Magistrat die Miteilung gemmocht daß er 100 000 ℳ f
Mag 1 g gemocht, ℳ für gemein⸗
niützige, vaterländische und mildtätige Zwecke stiften will. Die Iinsen
1 von 30 000 ℳ sollen zur Unterstützung erkrankter bedürftiger Ange⸗ stellten und Arbeiter der Fabrik dienen, während 70 000 ℳ zum Besten der Stadt Minden, zum Bau von Etnfamilienhäufern ver⸗ wendet werden sollen.
8
Kunst und Wissenschaft. 1b
*
Geheimrat Wilbelm Ostwald hat in der Hauptversammlun des Vereins deutscher Chemiker in Leipzig einen .ve über Analvse und Sonthese der Farben gehalten. Der Vortrag, der die jüngsten Arbeiten Ostwalds zusammenfaßt, darf nicht nur wegen seines theoretischen Inhalts, sondern auch wegen seiner prak⸗ tischen Ergebnisse auf weitgehendes Interesse rechnen. Da die Farbe
1 eine Empfindung ist, betont Ostwald, daß die Farbenlehre grund⸗ sätzlich zur Psy hologie gehöre. Wie wesentlich dieser Umstand sei, gehe aus der Tatsache hervor, daß man bei völlig unveränderter Beschaffenheit des Lichts dennoch dieselbe Fläche bald in gelber, bald in brauner Farbe sehen kann, je nachdem die Umgebung dieser Fläche entweder lichtloz oder mehr oder weaiger beleuchtet ist. Es sei deshalb nötig, grundfätzlich solche Farhen zu unterscheiden, die allein für sich in einem im übrigen lichtlosen Gesichtsfeld auftreten, und solche, die im Verein mit anderen Farben an den Gegenständen der Außenwelt gesehen werden. Jene nennt Ostwald bezugsfreie, diese bezogene Farben. Die Erfahrung erweist, daß die bezugsfreien Farben eine geringere Mannigfaltigkeit besitzen als die bezogenen. Es fehlen bei ihnen die braunen, olivgrünen, grauen und anderen trüben Farben vollständig, die bet den bezogenen nicht nur vorhanden sind, sondern deren größten Teil bilden. Ostwald ging nun daran, eine bestimmte Farbe durch Messungen festzulegen. Mit Hllfe eines bundertteiligen Farbenkreises und eines einfabenoptischen Apparats bestimmt er den Farbenton, was, wie die Vorfühbrung er⸗ wies, in wenicen Augenblicken leicht durchführbase ist. Dann wird der Weiß. bezw. Schwarzgehalt der Farbe ermittelt, ws dadurch geschieht, daß man die Farbe einerseits mit dem übereipsilmmenden, andrerseits mit entzegengesetztem Licht be⸗ leuchtet, wobei der schwarze bezw. weiße Anteil sichtbar wird und nun gemessen werden kann. Aus diesen beiden Werten vermag man durch einfache Rechnung die Reinheit der Farbe zu ermitteln. Da nun sowohl die Nummer im Farbenkteis wie auch die Reinheit und der Weißgehalt durch zweizeffrige Zahlen ausdrückbar sind, so stellt ihre Zusammenstellung, eine sechsziffrige Zahl, die Ergebnisse der Farben⸗ analdie dar. Einigt man sich auf eine bestimmte Reibenfolge der Angaben, so sind in diesen sechsziffrigen Zahlen die Formein für alle Farben gegeben. Man jetzt also in der Lage, alle Eigen⸗ schaften einer bellebigen Farbe in sechs Z ffern auszudrücken und un⸗ adhängig von jeder Willkür mit Hilfe dieser sechs Z ffern stets auch wieder die Farbe aufzufinden, die durch jene bezeichnet wurde. Daß dies einen großen Fortschritt auch im praktischen Leben bedeutet, wird jeder eckennen, der jemals gezwungen war, auf Grund etwa der üblichen Farbenkarten eine bestimmte Farbe zu bezeichnen.
Die Köntglich bayerische Regierung hat an Stelle des verstorbenen
Uv iversitäteprofessors, Gehetmen Hofrats Dr. Johannes Ranke den
Generalkonse vator der Kunstdenkmale und Altertümer Bayerns Dr.
Georg Hager als bayerisches RMitalied der römisch⸗germanischen
Kommission des Archͤologischen Instituts auf die satzungsmäßige Dauer von fünf Jahren berufen.
Literatur.
Vpon der Sammlung „Wissenschaft und Bilbung“, die im Ver⸗ lag von Quelle und Meyer in Leipzig erscheint, liegen eintge neue
Bändchen vor. Im 136. behandelt der Professor D. Dr. A. W.
unziuger, Hamburg Hauptfragen der Lebensgestaltung“.
er Leser wird in dem gedankenreichen, gut disponierten Büchlein, dos aus emer. Reihe von Vorträgen entstanden ist, mit den ver⸗ schiedenen Grundauffassungen bekannt gemacht, die sich die Menschheit im Laufe threr geistigen Entwicklung von Sinn und Wert des Lebens gebildet hat: der naturalistischen, idealistischen, intelletzualistischen, aͤstberschen und ethischen Lebensauffassung. Nach Darlezung des Persönlichkeitsideals und einer Kritik des Pessimismus wird daun das religtöse Gefühl der Menschenseele von seiner Quelle an, d. h. von der Sehnsuch', die über das Empirische hinausweist und in ihm keine Befriebigung und keine Möglichkeit zur ersehnten Vervoll⸗ kommnung findet, untersucht. Angesichts der Unerreichbarkeit der döchsten sitti chen Forderungen: des Kantischen kategorischen Im⸗ veratios urd des Schleiermacherschen Persönlichkeitsideals seien nur zwei Möglichkeiten gebolen, ein Verharren im ethischen Pessimismus oder ein? Wendung zur Religion. Das führt zen Verfasser zu Jesus und seiner „Frohen Botschaft“, dessen Perfönlichkit und dessen Heilelehre zwei weitere Abschnt te gewidmet sind. Das Schlußkapitel „Vollendung“ be⸗ chäftigt sich mit den letzten Wirkungen der christlichen Lehre auf die Mezschenseele und deren über das trdische Dasein hinautgehenden Hoffnungen und En wicklungsmöglichkeiten. — Im 116. Bändchen bietet Professor Dr. Friedrich Lrenhard eine „Eimführung in Goelhes Fauft“. Nach einleitenden Ausführungen über Goethes Ge⸗ amtverfönlichkelt wird in großen Zügen der Gedankengong der Faust⸗ ichtung skizziert und in einem welteren Kapitel die Entstehung der Dichtung geschildert. Die beiden letzten Kapitel be⸗ handeln „Faust⸗ als Kunstweirk und als Erlösungswerk. nlenhud, der sich in früheren Schriften bereits als Kenner GHoerhes und als seinsüinniger Ausdeuter seiner Dichtungen bewährt hat, hietet auch in diesem Büchlein Wertvolles und Eignes. Er wollte in ihm keinen neuen Faustkommentar liefern, sondern den Sinn ver Dichtung in großen Linien zusammenhängend barstellen. Der Leser wird einea Ausführungen mit Interesse folgen und am Schluß für manche Kuftiärung dankvar sein. — Im 60. Bändchen, das gleich dem vor⸗ enannten in 2. Auflage vorliegt, behandelt der ordentliche Pro⸗ essor an der Ualversität Freiburg i. Br. Dr. L. Säͤtterlein oie Lehre von der Lautbildung“. In einer Dar⸗ stellungeweise, die wissenschaftliche Z verlässigken mit Gemein⸗ verständlichkeit glöcklich verbindet, werden der Apparat und Mechanis⸗ mus der Sprechorgane, das Wesen der Laute und der Lautverbindungen sowie ihre Einteilung behandelt. Ein besonderer Abschnitt ist der „Muster⸗“ und der mundartlichen Aussprache, der Bühnen⸗ und Ge⸗ sangssprache eingeräuvmt. Gut gewäaͤhlte Beispiele aus dem Deutschen und seinen Dialekten sowie zablreiche Abbildurgen unterstützen das Ver⸗ ständnts der theer tischen Aus fuhrungen. Ein aphabetisches Ver⸗ zeichs der in dem Buche erwähnten Sachen und Personen, der Wortformnen, vaute und Schreibungen ist dem Büchlein beigegeben. des Bändch der Sammlung kostet gebunden 1,25 ℳ
6
Theater und Muftk.
Morgen, Abends 7 ½ Uhr, findet im Königlichen Opern⸗ hause das II. Symphoniekonzert der Königlichen Kapelle unter der Lertung bes Generalmusildirektors Dr. Richard Strauß natt. Dos Mittagskonzert hierzu beginnt morgen um 12 Ubr.
Im Königlichen Schauspielbause wied morgen das Lust⸗ sviel „Kie Journalisten“ gegeben. In den Hauptrollen sind die Damen Arnstädt, Conrad, Heisler, die Herren Boettcher, Cl wing, (Lichho z, Engels, von L⸗debur, Leffler, Patry, Sachs und Vesper⸗ mann beschäfligt. Spielleiter ist der Oberregisseur Patry).
Mannigfaltiges.
Seine Majestät der Kaiser und König und Ihre Majestät die Kaiserin und Königin besuchten, „W. T. P.“ zusolge, am Sonnabendvormittag die städtische Volksspeisung in der Zeutralmarkthalle.
W“
Der Hauptmann Boelcke ist, wie „W. T. B.“ meldet, im Verlaufe eines Luftkampfes am 28. Oktober mit einem anderen Flugzeuge zusam mengestoßen und bei der darauf erfolgten Landung hiuter unseren Linien tödlich verunglückt. Am 27. Ok⸗ tober hatte er sein 40. feindliches Flugzeng abgeschossen.
„Bei der Berliner Mission sind, wie „W. T. B.“ mitteilt, weitere Nachrichten über die Lage der deutschen Gefangenen in Blantyre eingelaufen. Die Zahl der dort eingebrachten Missionare, Farmer, Kaufleute und Soldaten ist im Laufe des August weiter gestiegen. Unter den letzteren befindet sich auch der Chef der Mtlitärstation Iringa, Hauptmann Styx, der in einem Gefecht bei Kidugala verwundet und in dem dortigen Hospital des Berliner Vereins für ärztliche Mission von der Njassabundschwester E. Franke gepflegt wurde, am 5. Juli aber mit seiner Pflegerin gleichfalls in die Gefangenschaft abgeführt ist. Der Missions⸗ aczt von Kidugala, Dr. Grimm, war mit seiner Gehilfin, der Niassabundschwester B. Alexander, seit Mat 1916 zum Sanitäts⸗ dienst an die Küste gerufen. In Blantyre sind die Männer in den Räumen der Niederlassung der Firma Denß untergebracht, die Frauen in einem Lager, das aus den Gouvernementsgebäuden und schnell errichteten Eingeborenenhütten besteht. Behand⸗ lung und Verpflegung sind zufriedenstellend. Auf dem be⸗ schwerlichen Transport vom deutschen Gebiet bis nach Blantyre, bei dem es in hohem Grade an der nötigen Fürsorge und an Schutz gegen tropische Ansteckungen gefehit hat, haben sich mehrere der Gefangenen, besonders der Frauen und Kinder, Er⸗ krankungen zugezogen. Glücklicherweise fehlt es in Blantyte nicht an ärztlicher Hilfe; unter den Gefangenen befindet sich auch der Regierungsarzt Dr. Meyer. Am 9. August lief in Blantyre die schmerzliche Nachricht ein, daß der um das Schutzgebiet hoch verdiente Missionsarzt des Berliner Vereins für ärztliche Misston, Dr. Rudolf Oehme, der Begründer der missionsärztlichen Stationen Kidugala und Isumba, der seit Ausbeuch des Krieges bei der Schutztruppe von Neu Langenburg stand, in Madtbira den Anstrengungen seines auf⸗ opfeenden Dienstes erlegen ist. Sein früher Tod — er war noch nicht 35 Jahre alt — ist für die Berliner Mission ein neuer schwerer Verlast. Ueber das Geschick der an der Zentralbahn in der Küstenlandschaft Usaramo und in Daressalam tätigen Missionare und der anderen deutschen Familien liegen nähere Nachrichten noch nicht vor.
Ueber die Witterung in Norddeutschland im Monat September 1916 bexrichtet das Königlich preußische Meteorologische Institut auf Grund der angestellten Beobachtungen: Der September war kühl, dabei bis auf den trüben und nassen Südwesten meist trocken, heiter und reich an Sonnénschein. Die Temperatur lag im mittleren Westen und in Schlesien stellenweise weniger als 1, sonst 1 bis 2 Grad unter dem langjährigen Mittelwerte. Maxima von 25 oder mehr Grad sind nur an wenigen Tagen im Südwesten, an der mittleren Eibe und in Oberschlesien vorgekommen. Im letzten Monatsdrittel traten im Osten Nachtfröste auf. Die Niederschlags⸗ mengen errelchten außer in Niederschlesien, Hinterpommern und einem zusammenhängenden Gebiete, das sich vom Südwesten her nordost⸗ wärts nach Thüringen erstreckte, nirgends die normalen Werte, die allerdings auf den Höhen des Thüringer Waldes um mehr als 80 vom Hundert überschritten wurden. Sehr wenig Regen (nur etwa 30 vom Hundert des langjährigen Durchschnitts) ist in der Gegend des Weichselknies gefallen. Besonders trübe war es im Gegensatze zum Nordosten (bis über 45 Prozent der möglichen Sonnerschein⸗ dauer) im Aachen⸗Dürener Hügelland (nur 25 Prozent). Die höchsten Erhebungen des Riesengebirges hatten bereits eine mehrtägige Schneedecke. Auch blieb hier das Maximum der Temperatur an einigen Tagen unter dem Gefrierpunkte. Die Karte der Niederschlagsverteilung läßt große Gleichmäßigkeit auf weiten Strecken erkennen: Vorwiegend sind unter 50, in größerer Ausdehnung sogar unter 25 mm Regen gefallen. Mehr als 50 mm wurden in vielen kästennahen Gegenden, besonders Hinterpommerns (bis über 100 mmI) beobachtet, ferner in versprengten Gedieten Hannovers und Braunschweigs, in Teilen von Schlesien, im Südwesten bis weit nach Thüringen hinein und in allen Gebirgen, besonders im Thüringer Walde (bis 100 mm). Am wentasten Regen (stellenweise nur wenig über 10 mm) ist in der Weichselgegend herniedergegangen. — In den ersten Monatstagen traten Teefdruckgebtete über Nordwest⸗ und Ost⸗ europa auf, die durch einen Rücken bohen Luftdruckes mit Maximal⸗ kernen über Südeuropa einersetts, Nordskandinavien anderseits von⸗ einander getrennt waren. Bei wechselnder Bewölkung und Wind⸗ richtung war es vorwiegend trocken, nur an der preußischen Küste zeitwetse regnerisch. Mit der Verflachung der nordweftlichen Depression nahm zwar das Hochdruckgebiet an Umfang zu, gleich⸗ zeitig bildeten sich aber auch Teiltiefs aus, sodaß am 4. und 5. in vielen Gegenden Norddeutschlands Regen fiel, der aber nur vorübergehend war, da vom 6. ab wiederum hoher Luftdruck in Westeuropa maßgebend wurde, während das Minimum meist im hohen Norden lag. Auch über dem Mittelmeer lagerten Depressionen, deren Einfluß zwar noch nördlich der Alpen, nicht aber mehr in Norddeutschland zu spüren war. Vom 13. ab drangen Ausläufer des nordöstlichen Tieforuckgebietes in südöstlicher Richtung vor, so baß bei nördlichen Winden sehr veränderliche, kühle und regnerische Witterung maßgebend wurde, die auch anhielt, als neue Depressionen von Westen her nach der Nord⸗ und Ostsee hin wanderten. In ihrem Rücken wurde es zwar trockner, jedoch so kalt, daß rechts der Elbe in den klaren Nächten vielfach Reifbildungen, in der Gegend des Weichselknies sogar mehr als 2 Grad unter Null beobachtet wurden. Ein Wärmerückschlag mit gleichzeitig heiterem und trockenem Wetter machte sich bei meist südlichen Winden erst vom 25. ab geltend, als einem ausgedehnten Tiefdruckgebiet über Westeuropa hoher Druck im Südosten gegenüber lag; jedoch erfolgte bereits in den letzten Tagen erneute Ablühlung, indem zunächst ein barometrisches Hochdruckgebiet sich von Skandinahlen nach Kurland bewegte und in Ostoreußen Racht⸗ fröste bedingte, während später einem barometrischen Maximum übder Nordwesteuropa tiefer Luftdruck in Mitteleuropa gegenüberlag, so daß in Mitteldeutschland mehrfach Gewitter mit starken Regenfällen herrschten, während im Ostseegebiete die kühle Witterung anhielt.
Warschau, 28. Oktober. (W. T. B.) Seine Majestät der König Ludwig von Bavyern traf heute vormittag um 10 Uhr mittels Sonderzuges auf dem festlich geschmückten Bahnhof ein, wo Seine Majestät zunächst die Meldung des Generalgouverneurs von Beseler entgegennahm und sich hierauf die zum Empfang be⸗ fohlenen Herren, den Gouverneur von Warschau, von Etzdorf, den Verwallungechef von Kries, den Chef des Stabes, Generalmajor von der Esch, den Kommandanten, General⸗ major von Kinzelbach und andere, vorstellen ließ. Dann be⸗ grüßte er die Ehrenkompagnie und schritt deren Front ab, worauf ein Vorbeimarsch erfolgte. Hlerauf begab sich der König mit Gefolge durch den mit Pflanzen und bayerischen Fahnen geschmuüͤckten Empfangssaal zu der vor dem Bahnhof aufgestellten bayerischen Ehrenschwadron, auch diese freundlich begrüßend. Im offenen Wagen des Generasgouverneurs wurde dann die Fahrt zum Palais Potockt angetreten in dem der König während seines Warschauer Apfenthalts Wohnung genommen hat. Später unter⸗ nahm Seine Majestät einen kurzen Spaztergang durch die innere Stadt, woran sich ein Frühstück im Palais Potocki schloß. Im Verlauf des Nachmittags besichtigte der König unter der Führung des stellvertretenden Polizeipräͤsidenten, Grafen von Lerchenfeld die Altstadt und besuchte dort u. a. die St. Annenkirche, die Johannes⸗ katbedrale, das Haus der Fürsten von Mafovten und das Fukier⸗ haus, woselbst der König seinen Namen in das Gästebuch ein⸗ trug. Die Fahrt ging bierauf über den Krasinskiplat zur Miadewastraße, wo die Presseabtetlung und Vetlegsabtetlung des Verwaltungscheers durch eine Besichtigung auegezoichnet wurte. Um 6ÿ½ Uhr speiste Seine Majestät der Köaig
bei dem Generalgouverneur von Beseler im Schloß Belvedere und begab sich Abnds 8 ¾ Uhr nach 888 B deutschen Kasino zu einem Bayernabend, zu dem aus Anlaß des Besuches des hoben Landesvaters alle i Warschau und Umgebung wirkenden Bayern geladen waren. Seine Majestät wurde von dem Stadtkommandanten General von Kinzelbach, dem Grafen von Lerchenfeld und dem Hauptmann Cresserer empfangen und nahm an der Ehrentafel neben dem Generalgouverneu von Beseler Platz. Der stellvertretende Polizelpräsident, Graf von Lerchenfeld begrüßte den König mit folgenden Worten: „Eure Majestät Die Stadt Warschau ist von einem Wittelsbacher erobert worder Heute weilt wieder ein Wittelsbacher, unser Allergnädigster König, in diesen Mauern. Viele treue Bayern sind heute hier versammelt, um ihn zu begrüßeu, um ihm zu danken für die Enade, daß er uns einen Abend hier gewidmet hat. dem Schutzwall unserer tapferen Truppen wie im Frieden und do im Keiege; denn keinen Augenblick vergessen wir Ereignisse, die sich auf allen Kriegsschauplätzen spielen, keinen Augenblick vergessen wir unsere Pflichten unsere Brüder draußen im Felde, keinen Augenblick auch vergessen wie unsere Pflichten gegenüber dem Herrscherhaus. Wir wissen, daß Volk und Fürst zusammenstehen müssen, daß das Vol dem Fürsten Treue schuldet. Seiner Majestät erhabenem Beispie folgen wir, Seiner Majestät geloben wir die Treue der Bayern, Seiner Majestät buldigen wir mit dem Ruf: Unser Allergnädigste König Ludwig III. hurra! — hurra! — hurra!“ Die Anwesenden stimmten begeistert in diesen Ruf ein. Darauf erwiderte Seine Majestät der König Ludwig mit folgender Ansprache: 8 „Ich danke Ihnen, Herr Graf, für Ihre Worte. Ich habe mich gefreut, diese Stadt wiederzusehen. Als ich vor Jahten zum ersten Male hier war, „hätte ich nicht gedacht, daß es bei einer solchen Gelegenbeit geschäͤhe. Der Herr Graf hat eben erwähnt, daß Prin Leopold es war, der mit einer deutschen Armee in Warschau ein⸗ gezogen ist, und ich kann Sie versichern, es ist mir wirklich eine bertliche Freude, daß es gerade meinem Bruder, der sein ganzes Leben der Armee gewidmet hat, beschieden war, als sieg. reicher Feldherr hier einzuziehen. Mir, Ihrem König, ist es eine ganz besondere Freude, überal, wo ich hinkomme, zu hören, daß die Bayern in diesem Kriege sich ganz hervor⸗ ragend geschlagen haben. Ich zweifle nicht, daß es so bleibt, bis wir einen glücklichen und ehrenvollen Frieden errungen haben. Ihnen, die Sie nicht als Soldaten hier sind, obliegen andere schwierige Pflichten. Sie haben nicht nur für das Wohl der deutschen Armee, sondern auch für das Wohl des Landes und seiner Bewohner zu sorgen, und mit Befriedigung höre ich, daß Sie es verstande haben, der Bevölkeruag vorzustehen. Deshalb wünsche ich, daß, wenn Sie wieder in unsere Hetmat zurückkommen, Sie sich darüber freuen können, gute Arbeit geleistet zu haben, der Sie sich stets mit Genugtuong erinnern werden. Wenn deutsche Soldat seine Pflicht tut, so tut er sie nicht als Söldner, sondern er tut sie als Vaterlandsverteidiger. Das ganze deutsche Heer ist kin Söldnerheer, es ist ein Volk in Waffen. steht zurück, und jeder tut seine Pflicht.
großen
So wünsche ich Ihnen denn
nochmals, wenn Sie zurückkommen, daß Sie mit stolzer Freude Ihres
Aufenthaltes hier gedenken können. Ich danke Ihnen, daß Sie meine Anwesenheit in der polnischen Hauptstadt benutzt haben, um mich hier zu begrüßen. Ich weiß ja, daß viele zu dem heutigen Tage von gekommen sind, und somtt Gott befohlen, meine lieben ayecn! 1
Im Verlaufe des Abends trug der deutsche Männerchor unter
der Leitung des Kapellmeisters Peter Ney, eines Berchtesgadener Kindes, eine Anzahl Volkslieder für Männerchor von Um 10 Uhr verlteß Seine Majestät das Fest, nachdem er sich Anzahl von Herren persönlich verabschiedet hatte.
v111““ 1 Paris, 29. Oktober. (W. T. B) In einer Pulverfabrik in St. Médard (Arr. Bordeaux) entstand im Trockenraum ein
Brand, der einen großen Umfang annahm. Dem Matin“ zufolge Der Sach⸗
wurden 65 Personen mehr oder minder schwer verletzt. schaden ist ziemlich erheblich. ““ 8
“
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)
Königliche Schauspiele. Dienstag: 12 Uhr: Symphoniemittagskonzert. (Programm wie am Abend.) — Abends 7 ½ Uhr: II. Symbphontekonzert der Königlichen Kapelle zum Besten ihres Witwen⸗ und Waisenfonds. Dirigent: Generalmusikdirektor Dr. Richard Strauß.
Schauspielhaus. 238. Abonnementsvorstellung. Die nalisten. Lustspiel in vier Aufzügen von Gustay Freptag. Herr Oberregisseur Patry. Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch: Opernhaus. 232. Abonnementsvorstellung. und Freiplätze sind aufgehoben. Nag 98.
Regie:
Dienst⸗ Zum ersten Male: Ariadne auf
Anfang 7 ½ Uhr.
Schauspielhaus. 239. Abonnementsvorstellung. Zum 250. Male: Die Rabensteinerin. Schauspiel in vier Akten vo er. don Wildenbꝛuch. Anfang 7 ½ Uhr. 16“
Mittwoch, den Neuen Philharmonie, Köpenicker Straße 96/97:
4. Volkstümliches Konzert des Königlichen Opervchors unter Leitung des Chordirektors Herrn Professor Hugo Rüdel und Mitwirkung der Konzertsängerin Fräulein Hertha Dehmlow und des Konzertsängers Herrn Wilhelm Guttmann. Karten zu 1,—, 1,50, 2— und 3 ℳ sind zu haben bei Bote u. Bock, Leipziger Straße 37 5 Seenstrage 7, A. Wertheims Konzertkassen und Abends an er Kasse. M
Familiennachrichten.
Verlobt: Frl. Erika von Till it Hrn. is. dolph (Stade). y mit Hrn. Oberleutnant Fritz Ru
Geboren: Eine Tochter: Hrn. Adolf von Bülow (Egsow). — .
Hrn. Hauptmann Heyder (Stralsund).
5 . 99 “ 80 8 von Vatg;ben (Berlin). — Fr. Henriette von Carnap, geb. t sel). — . Marie von Weiher (Kleinsoltiro ) Fhegtag (Gaffel)
Verantwortlicher Redakteur: Direktor Dr. Tyrol in Charlottenburg. Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Expedition, Rechnungsrat Mengering in Berlin. 8 Verlag der Expedition (Mengering) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, Berlin, Wilhelmstraße 32.
Sechs Beilagen spowie die 1233. und 1236. Aüsgube der Deutschen Verhestlisten.
Allgemeinen
Wir begrüßen Eure Mazestät hier hinter
Jung uand alt, ledig und verbeiratet, arm und reich, keiner
Mittags
Herr
1* . JFour⸗ 8
Oper in einem Aufzuge nebst einem Vorsviel von Hugo von Hofmannsthal. (Neue Bearbeitung.) Musik von Richard Strauß. 8
1. November 1916, Abends 8 Uhr: In der
Nachtrag.
Die Rede, die bei der Beratung des Gesetzentwurfs, etreffend die Feststellung eines zweiten Nachtrags um Reichshaltsetat für das Rechnungsjahr
1 916, der Staatssekretär des Reichsschatzamts Graf von Roedern gehalten hat, hatte folgenden Wortlaut:
Meine Herren!, Der Reichstag hat der Finanzverwaltung für die Kriegszwecke im Etatsjahr 1914 zweimal je 5 Milliarden Mark und einmal 10 Milliarden Mark zur Verfügung gestellt, zusammen
ür das erste für den Krieg in Betracht kommende Etatsjahr 20 Milliarden Mark. Im Etatsjahr 1915 wurden zweimal je 10 Milli⸗ arden Mark, zusammen also auch 20 Milliarden Mark, bewilligt, und in diesem laufenden Etatsjahre haben Sie die Finanzverwaltung rmächtigt, einen Kredit von 12 Milliarden Mark aufzunehmen. Die gesamten bisher bewilligten Kriegskredite belaufen sich danach auf 52 Milliarden Mark. Meine Herren, auf Grund dieser Bewilligungen ist die Finanz⸗ verwaltung zunächst stets mit der Ausgabe kurzfristiger Schatzanwei⸗ ungen vorgegangen, um in ganz regelmäßigen Terminen, nämlich im September 1914, im März 1915, im September 1915, im März 1916 und wiederum im September 1916, Schatzanweisungen in fundierte Anleihen langfristiger Natur umzuwandeln. Die Summe von über 47 Milliarden Mark, die auf diese Anleihen gezeichnet, und ie Summe von über 45⸗ Milliarden, die auf diese Anleihen bereits ingezahlt ist (Hört! hört), beweist Ihnen, daß diese Anleihepolitik n einer Weise von Erfolg begleitet war, wie wir sie alle vor dem Kriege nicht ahnen konnten. Das deutsche Volk hat im Kalender⸗ ahr 1914 4,5 Milliarden Mark, im Jahre 1915 über 21 Milliarden Mark und im Jahre 1916 wiederum 21,5 Milliarden Mark in diesen Inleihen aus eigener Kraft aufgebracht (Bravo!). Sie wissen, daß die vier ersten Anleihen im wesentlichen den⸗ selben Typus zeigten, nämlich einen fünfprozentigen Zinsfuß, und im wesentlichen auch denselben Ausgabekurs. Nachdem auf diese Weise rund 36 Milliarden Mark aufgebracht waren, konnte man sich wohl die Frage vorlegen, ob wir es für die fünfte Anleihe bei demselben Typus belassen sollten. An Gegenvorschlägen in dieser Richtung hat nicht gefehlt, und, meine Herren, ich habe aus diesen Vorschlägen
ammenkommen, mindestens drei verschiedene Meinungen möglich sind, sondern daß auch in finanziellen Kreisen über eine so wichtige Finanzfrage eine sehr geteilte Meinung herrschen kann.
Der Herr Reichsbankpräsident, mit dem ich diese Frage in meh⸗
dem die Finanzverwaltung auch bei dieser Anleihe für seine energische Mitihhilfe den größten Dank schuldet (Bravol), hat in diesen Be⸗
prechungen wiederholt darauf hingewiesen, daß es besonderer An⸗ reizmittel, wie sie vorgeschlagen waren, auch bei dieser Anleihe nicht dürfen würde (Bravo!l), daß die ethischen Momente auch heute bei em deutschen Volk entscheidend sein würden. Die Finanzverwaltung hat sich infolgedessen entschlossen, auch bei dieser fünften Anleihe es bei demselben Typus zu belassen, und der Erfolg hat der Voraussage tes Herrn Reichsbankpräsidenten durchaus recht gegeben. 0 652 000 000 Mark sind gezeichnet worden, und die Zeichnungen werden sich, wenn man die noch ausstehenden Feld⸗ und Ueberseezeich⸗ nungen hinzurechnet, auf annähernd 4 Millionen Zeichner verteilen. Das sind ungefähr ebensoviele Zeichner wie bei der bisher größten, ämlich der dritten Kriegsanleihe. Wenn Sie die Verteilung dieser Zeichnungen auch mit den Verteilungen auf die Reichsbank, die an⸗ deren Banken, Sparkassen, genossenschaftliche Kreditinstitute, Versiche⸗ rungsgesellschaften und Postanstalten vergleichen, so werden Sie finden, daß die Verteilung im wesentlichen wiederum dieselbe geblieben ist und daß sich die Anleihe auch in dieser Beziehung nicht wesent⸗ lich von ihren Vorgängerinnen unterscheidet. Gewiß ist in den mitt⸗ leren Zeichnungsgruppen gegenüber der dritten und vierten Anleihe⸗ icht aber, wie ich betonen möchte, gegenüber der zweiten Anleihe eine gewisse Verschiebung, die leicht erklärlich ist, eingetreten. Wohl aber beweist die Größe der Anleihesumme selbst und die Zahl der Zeichner auch in diesem Falle, daß es sich um eine wahre Volksan⸗ leihe handelt, bei der sich die weitesten Kreise werbend und zeichnend beteiligt haben (Bravo!).
Meine Herren, allen diesen Kreisen gilt heute an erster Stelle unser Dank. In hohem Maße sind die Beamten aller Bundesstaaten bei der Werbe⸗ und Aufklärungsarbeit wiederum durch die Geistlichen und Lehrer unterstützt worden. Wertvolle Hilfe haben neben allen Banken die Sparkassen, Kreditgenossenschaften, insbesondere auch die Landschaften trotz ihres verminderten Personals uns zuteil werden lassen. Besonders dankbar möchte ich aber heute auch an dieser Stelle der verständnisvollen Mitarbeit der Presse in allen Bundesstaaten ge⸗ denken. Sie hat sich wiederum in den Dienst der Sache gestellt, und wenn manche der Anleihe zunächst abträgliche Gerüchte bald zerstreut werden konnten und jedenfalls nicht den Zweck ihrer Urheber erreicht haben, so haben wir das nicht zum wenigsten der Aufklärungsarbeit der Presse sowohl im politischen wie im Handelsteil unserer Blätter zu danken, der Aufklärungsarbeit, die bis in die kleinste Provinz⸗ und Lokalpresse hinein geleistet worden ist.
Meine Herren, ich habe im Haushaltsausschuß bereits hervor⸗ heben dürfen, daß am 30. September schon etwa 5 ½ Milliarden Mark auf die Anleihe eingezahlt worden waren. (Hört, hört!) Diese Mit⸗ teilung möchte ich dahin ergänzen, daß die Einzahlung auf die fünfte Anleihe heute den Betrag von 8 ⁄¼½ Milliarden bereits überschritten hat (Lebhaftes Bravo!), obgleich der erste Pflichteinzahlungstermin, nämlich der 18. Oktober, bekanntlich nur eine Einzahlung von 30 Pro⸗
*) Ohne Gewähr, mit Ausnahme der Reden der Minister und Staatssekretäre.
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zum Deutschen Neichsanzeiger und Königlich Preußischen S
zent auf die gezeichnete Summe vorschrieb. Diese Tatsache wider⸗ legt am besten das immer wieder auftauchende Märchen von der Finanzierung unserer Anleihen durch die Darlehenskassen (Sehr richtig!), denn wer schon vor dem ersten oder zum ersten Einzahlungs⸗ termin, wie das offenbar geschehen ist, volle Zahlung leistet, wird sich nicht der Hilfe der Darlehenskassen bedienen und bei dieser Operation während mehrerer Monate ¼ Prozent mehr zahlen, als er selber einnimmt.
Ich habe erst in den letzten Tagen in einer sonst ernst zu nehmen⸗ den Zeitschrift des neutralen Auslandes die unsinnige Behauptung ge⸗ funden, wir hätten die fünfte Kriegsanleihe zu 59 Prozent mit Hilfe der Darlehenskassen finanziert. Ich habe mir daraufhin die genaue Zahl, mit der unsere Darlehenskassen bis jetzt bei der fünften An⸗ leihe in Anspruch genommen sind, geben lassen, und diese Zahl be⸗ trägt 235 139 000 Mark. (Hört! hört!) Das sind noch nicht 3 Pro⸗ zent der bisher eingezahlten Summe von 8 ½¼ Milliarden Mark. Die gesamten zurzeit noch vorhandenen Kriegsanleihedarlehen aus den Darlehenskassen betragen für sämtliche Kriegsanleihen 1 Milliarde 86 746 000 Mark. Das sind wiederum noch nicht 3 Prozent des gesamten bisher eingezahlten Betrages von 45 Milliarden Mark. Auch in dieser Beziehung finden Sie also im Vergleich mit der vor⸗ hin von mir für die fünfte Anleihe gegebenen Zahl eine gewisse Gleichmäßigkeit.
Ich begreife, daß das Ausland sich immer wieder die Frage vor⸗ legt, wie diese periodische Auffüllung unserer Kriegskasse aus den eigenen Mitteln des Volkes zu erklären ist. Die ethischen Momente, von denen ich vorhin sprach, sie können wohl vorhandene Kapitalien in die für das Vaterland jetzt notwendigen Bahnen lenken, aber, meine Herren, die Kapitalien müssen vorhanden sein, und sie sind auch bei uns vorhanden. Das Geheimnis liegt eben in unserem Abschluß nach außen, der auch, als Aequivalent für die verringerte Einfuhr, eine er⸗ heblich verringerte Zahlung an das Ausland zur Folge hat, in der angestrengten Arbeit, die hinter der Front in Landwirtschaft und Industrie geleistet wird, und an der nicht zum wenigsten auch die deutschen Frauen beteiligt sind (Bravol), und sowie schließlich in der Sparsamkeit, an die wir uns ja auf manchen Gebieten haben ge⸗ wöhnen müssen. Den besten Beweis für die Spartätigkeit auch im letzten Jahre ergibt die Sparkassenstatistik, die für die ersten acht Monate dieses Jahres — selbstverständlich ohne Rücksicht auf die Ab⸗ schreibungen auf die Kriegsanleihe — eine Zunahme von 1 710 000 000 Mark nachweist (Hört! hört!), annähernd denselben Betrag wie in den ersten acht Monaten des vergangenen Jahres, weit über eine Milliarde mehr als in den gleichen Monaten des in seiner ersten Hälfte ja noch als Friedensjahr zu betrachtenden Jahres 1914. Der Direktor der hiesigen Sparkasse hat danach auch die voraussichtliche Zunahme der Sparkasseneinlagen in diesem Jahre wiederum auf etwa 3 ½¼ Mil⸗ liarden Mark geschätzt. Zieht man aus dieser vermehrten und durch die Regierung gewiß nicht erzwingbaren Zunahme der Sparkassen⸗ einlagen den Schluß auf Bankdepositen, auf die Einlagen bei den genossenschaftlichen Kassen, so wird auch dem Auslande die Aufbrin⸗ gung der Milliardenanleihen um vieles verständlicher werden, um so verständlicher vielleicht auch deshalb, weil beim Ausland ein Teil dieser notwendigen Voraussetzungen für eine Ansammlung von Kapi⸗ tal im eigenen Lande fehlt. Während unser Geld im wesentlichen im Lande bleibt, werden die feindlichen Staaten mit jedem Tage dem Auslande in stärkerer Weise tributpflichtig. Erst vor kurzem hat der englische Schatzkanzler Mac Kenna sich auf die Angriffe wegen des zu hohen Zinsfußes für seinen neuen kurzfristigen Kredit mit dem Hinweis darauf verteidigen müssen, daß er in die Zwangslage ver⸗ setzt sei, jeden Werktag zwei Millionen Pfund, das heißt 40 Millionen Mark, zu finden, die er an das Ausland bezahlen müßte. Zu diesen Zahlungen der englischen Regierung für Kriegsmaterial an das Aus⸗ land kommt der Einfuhrüberschuß, den die sonstige Volkswirtschaft des Landes sowohl in England als in Frankreich infolge der sehr er⸗ heblichen Verschlechterung der Handelsbilanz beider Länder an das Ausland bezahlen muß. Eine wesentliche Förderung des Exports ist England auch in diesem Jahre nicht gelungen, und dabei geht der größte Teil des englischen Exports nicht in das neutrale Ausland, sondern in das England verbündete Ausland, er wird also nicht bezahlt werden, sondern gleichfalls kreditiert, und zwar in Form der Kriegs⸗ vorschüsse. Diese Kriegsvorschüsse an die Bundesgenossen erreichen in England schon jetzt den Betrag von 800 Millionen Pfund, das sind 16 Milliarden Mark. Allein im diesjährigen englischen Budget sind hierfür 9 Milliarden Mark vorgesehen. Wie den Herren be⸗ kannt ist, hat der englische Premierminister Asquith vor einigen Tagen es bezweifelt, ob mit dieser Summe auszukommen sein würde.
Meine Herren, wir wollen uns nicht verhehlen, daß England mit seiner Steuerpolitik während des Krieges in energischster und rück⸗ sichtsloser Weise versucht hat, seinen alten Traditionen in der Kriegs⸗ finanzierung treu zu bleiben, und daß es durch steuerliche und sonstige Einschränkungen, durch Einschränkung alles überflüssigen Luxus und durch Ausnutzung aller seiner Arbeitskräfte volkswirtschaftlich richtig handelt. Aber alle diese konsequenten Maßnahmen haben doch nicht verhindern können, daß der Diskont der Bank von England auf 6 Prozent hat festgesetzt werden müssen (Hört, hört!), und daß der Kurs der Konsols zurzeit nur noch mit 56 ⁄½ Prozent notiert. (Hört! hört!) Demgegenüber hat unsere Reichsbank seit Dezember 1914 den 5 prozentigen Diskont aufrechterhalten können.
Erlauben Sie mir in diesem Zusammenhange unter teilweiser Wiederholung schon vorher gegebener Zahlen noch einige Gegen⸗ überstellungen! In England bisher 13 Kriegskreditvorlagen über rund 62 Milliarden Mark, denen aber nur zwei inländische Anleihen und der Anteil Englands an der bekannten Ententeanleihe mit einem Ergebnis von sicher nicht über 19 Milliarden Mark folgten, während mindestens 30 Milliarden Mark kurzfristige Schatzanweisungen zur⸗ zeit laufen, in Frankreich 55 Milliarden Kriegskredite und auch nur zwei langfristige innere Anleihen mit einem Ergebnis von etwa 13 Milliarden Mark, bei uns demgegenüber bisher sechs Kreditvorlagen über 52 Milliarden Mark, denen fünf langfristige innere Anleihen
stellten, nähert sich seiner Erschöpfung.
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folgten mit dem bekannten Ergebnis von über 47 Milliarden Mark. In England zunächst bei der ersten Anleihe der 3 ½prozentige Zinsfuß, dann 4 ½ Prozent und jetzt bei den drei Jahre laufenden Exchequer Bonds 6 Prozent. Bei uns gleichmäßig bei allen Anleihen der 5 pro⸗ zentige Zinsfuß. In Frankreich ein Kurs von 87 %¾ Prozent bei der jetzt aufgelegten 5 prozentigen Anleihe, bei uns der Ausgabekurs, der lediglich geschwankt hat zwischen 97 ½ und 99 Prozent bei sämt⸗ lichen Anleihen. In England und Frankreich bei den letzten An⸗ leihen die Hineinnahme älterer Anleihen an Zahlungsstatt; bei uns Ausgabe ohne jedes der bekannten besonderen Anreizmittel.
Meine Herren, die Finanzverwaltung verkennt durchaus die schweren Lasten nicht, die auch wir finanziell in diesem Kriege bis⸗ her auf uns nehmen mußten. Aber eins steht doch auch heute fest: daß diese Lasten, gemessen an den gegenseitigen Kraftanstrengungen und Leistungen der Völker Europas, geringer sind als die unserer Gegner. Mein Herr Vorgänger hat Ihnen im vorigen Jahr eine Rechnung über die damaligen gesamten Kriegskosten Europas aufgemacht; ich habe an der Hand der letzten Daten denselben Versuch für die Ge⸗ genwart gemacht, und ich glaube, ich schätze nicht zu hoch, wenn ich danach die bisher aufgewendeten Kriegskosten der europäischen Staaten auf 250 Milliarden Mark angebe, auf 250 Milliarden Mark ohne Ein⸗ rechnung der zerstörten Werte und ohne Einrechnung der noch aus dem Kriege entstehenden Rentenverpflichtungen. Von dieser Summe von 250 Milliarden Mark werden auf uns und unsere Verbündeten etwa ein Drittel, auf die Länder der Entente zwei Drittel entfallen.
Meine Herren, Sie haben die Aeußerungen der führenden Männer der Entente in den letzten Wochen ebenso verfolgt wie ich. Sie wissen, daß wir weiterkämpfen müssen und daß nicht auf uns die Verantwortung fällt für einen weiteren Verbrauch nicht nur von Geld und Geldeswert, sondern vom besten Kapital, das jeder Staat in dem Leben seiner kämpfenden Landeskinder hat. Sie werden sich der neuen hohen Anforderung, die ich im Namen der ver⸗ bündeten Regierungen heute an Sie stellen muß, nicht entziehen. Der Kredit, den Sie zuletzt im Juni dieses Jahres zur Verfügung Die monaklichen Ausgaben haben mit der weiteren Ausdehnung unserer Fronten in Siebenbürgen und in der Dobrudscha eine weitere erklärliche Anspannung erfahren. Sie betragen in den letzten vier abgeschlossenen Monaten im Durch⸗ schnitt 2 187 000 000 Mark und bleiben damit noch erheblich hinter den englischen monatlichen Kriegskosten von 3 Milliarden Mark zurück.
In diesem Monat tritt noch hinzu die vorschußweise Zurück⸗ erstattung von über 250 Millionen Mark an die Bundesstaaten be⸗ ziehungsweise Kommunalverbände für die von ihnen verauslagten Fa⸗ milienunterstützungen. Die Finanzverwaltung glaubt, für die vor⸗ schußweise Erstattung von einem Viertel dieser verauslagten Familien⸗ unterstützungen angesichts der Dauer des Krieges und der schweren Belastung vieler Kommunalverbände Ihrer Zustimmung sicher zu
sein. Eine Hälfte dieses Viertels wird in diesem Monate bezahlt
mit einer Summe, wie ich schon angegeben habe, von 250 Millionen Mark. Die andere Hälfte soll in drei Monaten gezahlt werden.
Ebenso wie diese von mir erwähnten 250 Millionen Mark sind nicht alle Ausgaben der bisher verbrauchten rund 48 Milliarden als reine Heeresausgaben zu betrachten. Wie Ihnen bekannt, sind auf Ihre Anregungen zweimal je 200 Millionen Mark zur Verfügung gestellt worden zu Beihilfen an die Kommunen für Wohlfahrtszwecke. Diese Beihilfen sollen weiter gewährt werden, und es schweben zur⸗ zeit noch dem Abschluß nahe Verhandlungen über eine Erhöhung der hierfür aufzuwendenden Monatsbeträge aus Reichsmitteln.
Sodann wird ein Teil der in Kriegsgesellschaften und Kriegs⸗ bedarfsindustrien angelegten Gelder teils zurückgezahlt werden, teils aber auch wieder im Frieden nutzbar zu machen sein. Ich erinnere da vor allem an die Stickstoffanlagen, mit denen wir hoffen, der Landwirtschaft nach dem Kriege zu billigen Preisen mehr Stickstoff zur Verfügung stellen zu können, als sie vor dem Kriege zur Verfügung hatte. In Betracht kommt dabei auch der Ersatz eines Teiles unseres Kupferbedarfs durch Aluminium. Ebenso sind hierbei noch die ver⸗ schiedenen Anlagen für Ersatzfuttermittel zu erwähnen.
Ich hoffe, daß auch ein Teil der heute von Ihnen erbetenen zwölf Milliarden Mark friedlichen Zwecken weiter dauernd nutzbar ge⸗ macht werden können. Daß aber weitaus der größte Teil dieser Summe den direkten Bedürfnissen unseres Heeres zu dienen hat, darüber. meine Herren, werden Sie mit mir einig sein, und weil dies der Fall sein wird, weil wir aus diesem Kredit unsere Kämpfer an der Somme, in Kurland, in Polen, in Galizien, in Siebenbürgen und in der Do⸗ brudscha wieder mit dem notwendigen Bedarf an Munition, an Be⸗ kleidung für den Winter versehen müssen, hoffen die verbündeten Re⸗ gierungen auf Ihre einmütige Zustimmung zu dem im Nachtrags⸗ etat von Ihnen erbetenen neuen Kredit von 12 Milliarden Mark (Lebhaftes Bravol).
69. Sitzung vom Sonnabend, den 28. Oktober 1916, 3 Uhr. Am Bundesratstische: Staatssekretär Dr. Helfferich. Erster Vizepräsident Dr. Paasche eröffnet die Sitzung
um 3 ½¼ Uhr.
Zur ersten Beratung steht zunächst der von dem Abg. Schiffer⸗Magdeburg (nl.) eingebrachte, von allen Parteien des Hauses mit Ausnahme der sozialdemokratischen Arbeits⸗ gemeinschaft unterstützte Entwurf eines Gesetzes, betreffend Auskunfterteilung über Kriegsverord⸗ nungen.
Der grundlegende Paragraph 1 des Entwurfs besagt, daß eine strafbare Zuwiderhandlung gegen eine auf Grund des § 3 des Ermächtigungsgesetzes vom 4. August 1914 er⸗ lassene Anordnung nicht vorhanden ist, wenn die Handlung von einer zuständigen Stelle für zulässig erklärt worden ist. Nach § 2 werden die zuständigen Stellen durch Anordnung des Bundesrats bestimmt:; nach § 3 sind diese Stellen verpflich⸗ tet, den Bezirkseingesessenen auf Verlangen mit größter Be⸗ schleunigung eine schriftliche oder gedruckte Auskunft über das e. den Inhalt und den Sinn einer Anordnung zu er⸗ teilen,