die Bühne bearbeitet von Paul Lindau. Regie: Herr Oberregisseur Patry. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag: Opernhous. 131. Abonnementsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Ein Maskeuball. Oper in drei Akten. Musik von Giuseppe Verdi. Anfang 7 ½ Uhr.

„Schauspielhaus. 137. Abonnementsvorstellung. plätze sind aufgehoben. Peer Gynt von Henrik Ibsen. (In zehn Bildern.) In freier Uebertragung für die deutsche Bühne gestaltet von Dietrich Eckart. Musik von Edward Grieg. Anfang 7 Uhr.

Familiennachrichten.

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Hauptmarn Edmund Scholz (Nieder Görisseiffen bei Löwenberg). Hrn. Amtsrichter Schwarz (Tarnowitz).

Gestorben: Hr. Geheimer Baurat a. D. Wilhelm Koschel (Berlin). Hr. Major a. D. Emil Schroeder (Doberan). Hr. Ober⸗ amtmann Albinus⸗Zaskotsch (Berlin). Fr. Martha von Ruville, geb. von Wrochem (Berlin).

Verantwortlicher Redakteur: Direktor Dr. Tyrol in Charlottenburg⸗ Verlag der Expedition (Mengering) in Berlin. Druck der Norddentschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, 6b Berlin, Wilhelmstraße 32. Vier Beilagen (einschließlich Warenzeichenbeilage Nr. 39) ö sowie die 985. u 986. Ausgabe der Deutschen Verlustlisten⸗

an der .

Dienst⸗ und Frei⸗

1

Neichsan;

zum Deutschen 118.

Varlamentsbericht.*)

(Fortsetzung aus dem Hauptblatt.)

Abg. Meyer⸗Herford (nl.): Nur die Entfernung der Straf⸗ wermerke aus den Personalakten kann eine völlige Rehabilitation der Beamten bringen. Es muß tatsachlich dahin kommen, daß die Vor⸗ esetzten gar nicht mehr weit zuruckliegende Fehltritte zur Kenntnis bekommen, denn es ist menschlich, daß sich sonst leicht Worurieele und falsche Meinungen hilden und Schabigungen und Unannehmlichkeiten bür die Beamten eintreten. Deshalb muß gründlich Remedur ge⸗ schaffen werden, denn der Beamte kann seines Lebens nur wieder eroh werden, wenn ihn nicht frühere Irrungen verfolgen. Es soll dicht nur vergeben, sondern auch pergessen werden. Nach welcher Feist die Löschung der Strafvermerke erfolgen soll, können wir ver⸗ rauensvoll in die Hände der Verwaltung legen. Jedenfalls müssen aber weit zurückliegende Irrungen und Verfehlungen mit dem Mantel er Liebe zugedeckt werden, daß kein Menschenauge davon mehr etwas vahrnimmt. Gerade die jetzige große Zeit ist für solche Rehabili⸗ vationen geeignet, denn manche pon den betroffenen Beamten stehen m Kampf für das Vaterland. Deshalb bitte ich, die Resolution der Rommission anzunehmen. Was ich sonst gestern schon als Bericht⸗ erstatter ausgeführt habe, entspricht nicht nur meiner persönlichen ondern auch der Ansicht meiner politischen Freunde. Wir rechnen grauf, daß die Einstellung neuer etatsmäßiger Stellen in den Etat chon im nächsten Jahre nachgeholt wird. Eine weitere Verschiebung st ausgeschlossen, wenn nicht irreparabler Schaden entstehen soll Gerade heute vor zwei Jahren hat der Reichstag die Gehaltsver⸗ sserungen beschlossen, mindestens im nächsten Etat müssen sie durch⸗ heführt werden. Redner wiederholt sodann verschiedene der bereits sstern von ihm zum Ausbdruck gebrachten Wünsche der Beamten und peist insbesondere darauf hin, daß die Tagegelder und die Kriegsbei ilfen nicht mehr ausreichen. Das gleiche gelte auch von den Bezügen er Postgehilfinnen, die mit 2,75 für den 2 ag nicht mehr die not⸗ endigen Lebensmittel bestreiten könnten.

Abg. Stadthagen (Soz. Arb.⸗Gem.): Es handelt sich nicht arum, baß das Briefgeheimnis durch eine gesetzliche Beschlagnahme erletzt ist, sondern es sind tatsächlich Briefe geöffnet worden. Das nerlangen der Generalkommandos ist gegen das Reichsgesetz und gegen as Militärgesetz. Die Postverwaltung hätte der Anforderung nicht utsprechen dürfen. Nach dem Militärstrafgesetz braucht der Soldat inen Befehl nicht zu befolgen, wenn er ein Vergehen in sich schließen ürde. Das Briefgeheimnis ist auch den Generalkommandos gegen⸗ ber unverletzlich⸗

Direktor des Reichsamts des Innern Dr. Lewald: Ich muß ie Behauptung, daß das Stellvertretende Generalkommando, wenn Reine Brieföffnung angeordnet habe, eine strafbare Handlung be⸗ angen habe, mit aller Entschiedenheit zurückweisen. Unter dem Be⸗ gerungszustand 89 gewisse bürgerliche Garantien aufgehoben s ist nicht der Fall, daß die Postbehörde ihrerseits Briefe öffnet:

us hat der Staatssekretär mit' aller Entschiedenheit zurückgewiesen.

Po es geschieht, geschieht es auf Grund der Aufhebung der betreffen⸗ Bestimmung der preußischen Verfassung unter dem Belagerungs⸗ ftand, und dieses Vorgehen ist gerechtfertigt und gesetzlich zulässig, je auch das Reichsgericht entschieden hat. Abg. Stadthagen (Soz. Arb.⸗Gem.): Das Reichsgericht t das nicht anerkannt. Daß, weil ein Artikel der preußischen Ver⸗ Kriege beschäftigt, aufgehoben ist,

ss ng der sich nicht mit dem 92 Moj 88⁄ 8 8 23 98 4 7 1 4 1

ich für das Reich eine Reichsbestimmung aufgehoben sei, dieser wgik kann ich nicht folgen. Der Artikel über die Gewährleistung r persönlichen Freiheit hat mit dem Postgesetz gar nichts zu tun. ine Briefsperre kann nur der Richter anordnen, nicht das General⸗ mmando. Das Generalkommando kann sich nur an das Gericht enden; das Reichsgericht hat ausführlich sich über die Befugnisse Generalkommandos unter dem Belagerungsgesetz ausgelassen und Vpp und klar dargelegt, daß es nicht so auszulegen ist, wie es von igen Generalkommandos ausgelegt zu werden scheint. Als voll⸗ bbende Gewalt sieht das Reichsgericht nur an, daß der Befehls⸗ ber die zur Ausführung eines Gesetzes zu erlassenden Anordnungen treffen hat, aber niemals Anordnungen zur Aufhebung eines Ge⸗ zes Der Befehlshaber darf niemals strafbare Handlungen be⸗ hen. Eine strafbare Handlung liegt hier vor, selbst wenn der efehlshaber im Rechtsirrtum sich befindet.

Ministerialdirektor Dr. Lewald: Der Vorredner legt die estimmungen des preußischen Belagerungszustandsgesetzes, das auch eichsgesetz geworden ist, zu eng aus. Bezüglich des § 9b dieses setzes hat das Reichsgericht wiederholt anerkannt, daß auch neues echt geschaffen werden kann und auch Einzelverfügungen getroffen rden können. Auch reichsrechtliche Bestimmungen über den Schutz versönlichen Freiheit können aufgehoben werden und sind auf⸗ hoben worden. Wenn die persönliche Freiheit als solche aufge⸗ ben werden kann, dann können auch, so wird deduziert, hierher ge⸗ rige Einzelbestimmungen aufgehoben werden. Diese Deduktion ist rchaus logisch.

Abg. Stadthagen (Soz. Arb.⸗Gem.); Auch dem muß ich

entschieden widersprechen. § 9 b spricht nur von einem rbot und bedroht dessen Uebertretung mit Strafe. Welches Ver⸗ tstt denn hier ergangen? Meint der Regierungsvertreter denn, würde sich irgendein Gericht finden, welches den Postbeamten, der

kgegen einer solchen Anordnung den Brief an den Adressaten aus

indigt, bestraft? Der Postbeamte ist zur Ausbändigung ver⸗ ichtet, denn das Reichspostgesetz ist nicht aufgehoben. Wir haben ner nur mit den Reichsgesetzen, nicht mit der preußischen Vor⸗ sung zu tun. Die Reichsgesetze gewahrleisten eben die persöuliche eheirt mehr als die preußische Verfassung. Win haben den An⸗ igen eines schwarzen Kabinetts mit aller Entschiedenheit entgegen⸗ reten.

Damit schließt die Diskussion. Das Gehalt des Staats⸗ retärs wird bewilligt, die von der Kommisston beantragten solütionen gelangen zur Angahme, diejenige, betreffend sbesserung der Bezüge der nichtetatsmäßigen Boamten, ein⸗ mmig, die, betreffend die Loschung der Disziplinarstrafen, gen die Deutschkonservativen und ovinige Mitglieder der utschen Fraktion

Die Resolution Bernstein wird abgelehnt; dafür stimmen ir die sämtlichen Soziglbemokrgten, die Elsaß⸗Lothringer d einige Mitglieder der fortschrittlichen Volkspartei.

Im übrigen wird der Etgt der Post⸗- und Telegraphen⸗ waltung ohne Debhatto hewilligt; üͤber die Petitionen wird rchweg nach den Kommissionsgunträgen beschlossen.

1 Etat der Reichs druckerei wird ohne Dis⸗ ssion genehmigt.

E folgt der Etat für das Reichsamt des Inneoern. erzu hat die Haushaltskommisston eine lange Reihe von solutionen vorgeschlagen; eine Reihe weiterer Anträge soll verbündeten Regierungen als Material überwiesen

Ohne Gewähr, mit atssekretüre.

2

NYof VBer

Auznahme der Reden der Minister und

Beschwerden herabgesetzt. 6 von einem Teil der Behörden diese standen und angewendet worden ist.

verordnung für die Textilarbeiter keine

Unterstützung empfangen.

hierzu eingehende grundsätzliche Ausfuührungen und tkeilte mit, daß

Erste Beilage

Berlin, Freitag den 19. Mai

*ꝙꝗ . - 8 Referent Abg. Graf von Westarp (dkons.): Der Haushaltsaus⸗ schuß hat diesen Etat in Abwesenheit des Staatssekretärs beraten müffen, und auch heute treten wir in die Beratung ein, indem wir auf seine Teilnahme verzichten müssen. Ich gebe dem lebhaften Be⸗ dauern über die Erkrankung des Staatssekretärs Ausdruck und wünsche, daß seine Gesundheit bald wiederhergestellt sein und er sich wieder im vollen Besitz seiner Arbeitskraft befinden möge. Für die geschäftliche Behandlung schlage ich vor, die Resolutionen über die Wohnungsfrage auszuscheiden und sie einer späteren besonderen Dis⸗ kussion vorzubehalten, desgleichen die Erörterung der Zensurfrage. Die Ernahrungsfragen hat der Ausschuß überhaupt noch nicht beraten, auch sie werden einer besonderen Besprechung vorzubehalten sein. Im übrigen hat sich der Ausschuß zunächst sehr eingehend befaßt mit den Fragen des Arbeiterschutzes und der Fortführung der Sozial⸗ politik überhaupt. Es kam zum Ausdruck, daß die Tatigkeit des Reichsamts des Innern und seiner nachgeordneten Behörden auf dem Gebiet der Sozialpolitik auch im Kriege nicht erlahmen dürfe. Der Vertreter des Staatssekretärs gab in dieser Beziehung die bün⸗ digsten Zusagen. Es wurde bedauert, daß die üblichen Berichte der Gewerbeinspektoren während des Krieges nicht erschienen sind und erscheinen können; die Beschäftigung von Frauen und Kindern wäh⸗ rend des Krieges soll aber durch die Gewerbeaufsichtsbeamten besonders sorgfältig bearbeitet werden, auch von solchen Betrieben, welche dieser Gewerbeaufsicht nicht unterworfen sind. Nach dem Kriege soll über die Frauen⸗ und Kinderarbeit im Kriege ein besonders eingehender Be⸗ richt erstattet werden. Es wurde von einer Seite auch hervorgehoben, daß die Einziehung der Gewerbeinspektoren und sonstigen Aufsichts⸗ beamten zum Heeresdienst verhältnismäßig geringen Umfang ange⸗ nommen habe. Weiter wurde ausgeführt, die Beschäftigung der Frauen und Kinder sei teilweise bis zu einem die Gesundheit schädi⸗ genden Grade gediehen; anderseits wurde anerkannt, daß wir uns während des Krieges in dieser Beziehung in einer Zwangslage befin⸗ den, daß die Arbeit der Frauen und Kinder sowohl in den Munitions⸗ fabriken wie auch in der Schwerindustrie in größerem Umfange als im Frieden nicht zu umgehen sei. Es wurde angegeben, daß in 193 Eisen⸗ und Stahlwerken von 372 000 Arbeitern jetzt nur noch 169 000 oder 44 % vorhanden seien; von den jetzt beschäftigten Arbeitern seien Frauen, ½¼1 % Jugendliche, % Ausländer, im ganzen %⅛ der Arbeiterzahl. Man war sich ferner darüber einig, daß voraussichtlich auch in der ersten Zeit nach dem Kriege die Anspannung aller Kräfte nötig sein werde, um den wirtschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden; daß dabei die Beschäftigung von Jugendlichen und Frauen in größerem Umfange nicht zu umgehen sein würde, wurde ohne Wider⸗ spruch anerkannt. Mit besonderer Anerkennung wurde hierbei des Verdienstes der Frauen gedacht, die sich in den Dienst der Allge⸗ meinheit gestellt und der Industrie den Fortbetrieb sehr erleichtert hätten. Anderseits wurde allseitig gewünscht, daß jedenfalls sobald als irgendmöglich nach Friedensschluß wieder mit den nötigen Ein⸗ schränkungen vorgegangen werden solle. Verschiedentlich wurde auch entscheidender Wert darauf gelegt, daß die Schutzbestimmungen tun⸗ lichst beobachtet und, soweit sie außer Kraft gesetzt sind, sobald als möglich wieder eingeführt werden. Alle diese Wünsche haben sich zu entsprechenden Resolutionen der Kommission verdichtet. Eingehend beschäftigte sie sich auch mit der Frage des Verbots des Nachtbackens, und ob es egehseeht sei, dieses Verbot auch über den Krieg hinaus aufrecht zu erhalten. Aus den beteiligten Freisen hat man teilweise der dauernden Aufrechterhaltung widersprochen. Formell liegt die Sache allerdings so, daß die Verordnung des Bundesrats in Knaft ist und auch über den Friedensschluß hinaus zunächst in Kraft bleiben wird. In der Aussprache hierüber wurde hervorgehoben, daß das Ge⸗ setz vom 4. August 1914 zwar dem Reichstag das Recht gibt, jederzeit die Aufhebung einer solchen Verordnung zu verlangen, daß aber im übrigen der Zeitpunkt des Außerkrafttretens durch den Reichskanzler bestimmt wird; eine Vorschrift, daß eine solche Anordnung mit dem Frieden ohne weiteres außer Kraft tritt, enthält das Gesetz nicht. Die Verordnungen bleiben also auch über den Krieg hinaus in Kraft, so⸗ lange nicht entweder der Reichstag oder der Reichskanzler von seinem Recht Gebrauch macht. Diese formelle Auslegung wurde nicht von allen Seiten geteilt. In der Sache selbst besteht indessen die Ab⸗ sicht, sich hierüber alsbald nach dem Frieden mit dem Reichstag in Verbindung zu setzen. Hinsichtlich der Beschaftigung ausländischer Arbeiter wurden Klagen vorgebracht, daß in einzelnen Fällen diesen Arbeitern der Wechsel der Arbeit und der Wechsel ihres Aufenthalts über Gebühr erschwert werde. Von einer Reihe von Generalkomman⸗ dos sind Anordnungen getroffen worden, wonach jugendliche Arbeiter gezwungen werden, einen Teil ihres Verdienstes auf die Sparkasse zu bringen. Hierin wurde von einem Teil der Kommission ein Ein⸗ griff in die Rechte der Person erblickt. Von anderer Seite wurde an⸗ erkannt, daß diese Erlasse günstig gewirkt hahen. Vom Reichsamt des Innern wurde geltend gemacht, daß es sich hier um militärische Maßnahmen handle, auf die das Reichsamt des Innern keinen Ein⸗ fluß habe. In hezug auf die Familienunterstützungen hat der Bun⸗ desrat entsprechend dem Beschlusse des Reichstages vom Januar eine neue Verordnung erlassen, wodurch die Mindestgrenze des Einkom⸗ mens festgesetzt ist, bei der eine Unterstützung jedenfalls gezahlt wer⸗ den muß. Diese Anordnung hat wohltätig gewirkt und die Zahl der Es wurde allerdings hervorgehoben, daß Verordnung nicht richtig ver⸗ s angen Was die Arbeitslosenunter⸗ stützung betrifft, so wurde besonders auf mißliche Lage der

Tertilarbeiter hingewiesen. Von einer Seite wurde daruber ge⸗

die

klagt, daß vielfach den Textilarbeitern die Unterstützung versagt werde, .

weil sie eine andere Arbeit nicht annehmen wollten. Regierungsseitig wurde hervorgehoben, daß durch die Bundesvats⸗ Verschärfung herbeigeführt sei, sondern eine Erweiterung des Kreises derienigen, welche die Eingehend erörtert wurde im Ausschuß neben der Wohnungsfrage auch die Frage des Realkredits. Es wurde auch gewünscht, den schweren Notständen, die für die Haus⸗ hesitzer bestehen, dadurch abzuhelfen, daß die Kuündigung der Hypo⸗ theken einstweilen sistiert werde. Von seiten des Reichsamts des Innern wurde die Befürchtung ausgesprochen, daß, wenn einmal die Kündigung der Hypotheken bis zwei Jahre nach dem Kriege sistient würde, dann plotzlich eine große Anzahl von Hypotheken gekündigt werden würde und dadurch große Mißstände auf dem Hypothbeken⸗ markt eintreten könnten. Eine eingehende Besprechung fand dann statt auf dem Gebiete der soztalen Versicherung. Es wurde gewünscht, daß für den Anspruch von Kriegerwitwen auf das Witwengeld die Verjahrungsfrist mit der Aufhebung des Kriegszustandes beginne. Grundsätzlich beschäftigte sich der Ausschuß mit der Frage, wie der Uebergang von der gegenwärtigen Kriegswirtschaft zur späteren Friedenswirtschaft zu gestalten sek. Der Unterstaatssekretär machte gewisse Pläne und Vorbereitungen bereits in Arbeit seien. Er brachte zum Ausdruck, daß der Uebergang von der jetzigen reglementierten Kriegswirtschaft in die Friedenswirtschaft so schnell wie irgend mög⸗ lich herwbeigeführt werden müsse. Seine Mittetlungen über die be⸗ stehenden Plane, namentlich binsichtlich der Regelung der Fin⸗ und Ausfuhr, entzieben sich aus nabeliegenden Gruünden einer Mitteilung an das Plenum. Allseitig wurde im Ausschuß hervorgehoben, daß dasjenige Land die meiste Aussicht habe sobald als möoglich nach dem Kriege wieder zu gesunden wirtschaftlichen Verhaltmssen zu kommen,

das schneller als andere Länder möglichst fuür den Eisenbahnverkehr

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eiger und Königlich Preußischen Staats nzeiger.

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und für die Schiffahrt sorge. Es wurde deshalb von allen Seiten der Wunsch unterstützt, unseren Reedereien zu Hilfe zu kommen, die durch die Beschlagnahme der Schiffe im Auslande und die Stockung des Verkehrs schwer geschädigt worden sind. Die Kom⸗ mission schlägt eine Resolution vor, die verbündeten Regierungen zu ersuchen, unverzüglich im Zusammemwvirken mit dem Kriegsaus⸗ schuß der deutschen Reedereien alle zur Erhaltung und Vermehrung des Bestandes an deutschen Handelsschiffen zum Binnen⸗, Kusten⸗ und Ueberseeverkehr geeignete Maßnahmen zu ergreifen, insbesondere den deutschen Reedereien den Neubau von Handelsschiffen durch Be⸗ reitstellung ausreichender Geldmittel zu erleichtern. Schließlich wurde die Regierung gefragt, ob sie den Bestrebungen des Aus⸗ landes, nach dem Friedensschluß Deutschland in einen Handelskrieg zu verwickeln, mit der genügenden Aufmerksamkeit folge. Diese Frage wurde bejaht. Allseitig wurde von der Kommission der Ueber⸗ zeugung Ausdruck gegeben, daß unser Wirtschaftsleben auch diesen angekündigten Handelskrieg nach Friedensschluß nicht übermäßig zu fürchten habe. Die Tüchtigkeit unserer Industrie, unseres Ge⸗ werbes, unseres Handels, unserer Verkehrsunternehmungen werde dafür sorgen, daß auch diese Bestrebungen unserer Feinde nicht dazu führen werden, unser Vaterland dauernd Fa schädigen.

Abg. Giesberts (Zentr.): Wie im Vorjahre konnen wir auch im zweiten Kriegsjahre die erfreuliche Tatsache feststellen, daß unsere deutsche Volkswirtschaft allen Anforderungen, die die schwere Zeit des Krieges an sie gestellt hat, hat gerecht werden können. Alle Stände und Berufe haben den guten Willen, alles zu leisten, was wirtschaftlich und technisch möglich ist, um die Erwerbsfähigkeit im Inlande und auch die Ernährungsmoglichkeit zu sichern. Die Leistungen unserer Industrie auf dem Gebiete der Kriegswirtschaft sind mustergültig, sie werden auch nach dem Kriege einen Ruhmestitel unserer Industrie, ein unvergängliches Denkmal ihrer Leistungsfähigkeit und Tüchtigkeit bleiben. Naturgemäß hat unsere Kriegsindustrie durchschnittlich bei ihren Heereslieferungen einen guten Vervienst gehabt. Allerdings gibt es auch Gewerbe, die in Schwierigkeiten ge raten sind, doch ist nicht zu befürchten, das der Krieg für einen großen Teil ruinierend gewesen ist; wir haben es nur mit einem vorüber gehenden Stillstand zu tun. Vereinzelte Industriezweige, wie die Textilindustrie, haben wegen Mangels an Rohstoffen allerbings schwere Zeiten durchgemacht. Unsere Sorge ist gegenwärtig, daß wir der Notlage der Textilindustrie, soweit sie durch Arbeitslosigkeit hervor gerufen wird, unser Augenmerk schenken und sie nach Möglichkeit lindern. Die Arbeitslosigkeit erstreckt sich auch auf weitere Kreise des Bekleidungsgewerbes, und es ist die Frage, ob die Arbeitslosenunter⸗ stützung nicht auch auf selbändige Gewerbetreibende, auf Heimarbeiter auszudehnen ist. In der Kommission wurde auch die Frage erörtert, ob es vichtig sei, daß nach dem Kriege für unser deutsches Gewerbe und unsere deutsche Industrie die Beschuüftigung abnehmen werde. Es wurde demgegenüber heworgehoben, daß von einer schlechten Kon⸗ junktur nach dem Kriege nicht die Rede sein könne sofern es möglich wäre, Rohstoffe und Kapitalien in entsprechender Weise für die In⸗ dustrie zu mobilisieren. Zu einer Schwarzseherei liegt also keine Ver⸗ anlassung vor. Was die Bemühungen unserer Feinde betrifft, die deutsche Wirtschaft dauernd nach dem Kriege lahmzulegen, so hatte ich, als ich zuerst diese Nachricht las den Eies daß die Anbe⸗

raumung internationaler Konferenzen usw. eigentkich das Eingeständnis der Schwäche unserer Feinde war.

Wenn man hofft, Deutschland so zu befiegen, daß es nicht atmen kann, dann braucht man keine solche Vereinbarungen. Ich bin der festen Ueberzeugung, daß alle diese Be⸗ mühungen ihr Ziel nicht erreichen werden. Eine Industrie, die wäah⸗ rend des schreckkirbsten aller Kriege eine derartige Probe ihter Leistungs⸗ fähigkeit, ihrer Ausdauer, ihrer Zähigkeit, ihrer Anpassungsfühigkeit gegeben hat, kann von niemandem der Welt zugrunde gerichtet werden. Diese Bestrebungen werden genau so wie die Stigmatisierung der deutschen Waren durch das englische made in germany in das Gegenteil umschlagen. Unsere Industrie wird trotz aller Feinde siegen. Das darf uns aber nicht abhalten, mit den Freunden, die mit uns im Kampfe stehen und eine mittel⸗ europäische Politik verfolgen, gemeinschaftlich zu beruten, wie wir einander wirtschaftlich näherkommen, uns miteinander ver⸗ binden, um uns gegenseitig zu unterstützen und zu stärken. Es ist erfreulich, daß vom Reichsamt des Innern auch dieser Frage der wirtschaftlichen Annaherung mit den emn⸗Laischen Mittelmachten, besonders mit Oesterreich⸗Ungarn, Aufmerksamkeit geschenkt Diese wirtschaftliche und handelspolitische Annaͤherung zwischen den beiden großen Monarchien bedeutet gleichzeitig einen sozialpolitischen Fortschritt fün unsere deutsche Arbeiterklasse. Das Proßzsem muß so gelöst werden, daß beide Staaten ihre wirtschaftlichen Kraäfte frucht⸗ har miteinander wirken lassen, und daß die Aararflächen beider Länder so gestalter werden, daß Ernährungsschwrerigkeiten für künftige Kriege ausgeschlossen sind. Der Resolution auf Vermehrung der deurschen Handelsschiffe stimmen wir selbstverstamdlich zu. Diesea Frage ist von der großten Wichtigkeit. Was die Beschattigung der Frauen und der Jugendlichen in der Industrie betrifft, 9 begrutzem wir es, daß beide sich so bereitwillig in den Dienst des Vaterlandes gestellt haben. Eine besondere Anerkennung verdient der Heldenmut der Frauen, die diese schwierige Arbeit übernommen haben, umsamehr.

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als sie im Frieden an eine solche Arbeit nicht gemohat waren.

diese Arbeit nicht auf die Friedamsarhert ausgedehnt werden. Der Arbeiterschutz darf durch die Natmwamige⸗ keiten des Krieges nicht ins Stocken geraten. Die Kommissiem hat empfohlen, das Angestelltenversicherungsgesetz durch eine Bestimmanug zu erweitern, wonach die Reichsversicherungsanstalt auch Mittel auf⸗ wenden kann, um allgemeine Maßnahmen zur Verhutung des Gin⸗ tritts vorzeitiger Berufsunfäbigkeit unter den Versicherten oder zitn Hebung der gesundheitlichen Verhältnisse der versichsrungspfltchtigen Bevölkerung zu fördern oder durchzuführen. Diese vorbeugende Politik konnen wir nur durchaus billigen; man muß sich eigenikich wundatzt⸗ daß es eines solchen Antrages noch bedurft hat, daß die Wngeztelleg⸗ versicherungsanstalt bei ihren reichen Mitteln, während sie eigentliche Lasten noch gar nicht zu tragen hat, es in dieser Beziehung hat ehlen lassen, während die Landesversicherungsanstalten sehr reichliche Auf⸗ wendungen füy die Kriegswohlfahrtspflege bereits gemacht haben. Auch das Verlangen, daß zum Zwecke ausreichender Unterstiitzung der Kriegerfamilien Bedarfsfätze festgesetzt werden, ist nur zu berechtigtte es muß manchen Landgemeinden, die es in diesem Punkte nach irhentern an der nötigen Einsicht fehlen lassen, ihre Veroflichtung, den Ariegern. familien bei der herrschenden enormen Teuerung ausreschense Uniet⸗ stützung zu sichern, immer wieder eingsschartt werdem. Ihezieh de⸗ rechtigt ist der Anspruch, daß von der Familienunter tühunng ir dein Falle, daß die Frau des Kriegers stirht, der auf die Fram entfgilenche Betrag an die Person gezahlt werden muß, welche Unterhalt unes r⸗

darf

Allerdings

ziehung der hinterbliebenen Kinder zu besargen hat; aueh das iit eihe

Selbstverständlichkeit, die manchen Geuinden nicht aleh stche er⸗ scheint. Die Besiedelungsmaöglichkeit muß in gangh. nhanstd snhtf aene als bisber gefördert werden, das große Aevische Relch zmt au dcertt. Gebiete endlich einmal vorangehen. Ganz besonders anerkazeatt. kr.. gerade beute werden, daß Staatssekretar Delbmäek sdetet. 1gs. G1 3. während des Krieges aufs eifrigste bemübt gemessen 1it. zur Weiltgesz⸗ ven Differenzen und Lohnstreitigkerten direlte Verbandlungem zmMit. dest. Interessentengruppen zu pflegen, In diesem Simrie ireitm. Wet fiset hsc emneren Anfrag der Kouznilfion in⸗ 8. n. Beilegee h Elchen Differengen für die einselnen Krugausschüͤffe

Schiedskommissicnen errichtet werden, wes