1916 / 254 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 27 Oct 1916 18:00:01 GMT) scan diff

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entschieden haben. Staatssekretär Dr. Helfferich hat den konserpa⸗ tiven Antrag außerordentlich befürwortet. Die Konservativen haben in dem Ausschußantrag den Anfang zum parlamentarischen System gesehen, und dieses scheuen sie. Diese Herren wissen ja ihren Ein⸗ fluß ganz anders geltend zu machen. Der konservative Antrag ist außerordentlich besorgt darum, daß ja nicht die Rechte der Regie⸗ rung zu kurz kommen. Das ist nicht die Aufgabe des Reichstags; ver hat nur Anaß, seine. Wünsche geltend zu machen, und es wird Sache der Regierung sein, die nötigen Maßnahmen zu treffen, die durch die Verfassung geboten sind. Wir haben die Aeußerungen der heiden Staatssekretäre gehört. Eine besonders freudige Begeisterung für den Wunsch des Reichstages habe ich nicht herausgehört. Das ist die Regierung, die mit so vielen großen Worten eine Neu⸗ oörientierung versprochen hat. Die Aeußerungen klangen doch recht dürftig und zurückhaltend. Man war ängstlich bedacht, daß ja nicht ein Tipfelchen des i von den Rechten der Regierung gestrichen werde. Im übrigen begrüßen wir es, daß die Regierung sich nicht vollständig ablehnend gegenüber diesen Anträgen verhält. Wir sind allerdings der Ueberzeugung, daß diesem ersten Schritt unbedingt größere und energischere Schritte zur Stärkung des Einflusses des Reichstages folgen müssen. Wir halten es für einen unveräußerlichen Anspruch der deutschen Volksvertretung, mitbestimmend, mitratend und mit⸗ entscheidend in Fragen der auswärtigen Politik tätig zu sein. Wenn ieser Wunsch erfüllt wird, so wird das nur zum Heile und Nutzen sein für das deutsche Volk und für seine Stellung in der Welt, für unsere Zukunft. Abg. Haußmann (fortschr. Volksp.): Der Anteil des Par⸗ laments an der auswärtigen Politik war bisher nur ein rudimentärer,

und es war vielfach Tradition geworden, sich möglichst zurückzuhalten.

Die jetzt vorliegenden Anträge bringen zum Ausdruck, daß es als eine Notwendigkeit empfunden wird, daß das Parlament einen stärkeren An⸗ teil und eine stärkere Kontrolle, eine intensivere Mitarbeit ausübt Meine Partei hat bereits am 11. Dezember 1913 hier die An⸗ regung gegeben, ob es nicht zu überlegen sei, eine besondere Kom⸗ mission damit zu betrauen, die auswärtige Politik ständig im Auge zu⸗ behalten; das hätte den Vorteil größerer Vertraulichkeit und würde auch eine größere Mitwirkung des Parlaments mit der Regierung herbeiführen. Was jetzt von allen Seiten gefordert wird, bewegt sich in dieser Richtung. Der Hauptwert der Anträge ist ein grundsätz licher und symptomatischer; sie sind aber auch nicht ohne praktische Bedeutung, wenn sie fruchtbar gehandhabt werden. Das neu zu chaffende Organ soll nicht überschätzt, es muß aber auch nicht unter⸗ schätzt werden. Die ganze Bevölkerung empfindet die Verantwort⸗ lichkeit der Regierung und die eigene Verantwortlichkeit und damit auch die Verantwortlichkeit der Volksvertretung in der Entwicklung der auswärtigen Angelegenheiten in einem verstärkten Maße. Es ist er⸗ freulich, daß auch die konservative Partei einen eigenen Antrag ein⸗ gebracht hat, welcher sich mit einigen Einschränkungen grundsätzlich auf diesen Boden stellt. Es soll aber nicht die Meinung sein, als ob es sich hier um eine Erweiterung des Parlamentsrechts als Selbst⸗ weck handelte, es soll nicht die Meinung aufkommen, daß es sich hier eigentlich um etwas anderes handelte als um die Ausübung schon bisher bestehender Befugnisse, von denen nur fahrlässigerweise kein genügend starker Gebrauch gemacht worden ist. Es soll auch nicht die kKeinung sein, daß ein Eingriff in die Aufgaben der Verwaltung be⸗ bsichtigt sei. Es soll die ganze Leitung und Verantwortlichkeit, die aanze Initiative auf diesem außerordentlich schwierigen und heiklen Gebiet bei der Regierung und beim Auswärtigen Amt bleiben. Ihre Vorsicht soll nicht beeinträchtigt werden. Insbesondere soll das Parlament keine Verantwortung auf sich selbst nehmen und keine Art von Einmischung durch diese Form der Information. Wir wollen uns auf Grund der Information durch die Regierung ein Urteil bilden. Wir hätten auch gewünscht, daß die Herren Vertreter der Regierung eine etwas wärmere Antwort erteilt hätten. Ich will gaber nicht überhören, daß der Vertreter des Auswärtigen Amts sein Einverständnis mit dem Grundgedanken prinzipiell ausgesprochen hat, und daß auch die staatsrechtlichen Ausführungen des Staatssekretärs des Reichsamts des Innern in Uebereinstimmung waren mit den Ausfühtungen des Abg. Gröber. Ich bedauere nur, daß er die Ein⸗ schränkung gemacht hat, daß die Tätigkeit dieser Institution nur auf die Zeit während des Krieges beschränkt bleiben soll. Wäre er hier nicht auf den Böden der Konservativen getreten, dann wäre ein volles Einverständnis mit der Mehrheit vorhanden. Gerade in kritischen Zeiten wäre es von ganz besonderem Vorteil für die Regierungs⸗ gewalt und eine Stärkung und Stützung für sie, wenn sie in zurück⸗ gelegener Zeit sich in engerem Kontakt mit der Volksvertretung und ihren Organen gehalten haben würde. Eine Frage der Zweckmäßig⸗ keit ist es, ob die Information im Hauptausschuß oder in einem be⸗ soncenen Ausschuß erfolgen soll. Wir unsererseits haben im Aus⸗ schuß beantragt, einen ständigen Ausschuß für auswärtige Angelegen⸗ heiten einzuführen. Dieser Antrag ist in der Minderheit geblieben. Nachdem auch der nationalliberale Antrag, der staatsrechtlich nicht so ganz einwandsfrei war wie der unserige, gefallen war, haben meine Parteigenossen sich dazu entschlossen, für den vorliegenden Antrag der Kommission zu stimmen. Wir glauben allerdings, daß nach einiger Zeit die Erfahrung es als zweckmäßiger erscheinen lassen wird, einen ständigen Ausschuß einzuführen. Der Hauptausschuß ist nicht nur überlastet, sondern er ist das Mädchen für alles geworden. Er arbeitet unter einem ständigen Druck und unter der Peitsche des Vorwärtskommens, weil er so außerordentlich viel Stoff hat, und dadurch ist, wie die Erfahrung gezeigt hat, die ganze Verhandlung der auswärtigen Politik immer zu kurz gekommen. Eine Kommission von 28 Mitgliedern ist ein außerordentlich großer Körper. Der Hinweis, daß der Hauptausschuß sich deshalb mit den auswärtigen Angelegenheiten müsse, weil es sich da um Fragen handle, wo die Finanzen eine if e Reihe anderer Angelegenheiten zu. Dazu kommt, daß auch die Ver⸗

traulichkeit bei einer großen Kommission eine schwerere ist. Ich bin

nicht der Ansicht des Abg. Gradnauer, daß es notwendig ist, in mög⸗

lichst breiter Oeffentlichkeit auch diese Verhandlungen zu führen. Bei“

diesen Fragen sind außerordentlich viele ganz intimer und vertraulicher Art, und die Vertraulichkeit mit der Regierung kann nur dann offen und loyal durchgeführt werden, wenn diese Vertraulichkeit auch in der Kommission stattfindet. Wir bedauern, daß nicht schon vor dem Kriege eine intensivere Arbeit eingesetzt hat. Man sollte jetzt nicht wieder in die Sorglosigkeit zurückfallen, mit der man früher diese Dinge behandelt hat. Ich habe einen Antrag vorbereitet, in dem Antrag der Konservativen die Worte „während der Dauer des Krieges“ zu streichen. Dann könnten beide Anträge nebeneinander angenommen werden. Dann könnten auch die Konservativen mitstimmen. Vor⸗ aussetzung ist, daß sie, wenn diese Worte gestrichen werden, nicht gegen ihren eigenen Antrag stimmen werden. Ich will die Erklärung des Vertreters der Konservativen abwarten und danach entscheiden, vb ich den Antrag einbringen soll. Alle diese Anträge sind aber nur minderwertige Surrogate. Wenn wir die Mitwirkung von Ver⸗ tretern aus dem Hause innerhalb der Regierung hätten und die Ver⸗ antwortung dadurch mittragen würden, so würde die ganze Frage nicht die grundsätzliche Bedeutung haben. Eine Tätigkeit würde für den Ausschuß sofort vorhanden sein, im letzten Jahre ist z. B. immer schärfer die Frage der internationalen Garantien hervorgetreten. In den letzten Tagen hat erst der auswärtige Minister Englands in seinem Appell an die Neutralen sich mit dieser Frage beschäftigt. Auch der frühere amerikanische Präsident Taft hat sich dieser Frage be⸗ mächtigt, und England fordert die Neutralen auf, auf Wie sem Gebiete vorwärts zu gehen, um die Verbindung zwischen der Entente noch mehr zu stärken. Deshalb müßte der Ausschuß sich mit der Regierung über diese Fragen unterhalten, um möglichst eine gemeinsame Anschauung herbeizuführen. Die

Frage enthält nicht nur Bedenken und Gefahren für Deutschland,

ondemn es können darin auch erhebliche Vorteile enthalten sein. Nachtem das Parlament sich mit den auswärtigen Angelegenheiten intensiver befassen will, und die Regierung prinzipiell, jedenfalls für die Kriegszeit, keine ablehnende Ha tung eingenommen hat, wäre es richtig, möglichft bald an eine vorsichtige Besprechung dieser Frage heranzuzmeten Aber wichtiger als das System der internationalen Garantzen ist für uns das System der nationalen Garantie. Ein

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Kolle spielen, trifft aber auch auf eine,

solider Einfluß wird niemals, auch auf dem parlamentarischen Ge⸗ biet, errungen, als durch solide Arbeit. 2 8 Abg. Dr. Stresemann inl.): Die Anträge in der Kommission haben bewiesen, daß der bisherige Zustand wohl von allen Seiten als unbefriedigend erkannt ist. Ich verstehe nicht, wie man von den Konferenzen des Reichskanzlers mit den Führern der Parteien so viel Aufhebens machen kann, denn es ist selbstverständlich im Krieg wie im Frieden, daß der leitende Staatsmann das Bedürfnis hat, sich mit den Vertretern der Parteien im Reichstag zu verständigen. Es wäre irrig, die Anträge lediglich als eine Regelung der Geschäfts⸗ ordnung des Reichstags aufzufassen; wir legen vielmehr den Haupt⸗ nachdruck auf die Stäarkung der Rechte der Volksvertretung. Dazu sind die Anträge der erste Schritt. Wir haben einen besonderen Ausschuß vorgeschlagen. Ich verkenne zwar nicht die Gründe des Abg. Gröber für die Budgetkommission. Wenn er den Haushaltsaus⸗ schuß das Zentrum des Reichstags nannte, so hoffe ich, daß das nicht falsch aufgefaßt wird. Die Budgetkommission hat ähre eigene Ueber⸗ lastung schon selbst anerkannt, und daraus ist die Bildung der Kom⸗ mission für Handel und Gewerbe entstanden, weil die Budgetkom⸗ mission geradezu zum Mädchen für alles wurde. Der Grund, daß es sich meist um Bewilligung der Mittel handelt, hätte auch gegen die Abtrennung der Kommission für Handel und Gewerbe sprechen müssen. Wenn die Regierung sich mit dem Gedanken vertraut machen würde, für äihre einzelnen Ressorts sozusagen Parlaments⸗ Unterstaatssekretäre zu bestellen, so könnte das nur von Nutzen sein. Ein besonderer Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten würde in ganz anderer Weise die intensiveore Teilnahme der Volksvertretung und der auswärtigen Politik gewährleisten, als es jetzt der Fall ist und als es uns durch den Hauptausschuß gewährleistet werden soll. Den konservativen Antrag lehnen wir ab, weil er sich auf die Zeit des Krieges beschränkt; wir wünschen den früheren Zustand auf keinen Fall zurück. In kritischen Situationen, die das ganze Volk bewegen, kann gerade das Fehlen eines parlamentarischen Organs zu den größten Erschütterungen führen. Ausschußantrag, nachdem es uns nicht gelungen ist, für unseren weitergehenden Antrag eine Mehrheit zu erzielen. Nach dem Kriege würden wir eventuell sofort an diesen anknüpfen; die Regierung täte wirklich besser, den Konfliktsstoff, der dann gegeben wäre, schon jetzt zu beseitigen. Zu den Ausführungen, die ich in dem Ausschuß über das parlamentarische System gemacht habe, bekenne ich mich auch hier in der Vollversammlung durchaus; unsere früheren Bedenken da⸗ gegen vermögen nach dem, was wir während dieses Weltkrieges erlebt haben, nicht mehr in dem früheren Maße zu bestehen. England be⸗ handelt die vitalsten Fragen seiner auswärtigen Politik in vollster Oeffentlichkeit, ohne daß dieses England in seiner Bedeutung dadurch im mindesten beeinträchtigt wird; aus dieser Offenheit wird gerade ein Gefühl der Stärke des englischen Volkes erkennbar. Die Oppo⸗ sition gegen den Staat als solchen, gegen den „Racker von Staat“ ist etwas spezifisch Deutsches. Jo größer der Einfluß der Volksver⸗ tretung, desto stärker wird der Staatsgedanke als solcher ins Volk dringen. Heute wie vor 50 Jahren gilt es für uns im Liberalismus die Zeichen der Zeit zu beachten; jeder Fortschritt auf dem Gebiete der Frei⸗ heit ist zugleich ein Fortschritt auf dem Gebiete der Einheit, so kann man in Umkehrung des Programms unserer Partei von 1866 sagen. Die Politik von Blut und Eisen hätte zur Einheit des deutschen Volkes niemals geführt, wenn nicht jene große Einheitsbewegung im Volke vorangegangen wäre. Das Schwergewicht der überragenden Gestalt Bismarcks hat das deutsche Parlament und den deutschen Parlamentarismus nieder gehalten; er hat selbst in seiner Jenenser Rede ausgesprochen, daß diese Niederhaltung weiter gegangen ist, als es ihm selbst später erwünscht erschien; Bismarck war es, der damals den Reichstag den Brennpunkt des nationalen Lebens nannte. Selbst diesem in seinen Grundanschauungen so konservativen Manne sind die parlamentarisch regierten Länder vorbildlich erschienen. Was heute im englischen Unterhause maßgebend ist, ist nicht mehr bloß die englische Gentry, zu ihr gehören weder Lloyd George, noch die Vertreter der Arbeiterpartei. Einen Weltkrieg kann man unter Aus⸗ schluß der Oeffentlichkeit einfach nicht mehr führen. Die parlamen⸗ tarische Ohnmacht Deutschlands hat im Auslande, zumal in England, geradezu zu der Auffassung geführt, es gebe in Deutschland keine öffentliche Meinung, auf die man Rücksicht zu nehmen brauche. Durch den Weltkrieg wird nicht bloß eine Politisierung der Frauen, wie der Abg. Naumann meinte, es wird noch viel mehr eine Politisierung der Maänner herbeigeführt, die Jahrzehnte der Entwicklung überspringt; das gilt von den Männern an der Front ebenso sehr wie von den Männern hinter der Front. Die Stärkung der Parlamentsrechte Deutschlands ist von den verschiedensten Seiten gefordert worden,

so auch von Herrn Spahn, der die Vertretung der großen Parteien

auch in der Regierung gefordert hat; wir werden nach dem Kriege auf diesem Gebiete der Neuorientierung sehr viel zu tun haben. Der Antrag bezieht sich lediglich auf Fragen der auswärtigen Politik.

Ueber Einzelheiten dieser Politik, über ihre Erfolge, Fehler und

Mißgriffe werden wir uns nach dem Krieg ausführlich zu unterhalten haben. Wenn man es gewissermaßen als Unrecht ansieht, weil dadurch einem gewissen Mißtrauen Ausdruck gegeben wird, so will ich nur darauf hinweisen, daß man von einem Volke, das gegen zwei Nationen kämpfen muß, mit denen es zwei Jahrzehnte hindurch eng verbündet war, nicht unbegrenztes Vertrauen verlangen kann. Das Wort „freie Bahn dem Tüchtigsten“ gilt ganz besonders von diesem Gebiet. Wir fragen deshalb, wo die Reformen sind, die man uns früher hier ver⸗ sprochen hat. Nicht neue Examina fordern wir. Man komme uns nicht nach all den jetzigen Leistungen unseres Volkes mit dem Ein⸗ wande, wir hätten nicht genug tüchtige Personen. Ganze große Kreise in Deutschland liegen ja brach. Denken Sie z. B. an unsere ganze

Marine. Alle diese Menschen verstehen es, nicht nur in der Fremde deutsches Selbsthewußtsein zur Schau zu tragen, sie sind auch in der Lage, die Eigenarten der fremden Völker kennen zu lernen. Bei uns⸗

aber wird jetzt über den Zugang zum diplomatischen Dienst in einer Zeit entschieden, in der erst die formale Befähigung des Betreffenden zum Ausdruck gekommen sein kann. Man soll die Diplomaten herausnehmen aus allen Kreisen und sie dann einreihen in die Kreise, die uns zu vertreten haben. Wie das möglich ist, das zeigt uns das Syftem der katholischen Kirche. Dort wird niemals nach Stand und Herkommen, sondern nur nach den Leistungen gefragt. Diesen Konnex vom Reichstag zum Auswärtigen Amt suchen wir einmal auf Grund des parlamentarischen Empfindens und dann weil bei einer diplomatischen Aktion das Einsetzen der öffentlichen Meinung in Deutschland auf die Durchführung unserer Forderungen von großem Einfluß sein kann. Dann dürfen wir auch nie vergessen, daß die ganze Welt mehr und mehr demokratisiert wird. Deshalb soll man dem Volke ein Kontrollorgan der auswärtigen Politik geben. Deshalb wollen wir einen solchen ständigen Ausschuß. Man komme nicht damit, diese oder andere Anträge seien ein zu großes Abweichen von alten Normen und verbürgten Verfassungen. Ein Staat, der um seine Existenz kämpft, kann, wie schon Bismarck sagte, nicht immer in dem alten gewohnten Geleise bleiben. Wir werden jetzt und nach dem Kriege es sehr nötig haben, zur Erreichung von Erfolgen die öffentliche Meinung Deutschlands einzusetzen. Man hat der Leistun⸗ gen des deutschen Volkes mit den höchsten Ausdrücken oft gedacht. Dem muß aber auch ein erhöhter Einfluß der Volksvertretung zur Seite stehen. Wir halten den jetzigen Schritt für einen sehr bescheidenen und hoffen auf weitere Fortschritte, damit im Sinne Bismarcks das nötige Gleichgewicht zwischen Volksvertretung und Regierung ge⸗ schaffen wird. 2 Abg. Kreth (dkons.): Auch wir wünschen, daß die Reichs⸗ leitung über die Fragen der auswärtigen Politik Auskunft gibt. Auch wir beklagen es, daß dies früher nicht immer geschehen ist. Es ist eine berechtigte Forderung, daß jetzt während des Krieges die Reichs⸗ leitung mit der Volksvertretung dauernd in Fühlung bleibt. Wir sind der Ansicht, daß der Hauptausschuß während der Vertagung zu⸗ sammentritt, um Erklärungen der Regierung entgegenzunehmen. Dabei

muß natürlich die verfassungsmäßige Form gewahrt werden, indem

dies durch Kaiserliche Verordnung ausgesprochen wird. Der Behaup⸗ tung, daß der Reichstag aus sich allein das Recht hätte, dies zu be⸗ stimmen, muß ich entgegentreten. Bei der Art der Zusammensetzung der Ausschüsse kann es dann leicht vorkommen, daß der Reichs

Heute begnügen nir uns mit dem

tag sich schließlich selbst als Hauptausschuß konstituiert. Der Staatssekretär des Innern hat sich ja über diese Frage schon ausgesprochen. Charakteristisch ist, daß die einzelnen Parteien ihre Zustimmung zu dem Antrage des Hauptausschusses verschieden be⸗ gründen. Das Zentrum will keine Aenderung des unemeigen Zustandes. Der nationalliberale Redner erklärte, seine Freunde sähen darin einen Schritt in der Richtung auf Einrichtung des parlamenta⸗ rischen Systems, und der Herr von der Volkspartei sagte, ihr Ziel wäre, das parlamentarische Recht weiter zu entwickeln. Diesen Schritt auf dem Wege zur parlamentarischen Regierung wollen wir nicht mitmachen. Ueber die Fassung des Hauptausschußantrages, namentlich wie die Ermächtigung des Reichstags zu der Berufung des Ausschusses für die auswärtigen Angelegenheiten 8” verstehen ist, hat sich ja der Staatssekretär schon ausgesprochen. b diese Auffassung richtig ist, will ich dahingestellt sein lassen. Da der Wunsch der Vater des Gedankens äst, so kann einmal dieser Beschluß dahin redigiert werden, daß hier eine Fortentwicklung zum Patlamentarismus vor⸗ handen ist. In der Oeffentlichkeit kann es so aufgefaßt werden, als ob dem Reichstage ein Recht zustehe, auf das er verfassungsgemäß keinen Anspruch hat. Das will unser Antrag vermeiden. Ich wünschte, daß alle sich so deutlich und so klar über das, was sie ver⸗ fassungsrechtlich wollen, aussprächen, wie wir es tun. Dann ist es auch etwas anderes, ob man eine solche Aenderung für die Kriegs⸗ zeit oder für die Friedenszeit schafft. Die diplomatische Tätigkeit fußt zum großen Teil auf geheimen Verträgen. Wollte man unsere Diplo⸗ maten zwingen, alle solche Dinge vor dem Parlament zu erörtern, dann könnte es leicht geschehen, daß man mit unsern Diplomaten im Auslande keine Verhandlungen mehr pflegt. Leicht kann es auch vorkommen, daß durch eine Art von Fraktionspolitik die Reichspolitik durchkreuzt wird. Es ist doch nicht von der Hand zu weisen, daß in einem solchen Ausschusse sich internationale Einflüsse geltend machen können, die der Durchführung unserer Politik hinderlich sind. Schon jetzt wird bedauert, daß ein Teil der Ausschußverhandlungen sich hinter verschlossenen Türen abspielt. Im Frieden wird die Unzufriedenheit der nicht dem Ausschuß angehörenden Mitglieder noch weiter wachsen und sie werden sich noch mehr als Reichstagsmitglieder geringeren Grades betrachten. Der Ausschuß soll doch eigentlich nur die Be⸗ schlüsse des Reichstags vorbereiten. Im vorliegenden Falle müßten doch eigentlich immer dieselben Herren in dem Ausschuß sitzen, um die Kontinuität aufrecht zu halten. Nach Herrn Stresemann braucht man nur ins volle Menschenleben hineinzugreifen, um die hervoorragendsten Diplomaten zu erhalten. Er sprach selbst von einem solchen, ohne ihn zu nennen. Hätten wir ihn, dann würde sich wohl die Reichs⸗ leitung auf ihn stürzen und ihm die Seele aus dem Leibe reißen. Den Worten von Freiheit für das Talent und Platz für den Tüchtigsten stimmen wir zu. Wenn jedoch Personalfragen erörtert werden, so ergreift man immer Partei. Während des Krieges legen wir uns ja bei unsern Verhandlungen selbst schon die nötigen Be⸗ schränkungen auf. Im Frieden ist es jedoch äußerst bedenklich, wenn man von der Regierung völlige Offenheit verlangt. Das geschieht in anderen parlamentarisch regierten Staaten nicht. Das beweist ja auch die jüngste Rede Greys vor Journalisten über die Vorgeschichte des Krieges. Unsere Regierung leistet dagegen in Ehrlichkeit das Menschenmöglichste und vielleicht noch mehr als das. Schon Napoleon I. hat auf St. Helena den Gedanken ausgesprochen, daß die Oeffentlichkeit von den englischen Ministern fast immer be⸗ logen würde. Die englische Regierung lasse sich von ihren Gesandten zwei Berichte schicken, von denen der wahre in die Archive wandere, um je nach Bedarf gegen den anderen Bericht ausgespielt zu werden. Die englischen Minister könnten sich vielleicht darauf berufen, daß, wenn sie offen die Tatsachen mitteilten, das Land den allergrößten Schaden davon hätte und dieses nicht zu der Weltmacht gekommen wäre, wie wir es zu unserem Schrecken erleben müssen. Der Deutsche, der von oben bis unten voll Moral steckt, kann so etwas nicht ver⸗ tragen. Daß Bismarck über die Mitwirkung des Parlaments an den auswärtigen Angelegenheiten nicht übermäßig hoch gedacht hat, geht daraus hervor, daß, als das Ansinnen an ihn gestellt wurde, ein Weiß⸗ buch herauszugeben, er gesagt hat: nun, wir werden sehen, den Herren etwas Unschädliches zu machen. Er hat auch nicht dayon sehr viel ge⸗ halten, daß das Parlament in dieser Fraͤge entscheidend mitwirkt. Der Abg. Stresemann hat sehr beredt davon gesprochen, wie die freiheitliche Entwicklung die Voraussetzung für die deutsche Einheit gewesen sei. Seine Ausführungen können auch das Gegenteil beweisen. Hätten jene Einheitsbestrebungen Erfolg gehabt, wäre Bismarck nicht nötig gewesen. Die Einheit des deutschen Volkes ist nicht durch die Frei⸗ heitsbestrebungen gekommen, sondern sie war eine Sache von Blut und Eisen. Die großen Heerführer und genialen Staatsmänner brauchen keinen Beirat, Bismarck ist auch ohne Beirat gut ausge⸗ kommen. Die Entschlußkraft wird auch durch einen solchen Beirat nicht besonders gestärkt. Jede Fraktion hat eine andere Ansicht, und selten kommen Beschlüsse zustande, die von der einmütigen Ueber⸗ zeugung aller Mitglieder getragen sind. Im Kriege ist die Sache anders, zunächst haben wir keinen Bismarck, und dann verlangen wir kein Mitbestimmungsrecht, sondern wir erheben nur den Anspruch, daß wir unterrichtet werden, und wenn die Regierung aus bestimmten Gründen unaufschiebbare Entschlüsse faßt, so würden wir damit ein⸗ verstanden sein, daß uns von ihren Entschließungen erst nachträglich Mitteilung gemacht wird. Auf die Frage, ob das parlamentarische System oder das jetzt bestehende das Beste ist, will ich mich nicht ein⸗ lassen. Allzuviel verspreche ich mir von dieser neuen Einrichtung nicht. Ich fürchte, daß die Oeffentlichkeit, wenn dieser Antrag angenommen wird, der Ueberzeugung zuneigen könnte, es wäre ja nun alles am besten geregelt. Wir möchten die Mitverantwortung vor der Oeffent⸗ lichkeit ablehnen, weil es uns doch nicht gegeben ist, uns so schnell in alle diese verschlungenen Wege der auswärtigen Politik hineinzufinden,

die wir beherrschen müßten, wenn wir über diese Fragen urteilen

wollten. Die präktische⸗Erfahrung zeigt, daß die Hoffnungen, die auf parlamentarische Regierungen gesetzt werden, doch recht häufig täuschen.

Ist etwa in parlamentarisch regierten Ländern die Leitung die fähigste?

Tatsächlich haben in diesen Ländern die größten Geldsäcke die Leitung, und wenn erregte Zeiten kommen, dann entgleiten diesen Herren die Zügel, und die Herrschaft hat die Straße, wie wir es in Italien gesehen haben, und die Völker werden in den Krieg hineingehetzt. Wenn man davon spricht, daß nach dem Kriege eine Neuorientierung mit schärferer Linksdrehung kommen müsse, dann ist wohl der Wunsch der Vater des Gedankens. Für das parlamentarische System wird sich das Volk, und das Volk ist da, wo Deutschlands Fahnen wehen, augenblicklich in den Schützengräben, nicht begeistern. In parlamen⸗ tarisch regierten Ländern wird das Heer nicht auf den König, sondern auf die Verfassung veveidigt, und ich glaube, selbst der bestgebügelte Zylinder des Herrn Poincaré würde unsern Feldgrauen außerordent⸗ lich wenig imponieren. In unserem Volke lebt noch die alte deutsche Mannentreue, das Treuverhältnis zwischen Fürst und Mann und Volk. Der Deutsche will nicht regiert sein von parlamentarisch wechselnden Mehrheiten. (Lebh. Widerspruch b. d. Soz. Zuruf: Junker!) Sie glauben wohl selbst kaum daran, daß das deutsche Volk von den Junkern regiert wird. Daß unsere Reichsleitung auf unsere Wünsche übermäßig Rücksicht nimmt, werden Sie nicht glauben. Das monarchische System hat seine Feuerprobe in diesem Kriege glänzend bestanden. Der Zusammenhang zwischen Fürst und Volk hat sich bewährt. Die Söhne der regierenden Fürstenhäuser haben mit den Söhnen der Arbeiter und Bürger gemeinsam auf den Schlacht⸗ feldern geblutet. Dieser Zusammenhang ist das beste Fundament des Deutschen Reiches, und das deutsche Volk wird daran nicht rütteln lassen.

Hierauf nimmt der Staatssekxvetär des Innern, Staats⸗ minister Dr. Helfferich das Wort, dessen Rede wegen verspäteten Eingangs des Stenogramms erst in der nächsten Nummer d. Bl. im Wortlaut wiedergegeben werden wird.

Abg. Ledebour (soz. Arbeitsgem.): Der Ausschußantrag statuiert eine generelle Ermächtigung des Haushaltsausschusses; eine solche generelle Feh hat der Staatssekretär Helffe⸗ rich nicht abgegeben, sondern er will der Regierung von Fall zu Fall die Entschließung vorbehalten, und die Regierung kann in jedem Falle sagen: Nein, es paßt uns nicht. Der Reichstag hat aber glücklicher;

gewesen wäre.

gräben kaum zurückkommen. §

hat seine Zustimmung

sreise dagegen eine Waffe in der Hand, die er nur anzuwenden braucht; er gibt einfach seine Zustimmung zu einer Vertagung nicht, wenn unser Verlangen, den Ausschuß auch während derselben zusammentreten zu lassen, nicht erfüllt wird. Wir werden den Ausschußantrag annehmen,

aber nur als Notbehelf und in der Voraussetzung, daß die Plenar⸗

sitzungen des Reichstags nicht noch mehr verkümmert werden als disher. Die schweren Schäden, die sich gerade während der Kriegs⸗ zeit in der Handhabung der ausmwärtigen Politik herausgestellt haben, werden auf diesem Wege nicht beseitigt werden, sie wernden im Gegen⸗ teil die Ueberzeugung von der Notwendigkeit der Einführung des vollen parlamentarischen Regierungssystems bestärken. Der Abg. Stresemann ist ja mit Feuer für das parlamentarische System ein⸗ etreten, aber nachher schlug er sein Eintreten für dieses System felbst wieder kaput, denn er sprach ausdrücklich von den- Bedenken, die gegen dasselbe nicht mehr in gleichem Maße beständen: also hat er doch noch Bedenken. Der Abg. Stresemann meinte auch: Ja, wenn Bismarck noch hier säße, dann würden wir den Antrag nicht einbringen. Welche Widersprüche! Glauben Sie, Abg. Dr. Strese⸗ mann, mit solchen Redensarten diesen Bureaukraten imponieren zu können? Der Abg. Gröber hat unzweideutig kundgetan, daß seine Partei gewillt ist, die Neuorientierung zu erzwingen durch Anwendung der Machtmittel des Parlaments, vor allem der Budgetbewilligung. Bleiben wir einmal beim Parlament das Volk hat noch andere Mittel, wenn das Parlament versagt, wenn Sie nicht Ernst machen eventuell mit der Budgetverweigerung, wem wollen Sie dann mit solchen stolzen Worten imponieren? Dazu hat man doch die Rechte, damit sie angewendet werden. Tun Sie es nicht, so muß das Volk dafür sorgen, daß Männer in den Reichstag kommen, die mehr Mut haben. Für die gegenwärtigen unhaltbaren Zustände macht man die Diplomatie verantwortlich. Die Personen sind dabei ganz gleichgültig, die Schuld liegt am System. Die überkommene Geheimkunst muß beseitigt werden, die Völker wollen nicht die Kriege, die Kriege werden angezettelt in den Geheimkabinetten der Diplomatie; die Völker müssen mit ihrem Blute dafür büßen, wenn der Karren ver⸗ fahren ist. Unsere Aufgabe ist es, schon während des Krieges diesem Fortschritt vorzuarbeiten. Daß die jetzigen Zustände unhaltbar sind, ergibt sich schon aus den sphinxartigen Redewendungen, mit denen der

Reichskanzler hier im Reichstage Auskunft über seine Auffassung er⸗

teilt; es kommen dann die Hohenpriester und tüfteln an den Aeuße⸗ rungen herum: was hat die Sphinx eigentlich gemeint? Der Abg. Scheidemann gab eine Interpretation, der Abg. Bassermann eine ganz entgegengesetzte; der Reichskanzler saß dabei und sagte kein Wort. Was er wirklich gemeint hat, darüber haben wir keine Aufklärung bekommen. Das ist kein würdiger Zustand. So etwas wäre im englischen Parlament nicht möglich, es wäre in keinem Parlamente möglich. Solche Rätsel werden dort nicht aufgegeben. Bei solchen gegensätzlichen Interpretationen muß der Reichskanzler sagen, wie er es gemeint hat; er ist selbst schuld, wenn er solche Worte gebraucht, die nicht gehauen und nicht gestochen sind. Ein einziges Mal hat er kräftig mit dem Kopf geschüttelt, nämlich als einer der Redner sagte, er nehme an, daß das Wort „freie Bahn für alle Tüchtigen“ sich auch auf die Diplomaten bezöge. Wir freuen uns, daß auch die Vertreter anderer Parteien die Plenar⸗ verhandlungen durch diese Kommissionstagungen nicht beeinträchtigen

lassen wollen, und besonders lieb ist mir diese Erklärung seitens des

heutigen Redners der sozialdemokratischen Fraktion, die an anderer Stelle durch ein Mitglied die Verlegung des Schwergewichts der Verhandlungen in die Kommissionen für einen politischen und parla mentarischen Fortschritt erklärt hat. Die ungünstige Entwicklung in dieser Beziehung in den letzten Jahren ist ganz besonders auch durch das unglückliche Diätengesetz verschuldet, welches geradezu Prämien darauf setzt, daß nicht getagt wird. Die Sitzungsperioden müssen nicht gekürzt, sondern ausgedehnt werden; in England sitzt das Parlament mindestens sieben volle Monate im Jahre. Entweder das bureau⸗ kratische Regierungssystem mit konstitutionellem Aufputz wie jetzt, oder das volle parlamentarische Regierungssystem, wo die Mitglieder der Regierung nur einen Ausschuß der Parlamentsmehrheit bilden. Die Weltgeschichte marschiert jetzt mit Siebenmeilenstiefeln, ich hoffe

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es noch zu erleben, daß das allgemeine Wahlrecht sich überall durchsetzt

und auch den Frauen gegeben wird. Vielleicht kommt selbst der Abg. Dr. Stresemann noch zu dieser Konsequenz. Die Neuorientierung darf

man nicht als von oben erwarten, sie kann nur erkämpft werden mit allen Mitteln, die dem Volke zu Gebote stehen.

Abg. Frhr. von Richthofen (nl.): Aus den Erklärungen vom Bundesratstische ersehen wir ja, daß die Regierung gewillt ist, den Wünschen des Reichstags zuzustimmen. Der Staatssekretär des Innern aber hat keinen Zweifel darüber gelassen, daß er nach der Wiederherstellung des Friedens einen anderen Standpunkt einzunehmen gesonnen ist. Wir können uns mit dieser Anschauung nicht einver⸗ standen erklären. Zurzeit hätten wir ja eigentlich durchaus keinen An⸗ laß, uns mit dieser Frage zu befassen; aber es scheint mir doch wichtig, auch über unseren Standpunkt keinen, Zweifel aufkommen zu lassen. Wir vertreten den Standpunkt, daß die auswärtige W wesentlich mehr als früher den Gegenstand von Beratungen des Keichstags bilden muß, daß dem Reichstag mehr als früher die Möglichkeit gegeben werden muß, in die Fragen der auswärtigen Politik einzudringen, sie zu verstehen und davon Kenntnis zu erhalten. Bei der Unterbrechung

der Verhandlungen durch Vertagungen auf Monate oder auf ein halbes

Jahr müssen ja die Abgeordneten den Faden vollständig verlieren. Im übrigen wollen wir doch in allen diesen Fragen vorwärts, wir

denken gar nicht daran, wenn wir im Kriege diesen Schritt vorwärts getan haben, ihn im Frieden wieder zurück zu tun. sekretär irrt, wenn er glaubt, daß man' nachher sich mit seiner Aluffassung s s die Mit Recht ist hervorgehoben worden, daß, wenn wir eine parlamen⸗

Der Staats⸗

einverstanden erklären wird; es dürfte richtiger Entscheidung darüber⸗ der Zukunft zu überlassen.

tarische Regierungsform hätten, die heutige Aussprache nicht nötig gewesen Dem Abg. Stresemann lag es sicher fern, etwa den Fürst Bismarck und Herrn von Bethmann Hollweg gegenüberzustellen. Er hat nur einfache historische Betrachtungen angestellt. Der Herr Staatssekretär irrte mit seiner Behauptung, daß Verfassungen nur mit dem Verstande gemacht werden. Sie sind in der Geschichte gemeinig⸗ lich aus einer Begeisterung herausgeboren worden oder auch erkämpft

worden. Es ist darauf hingewiesen worden, daß die Feldgrauen die

Ansichten Stresemanns über das parlamentarische Leben nicht teilen. Prophezeien ist ein schlechtes Geschäft, aber ich glaube, reaktionärer nd rückschrittlicher gesinnt werden die Männer aus den Schützen⸗ ückkomm Ich glaube auch nicht, daß durch unser orgehen das Verhältnis zwischen Volk und Fürst eine große Er⸗

schütterung erfährt. Das Verhältnis zwischen Fürst und Volk hat mit der Frage einer Verstärkung des parlamentarischen Einflusses nicht das mindeste zu tun. König schließt doch auch die zum Vaterlande in sich.

Die Verpflichtung zur Treue gegenüber dem 8Z6“ in Wir wollen nur wirken für die Ausgestaltung des neuen Vaterlandes im Frieden.

Das ist es, was wir unter Neuorientierung verstehen, und zu meinem Bedauern ist davon bei den Herren der Reichsregierung nicht das geringste zu spüren gewesen.

Abg. Sivkovich (fortschr. Volksp.): Staatssekretär von Jagow

g zu dem Kommissionsantrage ausgedrückt. Der

Staatssekretär des Innern beschränkte sie lediglich für die Dauer des Krieges. Reichstag später Dagegen müssen wir schon jetzt auf das entschiedenste Verwahrung einlegen. Diese ganze Aussprache geschieht doch nur aus der Ueber⸗ zeugung heraus, daß eine stärkere Anteilnahme des Reichstags an sen Geschäften der Regierung eine Notwendigkeit ist. Der Reichstag oll aus 1 wmser Antrag. Die ganze Frage steht doch so: soll wieder im Deutschen Reiche Kabinettspo itik getrieben werden oder soll die auswärtige Politik in einem höheren Maße auch vom deutschen Volke oder seinen Vertretern kontrolliert werden? Wir meinen, daß es langsam und sicher gelingen wird, die Politik herauszuheben aus einer geheimen

Politi

Damit

zeigt die Regierung wieder

1 h den Entschluß, den in seine

alte Stellung zurückzustoßen.

einer Ohnmacht herausgeholt werden. Das bezweckte

zu einer kontrollierten. Dabei mitzuwirken ist dauernd die ufgabe eines Parlamentes.

Damit schließt die Diskussion.

schwung des Ardeitsmarktes für

In einem Schlußwort stellt der Berichterstatter Abg. Bassermann (nl.) fest, daß ein Widerspruch zwischen

dem Antrag der Kommission und dem der Konserbativen nicht vor⸗

liegt, und der letztere nur eine genaue Umschreibung wünscht. Es sei auch heute wiederum klargestellt worden, daß der Kommissions⸗ antrag in die Kaiserlichen Rechte nicht eingreifen wolle.

Gegen 6 ½ Uhr vertagt sich das Haus auf Freitag nachmittags 3 Uhr. (Anfragen, kleinere Vorlagen, Fort⸗ setzung der Beratung der Anträge des Haushaltsausschusses über Zensur und Belagerungszustand.)

3 Parlamentarische Nachrichten. 8 Bei der Ersatzwahl eines Mitglieds des Hauses der

Abgeordneten, die am 26. d. M. in dem Stadtkreise Nord⸗

hausen und dem Kreise Grafschaft Hohenstein, Regie⸗ rungsbezirk Erfurt, stattfand, ist an Stelle des verstorbenen Abgeordneten Pietzker (Fortschr. Volksp) nach amtlicher Mel⸗ dung der Justizrat Dr. Max Lewin⸗Berlin (Fortschr. Volksp.)

mit allen 147 abgegebenen Stimmen gewählt.

Statistik und Volkswirtschaft.

Ueber die Lage des deutschen Arbeitsmarkts im September 1916

berichtet das vom Kaiserlichen Statistischen Amt herausgegebene „Reichsarbeitsblatt“ in seinem Oktoberheft:

Unveränderte kräftige Weiterführung der Aufaaben, die der deut⸗ schen Wirtschaft durch die Versorgung des Heereskörpers wie des In⸗ landsmarktes erwachsen sind, ist auch das Zeichen, in dem der Monat September, der zweite Monat des dritten Kriegsjahres, gestanden hat. Dem Vorjahr gegenüber zeigen sich teilweise Steigerungen im Ee⸗ schäftsgang einzelner großer Erwerbszweige.

Für den Bergbau wie für die Eisen⸗ und Metallindustrie herrschte im Berichtsmonat ebenso starke Tätigkeit wie im Vormonat und im Vorjahr. Zum Teil ist in der Metallindustrie eine weitere Steigerung dem Septembder 1915 gegenuber hervorgetreten. Das gilt auch für den angespannt arbeitenden Maschinenbau wie für die elektrische Industrie. Auch die chemische Industrie weist, namentlich für die Herstellung chemisch⸗pharmazeutischer Prä⸗ parate wie für die Farbstoffherstellung, eine Verbesserung der Ge⸗ schäftslage teils dem Vormonat, teils dem Vorjahr gegenüber auf. In der Holzindustrie wie in der Genußmitteltndustrie ist die Lage im allgememnen unverändert. Ebenso sind für den Bau⸗ markt wesentliche Verschiebungen nicht festzustellen. .

Die Nachweisungen der Krankenkassen ergeben für die am 1. Oktober beschäftigten Mitglieder dem Anfang des vorher⸗ gehenden Monars gegenüber eine Abnahme der männlichen Be⸗ schäftigten um 57 256 oder um 1,22 v. H. Die weibliche Beschäfti⸗ gung hat dem gegenüber eine Zunahme, und zwar um 14 182 Per⸗ sonen oder 0,84 v. H., aufzuweisen. Im voriaen Jahr war der Rück⸗ gang der mannlichen Beschäfkigten am 1. Oktober dem September gegenüber em wenig stärker (— 1,186 v. H.), während die Zunahme der weiblichen Beschäfugung damals etwas schwächer als im Berichts⸗ monat war (+ 0,28 v. H.). Insgesamt läßt der 1. Oktober 1916 also eine etwas günstigere Entwicklung des Arbeitsmarktes erkennen als der 1. Oktober 1915. Bei Beurtetlung der Bewegung der männlichen Beschäftigtenzahl ist zu berücksichtigen, vaß die Kriegs⸗ gefangenenarbeit in den Ergebnissen der Kranken⸗ kassenstatistik nicht einbegriffen isl.

„Nach den Feststellungen über die Arbeitslosigkeit in 37 Fachverbänden, die für 806 781 Mitglieder berichteten, wurden zu Eade September 16 989 Arbeitslose ober 2,1 v. H. ermittelt. Die Arbeitslosenziffer, die sich im Vormonat auf 2,2 v. H. stellte, ist also wiederum gesunken. Auch im Vergleich mit dem Vorjahr wie mit dem September des Friedensjahres 1913 stellte sich die Arbeitslosen⸗ ziffer im Berschtsmonat niedriger; sie hatte Ende September 1915 28 v. H. und Ende September 1913 2,7 v. H. betragen, während sie sich im Kriegsmonat September 1914 auf 15,7 v. H. gestellt hatte.

„Die Statistik der Arbeitsnachweise läßt abermals eine günstigere Gestaltung der Marktre hältnisfse für die Arbeiterschaft er⸗ kennen. Nicht nur für die männlichen, sondern auch für die weib⸗ lichen Arbeitsuchenden hat ene Abnahme des Andrangs suatt⸗ gefunden. Im September kamen bei den Männern 68 (gegen 72 im Vormonat) und beim weiblichen Geschlecht 134 Arbettsuchende (gegen 142 im Auaust) auf je 100 offene Stellen. Auch die bis Mette Oktober reichende Statisik auf Grund des „Arbeitsmarkt⸗ Anzeigere“ zeigt eine Verbesserung des Arbeitsmarktes.

Die Berichte der Arbeitsnachweisverbände verzeschnen für Mecklenburg Schwerin, Pommern, Königreich Sachsen, Hannover, Braunschweig, Oldenburg sund Bremen wie auch für Hamburg keine wesentliche Vexänderung der Lage des ge⸗ werblichen Arbeiismarktes. Das gleiche gilr’ sür, Bayern und Baden. Für Württemberg ergibt sich zum Teil eine weitere Verbesserung der Verhältnisse, zucunsten der, Arbeitsuchenden. In Elfaß⸗Lothringen macht sich im ganzen Lande ein Auf⸗ 1 b männliche Personen geltend. Im Rheinland ist die Nachfrage nach mannlichen und nach weiblichen Arbeitskräften in der Industrie wie im Kleing⸗werbe gewachsen, und die Andrangsziffer hat sich insbesondere für die werblichen Arbettsuchenden günstiger als im Vormonat gesteht. In Westfalen herrschte für männliche Arbertskräfte im wesentlichen dieselbe günstige Lage wie im August. Wäl rend in Westfalen der weibliche Arbeitsmarft sich etwas verschlechterre und auch in Thü⸗ ringen nicht die Erleichterung eingetreten ist, die für den welblichen Arbeitsmarkt zu erwarten war, wird für Hessen und Hessen⸗ Nassau wie für Provin;z Sachsen und Anbhalt über weiter⸗ hin günsttge Lage der Verhältnisse für die weibliche Arbeiterschaft infolge der vielseitigen Beschäftigungsmöglich⸗ keiten in den Fohriken berichtet. In Schleswig⸗Holstein gestaltete sich die Beschäftigung im allaemeinen etwas günstiger als im Vormonat. Auch in Berlin⸗Brandenburg hielt die für August gemeldete verstärkte Nachfrage nach Arbeitskräften im Sep⸗ tember an und führte zu einer weiteren Erhöhung der Vermittlungs⸗ ergebnisse.

„Dem Gesamtüberblick läßt das „Reichearbeitsblatt“ eine aus⸗ führliche Wiedergabe von Berichten über Beschäftigung, Arbeitslosia⸗ keit, Arbettsnachweis, Löhne usw. folgen. Auch über den Arbeitsmarkt

und die Arbeitslosigkeit im Ausland wird berichtet.

Nr. 43 der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ vom 25. Olrober 1916 hat folgenden Inhalt: Gesundbeitsstand und Gang der Volkskrankheiten. Gesetz⸗ gebung usw. (Deutsches Reich.) Brotgetreide und Mehl aus der Ernte 1916. Tierseuchen im Deutschen Reiche, 15. Oktober. Vermischtes. (Großbritannien.) Geschlechtskrankheiten. Geschenkliste. Wochentabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgleichen in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher Groß⸗ städte. Desgleichen in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. Witterung.

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Gefundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗

maßregeln. Nachmweisung über den Stand von Viehseuchen in

SOesterreich Ungarn am 18. Oktober 1916.

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(Kroatien⸗Slavonien am 11. Oktober 1916.) (Auszug aus den amtlichen Wochenaͤusweisen.)

Rotlauf der Schweine

Schweine⸗

nassas. Rotzʒ (Schweine⸗ und Länder seuche)

Zahl der verseuchten '

Komitate (K.) Stuhlrichterbezirke 8 Muntzipalstädte (M.)

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