Bekanntmachung.
Auf Grund der Bundesratsverordnung vom 23. September 1915 ist das Sewe fchaft der eingetragenen Firma Emil Krause Nachfolger hier, die den Handel mit Kolonialwaren und Delikatessen betreibt, für die Zeit vom 20. Mai, Abends 6 Uhr, bis zum 27. Mai, Mittags 12 Uhr, polizeilich geschlossen worden.
Konitz, den 22. Mai 1916.
Die Poltizeiverwaltung. Dr. Haußmann.
Bekanntmachung.
Dem Fleischer Fritz Ohm in Ostswine ist gemäß Be⸗ kanntmachung des Herrn Reichskanzlers vom 23. September 1915 (Reichs Gesetzblatt Seite 603) der Handel mit Schlachtvieh und der Kleinhandel mit Fleisch und Wurstwaren wegen Unzuverlässigkeit untersagt worden. “
Swinemünde, den 22. Mat 191t6.. 8
88 Der Landrat des Kreises Usedom⸗Wollin. von Puttkamer.
Bekanntmachung
Dem Bäckermeister Ignatz Machowichz in Pleschen ist auf Grund der Verordnung des Bundesrats vom 23. September 1915, betreffend die Fernhaltung unzuverlässiger Personen vom Handel, der Handel mit Gegenständen des täglichen Bedarfs, ins⸗ besondere mit Kolonial⸗, Mehl⸗ und Backware, sowie mit Getreide untersagt worden.
Pleschen, den 20. Mai 1916. Der Königliche Landrat. Gewiese.
Bekanntmachung.
Auf Grund der Bundesratsverordnung vom 23. September 1915 und der Ausführungsvorschriften vom 27. September 1915 habe ich dem Fleischermeister Robert Wiesner hierselbst durch Verfügung vom heutigen Tage den Handel mit Fleisch und Fleischwaren sowie mit tierischen Fetten wegen Unzuverlässig⸗ keit in bezug auf diesen Handelsbetrieb untersagt.
Glogau, den 17. Mai 1916 Die Stadtpolizeiverwaltung. Dr. Soetbeer, Oberbürgermeister.
Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 24. Mai 1916.
Das Königliche Staatsministerium trat heute zu einer Sitzun zusammen.
Die türkischen Abgeordneten folgten gestern einer Einladung der Deutsch⸗Asiatischen Gesellschaft zum Frühstück im Gasthof Esplanade, wo sie von dem stell⸗ vertretenden Vorsitzenden Admiral von Truppel begrüßt wurden. Am Nachmittag fand ihnen zu Ehren in der Wandel⸗ halle des Reichstags ein festlicher Empfang statt, zu dem u. a. erschienen waren der Oberkommandierende n den Marken, Generaloberst von Kessel, die Staats⸗ minister Dr. Beseler, von Breitenbach, Dr. Lentze, die Staatssekretäre Dr. Helfferich, von Jagow, Kraetke und Dr. Lisco, die Unterstaatssekretäre Heinrichs und Wahnschaffe, der Präsident des Reichsbankdirektoriums Dr. Havenstein, der bayerische Gesandte Dr. Graf von Lerchenfeld⸗Koefering, der württembergische Gesandte Dr. Freiherr von Varnbüler, der Polizeipräsident von Jagow, der Bürgermeister Dr. Reicke sowie viele Abgeordnete aller Parteien. Geführt von dem türkischen Bot⸗ schafter Hakki Pascha, dem Oberbürgermeister Wermuth und dem Abgeordneten Grafen Westarp betraten die türkischen Gäste
die Festhalle, wo sie von dem Präsidenten des Reichstages, Wirklichen Geheimen Rat Dr. Kaempf begrüßt wurden, der, wie „W. T. B.“ meldet, nachstehende Ansprache an sie richtete:
Meine Herren Kollegen von der Volksvertretung des Osmanischen Reiches! Ein bedeutungsvoller Augenblick ist es, in dem wir den Vertretern des Osmanischen Volkes den Willkommengruß im Deutschen Reichstage entbieten und uns von Volk zu Volk die Hände reichen. Ein bedeutungsvoller Augenblick! Denn es kommt in ihm uns und der ganzen Welt zum Bewußtsein, daß sich verwirklicht hat, was unser Kaiser 1898 in Konstantinopel weitblickend aus⸗ gesprochen, daß zwei große Völker, die verschiedener Abstammung und verschtedenen Glaubens sind, wohl gute Freunde werden können und in friedlichem Wettbewerb sich gegenseitig zu nützen vermögen. Treffend hat der ausagezeichnete Staatsmann, der in dieser gewaltigen Zeit die auswärtige Politik des Osmanischen Reiches leitet, den Aus⸗ spruch des Deutschen Kaisers beleuchtet. Die Mächte der Entente — so führte Halil Bei aus — haben der Türkei einen Vertrag angeboten, durch den die Integrität des Türkischen
Reiches garantiert werden sollte. Wir aber wissen — so fügte er hinzu —, daß dieses Garantiesystem nur eine drückende Vormundschaft bedeutet, und haben etnen solchen Vertrag abgelehnt.“ Deutschland aber bot uns ein Bündnis zu gleichen Rechten und von langer Dauer an, auf der Grundlage gegenseitigen und gleichwertigen Beistandes gegen jede Gefahr; auf der Grund⸗ lage gegenseitiger Achtung ihrer gegenseitigen Rechte und ihrer Souveränität haben sich die beiden Staaten geeinigt. Meine Herren Kollegen von der Türkischen Volksvertretung! Der gewaltige Krieg, den Sie und wir zusammen mit unseren tapferen Verbündeten führen, ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Befreiungskrieg. Sie, wie wir und unsere Verbündeten, wollen unsere geistigen und wirt⸗ schaftlichen Kräfte frei entwickeln können, fernerhin nicht mehr be⸗ hindert durch die englische Selbstsucht, nicht mehr behindert durch die russische Bedrückung. Das ganze Volk bei Ihnen und bei uns weiß, daß es sich in diesem Kriege um Sein oder Nichtsein handelt, und
übernimmt die Opfer, die dieser Krieg fordert, mutig und willig. Dieses Bewußtsein schmiedet die Völker an einander. So führen wir diesen gewaltigen Voliskrieg in treuer Waffenbrüderschaft. Die glän⸗ zenden Siege der Osmanischen Armee auf Gallipoli, bei Kut el Amara bis zum Suezkanal, die heroischen Waffentaten unserer Verbündeten im Osten und Süden und auf dem Balkan, Deutschlands Erfolge an allen Fronten haben unseren Feinden gezeigt, daß wir mit unseren Ver⸗ bündeten unbesiegbar sind. Dies eröffnet uns die Aussicht auf eine glückliche und segensreiche Friedensarbeit, auf den Fortschritt in der Kultur, den wir uns erkämpfen wollen, zum gegenseitigen Nutzen. Ich bitte Sie, mit mir einzustimmen in den Ruf: Seine Majestät der Sultan Muhammed V. Kaiser der Osmanen, der Siegreiche, das türkische Volk, das ganze Türkische Reich, Hurra!
Die Kapelle des 2. Garderegiments z. F. spielte nach dem dreifachen Hurra die türkische Nationalhymne. Darauf über⸗ sebie 22 Konsul Padel die Rede des Präsidenten in die türkische Sprache. 1u““ 8
Der Konstantinopler Universitätsprofessor Seyd Hachim Bei hielt darauf nachstehende sofort vom Generalleutnant
Meine Herren! Wir danken Ihnen von ganzem Herzen für die gütige Aufnahme, die von Ihnen und allen Herren Kollegen uns ent⸗ gegengebracht wurde. Seine Exzellenz der Herr Präsident hat einen Spruch Seiner Majestät als Basis seiner Rede genommen, indem er sagt: Zwei Völker, auch wenn sie nicht von einer Rasse und von einem Stamm sind, können sich doch gegenseitig helfen, und es ist Tat⸗ sache, wenn zwei Völker sich mit beiderseitigem Vertrauen an⸗ einander anlehnen, so wird sicherlich daraus ein sehr erfolg⸗ reiches und segensreiches Ergebnis herausckommen. Deutschland mit seiner Größe und Vergangenheit ist ein Kulturstaat. Klare Köpfe und hervorragende Persönlichkeiten, die Deutschland auf diese Stufe gehoben haben, haben Deutschland eine sichere und glänzende Gegen⸗ wart und Zukunft bereitet. Die Folge davon ist, daß heute Deutsch⸗ land mit seiner Größe von der ganzen Welt, selbst von seinen Feinden auch, bewundert wird. Die Folge davon ist, daß die Fahne Deutsch⸗ lands, dieser großen Macht, überall siegreich weht. Wir Türken und unsere
Geschichte haben auch unsere Kultur gehabt wie das deutsche Volk, aber leider
— diese Kultur ist mit der Zeit etwas verdunkelt worden. Heute ist es nicht mehr der Fall. Wir haben einen neuen Krieg für unsere Zukunft unternommen. Wir werden eine gesetzliche rechtliche Nation und ein ebensolcher Staat werden. Wir haben, wie der Herr Prä⸗ sident auch erwähnt hat, einige Verträge mit Deutschland auf Gegen⸗ seitigkeit abgeschlossen. Wir hoffen, daß das so auf gegenseitigen Rechten gebaute Bündnis in Zukunft seine Früchte weiter tragen wird.
Zum Schluß seiner Rede brachte Hassan Riza Pascha ein dreimaliges Hoch auf Seine Majestät den Deutschen Kaiser aus, in das die Versammlung begeistert einstimmte. Nach der Hymne „Heil Dir im Siegerkranz“ erschollen lebhafte Beifalls⸗ kundgebungen. In zwanglosem Zusammensein unterhielten sich Deussche und Türken noch längere Zeit bei den Klängen der Kapelle in angenehmster Weise. Am Abend wohnten die türkischen Parlamentarier der Aufführung von Meyerbeers Oper „Die Afrikanerin“ im Königlichen Opernhause bei.
——
Aus Madrid sind nachstehende Listen der in Spanien und Fernando⸗Po befindlichen Angehörigen der Schutztruppe für Kamerun übersandt worden, wobei indessen ausdrüuͤcklich betont sein soll, daß diese Listen auf Vollständigkeit keinen Anspruch erheben können. Sie enthalten die Namen aktiver Offiziere und Sanitätsoffiziere sowie eines Teiles der zur Verstärkung der Schutztruppe eingezogenen Angehörigen des Beurlaubtenstandes usw. Teilweise sind diese Namen bereits in dem Verzeichnis der auf spanisches Gebiet über⸗ getretenen Beamten des Gouvernements Kamerun enthalten, das in der Nr. 8/9 des Deutschen Kolonialblattes vom 1. Mai d. J. sowie in der amtlichen Verlustliste (Preußische Verlust⸗ liste Nr. 537) veröffentlicht ist. Die Namen der Unteroffiziere und Mannschaften, sowie der mit der Schutztruppe nach Spanien übergeführten, nicht zum Schutztruppendienst eingezogenen Beamten und Zivilpersonen sind bislang noch nicht hierher mitgeteilt. Doch ist zu hoffen, daß auch diese Namen trotz der Unterbindung des Postverkehrs und der Ueberlastung des 1e“ in nächster Zeit der Oeffentlichkeit übergeben werden können. 8 “
In Spanien befinden sich:
Oberstleutnant und Kommandeur 8. ermann, Major Haedicke, Hauptleute Adametz, v. Hagen, Fehn, v. Hanstein, Tamm; Ober⸗ leutnants Block, Bier, Distler; Hauptleute a. D. Schloßer, Frhr. Stein v. Lausnitz, Hauptmann Lüders; Oberlentnants d. R. Finger, Kessel (2), Fraulz (Frank?), Lange, Reder; Oberleutnant zur See d. R. Danneil; Leutnant d. R. Brendel, Bretthauer, Dettinger, Eltester, Fick, Gröpke, Hoffmann, Klimowitz, Litter, Losch, Niedermeyer, Ober⸗ maier, Pfizenmayer, Kixh Salomon, Stüber, Leutnant d. R. d. Mar.⸗Inf. Koch, Leutnant z. S. d. R. Geu, Leutnant d. R. Wolff, Stabsärzte Dr. Nägele, Kalwett, Schachtmeyer, Dr. Rösener, Dr. Stechele, Oberarzt Dr. Voth, Stabsarzt d. R. Dr. Mayer, Stabsarzt a. D. Eckhard, Ober⸗ arzt d. R. Dr. Rautenbera, Marineoberafsistenzarzt d. R. Dr. Zschucke, Assistenzarzt d. R. Dr. Grau und Dr. Knsschstein.
Auf Fernando Po sind zurückgeblieben:
Mafor Ramstedt, Hauptleute Eymael, von Heigelin, von Sommer⸗ feld und Falkenhayn, Liebe, Dickmann, von Dutsburg, von Engel⸗ brechten, Harttmann, Künzlen, Bock von Wülfingen, von Proeck, Oberleutnants Hoppe, Schmitt, Abramowski, von Goßler, Schaade, Oberleutnant d. L. Herbst, Leutnant d. R. Neuse, Leutnant d. L. Mühling; die Stabsärzte Dr. Eckert, Dr. Beutler, Hilfrich, Ober⸗ arzt Dr. Schömig und Dr. Kluge.
In welcher Weise und wo die Unterbringung der in Spanien befindlichen Kamerun⸗Deutschen erfolgt ist, ist noch nicht bekannt geworden. Sobald Mitteilungen hierüber vor⸗ liegen, wird die Benachrichtigung der Angehörigen sowie die Veröffentlichung in der Tagespresse erfolgen. Da demnach augenblicklich nähere Angaben von zuständiger Stelle nicht ge⸗ macht werden können, wird gebeten, von weiteren Anfragen abzusehen. Gleichzeitig wird darauf aufmerksam gemacht, 8 Postverbindung mit den Internierten zurzeit nicht
esteht.
Leutnant d. L. Zimmermann;
Der heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ liegt die Ausgabe 990 der Deutschen Verlustlisten bei. Sie enthält die 538. Verlustliste der preußischen Armee und die 388. Verlustliste der württembergischen Armee.
“
Tachsen. Seine Majestät der König Friedrich vollendet morgen sein 51. Lebensjahr.
August
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Kaiser Franz Joseph hat auf eine Huldigungs⸗ depesche, die der tiroler Landesausschuß durch den Landes⸗ hauptmann Freihertn von Kathrein anläßlich des Jahrestages der italienischen Kriegserklärung und anläßlich der Erfolge in Südtirol an ihn gerichtet hat, wie „W. T. B.“ meldet, mit folgendem Danktelegramm geantwortet:
„Mit aufrichtiger Freude und tiefbewegtem Herzen habe Ich die anläßlich des Jahrestages der italienischen Kriegserklärung vom Landes⸗ ausschuß Meiner gefürsteten Grafschaft Tirol zum Ausdruck gebrachten Gefühle unwandelbarer Anhänglichkeit Meines geliebten Landes Tirol an Mich und Mein Haus entgegengenommen und spreche dafür dem Landesausschuß Meinen herzlichsten Dank aus, indem Ich zugleich der seit einem Jahrhundert erprobten Tapferkeit und patriotischen Haltung Tirols mit inniger Rührung gedenke. Angesichts der in den letzten Tagen von Meinen braven japferen Truppen unter bewährter Füh⸗ rung errungenen bedeutenden Erfolge gebe Ich der Hoffnung Raum, daß es mit Hilfe des Allmächtigen gelingen möge, den heimatlichen Boden des Landes vom Feinde zu befrelen.
In Triest wurde aus dem gleichen Anlaß von der Bürger⸗ schaft und der Handelswelt eine Hö
den Kaiser veranstaltet. 2
Artikel und betonen die unerschütterliche Treue und An⸗
hänglichkeit Triests und des Küstenlandes an Kaiser und Reich.
Der Feldmarschall Erzherzog Friedrich hat obiger Quelle zufolge nachstehenden Armeeoberkommandobefehl erlassen:
Heute vor einem 18 hat Italien seinen lang geplanten und sorgfältig vorbereiteten Verrat an der Monarchie durch die Kriegs⸗ erklärung gekrönt. Ueber eine halbe Million Feuergewehre stark, den Kräften unserer Verteidigung achtfach überlegen, stand damals das feindliche Heer drohend an unserer Grenze. Mi vermessener Ruhm⸗ redigkeit versprachen die fuüͤhrenden Männer drüben dem betörten Volke einen leichten und sicheren Sieg. In raschem Ansturm sollten die ttalienischen Waffen über die „Unerlösten’ Gebiete hinaus bis in das Herz unseres Vaterlandes getragen werden und mit dessen Zer⸗ trümmerung den Weltkrieg entscheiden. Die furchtlosen Verteldsger aher geboten dem verhaßten Gegner überall Halt, wo es meine Be⸗ fehle seftmmt hatten. Unser Siegeslauf im Norden ward durch den heimtücktschen Rückenangriff nicht gehemmt. Allmählich vermochte ich dann unseren schwachen Grenzschutz durch freigewordene Truppen zu stützen, wenn es die Lage forderte. Vier Schlachten am Isonzo, zahllose Gefechte an der ganzen Front vom Stilfser Joch big zum Meer haben mein Vertrauen in die Kraft unserer Abwehr glänzend gerechtfertigt. Während dieser Zeit wurde Galizten vom Feind befreit, ein weites feindliches Gebiet in Besitz genommen, Serbien niedergeworfen, Montenegro und Albanien erobert. Bis vor kurzem vermochten nun unsere tapfere Flotte und unsere braven Flieger Schrecken und Verwirrung auf italtenisches Gebiet zu tragen. Fast ein volles Jahr mußten wir uns gedulden, ehe die Stunde des Angriffes, der Vergeltung, schlug. Endlich ist diese Stunde gekommen. Schon unser erster Ansturm brach eine gewaltige Bresche in die feindliche Front. Viel ist getan, mehr noch bleibt zu iun übrig. Ich weiß, ich fühle es: Tapserkell und Ausdauer werden es jeisten. Soldaten der ee wee ei vergesset nicht im Kampfe, daß Italien an der Verlängerung dieses Krieges schuldig ist! Vergesset nicht die Blutopfer, dle er gekostet har! Befreiet eure Heimat von den Ein⸗ dringlingen! Schaffet der Monarchie auch im Südwesten die Grenze, deren sie für ihre künftige Sicherheit bedarf! Meine inniasten Wünsche die innigsten Wünsche all eurer Kameraden beglelten euch!
Erzherzog Friedrich, Feldmarschall.
Großbritannien und Irland. 6. a
Der Kriegsminister Lord Kitchener nahm im Ober⸗ hause zum Dienstpflichtgesetz das Wort und sagte dem „Reuterschen Bureau“ zufolge:
Das Gesetz werde es ermöglichen, den Zufluß von Rekruten zu regeln, sodaß die plötzlichen Schwankungen, die für die mtlitärischen und industriellen Interessen so nachteilig seien, vermieden werden würden. Die Generale und die Stäbe würden imstande sein, mit größerer Sicher⸗ heit die Fragen nach den erforderlichen Einberufungen und Verstärkungen zu heantworten, und die Leute in Reih und Glied würden durch den Gedanken ermutigt werden, daß alle ihre Volksgenossen in der Hetmat bereit seien, sie bis zum äußersten zu unterstützen. Auch die Ver⸗ hündeten würden, wie er glaube, in Anbetracht dessen, daß England Verpflichtungen übernehme, die sich so ausgesprochen von seinen nationalen Ueberlieferungen entfernten, anerkennen, daß England bereit set, ohne Vorbebalt alle seine Hilfsmittel gegen den gemeln⸗ samen Feind in die Wagschale zu werfen. Das Dienstpflichtgesetz werde England in stand setzen, die Kopfzahl seines Heeres in einer Weise und in einem Maße aufrecht zu erhalten, wie es bisher nicht möglich gewesen sei, und seinen vollen Anteil an dem großen Kampfe zu nehmen, von dem England als Nation und die Zukunft seiner Nasse abhänge.
Das Oberhaus nahm die Militärdienstbill ein⸗ stimmig in dritter Lesung an.
Im Unterhause richtete gestern der Abgeordnete Pemberton Billings an den Premierminister die Anfrage, ob er jetzt, wo sich das Komitee für die Luftverteidi⸗ gung als ein Fiasko herausgestellt habe, dem Hause die Ver⸗ sicherung geben wolle, daß eine kompetente Kommission ernannt werden würde, um die vorliegenden Klagen zu untersuchen. Asquith antwortete, wie der „Nieuwe Rotterdamsche Courant“ meldet, daß dies geschehen werde. Hierauf wurden die zu⸗ nehmenden Schwierigkeiten der Lebensmitteleinfuhr er⸗ örtert.
Der Parlamentssekretär Acland teilte über die Fischerei mit, daß 270 Fischerfahrzeuge verloren gegangen und 500 Menschen dabet umgekommen seien. Infolge der Kriegsgefahren sei die Menge der gefangenen Fische im Verhältnis von 15:6 zurückgegangen. Die Preise seien aber so gestiegen, daß die Fischerei trotzdem 8 Millionen Pfund Sterling gegen 9 250 000 Pfund Sterling in Normaljahren abgeworfen habe.
Der Premierminister Asquith beantragte die Bewilli⸗ gung eines Kredits von 300 Millionen Pfund Sterling, des elften seit Beginn des Krieges, womit die Gesamtsumme auf 2382 Millionen Pfund Sterling steigt. In der Begründung führte Asquith dem „Reuterschen Bureau“ zufolge aus:
Die täglichen Ausgaben hätten im Durchschnitt 4 820 000 Pfund Sterling betragen. Es sei aber inzwischen möglich gewesen, sie auf 4 600 000 Pfund Sterling zu vermindern. Das Anwachsen der Aus⸗ gaben habe seinen Grund hauptsächlich in den Anleihen der Ver⸗ bündeten und der Dominions. Arquith erklärte weiter, daß ohne die finanzielle Unterstützung, die England zu gewähren für seine Pflicht gehalten habe, die vereinigten Kriegsoperationen der Verhündeten nicht mit Erfolg und mit der notwendigen Wirksamkeit fortgesetzt werden könnten. Er erwarte, daß das Haus diese Vermehrung der Ausgaben, um das ganze komplizierte finanzielle, maritime und mili⸗ tärische Gebäude, von dessen Zusammenhalten der Erfolg abhänge, wirksam zu erhalten, nicht mißbilligen würde.
Das Unterhaus nahm darauf den Kriegskredit einstimmig an.
geforderten
85 Frankreich. 1
Beim Empfange der in Paris eingetroffenen russischen Paxrlamentarier im Palais Bourbon hielt der Minister⸗ präsident Briand eine Ansprache, in der er der „Agence Havas“ zufolge sagte:
Diejenigen, die ihr Blut vergießen, fordern Zeugnis von uns. Sie werden hier bei eeees; und Regterung den g eichen Wunsch finden, das gleiche Ziel zu erreichen. Daß wir den Krieg nicht gewollt aben⸗ macht unsere Kraft aus. Wir tragen die Stirne hoch und aben ein reines Gewissen. Keine der Herausforderungen, die die Welt seit 25 Jahren gehört hat, ist von uns ausgegangen. Wir haben darauf mit dauerndem Suchen nach frtedlichen Lösungen geantwortet. Das Wort „Frieden“ ist eine Lästerung, wenn es bezeichnet, daß der Angreifer nicht bestraft werden soll, und daß Europa morgen Gefahr läuft aufs neue der Willkür einer Militärkaste unterworfen zu werden, die von Hochmut und Herrschsucht trunken ist. Der Friede wird aus unserem Siege hervorgehen Der Friede muß auf das Völkerrecht begründet und von Bürgschaften gewährleistet sein, gegen die kesn Land aufbegehren kann. Dieses Ideal macht die Füech unserer Auf⸗ gabe aus. Dieser Sieg kommt. Deutschland triumphiert nicht. Es scheint, daß es sich vor den Augen der Welt mehr und mehr er⸗ niedrigt, es lebt in Furcht, Angst und Gewissensbissen. Es ist die Macht des Ideals, die wirkt. Das bedeutet für Deutschland den Anfang des Endes und für uns die Gewißheit, daß die Siegesstunde
bald schlaaen wird. Die Verbündeten geben ihr Blut, ihre Männer
üdon gesandt werden.
lrünglich herkamen, und diejenigen, die seitdem kamen, kamen mit
tbte verwandelt werden kann.
Prieden und
Mueberlegung und Beratschlagung, der Verständigung und des
n wir unsere Herzen und unsere Geister denen zu, ds 2 schlagen und über denen der Ruhm schon asteachten, 8.
Bei dem Empfang der russischen Parlamentarier im Elysée g der Präsident Poincars sie willkommen und richtete eine sgrache an sie, die das Bündnis mit Rußland zum Gegen⸗ d hatte. 17 sagte unter anderem. 1 Wie fried ein Ziel gewesen sei, habe sich bei Agadir un Finverleibung von Bosnsen und der Herzegowina aeig; * 5 ttelmächte verfolgten im Gehetmen die Verwirklichung ibrer verischen Absichten. 1914 habe Oesterreich in dem Verbrechen von
Lasewo, gewiß einem verabscheuenswerten Mord, aber einer Tat die die Deffentlichkeit keinerlei Verantwortung trage, die Gelegen⸗ dazu gefunden. „Selbst im Kriege“, sagte der Praͤfident zum luß, „bleiben wir nur zum Zmecke ves Friedens vereint. Man
ing uns zu kämpfen, und so werden wir wester tapfer kämpfen, bis durch den Endsieg das Recht wieder hergestellt und die Ruhe der lt verbürgt haben.“
— Ein Erlaß verlängert das Moratorium für Ver⸗ rrungs⸗, Kapitalisations⸗ und Pachtverträge um 60 Tage, sich die Lage dieser Gesellschaften seit dem Erlaß des letzten natoriums, dem 18. März, nicht merklich geändert habe.
hHerzog von Connaught, der gestern in Rom ein⸗ üffen ist, stattete dem Herzog von Genua, dem niser Sonnino und der Königin Helena Besuche ab. ch, zweitägigem Aufenthalt in Nom begibt sich der Herzog
Hauptquartier. Griechenland.
Einer von der „Agence Havas“ verbreiteten Meldung aus loniki zufolge ist Potoi von den Griechen geräumt und srch die Verbündeten besetzt worden. “
8 Anmerika. 1“
Die neue Note an England, die einen weiteren Ein⸗ uch gegen die Eingriffe in die amerikanische Post lt, ist dem Präsidenten Wilson, wie „W. T. B.“ meldet, sern vorgelegt worden und wird heute voraussichtlich nach
Wie die „Daily News“ meldet, rechnet die amerikanische ierung anscheinend mit weiteren Unruhen in Haiti und n Domingo. Denn obwohl bereits acht Kriegsschiffe vor tau Prince und San Domingo liegen und 2000 Marine⸗ aten gelandet sind, hat das Marinedepartement angeordnet, jetzt noch 1000 Marinesoldaten auf dem Panzerkreuzer ennessee“ nach der Insel befördert werden. 3
Der Präsident Wilson hat am Sonnabend in tlette (Nordcarolina) zur Feier des 141. Jahrestages der kerzeichnung der Unabhängigkeitserklärung in Mecklenburg —rdcarolina) vor hunderttausend Personen eine Rede alten, in der er obiger Quelle zufolge ausführte:
Die Zeit sei für die Vereinigten Staaten gekommen, ihre Dienste Herbeiführung des Friedens zwischen den kriegführenden Ländern ppas anzubieten. Auf den Ursprung des Wachstums der Ver⸗ hlen Staaten Bezug nehmend, betonte Wilson, daß das Land in klickkeit nicht aus der englischen Siedelung im Süden aus Neuengland emporgewachsen sei, sondern daß der akteristische Teil Amerikas seinen Ursprung in den mittleren aten New Pork, Pennsylvansa und New Jersey habe, in hben von Anfang an jene Mischung von verschiedenen en vorhanden gewesen sei, die das charakteristisch⸗ Kennzeichen der einigten Staaten bilde. „Die Männer“, fuhr Wilson fort, „die
möglichen Arten des Bluts, der Ueberlieferungen und der Lebens⸗ sale, aber alle mit der gleichen Leidenschaft für die menschliche heit. Amerika, das als Schmelzttegel für diese mannigfaltigen mnente diente, war immer in der Bildung begriffen, und während uns inmitten dieses Prozesses befanden, offensichtlich auf dem epunkt und in der Krise dieses Prozesses, kam die große Um⸗ ung in Europa durch den Krieg. In diesem spielt sich elbe ab, was in Amerika vor sich gegangen ist. ist ein Widerstreit nationaler Grundanschauungen, nationaler rlieferungen, nationaler Politik und politischer Systeme. ppa hat im Kriege gerungen, wie wir im Frieden, um zu sehen, man diese Fragen loͤsen soll, wenn sie in brennende Berührung einander geraten. Was Sie auf der anderen Seite vor sich gehen „ist eine gewaltige Umwandlung, durch die ein Kampf der Mächte Gottes Ratschluß in Gleichberechtigung und Zusammenarbeit der Denn es ist ein interessanter Um⸗ „daß der Gang des Krieges stille steht. Diese Feuersaulen, die inander in Berührung stehen, machen keine großen Forschritte gegen⸗ der. Wenn Ihr nicht überwältigen könnt, so müßt ihr beratschlagen. in Amerika haben wir versucht, ein Beispiel dafür zu geben, wie panze Welt auf der Grundlage von Freiheit, Zusammenarbeit und den zusammengebracht werden kann, und mit dieser großen Er⸗ ng, die wir durchgemacht haben, ist Amerika eine Art prophetischem Muster für das Menschengeschlecht. Was wollt tun mit Eurer Macht? Wollt Ihr sie in Gewalt umsetzen oder Rettung der menschlichen Gesellschaft? Ich würde gern dem Gedanken hingeben, daß der Geist dieser Stunde seinen bruck fände in unserer Vorstellung, daß wir das beilige Sinnbild Lichen Urteils vor den Nationen der Welt aufrichten und wir sie 19. Stelle der heiligen Schrift erinnern: Nach dem Wind, nach snbeben, nach dem Feuer kommt die stille, fanfte Stimme der
— In New York ist unter dem Ehrenvorsitz des Kardinals key ein Hilfsausschuß für Irland begründet worden, eine Kundgebung in allen Staaten der Vereinigten Staaten den 6. Juni vorbereitet.
Kriegsnachrichten. Großes Hauptquartier, 23. Mai. (W. T. B.) 8 Westlicher Kriegsschauplatz. r Absicht eines Gegenangriffs der Engländer südwestlich HBivench y⸗en⸗Gohelle wurde erkannt, die Ausführung 9 Sperrfeuer verhindert. Kleinere englische Vorstöße in -- von Roclincourt wurden abgewiesen. Im Maasgebiet war die Gefechtstätigkeit infolge edehnter Gegenstoßversuche des Feindes besonders leb⸗ tb Links des Flusses nahmen wir südlich des Camard⸗ 1 es ein französisches Blockhaus. Feindliche Angriffe V ch der Höhe 304 und am Südhange des „Toten
sprach der Geheimrat Professor
des Angriffsabschnitts wieder zurück. Südlich des Dorfes und südlich der ehemaligen Feste Douaumont, die übrigens fest in unserer Hand blieb, ist der Kampf noch nicht abgeschlossen. Nordwestlich der Feste Vaux wurde ein vorgestern vorüber⸗ gehend in Feindes Hand gefallener Sappenkopf zurückerobert.
8 Durch Sprengung zerstörten wir auf der Combres Höhe die erste und zweite französische Linie in erheblicher Ausdehnung.
„Bei Vaur⸗les⸗Palameix und Seuzey (auf den Maas⸗ höhen füdlich von Verdun) brachen feindliche Angriffe in der Hauptsache im Sperrfeuer zusammen kleine in unsere Gräben eingedrungene Abteilungen wurden dort niedergekämpft.
Ein feindliches Flugzeug wurde südwestlich von Vailly abgeschossen.
Oestlicher und Balkan⸗Kriegsschauplaz.
Nichts Neues. . Oberste Heeresleitung.
Wien, 23. Mai. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet:
Russischer und südöstlicher Kriegsschauplatz. Unverändert.
Italienischer Kriegsschauplatz.
UWnsere Truppen rücken nun auch beiderseits des Sugana⸗ Tals vor. Burgen (Borgo) wurde vom Feind flucht⸗ artig verlassen; reiche Beute fiel in unsere Hand.
Das Grazer Korps überschritt die Grenze und verfolgt den geschlagenen Gegner. Das italienische Werk Monte Verena ist bereits in unserem Besitz.
Im Brand⸗Tal ist der Angriff auf die feindlichen Stellungen bei Chiesa im Gange. Die Zahl der seit 15. Mai erbeuteten Geschütze hat sich auf 188 erhöht. 8 Unsere Seeflugzeuge belegten die Eisenbahnstrecke San Dona di Piave — Portogruaro mit zahlreichen Bomben.
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.
von Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Der Krieg der Türkei gegen den Vierverband.
Konstantinopel, 23. Mai. (W. T. B.) Das Haupt⸗ quartier meldet: Nichts Wichtiges auf den verschiedenen Fronten.
Der Krieg zur See.
London, 23. Mai. (W. T. B.) „Lloyds“ melden:
Der britische Dampfer „Rhenaß“ ist versenkt worden.
Der dänische Dampfer „Karla“ stieß auf eine Mine und sank acht Meilen vom Leuchtschiff Almagrundet. Die Besatzung wurde gerettet.
London, 23. Mai. (W. T. B.) „Lloyds“ melden, daß das italienische Segelschiff „Sabricottis“ im Mittel⸗ meer versenkt worden ist.
Palma (Mallorca), 23. Mai. (W. T. B.) Der „Agence Havas“ zufolge ist der norwegische Dampfer „Tjomo“, mit Kohle von Cardiff nach Genua unterwegs, in der Nähe durch ein österreichisches Unterseeboot versenkt worden.
London, 23. Mai. (W. T. B.) „Reuter“ meldet aus Paris, daß der französische Dreimaster „Myosotis“ aus Fécamp von einem österreichisch⸗ungarischen Unterseeboot versenkt worden ist. Die Mannschaft wurde gelandet.
Wohlfahrtspflege.
Für die Ansiedlung von Kriegsbeschädigten in der heinprovinz sind, wie die „Korrespondenz für Kriegswohlfahrtspflege“ berschtet,
Brundsätze aufgestellt, nach denen die Zentralstelle für Kriege⸗ beschädigtenfürsorge die selbstschuldnerische Bürgschaft für die erböhte Beleihung von ländlichen eübesäe dasen zwischen 75 und 90 % sowie die Zahlung des Zinsunterschiedes zwischen 4 % und höchstens dem landesüblichen Zinsfuß übernehmen fann. Handelt es sich nicht um ländliche Ansiedlung, sondern um den Eiwerb eines Kleinhauses durch einen Kriegsbeschädigten, so soll dieses Haus möglichst durch eine gemeinnützige Baugesellschaft errichtet werden, wodei den Gemeinden nabegelegt wird, geeignetes billiges Bauland zur Ver⸗ fügung zu stellen. In diesem Fanl kann die Zentralstelle für Kriegs⸗ beschädigtenfürsorge bis zu 33 ½ % der von dem Ermwerber nach dem sonst üblichen Verfahren zu zahlenden baren Einzahlung geschenkweise übernehmen, höchstens aber eine Summe von 200 ℳ. Baut der Kriegsbeschädigte ein Kleinhaus selbst, das nach Maßgabe der Grundsätze der Landesversicherungsanstalt beliehen ist, so kann die Zentralstelle dem Arbeiter eine zweite Hypothek bis zur Höhe zwischen 75 und 90 % des Taxwertes zu 4 % Zins und 1 ½ % Tilgung gewähren. Auch bei der miet⸗ oder pachtweisen Ueberlassung einer Landstelle oder eines Kleinhauses mit oder ohne Land tritt die Zentralftelle helfend ein. Sie kann in Fällen besonderer Art (kinderreiche Familien, Heranwachsen der Kinder) für einen Zeitraum bis zu 5 Jahren einen Miet⸗ oder Pachtzuschuß bis zur Höhe von 20 % der Miete oder Pacht oder auch einen Zälns zur Beschaffung und Erhaltung des Inventars einmalig ge⸗ ähren.
Kunst und Wissenschaft.
In der Maisitzung der Anthropologischen Gesellschaft üstav Fritsch über die Ver⸗ breitung australoider Merkmale in Melanesien. Die ethnographischen Verhältnisse der Inselwelt der Südsee sind sebr verwickelt. Die dort wohnenden Stämme bheeinflussen sich ge⸗ 229 von Australien aus nach Westen über die indochinesisch⸗pelagtsche Welt bis nach den Philippinen hin. Die Ursachen dieser Beeinflussung mögen bis in jene Zeiten zurückgehen, als der Urkontinent in jenen Gegenden noch bestand, der heute bis auf die Reste von Korallen⸗ bänken an manchen Stellen verschwunden ast. Die Urbevölkerung von Australien hat sich nach Norden hin ausgedehnt, hat sich teils mit andern Rassen gemischt, teils ist sie zu Grunde gegangen. So erklärt sich der wechselvolle Habitus der Bevölkerung in Melanesien. Wir haben aber auch in Australten selbst keinen einbeitlichen Typus; es ist vielleicht zu viel gesagt, wenn Hermann Klaabsch alle phbysischen
neg. scheiterten. Rechts des Flusses kam es auf der Front nördlich
ehöftes Thiaumont bis in den Caillette⸗Wald zu
688n Infanteriekämpfen. Im Anschluß an starke Unworbereitung drangen die Franzosen in unsere vordersten gen ein. Unsere Gegenstöße warfen ste auf den Flügeln!
Merkmale des Menschen, die vorkommen, schon in Australien bei der dortigen Bevölkerung finden will, und er deshalb hier den Urtyp der Menschheit suchte. Den Urtyp des Australters stellt der Eingeborene von Queensland dar, der Typus der Eingebomenen von Neufüdwales nähert sich dem von Van⸗Diemensland; im Norden und Nordwesten finden wir wieder einen anderen Topus, der sich schon dem der Stämme des Archipels nähert. Bestehen diese Vechältnisse, so ist es nicht
sonderbar, daß wir bei den Nachkommen überall auf Formen stoßen, die sich an die Urbevölkerung Australiens anlehnen. Gehetmrat Fritsch fand nun, doß der am meisten verbreitete Tyupus in Mela⸗ nesien nicht australisch in. Dagegen gibt es aus Neupommern Schädel, die australotde Merkmale tragen; von solchen konnte der Nortraaende Beispiele vorlegen und sie mit dem Neandertaler in Vergleich setzen, der auch an australoide Formen anklingt. Diesen Neander⸗ taler sieht Friisch im Gegensatze zu Schwalbe nicht als ein besoaderes Genus an, er stellt ihn zum „Menschen“. Der Queenslandeingeborene steht dem Neandertaler im Schädelbau sehr nahe, sein Schärel ist nur etwas höber. Der Lebende zeigt starke Wälste an den Augen⸗ brauenbogen und flockiges Haar. Hier sind schon Einflüsse von Ban⸗ Diemersland her bemerkbar. Andererseits haben mir Nord⸗ australier den Typus der Inselwelt, er weicht vom Typus der Ein⸗ geborenen von Queensland und Neufüdwales ab. Auf der Gazellen⸗ halbinsel lebt schon ein nicht australorder Tup. Je w⸗iter nach kem Innern des Kontinents man geht, desto mehr nähert sich der körper⸗ liche Habltus dem der Urdevölkerung. Geheimrat mitsch hat be⸗ obachtet, daß die Urbevölkerung ven Ostaustralten in Resten bis nach den Philippinen hin vorhanden ist; wo solche australolde Typen sich unter der heutigen Bevölkerung von Melanesien finden, sind sie als nach der alten australischen Urbevdélkerung hin an⸗ zusehen.
Darauf berichtete Geheimrat Professor Carl Schuchbardt im Anschluß an Mitteilungen über neue Funde aus der Um⸗ gebung von Soissons über eine von ilm im Herdst 1915 ausgeführte archäologische Fahrt ins Königreich Polen. Das „Museum für Völkerkunde’ hat zu den ihm von Hans Niggemann aus den Schützengräben vor Soissons üödersandten Urnenresten aus Gräbern der La Töae⸗Zeit Frankreichs Schalen und Becher aus derselben Gegend erhalten, die gleichfalls dieser La Töne⸗Kulturperiode angehören und Anclogien in Uarer⸗ italien haben. Ferner erhielt es Perlen in dunkelblauer F die als Ornament ein Auge zeigen. Solche Perlen kommen La Töne⸗Periode der Marne⸗Kaultur vor. Die elegauten Gesäß⸗ formen der französischen La Toöne⸗Kultur gehen bis in die rmtsche und merowingische Zeit binein, sie haben Analogien sowohll in den Funden auf dem Boden des alten Bibracte wie mn den 1—uringtichen Fürstengräbern aus dem 5. Jahrhundert nach Christus, die unter den Straßen von Weimar gefunden worden sind. Auf die Meitte lung über vorgeschichtliche Gräberfunde, die bei Lodz und bei Pliork gemacht worden waren, hafte Geheimrat Professor Schuch ardt sich nach Polen begeben. Er reiste über Kalisch nach Wartha, Lodz, zum Nerfluß, nach Warschau, nach Mlava, Drobin, Plock, Kutng und über Warschau, Mlava, Deutsch Evlau zuruck. In lebendiger Schilderung des Volkslebens konnte der Vortragende ein Build von den Verhältnissen in Polen bieten, wo wir zahlreiche deutsche evan⸗ gelische Siedlungen finden, so bei Al xandrow und Wiltschiza. Der Führer des Vortragenden, ein Redakreur der Lodzer Zenung, die schon vor dem Kriege bestand, namens Kargel, stammte aus Mexan⸗ drow. Das 30 Kilometer westlich von Lodz besindliche Gräberzeld konnte aufgenommen werden, und dabei wurden eigentümliche Stein⸗ kreise gefunden. Die polnischen Städte Mlavda, Warschan, Praga machen etwa den Eindruck wie Breslau oder Hamburg, nur fehlt ihnen der alte Kern, wie er für diese deutschen Städte so charakteristisch ist. Die „Indenmädte“ bieten viel des Interessanten und Eigenartigen. Eine Grabung in der Näbe von Mlava ergab Gesäße aus der römischen Kaiserzeit (1 bis 2 Jahrb. nach Christus), deren Irhalt aus verbrannten Knochen bettand. Das Studium der vorgeschichtlichen Sammlungen in Warschau, vor allem der Sammlung von Majewskp, die viel steinzeitliches Matertal enthält, ergab im Zusammenbhang mit der Beobachtung der Gefäß⸗ formen von heute, daß sich vielsach vorgeschichtliche Formen bis zur Gegenwart erhalten haben. Bei Radom sind noch heute die ꝛöm schen und die fränkischen braunrot bemalten Gefäße im Gebrauch, mie sie die sogenannte „Pingsdorfer⸗Keramik“ (bei Beonn) aufweist und wie sie sich auf den „Königshöfen“ Karls des Großen sinden: fte n⸗ zeitliche thüringische Ampboren, aber ohne Herkel, nun mit srittrchem Löchern versehen. In der Steinzeit baden wir im Marden Polens norddeutschen Einfluß. Parallelen zu Gefäßen, wie sie in Hockergräbern Schleswig⸗Holstems, Amphoten, wie sie in Dänemark auftraten, kommen vor. Auf die fürpokni⸗ schen Gebiete macht sich von der Donau her gleichfahs schem in der Steinzeit ein Einfluß bemerkbar, wie die Becher mit Trich er⸗ rand und Wellenlinicnornament es zeigen. Diese Ein tüsse machen sich ia in ähalicher Weie auch bei uns in der Mank bemerkhar. Auf einem Gräberfeld bei Wylczica fand Geheimrat Schuchhardt Stem⸗ kreise und „päte Lausitzer Keramik. Bei Kutno kommen Schalen und Urnen vor, wie sie in der Provinz Posen sich gleichfalls finden. Von der Steinzeit bis in die spätrömische Kaiserzeit ist Polen bis zur Weichsel in seiner Kultur vom Westen her beeinflust. Auch kann man eine germanische, speziell eine thüringische Volksbesiedlung Polens bis zur Weichsel feststellen. Die Forschungen sollen nach dem Kriege von neuem aufgenommen werden.
Durch Lichtbilder konnten die Vontragenden ihre Daregungen auf das anschaulichste erläutern. 8
Literatur.
— Zu den zabhlreichen von Kriegsberichte stattern verfaßten Schriften, in denen die Kämpfe an der Ost⸗ und Westfront geschildert werden, gesellt sich ein Buchlein, in dem der Kriegsberichterstamer im Ottomanischen Hauptquartier C. Bleeck⸗Schlombach die Kämpfe unserer türkischen Bundekgenossen an den Dardanellen und auf Galli⸗ poli aus eigener Anschauung in kurzen, fesselnd geschriebenen Skizzen dargestellt hat. Das Büchlein ist „Allab il Allab“ detitelt und übermtttelt dem Leser Bilder von den Kämpfen seit Mitte 1915, vom Kriegsleben in den Schützengräben vor Sedd⸗ul⸗Babr, ver Ari⸗Burnu und in den anderen Lagern des türkischen Hauptguartters. Das Buch ist dem türkischen Kriegminister und Bizegeveraikistmus -g r ““ (Verlag von O. Gustad Zehrfeld in Leipztg.
ℳ, geb. 2 ℳ. — Marie Ellenrieder ald Künftlerin und Frau. Bo Klara Siebert. Mit 12 Blldern. Freiburg 1918. Herdersche Verlagsbandlung. Noch immer erinnern wir uns dankbar der dieelen „Entdeckungen“ aus der deutschen Künstlerwelt, die und die verdtenft⸗ volle Berliner Jahrhundertausttellung von 1906 schauen ließ. Wie viele längst vergessene deursche Maler feterten damals verdiente Auf⸗ erstehung. Ein gleich günstiges Geschick wurde der bescheiden im Stillen schaffenden und 1863 in Konstanz gestordenen dadi Malerin Marie Ellenrieder 1913 durch eine umfassende ung ihrer Werke zuteil. Sie fand in Konstanz statt und regte den Wunsch nach einem Lebensbilde der Künstlerin an, das vns jetzt Klara Siebert feinsinnig und verständnisvoll gezeichnet hat. Wir lernen in Marie Ellenrieder eine als Künstlerin und svmpathische edle Persönlich⸗ keit kennen, deren Werke durch frommen deutschen Sinn und keuschen Adel ausgezeichnet sind. In München durch Langer vorgebildet, war sie zunächst als Bildnismalerin tärig. Ibre Arbeiten zeigen treffende Beod⸗ achturg und guten koloristischen Sinn. Ein römischer Studienaufentbalt anfangs der zwanziger Jahre des verflossenen Jahrhunderts, der Marie Ellenrieder auch Overheck und seinen Freunden näher drachte, wurde für ihre weitere künstlerische Entwicklung entscheidend. Es erging ihr, wtie so vielen deutschen Landsleuten, die dem Zander Roms a91 Kosten einer eigenen starken Begabung erlagen. Fortan widmete sich die Künstlerin vorzugsweise religiösen Motiven, die sie mit inniger zorter Empfindung im Stile der jüngeren Nazarener bebandelt dat. Wir haben allmählich gelernt, trotz mancher Schwächen dieser Künfller⸗ gruppe, zu würdigen, was sie zur Befreiung der deutichen Kanst ans den Fesseln eines kalten Klassigztsmus geleistet hat. Unter ihren Wer tretern wird auch Marie Ellenrieder in Ehren genannt werden Zwölf Bilder geben die besten Werke der Künstlerin wieder. Ihr Lebensbild verdient fleißig gelesen zu werden.