1916 / 129 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 02 Jun 1916 18:00:01 GMT) scan diff

bootsjäger, die das Feuer gegen das deutsche Torpedoboot eröffneten. Der Dampfer „Fjord“ verließ den und passierte kurz daranf vier größere und dreißig kleine deutsche Schiffe, die in voller Fahrt den englischen Schiffen nachsetzten. Noch 8 Uhr Abends ist auf dem Dampfer „Fjord“ Geschützfeuer gehört worden.

Der Krieg in den Kolonien.

London, 30. Mai (W. T. B.) Nach einer Depesche des „Reuterschen Bureaus“ meldet Ger eral Northey, der Ober⸗ befehlshaber der vom Süden her gegen Deutsch Ostafrika vorrückenden britischen Streitkräfte:

Die britischen Truppen haben den Feind gezwungen, Neu

Langenburg zu räumen. Sie besetzten die Stadt und erbeuteten große Mengen von Munition und Lexrensmittelvorräte aller Art. Eine feindliche Besatzung, die Namema (23 Meilen ostnordöstlich von Abercorn) besetzt hält, ist eingeschlossen worden.

Diese Meldung ist die Fortsetzung einer gestern ein⸗ getroffenen über das Vordringen der englisch⸗südafrikanischen Streitkräfte über die Südwestgrenze Deutsch Ostafrikas zwischen Nyassa⸗ und Tanganjikasee. Da die dort stehenden deutschen Grenzschutzabteilungen, infolge In⸗

anspruchnahme der Schutztruppe auf fünf verschiedenen Kriegsschauplätzen, dem Gegner an Zahl und Hilfsmitteln sehr unterlegen sind, muß mit einer allmählichen Räumung des Grenzgebietes gerechnet werden. Es scheint jedoch wenig wahrscheinlich, daß bei Räumung von Neu Langenburg, das übrigens keine Stadt, sondern nur eine Regierungsstation ist, dem Gegner große Mengen Munition und Lebensmittel in die Hände gefallen sein sollten. Bei dem über kurz oder lang zu erwartenden Angriff und der grenznahen Lage der Station dürften wohl alle Vorräte schon vorher in Sicherheit gebracht worden sein. Die englische Berichterstattung hat es offenbar für nölig erachtet, durch diesen Zusatz der Besetzung der Station erhöhte Bedeutung anzud chten. Das in der Meldung genannte Namema ist hier unbekannt, es kann sich also nur um ein unbedeutendes Negerdorf handeln.

Statistik und Volkswirtschaft.

Die nebenbahnähnlichen Kleinbahnen in Preußen am 31. März 1915.

Nach einer dem Landtag unterbreiteten Denkschrift über die Entwecklung der nebenbahnähnlichen Kleinbahnen in Preußen betrug am 31. März 1915 die St eck nlänge der geneh migten Bahnen dieser Art ber 329 (im Vorjahre 324) selbständigen Unternehmen 11 023 km (zur gleichen Zeit des Vorjahres 10 710,97 km). Es ist mitbin ein Zuwachs von 312, ½¼ km oder 2,91 v. 2 (im Vaorjahre

1 22 v. HP.) zu verzeichden Im Betriede befanden sich am 31. März 1915 10 433,2. km ven 309 seibständigen Unternehmen gegen 10 261 b km von 30 ½ Bahnen im Vorjahre. Der Zu wachs

im Geschafrsjabyre 1914/15 betzäat also 171,88 km oder 1,922

b. H. (im Vorjahre 3,8 v. H.), woven 49,96 km auf die Rheinprovinz, 45, 90 km auf die Mrovinz Sochsen, 26,66 km auf Ostpreußen, 16,64 km auf die Provinz Brandenburg, 14,16 km auf die Provinz Hannover entfallen.

Aus der folgenden Zusammenstellung ist die örtliche Ver⸗ teilung der im Betri be befindlichen nebenbahnähnlichen Kleinbahnen und zugleich die der übrigen Eisenbahnen in Preußen ersichtlich. Es waren am 31. März 1915 im Betriebe:

Von der Gesamt⸗ länge aller

andere Eisenbahnen

tlicher

nebenbahnähnliche

Kleinbahnen Staatseisenbahnen unter preußisch⸗

hessischer Verwaltung

fremde Staats⸗ und

Privateisenbahnen ä m

Gesamtlänge s je 100 qkm

km

8 8

km

8

860,89 605,20 1082,05 1664,36 820,18 771,41 889,60

939,63 1032,53 460 89

2915,86 2376,21 3552,87 2268,30 2792,84 4786,16 2820,99

1340,14 2966,21 2997,21 363,95 2154,92 850,52 4558,07 372,89 8 Hohenzollern.. 92,57 90 62 183,1 16,03

zusammen.. 10433,88 (*35529,78 2934 67] 48898,20] 14,02 1

Vollspur (1,435 m) haben 4775,35 km (207 Bahnen) oder 43,/3 v. H. der genehmigten, 4362,4s8 km (190 Bahnen) oder 41,8 v. H. der im Betriebe befindlichen Gesamtlänge, Schmalspur (1,000 m usw.) 6247,72 km (122 Bahnen) oder 56,7 v. H. der ge⸗ nehmigten, 6071,8 km (119 Bahnen) oder 582 v. H, der im Be⸗ triebe befindlichen Gesamtlänge der nebenbahnähnlichen Kleinbahnen.

Es wurden am 31. März 1915 betrieben oder sollen betrieben werden 10 315,2s km (288 Bahnen) mit Dampflokomotiven, 532,2s km (33 Bahnen) mit elektrischen Motoren und 174,85 km (8 Bahnen) mit Dampflokomotiven und elektrischen Motoren.

Von den genehmigten nebenbahnähnlichen Kleinbahnen ver⸗ mittelten oder sollen vermitieln nur den Personenverkehr 28,60 km 3 Bahnen), nur den Güterverkehr 183,33 km (25 Bahnen), den Personen⸗ und den Güterverkehr 10 811,1s8 km (301 Bahnen).

Nach ihrer Interessenzugehörigkeit unterschieden, dienten oder sollen dienen dem Personenverkehr, hauptsächlich in Städten und deren Umgebung 1184 km (7 Bahnen), dem Fremden⸗ (Bade⸗) Verkehr 141,86 km (9 Bahnen), vorzugsweise Handel und Industrie 1127,8s km (81 Bahnen), vornehmlich landwirt⸗ schaftlichen Zwecken 5981 km (117 Bahnen), annähernd in gleichem Maße Handel und Industrie sowie landwirt⸗ schaftlichen Zwecken 3653,80 km (115 Bahnen).

Der Gesamtbetrag der vom Staate bis zum Schlusse des Kalenderjahres 1915 bewilligten Beihilfen aus dem Fonkds zur Förderung des Baues von Kleinbahnen beläuft sich auf 128 718 272 ℳ. Davon entfallen 15 094 846 auf Ostpreußen,

48,53

687,34 84,06 52,61

163,21

285,88

259,35 387 88 456,58

46,22

3825,28 2981,47 5322,20 4016,72 3665,83 5720,78 3996,47

2539,12 4386, 62 3914,,68 2565,09

5780,98

10,34 11,67 13,34 13,33 12,04 14,18 15,82

13,85 11,39 19,36 16 34

21,41

Holstein Hannover. Westfalen ... Hessen⸗Nassau.. Rheinp ovinz..

wesitere 543 000 auf Ost⸗ und Westpreußen, 8 654 250 auf

8 Westpreußen, weitere 590 000 auf Westpreußen und Pommern, 507 937 auf Pommern, weitere 355 000 auf Pommein Brandenburg, 11 106 115 auf die Provinz Brandenburg,

7 728 765 auf die Provinz Posen, 10 996 907 auf Schlesiea,

). Außerhulb Preußens besitzt die preußisch⸗hessische Staats⸗ V

nvermaltung noch 4243,8, km Elsenbahnen.

N

11 322 728 auf die Probinz Sachsen, 11 891 639 auf Schleswlg⸗ Holstein, 14 136 860 auf die Provinz b cecusg. 1 430 000 auf Hannover und Westfalen, 5 446 000 auf West⸗ faͤlen, 5 884 401 auf Hessen Nassau, 3 882 500 auf die Rhein⸗ provinz und 5 127 324 auf die Hohenzollernschen Lande. An Rückeinnahmen auf Staatsbeihilfen für Kleinbahnen sind bis zum Schlusse des Etatsjahres 1914 inegesamt 15 493 998 oufgekommen, davon 5 138 663 als Zinsen, 2 403 019 als Tilgungsbeträge und 7 952 316 als Anteile am Reingewinn.

Wohlfahrtspflege.

Nach einer Meldung von „W. T. B.“ aus Detmold hat Seine Hochfürstliche Durchlaucht der Fürst Leopold zur Lippe aus Anlaß seines Geburtstages eine reich dotierte Stiftung für lippische Kriegsinvaliden und unversorgte Hinter⸗ bliebene im Weltkriteg 1914/16 gefallener Helden ins Leben gerufen, die ihren Sitz in Detmold haben wird.

Ein Verzeichnis der nicht gewerbsmäßigen Arbeits⸗ nachweise im Deutschen Reich nach dem Stande vom 1. Mat 1916 hat im Auftrage des Reichsamts des Innern das Kaiserliche Statistische Amt, Abteilung für Arbeiterstatistik, herausgegeben (164 Seiten, Preis 2 ℳ, Verlag von P. M. Weber, Berlin SW. 68, Hollmannstraße 9/10) und damit einem Bedürfnis abgeholfen, das in allen Kreisen empfunden wurde, die sich mit der jetzt im Kriege besonders wichtigen Frage der Arbeitsvermittlung be⸗ chäftigen. Oft ist es vorgekommen, daß bei einem Arbeitsnachweis

rbeitslose, bei einem anderen in derselben Stadt oder deren Nähe für sie geeignete offene Stellen gemeldet waren; die Arbeitslosen blieben ohne Arbeit, die offenen Stellen wurden nicht besetzt zum großen Schaden beider Teile und der ganzen Volkswirtschaft —, weil die Arbeitsnachweise untereinander von den Meldungen keine Kenntnis hatten. Bei der auf Veranlassung des Reichskanzlers am 30. April 1915 im Reichstagsgebäude abge⸗ haltenen Besprechung über Mrbeitsbeschaffung für heimkehrende Krieger und die Regelung des Arbeitsmarktes wurde deshalb von allen Seiten die Herausgabe eines Verzeichnisses sämtlicher Arbeits⸗ nachweise durch eine neutrale Behörde, wie sie das Keaiserliche Statistische Amt ist, gewünscht. Das unter Mitarbeit aller in Frage kommenden Organisationen aufpestellte Verzeichnis soll, wie in der dem Reichstag kürzlich vom Reichs⸗ amt des Innern vorgelegten Denkschrift über Maßnahmen auf dem Gehbiete des Arbeitsnachweises ausgeführt wird, den zur Entlassung kommenden Kriegsteilnehmern ausgehändigt werden, damtt sie sich über geeignete Arbeitsvermittlungsstellen unter⸗ richten können. Es führt im ganzen 3602 Arbeitsnachweise an, von denen 2062 sich in Preußen befinden. Das Verzeichnis ist nach Be⸗ zirken der Arbeitsnachweisverbände gegliedert. Innerhalb der Bezirke sind die Arbeitsnachweise nach Stätten alphabetisch, innerhalb der Städte unter Voranstellung der öffentlichen und anderen allgemeinen Arbeitsnachweise nach Berufsgruppen und innerbalb dieser wieder nach paritätischen, Arbeitgeber⸗, Innungs⸗, Arbeitnehmer⸗ und Angestellten⸗ arbeitsnachweisen gegliedert.

Kunst und Wissenschat.

hronlecle“ hat folgendes Kabeltelegramm von Sir Ernest

aus Port Stanley vem 31. Mai erhalten: Ich bin

ee Endryrance’ wurde am 27. Oktober 1915

1 Weddellmeer zerquetscht und trieb hierauf

* weit im Eis bis zum 9. April. Am 16. April landeten

wir auf der Elephanteninsel. Am 24 April ließ ich 22 Mann

in einer Eisböhle zurück und begab mich mit 5 Mann in einem

Boot von 22 8 Länge nach Südgeorgien um Hilfe. Als ich die Insel verließ, waren alle wohl, brauchten aber dringend Hilfe.

Die deuischen Grabungen in 111“ Im letzten Jahresbericht der Deuischen Orientgesellschaft wid mitgeteilt, daß die deutschen wissenschaftlichen Arbeiien in Mesopotamien durch den Krieg wohl gehemmt, aber anscheinend nicht entscheidend behindert worden sind. In Babylon ist die Grabung in der Ruine Babil abgebrochen worden. Sie wird auf später zurückgestellt. Die Arbeiten sind vor⸗ nehmlich an der Ostfront der Hauptburg auageführt, an einer Stelle, deren Umfang gegeben ist im Norden und Süden durch die früheren Grabungen, im Osten durch die Prozessions⸗ straße, im Westen etwa durch eine Linie, die schräg durch die Linie zwischen den Quadratreihen und des Stadtplanes läuft. Mitte Oktober 1915 mußze die Expedition auf den Rat der Behörden hin ihr Arbeite feld perlassen. Die Herren Professor Koldewey und Buddensieg haben in Aleppo einige Wochen gewartet, bis der Umschwung in der Lage ei trat, der es ihnen gestattet hat, Mitte Dezember wieder nach Batylon zurückzugehen. Nach den voeltegenden Berichten konnten bis in den Märnz hinein die eigenthchen Grabungsorbeiten noch nicht wieder auf⸗ genommen werden Beddensieg beschäftigte sich mit der Bearbeitung der Aufnahme der Nortburg des Kafr. Koldewey ist leider durch ein Exzem, wie es ihn schon vor einigen Jahren geplagt hat, an Be⸗ wegung und Arbeit gehindert. Die beiden Herren haben in der schwierigen Zeit die Expedition allein vertreten, da Dr. Fritz Krischen Babylon wieder verlassen hat.

Land⸗ und Forstwirtschaft.

Washington, 1. Junt. (W. T. B.) Nach dem Bericht des Landwirtschaftlichen Burcaus betrug der allgemeine Durchschnitts⸗ tenre. der Baumwolle Ende Mai 77,5 % gegen 80 % im

VCorjahr.

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Der Zuschlag auf die von dem Verwaltungsressort der Kaiserlichen Werft in Wilhelmshaven am 5. Mai 1916 verdungene Herstellung eires Wohnhauses mit Nebenanlagen für einen Leuchtturmwärter in Schillig ist der Firma Paul Kossel u. Co., Wilhelmehaven, erteilt worden.

Der Zuschlag auf die von dem Verwaltungsressort der Kaiser⸗ lichen Werft in Wilhelmshaven am 1. Mai 1916 in Helgo⸗ eand verdungene Herstellung und Lleserung von Zugankern, Bolzen Ind Unterlagsplatten ist der Firma Th. Raschke in Wilhelmshaven urteilt worden.

Mannigfaltiges. 16“ 5 1“

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin nahm „W. T. B.“ zufolge gestern vormittag am Gotterdienst in der Garnisonkirche in Pots dam teil.

Frau

Ighre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Kronprinzessin statnete, wie „W T. B.“ meldet, am vergangenen Dienstag rem Nachmittagserholungsheim in Potsdam einen Besuch ab. Die hohe Frau hielt sich längere Zeit daselbst auf vnd hge⸗ Intertesse für die Unterrschtskurse für Kriegs⸗ eschädigte.

Die Reich’ fleischstelle hat die Versorgung der Kur⸗ und Badeorte mit Fleisch für die Monate Juni, Juli und August nunmehr sichergestellt. Unter Zugrundelegung der vor⸗ jährigen Besuchsziffern, elner durchschnittlichen Aufenthaltsdauer und einer dem Verhaͤltnis der Versorgung der übrigen Bevölkerung ent⸗ sprechenden Fleischmenge ist die auf die einzelnen Bundesstaaten und preußisch n Provinzen entfollende ww festgestellt und denselben mitgeteilt. Die Deckung dieses, übrigens für die Seahh der Gamtbevölkerung nicht ins Gewicht fallenden Be⸗ darfes haf aus defür die einzelnen Staatsgebiete und Regierungs⸗

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bezirke festgesetzten Schlachtangen zu erfolgen. Als Ersatz hifür ist den See. und preußischen Regierungsbezirken ent⸗ sprechende Menge Gesrierfleisch von der Reichsfleischstelle ühwiesen worden. Den Gemeinden, aus denen die Reisenden stammen raucht daher kein Abzug gemacht zu werden. Das Fleisch, das if die Reisenden an ihrem Heimatsorte entfällt, kommt vielmehr desurück⸗ bleibenden Bevölkerung zugute.

„W. T. B.- teilt folgendes mit: In verschiedenen Klesädten und ländlichen Ortschaften der Provinz Ostpreußen, in den es an einer ausreichenden ärztlichen Versorgang der Bevölkerunmurzeit mangelt, finden zuziehende füngere Aerzte lohnende Kvat⸗ praxis. Es besteht die Aussicht, ihnen in b⸗sonderen Fällein⸗ kommenzuschüsse zu gewähren, wena sie die Verpflichtusüber⸗ nehmen, die ärmere Bevölkerung, soweit sie nicht der Krankensiche⸗ rungspflicht unterliegt, unentgeltlich zu behandeln. Nähere Nunft über die einschlägigen Verhältnisse erteilt der Regierunz und Medizinalrat in jedem der drei Regierungsbezirke Königsber; Gum⸗ binnen und Allenstein.

„Im Austrag der „Kriegsgefangenenhilfe“ und desit ihr verbundenen Liebesgabenausschusses, der unter dem EhrenvorsEhrer Kaiserlichen und Königlichen Hohelt der Frau Kronprinzess steht, reist, wie „W. T. B.“ meldet, ein neutraler Delegierr am Dienstag, den 6 Juni, nach Spanien, um die dort beflichen Deutsch⸗Kameruner zu grüßen. Es besteht für ihre nge⸗ börigen die Möglichkeit, Nachrichten persönlicher oder feliärer Art durch dieren Delegierten zu übermitteln und unseren pferen einen Gruß der Treue und Liebe zu senden, wenn zehag. richten bis zum Sonntag, den 4. Juni, unter folgender Auhrift eingetroffen sind: An die Deutsche Kriegsgefangenenhilfe, Ba C 2, Kleine Museumsstraße 5 b, mit dem Vermerk: „Für die Ptsch⸗ Kameruner“. Alle Mitteilungen müssen in lateinischer Sft ab⸗ gefaßt sein, dürfen die Länge von 100 Worten nicht überstes und w der Nach icchten über die Kriegslage, noch über Ernährufragen entbalten. Es kann ohne weiteres angenommen werden, daße die⸗ jer igen Persöalichkeiten, die bei Ausbruch des Krieges sich in nerun aufgehalten haben, sich nunmehr in Spanien befinden, sofern kischen etwas Gegenteiliges bei den Angehörigen nicht dekannt gewn ist.

Konstanz, 31. Mai. (W. T. B.) Der Transp der kranken Kriegsgefangenen nach der Schweiz ist mehr vorläufig abgeschlossen. Insgesamt wurden im Mon Mat 9647 Franzosen, Belgier und Engländer über Konstanz) der Schweiz gebrecht. Als Austausch für die Engländer sollen der nächsten Zeit einige deutsche Kriegsgefangene rach Deutsch ge⸗ bracht werden.

Vlissingen, 30. Mai. (W. T. B.) Der heute hange⸗ kommene Postdampfer aus England brachte vierzig 1sche Zivilgefangene mit.

Kopenbagen, 1. Juni. (W. T. B.) „Berlin ske ende“ meldet aus St. Petersburg: Die Zemralleitung des zuschen Kreuzes hielt eine Sitzung ab, um den Vorschlag des Pti Karl von Schweden zu erörtern, neutrale Abgeordnete in Ge⸗ fangenenlager zu entsenden zwecks Untersuchung der Blung der Kriegsgefangenen. Die Anwesenden waren einstimmig dasicht, daß die vorgeschlagene neutrale Kommission vom russischen Spunkt nicht empfehlenswert sei, da die neutralen Abgeordneten nichssisch sprächen. Der schwedische Vorschlag wurde abgelehnt.

Bern, 31. Mai. (W. T. B.) Auf dem Flugfe von Coltane ist ein Militardoppeldecker abgestürzt. Dährer Fürst di Frasso und der Beobachter sind tot.

Nach einer vom „W. T. B.“ wiedergegebenen Llevdwelg aus Wladiwostok ist dort am Sonntagnachmittag eine große ers⸗ brunst ausgebrechen. Große Mengen Baumwolle und Gusi, die unlängst gekauft worden waren, sind vernichtet worden. Eine tung des Schadens ist noch nicht möglich.

I 1“

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten urd Iten Beilage.)

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Königliche Schauspiele. Sonnab.: Opernhaus. 144 onne⸗ mentsvorstellung. Figaros Hochzeit. Komische Oper in Akten von Wolfgang Amadeus Mozart. Text nach Beaumarch von Lorenzo Daponte. Deutsche Uebersetzung revidiert von Levi. Musitalische Leitung: Herr Kapellmeister Dr. Stiedry. Reg Herr Oberregisseur Droescher. Anfang 7 ½ Uhr.

Schauspielhaus. 150. Abonnementsvorstellung. Die Q.zows. Vaterländisches Drama in vier Aufzügen von Ernst von ilden⸗ bruch. Regie: Herr Regisseur Dr. Bruck. (Dietrich von itzow: Herr Carl Bernhardt vom Stadztheater in Straßburg aast.) Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag: Opernhaus. 145. Abonnementsvorstellung. hienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Der Troubadour. Opern vier Aufzügen von Giuseppe Verdi. Text nach dem Italienisn des Salvatore Camcrano. Anfang 7 ½ Uhr.

Schauspielhaus. 151. Abonnementsvorstellung. Dienst⸗ Frei⸗ plätze sind aufgehoben. Der Raub der Sabinerinnen. hHwank 8 8 Aufzügen von Franz und Paul von Schönthan. nfang

5 Uhr.

Familiennachrichten.

Geboren: Eine Tochter: Hrn. Kammerherrn und Drost stz von Engel (Mirow, Meckl.⸗Strel.).

Gestorben: Hr. Senatspräsident, Geheimer Oberjustizr. Karl Brenken (Hamm). Hr. Verwaltungsgerichtsdirekto Max Rohloff (Hildesheim).

Beim Ausbleiben oder bei verspäteter Lieferutz einer Nummer wollen sich die Postbezieher stets unur iin de Briefträger oder die zuständige Bestell Post anstalt wenden. Erst wenn Nachlieferung und Auffärun nicht in angemessener Frist erfolgen, wende man sich unt

des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“.

U

Angabe der bereits unternommenen Schritte an die 1 88

Verantwortlicher Nedakteur: Direktor Dr. Tyrol in Charloter Verlag der Expedition (Mengering) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstcht, Berlin, Wilhelmstraße 32. Acht Beilagen (einschließlich Warenzeichenbeilage Nr. 43) sowie die 999. Ausgabe der Deutschen Verlustlisten.

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Deutscher Reichstag. 8 56. Sitzung vom 31. Mai 1916, Vormittags 11 Uhr.

Am Bundesratstische: Die Staatssekretäre, Staats⸗ minister Dr. Helfferich, von Jagow.

Präsident Dr. Kaempf eröffnet die Sitzung um 11 ¼4 Uhr. 1

Zur ersten Beratung steht die Ergänzung zum Reichs⸗ haushaltsetat für 1916, durch welche 500 000 als erste Rate zur Errichtung eines Gesandt⸗ schaftshauses in Sofia und 60 000 zum Erwerb eines an die Botschaft in Konstantinopel angrenzenden bebauten 4 5 2 2 Grundstücks angefordert werden.

Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staatsminister von Jagow:

Meine Herren! Der Besitz eines eigenen Gesandtschaftsgebäudes in Sofia ist eigentlich bereits lange ein Bedürfnis, das wir auch schon oft erwogen, aber mit Rücksicht auf andere dringende Ausgaben bisher zurückgestellt haben. Die meisten anderen Großstaaten besitzen bereits eine eigene Gesandtschaft in Sofia. Bei den Wohnungsverhältnissen in Sofia ist es überhaupt sehr schwer, eine geeignete Lokalität für die Gesandtschaft zu finden. Auch der jetzige Mietvertrag ist infolge des Verkaufs des Hauses gekündigt worden.

Das sind die materiellen Gründe. Wenn wir aber von dem all⸗ gemeinen Grundsatz, jetzt keine neuen Forderungen in den Etat zu bringen, in diesem Falle abgesehen haben, so liegen dafür in erster Linie politische Erwägungen vor. Es ist sehr erwünscht, daß die durch unser Bündnis und den gemeinsamen Kampf so eng und herzlich ge⸗ wordenen Beziehungen mit Bulgarien auch äußerlich durch eine ent⸗ sprechende eigene Gesandtschaft würdig zum Ausdruck kommen. Dieser Wunsch wird auch sehr lebhaft durch Seine Majestät den König von Bulgarien und die bulgarische Regierung geteilt. Die bulgarische Regierung ist uns so weit entgegengekommen, daß sie die Schenkung eines Grundstücks zum Bau der Gesandtschaft in Aussicht gestellt hat. Ich habe gerade heute ein Telegramm bekommen, wonach ein sehr geeignetes schönes Grundstück an einem der größeren Boulevards dafür in Aussicht genommen ist. Diese Schenkung bedarf natürlich noch der Genehmigung der Sobranje. Doch erwartet die Regierung, daß die⸗ selbe ebenso bereitwillig erteilt werden wird, wie ich hoffe und bitte, daß Sie, meine Herren, unserer Forderung auch JI. Zustimmung nicht versagen werden. (Bravo! rechts.) 1 1

Damit schließt die erste Lesung.

In zweiter Lesung wird der Ergänzungsetat ohne Debatte genehmigt.

Es folgt die zweite Beratung der Kriegsgewinn⸗ steuervorlage. Der Präsident erklärt, daß er hierbei⸗ eine allgemeine Debatte über sämtliche Steuervorlagen zu⸗ lassen werde.

Berichterstatter Abg. Südekum (Soz.): Schon in der erster Lesung ist darauf hingewiesen worden, daß keine Steuer volkstümlicher sei, als die Besteuerung der Kriegsgewinne derer, die da ernten, ohne gesät zu haben, und es nur dem unvergleichlichen Opfermut ihrer Volksgenossen draußen zu danken haben, daß sie ihr Einkommen in Ruhe und Sicherheit verzehren können. Die Vorlage verfolgt den Grundgedanken, den Vermögenszuwachs während des Krieg es, nicht infolge des Krieges, einer Steuer zu unterwerfen. Der usschuß, der sich in langen und mühseligen Verhandlungen mit der Prüfung des Entwurfs zu befassen hatte, ist in erster Lesung auf der Grundlage dieses Entwurfs nach zwei Richtungen außerordentlich weiter ge⸗ gangen. Einmal dadurch, daß er das Mehreinkommen zur Steuer heranzog und die Erhebung eines dritten Teils des Wehrbeitrages vorschlug. Die Beschlüsse erster Lesung stießen auf den Widerstand der verbündeten Regierungen. Wie dieser Widerstand zu überwinden ge⸗ sucht wurde, und wie schließlich die Mehrheit des Ausschusses diesem Widerstand nachgegeben hat, war nicht Gegenstand der Verhand⸗ lungen des Ausschusses, sondern ist lediglich Gegenstand freier Ver⸗ einbarung gewesen. Ich verweise im übrigen auf den schriftlichen

Abg. Herold (Zentr.): Die Kommissionsbeschlüsse beruhen auf einer Verständigung zwischen den bürgerlichen Parteien und den ver⸗ bündeten Regierungen. Die Besteuerung im Neiche ist außerordent⸗ lich schwierig, denn es bestehen Steuern in den Einzelstacten, den Pro⸗ vinzen, Kreisen und Gemeinden. Das Reich hat als Steuerquelle bislang nur die indirekten Steuern gehabt mit der einzigen Ausnahme des Besitzsteuergesetzes und des einmaligen Wehrbeitrags, der ja nur einmal erhoben wird. Die Einzelstaaten und Gemeinden sind auf die direkten Steuern angewiesen, die Unterscheidung zwischen direkten und indirekten Steuern ist bis auf diese geringen⸗ Ausnahmen beibehalten worden. Durch die vorliegenden Steuerentwürfe wird an diesem grundsätzlichen Standpunkt nichts geändert, denn es soll in keiner Weise ein Präzedenz für die Zukunft geschaffen werden. Das betonen wir mit allem Nachdruck. Wenn wegen der außerordentlichen Ver⸗ hältnisse eine Kriegsgewinnsteuer oder Vermögenssteuer erhoben wird, so darf daraus für die Zukunft kein Grund für eine Abänderung des bestehenden dauernden Zustandes hergeleitet werden. Das Kriegs⸗ gewinnsteuergesetz ist außerordentlich populär, große Summen, Millio⸗ nen, sind von einzelnen im Kriege mit Leichtigkeit bei geringer Arbeits⸗ leistung erzielt worden, und diese außerordentlichen Gewinne besonders zu besteuern, hat Verständnis in der gesamten Bevölkerung gefunden. Aber es ergab sich, daß der Gedanke, speziell den Kriegsgewinn zu er⸗ fassen, praktisch nicht durchführbar war, die Regierung hat deshalb als Kriegsgewinnsteuer eine allgemeine Vermögenszuwachsfreuer vor⸗ gelegt. Die Besteuerung des Kriegsgewinns kommt einigemnaßen da⸗ durch zum Ausdruck, daß der Vermögenszuwachs, welcher aus ver⸗ mehrten Einnahmen während des Krieges entstammt, einer doppelten Besteuerung unterworfen wird. Die Parteien sind nun dahin ge⸗ kommen, die Doppelbelastung der vermehrten Einkommen vollständig auszuschalten und den Vermögenszuwachs ganz allgemein zu besteuern. Während nach der Regierungsvorlage nur ein Teil der Ertrvüge einer „hverdoppelten Steuer unterworfen wurde, hat die Kommission allgemein

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hie Verdoppelung durchgeführt, wodurch eine wesentliche Einnahme Lichaupt jeder Vermögenszuwachs im Kriege erfaßt. Die Kommissions⸗

jich ergeben wird. Dadurch wird sowohl der Kriegsgewinn als über⸗

fte beschlüsse empfehlen sich wegen der Einfachheit und weil so jedermann,

u der in diesen schweren Zeiten des Krieges sein Vermögen noch ver⸗

mehren konnte, einer besonderen Abgabe unterworfen wird. Ein er⸗

*) Ohne Gewähr

mit Ausnahme der Reden der Minister und Staatssekretäre. 11u“ 3

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heblicher Mehrertrag wird auch dadurch erzielt, daß die Staffelung rich⸗ tiger durchgeführt worden ist. Ueber den Gesamtertrag der Steuer ist jede Schätzung unsicher, aber der Ertrag wird sich kürzer in Milliarden als in Millionen ausdrücken lassen. Diese Besteuerung ist eine außer⸗ gewöhnliche Kriegsmaßnahme. Wenn der preußische Finanzminister im Abgeordnetenhause sagte, daß dadurch die Einkommensteuer in Preußen beeinträchtigt wird, so hat er damit grundsätzlich recht, da die Steuer aus dem Einkommen bezahlt werden wird. Der Vermö⸗ genszuwachs ist nicht nur für den Staatsbürger, sondern auch für den Staat selbst eine Notwendigkeit, namentlich bei steigender Bevölke⸗ rungszahl. Von den Abänderungsanträgen werden wir nur solche annehmen, die auf einer Vereinbarung zwischen den bürgerlichen Par⸗ teien und den verbündeten Regierungen beruhen, alle anderen aber ablehnen, weil wir das Kompromiß in keiner Weise durchbrechen wollen. Durch die Besteuerung auch derjenigen Vermögen, die sich um höchstens 10 % vermindert haben, wird der Besitz allgemeiner erfaßt, als durch die Vermögenszuwachssteuer geschieht. Man nimmt an, daß eine Verminderung um 10 % durch den Krieg etwas Normales ist. Es handelt sich auch nur um eine einmalige Es war ein Antrag eingebracht worden, den Wehrbeitrag zu einem Drittel noch einmal zu erheben. Wir konnten hier nicht folgen, ebenso verhielt sich die Regierung ablehnend. Der Wehrbeitrag war ja nur als einmalige Maßnahme gedacht, die durch eine besondere Notwendigkeit veranlaßt worden war. Man sagte sich auch, daß eine solche Steuer vom Ver⸗ mögen auf die Dauer nicht erhoben werden kann. Außerdem nehmen die Lasten ja überall zu. Der preußische Landtag hat ja soeben erst ein Gesetz angenommen, nach dem hundert Millionen durch neue Steuern aufzubringen sind. Dazu kommt, daß diese Lasten nur ein Fh Teil der Bevölkerung zu tragen hat. Die von der Regierung vorgelegten indirekten Steuern sind in der Kommission umgeändert worden. Der Quittungsstempel wurde einstimmig abgelehnt, einmal wegen der Belästigung, und weil die Wirkung bei diesem Kriegs⸗ stempel eine viel zu ungleichmäßige war. Der Ertrag der an seine Stelle getretenen Umsatzsteuer ist erheblich höher. Die Umsatzsteuer ist ja auch keine ideale Steuer. Aber die Belästigung wird dadurch auf ein sehr geringes Maß beschränkt. Gerade die Belästigungen wer⸗ den ja vom Publikum immer unangenehmer empfunden als meist die Steuer selbst. Auch hat die Umsatzsteuer den Vorteil, daß die breiten Massen von ihr nicht getroffen werden. Beim Tabak sind Steuer und Zoll wesentlich erhöht worden. Aber es sind auch einige Erleichterun⸗ gen eingetreten. Der inländische Tabakbau erfährt so durch die Ab⸗ stufung zwischen Tabaksteuer und Tabakzoll eine ganz erhebliche Be⸗ günstigung. Man sah eben die Notwendigkeit ein, den Tabakbau im Inlande möglichst zu fördern. Auch die Abgaben für Post⸗ und Tele⸗ graphensendungen sind gegenüber den Vorschlägen der Regierung abge⸗ ändert worden. Hier sind ebenfalls Erhöhungen und Erleichterungen eingetreten. Die jetzt bewilligten Steuern stellen nur einen Anfang dar. Nach dem Kriege werden die Ansprüche erheblich größer sein. Sich jetzt über eine Erweiterung der Monopole zu äußern, hat keinen Wert. Jetzt soll man allein daran denken, die Erträge aus den vor⸗ handenen zu steigern. Neue Steuern zu bewilligen, ist für ein Parla⸗ ment immer die schwierigste und unangenehmste Aufgabe. Dabei kostet es gewöhnlich Parteikämpfe. Wir wollen uns freuen, daß diesmal

wenigstens unter den bürgerlichen Parteien eine Einigung erzielt.].

ist. Auch die Bevölkerung wird diese Lasten willig auf sich nehmen mit Rücksicht auf die großen Pflichten, die zu erfüllen sind. Aber durch den Entschluß der bürgerlichen Parteien ist noch viel mehr erreicht worden. Die Regierung hat einen gewissen Steuerbetrag erlangt, um den Etat zu balancieren. Der Reichstag hat aber nicht nur anstands⸗ los diesen bewilligt, sondern er hat aus eigener Initiative sich frei⸗ gebig gezeigt. Es ist zu erwarten, daß das Doppelte aus den Steuern zu erwarten ist, als die Regierung annahm. Das ist eine Tat, welche einzig in der ganzen parlamentarischen Geschichte dasteht, und die sicher ihren Eindruck auf das Ausland nicht verfehlen wird.

Abg. Stolten (Soz.): Ich werde den Rahmen meiner Aus⸗ führungen etwas weiter zu spannen haben als der Vorredner. Die Entwürfe, die uns die verbündeten Regierungen brachten, sind ein Be⸗ weis dafür, daß die letzteren den Bedürfnissen des Volkes ein wirk⸗ liches Verständnis nicht entgegenbringen; sie sind noch ganz und gar eine Fortsetzung der althergebrachten Finanzpolitik, von dem Geist der Neuorientierung ist darin noch nichts zu entdecken gewesen, sonst hätten sie ganz anders aussehen müssen. Der Schatzsekretär hat den Anschein zu erwecken gesucht, als ob die Vorlagen etwas Neues enthielten, näm⸗ lich den gerechten Ausgleich zwischen den direkten und indirekten Steuern, und er ist auf diese von ihm durchgeführte steuerpolitische Gerechtigkeit sehr stolz. Sieht man sich die Wirkungen der Vorlage und auch der jetzt vorliegenden Ausschußbeschlüsse aber näher an, so ist es nichts mehr mit dieser steuerpolitischen Gerechtigkeit. Selbst für die neue Umsatzsteuer nahm er in Anspruch, daß sie der Leistungsfähigkeit proportional sei. Die Umsatzsteuer ist tatsächlich eine Gewerbesteuer der bedenklichsten Art; daß sie Belästigungen für den Verkehr und für das Publikum nicht bringen wird, wie der Vorredner meinte, ist ganz und gar nicht anzunehmen, sie wird im Gegenteil das gewerbliche und Verkehrsleben mit den ärgsten Scherereien belästigen. Auch durch die Postgebührerhöhung wird der Verkehr ganz beträchtlich erschwert und verteuert, und nach dem Kriege wird diese neue Belästigung und Er⸗ schwerung ganz besonders empfunden werden. Wird denn der Reichstag dazu schreiten, nach 2 Jahren, wie es in der Vorlage jetzt zu lesen ist, diese Erhöhung der Postgebühren wieder aufzuheben? In jedem Falle werden diese erhöhten Abgaben auf mehrere Jahre hinaus ein schweres Verkehrshindernis bilden. Ebenso wenig läßt sich in der Gestaltung der Tabakbesteuerung der Gesichtspunkt der steuerpolitischen Gerechtig⸗ keit durchgeführt erkennen. Bei den indirekten Steuern, seien es Ver⸗ kehrs⸗ oder Verbrauchsabgaben, fehlt es unter allen Umständen an einem gesunden Verhältnis zur Lefhn des Einzelnen. Die Kriegsgewinnsteuer fällt ja außerhalb des Rahmens, denn sie dient nicht zur Deckung von Kriegsschuldenzinsen usw., sondern zur Deckung von Ausfällen im Etat an Zöllen usw. Wir unsererseits wollten den Besitz stärker heranziehen, gerade um einem wirklich gerechten Ausgleich näher zu kommen, und wir wollten entsprechend die vorgeschlagenen indirekten Steuern ermäßigen. Die bürgerlichen Parteien haben aber nicht mitgemacht, sie haben schließlich nur noch ein günstigeres Verhält⸗ nis zwischen Besitz⸗ und Verkehrssteuern erzielen wollen, um die Versündigung, die am Volke durch die Auflegung der indirekten Steuern begangen wird, weniger deutlich erscheinen zu lassen. Die breiten Volksschichten werden steuerlich stärker belastet; für sie ist es nur ein schwacher Trost, daß auch die Besitzenden, und zwar nur mit einer einmaligen Abgabe, Fetrofgen werden. Dieser sogenannte ge⸗ rechte Ausgleich bezieht sich also nur auf ein einziges Jahr. Die Enttäuschung im Volke über die Vorlage ist im Verlaufe der Aus⸗ schußberatungen noch gewachsen, und diese nttäuschung besteht nicht etwa bloß bei den Arbeitern, sondern auch in weiten Kreisen des Mittelstandes, die besonders durch die Verkehrsabgaben in ihren Erwerbsverhältnissen sehr beeinträchtigt werden, nachdem die Aus⸗ schuß⸗- und Kompromißverhandlungen alle Hoffnung auf eine Ver⸗ minderung der Verkehrsabgaben zerstört haben. Wie schwer die neue Belastung ist, beweisen ja die vom Vorredner angegebenen Ziffern. Der Schatzsekretär hat ausdrücklich erklärt, die Vermehrung der direkten Steuern könne nur zugestanden werden bei gleichzeitiger Ver⸗ mehrung auch der indirekten Steuern. Gewiß hat die Kriegs⸗ gewinnabgabe im Ausschuß eine Verschärfung erfahren, an der wir uns ein besonderes Verdienst zuschreiben; wir hätten sie aber gern noch erheblich weiter verschärft. Für die anderen Steuern, wie sie der Aus⸗

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atsanzeiger.

1918.

lehnen wir jede Verant⸗ Wung des Ausschusses war

schuß jetzt zu bewilligen verschlägt, viel besser aus⸗

wortung ab. In der ersten die Besteuerung der Kriegsgewinne sehr gestaltet worden, als es schließlich der Fall gewesen ist. Nach dem Vorbereitungsgesetz nahm man an, daß 50 % so ungefähr der Durchschnitt der Kriegsgewinnsteuer sein würden. Jeßt Fien diese 50 % nur für die höchsten Vermögen vorgesehen. Mit Recht wurde in dem Ausschuß gesagt, daß das überhaupt kein Kriegsgewinnsteuer⸗ gesetz sei und viel höhere Sätze genommen werden müßten. Es wurde dann auch eine Verkürzung der Stufen vorgenommen und das ganze Mehreinkommen mit der doppelten Steuer belegt. Anderer⸗ seits wurden, dem Grundgedanken des Gesetzes Rechnung tragend, auch die Vermögen zu der Kriegsabgabe herangezogen, die keinen eigent⸗ lichen Ver nögenszuwachs erfahren haben; zu diesem Zwecke wurde die Wiederholung eines Drittels des Wehrbeitrages in das Gesetz hin⸗ eingearbeitet. Der wies in seinem Widerspruch da⸗ gegen darauf hin, daß die Regierung versprochen habe, daß der Wehr⸗ beitrag nur einmal erhoben werden solle. Dem ist daß wir damals unter ganz anderen Voraussetzungen und Verhält⸗ nissen, nämlich mitten im Frieden lebten. as man nun an die Stelle des Wehrbeitrages gesetzt hat, den öö“ Vermögens⸗ zuwachs, ist viel unmöglicher als die nochmalige Erhebung des Wehr⸗ beitrags. Der größte Kriegswucherer wird nicht schärfer angefaßt als derjenige, der sich für sein Alter etwas zurückgelegt hat. Eine Milderung ist nur geschaffen durch Herabsetzung der untersten Stufe. Entscheidend für die endgültige Lösung der Besitzsteuerfrage war der Widerspruch der einzelstaatlichen Wir unsererseits haben keine Kenntnis von den Verhandlungen dieser Minister. Wir stehen jedenfalls bei dem Kompromiß vor einem Rückzug gegen de Widerspruch der Finanzminister. Die aufgestellte Finanztheorie w sich gegenüber den steigenden Lasten des Reiches nicht halten lassen Daß die Ausgaben der Einzelstaaten im Kriege so gewachsen sind daß sie Rücksicht verdienen, bestreite ich nicht. Aber diese Rücksicht nahme erfordert nicht, daß man die Einzelstaaten sich selbst über⸗ läßt. Wir werden nach dem Kriege zu einer umfassenden Regelung de Verhältnisses zwischen Reich und Einzelstaaten übergehen muüssen Das Reich ist verpflichtet, für die Ausgaben der Einzelstaaten wäh rend des Krieges aufzukommen. Diese Aufgabe wird sehr schwer zu lösen sein, und ich weiß nicht, ob der Finanzmann schon da ist, der sie lösen wird. Aber ebenso verkehrt und verhängnisvoll ist es, daß man vor dem Widerstand der Bundesstaaten zurückgewichen ist. Ich glaube, wenn der Reichstag den Wehrbeitrag beschlösse, so würde die Regierung daran die Vorlage nicht scheitern lassen. Täte sie es, s. würde sie für die politische Wirkung dieses Entschlusses gar kei Verständnis haben. Die Steuern werden doch aus den Taschen de Steuerzahler und nicht aus dem Portemonnaie der Regierung be zahlt. Darum hat der Reichstag hier mehr mitzusprechen als die Regierung. Ich traue der Regierung auch eine solche politische Un⸗ klugheit nicht zu. Darum sollte der Reichstag unseren Antrag au Wiederherstellung des Wehrbeitrags annehmen. Dieser ist vie rationeller als das Monstrum einer Vermögenssteuer, die man in di Vorlage hineinarbeitet. Die Konstruktion, daß jemand eine Abgab zu zahlen hat, wo ein Vermögensverlust eingetreten ist, 5 eben so lustig wie luftig. Die bürgerlichen Parteien wollen den Schein er⸗ wecken, daß man nur den Vermögenszuwachs treffen will, und machen einen solchen, wo in Wirklichkeit keiner vorhanden 5 Damit is ein logischer Widerspruch in das Gesetz gekommen. Das Gesetz be ruht doch auf der Voraussetzung des Kriegsgewinnzuwachses. Die Besteuerung des nicht verlorenen Vermögens tritt nur ein, wo das Vermögen intakt geblieben ist. Die Wirkung der Steuer wird ein ganz verschiedene sein. Wer mehr als 10 % verloren hat, zahlt gar keine Steuer. Wir sehen voraus, daß Sie 1 Antrage nich zustimmen werden. Aber vielleicht sind Sie der Erwägung zugänglich daß man dabei nicht stehen bleiben darf, nur ein Prozent von nich verlorenen Vermögen zu versteuern, sondern steigende Steuersätze ein zustellen. Ein weiterer großer Mangel der Vorlage ist das Frei lassen der Erbschaften. Wir haben in dem Ausschuß einen voll ständig ausgearbeiteten Erbschaftssteuergesetzentwurf vorgelegt. Leider hat er keine Zustimmung gefunden. In diesen Kriegszeiten gibt es un endlich viel lachende Erben. Aus taktischen Gründen haben wir un seren Antrag aus dem Ausschuß nicht wieder eingebracht. Aber die Kriegssteuer sollte auch auf den Vermögenszuwachs erstreckt werden der aus Erbschaften erwächst. Zehntausenden ist dadurch, daß jemand im Felde gefallen ist, unverhofft eine Erbschaft zugefallen, auf die sie unter normalen Verhältnissen niemals zu rechnen hatten. Wir haben jetzt die einzige nie wiederkehrende Möglichkeit, diese Kriegserbschaften der entfernten Verwandten heranzuziehen, und in diesem Sinne haben wir jetzt einen entsprechenden Antrag gestellt. Die Kriegswuchere und Kriegslieferanten haben eine angenehme Enttäuschung erlitten weil sie damit rechneten, viel mehr bezahlen zu müssen. Der Besitz muß sich bewußt werden, daß er sehr viel in den eigenen Beutel greifen muß, denn der ungeheure Bedarf des Reiches kann nur durch ganz außergewöhnliche Steuern aufgebracht werden, dann brauchten uns auch die anderen Steuern nicht vorgelegt zu werden. Durch den Krieg ist in allererster Linie der Besitz geschützt, denn wenn der Feind in unserem Lande stände, wären die Villen und Schlösser der reichen Leute zerstört worden. Den ungeheuren Opfern unserer tapferen Sol⸗ daten gegenüber gibt es keine Steuer, die zu hoch wäre. Bedenkliche Experimente sind die Tabaksteuer, die Verkehrsabgaben und die Um⸗ satzsteuer. Das Reich braucht neue Einnahmequellen aber nicht in der Form dieser Belästigung. Wir lehnen sowohl die Tabaksteuer wie die Verkehrsabgaben unter allen Umständen ab. Damit werden wir bei der großen Masse der Bevölkerung volle Zustimmung finden. Von dem Abg. Scheidemann ist der Antrag auf nament⸗ liche Abstimmungen über die §§ 1 und 3 des Kriegsgewinn⸗ steuergesetzes und über das Gesetz im ganzen in der dritten Lesung beantragt worden. Vizepräsident Dr. Paasche teilt mit, daß diese Abstimmungen am Freitagnachmittag stattfinden werden. 12. Abg. Dr. Wiemer ffortschr. 8 Ich bedaure, daß es nicht gelungen ist, alle Parteien zu der Verständigung zusammen⸗ zubringen. Meine Freunde haben sich darum bemüht, denn wir wünschten, daß schon im Hinblick auf das Ausland die Geschlossenheit und Einigkeit der Parteien aufrecht erhalten werde. Wir sind b im Hinblick auf den nicht erfreulichen Verlauf der gestrigen S überzeugt, daß die Einigkeit im deutschen Volke und unter den Par⸗ teien eine Voraussetzung des Sieges ist. Der Wunsch, das seit dem 4. August 1914 bestehende mit der Sozialdemo⸗ kratie in gemeinsamer positiver Arbeit für Volk und Vaterland auf⸗ recht zu erhalten, ist leider nicht in Erfüllung gegangen. Die Ver⸗ ständigung mit den Sozialdemokraten ist an der grundsätzlichen Meinungsverschiedenheit über die Heranziehung der indirekten Steuern gescheitert. Mit der Ablehnung der Tabaksteuer und der Verkehrs⸗ steuern ist die Reform nicht zu machen. Wir sind bereit, auf den Boden der Beschlüsse der Steuerkommission zu treten. Unsere Be⸗ dingung, die der Abg. von Paver in der ersten 8n aussprach, daß auch eine Steuer kommen muß, die die Leistungsfä sateit ist erfüllt worden. Wir bedauern, daß der rbeitrag gesallen ist. Ich kann vieles unterschreiben, was man als seine Vorzüge gerühmt hat. Aber wenn hervorgehoben worden ist, Regierung und Reichske hätten sich seinerzeit festgelegt, ihn nur einmal zu erheben, dann soll man doch bedenken, daß wir jetzt mitten in einem Kriege stehen uünd