Der Etat für die Schutzgebiete für 1916 wird genehmigk.
Es folgt der Etat für das Reichskolonialamt, der ohne Debatte bewilligt wird.
— Darauf wendet sich das Haus der zweiten Beratung eines Entwurfes des Quittungsstem pelgesetzes zu. Im
Steuerausschuß ist an Stelle dieses Entwurfes der Gesetz⸗
entwurf über einen Warenumsatzstempel getreten.
Abg. Cohen⸗Reuß (Soz.): Der Warenumsatzstempel muß zu
den absonderlichsten Konsequenzen führen. Auch wir sind der Ansicht, daß bei der ungeheuren Größe der Summe nicht alles durch direkte Steuern gedeckt werden kann. Ich hätte aber gewünscht, daß diese vor⸗ läufige Regelung auf eine andere Weise vor sich gegangen wäre. Nach meiner Ueberzeugung ist das Kompromiß nicht angetan, zur Hebung des Solidaritätsgefühls beizutragen. Es wäre doch nichts außer⸗ gewöhnliches gewesen, wenn die Besitzenden auch diese 480 Millionen Mark aufgebracht hätten. Das würde zeigen, daß das Volk in seiner Gesamtheit geschlossen ist. Der Staatssekretär hat nicht 8 der Höhe seiner Aufgabe gestanden, sonst hätte er diese Gelegenheit benutzt, um darzutun, daß es mit der bisherigen Art der Abgrenzung der Steuerquellen zwischen Reich und Einzelstaaten nicht so weitergehen kann. Die Kriegsgewinnsteuer bedeutet allerdings einen Fortschritt. Aber was an dem Kompromiß gut ist, ist einmalig, und das Schlechte ist dauernd. Auch im Kriege darf man keine schlechten Steuern machen, wie sie die Umsatzsteuer ist. Eine solche mechanische „Besteuerung nach außeren Anhaltspunkten nimmt 8 keine Rücksicht auf soziale und volkswirtschaftliche Gesichtspunkte. G c die Umsatzsteuer deshalb eine gerechte sei, weil sie den gesamten Au wand trifft, diese Behauptung des Staatssekretars ist in ihrer Allgemeinheit unzutreffend, sie trifft den kleinen Mann viel härter als den bemittelten, sie bleibt ohne eine Progression nach oben eine der ungerechtesten und drückendsten Steuern. Auch eine ganze Reihe von Handelskammern hat sich im Sec der Gewerbebetriebe, zu⸗ mal der kleineren, gegen diese neue Be astung ausgesprochen. Der Umsatzstempel soll zwar nur mit 1 pro Tausend erhoben werden; aber da dieser Stempel nicht aus dem Umsatz, sondern in Wirklichkeit aus dem Gewinn bezahlt wird, so beträgt er z. B. beim Wollhandel, beim Getreide⸗ und Mehlhandel tatsächlich 5 bis 10 % des Gewinnes. Als Gewerbesteuer trifft der Umsatzstempel besonders auch die sämt⸗ lichen mittleren Betriebe, insbesondere die kleinen Handwerker auf das Plerschcverste Angesichts dieser großen Schwierigkeiten ist in dem Ausschuß auch geltend gemacht worden, daß eine olche Steuer, wolle man sie überhaupt einführen, sich nicht für das 2 keich, sondern eher für die Steuergesetzgebung der Einzelstaaten eignet. In mehr⸗ facher eee bedeutet diese Steuer auch eine Be ünstigung der Landwirtschaft, schon weil hier die sehr beträchtliche Feeenns für den eigenen Bedarf eine größere Rolle spielt als in allen Betrieben. Nur zu begründet ist auch die Befürchtung, daß dieses Gesetz ein Dauergesetz für alle Zeiten werden wird, und daß es zur Weiterentwicklung geradezu anreizt. Es wird dem Reiche ein be⸗ weglicher Steuerfaktor, aber einer der allerschlimmsten Art auf⸗ oktroyiert, während doch früher die Fortschrittspartei und die Linke überhaupt sich die Quotisierung ganz anders dachten. Wir werden g heute die Meinung der Komprömitzmehrbeit nicht erschüttern. Der
eichstag, der gerade jetzt die beste Gelegenheit hatte, gute und gerechte Steuern zu machen, belastet gerade die große Masse der Gewerbetreibenden und der Konsumenten.
“ des Innern, Staatsminister Dr. Helffe⸗ rich: Meine Herren! Die Umsatzsteuer, gegen die der Herr Abgeord⸗ nete Cohen eben eine Rede gehalten hat, die, wie er selbst betonte, nicht für das Haus bestimmt war, die also zum Fenster hinaus ge⸗ halten worden ist, üst nicht mein Kind, sondern ist ein Kind dieses Hauses. Ich habe dieses Kind adoptiert, und ich gestehe, ich habe es ganz gern adoptiert — aus welchen Gründen, das habe ich mir neulich erlaubt, vor Ihnen zu entwickeln. Ich glaube nicht, daß der Herr Abgeordnete Cohen meiner Rede so aufmerksam gefolgt ist, wie ich heute der seinigen gefolgt bin; sonst wären ihm gewiß die Miß⸗ verständnisse, von denen er ausgegangen ist, nicht unterlaufen. Ich nehme an, daß das hohe Haus im übrigen meine Rede etwas aufmerk⸗ samer gehört hat, und daß es nicht den Wunsch hegt, das noch einmal zu hören, was ich neulich ausgeführt habe. (Zustimmung.)
G Der Herr Abg. Cohen hat aber außerdem offenbar die Vorlage
in der Fassung der Kommissionsbeschlüsse, über die er gesprochen hat,
nicht genau gelesen, sonst hätte er sich einen großen Teil seiner Aus⸗ führungen sparen können und damit auch dem Hause sehr viel Zeit erspart.
Der Herr Abg. Cohen hat sehr ausführlich von den Beein⸗ trächtigungen des Wollhandels, des Großhandels in Kammzug, Baum⸗ wollgarn und ähnlichen Dingen gesprochen, er hat von Termin⸗
geschäften, Lieferungsgeschäften usw. gesprochen, die durch diesen Um⸗ satzstempel geradezu unterdrückt würden. Der Herr Abg. Cohen hat offenbar die Ziffer 4 der Zusätze nicht gelesen, wo es heißt:
Wird bei Abwicklung mehrerer Kau f⸗ oder Anschaffungsgeschäfte, die zwischen verschiedenen Personen über dieselben Waren oder über Waren gleicher Art abgeschlossen sind, die Ware nur einmal in Natur übertragen, so gilt dies nur als Warenlieferung desjenigen, der die Ware in Natur überträgt.
Wenn der Herr Abgeordnete Cohen sich die Mühe nimmt, diesen Zusatz Nr. 4 zu lesen, und daraus seine Schlüsse zu ziehen, so wird
zugeben, was ich vorhin sagte, daß ein großer Teil seiner Ein⸗
wendungen von vornherein hinfällig ist. 8 Der Herr Abgeordnete Cohen hat sich außerdem, wie mir scheint, doch in einigermaßen unbegreiflichen Widersprüchen bewegt. Er hat einmal ausgeführt, daß am meisten diejenigen Geschäfte getroffen werden, die bei großen Umsätzen relativ geringe Gewinne machen, und daß die kleinen Krämergeschäfte begünstigt würden; auf der anderen Seite hat er ausgeführt, daß gerade die kleinen Geschäfte und der Mittelstand betroffen würden, und daß Großbetriebe begünstigt werden. Ich muß gestehen, daß ich das nicht ganz miteinander verein⸗ baren kann. Der Herr Abgeordnete Cohen hat weiter ausgeführt, daß den Umsatzstempel von 1 % nicht der Gewerbetreibende, der Industrielle, der Landwirt trage, sondern daß er selbstverständlich abgewälzt werde, und zwar nicht nur in einer Höhe von 1 pro Mille, sondern von 1 %. Die Steuer werde also benutzt werden, um einen besonders guten Schnitt zu machen. Derselbe Gewerbetreibende, der nun diesen besonderen Schnitt macht zu Lasten des Konsumenten, soll auf der andern Seite durch die Steuer in so erheblichem Maße geschädigt werden, wie dies der Herr Abgeordnete Cohen hier aus⸗ gemalt hat. Wenn der Herr Abgeordnete Cohen gegen mich Wilhelm Busch zitiert hat, so darf ich vielleicht gegen ihn Goethe zitieren, der in seinem „Faust“ an einer gewissen Stelle sagt:
— — ein vollkommener Widerspruch
Bleibt gleich geheimnisvoll für Weise wie für Toren.
(Große Heiterkeit.)
Mieene Herren, ich habe, wie mir scheint und wie mir der Herr
Abgeordnete Cohen versichert, bei ihm durch die Steuervorlage und
namentlich durch den Umsatzstempel erheblich an Respekt verloren.
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machen, mich bei ihm jebt wieder in Respekt zu seßen. Ich will ihm nur einen guten Rat geben. Der Herr Abgeordnete Cohen hat polemisiert gegen Ausführungen, die ich in meiner letzten Rede zu den Steuervorlagen vorgestern gemacht habe. Er hat mit dem Herrn Abgeordneten Dr. David darüber gestritten, ob der Herr Abgeordnete Dr. David nicht etwa gegen mich zu schweres Geschütz aufgefahren habe; er hätte seinerseits leichteres Geschütz vorgezogen. Meine Herren, ich bin alter Artillerist, und da ist es gute Regel, daß man, ehe man schießt, ob mit schwerem Geschütz oder mit leichtem, die Stellung des Feindes genau feststellt. Das, was der Abgeordnete Cohen aus meiner Rede herausgelesen hat, steht — er kann sich davon im stenographischen Bericht überzeugen — überhaupt nicht drin. Er hat also in diesem Falle die Stellung des Feindes nicht erkundet und infolgedessen vorbeigeschossen. (Große Heiterkeit.)
Abg. Vogtherr (soz. Arb.⸗Gem.): Es wäre für uns eine Kränkung, uns zuzumuten, daß wir uns an einer solchen Massen⸗ besteuerung beteiligen. Von dem Quittungsstempel ist eigentlich nur die schikanöse Form der Besteuerung gefallen, die Umsatzsteuer ist in ihrer Wirkung viel verderblicher, sie ist eine Strafsteuer für wieder⸗ holte Umsätze einer und derselben Warenmasse. Die Umsatzsteuer ist ein Reichsstrafgesetz; das kleine Betriebskapital wird hart ge⸗ troffen, ebenso der gesamte Exporthandel in einer Zeit, wo man den Außenhandel nicht erschweren, sondern erleichtern sollte. Eine große Zahl von Betrieben ist durch den Krieg ruiniert, eine große Zahl kann sich nur mühsam über Wasser halten. Dies wird durch diese Vor⸗ lage noch erschwert. Die großen Vermögen werden nur insoweit, als sie in irgendwelchen Handelsbetrieben angelegt sind, getroffen, ihre eigentlichen Transaktionen werden nicht getroffen. Die kleinen Händler aber, die unter 3000 ℳ Umsatz haben, kommen zahlenmäßig kaum in Betracht. Es wird wenige geben, die unter 6000 ℳ Umsatz haben, diese sind sonst schon hoch besteuert. Nicht getroffen werden diejenigen, die die Steuer abwälzen können; das wird in den Motiven offen zugegeben; es wird gesagt, die Steuer werde auf den Ver⸗ braucher abgewälzt werden. Andererseits steht fest, daß die Waren⸗ häuser nach rückwärts die Umsatzsteuer auf den Fabrikanten ab⸗ wälzen und damit die Arbeiter schädigen werden. Durch die Ab⸗ wälzung wirkt diese Steuer als Kopfsteuer ohne Rücksicht auf den Verdienst. Das ist das Ideal einer indirekten Steuer, einer Steuer, die nach Bismarcks Wort nicht gemerkt wird. Sie trifft die breite Masse des Volkes. Der Satz von 1 pro Tausend wird er⸗ höht werden. Es ist eine Steuer auf alles, was der Mensch be⸗ darf, nichts kann ihr entschlüpfen. Das Volk ist schon mit Zöllen und Verbrauchssteuern in steigendem Maße belastet worden. Jetzt treten pro Kopf der Bevölkerung 17 bis 20 ℳ hinzu. Die indirekten Steuern in England können vom Staatssekretär nicht zum Vergleich herangezogen werden, denn die Umsatzsteuer belastet alle Gegenstände noch einmal. Die Konservativen hören nicht auf die Stimme des Volkes im eigenen Lager, die die Reichen in erster Linie und nach ihrer vollen Leistungsfahigkeit getroffen haben wollen; das Gesetz belaste, heißt es im „Reichsboten“, den Mittelstand und schont die Reichen. Das sind die Früchte dieses Krieges. Die Fortschrittler wollen nicht nur Schützer des Mittelstandes, sondern auch von Handel und Verkehr sein. Warum haben sie sich nicht bemüht, diesen Zweck hier zu erreichen? Die Herren von der Rechten wissen ganz andere Töne anzuschlagen, wenn sie ihre Wünsche durch⸗ sehen wollen. Diese Steuer ist als dauernde gedacht; eine Be⸗ ristung ist gar nicht einmal versucht; die Massen sollen tüchtig bluten. Herr Dr. Helfferich wollte beim Wehrbeitrag ein gegebenes Regierungswort nicht entwerten lassen. In anderen Fällen hat er dies Bedenken nicht gehabt. Es wurde gesagt, neue Verbrauchs⸗ abgaben sollten nicht aufgelegt werden. Ueber dies Versprechen ist der Staatssekretär Helfferich schlank hinweggegangen. Alle Kritik böönnte die burgfriedliche Stimmung nicht so stark stören und die Massen aufpeitschen, wie ha einser ge Steuerpolztik. Die Massen
llen noch härter belastet werden, als es der Krieg ohnehin schon zut. Dazu geben wir uns nicht her. Die Umsatzsteuer wird dazu führen, daß wir einen harten, schweren Krieg im Innern des Landes bekommen werden.
Abg. Cohen: Ich habe nicht von den großen Betrieben, son⸗ dern von den gemischten Betrieben gesprochen, bei denen nur von einem einmaligen Geschäft die Rede ist. Ich halte alles aufrecht, was ich gegen den Staatssekretär gesagt habe.
Art. I des Warenumsatzstempelgesetzes wird gegen die Stimmen der Sozialdemokraten angenommen.
Art. II enthält den Tarif.
Danach sind befreit Lieferungen von Gas, elektrischem Strom und Leitungswasser durch Reich, Staat, Gemeinden oder Gemeindeverbände.
Abg. Dr. Oertel (kons.): Ich bitte, diesen Punkt nicht an⸗ nehmen zu wollen. Diese Bestimmung ist in der letzten Sitzung des Ausschusses aufgenommen worden von dem Mitgliede einer Partei, die nicht vertreten war. Die Versorgung von Elektrizität obliegt meistens nur in größeren Städten der eigenen Gemeinde. Die kleineren Mittelstädte und die kleinen Städte sind meist auf die Versorgung von gemischten Ueberlandzentralen angewiesen. An diesen Privatgesellschaften sind die Gemeindeverbände in der mannigfachsten Art beteiligt. Die großen Städte haben jetzt schon während des Krieges in sehr vielen Fällen zu ihren eigenen Gunsten eine Erhöhung der Elektrizitätspreise eintreten lassen. Das ist bei dem gemischten Betriebe nicht der Fall gewesen. In der vorliegenden Form würde also das Gesetz eine direkte Bevorzugung der großen Städte darstellen. Ich bitte Sie deshalb, für die Streichung dieser Befreiung zu stimmen.
Abg. Dr. Blunck (fortschr. Volksp.): In der Kommission ist dieses Prinzip der Befreiung allerdings nur mit geringer Mehrheit angenommen worden. Herr Dr. Oertel sprach von einer Bevor⸗ zvugung der kleinen Städte. Ich halte aber dafür, daß gerade diese Stelle im Gesetz gerade kleinere Städte dazu veranlassen sollte, nun ihrerseits die Versorgung mit Elektrizität in die eigene Hand zu nehmen.
Im weiteren Verlaufe der Beratung macht Bericht⸗ erstatter Dr. Junck darauf aufmerksam, daß die Steuer⸗ behörden nicht berechtigt sein sollen, von den Steuerpflich⸗ tigen bei der Deklaration eine eigene Steuerdeklaration zu verlangen über den Umsatz und eine besondere Buchführung.
Unterstaatssekretär Jahn bestätigt, daß die Auffassung des Berichterstatters über die Motive auch von der Regierung anerkannt wird.
Zu Art. 5 beantragen die Abgg. Dr. Albrecht und Ge⸗ nossen, daß die Aufhebung des Quittungsstempels und der Ab⸗ gabe vom Warenumsatz spätestens nach Ablauf des zweiten Rechnungsjahres nach Friedensschluß zu erfolgen hat, falls der Reichstag sie fordert. Dieser Antrag wird abgelehnt und das Gesetz in der Fassung des Ausschusses in zweiter Lesung genehmigt.
„Das Haus kehrt nunmehr zur Fortsetzung der zweiten Lesung des Kriegsgewinnsteuer gesetzes zurück und nimmt zunächst die ausstehenden Abstimmungen über § 1 vor. Der Antrag der Sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft Bernstein und Genossen, wonach die im Besitzsteuergesetz von 1913 bezeichneten Personen und Gesellschaften den Vermögens⸗ zuwachs vom 1. August 1914 bis zum 31. Dezember 1916 und das Mehreinkommen der Jahre 1914/1916 gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 1911 bis 1913 als besondere Abgabe an das Reich entrichten sollen, wird gegen die Stimmen der
Ich will nicht den aussichtslosen und jedenfalls zeitraubenden Ver
Antragsteller abgelehnt. 8
Ueber den Antrag der Sszialdemokraken Alhreh. Genossen, der die Beschlüsse erster Lesung des Ausschusse Kriegsvermögenszuwachssteuer und daneben einen Wehrh in Höhe ¾ der Sätze des Wehrbeitragsgesetzes zu 29 wieder aufnimmt, wird namentl ich abgestimmt. Da gebnis ist die Ablehnung des Antrags mit 249 104 Stimmen; ein Mitglied enthält sich der Abstimmum Fassung des § 1, wie sie der Ausschuß vorschlägt, wird die Stimmen der Sozialdemokraten angenommen. §3 setzt fest, was von den nach den Vorschriften des; steuergesetzes für den 31. Dezember 1916 festgestellten mögen abzuziehen ist, nämlich 1) der Betrag des Vernz das nachweislich im Veranlagungszeitraum durch Erb von Todes wegen erworben ist, 2) Kapitalauszah 3) Schenkung usw. unter derselben zeitlichen Voraussetzun
Von den Sozialdemokraten liegt ein Antrag vor, die schaften mit heranzuziehen, soweit sie ni⸗ ht an Alß linge ersten und zweiten Grades, an Ehegatten, leibliche dh sowie voll⸗ und halbbürtige Geschwister fällt.
Abg. Keil (Soz.): Im Deutschen Reiche haben wir nat sehr ergibige Steuerreserve in den Erbschaften. England und; reich sind auf diesem Gebiete weit energischer fortgeschritze Deutschland; und die Reichsregierung ist um diese Steueraus weitem Bogen herumgegangen. Auch jetzt hat man sich, nitz sachlichen, sondern aus reinen erteitaktäcen Gründen davor ah Man hat gesagt, es dürfe diese alte E treitfrage nicht wiehe gerührt werden, es würde das eine schwere Gefährdung des friedens bedeuten. Wo war denn diese zarte Rücksicht auf den frieden, als man die neuen Steuern machte, die nur die Massen belasten, die Besitzenden aber nur mit einer einmaligen treffen? Darin liegt eine politische Geringschätzung derjenigen! schichten, ohne die man den Kampf des deutschen Volkes un Selbsterhaltung nicht erfolgreich durchführen kann. Die Rü⸗ eine kleine Gruppe ist für die Regierung ausschlaggebend on man gelangt so zur Schonung derjenigen Volkskreise, die üben Mittel verfügen, und belastet ohne Bedenken alle diejenigen, di mehr wissen, wo sie die Pfennige für Kartoffeln und Brot hem sollen, man belastet die Kriegerwitwen und die Kriegem Wenigstens sollte man nicht die großen und die unerwarteten schaften völlig mit der Kriegssteuer verschonen. Der Ausscheh unsern umfassenden Antrag abgelehnt, wir wiederholen ihn her eingeschränkter Form, nur um dem Einwand Rechnung zu trage man in eine Kriegssteuervorlage nicht eine auf die Dauer n Steuer hineinschreiben kann; er stellt jetzt eine Kriegserbschafts dar. Geradezu unverständlich würde es bleiben, diejenigen schaften steuerfrei zu lassen, die gerade durch den Krieg entstanden Die Familie des Gefallenen soll von dieser Kriegserbschaftssteun betroffen werden; aber die entfernteren Verwandtschaftsgrade sels tragen. Die armen Kriegerfrauen können ihren Männern im bei den heutigen ungeheuerlichen Teuerungsverhältnissen nur noch und wann ein Päckchen Tabak hinaussenden; und dazu sollen se noch erhöhte Tabaksteuer bezahlen? Eine solche Steuer kam während des Krieges gemacht werden, nach dem Kriege ist es zu Diejenigen, die sich für Patrioten halten, hätten am ersten patriotische Pflicht, auch bei den Erbschaften zu den Kriegslaste zusteuern. Wenn Sie ein patriotisches Werk tun wollen, stimmen Sie für unsern Antrag.
Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. Hell⸗ rich:
Meine Herren! Ich erlaube mir, mich auch für einen Patz zu halten. Trotzdem möchte ich das hohe Haus bitten, den Antm Herren Sozialdemokraten, betreffend die Einbeziehung einer schaftssteuer in das Kriegssteuergesetz, abzulehnen. (Beifall.)
Der Herr Abgeordnete Keil hat geglaubt, mich zum Kamg
bezeichnete den gegenwärtigen Zeitpunkt als den günstigsten, um Kampf aufzunehmen. Ich glaube, er sollte doch demjenigen, der seiner Ansicht den Kampf aufnehmen soll, die Wahl des Zeitpr dafür überlassen. Ich halte den gegenwärtigen Zeitpunkt für den
vermeiden läßt. (Lebhafte Zustimmung.)
Meine Herren, aber auch aus materiellen Gründen muß ich gegen den Antrag wenden. Der Vermögenszuwachs im allgen Sinne und der Vermögenszuwachs durch Erbschaft sind etwas G verschiedenes. Ich weiß sehr wohl, daß im Besitzsteuergesetz dieseh Arten von Vermögenszuwachs zusammengeworfen sind; aber mäßigen Sätzen, und deswegen ist es dort erträglich. Dagegen wo es sich um eine starke Vermögenszuwachsbesteuerung handel stellenweise bis zu 50 % steigt, ist es nach meiner Auffassung ständig unmöglich, die Erbschaften mit in diese Steuer einzubezt (Zustimmung. — Zurufe von den Sozialdemokraten.) — Hen geordneter Hoch, wenn Sie das nicht einsehen, vielleicht haben S⸗ Geduld, mich anzuhören! — Erbschaften unterliegen schon — dr auch durch einen Zwischenruf aus dem Hause hervorgehoben wornde einer Besteuerung, die keineswegs niedrig ist. Sie geht im H. falle, von dem der Herr Abgeordnete Keil allerdings behauptet er noch nie vorgekommen sei, bis zu 30 9%, und wenn Sie die B steuer hinzunehmen, die die Erbschaften auch trifft, bis zu 32 ,00. Das ist der Höchstfall, und wenn er auch selten vorkommt oder leicht noch nicht vorgekommen ist — es handelt sich da um Vern von 1 Million, und ich weiß nicht, ob es wirklich so selten ist sie an Verwandte entfernten Grades vererbt werden —, so doch wenigstens die Annäherung an diesen hohen Satz vor.
Ich mache ferner darauf aufmerksam, daß eine ganze Reihe Einzelstaaten erhebliche Zuschläge zur Reichserbschaftssteuer Auf diese Weise könnte es kommen, daß, wenn durch den Antraph Sozialdemokratig die Erbschaften mit in die Kriegssteuer einben werden, von den Erbschaften unter Umständen mehr als 100 zahlen wären, und das ist doch eine Besteuerung, die auch die H. von der äußersten Linken nicht würden rechtfertigen können.
Ich habe ferner bedauert, daß der Herr Abgeordnete Keil g. über den sachlichen Gründen, die gegen die Einbeziehung der schaften sprechen, sich nicht hat versagen können, auch hier wiede behaupten, daß die Gesamtheit der Steuervorlagen, wie sie 2 vorliegen, in erster Linie eine Belastung der breiten Massen (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) — richtig!“; ich sage: Sehr falscht (Zurufe von den Sozialdemokraten Sehr richtig! rechts.) Die ganze Kriegsgewinnsteuer, so wie se der Kommission ausgestaltet worden ist, ist eine sehr erhebliche
(Sehr richtig!) Die scheidet also von vornherein aus. Und un indirekten Steuern haben wir so konstruiert, daß sie die bn⸗ Massen so sehr schonen, wie noch niemals indirekte Steuern die bu⸗ Massen geschont haben. (Erneute Zustimmung. — Zurufe von Sozialdemokraten.)
herr, der behauptete, ich hätte vor einem Jahre zugef
3“ dieser früher schon so oft umstrittenen Frage auffordern zu soöllen
bar ungünstigsten, um einen Kampf im Innern aufzunehmen, de
Sie sagen „„.
lastung, die jedenfalls die breiten Massen überhaupt nicht
Ich wende mich hier auch gegen den Abgeordneten U.
*
daß währens des Nrieges keine neue Steuern gemachk werden sollken. Diese Behauptung ist nicht richtig. Es ist heute das dritte Mal, daß ich das Vergnügen habe, diese Behauptung richtigzustellen. Ich bin ja überzeugt, daß auch das dritte Mal nichts nützt (Heiterkeit), stelle aber fest, daß ich damals gesagt habe: Wir wollten neue Steuern vermeiden, soweit die Notwendigkeit der Aufrechterhaltung der Ord⸗ nung unserer Finanzwirtschaft es gestatte. — Ich habe allerdings die Zusage gegeben, daß wir während des Krieges notwendige Lebens⸗ mittel nicht belasten wollen, und diese Zusage ist in vollem Umfange gehalten worden. (Zurufe von den Sozialdemokraten.) Dagegen kann kein Widerspruch auffommen! — Ihre Kriegerfrauen, Herr Abge⸗ ordneter Keil, die Sie hier aufmarschieren lassen, lasse ich nicht gelten. Wo steht denn eine Belastung der Kriegerfrauen in den Vorlagen? Nein, da müssen Sie schon eine sehr künstliche Konstruktion anwenden. (Zurufe von den Sozialdemokraten.) — Ich glaube, die Kriegerfrauen, die rauchen, können schließlich auch noch die erhöhte Tabaksteuer zahlen! Im übrigen ist weder die Postabgabe — die Kriegerfrau, die ins Feld schreibt, genießt ja Portofreiheit, und ob ihre Korrespondenz sonst so groß ist, daß sie durch die mäßige Erhöhung der Postgebühr belastet wird, das möchte ich doch bezweifeln —, noch der Frachturkunden⸗ stempel, noch die Umsatzsteuer, die ja gerade für einen kleinen Ver⸗ brauch so geringfügig ist, in irgendeiner Weise eine Belastung der breiten Massen der Bevölkerung. Ich muß dagegen protestieren, daß das. was wir Ihnen vorgelegt haben, einer Geringschätzung der großen Masse unseres Volkes und eine „politische Brüskierung“ sei. Davon ist gar keine Rede. (Lebhafter Beifall.)
In namentlicher Abstimmung wird der Antrag Albrecht mit 247 Stimmen gegen 104 Stimmen, bei zwei Stimmenthal⸗ tungen, abgelehnt und § 3 in der Kommissionsfassung an⸗ genommen.
Zu § 9, welcher die Höhe der Abgaben von dem Ver⸗ mögenszuwachs festsetzt undeferner bestimmt, daß von den nach dem Besitzsteuergesetz für den 31. Dezember 1916 festgestellten Vermögen, insoweit es 90 0% des für den Beginn des Ver⸗ anlagungszeitraumes festgestellten Vermögens übersteigt und insoweit es weder der Besitzsteuer noch der Vermögenszuwachs⸗ steuer unterliegt, 1 % als Abgabe festsetzt, während Vermögen bis zu 20 000 ℳ steuerfrei bleiben sollen, befürwortet
Keil einen Antrag, statt 1 % eine Skala von 1 % bis 4 2% Nög. bic. Che esg. saset von 100 000 bis 5 Millionen Mark und darüber. Im Hinblick auf das Anziehen aller Lebensmittel und anderer Bedarfsartikel haben wir natürlich auch eine schärfere Heranziehung der Vermögen freudig begrüßt. Wir wollten deshalb an der Ausgestaltung des Gesetzes festhalten, wie sie in der ersten Lesung des Ausschusses beschlossen worden ist. Das, was hier im Kompromiß vorgesehen ist, fordert geradezu zum Spott heraus. Die Abgabe vom Vermögenszuwachs soll angeblich 1 vom Tausend be⸗ tragen. Das ist natürlich ein Trugschluß. Es kommen sogar Fälle vor, wo sie nur 1 von Zehntausend beträgt. Ich muß nur bedauern, daß die Regierung hat ihr Wort entwerten lassen. Alle Verkehrs⸗ abgaben werden doch ohne weiteres wieder auf die breite Masse abgewälzt. Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. Helffe⸗
Meine Herren! Ich muß auch hier bitten, den Antrag der
5 Herren Sozialdemokraten abzulehnen. Nicht aus den Gründen, die
der Herr Abgeordnete Keil als maßgebend für die Ablehnung an⸗ gedeutet hat. Der Herr Abgeordnete Keil hat von dem Partikularis⸗
mus der Finanzminister der Einzelstaaten gesprochen, der es doch nicht
wagen könne, in dieser Zeit seinem Antrage entgegenzutreten. Meine Herren, ich glaube, die Finanzminister der Einzelstaaten haben, indem sie dem Kompromiß zustimmten, eine sehr wesentliche Konzession gemacht. (Sehr wahr!) Sie sind nicht in der Lage, über die Kon⸗ ession hinauszugehen. Aber während der sogenannte Partikularismus der einzelstaatlichen Finanzminister sich zu einem Zugeständnis an die Situation aufgeschwungen hat, in der wir uns befinden, habe ich bisher vermißt, daß — ich will nicht sagen — der Doktrinarismus, ber sagen wir einmal die Parteimeinungen, auf denen der Herr Abgeordnete Keil steht, ihrerseits ein Zugeständnis an die Lage ge⸗ nacht hätte. Daß der Lage Rechnung getragen werde, habe ich bisher von der anderen Seite vermißt. (Zuruf von den Soz.) Auf der anderen Seite scheint der Herr Abgeordnete Keil immer noch die Dinge, soweit die Besteuerung des Vermögens in Betracht kommt, so aufzufassen, als ob diese Besteuerung von Besitz und Vermögen in er Vorlage hier für sich allein in der Welt dastehe, als ob nicht neben dem Reiche auch die Einzelstaaten und Kommunen vorhanden wären. Wenn er darauf Rücksicht nehmen würde, daß neben der Besteuerung im Reich auch in den Einzelstaaten und Kommunen Besitz und Einkommen sehr erheblich herangezogen werden, dann wird hm die hier vorgesehene Belastung nicht so geringfügig erscheinen. Sehr richtig! rechts.) Herr Abgeordneter Keil, denken Sie an die stern im preußischen Abgeordnetenhaus in dritter Lesung ange⸗ ommene Steuervorlage. Sie sind zwar nicht Preuße, sondern Württemberger. Aber Preußen ist doch immerhin ein erheblicher Teil des Deutschen Reichs, und von dieser preußischen Steuervorlage wird also ein erheblicher Teil der deutschen Staatsbürger betroffen. In den anderen Einzelstaaten wird ähnlich vorgegangen. Bei der preußischen Steuervorlage ist die Steuer auf die großen Einkommen von 100 000 ℳ an von bisher 5 % bis auf 8 %O erhöht worden. Das sind 3 % Steigerung. Bei Ihrem Wehrbeitragsantrag käme auf ein Einkommen von 100 000 ℳ und mehr ein Drittel von 6 %. Das sind 2 %. Also das, was Preußen den großen Einkommen als Kriegssteuer auferlegt, geht um 50 % über das hinaus, was Sie selbst beim Wehrbeitrag vorgeschlagen haben. Wenn Sie weiter rechnen, daß die Kommunen während des Krieges die Steuern erheblich höher setzten, wenn Sie berechnen, daß Berlin mit seinen Zuschlägen von 100 bis 160 % und die Vorstädte von 100 bis 170 % gegangen sind, also eine Steigerung von 60 bis 70 % haben eintreten lassen, und daß sich das bezieht auf 4 % des Normalsatzes, so kommen Sie auf 2,4 bis 2,8 % Zuschlagserhöhung, und wenn Sie auch noch die 3 % des Staates hinzurechnen, kommen Sie auf eine Steuererhöhung von 5,4 bis 5,8 % auf die großen Einkommen gegen 2 % bei Ihrem Wehrbeitragsvorschlag. Ich glaube, das sind doch Leistungen, die dem Besitze im Deutschen Reiche auferlegt werden, die man nicht so einfach mit einer Handbewegung beiseite schieben kann. (Sehr richtig! rechts.) Sie, meine Herren (zu den Sozialdemokraten), würden sich ein Ver⸗ dienst erwerben für die Aufrechterhaltung des Burgfriedens, für den Sie heute eine so große Sorge an den Tag gelegt haben, wenn Sie diese Dinge, von denen ich spreche, den Ihnen nahestehenden Kreisen der Bevölkerung vermitteln wollten. Ich glaube, das wäre in der Tat im Interesse der gemeinsamen Sache sehr erwünscht.
Außerdem möchke ich noch auf eine Bemerkung zurückkommen, die der Herr Abgeordnete Keil glaubte gegen mich persönlich machen zu müssen. Er hat mir vorgeworfen, daß ich auf der einen Seite sage, die verbündeten Regierungen geben sich nicht dazu her, ihr Wort ohne weiteres entwerten zu lassen, während ich auf der anderen Seite mein eigenes Wort nicht gehalten habe. Diesen Vorwurf des Wort⸗ bruchs weise ich mit Entschiedenheit zurück. Ich habe hier im De⸗ zember erklärt, daß wir auch während des Krieges die notwendigen Lebensmittel der großen Masse nicht besteuern werden. Davon, daß wir im Kreise dieser Vorlagen die notwendigsten Lebensmittel der Bevölkerung besteuert hätten, ist nicht ein einziges Wort richtig. (Zuruf von den Sozialdemokraten.) Wenn Sie mit der Abwälzungs theorie kommen, dürfen Sie auch keine Einkommensteuer machen. Wo steht es geschrieben, daß Einkommensteuern nicht abgewälzt werden können? Es gibt Leute, die Ihnen sehr nahe stehen und doch der Ansicht sind, daß Einkommensteuern genau ebenso abgewälzt werden können wie die Verkehrssteuern. Also mit der Abwälzungstheorie zu kommen, lediglich um die verbündeten Regierungen ohne weiteres allgemein des Wortbruchs zu beschuldigen, das ist ein Verfahren, das ich nicht ohne weiteres akzeptiere und gegen das ich ohne weiteres Einspruch erhebe. (Beifall.)
Der Antrag Albrecht und Genossen wird abgelehnt und der § 9 in der Fassung des Ausschusses angenommen.
Bei § 21, der die Besteuerung der inländischen Gesell⸗ schaften festlegt, teilt “
Berichterstatter Abg. Dr. Südekum mit, daß auf eine Anfrage wegen der Stellung der Regierung zu der Besteuerung der Konsum⸗ vereine der Staatssekretär mit Bezugnahme auf § 7 der Ausführungs⸗ bestimmungen zum Sicherungsgesetz sich bezogen hat, worin es heißt: Bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung und eingetragenen Ge⸗ nossenschaften, die ausschließlich der gemeinschaftlichen Verwertung von Erzeugnissen der Gesellschafter oder Genossen oder den gemeinschaft⸗ lichen Einkauf von Waren für die Gesellschafter oder Genossen dienen, gilt als Geschäftsgewinn im Sinne des Gesetzes nicht der jenige Teil des Reingewinnes, der als Entgelt für die von Gesell⸗ schaftern oder Genossen eingelieferten Erzeugnisse oder als Rückver gütung auf den Kaufpreis der von den Gesellschaftern oder Genossen bezogenen Waren anzusehen ist.
Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. Helffe rich:
Ich kann diese Auffassung des Herrn Berichterstatters nur be⸗ stätigen. Wir werden in den Ausführungsbestimmungen auch zu dem endgültigen Gesetz eine analoge Bestimmung erlassen wie in dem § 7 der Ausführungsbestimmungen des Sperrgesetzes.
Im übrigen werden die Vorschläge des Ausschusses mit einer Reihe von Anträgen, die die Kompromißparteien nach träglich eingebracht haben, ohne Debatte angenommen.
Die Abgg. Frhr. von Gamp⸗Massaunen (d. Fr.) u. Gen. beantragen folgende Resolution: “
Die verbündeten Regierungen zu ersuchen, bei Ausführung des Kriegsgewinnsteuergesetzes folgende Anordnungen veranlassen zu b Die Heereslieferer sind durch die in Betracht kommenden amtlichen Stellen den Steuerbehörden unverzüglich bekannt zu geben. ö“
2) Die Ausstellung von Auslandspässen ist bis auf weiteres, falls nicht der Zweck der Reise zweifelsfrei festgestellt ist, nur noch dann gestattet, wenn dery, Antragsteller entweder mchweist, daß er bereits die von ihm zu ertrichtende Kriegssteuer bezahlt oder Sicher⸗ heit für sie geleistet hat, oder daß er überhaupt vicht zur Kriegs⸗
steuer herangezogen werden kann. gab 8
Abg. Bernstein (soz. Arb.⸗Gem.)) erklärt sich gegen diese Resolution, da sie nur zu allerhand Schikanen Anlaß geben könne.
Die Resolution wird gegen die Stimmen der sozialdemo⸗ kratischen Arbeitsgemeinschaft und den größeren Teil des Zentrums angenommen. 8g 8
Ferner wird folgende, von der Kommission vorgeschlagene Entschließung angenommen: .
Den Reichskanzler zu ersuchen, bei den Bundesstaaten darauf hinzuwirken, daß der Vorsitz in den Steuerämtern finanz⸗ und steuertechnisch besonders vorgebildeten Beamten im Hauptamt über⸗ tragen wird. 3
Gegen 7 ½ Uhr wird ein Antrag auf Vertagung ab⸗ gelehnt. 1—
Das Haus geht über zur zweiten Beratung des Gesetz entwurfs, betreffend Erhöhung der Tabakabgaben.
Abg. Deichmann (Soz.): Es wird behauptet, daß die jetzige Tabaksteuererhöhung keine dauernde Belastung für die Industrie zur Folge haben werde. Dem widersprechen die historischen Tatsachen. Als 1879 die Tabakindustrie durch die damalige Steuer überlastet wurde, ging der Konsum um 24 % zurück, und Tausende von Arbeitern wurden auf das Pflaster geworfen. Nach der abermaligen Steuer⸗ erhöhung von 1909 mußten von 53 000 Acheitslosemunterftühnage⸗ gesuchen 43 000 als berechtigt anerkannt werden. Es wurden 13 500 Tabakarbeiter weniger beschäftigt, daraus ergibt sich, daß es sich nicht um eine vorübergehende Schadigung, sondern um eine dauernde Ueber⸗ lastung der Industrie und um eine dauernde Schädigung der T aba — arbeiter handelt. Dies wird durch die Berichte der Bremer und der Mindener Handelskammer bestätigt. Geschädigt werden auch die Be⸗ triebe der Kistenfabrikation und der graphischen Gewerbe. Ferer leiden viele Kleinhändler und Gastwirte. Die Löhne der Tabak arbeiter sind nicht in dem Maße gestiegen, wie der der übrigen ge werblichen Arbeiter. 1900 hatten die gewerblichen Arbeiter einen durchschnittlichen Jahresverdienst von 897 ℳ, 1913 1215 ℳ. Bei den Tabakarbeitern sind die Zahlen 541:672 ℳ. Jetzt soll der Tabak wieder bluten. In der ersten Lesung der Kommission wurde be⸗ schlossen, daß die arbeitslosen Tabakarbeiter einen Anspruch auf Unterstützung für zwei Jahre haben sollten. Nach dem Kompromiß wurde diese Dauer auf ein halbes Jahr herabgesetzt. Das ist eine schlimme Verböserung. Jedenfalls müssen aber die Arbeiter schneller in den Besitz der Unterstützung gelangen als nach dem Gesetz von 1909. Daß der jetzige Zeitpunkt für eine solche Steuergesetzgebung günstiger ist, als ein späterer, ist zuzugeben. Das va 8 nimmt für das Heer allein 25 bis 30 % des Tabaks in Anspruch. Zahlreiche Zigarettenarbeiter werden um ihre Arbeit kommen, wenn sie sich nicht dazu verstehen, um 5 bis 10 ℳ geringeren Lohn in der Woche zu⸗ arbeiten. Einer Gesetzgebung, die in dep Tabakbranche direkt zum Schaden der Industriearbeiter und zugunsten der Tabakpflanzer und der Landwirtschaft wirkt, können wir nun und nimmer unsere Zu⸗ stimmung geben. Aber auch diese Begünstigung der Tabakpflanzer ist nicht einmal eingetreten. 1909 erhöhte man die Steuer auf ausländi schen Tabak über den Satz von 85 ℳ um 40 % des Werts, die er⸗ wartete Zunahme der Tabakpflanzer und der mit Tabak bebauten In⸗ landsfläche ist aber ausgeblieben, die Ziffern sind im Gegenteil zu⸗ rückgegangen. Es ist ein Köhlerglaube, wenn man annimmt, durch solche Steuermaßnahmen den inländischen Tabakbau fördern zu können. Für die nordwestdeutsche Zigarrenindustrie wird die Schädigung eine ganz besonders große sein. 8
Nach 8 Uhr wird darauf die Fortsetzung der Beratung auf Sonnabend, Vormittags 10 Uhr, vertagt. Außer dem dritte Lesung der Kaligesetznovelle; zweite Lesung der Vor lagen, betreffend die Altersrente und die Kapitalabfindung.
Nr. 5 des „Ministerialblatts für die preußische innere Verwaltung“, herausgegeben im Ministerium des Innern, vom 31. Mai 1916 hat folgenden Inhalt: Berwaltung der Kommunen, Korporationen und Institute: Verfügung vom 10. Mai uber die Vereinbarung vom 8/19. April 1916, betr. die Vermeidung von Doppelbesteuerungen bei der Heranziehung von Arbeitern zu direkien Kommunalsteuern in Preußen und im Fürstentum Reuß ü. L.; Er⸗ kenntnis des Oberverwaltungsgerichts vom 25. Januar 1916 über das Verfahren bei der Erhebung von Beiträgen nach § 9 K. A. G., ins⸗ besondere bei der Genehmigung des Beschlusses üͤber die Bettrags⸗ erhebung. — Polizeiverwaltung, Gendarmerie: Verfügung vom 18. April 1916, betr. die Anmietung von Gendarmeriewohnungen; Ge⸗ werbepolizei: Erkenntnis des Reichsgerichts vom 10. März 1916, betr. die Verordnung gegen die übermäßigen Preissteigerungen; Medizival⸗ poltzei: Verfügung vom 14. April 1916, betr. die staatliche Kranken⸗ pflegeprüfung; Ortspolizei: Verfügung vom 30. April 1916, betr. die Vergütung für Flurschäden bei Flugzeug⸗Notlandungen; Paß⸗ und Fremdenpolizei: Bestimmungen für die Regelung und Ueberwachung des Verkehrs in den deutschen Seebädern; Bekanntmachung vom 28. April 1916, betr. die Empfehlung der Schrift : „Hinterm Pflug zur Kriegszeit’; Bekanntmachung vom 4. Mai 1916, betr. die Empfehlung der Buches: „Die Landfrauenarbeit im Kriege“. — Militär⸗ und Marineangelegenheiten: Verfügung vom 5. Mat 1916, betr. die Fürsorge für die Hinterbliebenen der im
Kriege Gefallenen.
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Nr. 22 der „VPeröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ vom 31. Mat 1916 hat folgenden Inhalt: Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten. — Zestweilige Maßregeln gegen Pest und Cholera. — Gesetzgebung usw. (Deutsches Reich.) Süßstoff. — Fetten von Brotlaiben. — Armelmitteisteffe. — Kosmetische Mittel. — Tierkadaver. — (Preußen. Reg.⸗Bei. Schleswig.) Geschlechtskrankheiten. — (Sachsen.) Entschädigung für Pferde und Rindvieh. — (Mecklenburg⸗Schwerin.) Deutsche Arznei⸗ taxe 1916. — (Vereinigte Staaten von Amertka.) Schlachtvieh⸗ und Fleischbeschau (Fortsetzung). — Zeitweilige Maßregeln gegen Tier⸗ seuchen. (Preuß. Reg.⸗Bez. Magdeburg, E faß⸗Lothringen). — Ver⸗ handlungen von gesetzgebenden Körperschaften, Vereinen, Kongressen usw. (Deutsches Reich.) Deutscher Verein gegen den M'ßdrauch geistiger Getränke. — Geschenkliste. — Wochentabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. — Desgleichen in größeren Städten des Auslandes. — Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher Großstädte. — Desgleichen in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. — Witterung. — Grundwasserstand und Bodenwärme in Berlin und München, April.
Land⸗ und Forstwirtschaft.
““ 8 Darleben der für die reichsgesetzliche Invaliden⸗ un Hinterbliebenenversicherung bestehenden Landesversiche⸗
rungsanstalten für landwirtschaftliche Zwecke.
Nach einer vom Reichsversicherungsamt veröffenrlichten Nach⸗ weisung über die Anlegung des Vermögens der Landesversicherur gs⸗ anstalten und der für den gleichen Zweck bestehenden Sonderanslalten zugunsten gememnütziger Zwecke nach dem Stande vom 31. Dezember 1915 beliefen sich die von ihnen bis zum Schlusse des Jahres 1915 gewährten gemeinnützigen Darlehen insgesamt auf 1323,5 Millionen Mark. Davon waren ausgeliehen 8
1) für den Bau von Arbeiterwohnu ngen 558,9 Millionen Mark (gegen 532,5 Millionen am Schlusse des Vorjahres),
2) zur Förderung der allgemeinen Wohlfahrtspflege (Bau von Krankenhäusern, Volksheilstätten, Invalidenheimen, Volks⸗ bädern, Schlachthäusern, Kanalisationen, Hebung der Nolksbildung, cuch Kriegswohlfahrtspflege usw.) 630,5 Millionen Mark und
3) zur Befriedigung des landwirtschaftlichen Kredit⸗ bedürfnisses von 26 Landesversicherungsanstalten und 2 Sonder⸗ anstalten rund 134 Millionen Mark.
Der Betrag der hier an dritter Stelle verzeichneten, für Boden⸗ verhesserung, Ent⸗ und Bewässerung, für Moorkultur, Aufforstung, Wegebau, Kleinbahnen, Hebung der Viehzucht, Linderung der Futternot bestimmten Darlehen ist gegen das Vorjahr um 5,1 Milltonen Mark gestiegen. Er stellt aber, wie vom Reichsversicherungsamt betont wird, bei weitem nicht die ganze Summe dar, die von den Trägern der reichsgesetzlichen Invaliden⸗ und Hinterbliebenenversiche⸗ rung zugunsten der ländlichen Bevölkerung hergeg⸗ben worden ist Abgesehen von den Aufwendungen für Wohnungsfürsorge auf dem Lande, die in den oben an erster Stelle angeführten 558,9 Millione Mark mitenthalten sind, entfällt von den Darlehen für allgemein Wohlfahrtseinrichtungen ein Betrag von 249,5 Millionen Mark au Gemeinden bis zu 5000 Einwohnern. Auch wenn man hiervon dti Darlehen für solche Krankenhäuser usw., die wohl auf dem Land liegen, aber in erster Linie zur Aufnahme von Kranken und Er holungsbedürftigen aus der Stadt bestimmt sind, abzieht, bleibt doch eine beträchtliche Summe, die ausschließlich zugunsten der ländlich⸗ Bevölkerung verwendet ist, übrig. Endlich ist die Landwirtschaft mittel⸗ bar noch dadurch gefördert worden, daß eine große Anzahl Ver sicherungsträger, darunter diejenigen in Preußen ausnahmslos landschaftliche Pfandbriefe, Rentenbriefe, Provinzialanlethescheine Pfandbriefe von Landwirtschaftsbanken usw. im Nennwerte von 157s Millionen Mark angekauft haben. Die Landesversicherungs⸗ anstalt Westfalen hat außer den von der Nachweisung erfaßten Be trägen noch 38,929 Millionen Mark der Landesbank Westfalen über wiesen, die satzungsgemäß Darlehen zu 3 ½ bis 4 v. H. insbe ondere an Gemeideverbände, Kirchen⸗ und Schulgemeinden, gemeinnützige Anstalten, Genossenschaften, städtische und län liche Grundbesitzer
ergibt. 3 b 8eFür die für Preußen und dessen Provinzen in Betracht kommenden Versicherungsanstalten läßt sich der Nachwelsung des Reichsversicherungsamts über die den landwirtschaftlichen Kredit⸗ bedürfnissen nutzbar gemachten Darlehen folgende Uebersicht ent⸗ nehmen: be. 1 wäsatz Versicherungsanstalt 4 8 n G Westpeonhemn . . . . . ... . 1 899 000 3½8—4 Brandendurg. “ 19 781 000 85—4 Pommern .. 15 990 000 3 ½ — Posen “ 680 000 4 Schlesien .. . 8 670 000 3 8—48 Sachsen⸗Anhalt..... — 18 117 000 —4 Schleswig⸗Holstein . . . * 14 593 000 16“ 1 368 000 vv161161616“”] 1 190 000 Hessen⸗Nassau . . . “ 19 325 000 Ostpreußen, Berlin und Rheinprovinz — Z““ 101 573 000 Sämtl. Versicherungsträger im Reich . 134 040 000
Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregeln. “
Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten. (Nach den „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundhetteamel Nr. 22 vom 31. Mat 1916.)
Pest. Niederländisch Indien. Vom 81. April his 4. Mat wurden folgende Erkrankungen (und Todesfälle) gemeldet: aus dem Bezirk Soerakarta 4 (7), Soekoardio, Berbek, Soerabaja und Lamongan je (1), (3), Toeloengagoeng
und der Stadt Soerabaja je . (2
Brasilien. In Bahia vom 6. bis 19. Februar 2 Er⸗
—
krankungen und 1 Todesfall.
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