1916 / 205 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 31 Aug 1916 18:00:01 GMT) scan diff

in Größe von 58 a 60 qm, die zum regelrechlen Fortbetriebe des der genannten Gesellschaft gehörenden Braunkohlenbergwerfs Etisabeth bei Mücheln unbedingt erforderlich sind, nötigenfalls im Wege der Enteianung zu erwerben oder, soweit dies ausreicht, mit einer dauernden Beschränkung zu belasten. Das Enteignungsrecht kann nur während der Dauer des Kriegs⸗ zustandes ausgeübt werden. 8 8 8 Gertut, den P. Wuhzst 19i01t6. Auf Grund Allerhöchster Ermächtigung Seiner Majestät des Königs. Das Staatsministerium. Sydow. von Loebell.

Ministerium für Handel und Gewerbe.

Der Seefahrtvorschullehrer Lange in Emden ist zum Königlichen Seefahrtschullehrer ernannt worden.

Bekanntmachung.

Dem Bäckermeister Friedrich Homeister, hier, Linden⸗ straße 44, ist die Wiedereröffnung seines Bäckereigeschäfts mit dem 1. September d. J. gestattet worben. ““

Eisleben, den 29. August 1916.

Die Polizeiverwaltung. J.

1 Bekanntmachung.

8 8 8 Dem Kaufmann Georg Herz, Breslau, Sonnenstraße 12 wohnhaft, ist der Handel mit Seife, Seifenpulvern und anderen fetthaltigen oder fettlosen Waschmitteln auf Grund des § 1 der Bundesratsverordnung vom 23. September 1915 RSBl. S. 603 wegen Unzuverlässigkeit untersagt worden.

Breslau, den 25. August 1916. Der Königliche Polizeipräsident. J. V.: Zucker.

Bekanntmachung.

Dem Kaufmann Hermann Leckelt, Breslau, Sonnen⸗ traße 38, ist nicht nur der Handel mit Leckelts Bleichsoda, sondern er Handel mit Soda (sowohl rein wie in Mtschungen mit nderen Stoffen) gemäß § 1 der Bundesratsverordnung vom 23 Sep⸗ ember 1915 RGBl. Seite 603 wegen Unzuverläaͤssigkett ntersagt worden.

Breslau, den 26. August 1916. Der Königliche Pollgeipräsident. Z. B.: Zucker.

ö“

Dem Obsthändler Georg Uhrig, geboren am 17. März 1876

n Hebstahl, Geschäftslokal: Markthalle III Börnestraße, wird hier⸗

rch der Handel mit Gegenständen des täglichen Be⸗

arfs, insbesondere Nahrungs⸗ und Futtermitteln aller Art,

erner rohen Naturerzeugnissen, Heiz⸗ und Leuchtstoffen sowie jegliche mittelbare oder unmittelbare Beteiligung einem solchen Handel wegen Unzuverlässigkeit in bezug auf diesen

werbebetrieb untersagt. Frankfurt a. M., den 28. August 1916. Der Polizeipräsident. J. A.: Auerbach.

.

Bekanntmachung.

Durch Bescheid vom 20. Juli 1916 habe ich dem Agenten Friedrich Dohms hier, Rellinghauserstraße Nr. 2, die Her⸗ stellung und den Handel mit Nahrungs⸗ und Genuß⸗ mitteln sowie Gegenständen des täglichen Bedarfs und die Vermittlertätigkeit hierfür untersagt. 8

Essen, den 18. August 1916.

Die städtische Polizeiverwaltung. Der Oberbürgermeister. J. V.: Rath.

v11XX2XX“ Der Firma Finkelstein u. Ferber, Althandlung in Duisbura, Ruhrorterstraße Nr. 39, ist auf Grund des Gesetzes vom 23. September 1915, betreffend Fernhaltung unzuverlässiger Per⸗ sonen vom Handel, der Gewerbebetrieb (Handel mit Metalle usw.) bis auf weiteres untersagt worden. 88 Duisburg, den 28. August 1916. 6 8 Der Oberbürgermeister. J. V.: Schenk.

Bekanntmachung. 8

Gemäß § 1 der Bekanntmachung des Bundesrats zur Fernhaltung unzuverlässiger Personen vom Handel vom 23. September 1915. (RSBl. S. 603) ist dem Händler Wilhelm Quodt in Cöln, Hahnenstraße 34 wohnhaft, der Handel mit Nahrungsmitteln aller Art untersagt worden.

Cöln, den 28. August 1916.

Der Oberbürgermeister. J. V.: Adenauer.

ekanntmachung.

MNach Vorschrift des Gesetzes vom 10. April 1872 (Gesetzsamml. S. 357) sind bekannt gemacht: 1

1) der Allerhöchste Erlaß vom 21. Juli 1914, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an den Reichs⸗ (Milttär.) Fiskus zur Schaffung und Vergrößerung von Pionier⸗Uebungsplätzen bei Königsberg i. Pr., durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung in Königsberg Nr. 30 S. 516, ausgegeben am 22. Juli 1916;

2) der auf Grund Allerhöchster Ermächtigung vom 16. August 1914 (Gesetzsamml. S. 153) ergangene Erlaß des Staatsministeriums vom 28. März 1916, betreffend die Verleihung des Enteignungs⸗ rechts an die Stendaler Kleinbabn⸗Aktiengesellschaft in Stendal für die Anlage einer Kleinbahn von Peulingen nach Bismark, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung in Magdeburg Nr. 16 S. 159, ausgegeben am 15. April 1916;

3) der auf Grund Allerhöchster Ermächtigung vom 16. August 1914 (Gesetz⸗Samml. S. 153) ergangene Erlaß des Staatsmini⸗ steriums vom 31. Mai 1916, betreffend die Genehmigung des VI. Nachtrags zum Statute der Bank der Ostpreußischen Landschaft vom 20. Mai 1869, durch die Amtsblätter

der Königlichen Regierung in Königsberg Nr. 27 S. 482, aus⸗ gegeben am 1. Juli 1916,

der Königlichen Regterung in Gumbinnen Nr. 27 S. 306, aus⸗

ggegeben am 1. Juli 1916,

der Königlichen Regierung in Allenstein Nr. 27 S. 241, aus⸗

gegeben am 1. Juli 1916, und der Königlichen Regierung in Marienwerder Nr. 26 S. 315, ausgegeben am 1. Juli 1916;

4) der auf Grund Allerhöchster —22ö22 vom 16. August 1914 (Gesetzsamml. S. 153) ergangene Erlaß des Staatsministeriums vom 7. Junt 1916, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an die Stadtgemeinde Königsberg i. Pr. für den weiteren Ausbau

des neuen Hand le⸗ und Industriehafens, durch das Amtsblatt de Köntalichen Reaierung in Königsberg Nr. 25 S. 464, ausgegeben am 17. Juni 1916; .

5) der auf Grund Allerl ëhster Ermächtigung vom 16. Auzust 1914 (Gesetzsamml. S. 153) ergangene Erlaß des Staatsmintsteriums vom 30. Junt 1916, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an das Rheinisch Westfälische Elektrizitätswerk, Aktiengesellschaft in v a. F. zum Bau nachstehender Starkstromleitungen (100 000 Volt⸗ eitungen

1) von dem Kraftwerk auf der Braunkohlengrube Vereinigte Ville im Landkreise Cöln bis zu der bei Troisdorf (Oberlar) im Siegkreise zu errichtenden Haupt⸗Schalt⸗ und Um⸗

1 formungsstelle,

2) von der Hauptschalt⸗ und Umformungsstelle bei Osterath im Landkreise Crefeld nach einer bei Ratingen im Land⸗ kreise Düsseldorf zu errichtenden Haupt⸗Schalt⸗ und Um⸗

formungsstelle,

von der Haupt⸗Schalt⸗ und Umformungsstelle bei Sanct Tönis im Kieise Kempen über Goch und Kleve nach Emmerich,

und zwar für die Leitung zu 1 in den Landkreisen Cöln, Bonn und

im Siegkreise, zu 2 in den Landkreisen Crefeld und Düsseldorf, zu 3 in den Kreisen Kempen, Geldern, Kleve und Rees durch die Amts⸗

blätter der Se ege Regierung in Cöln Nr. 29 S. 196, aus⸗ gegeben am 15. Juli 1916, und der Königlichen Regierung in Düsseldorf Nr. 29 S. 334, 1X.“ ausgegeben am 22. Juli 1916; 6) der auf Grund Allerhöchster Ermächtigung vom 16. August 1914 (Gesetzsamml. S. 153) ergangene Erlaß des Staatsministertums

vom 7. Juli 1916, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts

an die Stadtgemeinde Berlin zur bebauungsplanmäßigen Fretlegung des Südufers, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung in 1 - der Stadt Berlin Nr. 30 S. 384, ausgegeben am 29. Ju

Nichtamtliches.

Deuntsches Reich Preußen. Berlin, 31. August 1916.

Die Allerhöchsten Kabinettsorders, mit denen Seine Majestät der Kaiser und König den Wechsel in der Besetzung der Stelle des Chefs des Generalstabes des Feldheeres anordnete, haben, wie „W. T. B.“ folgenden Wortlaut:

An den General der Infanterie von Falkenhayn, CEChef des Generalstabes des Feldheeres.

Gr. H.⸗Qu., 29. 8. 16.

8 Mein lieber General von Falkenhayn!

Indem Ich Ihrem Wunsche um Enthebung von Ihrer bis⸗ herigen Stelle nicht entgegen sein will, nehme Ich Veranlassung, Ihnen aus vollem Herzen zu danken für die Pingabe und Pflichttreue, mit der Sie in nunmehr zwei Jahren Ihres schweren und verant⸗ wortungsvollen Amtes unter entsagungsvoller Einsetzung Ihrer Kräfte und Ihrer Person gewaltet haben. Was Sie insbesondere an tat⸗ kräftiger und vorausschauender Arbeit, in unermüdlichem Schaffens⸗ drang für die Armee und das Vaterland geleistet haben, soll Ihnen nicht vergessen werden. Die volle Würdigung Ihrer jrtzt im Kriege an der Spitze des Generalstabes erworbenen Verdienste wird aber einer späteren Zeit vorbehalten sein müssen. Mir persönlich sind Sie ein treuer selbstloser Berater gewesen, in Dankbarkeit hierfür begleiten Sie Meine besten Wünsche für die Zukunft und verleihe Ich Ihnen das Kreuz und den Stern der Komture des Königlichen Hausordens von Hohenzollern mit Schwertern.

Ste beziehen Ihr bisheriges Gehalt aus dem Etatskaptitel für Offiziere in besonderen Stellungen, bis Ich über Ihre anderweitige Verwendung Entscheidung getroffen habe. b

Wilhelm R.

An den Generalfeldmarschall von Beneckendorff und

von Hindenburg.

Ich ernenne Sie zum Chef des Generalstabes des Feldheeres und bin überzeugt, daß Ich diese Stellung in keine besseren Hände legen kann. Ich erwarte mit Vertrauen, daß Sie Meiner Armee und dem Vaterlande die erdenklich besten Dienste in dieser Stellung leisten werden. Erneut benutze Ich diesen Anlaß, um dem sieg⸗ reichen Beschützer unserer Ostfront warmen Dank zu sagen für alles das, was er während zweier Kriegsjahre für das Vaterland geleistet hat. 8

Großes Hauptquartier, den 29. August 1916. Wilhelm R. An den Generalleutnant Ludendorff. Ich ernenne Sie unter Beförderung zum General der In⸗ fanterie zum Ersten Generalquartiermeister mit den Gebührnissen eines kommandierenden Generals und spreche Ihnen bei dieser Gelegenheit warmen Dank aus für die vortrefflichen Dienste, die S. während zweier Kriegsjahre Mir und der Armee geleistet aben. Großes Hauptquartier, den 29. August 1916. Wilhelm R.

Der Bundesrat versammelte sich heute zu einer Voll⸗ sitzung; vorher hielten der Ausschuß für Handel und Verkehr, die vereinigten Ausschüsse für Justizwesen und für Handel und Verkehr sowie die vereinigten Ausschüsse für Rechnungs⸗ wesen und für Handel und Verkehr Sitzungen.

Nach der Bundesratsverordnung über die Anmeldung von Wertpapieren vom 23. August 1916 und der Bekannt⸗ machung des Reichskanzlers vom gleichen Tage sind anzu⸗ melden: Wertpapiere, die sich im Auslande befinden, und Wertpapiere, aus denen ein im Auslande ansässiger Schuldner haftet oder durch die eine Beteiligung an ausländischen Unternehmungen verbrieft wird. Es sind dem Vernehmen nach Zweifel aufgetaucht über den Begriff: „im Aus⸗ land“ und „ausländisch“; insbesondere wurde, da an einer Stelle der auf dem Anmeldebogen aufgedruckten „An⸗ leitung zur Anmeldung“ sich der erklärende Zusatz findet „im (feindlichen oder neutralen) Ausland“, die Frage auf⸗ geworfen, ob etwa das uns verbündete Ausland und ferner die von uns besetzten Gebiete im Sinne der Anmeldevorschriften anders behandelt werden sollten, wie das übrige Ausland. Diese Frage ist, wie durch „W. T. B,“ mitgeteilt wird, zu ver⸗ neinen. In der Verordnung und der Bekanntmachung des Reichskanzlers ist vom „Ausland“ schlechthin die Rede. Für diesen Begriff bedarf es hier keiner besonderen Auslegung, die Reichs⸗

renzen sind maßgebend. Es sollte mit der oben erwähnten Pee bei der „Anleitung zur Ausfüllung des Anmelde⸗ bogens“ lediglich ausdrücklich hervorgeboben werden, daß nicht etwa eine Beschränkung auf Papiere des feindlichen Auslands in Frage kommt. 8

8

meldet,

Ueber den Zweck der Bestandsaufnahme in Haus⸗ haltungen herrscht vielfach Unklarheit.

NM; £ Nh Sie „W. T. B. 8

mitteilt, hat das Kriegsernährungsamt nicht die Absicht, allge⸗

meine Vorschriften über etwaige Anrechnung vorhandener B. stände zu geben, weil dazu das Verteilungssystem in den ein zelnen Gemeinden noch viel zu verschieden ist. Wie bei früheren

örtlichen Bestandsaufnahmen liegt die Entscheidung über die Anrechnung den Gemeinden ob. Es erscheint ausgeschlossen, daß

die Gemeinden hierbei kleinlich vorgehen und kleinere Vorrats⸗ mengen anrechnen werden, die aus sparsamem Verbrauch in der vorangegangenen Zeit angesammelt sein können. Die Au dehnung der Bestandsaufna 1

der Oeffentlichkeit lebhaft vertretenen Wunsch, der sich gegen die vermeintlich weit verbreitete, tatsächlich aber wohl nicht in sehr zahlreichen Fällen geübte unvernünftige Hamsterei einzelner Haushalte wendet.

me entspricht einem seit Monaten in

Sehr viel wichtiger und deshalb auf sehr

viel mehr Waren ausgedehnt ist die gleichzeitige Bestands⸗

aufnahme der Lebensmittel in der Hand des Handels, der öffentlichen Verhbände usw. Hier ist es unbedingt nötig, endlich einmal einen klaren Ueberblick über die sehr ve schieden verteilten Gesamtvorräte zu gewinnen. Die Frage,

wie Fleisch in Konservengefäßen zu bewerten ist, ist aus dem Erläuterungsvermerk auf den Anmeldeformularen dahin zu

daß das Bruttogewicht der Konserven anzu⸗

beantworten, geben ist.

Wie getreidestelle hört, ist in dem Wirtschaftsjahr 1916/17 nicht beabsichtigt, Kornbrennereien mit Brot⸗ getreide zu beliefern.

In Erweiterung der Bekanntmachung des Oberkommandos

„W. T. B.“ von dem Vorsitzenden der Reichs⸗

vom 12. Juli 1916 Sect. II a Nr. 90 100 —, betreffend

Besichtigung der mit Heeresaufträgen betrauten Pnen in Berlin und der Provinz Brandenburg durch Offiziere, wird, wie „W. T. B.“ meldet, vom Ober⸗ befehlshaber in den Marken, Generaloberst von Kessel, be⸗ stimmt, daß auch die Inspektion der Fliegertruppen und die Gewehrprüfungskommission sur Ausstell liche nehmigungen berechtigt sind.

2

Die hiesige Königlich bulgarische Gesandtschaft gibt be⸗ kannt, daß die in Deutschland sich aufhaltenden jungen bul⸗ garischen Staatsangehörigen, die dem 41. „Nabor“ an⸗ gehören, aufgefordert werden, sich unverzüglich nach Bulgarien zu begeben, um bis zum 3. September dort einzutreffen.

Die Postzweigstelle Berlin SW. 46 wird 31. August nach Schalterschluß aufgehoben.

Der heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ liegen die Ausgaben 1131 und 1132 der Deutschen Verlustlisten bei. Sie enthalten die 621. preußische, die 294. bayerische sowie die 450., 451. und 452. württembergische

Oesterreich⸗Ungarn.

Das österreichisch⸗ungarische Ministerium des Aeußern hat unterm 30. August die Königlich spanische Bot⸗ schaft am Quirinal bitten lassen, namens der österreichisch⸗ ungarischen Regierung beim Kabinett von Rom wegen der Konfiskation des Palastes der österreichisch⸗ ungarischen Botschaft beim Heiligen Stuhl einen Protest zu überreichen, der in deutscher Uebersetzung, wie „W. T. B.“ meldet, folgendermaßen lautet;

Mit dem italtentschen Dekret vom 25. August wurde der unter

dem Namen Palazzo di Venezia bekannte Palast der österreichtsch⸗ 8

ungarischen Botschaft beim Heiligen Stuhl für italienisches Staats⸗ eigentum erklärt und die österreichisch⸗ungarische Regierung unter Fest⸗ setzung einer Frist aufgefordert, den Palast zu räumen. Obwohl Italien schon hinlänglich Beweise gegeben hat, daß es vor keinem noch so schweren Rechtsbruch zurückscheut, wenn es gilt, seine Be⸗ gehrlichkeiten zu befriedigen, so kann die österreichisch⸗ungarische Re⸗ gierung doch nicht umbin, gegen den neuerlichen Gewaltakt, dessen sich die italienische Regierung schuldig gemacht hat, aufs entschiedenste Ver⸗ wahrung einzulegen.

Die österreichisch⸗ungarische Regierung hält es unter ihrer Würde, auf die teils lügenhaften, teils lächerlichen Vorwände einzugehen, mit welchen Italien jene Freveltat zu bemänteln sucht, und sie beschränkt sich darauf, festzustellen, daß die italientsche Regierung vor demagogischen Um trieben auch dann zurückweicht, wenn sie damit feterlich verbrieften Verpflichtungen ins Gesicht schlägt. Im Friedensvertrag vom 30. Ok⸗ tober 1866 hat Italien das Eigentumsrecht Oesterreichs am Palazzo di Venezia ausdrücklich anerkannt, nachdem schon in der Konvention mit Frankreich vom 24. August 1866 die Unantastbarkeit dieses Rechts ausgesprochen worden war. Das ttaltenische Dekret vom 25. August widerspricht aber nicht weniger den italtenischen Gesetzen selbst, die den zum Heiligen Stuhl entsendeten Vertretern der Mächte alle Privilegien zuerkennen, wie sie den beim italienischen Hof be⸗ glaubigten Diplomaten zustehen. Die Vertreibung der österreichisch⸗ ungarischen Botschaft beim Heiligen Stuhl aus dem Palast, wo sie ihren Sitz hatte, verletzt in gleicher Weise die Prärogativen Seiner Hetligkeit des Papstes wie das Recht Oesterreich⸗Ungarns. Indem die österreichisch⸗ungarische Regierung erklärt, daß sie das Dekret vom 25. August als null und nichtig betrachtet, behält sie sich vor, alle ihr in dieser Angelegenheit geeignet erscheinenden Maßnahmen zu treffen.

Der dänische Geschäftsträger in Wien gab gestern obiger Quelle zufolge im Ministerium des Aeußern die Er⸗ klärung ab, daß Dänemark gegenüber dem Kriege zwischen OesterreichUngarn und Rumänien die Neutralität be⸗ wahren werde. 8

Imn weiterer Durchführung von Maßnahmen zur Er⸗ höhung der staatlichen Einnahmen sollen nach einer Meldung des „K. K. Telegraphen⸗Korrespondenzbureaus“ in den nächsten Tagen Verordnungen wegen Einführung eines Zuschlages zu den direkten Steuern, Erhöhung der Stempel und Gebühren sowie wegen Einführung einer Totalisatorsteuer erlassen werden.

Der Rumänenklub des österreichischen Abge⸗ ordnetenhauses versendet, wie „W. T. B.“ meldet, folgende Erklärung:

Die Abgeordneten des rumänischen Volkes der Bukowina können den Anschluß Rumäniens an Rußland nicht fassen. Nach ihrer Ueber⸗ zeugung ist er ein Unglück für den ganzen rumänischen Volksstamm, dessen Bestand durch einen Sieg Rußlands geradezu verneint werden

würde.

Reichstagsabgeordnete Mihali,

des Weltkrie

wendigkeit den Betr

erklärung Rumäntens und verharren ebenso wie das rumänische Voik

der Bukowina, dos seine Liebe für Kaiser und Reich mit seinem Blute

besiegelt hat, nech wie vor in unverbrüchlicher Treue zu Oesterneich. In einer außerordentlichen Versammlung des Komitats⸗ ausschusses von Szolnok Doboka gab der Präsident der Nationalitätenpartei des ungarischen Reichstags, der rumänische leichs namens der ungar⸗ ländischen Rumänen folgende Erklärung ab:

Nachdem Rumänien, anstatt zur Verteidigung unserer gemeinsamen ristenzinteressen an unferer Seite in den Krieg einzutreten, was wir offten, zu unserer schmerzlichen Ueberraschung als neuer Feind gegen

unsere Monarchie. auftritt, erklären wir feierlich, daß diese neue Phase

Verhalten, unsere bisberige

chliche Anhänglichkeit an Thron

uns noch zu gesteigerterer Erfüllung een Pflichten anspornt.

Die Versammlung nahm die Erklärung mi geisterun

zur Kenntnis.

8 Großbritannien und Irland.

Das zuständige Ministerium hat die Gerichte, die über die Gesuche zur Befreiung vom Militärdienst ent⸗ scheiden, angewiesen, sich zu vergegenwärtigen, daß die Armee Männer sofort sehr dringend braucht und die Befreiungen in keinem Falle gewährt werden dürfen, wenn sie nicht ganz offenbar gerechtfertigt sind. Das Army Council legt, wie die „Daily Mail“ mitteilt, großen Wert darauf, daß alle Be⸗ freiungsgesuche und alle Berufungen in den nächsten Wochen erledigt werden. Das Blatt erklärt es auch für unrichtig, daß die Militärbehörden gegenwärtig nicht beabsichtigten, die noch militärfreien Männer aus den späteren Klassen oder Gruppen aufzurufen.

, Die Verlustlisten vom 28. und 29. August enthalten die Namen von 429 Offizieren (141 gefallen) und 5407 Mann bezw. von 184 Offizieren (46 gefallen) und 5227 Mann.

8 8 Italien.

8

Nach der „Agenzia Nazionale“ beabsichtigt das Marine⸗ ministerium, alle deutschen Schiffe, darunter vier große Einheiten, zu beschlagnahmen.

Dänemark.

Nach einer Mitteilung der dänischen Generalpostdirektion

ist die gesamte Brief⸗ und Paketpost des dänischen Amerikadampfers „United States“, der auf der Reise von Kopenhagen nach New York war, von den englischen Be⸗

hörden bei der Durchsuchung in Kirkwall beschlagnahmt.

Türkei.

Nach einer Meldung der „Agence hat der

Ministerrat vorgestern die Kriegserklärung der Türkei an Rumänien beschlossen.

Trotz der Kriegserklärung ist die Lebensmittel⸗ verforgung Konstantinopels, wie der „Tanin“ meldet, gesichert, da die Regierung die nötigen Maßnahmen getroffen hat. Angesichts der diesjährigen reichen Ernte in Kleinasien wird dank der guten Verteilung jede Schwierigkeit beseitigt werden können.

Griechenland.

Der Chef des Generalstabes General Dusmanis und der Unterchef Oberst Metaxa sind nach einer Meldung der „Agence Havas“ durch Königlichen Erlaß ihrer Funktionen enthoben und der General Moschopulos, Befehlshaber des dritten griechischen Armeekorps, zum Generalstabschef ernannt worden.

Der italienische Gesandte in Athen hat, dem „Secolo“ zufolge, dem Ministerpräsidenten Zaimis eine Note überreicht, in der die Besetzung albanesischer Küsten⸗ punkte zwischen Porto Palermo und Chimara damit begründet wird, daß die Küste den österreichisch⸗ungarischen Unterseebooten zu Signalstationszwecken gedient habe.

Ungefähr zwanzigtausend Personen nahmen an Kund⸗ gebungen in Athen teil, die organisiert worden waren, um dem König und der Regierung das Vertrauen aus⸗ zudrücken. Gunaris griff die Politik Venizelos' an, den er anklagte, die gegenwärtige Lage Griechenlands verschuldet zu haben; er erklärte, das Volk und die Integrität der vater⸗ Cnc Erde liefen keine Gefahr angesichts der bestehenden Barantien.

. Wie die „Agence Havas“ meldet, ist Essad mit allen seinen Truppen in Saloniki angekommen.

Amerika.

„Der Präsident Wilson machte in der gemeinsamen Sitzung des Kongresses, wie das „Reutersche Bureau“ meldet, Vorschläge zur Verhinderung des Eisen⸗ bahnerstreiks, darunter die Einführung des Achtstunden⸗ tages und die Ernennung einer Kommission, die die Wirkungen des Achtstundentages und den Betrieb der Eisenbahnen durch den Staat im Falle eines Streiks prüfen soll. Wilson sagte, daß ein allgemeiner Eisenbahnerstreik für das Land ein furchtbares Unglück wäre, und erklärte, daß die Führer der Eisenbahnergewerkschaften seine Vorschläge angenommen hätten, daß aber die Vertreter der Eisenbahndirektionen dagegen gewesen seien, und zwar in einem Augenblick, in dem festgestanden habe, daß der Achtstundentag schließlich unter dem Druck der Arbeiterorganisationen und der öffentlichen Meinung doch werde angenommen werden müssen. Die Direktionen hätten ihre Weigerung damit begründet, daß an dem Grundsatz der Schiedsgerichtsbarkeit unbedingt fest⸗ gehalten werden müsse, obwohl augenblicklich noch keine Möglichkeit bestände, ein Schiedsgericht ins Leben zu rufen. Der Präsident verlangte

1) die Vermehrung der Mitgliederzahl der Interstate Commerce

Commission und Erweiterung der Kompetenz dieser Körperschaft

2) die Einführung des Achtstundentages für das ganze Personal, 3) eine Untersuchung einer besonderen Kommission über die Folgen,

die der Achtstundentag für den Betrieb haben würde,

4) die Ermächtigung der Interstate Commerce Commission, die Kosten, die die Einführung des Achtstundentages mit sich bringen

würde, bei der Festsetzung der neuen Frachttarife zu berücksichtige

n 5) eine ergänzende Gesetzgebung, durch die Streiks oder Aus⸗ sperrungen verhindert würden, solange die Schiedsgerichtsbarkeit bei

industrtellen Konflikten noch nicht endgültig festgelegt sei,

6) die ] des Präsidenten, im Falle militärischer Not⸗ eb der Eisenbahnen selbst zu übernehmen.

Unter diesen Umständen beklagen sie aufs tiefste die Kriegs⸗

Asfsien.

Nach einer Meldung der „St. Petersburger Telegraphen⸗

agentur“ aus Teheran ist ein neues Kabinett von Vossough ed Dauleh gebildet worden, der den Vorsitz und das Ministerium des Aeußern übernimmt. Alle anderen Mitglieder der neuen Regierung gehören den gemäßigten, Rußland und England freundschaftlich gesinnten Kreisen an.

Großes Hauptquartier, 30. August. (W. T. B.) Westlicher Kriegsschauplatz.

Im Sommegebiet kamen unter beiderseits andauernd bedeutendem artilleristischen Einsatz feindliche Unternehmungen am Tage in unserem wirkungsvollen Sperrfeuer nicht zur Entwicklung. Abends und Nachts erfolgten starke Angriffe aus der Linie Ovillers Pozières und zwischen Guille⸗ mont und Maurepas, während anschließend bis zur Somme und über diese hinaus bis in die Gegend von Chilly der sturmbereite Gegner auch Nachts in seinen Gräben nieder⸗ gehalten wurde. Unsere Stellungen sind restlos be⸗ hauptet. Nördlich von Ovillers Pozières haben unsere tapferen Truppen in schwerem Nahkampf die an einzelnen Punkten eingedrungenen englischen Abteilungen wieder geworfen.

Rechts der Maas sind erneute, durch heftiges Feuer vorbereitete französische Angriffe bei Fleury und gegen unsere Stellungen zwischen dem Dorf und dem Chapitre⸗

Wald abermals zusammengebrochen; südöstlich von

Fleury wurde der Feind durch Gegenstoß zurückgeschlagen.

Nördlich des Ancre⸗Baches und westlich von Mül⸗

hausen wurde je ein feindliches Flugzeug im Luftkampf außer Gefecht gesetzt, 2 Flugzeuge sind durch Abwehrfeuer nördlich der Somme heruntergeholt, ein weiteres mußte bei Soyecourt innerhalb unserer Linien landen.

Oestlicher Kriegsschauplatz. Nördlich der Karpathen keine Ereignisse von besonderer Bedeutung.

Deutsche Truppen haben de

westlich von Zabie) gestürmt. Balkan⸗Kriegsschauplatz.

Die Lage ist im allgemeinen unverändert.

. Oberste Heeresleitung.

Berg Kukul (nord⸗

Großes Hauptquartier, 31. August. (W. T. B.) Westlicher Kriegsschauplatz.

Im Frontabschnitt beiderseits von Armentières ent⸗ wickelte der Gegner rege Tätigkeit. Seine im Anschluß an starke Feuerüberfälle vorgehenden Erkundungsabteilungen sind abgewiesen.

Bei Roclincourt (nördlich von Arras) machte eine deutsche Patrouille im englischen Graben eine Anzahl Ge⸗ fangene.

Beiderseits der Somme hält sich der Feuerkampf auf großer Stärke. Wie nachträglich gemeldet ist, ging gestern früh südlich von Martinpuich ein gegen die feindliche Stellung vorspringender Graben verloren.

Im Maasgebiet herrschte, abgesehen von kleinen Hand⸗ granatenkämpfen bei Fleury, Ruhe.

Oestlicher Kriegsschauplatz.

Westlich von Riga, im Brückenkopf von Dünaburg, im Stochodbogen südöstlich von Kowel, südwestlich von Luck und in einzelnen Abschnitten der Armee des Generals Grafen von Bothmer finden lebhafte Artilleriekämpfe statt.

In den Karpathen haben wir bei der Erstürmung des Kukul 1 Offizier, 199 Mann gefangen genommen. Feindliche Gegenstöße sind hier abgewiesen. 8

Bei Durchführung von Angriffen auf militärische Anlagen von Luck und Torczyn schossen unsere Flieger drei feind⸗ liche Flugzeuge ab, ein weiteres ist am 229. 8. bei

Listop ad y (an der Beresina) außer Gefecht gesetzt.

Balkan⸗Kriegsschauplatz. reignisse von Bedeutung.

Der Erste Generalquartiermeister. Ludendorff.

Keine

Oesterreichisch⸗ungarischer Bericht. Wien, 30. August. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet:

Oestlicher Kriegsschauplatz.

Auf den Höhen nordöstlich von Orsova schlugen unsere Truppen wiederholte rumänische Angriffe ab. Sonst wurden die an die Grenze vorgeschobenen Kraftgruppen schrittweise und planmäßig, wie es für den Kriegsfall seit langem vorgesehen war, zurückgenommen. Der Feind wird sich rühmen, Petroseny, Brasso und Kozdivasarhely besetzt zu haben. Die nördlichsten rumänischen Kolonnen stehen im Gyergyo⸗Gebirge im Kampf.

In den Galizischen Waldkarpathen haben deutsche Truppen den Russen die in den letzten Wochen heiß um strittene Höhe Kukul wieder entrissen.

Im übrigen außer Vorfeldkämpfen an der russischen Front keine besonderen Ereignisse.

Italienischer Kriegsschauplatz. Nichts von Belang.

Südöstlicher Kriegsschauplatz.

Unsere Donauflottille zerstörte bei Turnu Magurele an der unteren Donau rumänische Schlepp⸗ schiffe, Hafenmagazine und militärische Anlagen. Sie erbeutete bei Zimnica zwei volle Schlepper, ein Stegschiff und zwei Motorboote.

An der unteren Vojusa erhöhte Patrouillentätigkeit.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes.

on Hoefer, Feldmarschalleutnant.

b eii ‚her Berich. Sofin, 30. Angust. (W. T. B.) Amtlicher Bericht vom 28. August. Die Truppen des rechten Flügeis befestigen sich, nachdem sie in der Ebene von Lerin (Florina) befindliche Serben zurückgeschlagen haben, in ihren neuen Stellungen nördlich und westlich des Ostrovosees. Wiederholte serbische Angriffe in der Moglenagegend wurden unter be⸗ trächtlichen Verlusten zurückgeschlagen, die die Serben zum Verzicht auf eine Wiederholung ihrer Unternehmungen zwangen. Unsere Truppen rückten vor und eroberten die Höhen südlich von Sborsko. Im Wardartale auf beiden Seiten schwaches Artilleriefeuer und Patrouillengefechte. Die Truppen des linken Flägels befestigen sich, nachdem sie alle französisch⸗englischen Streitkräfte in der Gegend von Serres, Drama und Kawalla hinter die Struma und den Tachinosee geworfen haben, in ihren neuen Stellungen östlich der Struma und an der ägäischen Küste vom Golf von Orfano bis zur Mestamündung. Sofia, 31. August. Bulgarischer Heeresbericht vom 30. August. Keine wesentliche Aenderung an der mazedo⸗ nischen Front. Unsere Truppen haben die befohlenen Stellungen erreicht und besetzt und befestigen sich darin. Der Feind beschränkt sich nach den Niederlagen, die wir ihm bei⸗ gebracht haben, und nachdem seine Offensive dadurch gescheitert ist, darauf, auf der ganzen Front wirkungsloses Artilleriefeuer zu unterhalten. nördlich des Ostrovosees und im Tale von Matnitza bemüht sich der Gegner, sich durch vergebliche Gegenangriffe wieder in den Besitz der verlorenen Stellungen zu setzen und seine unhaltbar gewordene Lage zu verbessern, aber alle seine Versuche wurden zurück gewiesen. Im Talimosee versenkten wir durch Artillerie⸗ feuer zwei Dampfboote. Die feindliche Flotte beschoß wirkungslos die Mündung des Mesta Ein Luftgeschwader griff die Brücke nahe beim Bahnhof Buk an, Schaden wurde nicht verursacht, es sind auch keine Menschenopfer zu beklagen.

Türkischer Bericht.

Konstantinopel, 30. August. (W. T. quartiersbericht vom 29. August. 1 *

Von der Irakfront und der persischen Front ist nichts Neues zu melden.

An der Kaukasusfront wurden auf dem rechten Flügel Gegenangriffe, die der Feind in verschiedenen Abschnitten unternahm, um unser Vorrücken aufzuhalten, mit Verlusten für ihn zurückgeschlagen. Im Zentrum wurden die Schanzarbeiten des Feindes durch unser Artilleriefeuer gestört und seine Schützengräben vernichtet. Auf dem linken Flügel war heftiges Infanteriefeuergefecht. Ein feindlicher Flieger, der von Imbros aufgestiegen war, um Sedil Bahr zu über⸗ fliegen, wurde durch unser Feuer vertrieben. An der Süd⸗ küste von Tschesme warf ein feindlicher Monitor etwa 20 Geschosse gegen zwei Punkte, ohne eine Wirkung zu er⸗ zielen, und zog sich darauf zurück. 1 Von den übrigen Fronten ist nichts Wichtiges zu 4“ Der Vizegeneralissimus Enver.

Haupt⸗

Statistik und Volkswirtschaft.

Die Familienverhältnisse der fürsorgebedürftigen Kinder im Kriegsjahre 1915.

Im Jahre 1914 ist in Berlin ein „Deutscher Kinderschutz⸗ Verband“ gegründet worden, dem im ersten Jahre seines Bestehens bereits 13 Vereine beigetreten sind. Neben den Provinzialverhänden Schlesien und Sachsen gehören ihm als Ortsgruppen an Vereine in den Städten Altona, Hamburg, Berlin, Spandau, Görlitz, Hannover, Höchst a. M., Chemnitz, Dresden, Leipzig, Pforzheim. Zweck dirser Kinderschutzvereine ist, den körperlich und sittlich gefährdeten, miß⸗ handelten und ausgenutzten, noch unverdorbenen Kindern Schutz zu gewähren. Einen Geschäftsbericht hat der Gesamtverband nicht ver⸗ öffentlicht; dagegen ergibt die vom Königlichen Statistischen Landes⸗ amt unternommene Bearbeitung der Jabresberichte der angeschlossenen Vereine nach einem in der „Stat. Korr.“ peröffentlichten Aus⸗ zuge, daß ihre Fürsorgetätigkeit im Kriegejahre 1915 insgesamt 13 621 Kinder erfaßt hat.

Unter den Gründen, die das Eingreifen der Kinder⸗ schutzvereine in 6965 Fällen notwendig machten, lagen Miß⸗ handlungen mit 23,3 % aller Fälle am häufigsten vor. Dann folgen Verwahrlosung mit 22,2 %, Vernachlässigung mit 15,1 %, sittliche Gefährdung der Kinder mit 12,1 %, Armut und Krankheit der Kinder oder Eltern mit 11,2 %. Schwere Erziehung oder Hang zum Umhertreiben und verschiedene andere Gründe erheischten Hilfe in 6,1 % und 5,5 % der Fälle. Die verhältnismäßig geringe Beteiligung der „Ausnutzung“ mit nur 4,5 % erklärt sich daraus, daß von der Gefamtzahl der in Schutz genommenen Kinder 84,3 % in noch nicht schulpflichtigem Alter standen, für das die Gefahr einer Ausnutzung aus erklärlichen Gründen so gut wie ausscheidet. 3

Vergleicht man diese letztjährigen Feststellungen mit denen des vorhergegangenen Kriegsjahres 1914, so macht sich zwar erfreulicher⸗ weise eine wenn auch geringe Herabminderung der Fälle schwerer Kindermißhandlungen bemerkbar, doch haben sich anderseits die Fälle von Vernachlässigung und Verwahrlosung infolge mangelnder Aufsich der Kinder erheblich vermehrt. Die Zeitverhältnisse haben leider zu dem steigenden Uebelstande der aufsichtslosen Kinder geführt, der durch die Einberufung des Vaters, die außerhäusliche Erwerbsarbeit der Mutter und den unregelmäßigen Schulunterricht noch vernärkt wird. Das Anwachsen der den Vereinen überwiesenen Jugendgerichtsfälle gegen das Vorjahr um 44 % bietet einen weiteren Beleg für die zu⸗ nehmende Kriminalität der Jugendlichen. Zu bedenken ist dabei allec⸗ dings, daß infolge der Kriegsverhältnisse die Jugendlichen vielfach Tätigkeiten wie z. B. als Geld⸗ und Paketboten, Straßenverkäufer u. a. m. herangezogen werden, die für das jugendliche Alter ganz all⸗ einen gefährlichen Anreiz zum Begehen straffalliger Handlungen edeuten.

Erfaßt man die Familienverhältnisse der in Obhut ge⸗ nommenen Kinder, so ergibt sich, daß von fast einem Drittel 28 % sämtlicher Kinder die Väter im Felde standen und daß es sich hierbei wieder in jedem zehnten Falle um die sittliche Gefährdung der Kinder meist noch junger Frauen handelte, die den Verlockungen des ungebundenen Lebens und des Verfügenkönnens über eine be⸗ stimmte, ihnen regelmäßig zufließende Geldsumme erlegen waren. Dem Personalstande nach waren 53,2 % der Schutzkinder Mädchen und 46,8 % Knaben aller Konfessionen. 14,8 % waren unehelich geboren, 1- mutterlos, 5,1 % vaterlos, 8,8 % Stiefkinder, 1,5 % Voll⸗ watsen. 1t Nach Berufsklassen der Eltern oder Eezieher unterschieden, gehörten von den Vätern 40,8 % dem Handwerker⸗ und 25,8 % dem Arbeiterstande an; alle sonstigen Berufsgruppen waren mit weniger als 10 % vertreten, darunter z. B. Kaufleute und Händler mit 5,7 %, Restaurateure mit 3,6 %, Künstler, Artisten, Musiker mit 3,4 % Bureaubeamte mit 8,2 %. Die erhöhte Erwerbstätigkeit der Frauen in der gegenwärtigen Zeit ließ auch die Frage nach der Berufstätigkeit