1916 / 262 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 06 Nov 1916 18:00:01 GMT) scan diff

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Interesse eines Bundesstaates hinausgeht, die Interessen des ganzen deutschen Handels berührt. Die Reichsverwaltung ist deshalb in Erwägung eingetreten, inwieweit dem Antrage stattgegeben werden

kann, und sie kann wohlwollende Prüfung in Aussicht stellen. Der

einzelnen dazu Stellung zu nehmen. 1“ Abg. Schiele (dkons.): Diese Erklärung ist sehr erfreulich, sie zeigt, daß es sich hier um einen Akt der Nation handelt. Um so

nächstjährige Haushaltsetat wird dem Hause Gelegenheit geben, im

unerklärlicher ist es, daß die sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft

dem Antrage ihre Zustimmung versagt hat. Dem System des Aus⸗ landes, den deutschen Handel einzuschnüren, müssen wir uns entgegen⸗ setzen und uns bemühen, den Außenhandel soweit wie möglich für Deutschland wiederzugewinnen. Wir müssen nach dem Kriege neue Absatzgebiete erwerben, auch im Interesse der Arbeiter. er im Felde gefallene Abg. Dr. Frank hat gesagt, wenn wir diesen Krieg nicht gewinnen, dann müssen wir Menschen exportieren. Es muß unser aller Bestreben sein, den Weltmarkt auf allen Gebieten wieder⸗ zugewinnen. 3

Abg. Dittmann (soz. Arbeitsgem.): Meine Fraktion hat sich noch nicht endgültig entschieden, sondern sich ihre Stellungnahme für den Etat vorbehalten.

Abg. Dr. Bell (Zentr.): Ich kann auch namens meiner Fraktion erklären, daß wir wie die Vorredner auf dem Standpunkt stehen, daß schon während des Krieges alle geeigneten Schritte geschehen müssen, um unseren Ausfuhrhandel auf die alte Höhe zu bringen. Die welt⸗ berühmte Leipziger Messe kann schon während des Krieges der dar⸗ niederliegenden Industrie aufbelfen. Wir müssen dem feindlichen Aus land zeigen, daß wir gerüstet auf dem Kampfplatz stehen. Trotz der feindlichen Konkurrenz wird es heißen: Die Leipziger Messe im Welthandel voran.

Abg. Dr. Arendt (deutsche Fraktion): Im Gegensatz zur sozial⸗ demokratischen Arbeitsgemeinschaft glaube ich, daß der jetzige Zeitpunkt der geeignetste ist, auf den Etat einzuwirken und nicht erst abzuwarten, bis der Etat fertiggestellt ist. Die Aufrechterhaltung der Leipziger

Messe ist für ganz Deutschland eine, nationale Genugtuung.

Der Antrag des Ausschusses wird gegen die Stimmen der sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft angenommen.

Hierauf wird die gestern abgebrochene Besprechung der Ernährungsfragen fortgesetzt.

Abg. Herold (Zentr.): Das Kriegsernährungsamt ist inzwischen ausgeschaltet worden. Wir unsererseits wünschen, daß auch der Klein⸗ handel im Vorstande vertreten ist. Auch die Tätigkeit des parla⸗ mentarischen Beirats ist von einer nicht zu unterschätzenden Bedeutung; er hat die Aufgabe, die Fühlung mit der Regierung aufrecht zu er⸗ halten. Auch die Landeszentralbehörden müssen bei wichtigen Ent⸗ scheidungen gehört werden, damit die besonderen Eigentümlichkeiten der einzelnen Bundesstaaten berücksichtigt werden. Das Zusammen⸗ wirken mit den einzelnen Behörden ist ein Fortschritt gegenüber dem rüheren Zustand. An der Tätigkeit des Kriegsernährungsamtes ist a eine sehn starke Kritik geübt worden. Ganz gewiß ist es mit manchen Maßnahmen fehlgegangen, viele Maßnahmen sind auch zu spät erfolgt. Ich glaube, daß bei zunehmender Entwicklung das Kriegsernährungsamt sich in seine Aufgabe hineinarbeiten und sie zur Zufriedenheit wird lösen können. Infolge des vollständigen Abschlusses vom Auslande ist bei uns naturgemäß an vielen Nahrungs⸗ und Be⸗ darfsartikeln Mangel eingetreten, und es ist infoloedessen eine Preis⸗ steigerung zahlreicher Gegenstände erfolat. Um dieser Steigerung ent⸗ gegenzutreten, sind in größerem Umfange Höchstpreise eingeführt worden. Die Erfahrung zeigt aber, daß diese allein nicht genügen, daß damit verbunden sein muß eine Beschlagnahme der betreffenden Gegenstände, eine Rationierung und Verteilung an die Bevölkerung. Es ist die Ueberführung der betreffenden Gegenstände in die öffent⸗ liche Hand nicht zu vermeiden. Das hat natürlich Unzuträglichkeiten zur Folge, eine Verte Ware. aber die Maßregel ist bei dem vorhandenen Mangel eine Nokwendigkeit. Wo es irgend möglich ist, muß eine Herabsetzung der Preise herbeigeführt werden. Die meisten Schwierigkeiten hat die Versorgung mit Kartoffeln gemacht. In der neueren Zeit ist einige Besserung eingetreten, wenn auch noch nicht in befriedigendem Maße. Jedenfalls müssen alle Kräfte zu⸗ sammenwirken, Landwirte, Eisenbahnverwaltung, Staats⸗ und Kommunalverwaltungen, um die ausreichende Zufuhr der Kartoffeln für die Ernährung herbeizuführen, denn die Kartoffeln sind das wich⸗ tigste Nahrungsmittel für die Masse der Bevölkerung. Im vorigen Jahre wurde der Kartoffelpreis nachträglich erhöht. Wir haben dies lebhaft beklagt. Wir sind jetzt überzeugt, daß sich dieser Vorgang nach den Erklärungen des Präsidenten des Kriegsernährungsamtes nicht wiederholt. Vor allen Dingen muß die Kartoffel für die menschliche Ernährung hergestellt werden, darum war das Verfütterungsverbot an⸗ gebracht. Natürlich hat dies Verbot die Fleischproduktion beein⸗ krächtigt. Bei der Spiritusfabrikation muß zunachst das Heer berück⸗ sichtigt werden. Hoffentlich werden die Versuche fortgesetzt und führen zu einem günstigen Abschluß, Spiritus auch auf einem anderen Wege alo auf dem der Kartoffel herzustellen. Im vorigen Jahre hat die Regierung den Haferpreis nachträglich von 30 auf 36 erhöht. Darin lag eine ungerechtfertigte Bevorzugung der späteren Verkäufer. Hoffentlich wird dieser Fehler nicht wiederholt. Der Preis von 28

arf nicht herauf⸗ aber auch nicht berabgesetzt werden, weil bei der Futterknappheit und der Höhe des Butterpreises sich dieselben Miß⸗ stände ergeben könnten wie im vorigen Jahre. Wir sind auf die ein⸗ heimischen Futtervorräte angewiesen, und je knapper die Futtervorräte ind, um so zweckmäßiger müssen sie verteilt werden. Auch die Kleie muß nach Maßgabe des wirklichen Bedarfs der einzelnen Wirtschaften ver⸗ teilt werden, nicht schablonenmäßig. Wir müssen uns im neuen Jahre bemühen, die einheimische Viehhaltung nach Möglichkeit zu heben. Mit aller Sicherheit können wir erwarten, daß die Fleischration von 250 Gramm beibehalten werden kann. Dringend notwendig ist. daß der Antrag, die Viehhandelsverbände zu verpflichten, Schweine und Rinder aller Altersklassen, welche der Tierhalter aus wirtschaft⸗ lichen Gründen zu verkaufen genötigt ist, baldmöglichst abzunehmen, Berücksichtigung erfährt, damit diese Tiere aus der Durchfütterungs⸗ pflicht ausscheiden; sollte es auf diesem Wege möglich sein, die Fleisch⸗ ration zu erhöhen, so wäre das nur mit großer Freude zu begrüßen. Gegen den Antrag der fortschrittlichen Volkspartei, welche die Rind⸗ viehschlachtungen im laufenden Wirtschaftsjahre so bemessen will, daß sie mindestens die durchschnittliche Höhe der Jahre 1912 bis 14 er⸗ reichen, welche ferner die Höchstpreise für Rinder bereits im Laufe des Winters stufenweise herabsetzen will und welche Erwägungen darüber verlangt, ob der freie Handel in Rindvieh wiederherzustellen sei, werden wir stimmen: auf diesem Wepe ist eine Besserung nicht zu erreichen, es wären das verfehlte Maßnahmen, mit denen der kon⸗ umierenden Bevölkerung kein Dienst erwiesen würde. Die Herab⸗ Süeene⸗ der Viehpreise kann auf anderem Wege erreicht werden, nämlich durch Herabsetzung der hohen Provisionspreise der Vieh⸗ handelsverbände und durch wesentliche Herabsetzung der Spannung zwischen Viehpreisen und Fleischpreisen, wie die Kommission gleich⸗ falls empfiehlt, indem sie die bezüglichen Anträge dem Reichskanzler zur Berucksichtigung überweisen will. Vom Produktionszwang wollen wir nichts wissen; auf keinem Gebiete ist ein Zwang weniger ange⸗ bracht, als im Landwirtschaftsbetriebe mit seinen wechselvollen Ver⸗ hältnissen, mit seiner Abhängigkeit von den unberechenbaren Witte⸗ rungsverhältnissen. Der Anbau von Kartoffeln muß mit allen Mitteln gefördert und die Frühjabhrsbestellung schon jetzt sichergestellt werden. Das Gleiche gilt vom Zuckerrübenbau, der relativ verstärkt werden muß. Das ist moöglich ohne Beeintxrächtigung der für Brot⸗ getreide notwendigen Anbaufläche. Mit großer Energie und Tatkraft hat die Landwirtschaft trotz ungünstiger Witterungsverhältnisse und ungenügenden Arbeitskräften die Erntearbeiten bewältigt, und die Herbstbestellung ist beendet. Der gleiche Dank wie der Landwirt⸗ schaft gebührt auch der ganzen Bevölkerung, Arbeiterschaft, den Frauen, die nnendlich Großes geleistet haben, die einen unendlichen Opfermut bewiesen haben. Ein solches Volk wird den Krieg siegreich beendigen; Gott gebe, daß es recht bald geschieht!

Abg. Schmidt⸗Berlin (Soz.): Von dem gegenwärtig be⸗ Folgten und ziemlich restlos durchgeführten System zu einem anderen

überzugehen, den freien Handel in seine Rechte wiedereinzusetzen, wäre mehr als bedenklich. Hätten wir nicht in unserem Wirtschafts⸗ betriebe diesen Zwang, so würden wir auf dem freien Markt un⸗ sinnig hohe Preise haben. In Luxemburg hat der freie Markt es jetzt zu einem Kartoffelpreis von 24 für den Zentner gebracht. Das System der Höchstpreise, der Rationierung, der Enteignung er⸗ scheint uns unbedingt notwendig, ohne dieses Prinzip wäre längst der Zusammenbruch der gesamten Volkswirtschaft eingetreten. Der Produktionszwang ist vom Präsidenten des Kriegsernährungsamts glatt abgelehnt worden. Wir haben schon manchen Vorschlag während des Krieges sehr glatt ablehnen sehen, und kurz darauf wurde die betreffende Maßnahme doch akzeptiert. Das ist einer der gröbsten Fehler der Wirtschaftspolitik der Regierung, daß letztere solche Maßnahmen, die lange vorher empfohlen wurden, aber abge⸗ lehnt waren, erst annahm, als die Not sie dazu zwang. Es ist Tatsache, daß ein großes Areal im vorigen Jahre nicht bestellt worden ist, trotzdem Angebote, zum Beispiel auf Kartoffelbau, den betreffenden Besitzern vorlagen. Das darf nicht sein; da erscheint der Produktionszwang als eine Not⸗ wendigkeit. Natürlich nur der Zwang, den vorhandenen Boden aus⸗ zunutzen, nicht, daß jedem einzelnen genau vorgeschrieben werden soll, was er anzubauen hat. Das Kriegsernährungsamt sollte sich von diesem Gesichtspunkt aus die Sache nochmals überlegen. Mit den Leistungen des Amtes in den letzten 5 Monaten kann man nicht zu⸗ frieden sein. Besonders umbefriedigend ist seine Preispolitik gewesen; es debütierte mit einer Erhöhung des Kartoffelpreises um 1,75. für den Zentner, weil angeblich ein solcher Anreiz für die genügende Be⸗ schickung des Marktes nötig war. Diese Hoffnung des Amtes ist aber nicht in Erfüllung gegangen, das beweist die gegenwärtige Marktlage. Mit jeder hohen Preislage wächst der Wunsch nach noch höheren Preisen. Wir haben ja die verschiedenen Notschreie der Landräte über die künst⸗ liche Zurückhaltung der Kartoffeln vor uns. Das Kriegsernährungs⸗ amt hat sich überzeugen müssen seine Maßnahmen deuten darauf hin —, daß es kein anderes Mittel gibt, solche Bedarfsartikel auf den Markt zu bringen, als mit Zwang in die Wirtschaften einzugreifen und unbedingt zw fordern, daß die, welche Nahrungsmittel besitzen, sie ab⸗ geben. Anders kommen wir aus der Unruhe der Kartoffelversorgung überhaupt nicht heraus. Trotz aller Ermahnungen an die Produ⸗ zenten ist es nicht möglich, die Bestände, die für den Winter vor⸗ handen sein müßten, zu erlangen. Eine Stadt nach der andern kommt und sagt, sie bekäme keine Lieferungen. Der Bedarf für den Winter muß doch da sein, wenn auch die Ernte schlecht gewesen sein mag. Im Frühjahr können wir allerdings zu sehr unangenehmen Zuständen kommen, wenn die Bestände bei den Produzenten nicht sichergestellt werden. Die Preistreibereien bei den Seefischen sind geradezu uner⸗ hört, wenn für Räucheraal schon acht Mark aufs Pfund bezahlt werden müssen. Die Fische sollten gerade Ersatz für Fleisch sein, aber jetzt sind sie nur noch für die kaufkräftige Bevölkerung erschwinglich. Auf einigen Gebieten sind allerdings Erleichterungen eingetreten. Der Preis für Gerste und Hafer ist herabgesetzt; wir fordern aber die weitere Herabsetzung auf den Roggenpreis, wie es den Produktions⸗ kosten ontspricht. Wenn das neugegründete Kriegsamt nicht nur für die Versorgung der Munitionswerkstätten tätig ist, sondern weiter hinausgeht, so kann man grumdsätzlich dieser Einrichtung zustimmen, weil sie das viele Durcheinander in der Disposition des Versorgungs⸗ maßes an eine Zentralstelle schafft. Davon könnte ich mir manche Er⸗ leichterungen versprechen. Der Viehhandel hat sich nicht gerade glänzend bewährt; trotz der schärfsten Strafandrohungen wird die schwerste Wucherpraxis getrieben; der Kettenhandel treibt fortgesetzt sein Un⸗ wesen. Der S. müßte in die Zwangsorganisatlonen hineinge⸗ nommen und dort beschäftigt werden. Die Grundlage der Organi⸗ sation ist richtig, denn mit dem freien Handel ist nichts zu machen, aber was haben die Viehhandelsverbände aus dieser Organisation ge⸗ macht. Die Organisation wird vollkommen unter den Einfluß des Handels kommen, wenn die Regierung diese Tendenz nicht energisch unterdrückt. Im Viehhandelz verdienen manche Revenuen, die ein Ministergehalt übersteigen. Bei den Viehhandelsverbänden bleiben 70 Millionen als Provision stecken. Der unlautere Handel muß aus dem Viehhandel ausgeschaltet werden, nicht nur jetzt im Kriege, sondern auch im Frieden. Die Kommissions⸗ gebühren müssen ganz erheblich herabgesetzt werden. Für Obst und Gemüse haben wir Preise, die ins Fabelhafte gehen. Als die Reichsstelle für Obst und Gemüse eingerichtet wurde, sollte sie die Preise herabsetzen, sie sollte die bestehenden Lieferungsverträge nachprüfen und in die Verträge eintreten, aber bis heute sind noch nicht cinmal alle geprüft worden. Es wird wohl nur auf die Inter⸗ essenten Rücksicht genommen. Die Maßnahmen der Reichsstelle für Obst und Gemüse laufen gerade darauf hinaus, die Ware aus dem Markt auszuschließen. Die Reichsstelle für Obst und Gemüse gibt 8 bis 10 Prozent Vermittlungs⸗ und Verkaufsgebühr. Was in Friedenszeiten in diesem Gewerbe nie erreicht ist. Die Organisation hat sich vollkommen von den Interessenten des Handels einwickeln lassen. Wir müssen deshalb die Organisation selbst auf besserer Grundlage aufbauen, und wir werden um die Höchstpreise für Obst und Gemüse nicht herumkommen. Der Alkoholgebrauch muß mög⸗ lichst eingeschränkt, die Bierbereitung weiter auf 30 Prozent beschränkt werden. Unser Rindviehbestand ist gut und auch unser Schweine⸗ bestand ist nicht ungünstig. Wir müssen dafür sorgen, daß in der ganzen Bevölkerung die 250 Gramm für die Woche sichergestellt werden. Jetzt ist es ein ganz unhaltbarer Zustand, daß einige Städte nur 80 Gramm andere dagegen 500 Gramm haben. Die Fleischkarten hätten viel früher eingeführt werden müssen, dann hätten wir viele Schlachtungen ersparen können. Die Zuckerproduzenten haben eine Erhöhung des Preises von 15 auf 25 gefordert. Das übersteigt doch alles, was man von jener Seite erwarten konnte. Die Zucker⸗ affinerien hatten doch bei dem Preise von 12 das 3— fache des Rohgewinns vom Jahre vorher. Es wurden Dividenden bis über 30 Prozent gezahlt. Das muß aufreizend wirken auf die Bevölkerung die Mangel an Zucker leidet. Kann man die Verantwortung dafür übernehmen? Die beabsichtigte Preiserhöhung würde den jetzigen Preis um 40 pro Pfund erhöhen, und ich fordere die Verwaltung dringend auf, jene unverschämte Forderung abzuweisen. Der Höchst⸗ preis für die Zuckerrübe ist viel zu hoch. Die jetzigen Lebensmittel⸗ preise machen es dem Volke unmöglich, sich genügend zu ernähren. Ich erinnere z. B. an die enormen Preise für Gänse und Kakao. Wir müssen deshalb die Rationierung aller Gebrauchsartikel fordern unter besonderer Berücksichtigung der Arbeiter. Wir haben es an Vor⸗ schlägen und Einwirkungen nicht fehlen lassen, leider sind sie nicht be⸗ rücksichtigt worden. Gleichmäßigkeit und Einheitlichkeit kann dee schwersten Uebel beseitigen. Der freie Wettbewerb muß aufhören, der eigene Nutzen darf keine Rolle spielen.

Abg. Hoff (fortschr. Volksp.): Mit dem Präsidenten des Kriegs⸗ ernährungsamts stelle ich an die Spitze meiner Ausführungen den Ausdruck der Ueberzeugung, daß wir auch im nächsten Kriegsjahre mit unseren Vorräten durchhalten werden. Dafür bürgt uns die gute Ernte und die Energie, mit der die deutsche Landwirtschaft ihre Be⸗ triebe aufrechterhalten hat und aufrechterhalten wird. Ich schließe mich der Anerkennung des Abg. Herold für die deutsche Landwirtschaft an. Der englische Aushungerungsplan wird scheitern. Die dies⸗ jährige Ernte hat 5 Millionen Tonnen mehr Körner eraeben, 150 Pfund pro Kopf der Bevölkerung. Günstig ist auch die Rauh⸗ futterrnte, während die Kartoffelernte sehr erheblich hinter der vor⸗ jährigen zurückgeblieben ist. Das eröffnet immerhin einige freundliche Ausblicke auf das kommende Wirtschaftsjahr. Aber die Ernte allein ist nicht entscheidend, sondern das, wie die Ernte verwandt wird. Herr von Batocki hat richtig bemerkt, daß die Dinge dort gebraucht werden müssen, wo sie am wirksamsten sind. In der Vergangenheit sind schwere Fehler gemacht worden. Die letzte schwere Kartoffelkrise im Frühjahr war auf eine falsche Bewirtschaftung der Ernte zurückzu⸗ führen. Die menschliche Ernährung muß allen Verwendungszwecken der Ernte vorangehen. Dies gilt vor allem von dem Gebiet der Brauerei und der Brennerei. Das Braukontingent muß bis auf 25 Prozent herabgesetzt werden. Das Holz hätte zur Spiritus⸗ gewinnung doch früber herangezogen werden sollen. Graf Schwerin⸗

Löwitz hat geschrieben, je mehr wir die landwirtschaftlichen Produkte

direkt verzehren, um so besser werden wir durchkommen. Dem kann ich mich nur in vollem Umfange anschließen. Kartoffeln, Getreide

und Hülsenfrüchte müssen vorweg für die menschliche Ernährung sichergestellt werden. Was dann noch an Pflanzenstoffen usw. übrig bleibt, kann zur Verfütterung verwendet werden. Die Ersatzmittel für Kartoffeln müßten möglichst frühzeitig zur Verfügung gestellt werden. Es genügt nicht, daß das Brotgetreide usw. beschlagnahmt wird, es müssen auch die betreffenden Mengen gegen Verfütterung geschützt werden. Das ist nicht immer mit dem nötigen Nachdruck mit den Futterbeständen in Einklang stehen. Es kommt bei der Milchversorgung usw. nicht auf die Zahl der Tiere an, sondern darauf, daß die vorhandenen gut gefüttert werden. Der Ertrag des jetzigen Viehbestandes ist vielleicht nur ein Drittel des Friedensertrages. Die Zentralverwaltung kann also nur gewisse Richtlinien geben, die Landwirte müssen selbst so viel Vieh abstoßen, daß sie nicht genügend füttern können. Die Preise sind viel zu hoch und nicht richtig abgestuft. Die Verfütterung von Getreide ergibt den drei⸗ bis vierfachen Ertrag des Verkaufs, das ist höchst gefährlich. Wer Brotgetreide verfüttert, versündigt sich am Vaterlande. Es bleibt

ein schlimmer innerer Widerspruch, wenn man das Verfüttern vper⸗

bietet und zugleich prämiijert, indem man so hohe Gewinne für Vieh und tierische Produkte in Aussicht stellt. Ganz ebenso wie Graf

Mißverhältnis zu beseitigen hat der Präsident sich leider nicht ent⸗ schließen können. Immerhin will er wenigstens das Seinige bei⸗ tragen, es sich nicht noch weiter auswachsen zu lassen. Jede weitere Erhöhung der Rindvich⸗ und Schweinepreise kann nur den Anreiz zur Brotgetreideverfütterung noch erhöhen. Die Schweinemästungsverträge billigen wir. Ich bitte nun das Kriegsernährungsamt, möglichst viele Futtermittel zu liefern; ungenügende Lieferungen würden nur Schaden anrichten. Durch die schlechte Kartoffelernte sind viele vichzüchtende Landwirte in große Verlegenheit, vielfach geradezu in eine Notlage eraten. Da müßte ein Ventil geöffnet werden; es findet sich in dem Antrag, die Viehhandelsverbände zur schleunigen Abnahme der Schweine und Rinder zu verpflichten, welche der Tierhalter aus wirt⸗ schaftlichen Gründen zu verkaufen genötigt ist. Hier darf man auch nicht zögern. Es soll möglichst viel Vieh gehalten werden, aber auch nicht mehr, als mit den Futtervorräten überhaupt möglich ist. Diese Maßnahme allein reicht aber nicht aus; darin unterscheiden wir uns vor allem von dem Kollegen Held. Die Wirkung der vorgeschlagenen Maßregel liegt noch vollständig im Dunkel. Garantien für eine rich⸗

völlige Abhilfe in unserem Antrage, den Reichskanzler zu ersuchen: a. dafür Sorge zu tragen, daß angesichts des im Aufbau unveränderten, an Zahl gegenüber den letzten Friedensjahren nur wenig verminderten Rindviehbestandes 1) im laufenden Wirtsckaftsjahr die Schlachtungen so bemessen werden, daß sie mindestens die durchschnittliche Höhe der Jahre 1912, 1913, 1914 erreichen, 2) die Fleischration der Zivilbevölke⸗ rung diesen Schlachtungen entsprechend erhöht wird, 3) die Höchst⸗ preise bereits im Laufe des Winters in angemessenen Fristen stufen⸗ weise herabgesetzt werden; b. in Erwägungen darüber einzutreten, ob nicht im Interesse der sachgemäßen Auswahl und Abnahme des Schlachtviehs beim Viehhalter, sowie der angemessenen Verteilung der Zucht⸗ und Nutztiere, insbesondere der ausreichenden Beschickung der Weiden, der freie Handel im Rindvieh wiederherzustellen sei. Der Antrag geht nicht etwa von der Absicht aus, unsern Rindviehbestand zu vermindern; wir wenden uns nur dagegen, daß er im Laufe des Krieges vermehrt, daß mitten im Kriege eine Thesaurierungspolitik in Rindvieh getrieben wird. Unser Rindviehbestand ist intakt; er kann zum Nutzen der eehüch. und zum Nutzen der Bevölkerung durchaus im Sinne unseres Antrages behandelt werden. Den Einwand des Abg. Herold, daß der Antrag eine bestimmte Zahl enthalte, verstehe ich nicht. Wie sollen wir dazu kommen, in einem Vierteljahr 600 000 Rinder weniger abzuschlachten, als je in Friedenszeiten geschehen ist?

danach der Rinderbestand um 2—2 % Millionen in die Höhe gegangen sein. Der Abg. Herold warnte davor, auf unreifes Vieh bei diesen Schlachtungen zurückzugreifen, das sollte man doch durchmästen; ja, womit will er das denn durchmästen? Diese Politik hälten wir für so bedenklich, daß wir dafür keine Verantwortung übernehmen können in einer Zeit, wo alle Lebensmittel so knapp sind. Auch wir beklagen, daß stellenweise schon in wertvolle Rindviehbestände eingegriffen worden ist; allgemein ist das aber nicht geschehen, die Statistik zeigt im Gegenteil, daß alle Arten Rindvieh, auch die Milchkühe, eine er⸗ hebliche Steigerung der Zahl aufzuweisen haben. Es ist aber auch nicht angängig, die jetzigen hohen Rindvichpreise auf die Dauer fest⸗ zuhalten; die Züchter haben durchweg ganz erhebliche Gewinne gemackt.

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Es wäre eine schwere Ungerechtigkeit gegen die Konsumenten, die hohen Preise, die das Doppelte der Friedenszeit betragen, auch durch den Winter aufrecht zu erhalten. Der Kreistag des Kreises Stein⸗ burg hat schon vor einiger Zeit um eine wesentliche Preisherabsetzung für Rindvieh bei dem Kriegsernährungsamt ersucht. Wir schämen uns förmlich, so hohe Preise zu nehmen. Hier kann der Präsident des Kriogsernährungsamts sofort fühlbar dem deutschen Volke die Last abnehmen. Die wöchentlichen Rationen könnten dann auf 400 Gramm für die Woche erhöht werden. Wie es scheint, hat der Präsi⸗ dent sich schon jetzt festgelegt. Träte plötzlich der Friede ein, so würde ein Preissturz die Folge sein. Wollte man durch Schutzzölle eingreifen, so würde das einen Sturm der Entrüstung hervorrufen. Es muß deshalb schon jetzt ein Abbau der Preise eintreten. Wir sind mit den Grundsätzen der jetzigen Kriegswirtschaft im großen und ganzen ein⸗ verstanden. Aber im Punkte der Viehhandelsverbande werden wir von Tag zu Tag zweifelhafter. Als sie eingeführt wurden, war Gefahr im Verzuge. Damals war der Fleischverkauf nicht kontingentiert und rationiert. Die Zahl der Schlachtungen war abnorm gestiegen. Da war es verständlich, daß man sagte, hier ist Gefahr für den Vieh⸗ bestand vorhanden, und deshalb war es begreiflich, daß man den Ver⸗ such mit den Viehverbänden machte. Jetzt habe ich den Eindruck er⸗ halten, daß dieser Versuch mißglückt ist. Wir haben deshalb einen entsprechenden Antrag gestellt. Der freie Handel kann das heraus⸗ bringen, was nokwendig ist. Das deutsche Volk kann verlangen, daß während des Krieges nicht eine ungesunde Aufstapelung des Schlacht⸗ viehs stattfindet, daß ihm eine möglichst hohe Fleischration zur Ver⸗ fügung steht. Im übrigen hoffe ich, daß sich die Gegensätze zwischen Produzenten und Konsumenten noch weiter abschwächen werden. Mögen aber die Produzenten alles tun, um in diesem gemeinsamen Kampfe die Interessen der Konsumenten zu berücksichtigen, damit wir durchhalten und siegen können.

Abg. Dr. Böhm (nl.): Meine Freunde haben gestern mit Genugtuung von der Aeußerung des Präsidenten des Kriegs⸗ ernährungsamts Kenntnis genommen, die er über den Handel getan hat. Das war aber auch nötig nach den Stimmen im Lande. Auch wir wünschen, daß die sachkundigen Männer des Handels zugezogen werden, und daß die unteren Behörden dem Wunsche des Präsidenten entsprechen. Wir glauben nicht, daß es möglich sein wird, auf dem Wege der freien Konkurrenz unter den heutigen Um⸗ ständen erträgliche Verhältnisse herbeizuführen. Bei manchen Gegen⸗ ständen haben wir ja der Entwick ung freie Bahn gelassen. Dies hat zu Preistreibereien geführt und uns genötigt, Höchstpreise ein⸗ zuführen. Wenn wir zu den bedauernswerten Teuerungsverhältnissen gekommen sind, so ist das durch das englische Abssperrungssystem her⸗ beigeführt worden. Wir hatten die einheimische Produktion doch überschätzt, sowohl in bezug auf die Anbauflöche, wie in bezug auf den Ertrag. Diesen Irtum, der durch die falsche Statistik entstanden ist, müssen wir offen zugeben. Die angewendeten Grundsätze unserer Wirtschaftspolitik waren aber nicht falsch, wenn auch im einzelnen Fehler gemacht worden sind. Es ist unsere Aufgabe, die Produktion zu heben, nicht nur im Kriege, sondern dauernd, damit unsere Volks⸗ ernährung mehr als bisher ausreichend gedeckt werden kann. Nach

zu decken. Ein Fehler war, daß man nicht der Eigenart der einzelnen andwirtschaftlichen Betriebe mehr Rechnung getragen hat. Die Be⸗ schagnahme bei den ganz kleinen Betrieben, die selbst nicht genügend Getreide und Futter bauen, war ein Fehler. Dadurch ist sehr viel

Arbeit verschwendet worden. Am schwersten sind von der Teuerung

geschehen; wir müssen deshalb die Viehbestände so einrichten, daß sie

Schwerin hat sich unser Kollege Dr. Heim ausgesprochen. Dieses

tige Abstoßung des Viehstapels sind nicht Feba. Wir sehen die

Diese Politik ist Fühergrdentlich hedenklich; nach einem Jahre würde.

Lösung der Aufgabe ihr unmöglich gemacht werden. Entscheidend für

dem Kriege wird es schrrerer sein als vor dem Kriege, die Produktion.

3 betroffen die kleinen Beamten, die fest angestellten Staatsarbeiter und diejenigen Handwerker und Arbeiter, die an der Kriegsindustrie nicht beteiligt sind. Welche Entbehrungen haben diese zu erleiden! Es ist eine Ehrenpflicht des deutschen Volkes, an diese Schichten zu denken und ihnen für die Entbehrungen zu danken, die sie im Staats⸗ interesse auf sich genommen haben; ebenso ist es Pflicht, diesen Schichten desto mehr zu helfen. Die Preissteigerung ist bereits so groß, daß eine weitere Erhöhung kaum noch erträglich wäre. Bei der ungeheuren Steigerung der Feischpreise kann die große Masse der Bevölkerung nur sehr schwer ihre Ennährung aufrecht erhalten. Wir müssen gerade vom Standpunkt der Landwirtschaft diese Wir⸗ kung der schrankenlosen Konkurrenz bedauern und Leute, die für ein

Huhn 40 nehmen, müssen wegen Wuchers gefaßt werden. Wenn wieder über die Schutzzollpolitik entschieden wird, wird die Land⸗ wirtschaft die Folgen an ihrem Leibe spüren. Das muß gesagt werden, weil meine Freunde für die Fortsetzung der Schutzzollpolitik nach dem Kriege sind. Wir bitten die Regierung, endlich ernsthaft gegen die wucherischen Erscheimungen Stellung zu nehmen. Bei den Viehhandelsverbänden entstehen so ungeheure Einnahmen, daß das ungesunde Erscheinungen sind. Wir wollen durchaus nicht das System der Strafen weiter ausbilden und beklagen es sogar, daß auch Irrtümer hart bestraft werden, weil die Frauen, die jetzb meist in der Landwirt⸗ schaft beschäftigt sind, die Verordnungen nicht behalten können. Aber die Strafen müssen so bemessen werden, daß der Schuldige sie auch wirk⸗ lich empfindet. Ein Mitglied des Deutschen Landwärtschaftsrats hat Spätkartoffeln früh herausgenommen und dafür 140 000 einge⸗ nommen. Aber erst jetzt nach erneuten Anregungen hat sich die Be⸗ vorde entschlossen, dagegen vorzugehen. Solche Sachen wirken auf⸗ reizend und müssen gebrandmarkt werden. Für die Deckung des Kar⸗ toffelbedarfs muß ernstlich gesorgt werden, damit wir nicht noch schlimmere Verhaͤltnisse als im Vorjahre bekommen. Das darf den Gemeinden nicht überlassen werden, sondern es muß zwangsweise eine Kontrolle durchgeführt mwerden. Das Umlegeversahren muß geändert werden, es kann nicht pro Hektar die Lieferung der Kartoffeln vor⸗ geschrieben werden, sondern es müssen die besonderen Verhältnisse der Wirtschaft, namentlich auch der Viehbestand in der Wirtschaft be⸗ vücksichtigt werden. Die Knappheit der Sckereine kann sich noch ver⸗ schärfen, namentlich werden für die gewerbeichen Schlachtungen weniger Schweine vorhanden sein. Die Zahl der gewerblichen Schlachtungen ist teilweise schon auf ein Drittel gesunken. Deshalb werden wir zu einer vermehrten Abschlachtung des Rindvichs kommen müssen. Da Ueberfluß an Jungschweinen ist, so ist es dankenswert, daß die Truppenteile angewiesen sind, möglichst viele Schweine zu übernehmen, und daß nach den besetzten Gebieten Ferkel gebracht werden. Es müssen alle Maßnahmen zur Stärkung der Fettproduktion getroffen werden, wir begrüßen deshab die Mastverträge, denn es ist besser, wenige Schweine gut zu mästen, als eine große Zahl von Schweinen unzureichend zu mästen. Das Erfreulichste, was ums vom Kriegs⸗ ernährungsamt gesagt werden konnte, ist die Herabsetzung der Schrot⸗ preise. Der Rindviehbestand hat erfreulicherweise zugenommen, die Zahl der Kälber und des Jungviehs hat zugenommen, aber der Auf⸗ bau des Viehbestandes ist doch nicht mehr derselbe wie früher. Dus Quantum von 250 Gramm soll geliefert werden, in weiten Kreisen des Vaterlandes ist das aber noch nicht der Fall. Denn die Vieh⸗ handelsverbände haben trotz aller Bemühungen nicht so viel Vieh auftreiben können. Die Landwirte beschweren sich, daß man ihnen sogar die Zuchttiere und Milchkühe abgenommen hat. Die starke Berminderung der Milchkühe bedeutet eine Gefahr, es sind jetzt 35 dis 40 Prozent Mischkühe mehr abgeschlachtet worden als 1914. Auch die Ersetzung der Pferde durch Zugochsen bedeutet eine Ver⸗ minderung des Schlachtviehs. Gerade, wenn die Kartoffeln knapp werden, müssen wir die Reserven des Viehbestandes angreifen. Vorläufig haben wir noch Kartoffeln, aber im Frühjahr und Sommer kann sich die Schwierigkeit der Ernährung sehr bedeutend steigern. Aus allen diesen Gründen glauben wir, dem Antrag Ablaß nicht zustimmen können. Den gewichtigen Gründen, die der Abg. Hoff angeführt

bot, verschließen mir uns keineswegs: wir werden sie im Beirat im Dezember weiter zu erwägen und danach unsere Entschließungen zu fassen haben. Aus dem Industrieland Sachsen und aus den Industrie⸗ zentren kommen ständig die Klagen um ungenügende Zuführung von Fleisch; aber selbst in den Produktionsgebieten besteht in dieser Beziehung große Ungleichheit. In der Provinz Hannover müssen die Stallbesitzer monatelang auf die Beꝛahlung des Viehes warten. Die

Klagen über die allzu hohen Provisionen sind allgemein; hier muß

eine Nachprüfung stattfinden mit dem entschiedenen Willen zur

Herabsetzung. Es gibt Beispiele, daß sich die Beauftragten der Vieh⸗ handelsverbände durch die Provision nicht nur vollständig saniert haben,

wenn sie vorher dem Zusammenbruch nahe waren, sondern daß Ver⸗

mogen von Hunderttausenden in kurzer Zeit angehäuft worden sind.

Die Verteilung des künstlichen Düngers muß geändert werden; es

geht nicht an, daß in Orten, die im allgemeinen auf gleicher Kultur⸗

stufe stehen, diejenigen, welche Organisationen angehören, die erforder⸗ liche Düngermenge erhalten, während die anderen ohne dieses Be⸗ twhebsmittel bleiben, müssen, weil dem freien Handel nicht genügend

Material zur Verfügung steht. Die Zwangsaushebung von Pferden

muß beschränkt werden, will man nicht dem Zusammenbruch der Land⸗

wirtschaft Vorschub leisten. De Wildabschuß muß energischer be⸗ trieben werden und sich nicht bloß auf die Staatsforsten beschränken sondern auch auf die Privatforsten ausgedehnt werden. Bei der Ueber⸗ führung der Kriegs⸗ in die Friedenswirtschaft müssen Pferde der Land⸗ wirtschaft ausreichend zur Verfügung gestellt werden. Schließlich spreche ich meine Befriedigung über die Aeußerung des Präsidenten des

Kriegsernährungsamts aus, daß die ihm zur Verfügung stehenden

Machtmittel groß genug sind, um alle Widerstände zu brechen.

Ich will hoffen, daß sie nicht zu starkem Optimismus entspringen;

ich zweifle meinerseits daran, daß er Macht genug hat, den Widerstand

gewisser Bundesstaaten zu brechen. Darauf kann er sich verlassen, daß er event. bei uns im Reichstage bei seinen Bemühungen in dieser

Richtung vollen Rückhalt finden wird. (Beifall bei den National⸗

liberalen.) b 8 Abg. Dr. Graf von Schwerin⸗Löwitz (dkons.): Vom

Standpunkte der Landwirtschaft und ihrer Vertretungen aus möchte

ich mir einige allgemeine Bewerkungen gestatten. Im Frieden ist es

die Aufgabe der landwirtschaftlichen Körperschaften, die Interessen aller ihrer Mitglieder zu wahren. Im Augenblick des Kriegsausbruckes trat diese Aufgabe völlig in den Hintergrund; es trat an sie die Auf gabe heran, für die Versorgung des von der ganzen Außenwelt abge schlossenen deutschen Gebiets sich einzusetzen. Die ganze Zukunft unseres Volkes stand auf dem Spiele; die deutsche Landwirtschaft hatte zu zeigen, ob sie die große nationale Aufgabe, für die Ernährung des ganzen Volkes zu sorgen, zu erfüllen imstande war. Es war eine vaterländische Pflicht jedes Landwirtes geworden, aus seinem Boden soviel herauszuarbeiten, als überhaupt herauszuwirtschaften war. Auf der anderen Seite war es guch die Pflicht nicht nur der Staatsorqane sondern auch des ganzen Volkes, der Landwirtschaft diese ungeheure

Aufgabe nicht zu erschweren, sondern zu erleichtern, die Schaffens

kraft und Schaffensfreudigkeit zu erhalten: ohne diese würde die

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unser Durchhalten und Durchkommen ist nicht die Preisfrage, sondern die Vorratsfrage. Die Berechtigung der Forderung, dem Volke die Nahrungsmittel so billig wie möglich zu liefern, hat die Landwirt⸗ schaft niemals verkannt. Sofort bei Ausbruch des Krieges haben wir Landwirte erklärt, daß wir es ablehnen, aus dem Kriege Konjunktur⸗ gewinne zu ziehen, und daß wir deshalb Höchstpreise fordern müssen. Es gibt kein Land, welches so billige Lebensmittelpreise hat, wie Deutschland; das mog befremdlich klingen, aber es ist so. Wenn Sie die Preisentwicklung in den feindlichen und in den neutralen Staaten überblicken, werden Sie sich davon überzeugen. In Eng⸗ land ist der Weizenpreis viel höher als bei uns, er steigt fortgesetzt er ist 104 höher als unser Höchstpreis. Brot, Kartoffeln, Zucker kosten heute noch das Dopelte unseres Preises. Die Frage ist, ob I. moglich sein wird, England mit den nötigen Vorräten zu versehen. Die ganze, englische Presse ist mit der englischen Regierung darin einig, daß nicht die hohen Preise, sondern nur die Vorratsfrage zu eingreifenden Maßregeln treiben muß. Man bezeichnet es dort als

sorgen. Ich möchte dem Präsidenten des Kriegsernährungsamts diesen Gedanken ganz besonders nahelegen, denn was für England gilt, gilt für uns, die wir vom Auslande abgeschnitten sind, noch viel mehr. Es ist notwendig, vor allen Dingen die Produktion der Landwirtschaft zu erhalten. In zweiter Linie steht die Verteilung und erst in dritter die Preisfrage. Es ist immer noch besser, auch für das ärmste Volk, teuer zu kaufen, als gar nichts zu bekommen. Wir haben der Preis⸗ frage und Verteilungsfrage vielleicht eine zu hohe Beachtung und der Vorratsfrage eine zu geringe Bedeutung beigelegt. Wir haben in dem letzten Jahre viel zu sehr aus der Hand in den Mund gelebt. Wenn man viele Kühe abschlachtet, dann darf man sich nicht wundern, wenn man wenig Butter bekommt. Die Städter möchten am liebsten ihre ganzen Kartoffeln bis zur näcksten Ernte in ihre Keller be⸗ kommen, das ist ein unbilliges Verlangen. Es ist zu befürchten, daß. hier Kartoffeln verderben und der Notstand verschärft wird. Dem Präsidenten des Kriegkernährungsamts möchte ich keinen zu großen Vorwurf machen. Die Ernährungsfrage ist eine eminente Ver⸗ teidigungsfrage. Für die Landwirte ist in der Preisfrage zu berück⸗ sichtigen, daß die Erzeugungskosten, die Löhne bedeutend gestiegen sind. Trotzdem ist für sie die Preisfrage nicht das allein entscheidende, sondern die Besorgnis vor fortwährendem Eingriff in ihr Eigentum, die Erschwerung des Bezuges von Futtermitteln usw. Vor dem Produktionszwang kann nicht genug gewarnt werden. Eine Zwangs⸗ bewirtschaftung wäre geradezu ein Unglück für das Ganze. Jeder, der überhaupt eine Ahnung von der Landwirtschaft hat, wird wissen, daß zur Bewirtschaftung die allergenaueste Kenntnis des ganzen 9 betriebes nötig ist. Jeder Wechsel der Bewirtschaftung würde einen Rückgang in der Produktion zur Folge haben. Ich möchte dringend vor solchen Plänen warnen, die die Schaffensfreudigkeit der Landwirte nicht erhöhen, sondern nur zu ihrer Verärgerung beitragen kann. Welche Folgen würde der Produktionszwang bei den Kartoffeln haben? 1,50 ist kein Preis, bei welchem unter den heutigen Verhält nissen noch lohnend Rühen gebaut werden können. Die Schwierigkeit der landwirtschaftlichen Produktion wird erschwert durch die Knappheit des Stickstoffs, durch den Arbeitermangel. Ich ver⸗ wahre mich dagegen, daß man der Landwirtschaft ihre Arbeitskräfte entziebt, sie braucht sie notwendig. Sollte es nötig sein, eine geringere Ration von Kartoffeln zu bewilligen, so müßten wir ein größeres Luantum, eine Million Tonnen von Hafer oder Gerste, für die menschliche Ernährung zur Verfügung stellen. Ein Wort gegen⸗ über Herrn Hoff. Ob es richtig war, unsere Höchstpreispolikik so weit auszudehnen, wie es geschehen ist, ist mir von Anfang an sehr zweifelhaft gewesen. Heute würde cs allerdings nicht moglich sein, davon abzugehen, nackdem man das Sostem so weit durchgeführt hat. Ich habe mich bemüht, auch von dieser Stelle aus ganz offen und ohne Beschönigung die Mängel und Schwächen unserer Ernäh⸗ rungspolitik zu kritisieren. Wir haben trotz dieser Mängel keine Ursache, in bezug auf unser Durchhalten etwas zu befürchten. Wir werden durchhalten. Wir hatten diese Zuversicht schon zu Beginn des Krieges, aber doch nicht in dem Grade wie jetzt, weil es an Erfahrung fehlte. Wir haben jetzt Gewißheit, daß wir mit den gebotenen Ein⸗ schränkungen auch weiter auskommen können. Der Krieg mag so lange dauern, als er will. Vorhanden sind die beiden Voraussetzungen für das Durchkommen, der Wille, die unvermeidlichen Einschränkungen auch künftig zu ertragen und die Tatsache, daß kein Rückgang in unserer landwirtschaftlichen Produktion entstanden ist. Wer wollte ach nur den Gedanken wagen, daß unser Volk bei der glänzenden militärischen Lage, wie sie nach dem Urteil eines Hindenburg ist nach den beispiellosen Siegen, die in diesem furchtbaren Kriege er⸗ fochten sind, nicht mehr imstande sein sollte, diese beiden Voraus⸗ setzungen des vollen Sieges auch voll zu erfüllen. Wer das glaub! der kennt unser Volk nicht, der kennt unser herrliches deutsches Volk nicht, von dem jeder, der eine vielleicht mehr durch Entsagung und Ent⸗ behrung, der andere mehr durch Anspannung seiner Kräfte, aber jeder seinen Anteil mithaben will, an dem großen endlichen Siege, den wir erhoffen; wer das glaubt, der verbennt die Unerschütterlächkeit unseres Willens zum Siege. Niemals zuvor aber ist für die ganze Zukunft unseres Volkes von größerer Bedeutung gewesen die Schaffenskraft und Sckaffensfreudigkeit unserer deutschen Landwirt⸗ schaft; helfen Sie uns, sie zu stärken und zu erhalten.

Präsident des Kriegsernährungsamts von Batocki: Auf eine Anzahl der vorgebrachten Einzelheiten wird Gelegenheit sein, im parlamentarischen Beirat zurückzukommen. Von mebreren Red⸗ nern ist gefragt worden, ob meine Machtbefugnisse ausreichen werden. Ich kann nur wiederholen, daß es weniger auf Paragraphen, als auf guten Willen ankommt, und daß ich auf den guten Willen aller Betoiligten, der Regierung und der Ortsbehörden rechnen kann, und bisher mit gutem Grund gerechnet habe. Deswegen braucken Sie sich keine Sorge zu machen, daß irgend eine Maßregel aus Kom⸗ petenzschwierigkeiten unterbleiben würde, die im Rahmen unserer Aufgaben liegt. Graf Schwerin befürchtet, daß der Druck der öffent⸗ lichen Meinung, daß politische Erwägungen bei unseren Ent⸗ schließungen maßgebend sein könnten. Ich möchte ihm diese Besorgnis gern aus der Seele nehmen, denn wir haben noch viele andere Sorgen und brauchen uns keine unnützen zu macken. Diese Sorge ist nach meiner Ueberzeugung unberechtigt. Was ihm als Nachgeben gegen politische Strömung, als Nachgehen gegen Konsumenten⸗ interessen erscheint, erscheint dem, der von der Zentralstelle aus die Dinge übersieht, als eine wohlbegründete Maßnahme. Es waren auch Maßnahmen, die wir aus rein sachlicher Erwägung trafen, dem Grafen Schwerin als sachlich unberechtigt, als unter dem Drucke der Konsumentenbewegung entstanden erscheinen. Ich muß mich damit abfinden, ebenso wie damit, daß mir noch sehr häufig der Vorwurf gemacht wird, als ob ich wegen meines Berufes und meiner Ver⸗ gangenheit mich von landwirtschaftlichen Interessen mehr beeinflussen lasse, als im Sinne meiner Aufaabe liegt; da muß ich schon zwischen den verschiedenen Polen meinen Weg suchen und hoffe, ihn zu finden. Die Organisation des neuen Kriegsamts unter Leitung meines Mit⸗ arbeiters und Freundes Gröner ist durchaus in dem Sinne, wie wir uns die beste Förderung der Sache versprechen, geschaffen worden; die Einzelbeiten können bei einem so neuen Amte noch nicht feststehen. Der Zweck ist dahin bekannt gegeben worden, daß die Lösung der mit dem Arbeiterwesen, mit der Arbeiterbeschafsung zusammenhängenden Aufgaben der Heeresverwaltung einheitlich und in engerer Fühlung mit dem Kriegsernährungsamt bewirkt werden soll. Die Fürsorge für die Munitionsarbeiter läßt sich von den Aufgaben, die wir haben, nicht loslösen; hier liegt es ähnlich wie bei der Zivilbevölkerung. Ich verspreche mir davon manche Vorteile, ein geschlossenes Zusammen⸗ arbeiten, eine einheitlickere Berücksichtigung der Gesichtspunkte, die der Ernährung des Heeres und der bürgerlichen Bevölkerung gemein⸗ sam sind; es wird damit ein einheitliches Zusammenhalten zwischen dem Heer und der bürgerlichen Bevölkerung: gesichert werden. Auch die sckwierige Arbeiterfrage wird weiter den Gegen⸗ stand meiner Tätigkeit bilden. In den verflossenen fünf oder sechs Monaten unserer Arbeit haben wir vielfach sehr eilig arbeiten müssen. Ich hoffe unter Zuziehung des Beirats in den bevorstehenden ruhigeren Monaten die Grundlage für ein besseres Funktionieren der verschiede⸗ nen Onganisationen in der neuen Wirtschaftsperiode legen zu können. Auch Vorratspolitik müssen wir dabei treiben, aber die findet ihre sehr enge Grenze im Bedarf des Augenblicks. Zur Vorratspolitik gehört die Fürsorge, daß dieienigen Vorräte, die sich in kalter Jahres⸗ zeit nicht transportieren lassen, also vor allem die Kartoffeln, in ge⸗ nügender Menge rechtzeitig in die Verbrauchsbezirke gebracht werden. Der immer wieder angestellte Vergleich zwischen Krieg und Frieden trifft für den Krieg nicht zu, denn der Bedarf hat sich verdreifacht. Wir können also nur im Rahmen des unbedingt nötigen Vorrats Politik treiben. Unsere Aufgabe wird sein, eine Reform der Be⸗ hörden in den Zentral⸗ und Lokalstellen durck bessere Heranziehung von Sachverständigen usw.; ich will guch versuchen, die oft geforderte Zu⸗ sammenstellung der ergangenen Verordnungen und Bestimmungen in gemeinverständlicher Form zu schaffen, denn auch ich erkenne eine Uebersicht über die Verordnungen als notwendig an. Die Gemüse⸗ und Obstversorguan auf eine bessere Basis zu stellrn werden wir im⸗ Winter bemüht sein, das kann ich dem Abg. Schmidt versichern. Es

die erste Pflicht des englischen Staates, für genügende Vorräte zu

nierung nicht erfolgt ist, beitrachen onden so bei Wild, Fischen, Obst. Es ist schwer, beinahe unmöglich, die Preise festsuhalten, wenn man nicht gleichzeitig die Beschlagnahme und die gemeinsame Wirt⸗ schaft durchführen kann. Es läßt sich nicht alles bewirtschaften, beson⸗ ders schwer die frischen Fische. Trotz der Bedauerlichkeit der unsinnig hohen Preise werden wir mit ihnen rechnen müssen; es würde nicht helfen, sie herabzusetzen, dann würde nichts in den Verbrauch kommen. Wir wollen aber diese beklagenswerte Situation nicht als unabänder⸗ lich betrachten; es werden sich hoffentlich Wege zur Abhilfe finden. Die hohe Provision und manches andere kann auf die Dauer nicht so bleiben, wie es ist. Die ganze Einrichtung der Viehhandelsverbände ist erst vor wenigen Monaten getroffen worden, und in den ersten Mona⸗ ten müssen, wenn gesund gearbeitet werden soll, gewisse mie serben ange⸗ sammelt werden. Die Zeit dafür ist bald vorüber, und die berechtigten Klagen werden bald abnehmen. Der Abg. Schmidt hat nochmals den Preis von 4 für die Kartoffeln bemängelt; ich din froh, keinen niedrigeren Preis festgesetzt zu haben. Zwischen den Speisekartoffeln im Frieden und im Kriege besteht ein großer Unterschied; im Frieden gibt jeder ab, was er will, eventuell auch billiger; im Kriege wird bei großem Bedarf guch die letzte Kartoffel vom Felde und aus der Miete genommen, selbst die Kartoffel, die der Bauer unbedingt für seins Wirtschaft braucht, da muß man entsprechende Preise festsetzen, damit nicht die ganze Organisation versagt. Die Fabrikation des Holz⸗ spiritus wird mit vollem Nachdruck betrieben, aber die Hoffnung darauf darf man nicht überschätzen, immerhin können wir gewisse Erfolge er⸗ warten. Den Ersatz der Kartoffeln durch andere Nährmittel zu über⸗ schätzen, davor möchte ich warnen; wir werden ja alles mobil machen, aber ob wir wirklich 1 Million Tonnen Hafer oder Gerste zur Ver⸗ fügung stellen können, ist noch nicht zu übersehen. Wenn ich gestern über den Alkohol mit einigen ironischen Bemerkungen hinwegging, so richten diese sich nicht gegen den Ernst der Frage, sondern gegen ihre Uebertreibung. Die absoluten Temperenzler glauben jetzt ihre Zeit gekommen und gehen mit einer Rücksichtslosigkeit vor, die nicht mehr ernst genommen zu werden verdient, und über die man am besten mit Humor hinweggeht. Der Krieg ist nicht dazu da, um alles und jedes umzuwälzen. Von einer Verwendung von 900 000 Tonnen Gerste für Brauzwecke ist keine Rede mehr, die Herabsetzung wird eine sehr erhebliche sein; da diese Dinge nicht eilig sind, möchte ich mich heute noch nicht auf einen bestimmten Prozentsatz festlegen. Den Abg. Hoff kann ich dahin beruhigen, daß auch bei dem Rind⸗ vieh dafür gesorgt ist, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen, es werden schon Kälber geschlachtet in größerer Menge als bisher, und jedes wirklich schlachtreise Tier wird ohne Rücksicht auf die Wirkung der Schlachtung zugeführt werden. Wenn der Viehstand etwas zunimmt, so sehe ich darin gerade beim Rindvieh wirklich kein Unglück und keinen Schaden für die Volksernährung. Bezüalich des Zuckers betone ich, daß ein Rückgang des Zuckerrübenanbaues sehr bedenklich wäre, der Zucker erfordert mehr Arbeitskräfte als ein anderer Artikel und die sind sehr knapp; es wird dafür zu sorgen sein, daß wenigstens die Anbauflaͤche nicht zurückgeht. Die Stickstoffabrikation wird aufs äußerste angespannt, es wird alles geschehen, um soviel Stickstoff auch der Landwirtschaft zu liefern, aber eine Ausdehnung des Programms für die nächsten Monate ist unmöglich; Sie dürfen nicht übersehen, daß die Frage der Gesamtarbeitskräfte und ihre rich⸗ tige Verwertung eine der wichtigsten grundlegenden Fragen der Er⸗ nährung und der Volkswirtschaft überhaupt ist; und da gibt es auch Abwege, auch im Winter, fürchte ich, wird die Landwirtschaft nicht soviel Kriegsgefangene abgeben können, sie braucht sie, um ihren Be⸗ trieb aufrecht erhalten zu können, und käme sonst in schwerste Ungelegenheit. Es ist ja auch eine starke Ausnutzung des Wald⸗ bestandes, eine Steigerung der Holzfällung unbedingt nötig. Für viele dieser Zwecke sind die inlaändischen Arbeitskräfte so stark in Anspruch genommen, daß wir schwerlich für weitere Zwecke noch Kräfte übrig haben. Gestatten Sie mir nun noch einige ganz allgemeine Bemerkungen. Wenn man wie ich von morgens bis abends spät mit Fleisch, Bier, Obst, Milch, Butter, Kohl usw. zu tun hat, versuche ich mir eine halbe Stunde zu verschaffen, um auch über andere Dinge nackzudenken. Viele tun das nicht genügend, sie gehen auf in der Sorge um den Alltag und um das tägliche Brot. Ich habe durch mein Amt die besondere Aufgabe, enge Fühlung zu halten mit den Bedürfnissen der Bevölkerung. Ich kann nicht verhehlen, daß mich da manche Sorge beschleicht. Daß die Begeisterung der ersten Kriegs⸗ monate nachläßt, ist selbstverständlich; es kann von keinem verlangt werden, daß er in so langer, schwerer Kriegszeit diese Begeisterung beibehält. Aber gewisse Erscheinungen treten doch mehr als früher hervor. Propter invidiam ist es den Römern schlecht ergangen; und diese invidia ist auch bei uns. Die Gefahr, daß der eine den andern nicht mehr versteht, ist viel größer geworden. Von der Kame radschaf im Schützengraben ist in der Bevölkerung hinter der Front nicht meh

so viel zu merken wie wünschenswert wäre. Im Schützengraben is 8 das auch viel leichter, da ist die Gefahr gemeinsam, die Sorge ge⸗ meinsam, die Mahlzeit gemeinsam, da findet sich ganz von selbs Kameradschaft und gegenseitiges Verstehen. Ganz anders im Wirt schaftsleben hinter der Front. Die Psvche des städtischen Ver brauchers beurteilt den Landmann nach seinem reichen Tisch am Sonn⸗ tag; der Sommerfrischler kauft mit gefülltem Beutel den Ansässigen auf dem Lande das Letzte weg und hat dann noch nicht einmal den Takt, über das Vergnügen, das er genossen hat, zu schweigen, sondern erzählt noch, was alles er an Milch und Honig dort gefunden hat Die Beziehungen zwischen Stadt und Land sind dadurch nicht ver bessert worden. Von den Sorgen und Mühen des Alltagslebens auf dem Lande machen sich diese Beurteiler keine Vorstellung, das Ver⸗ ständnis müßte viel tiefer gehen. Der deutsche Bauer hat sich durch jahrhundertelangen Kampf die Selbständigkeit und Selbstherrlichkeit auf der eigenen Scholle errungen, er will auch weiter frei über seine Erzeugnisse verfügen. Das geht nun nicht mehr, er soll umlernen das wird ihm nicht leicht: das sollte auch der Städter einsel en, dann würde er manchen Mangel und manche Ungehörigkeit besser verstehen. Die Erkenntnis, daß der Landwirt umlernen muß, hat in den letzten Wochen und Monaten bei ihm ganz außerordentlich zugenommen: aber es wird ihm schwer und Rückfälle kommen vor Der Landwirt beurteilt den Städter nach seinen gelegentlichen Besuchen in der Stadt, nach den Hotels, nach dem Straßenleben der Groß⸗ stadt, nach den Lokalen, nach den Kleidern; es gibt unter den Be⸗ wohnern auch einige, die gewiß auch im Kriege der Spezies der Lebe⸗ männer und Lebefrauen angehören, unter denen ja jedes Volk zu leiden het und die einen unsynwathischen Einschlag in unserem Volksleben bilden. Aber es gibt auch sehr viele andere, die haben am Tage an⸗ gesttengte Arbeit und suchen des Abends Erholung, wenn man auch über den Geschmack vorschiedener Ansicht sein wird. Und von der schweren Arbeit in den Werkstätten, in den Kon toren, in den Schneider⸗ stuben hat der Landwirt, wenn er durch die Stadt kommt, auch keine Ahnung, auch nicht von der schweren Munitionsarbeit, in der jetzt so viele Frauen beschäftigt sind. Die Ueberzeugung von der Notwendia⸗ keit, daß diese Leute ausreichend ernährt werden müssen, damit sie gesteigerte Arbeit leisten können, muß erst allgemein werden, dann worden sie auch weiter kommen mit der Einteilung der gesamten Volksernährung. Auch die Beamten stehen jetzt anders da als im Frieden, sie haben gesteigerte Anforderungen zu erfüllen, sie haben im Ernährungswesen zu arbeiten auf Gebieten, die sie nicht beberrschen, wo sie eine schwere Verantwortung ohne genügende Vorbildung zu tragen haben, und hinter ihnen steht die Sorge um das kägliche Brot⸗ Das Fehlen der Kameradschaftlichkeit ist ein Zustand, der wahrhaftig nicht so bleiben kann, der das Durchhalten außerordentlich erschwert. Ich möchte gern, daß, je länger der Krieg dauert, jeder Mann, jede Frau, jedes Kind abends eine Viertelstunde sich Zeit nimmt, aus der Misere des Tages herauszukommen; es sollte in jedes Gehirn einge⸗ hämmert werden, daß es sich nicht bloß um etwas mehr Geld verdienen, um ehwas mehr oder weniger Essen handelt, sondern darum, was aus dem deutschen Volke werden soll. Der Aushungerungsplan war von Anfang an eine Hauptwaffe unserer Gegner, unser Hauptfeind Eng⸗ land, das ein ewiges Recht auf seine Seeherrschaft zu haben glaubt, hoffte, daß wir daran zugrunde neben werden. Wir haben dem wider!

standen und werden ihm widerstehen, aber nur, wenn wir einig und

ist von Preisübertreibung auf verschiedenen Gebieten, wo eine Ratio⸗ 1

geschlossen vorgehen. Ich bitte Sie, helfen Sie dabei!

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