1916 / 241 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 12 Oct 1916 18:00:01 GMT) scan diff

Mazedonische Front. scheitert. Westlich und öflli erfolglose Vorstöße. d. Der Erste Generalquartiermeister. 3 Ludendorff.

Berlin, 11. Oktober. (W. T. B.) Aus dem Großen Hauptquartier wird uns über die dreitägige Schlacht von

Kronstadt geschrieben:

Am Westrande des Geisterwaldes war die 2. rumänische Armee am 5. Oktober zum ersten Male geschlagen. Sie hoffte, sich auf den Höhen von Kronstadt erneut setzen zu können, umsomehr, als sie hierhin nennenswerte Verstärkungen herangezogen hatte. Aber bereits am 7. Oktober wurden ihre Nachhuten, die an den Osträndern des Geisterwaldes Zeit gewinnen sollten, von den scharf nachdrängenden verbündeten Truppen geworfen. Noch am gleichen Tage drangen diese bis an die Hauptstellung vor, leisteten und durch Gegenstöße der Verfolgung ein Ziel zu setzen versuchten. Am 8. Oktober Morgens war der Rand von Kronstadt genommen. In der Stadt entbrannte ein s I Febberte;, Srrafönid und

orgen des 9. Oktober fiel die Entscheidung. Der Feind wich der von Westen aus Richtung Toerzburg (Toerczvar) und von Nordosten über Spaszhermany angesetzten doppelten Um⸗ 1 Die blutigen Ver⸗ in dieser Schlacht wieder sehr schwer; Unter den erbeuteten 25 Ge⸗ 1 . Die in Hand gefallenen 810 sind fast alle mit Lebens⸗

in der die Rumänen hartnäckigsten Widerstand

Häuserkampf. Am M.

fassung. Er wird ins Gebirge rastlos verfolgt. luste des Feindes waren au fihe 1. hinzukommen die 1175 Gefangenen.

schützen befinden sich 9 Haubitzen und 4 10 cm⸗Kanonen. unsere

mitteln, einige mit Bekleidungsstücken beladen. 8

82

Oesterreichisch⸗un garischer Bericht.

Wien, 11. Oktober. meldet:

Oestlicher Kriegsschauplatz.

An der siebenbürgischen Südfront keine besonderen

Ereignisse.

„Bei Brasso (Kronstadt) wird der Grenzraum gesäubert. Csik⸗Szereda ist wieder besetzt. Im Görgeny⸗Gebirge

hält der Widerstand des Feindes an.

Nördlich von Kirlibaba wurde ein russischer Vorstoß ab⸗

geschlagen. Italienischer Kriegsschauplatz.

Die Schlacht am Südflügel der küstenländischen Front dauerte Tag und Nacht fort und erstreckte sich auch An der ganzen Front zwischen diesem Orte und dem Meere griffen sehr Dem Feind gelang es, an

Raum nördlich der Wippach bis St. Peter.

starke italienische Kräfte an. mehreren Stellen in unsere ersten Gräben einzudringen; südlich von Nova Vas gewann er sogar anfänglich gegen Jamiano Raum. Unsere Gegenstöße warfen die Italiener aber überall wieder zurück. Um einzelne in feindlichem Besitz gebliebene Grabenstücke wird noch gekämpft. 1400 Gefangene blieben

in den Händen unserer Truppen. Die Kampftätigkeit an der Fleimstalfront hat nach⸗ hier in den letzten Kämpfen

gelassen. Die Italiener haben Das Gefecht am Pasubio ist noch nicht ab⸗

nichts erreicht. geschlossen. Südöstlicher Kriegsschauplatz.

Bei den K. und K. Truppen nichts von Belang.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. von Hoefer, Feldmarschalleutnant.

Bulgarischer Bericht.

Sofia, 11. Oktober. (W. T. B.) Amtlicher Bericht m 11. Oktober. An der mazedonischen Front vom Prespa⸗See bis zur Cerna schwache Artillerietätigkeit. Im Cerna⸗Bogen das gewöhnliche Artilleriefeuer, das von Zeit zu Zeit stärker wurde. Nördlich und nordöstlich des Dorfes Skotchivir nahmen wir das Dorf Brod wieder und wiesen mehrere Nachtangriffe ab. Auf den Hängen der Nidje Planina vertrieben wir zwei feindliche Kompagnien, die westlich von Dobropole vorzugehen versuchten. Im Mog⸗ lenitzatale die gewöhnliche Artillerie- und Minentätigkeit. Westlich des Vardar schwaches Artilleriefeuer und Gefechte zwischen vorgeschobenen Abteilungen. Bei dem Dorfe Hadj ibayrimahle vernichteten wir durch Feuer und Bajonett⸗ angriff zwei feindliche Kompagnien. Oestlich des Vardar und am Fuße der Belassitza Planina stellenweise vereinzelte Kanonenschüsse. An der Struma⸗Front schwache Patrouillen⸗ gefechte. An der Aegäischen Küste beschoß ein feindlicher Kreuzer ohne Erfolg die Höhen nördlich von Kavalla. Rumänische Front: An der Donau bei Vidin schwache Artillerietätigkeit. Unsere Batterien brachten die feindlichen Batterien zum Schweigen. In der Dobrudscha westlich der Eisenbahn Dobric Medjidie Ruhe; östlich dieser Linie schwaches Artilleriefeer. An der Küste des Schwarzen Meeres beschoß ein feindlicher Torpedojäger die Stadt Mangalia. 8 11““

Türkischer Bericht.

Konstantinopel, 11. Oktober. (W. T. B.) Amtlicher

Bericht vom 11. Oktober. b 1G Kaukasus⸗Front. Auf dem rechten Flügel Zusammen⸗

stöße von Erkundungspatrouillen und leichtes Artilleriefeuer.

Auf dem linken Flügel schlugen wir Ueberrumpelungsversuche und einen Angriff des Fengen ab.

Aunuf den übrigen Fronten kein Ereignis von Bedeutung.

Der stellvertretende Oberbefehlshaber.

8 Der Krieg zur See.

Berlin, 11. Oktober. (W. T. B.) In der Zeit vom 30. September bis 5. Oktober hat eines unserer Unter⸗ seeboote im englischen Kanal fünf feindliche be⸗ ziehungsweise mit Bannware beladene neutrale Handels⸗ schiffe mit einem Gesamttonnengehalt von 5576 t versenkt.

Bern, 11. Oktober. (W. T. B.) Zu der Versenkung der „Gallia“ meldet der „Temps“, daß die Zahl der Opfer dadurch vermehrt wurde, daß der Torpedo in den Vorrats⸗ kammern am Heck explodierte. Nach einer Meldung des Kriegs⸗ mministeriums befanden sich an Bord das 35. Infanterie⸗

regiment, ferner die Landwehrregiment

die 5. Trainschwadron, außerdem 13 französische Militärs ver⸗

Zahlreiche feindliche Angriff an der Cerna sind ge⸗ es Vardar machte der Gegner

(W. T. B.) Amtlich wird ge⸗

Schuld nicht auf den Krieg, denn die Ausstellung trägt ein durchaus friedliches Gepräge; fie ze 2

von den Ereignissen blemen und Problemchen der Ausstellung den erbringen könnte, in was für normalen, gesicherten und ruhigen Bahnen das Leben bei uns im Innern des Landes verläuft. die Schuld liegt wahrhaftig nicht am Krieg wenn man auch S8 zugibt, daß die Kriegsstimmung ein wenig lähmend auf die

kunstpolttischem Gebtet. Je mehr Ausstellungen die „Berliner Sezession“, von der sich die starke Liebermann Gruppe vor wenigen Jahre lossagte, mit anerkennenswerter Betriebsamkeit veranstaltet, um so mehr wird ihre Daseinsberechtigung in Frage gestellt. Sezession, der die stärksten Künstler fehlen, nicht über genügend Kräfte, um sich auf die Dauer künstlerisch behaupten und eine Führer⸗ rolle spielen zu können. Das Klügste wäre wohl gewesen, Vereinigung damals aufgelöst hätte und wenn sich die Künstler hätten dazu entschließen können, ihre Werke künftighin in der „Großen Berliner Kunstausstellung“ zu zeigen. Struck, Spiro, Linde⸗Walther, Bach, Paeschke, Pottner, Oppenheimer und von vielen anderen Malern noch der Moabiter Ausstellung absolut nicht herausfallen. Helberger, Großen Kunstausstellung anzutreffen waren, stellt jetzt hier zwei Landschaften aus. den besseren Werken der Sezessionsausstellung und sie übertreffen 8 öe 8 geregaten Fand schaften. on dem Gemälde „Junge Frau in Blumen“ Erich Kuithans . ebenfalls in Moabit ausstellte. 8 auf die festzustellen, daß beispielsweise Pottners Geflügelbilder im schwäͤchlicher 8 25 immer ist, oder Philipp zuletzt hier und bei Schulte gezeigten Werke versprachen. auf die fünf wichtigeren Maler, auf G. W. Roeßner, Leo von König, Willy Jaeckel, Lovis Corinth und Franz Heckendorf eingegangen. Roeßner stellt wieder Kompositionen aus, deren leicht fronisch aufgefaßte Formen witzig und melancholisch zugleich wirken und die einen zarten, ungewöhnlichen Reiz besitzen. Dabei sind diese hübschen Gebilde sehr schön abgerundet und die dnt 8 WxH fge g sehen Farbflächen zu

mmt und anordnet, spr ür ein hochentwickeltes m. buranene ve hoch s malerisches e Werke eines kultivierten Künstlers, der nicht über besonders starke Kräfte verfügt, der aber durch Fleiß, Gründlichkeit und ““ Geschmack zu den schönsten Ergehnissen gelangt. Sein sorgsam durch⸗ gemaltes Bildnis einer jungen Dame ist bis in die kleinsten Einzel⸗ heiten hinein empfindungsvoll behandelt und es wirkt dabei doch nicht erkünstelt. starkem Grade für ein bedeutender Künstler hälte Maler werden können, wenn er e. 2. verfehlte „Luther“ und für den Mangel an straffer Zucht sind zw unglaublich sorglos aus dem Handgelenk hingesetzte Eesneet bee Ko eines Kindes und ein sitzender nackter Mann, uberzeugende Beweisstücke. Und wie wenig geschmackvoll ist die Malerei, die billige Eleganz in der Auf⸗ machung seines Herrenporträts! hier die meisterhaft gemalte Winterlandschaft, in der das Treiben des Schnees und das umuhige Durcheinander des Geflügels zu einem schönen Bilde zusammengefaßt worden dorf muß man wieder achtungsvoll erwähnen. bildern, die draußen in kargen freien Stunden geschaffen worden sind, ist zwar kein einzelnes hervorragendes Werk, in ihrer Gesamthelt wirken aber diese Schöpfungen, aus denen ein so starkes Gefühl für vir 18g spricht und in denen Berge und brausende Flüsse, allende großen Harmonse vereinigen, entschieden kraftvoll und eigenartig. Hoffentlich kommt Heckendorf bald von seiner bunten 1n S” Farbe los und wird in dieser Beziehung reicher und sinnlicher. Vier große Wandbilder von Jaeckel haben es in der sonst so sanften und netten Umgebung nicht schwer, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, und es geht von ihnen eine starke Wirkung aus. Trotzdem kann man sich noch nicht unbedingt zu thnen bekennen. Die fenoß

Nr. 55, 59, 113 und] wirken kulissenhaft und für die Darstellung der Dinge und Menschen

schiedener Einheiten und eine serbische Truppenabteilung.

Kristiania, 11. Oktober. (W. T. B.) Der nor⸗ Rehai che Dampfer „Birk“ ist im Mittelmeer auf der Reise nach Marseille torpediert worden. Die Besaßung ist gerettet. Von Vardö erhielt „Tidens Tegn“ die Nachricht, daß der englische Dampfer „Astoria“ (4262 t) 40 See⸗ meilen außerhalb von Nordkyn am 9. Oktober um 7 Uhr Morgens von einem U⸗Boot versenkt und die aus 16 Mann bestehende Besatzung gelandet worden sei.

Wien, 11. Oktober. (W. T. B.) Amtlich wird ge⸗ meldet: Am 10. d. M. Abends hat eines unserer Seeflug⸗ zeuggeschwader die militärischen Objekte von Monfal cone und Staranzano erfolgreich mit Bomben be⸗ leght. In der Nacht vom 10. auf den 11. laufenden Monats griff ein Seeflugzeuggeschwader die Hafenanlagen, die Hangars und die Batterien von PVlora sowie die dort befindlichen feindlichen Schiffe mit bestem Erfolge an. Starke, noch lange sichtbare Brände in der Stadt und der Brand eines Oeltanks wurden beobachtet. Alle Flugzeuge sind von diesen Unternehmungen trotz heftigsten Abwehrfeuers unversehrt nach ihren Basisstationen zurückgekehrt.

Flottenkommando.

2 2

Nr. 40 der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ vom 4. Oktober 1916 he1sheahen Inhalt: Personalnachrichten. Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten. Gesetzgebung usw. (Preußen.) Aerzte,, Zahn⸗ ärzte, Apothekerkammern. Fleischversorgung, Massenspeisung. Früchte des Weißdorns. Tierkörper und Schlachtabfälle. Rot⸗ laufimpfung. Kakaopulver, Kakaoschalen. (Vereinigte Staaten von Amerika.) Nahrungs⸗ und Genußmittel. Zeitweilige Maß⸗ regeln gegen Tierseuchen. (Preuß. Reg.⸗Bez. Magdeburg.) Ver⸗ mischtes. (Deutsches Reich.) Erkrankungen und Todesfälle in Krankenhäusern einiger Großstädte 1915. Aerztliche Schweigepflicht in Angelegenheiten der Arbeiterversicherung. Wochentabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. 8 lei en in rögenen. Sts n ges B 8 Erkrankungen

ankenhäusern deutscher Gro e. Deszgleichen in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. Witterung. eecc

Kunst und Wissenschaft.

29. Ausstellung der Berliner Sezession.

Ein Markstein in der Geschichte der neueren Berliner Kunst ist die Ausstellung der Corinth⸗Gruppe gerade nicht. Es darf ja wohl angenommen werden, daß die Künstler die besten Leistungen des letzten Jahres eingesandt haben, und da muß man feststellen: Der Ertrag des Jahres ist herzlich unbedeutend. Man schiebe die

igt, daß die Künstler, unberührt künstlerischen Pro⸗ nachgegangen sind, daß man mit Feinden geradezu den Beweis dafür

unserer Zeit, ihren

Nein,

schöpferkraft der Künstler eingewirkt haben mag. Die Ursache liegt auf

Sie verfügt als „Rumpf“⸗ enn sich die

Die Bilder von Lesser⸗Ury,

würden aus dem Rahmen u Alfred dessen lodernde Sonnenlandschaften bisher in der

Das Ergebnis? Seine Gemälde gehören zu

Das gleiche gilt auch

Es veilohnt sich nicht,

bekannteren Künstler der Sezession einzugehen und

werden, daß Spiro gefällig und geschickt wie daß die bunten und harten Landschaften Francks leider nicht das halten, was seine

Es sei nur

emander ab⸗

beiden Bildnisse von Leo von König sind

Lovis Korinths Gemälde fordern in gleich Anerkennung und Widerspruch heraus. Was aus diesem hochbegabten

1 Selbstkritik, Disziplin und Für den Mangel an Selbstkritik ist der 1es e

f

Für seine reiche Begabung aber zeugt

sind. Den jungen Hecken⸗ Unter seinen Kriegs⸗

Wolken und dahinziehende Menschen sich zu einer

chaftlichen Teile

hat sich Jaeckel eine ee se Se zurechtgemacht, die er immer wiederholt und für die er stets die gleichen belanglosen Farben wählt. Rückhaltslos anerkennen muß man die sichere Kraft, die bei der Bewältigung so großer Bildflächen an keiner Stelle nachläßt, und eine gewisse Größe der Anschauung, die am eindringlichsten in dem Bilde mit der an El Greco erinnernden Stadt auf einem Berge zur Geltung kommt.

Unter den Bildwerken findet man zumeist anständiges Mittel⸗ gut. Georg Leschnitzers Georg Hermann⸗Büste, die lebensecht wirkt und in der zugleich das Wesen des Dargestellten eine starke künst⸗ lerische Formulierung fand, ragt über den Durchschnitt hinaus. Lederers Heine⸗Denkmal für Hamburg ist im Grunde eine hübsche, kunstgewerblich ausgefeilte Statuette, die ins Riesenmaß vergrößert worden ist und deren feine spielerische Formen in diesem Ausmaß leer erscheinen. Metzner drückt in seinem Rüdiger⸗Denkmal Wucht und Kraft aus, aber an diese gespreizte Kraft glaubt man nicht und die wuchtige Gebärde wirkt theatralisch.

Theater und Mufik.

Im Königlichen Opernhause wird morgen als dritter Tag von Richard Wagners „Ring des Nibelungen“ „Götter⸗ dämmerung“ mit Walter Kirchhoff als Sie gtied aufgeführt. Dirigent ist der Generalmusikdirektor Blech. 8” Vorstellung be⸗ ginnt um 6 ½ Uhr.

Im Königlichen Schauspielhause geht morgen zum ersten Male die Neubearbeitung des Schwanks „Jahrmarkt in Pulsnitz“ von Walter Harlan in Szene. Beschäftigt sind darin die Damen Arn⸗ städt, Durieux, Heisler und von Mayburg, die Herren Boettcher, von René und Vespermann. Spfelleiter ist der Ober⸗ regisseur Patry.

1 Der Königliche Hof⸗ und Domchor veranstaltet am 18. Oktober im Dom ein Konzert unter Mitwirkung des Blüthnerorchesters. Aufgeführt werden das Deutsche Requiem für Chor, Soli und Orchester sowie Fest⸗ und Gedenksprüche für acht⸗ stimmigen gemischten Chor a cappella von Johannes Brahms. Das Sopransolo singt Fräulein E. Waldmann, das Baritonsolo Herr Sistermans.

Das I. Konzert der Gesellschaft der Musikfreunde findet am Donnerstag, den 26. Oktober, Abends 8 Uhr, im großen Saal der Philharmonie mit dem Philharmonischen Orchester

Franz von Veesey. Mannigfaltiges.

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin besuchte, „W. T. B.“ zufolge, gestern nachmittag in Lehnin das Betontsen haus Luise Henrietten⸗Stift und die dort untergebrachten Ver⸗ wundeten. Gestern morgen war Ihre Majestät in der Volks⸗ speisung in Potsdam, wo Allerhöchstdieselbe auch bei der Suppenverteilung half.

Danzig, 11. Oktober. (W. T. B.) Ein Orkan von seltener Heftigkeit mit Hagelböen suchte heute Danzig heim. ge der Kaserne des Telegraphenbataillons an der Chaussee Lanafuhr⸗ Brösen stürzte die kurz vorher mit Soldaten gefüllt gewesene Reit⸗ halle wie ein Kartenhaus zusammen. Von außenstehenden Landsturm⸗ benten, wurde ein Mann getötet, drei schwer und einer leicht

tletzt.

Vlisffingen, 10. Oktober. (W. T. B.) Heute sind mit d Postdampfer aus England etwa 50 .B,de für Heutsch⸗ 8 und zwar Zivilinternierte, Frauen und Kinder, an⸗

kkommen.

Kopenhagen, 11. Oktober. (W. T. B.) Einem Telegramm des Gouverneurs der dänischen Antillen zufolge suchte ein Orkan St. Thomas und St. Croix heim; von St. Jean ist bisher keine Nachricht eingetroffen. Die erbetene dringende Hilfe vom Mutterlande wurde telegraphisch versprochen.

Vardz;, 12. Oktober. (W. T. B.) Nach einer Meldung des „Ritzauschen Bureaus“ ist das Leiegearkenamt in I“ niedergebrannt. Es wurde durch einen Feldtelegraphen

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.) 8

Theater.

Scgansgirde Freitag: Opernhaus. 215. Abonne⸗ nentsvorstellung. sienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Der Ring des Nibelungen. Bühnenfestspiel von Richard Wagner. Dritter Tag: Götterdämmerung in drei Akten und einem Vor⸗ iie eoctor Wrh Weaqner., wrchtghseh⸗ Fleisng; Herr General⸗ 1 r Blech. Regie: Herr Regisseur 2 8 öre: Her Professor Rüdel. Anfsnn 6 ½ Uhr. u.“ Schauspielhaus. 221. Abonnementsvorstellung. Dienst⸗ und Frei⸗ plätze sind aufgehoben. Zum ersten Male: Jahrmarkt in Pulsnitz. Ein Schwank in drei Akten von Walter Harlan. In Szene gesetzt von Herrn Oberregisseur Patry. Anfang 7 ½ Uhr. Sonnabend: Opernhaus. 216. Abonnementsvorstellung. Carmen. e e Text von Henry Meilhac alévy nach ein b vnc Luhvie einer Novelle des Prosper Merimée. Schauspielhaus. 222. Abonnementsvorstellung. Egmont.

Trauerspiel in fünf Aufzügen von Goethe. 2 9 f Aufzüg oethe. Musik von Beethoven.

Familiennachrichten.

Verlobt: Frl. Erika von Heydebreck mit Hrn. iv

Dr. Heinrich Schloessmann Aaelrfchn.g prn,)2 IE“ Verehelicht: Hr. Paulfriedrich von Wiedebach und Nostitz⸗Jänken⸗

dorf mit Frl. Asta von Löbbecke (Schloß Mahlen). Sohn: Hrn. Major Curt Krahmer (Danzig⸗ Gestorben: Hr. Pastor em. Maximilian Wieszner (Bad Salz⸗ brunn). Hr. Bürgermeister Friedrich Stoppe (Pitschen O. S.). Dporothee Freifr. von Türcke, geb. Fretin von Zedlitz und Nerc Retenn) . Fr. earss ö geb. beein te (Hirschberg i. —.). Fr. E von Klein, geb. von Huhn (Graudenz, z. 8 Hauhtznann

Verantwortlicher Redakteur: Direktor Dr. Tyrol in Charlottenburg⸗ Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Expedition, J. V.: Rechnungsrat Reyher in Berlin. Verlag der Expedition (J. V.: Reyher) in Berlin. ruck der Norddeutschen Buchdruckerei und2 18 Berrlin, Wilhelmstraße 32.

Vier Beilagen 1

sowie die 1203. u. 1204. nusgabe der Deutschen Verlustlisten. 1166“

Dr. Pl.

unter der Leitung von Professor Ernst Wendel statt. Solist ist

wohltätigkeit ist nicht dazu da, Unternehmungen oder

hindert werden, damit volles nehmungen eintritt.

eichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

Berlin, Donnerstag, den 12. Oktober

1916.

Deutscher Reichstag. 64. Sitzung vom 11. Oktober 1916, Vormittags 11 Uhr.

Ueber den Beginn der Sitzung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Es folgt die erste Beratung des Gesetzent⸗ wurfs zum Schutze der Bezeichnungen „Na⸗ tionalstiftung⸗ und „Marinestiftung“.

Abg. Giebel (Soz.): Meine Freunde halten eine Kommissions⸗ beratung für notwendig, um sicherzustellen, daß durch dieses Vor⸗ sehen die Pflicht des Reichs, für die Opfer des Krieges in gro zügiger Weise zu serhen, in keiner Weise berührt wird und man nicht etwa die Kriegsfürsorge auf die Privatwohltätigkeit verweist. Wir machen ir Zustimmung zu dem Gesetz von wichtigen Voraussetzungen abhängig. Wenn private Wohltätigkeitsinstitutionen mehr oder minder einen amtlichen Charakter und wichtige Vorrechte erhalten, so müssen die interessierten Volksschichten auch an der Verwaltun beteiligt sein; der Reichstag muß einen Einfluß und eine Kontrolle darüber erhalten. Diese wollen wir in der Kommission behandeln und erhoffen ein Ergebnis, daß auch wir dem Gesetz zustimmen können.

Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. Helfferich:

Meine Herren! Die Besorgnis des Herrn Vorredners, als ob durch dieses Gesetz irgendwie die Verpflichtungen des Reichs gegen⸗ über den Hinterbliebenen und den Kriegsbeschädigten eingeschränkt werden solllen oder könnten, will ich sofort zerstreuen; daran hat selbstverftändlich kein Mensch gedacht. Durch diese Vorlage wird in keiner Weise die Erklärung eingeschränkt oder abgeschwächt, die seitens der verbündeten Regierungen wiederholt abgegeben worden ist wegen einer Ueberprüfung des Gesetzes zugunsten der Kriegshinter⸗ bliebenen und der Kriegsbeschädigten. Es soll den beiden Stiftungen, von denen hier die Rede ist, lediglich ein Namensschutz gewährt werden; das ist der ganze Zweck und Inhalt des Gesetzes. Dieser Namensschutz ist aus den Gründen, die in den Motiven der Vor⸗ lage dargelegt sind, eine Notwendigkeit. Es handelt sich hier, wie gesagt, lediglich um diejenigen Ergänzungen der staatlichen Hilfe für Kriegshinterbliebene und Kriegsbeschädigte, die auf dem Gebiet der privaten freien Wohltätigkeit gewährt werden; die Verpflichtung des Reichs wird und soll dadurch in keiner Weise beschränkt werden.

Abg. Bassermann (nl.): Auch im Kreise meiner Freunde sind Bedenken gegen den Gesetzentwurf im einzelnen bei der Fraktions⸗ beratung geäußert worden. Ich schließe mich daher dem Antrage auf Kommissionsberatung an und beantrage eine Kommission von 21 Mit⸗ gliedern.

Abg. Dr. Arendt (eutsche Fraktion): Ich teile die Befürch⸗ tungen wegen Einschränkung der Reichsfürsorge nicht, aber ich schließe mich dem Antrage auf Kommissionsberatung aus anderen Gründen an. Die Kriegswohltätigkeit wird häufig von Unbefugten ausgenutzt, und die Uebelstände auf diesem Gebiete sind um so beklagenswerter, als jeder opferfreudig alles unterstützt, was für die Kriegsbeschädigten und Hinterbliebenen geschieht. Die Kommission muß darüber be⸗ raten, wie diesen Uebelständen abgeholfen werden kann. Die Kriegs⸗ verkrachten Existenzen Einnahmen zu verschaffen. Der Mißbrauch muß ver⸗ ertrauen zu den Wohltätigkeitsunter⸗

Abg. Henke Cg. Arbeitsgem.): Wir sind gegen den Grund⸗ edanken der ganzen Vorlage nicht nur aus den Gründen des Abg. Giebel, sondern auch aus dem Grunde: wir glauben nicht an die Versicherung des Staatssekretärs, daß der einzige Zweck der Vorlage sei, einen Namensschutz für die Stiftungen zu bieten, sondern wir glauben, daß dieser Schutz nicht unbewußt dazu⸗ herbeigeführt wird, um der späteren vorzuarbeiten und die Hinterbliebenen anstatt auf einen Rechtsanspruch, auf Willkür und Begünstigung zu verweisen. Es ist als eine Ehrenpflicht des Vaterlandes bezeichnet worden, für die Kriegsbeschädigten und die Kriegshinterbliebenen zu sorgen, deshalb müssen wir verhindern, daß man später auf diesen Gesetzentwurf zurückgreift und den Hinterbliebenen und Kriegsbeschä⸗ digten den Rechtsanspruch vorenthält. Es handelt sich hier um eine neue Belastung der Konsumenten auf Umwegen durch eine indirekte Steuer. Wir müssen eine Kontrolle über die Einnahmen und die Verwendung der Einnahmen haben.

Präsident Dr. Kaempf rügt als der Ordnung des Hauses widersprechend, daß der Abg. Henke dem Staatssekvetär vorgeworfen hat, daß er nicht unbewußt etwas anderes bezwecke, als er ausge⸗ sprochen habe.

Abg. Dr. Spahn (Zentr.): Wir teilen die Bedenken des Vor⸗ redners nicht. Warum sollen wir nicht zulassen, was über den Rechts⸗ anspruch hinausgeht und Mißbräuche ausschließt. In der Kom⸗ mission wird versucht werden, jeden Mißbrauch auszuschließen.

Die Vorlage wird an eine Kommission von 21 Mit⸗ gliedern überwiesen.

„Die Vorlage, betreffend Aenderungen des Gerichtskosten⸗ gesetzes, der Gebührenerhöhung für Rechtsanwälte und der Gebührenordnung für Gerichtsvollzieher, geht auf Antrag des Abg. Dr. Spahn (Zentr.) ebenfalls in einen Ausschuß.

„Es folgt der mündliche Bericht des Ausschusses für den Reichshaushalt über auswärtige Polit ik usw. Be⸗ richterstatter ist Abg. Bassermann. Der Ausschußantrag geht dahin: „Der Reichstag wolle beschließen: Der Reichstag ermächtigt den Ausschuß für den Reichshaushalt, zur Be⸗ ratung von Angelegenheiten der auswärtigen Politik und des Krieges während der Vertagung zusammenzutreten.“ Berichterstatter, 58 Bassermann (nl.): Die Beratungen Ihres Ausschusses über die auswärtige Politik trugen einen vertrau⸗ lichen Charakter. Ihr Referent ist infolgedessen nicht in der Lage, über die Einzelheiten unserer viele Tage in Anspruch nehmenden Ver⸗ handlungen hier zu berichten. Ich darf nur feststellen, daß alle ffrsgen, die für die Beurteilung der gegenwärtigen Lage wesentlich ind, in eingehenden Beratungen im Ausschuß besprochen und gewürdigt wurden, vor allem auch die Besprechung der Kriegslage. Hier darf ich wohl sagen, daß der allgemeine Eindruck der war, daß dieselbe als eine allseitig befriedigende und hoffnungsvolle bezeichnet werden kann. Der Ausschuß besprach die Lage der Dinge im feindlichen Aus⸗ land; er würdigte eingehend die Entwicklung der Politik in Rumänien, kritisch beleuchtend Haltung und Tätigkeit unserer Diplomatie vor dem Weltkrieg und während des Weltkrieges bis zur Kriegserklärung und sum, Krieg mit Rumänien. Dabei wurde eingehend gewürdigt dle Politik des Ministerpräsidenten Bratianu, die auf Täuschung berechnet

*) Ohne Gewähr, mit Ausnahme der Reden der Minister und Staatssekretäͤre.

war, die Politik des Königs; es wurden besprochen die wirtschaftlichen Verträge, die wir während des Weltkrieges vor dem Kriegsausbruch mit Rumänien abzuschließen in der Lage waren, und endlich eingehend diejenigen Ereignisse und Faktoren, die zum Kriege mit Rumänien eführt haben. Wir haben in der Kameri sion weiterhin besprochen die Beziehungen des Deutschen Reiches und die Lage der Dinge in den neutralen Staaten, vor allem in Griechenland, das ja heute in schwerster Krisis sich befindet. Es wurden hier eingehend besprochen alle Erdrosselungsmaßregeln, die von der Entente, vor allem von England, gegenüber den neutralen Staaten, in erster Reihe wieder gegen Griechenland, angewendet wurden. Die bewunderungswerte Phetan des Königs von Griechenland, der sich gegen die Gewalttätig⸗ eit unserer Feinde wehrt und bemüht ist, die Neatratät auch in den schlimmsten Verhältnissen aufrecht zu erhalten, fand volle sympathische Würdigung in der Kommission; in der Tat ein bewundernswerter Widerstand gegen eine so starke Uebermacht, gegen alle diese Treibereien, die in ihren Ferestelesen dahin abzielen, nicht nur die Monarchie zu erschüttern, sondern auch eine völlige Anarchie im Lande herbei⸗ zuführen. Wir haben bei unseren Beratungen die Gründe besprochen, die zur Führung eines griechischen Armeekorps nach Görlitz geführt haben; auch hierüber sind die notwendigen Aufklärungen durch die Regierung und ihre Vertreter gegeben worden. Der Hauptausschuß hat sich auch mit der Frage der Kriegsmittel in eingehenden, sorg⸗ fältigen Beratungen befaßt. Unter diesen Fragen mußte naturgemäß die Unterseebootfrage und der Unterseebootkrieg im Vordergrunde des F auch Ihres Ausschusses stehen, und sie hat dort zu den ein⸗ gehendsten Verhandlungen Veranlassung gegeben. Ich darf Ihnen, soweit es diese Frage angeht, eine? eststellung vorlesen; der Ausschuß hat angesichts der Wichtigkeit der Fragen den mündlichen Bericht ervade über die U⸗Bootfrage im Wortlaut festgestellt: In eingehenden Beratungen hat Ihr Ausschuß sich mit der Frage des U⸗Bootkrieges befaßt. An denselben haben sich Mitglieder aller Fraktionen und die Vertreter der verbündeten Regierungen beteiligt. Alle marinetechnischen, militärischen, wirtschaftlichen und politischen Gesichtspunkte wurden gründlichst geprüft und gewürdigt. Die Ausführungen standen unter dem Eindruck der hohen Bedeutung der Angelegenheit und waren all⸗ seitig getragen von rein sachlichen Erwägungen und dem Bestreben, den vaterländischen Interessen zu dienen. Eine Einigung war im Ausschuß nicht zu erzielen; er verzichtete auf eine Beschlußfassung. Für die Verhandlungen im Reichstage empfiehlt der Ausschuß, von einer Be⸗ sprechung des U⸗Bootkrieges abzusehen, in der Erwägung, daß eine ein⸗ gehende Behandlung der marinetechnischen, militärischen, wirtschaftlichen und politischen Gesichtspunkte im einzelnen ohne Schädigung der vater⸗ ländischen Interessen nicht möglich ist, daß andererseits aber ohne eine erschöpfende Verhandlung der Sache eine volle Aufklärung nicht erzielt werden kann. Diese Empfehlung für die Art der Verhandlungen er⸗ folgte im Wege der Abstimmung mit 24 gegen 4 Stimmen im Aus⸗ schuß. Bei seinen Beratungen war der usschuß erfüllt von den Gefühlen der Bewunderung und Dankbarkeit für unser Heer. und unsere Flotte, der Anerkennung ihrer unter hervorragender Leitung errungenen Erfolge, und sieht der weiteren Entwicklung mit vollem Vertrauen entgegen. Die Ergebnisse der neuen Kriegsanleihe sind ein erneuter Beweis dafür, daß das deutsche Volk in seiner Zuversicht auf den endgültigen Sieg in diesem unseren Verteidigungskriege einig zusammenhält. 1 Abg. Dr. Spahn. (entr.): Namens des ganzen Reichstages darf ich aussprechen, daß wir in der der Leistungen unserer Truppen und der unserer Verbündeten dem Reichskanzler aus vollem Herzen zustimmen. Der Reichskanzler sprach von der erfolg⸗ reichen Abwehr aller feindlichen Angriffe und von der Durchkreuzung der feindlichen Absichten auf allen Fronten. Seit seinen Worten vom 28. September haben sich unsere Truppen in dem mit Blut über⸗ schwemmten Gelände an der Somme, in Wolhynien, Mazedonien usw.

glänzend bewährt. Die moralische Stärke unserer Truppen, ihr Ver⸗

krauen auf den Sieg ist unerschüttert. Unsere Gegner werden schließ⸗ lich die 5 ö“ ihrer fortwährenden Anstürme einsehen müssen. Gewiß ist der Krieg schwer. Unschätzbare und unersetzbare körperliche und geistige Kräfte werden zerstört, wenn auch unsere Verluste geringer sind als die unserer Feinde. Wir werden siegen und durchhalten, nicht nur nach außen, sondern auch in unserem Wirtschaftskampf daheim. In der Kommissionsberatung ist eingehend dargelegt worden, daß wir ausreichenden Ersatz zur Ergänzung unserer militärischen räfte be⸗ sitzen, 888 unsere Waffen⸗ und Munitionsindustrie auch für den stärtsten Bedarf gerüstet ist, daß uns die Rohstoffergänzung in vollem Maße zur Verfügung steht. Der Erfolg unserer letzten Kriegsanleihe beweist die Festigkeit unseres Wirtschaftslebens. Gewiß müssen wir uns außerordentliche Beschränkumgen auferlegen. Die Lebensmittelpreise sind vielfach übermäßig hoch, aber das alles kann uns nicht hindern, unsere Pflicht gegen Volk und Vaterland zu erfüllen. Es wird viel vom Frieden gesprochen, zu einem Friedensvertrag gehören jedoch auch unsere Gegner, und diese haben bis jet eine Neigung zum Friedens⸗ schluß nicht zu erkennen gegeben. Der Reichskanzler hat die Situation als ernst und schwer bezeichnet, aber er konnte hinzufügen, daß Generalfeldmarschall von Hindenburg die Kriegslage durchaus ver⸗ trauensvoll beurteilt. Dabei sollte sich das deutsche Volk beruhigen, und es sollte nicht durch künstlich hervorgerufene Unruhen aufgeregt werden, die keine positive Unterlage haben. England hat der Reichs⸗ kanzler als den selbstsüchtigsten, hartnäckigsten und erbittertsten Feind bezeichnet; England ist auch der berechnendste Feind. Nach napoleo⸗ nischer Taktik ist es die vornehmste Aufgabe des Schlachtenlenkers, das feindliche Feldherrnzelt zu erobern. Wir müssen alles einsetzen, was geeignet ist, dieses Feldherrnzelt zu erobern; es steht bei⸗ England. Es ist auch viel von unseren Beiehungen zu den auße reuropätschen Ländern, namentlich zu Nordamerika, in der Kommission gesprochen worden. Für unser Verhältnis zum Auslande dürfen nicht Antipathien und Sympathien maßgebend sein, sondern unsere eigenen Interessen. Ueber die U⸗Bootfrage uns weitere Mitteilungen zu machen, müssen wir dem Reichskanzler überlassen, wenn er den Zeitpunkt für gegeben ex⸗ achtet. Die Ausführungen des Reichskanzlers über Italien möchte ich in einem Punkte ergänzen. Man kann an der Beschlagnahme des Palazzo. Venezia nicht stillschweigend vorübergehen. Oesterreich hat gegen diese Beschlagnahme protestiert, und die italienische Zensur hat die Publikation dieses Protestes verboten. Die Beschlagnahme dieses Palastes ist eine Verletzung des Garantie esetzes, welches dem Päpstlichen Stuhle die Vertretung der Katholiken durch Gesandte gewahrleistet, es ist eine Feindseligkeit gegen den Heiligen Stuhl. Der Reichskanzler hat in seiner Rede auch die innerpolitische Frage gestreift. Er hat sich über die Frage der Neuorientierung nicht so deutlich ausgesprochen, daß wir uns damit positiv beschäftigen können. Er hat den einen Satz ausgesprochen: Freie Bahn jedem Tüchtigen. Ich möchte ihn daran erinnern, daß bei der Besetzung von Ver⸗ waltungsstellen usw. bisher nicht immer die gebührende Rücksicht auf die Katholiken genommen worden ist. Wir würden es begrüßen, wenn das in Zukunft anders würde; denn es muß der Grundsatz auch für uns gelten: Einigkeit macht stark.

Abg. Scheidemann (Soz.): Seitdem der Reichskanzler am 28. September gesprochen hat, haben das Deutsche Volk und seine Ferbündeten auf den Schlachtfeldern wieder neue Proben ihrer un⸗ verwüstlichen Lebenskraft gegeben. Auch über die Wirkungen des Eintritts Rumäniens in den Krieg haben⸗ sich unsere Gegner ge⸗ täuscht. Die Kriegsstimmungen mwechseln ja hüben wie drüben. Geht es gut, dann revidiert man mit dem Bleistift die Landkarte und zieht neue Grenzen, geht es weniger gut, dann läuft man aufgeregt umher

und fragt, was man tun soll, um das Vaterland schnell wieder auf die Beine zu bringen. Gegenüber dem Ansturm eines 211b Fanatismus gilt es, gute Nerven zu behalten. Im Völkerleben spielt nicht der Krieg die letzte Rolle, nicht die brutale Gewalt; Streitig⸗ keiten müssen durch inkernationale Verträge geschlichtet werden, wobei allerdings Vertragstreue, auf beiden Seiten vorhanden sein muß. Wir meinen, daß der Politiker die Kriegführung bestimmen muß, daß er seine Politik nicht von dem ö bestimmen lassen darf, daß er seinen Kurs nicht durch eine Richtung bestimmen läßt, die er nicht für die richtige hält. Auf der gegnerischen Seite wird die Stimmung durch hochgespannte Hoffnungen gestützt, wir wollen hoffen, daß eine Ernüchterung kommt, und daß auf beiden Seiten die Vernunft siegt. Wir betrachten es als unsere Aufgabe, hierzu nach Kräften beizutragen. Dieser Krieg wird von uns, selbst wenn er als Eroberungskrieg gewollt wäre, in Wirklichkeit nur als Verteidigungs⸗ krieg geführt. Der Schutz des Vaterlandes ist das Höchstmaß, aber auch das Mindestmaß dessen, was erreicht werden muß, wenn wir nicht einem dunklen Schicksale erliegen sollen. Von wahnsinnigen Plänen ist bei uns erfreulicherweise nicht mehr die Rede und kann nie wieder die Rede sein. Das Vertrauen unseres Volkes hat in dieser schwersten Prüfung in keinem Augenblick geschwankt. Wenn gesagt worden ist, daß der Reichskanzler bei dem Willen unserer Gegner, bis zum Ende den Krieg zu führen, nicht von Frieden sprechen könne, so sage ich, wir können es, das deutsche Volk, alle deutschen Sozialisten können es tun, ebenso aber auch die Franzosen, Engländer und Russen. Alle Völker werden sich durch die Vorspiegelungen gewisser Kreise nicht beirren lassen. Wollen die Franzosen etwa Millionen opfern, um ihr Land zu entvölkern und mit Deutschen zu bevölkern? Was fran⸗ zösisch ist, soll französisch bleiben, was belgisch ist, belgisch, und was deutsch ist, deutsch bleiben. Auf dieser Grundlage muß der kommende Friede geschlossen werden. Wir gehen zunächst noch schweren Zeiten entgegen. Not herrscht im Lande, aber nicht nur bei uns; die englischen Marktberichte reden eine, deutliche Sprache. Auch aus Frankreich hören wir die ergreifendsten Klagen, und in Italien litt man ja schon im tiefen Frieden Hunger. In der Lebensmittelversorgung sind schwere Fehler gemacht worden. Der schwerste darin, daß man dem Volke von vornherein nicht die ganze Wahrheit gesagt hat. Immer hieß es, es ist alles da; es kann gar nicht alles da sein, man hat alles auf die Organisation geschoben. Allerdings ist ungenügend von oben einge griffen worden. Wie schlimm es steht, zeigen die Erscheinungen au dem Kartoffelmarkt. Ich bitte die Regierung auf das dringendste, alles zu tun, was möglich ist, um die ungerechterweise als Höchst⸗ preise bezeichneten Mindestpreise für eine ganze Anzahl von Artikeln so zu regeln, daß sie nicht als eine direkte Liebesgabe erscheinen. Es muß vor allen Dingen planmäßig produziert werden, dann können die Lebensmittel auch planmäßig verteilt werden. Die Brotregelung hat sich ja glänzend bewährt. Den Bedürftigen muß durch Reichsmitteln geholfen werden. Die Zensur und der Belagerungszustand sind voll⸗ kommen zusammengebrochen; entschieden muß dagegen protestiert werden, daß gegen die extreme Linke von den extremen Mitteln ein verschwenderischer Gebrauch gemacht wird. Besonders bedenklich ist die Inschutzhaftnahme des Schriftstellers Mehring. Dieser hat sich in der „Leipziger Volkszeitung“ gegen einen Frieden um jeden Preis ausgesprochen. Ein deutscher Zivilist darf doch nicht schlechter be⸗ handelt werden als ein französischer Offizier. Selbstverständlich, was einem recht ist, muß dem anderen billig sein. In einem Briefe eines Admirals an den Fürsten zu Salm⸗Horstmar ist zu lesen, daß de Reichskanzler den Sieg Deutschlands verhindern wolle, und zwar be wußt, der Krieg könnte lange beendet sein, wenn nicht der Kanzler usw. Ganz ähnlich hat sich übrigens der Abg. Wildgrube, der jetzt als konser vativer Kandidat in Oschatz aufgestellt ist, geäußert. Diese Vorwürfe gehen so weit, die persönliche Ehrenhaftigkeit des Kanzlers in Zweifel zu ziehen. Wie ein roter Faden zieht sich durch diese Wühlarbeit gegen den Reichskanzler die Furcht vor der heraufsteigenden Demo⸗ kratie; der wütende Haß gegen ihn ist gar nicht auf den Krieg, sondern auf die in Aussicht gestellte „Neuorientierung“ zurückzuführen, gegen die schon im August 1914 die Kanzlerfronde eine Kriegserklärung er⸗ ließ. Im „Junius Alter“ findet man denselben Gedankengang wieder. Der Fürst zu Salm⸗Horstmar schreibt direkt an den Kaiser man müsse die Gefahr einer Schattenmonarchie vom deutschen Kaisertum abwenden, diese müsse kommen, wenn die parlamentarische Regierungs⸗ form ihren Einzug bei uns halte. Das sind die „Patrioten“! Diese dünne Gesellschaftsschicht maßt sich an, in dieser so schicksalsschweren Zeit die Geschicke Deutschlands allein zu bestimmen. Daraus kann sich nur ein innerpolitisches Chaos, eine wüste Ochlokratie entwickeln Dahin gehört auch der mehr komisch wirkende „Ausschuß zur rasche Niederwerfung Englands“. Gegen das unverantwortliche Treiben dieser Kreise muß Ordnung, wjrkliche Ordnung geschaffen werden. Die muß der Reichstag, die wirgliche deutsche Volksvertretung, herbeiführen. Jene Kreise führen nur den Klassenkampf von oben. Möge man diesen Kanzler stürzen, wenn man es kann, aber der Streit muß hier, in der Volksvertretung, in aller Oeffentlichkeit entschieden werden, nicht in den Kellern, wo die geheimen Schriften gedruckt werden. Die Zeit der mittleren Linie ist vorbei, Zickzackkurs ist gefährlich. Jetzt geht's auf Tod und Leben, und darum wünschen wir uns eine Regierung, welche alle Kräfte der Verteidigung organisiert und zugleich unablässi auf den Frieden hinarbeitet. Das Volk muß in dem Vertrauen gefestigt werden, daß es für seine eigene Sache kämpft und für nichts anderes. Zwingt uns die Not, mit dem Brot sparsam umzugehen, so zwingt uns die Not, nicht mit Rechten zu geizen. Hier kann man freigibig sein, wenn nur der gute Wille vorhanden ist. Eine solche Regierung würde Deutschland bald einen ehrenvollen Frieden sichern Darum Aufhebung der Zensur und des Belagerungszustandes, Frei⸗ lassung aller in Schutzhaft befindlichen Deutschen, Schaffung eines verantwortlichen Reichsministeriums, Sicherung des Grundsatzes, daß der Reichskanzler sich in Uebereinstimmung mit dem Reichstage be⸗ finden muß. Einer solchen wirklichen Volksregierung gegenüber würde das Ausland bald erkennen, daß das deutsche Volk bereit ist, einen ehrenvollen Frieden zu schließen, aber auch seine frühere Stellung bis zum letzten Blutstropfen zu verteidigen. Raffen Sie sich auf und eben Sie dem Volke das Vertrauen, das es verdient. Wenn je ein Volk Vertrauen verdiente, das deutsche Volk hat es verdient. Beschä men Sie England und Amerika, indem Sie mitten im Kriege dem deutschen Volke Rechte geben. Das Deutsche Reich ist stark genug, ihm jede Freiheit zu geben bis zum Mißbrauch, aber es wird sie nicht mißbrauchen. Das deutsche Volk ist im höchsten Maße opferfähig. Oeffnen Sie seine verborgensten Schatzkammern und holen Sie das Höchste und Letzte heraus, das in ihm lebt. Dann werden Sie Ihre Pflicht zur Verteidigung des Vaterlandes ganz getan haben. Wi haben uns hier jahrzehntelang einander bekämpft und verstehen un vielleicht auch jetzt nicht ganz. Was wir aber als Volksvertrete fordern, ist nur unsere Pflicht. Wir leben in der Zeit großer Ent scheidungen und tiefgreifender Veränderungen, lassen Sie deshalb die Bitte von heute nicht die Anklage von morgen werden. Ein Volk, ein Ziel: Frieden und Freiheit! 1 Abg. Bassermann (nl.): Aus der Rede des Reichskanzlers vom 28. September hat das Ausland herauslesen wollen, daß der Reichskanzler einsehe, daß Deutschland geschlagen sei und seine Landsleute darauf vorbereiten wolle, daß es sich für Deutschland nur darum handle, seine Existenz zu retten. Eine solche Deutung steh weder mit dem Wortlaut, noch mit dem Sinn der Rede im Einklang. Die Franzosen feiern Verdun als ihren Sieg und täuschen sich hinwe über ihre enormen Verluste und über die Tatsache, daß’ sie den größten