korrepetitor an der Königlichen Oper in Berlin, bekundet mit diesen elf Variationen eine ungewöhnlich starke Be⸗ gabung. Seine Musik, aus der eine selbstständige Persönlich⸗ keit spricht, vermag zu fesseln. Das Hauptthema ist eine alter⸗ tümelnde duftige Wavotte, die bei aller Kunst der Durch⸗ fübrung nie ihren eigentlichen Charakter einbüßt und in mancher Hinsicht an Regers „Hillervariationen“ erinnert. Richard Strauß nahm sich des anmutigen Werkes mit großer Wärme an und führte es mit seiner erlesenen Künstlerschar in vornehmster Weise durch. Den Schluß des Konzerts bildete Schuberts herrliche C⸗Dur⸗ Symphonie. — allingford Riegger, der im Blüthner⸗ saal Werke von Beethoben, Jean S. Langstroth und Dvokaäk mit dem Blüthnerorchester zu Gehör brachte, ist ein gewandter Stabführer, dem es darauf ankommt, ehrliche, gediegene Arbeit zu leisten. Das Orchester folgte ihm leider nicht immer so wie er wollte, so blieben denn Wünsche in der Ausdeutung unerfüllt. „Caltfornta“, Präludium für großes Orchester von Langstroth, das seine Uraufführung erlehte, ist ein klar dispontertes Werk, das stellenweise stark interessierte. Die mitwirkende Geigerin Else Veda Duttlinger verfügt über einen schönen, gesangreichen Ton und gewann mit der Wiedergabe des Violin⸗ konzerts in D⸗Dur von Brahms die Anteilnahme der Zu⸗ hörer. — Der Dirigenk Karl Maria Art, der mit dem Philharmonischen Orchester und der Sängerin Else Dorenberg als Sollstin im Beethovensaal konzertierte, ließ außer Brethoven, dessen Symphonse Nr. 7 in A⸗Dur durch ihn eine gelungene Wiedergabe erfuhr, ebenfalls neuzeitliche Tonsetzer zu Worte kommen, so Alfred Schattmann mit einer feingezeichneten „Lustspiel⸗Ouvertüre’, Richard Strauß mit drei Liedern, von Elsa Dorenberg mit schöner, klangvoller Stimme gesungen, und Ernst Boehe mit seiner Tondichtung für großes Orchester „Taormina“. Diese zeigt den gewandten Tonsetzer, der, in allen Feinheiten der Instrumentierungskunst erfahren, so zu gestalten weiß, daß der Zuahörer stets angeregt bleibt. In einem Orgelkenzert, das der rühmlichst bekannte Königliche Hof. und Domorganist Otto Becker unter Mitwirkung der Hofopern⸗ sängerin Frieda Langendorff und der Violoncellistin Eugenie Prempslav in der alten Garnisonkirche gab, zeigte sich der Veranstalter wiederum als ein Meister seines Instruments. Technik und Regttrierkunst standen auf der Höhe, und so wurden denn überaus schwierige Werke von Reger und Ludwig Thiele in klarer, musikolischer Gliederung und herrlicher Tonpracht dargeboten. Es war ein shenvß dem Kügstler zu lauschen. Die mitwirkenden Solistinnen trugen ihrerserts dazu bei, das Programm des Abends mannigfaltig zu gestalten. — Im Blüthnerfaal bereiteten zwei gleichwertige Künstler, der Kammersänger Heinrich Hensel und der Professor Joseph Pembaur, einer geößeren Hörerschar durch Lieder⸗ und Klavier⸗ vorträge von S humann, Brahms, Schubert, Liszt, Pfitzner, Schillings, Chopm und Strauß einen musikalischen Genuß. Hensels vornehme und geschmackoolle Art zu sirgen und die reise Kunst Pembaurs, der besonders in dem „Nocturne“ (Op. 15,2) und „Scherzo“ (Op. 39) von Chopin seine Gestaltungskraft zeigen konnte, fanden starken Bei⸗ fall. — Im Beethovensaal sangen Erna Denera und Hertha Dehm low eine Rethe von Liedern und Duetten. Die Sängerinnen vermochten durch die völlige Verschiedenheit ihrer Gesangsweise in den Duetten nicht zi befriedigen. Hin und wieder waren auch starke Intonationgschwankungen festustellen, so im „Recordare“ von Verdi und im Duett aus „Orpheus“ von Gluck. „Der Tod Eund das Mädchen“ in der Ausdeutung Hertha Dehmlows und „Auflösung“ von Schubert zwangen dagegen zu vollster An⸗ erkennung. Im Verlaufe des Abenes wurden noch Werke von Brahms, Strauß, Schumann und Dvokäk gesungen. „An den Schmetterling“, eine Komposition aus verklungenen Tagen von Berneker, paßte, obgleich sie wiederholt werden mußte, nicht recht in den Rahmen des Konzerts. Eine geradezu bewunderungswürdige Kunst in der Begleitung legte Eduard Behm an den Tag. — Im Sezessionshaus hatte der beliebte Bariton unserer Königlichen Oper Cornelis Brons⸗ geest für seinen modernen Liederabend, mit Bernhard Tabbernal am Flügel, den entsprechenden Raum für die Eigenart der Gesänge eines Clemens von Franckenstein, Mox Kowalski und Paul Graener gefunden. Zwet andere, abseits von jenen stehende Komponisten, Paul Scheinpflug und Karl Kömpf, wörden sich in jeder Umgebung musikalisch behaupten. Glückliche Eingebungen sind die Komvositionen: „W dmung⸗ und „Gefunden“ von Scheinpflug und „Altes Haus“ von Karl Kämpf. Einem innig empfundenen Text Erich Rußdloffs hat Kämpf eine farbenreiche, geradezu plastisch wirkende Untermaiung gegeben; man meint da das Trörfeln des Gossenröhrchens zu vernehmen, die Spinne beim Netzspannen zu beoscchten, das „Rumpelmännchea“ Elferflügel schnitzen zu sehen. Bronsgeest sang diese Lieder mit voller Hingebung. Aber auch den düster gemmmten Gesängen von Kowalski, wie denen von Francken⸗ stein, die eine persönliche Note vermissen lassen, widme te er im Vor⸗ trag alle Sorgfalt Die schon kürzlich an dieser Stelle erwähnten „Galgenlieder“ Christian Morgensterns in der Vertonung Paul Graeners stehen dem Melodram näher als dem eigentlichen Lied. Sie bieten vor allem dem auesführenden Sänger Gelegenheit, seine Kunst der Darstellung zu erweisen. In Bronsgeest hatten sie jedenfalls einen glänzenden Vermittsfer. Er erntete bei der zahlreichen Zuhörerschaft starken Beifall. — Pia Mavyer, eine noch sehr jugendliche Sopranistin, die sich im Bechsteinsaal hören ließ, sollte vorerst das Konzertpodium noch nicht betreten. Ihr Stimmaterial ist gut, die Höhe zart und rein, doch fehlt noch der rechte Ausgleich der Register, und dem Vortrag mangelt zudem pie Innerlichkeit. — Glanzvoll verlief dagegen ein in demselben Saale von der Sopranistin Luise Hirt veranstalteter „Richard⸗Strauß⸗Abend“ zumal da Richard Strauß selbst als Be⸗ gleiter am Flügel saß. Die Sängerin, die stimmlich und gesangstechnisch gut ausgerüstet ist, brachte die Lieder des Meisters nicht nur mit klugem Vortrag, sondern auch mit warmer Empfindung zu Gehör; die herrliche Klavierbegleitung vertiefte vob die Eindrücke des genuß⸗ reichen Konzerts. — Auch der zweite Kammermusikabend des Fiedemann⸗Quartetts in der Singakademie nahm einen schönen Verlauf. Mit feinem Stilgefühl und geistig durchdachtem Vortrag spielten die Künstler das C⸗Dur⸗Quartett von Beethoven und das Quartett in D. Dur von Haydn, dazwischen das reizvolle Forellen⸗ quintert von Schubert, bei dem die hervorragende Klavierkünstlerin Frieda Kwast⸗Hodapp am Flügel mitwirkte. — Den bedeutenden Kravierkünstlern, die sich neuerdings hier hören ließen, gesellte sich würdig Moriz Rosenthal (Beethovensaal) hinzu. Es ist an dieser Stelle schon wiederholt darauf hingewiesen worden, daß die phänomenale Technik durchaus nicht der alleinige Vorzug seines Klavierspiels ist, daß sich seine echte Musikernatur niemals damit be⸗ gnügte, nur in dieser Hinsicht die Vollkommenheit err icht zu haben. Das zelgte sich wieder an diesem Abend. Wohl selten hat man ;3. B. die Schubertsche „Wandererphantasie“ so vollendet in der Form und so voetisch und 8 empfunden vortragen hören wie von Rosenthal. — Auch das Klovierspiel Erika von Binzers (Bechsteinsaal) hat — in weitem Abstand ron Rosenthal natürlich — einen ge⸗ wissen Grad jechnischer Vollendung erreicht. Aber ihrer Kunst fehlt es noch gänzlich an Verttefung.
Maunigfaltiges.
Weihnachtsgruß der Heimat an die Front. Der Minister der geisilichen und Unterrichtsangelegenbeiten kat den Schülern und Schülerinnen aller preußischen Schulen die Mitwirkung beim Vertrieb der Weihnachtsfeldpostkarten mit dem Geleitwort Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin gestattet und empfohlen. Um Zweifeln zu begegnen, wird besonders darauf bingewiesen, daß die Reichspostrerwaltung sich bereit erllärt hat, die Karte anzunehmen und zu befzrdern. Es fann daber bestimmt darauf gerechret werden, daß der Weihnachtegruß, dessen Avsgabe übezall im deutschen Vaterlande mit lebhafter Freude be⸗ grüßt worden ist, auch wirklich an jeden Ossizier, Unteroffizier und Mann an der Front gelangt. 1“ u
Im großen Hörsaal der Treptower Sternwarte finden in den nächsten Tagen folgende kinematographische Vorträge statt: Sonnabend, Nachmittags 5 Uhr: „Walrosse, Eisbären und Alken“, Sonntag, Nachmtttags 3 Uhr: „Mit Ozeandampfer von Bremen nach New York, 5 Uhr: „Unsere Marine“, Abends 7 Uhr: „Hinter der Front“ Mittwoch, 20. Dezember, Nachmittags 5 Uhr: „An den Ufern des Rheins“. Am Dienstag, den 19. Dezember, Abends 7 Uhr, spricht der Direktor Dr. F. S. Archenhold unter Vorführung zahl⸗ reicher Lichtbilder über die „Bewohnbarkeit der Welten“. Kriegs⸗ verwundete haben zu allen Vorträgen freien Zutritt. Mit dem großen FSeee werden am Tage die Sonne mit ihren Flecken, Abends der Jupiter und der Mond, Doppelsterne, Sternhaufen usw. beobachtet. 1 ist täglich von Nachmittags 2 bis 10 Uhr Abends geöffnet.
Gletscher in China. Auf dem Wege über London sind Nachrichten über eine Forschungsreise von F. K. Ward im westlichsten Teil der chinesischen Provinz Jünnan zu uns gelangt; sie enthalten eine Ueberraschung. In diesem Gebiet, das freilich schon an Tibet angrenzt, sind nämlich ziemlich große Gletscher entdeckt worden, wie sie sich sonst nur im Janern dieses Hochlandes finden. Allerdings steigen die Bergketten zwischen den hier parallellaufenden Bergketten des Salzwen, Mekong und Jaagtse Kiang bis zu einer Höhe auf, die alle europäischen Gipfel weit uͤbersteigt. Der Peimarschan zwischen den beiden letztaenannten Strömen erhebt sich bis zu etwa 6500 m und besteht übrigens aus vulkanischem Gestein. Auf der Osts eite reichen Gletscher bis auf 5000 m hinab, besitzen aber als eigentliche Eisströme jetzt nur eme geringe Länge, während sie nach den Abzeichen der Boden⸗ form wentgstens in einem Falle 10 km lang in die Tiefe gegangen sein müssen. Weit ansehnlicher und als echte Talgletscher entwickelt sind die Eisströme in einem anderen Teil dleser Wasserscheide, einer davon endet erst in 3000 m Mesreshöhe in der Waldregion. Nach den Erkundungen von Ward bei den Eingeborenen hat sich dieser Gletscher erst in den letzten 40 — 50 Jahren noch wesentlich zurück⸗ gezogen, eine Erscheinung, die ja auch bei den meisten Alpenglelschern zu beachten ist. Eigentümlich, aber wohl erklärlich, ist eine Ver⸗ minderung der Gletscherbildung von Westen nach Östen. „In der⸗ selben Richtung scheint nämlich der Betrag der Niederschläge abzu⸗ nehmen, von denen die Gletscherentwicklung abhängt. Auch der Rück⸗ zug der Gletscher in der jüngsten Zett deutet auf einen Umschwung der klimalischen Verhältnisse. Außer an der Westgrenze gegen Tibet zommen Gletscher sicher im ganzen eigentlichen China nicht vor, und sie feblen auch im ganzen übrigen Ostasten, selbst in den sogenannten japanischen Alpen.
Bern, 13. Dezember. (W. T. B.) Im Engadin und im Kanton Wallis herrschen furchtbare Schneestürme. Im Saastal wurden 18 Ställe mit Vieh und das Hotel auf dem Monte Moro durch Lawinen zerstört. Bei den Bernina⸗Häusern wurden 8 Mann von einer Lawine begraben, sie konnten gerettet werden. Durch eine Lawine wurde die Julter⸗Post mit 4 Mann und 5 Pferden in den Julierbach geworfen. Die Verunglückten konnten ebenfalls gerettet werden. Die Maloja⸗Post ist unterbrochen, die Rhätische Bahn gesperrt.
Handel und Gewerbe.
(Aus den im Reichsamt des nnern zusammen⸗ gestellten „Nachrichten für andel, Industrie Sund Landwirtschaft“.)
1 Schweden. Ausfuhrverbote. Durch Königliche Kundmwachung ist vom 1. Dezember 1916 ab die Ausfuhr nachstehender Waren verboten worden: s aus Kokosfasern ohne Beimengung von anderen Spinn⸗ offen. 1 Salmlak (Chlorammonium). Natriumsulfat (Glaubersalz) und Natriumbisulfat. Nach Stock⸗ holms Dagblad.)
Wien, 12. Dezember. (W. T. B.) Die vorläufig herrschende Ungewißheit über die Aussichten des Friedensangebots der Mittel⸗ mächte hat an der Börse zunäͤchst zur Zurückhaltung und im weiteren Verlaufe zu Entlastungsverkäufen geführt, die eine all⸗ gemeine Abschwächung der anfangs noch vorwiegend festen Stimmung zur Folge hatten. Verhältnismäßig stärkeres Angebot trat im Schrankenverkehr hervor, wo namentlich Kohlen⸗, Petroleum⸗ und Rustungsaktien sowie einzelne Nebenpapiere zu wesentlich billigeren Kursen umgesetzt wurden. Im Anschluß an den Schrankenverkehr trat schließlich auch in der Kulisse eine Ermattung ein. Feste Haltung bekundeten nur Schiffahrts⸗ und Magnesitaktien sowie Anlagewerte.
Börse in Berlir (Notierungen des Börsenvorstandes)
vom 14. Dezember vom 13. Dezember für Geld Brief Geld Brief E116“ ℳ ℳ 1 Dollar 5,77 5,79 5,77 5,79 100 Gulden 238 ¾ 239 ½ 238 ⅔ 239 ½ 100 Kronen 164 164 ½ 164 164 ½ 100 Kronen 171 ¾ 172 ¼ 171 ¾ 172 ¼ 100 Kronen 167 ½⁴ 167 ¾ 167 ½ 167 ¾ w 100 Franken 116 ½ 117 ½ 116 ⅛ 117 ½ hen⸗
Budapest 100 Kronen 63,95 64,05 63,95 64,05 Bulgarien 100 Leva 11“ 79 ½ 80 ½
v
New York olland änemark
Schweden
Norwegen
Der heutige Wertpapiermarkt zeigte kein ganz einheitliches Aus⸗ sehen. Die vorltegenden Berichte, soweit sie für die Börse in Betracht kamen, hatten nur unerhebl’che Schwankungen zur Folge; etwas fester waren sogenannte Rüstungswerte, wäbrend Schiffahrtsaktien di lge ig Realisationen etwas schwächer lagen. Der Schluß war unbelebt.
Kursberichte von auswärtigen Fondsmärkten.
London, 12. Dezember. (W. T. B.) 2 ½ % Englische Konsols
54, 5 % Argentinier von 1886 94 ⅞, 4 % Brasiltaner von 1889 47, 4 % Japaner von 1899 71 ¼, 3 % Portugiesen 54, 5 % Russen von 1906 79 v⅝, 4 ½ % Russen von 1909 —, Baltlmore and Ohio —, Canadian Pacisic 173 ½, Erie 38 ¼, National Rallways of Mexiko —, Pennsylvanta —, Southern Pacifie —, Unton Paciftc 152, Unsted States Steel Corporation 137 ¼, Anaconda Copper 19 ⅞, Rio Tinto 63 ½, Chartered 11/1, De Beers def. 13 ⁄16, Golbfields 1 ½¼ Randmines 3 ⁄16, 4 ½ % Kriegsanleihe 95, 3 ½ % Kriegsanlethe 83 ½. Fetatdiesern 517⁄3. Silber 36 3. — Wechsel auf Amsterdam
Monate 11,82 ½, Wechsel auf Amsterdam kurz 11,66 ½, Wechsel auf Paris 3 Monate 28,17, Wechsel auf Paris kurz 27,80, We sel auf Petersburg kurz 161 ½.
Paris, 11 Dezember. (W. T. B.) 5 % Französische Anleihe 88,05, 3 % Französische Reme 61,10, 4 % Spanische äußere Ankeihe 101,20, 5 % Russen von 1906 —,—, 3 % Russen von 1896 54,00, 4 % Türken unif. 58,00, Suez⸗Kanal 4100, Rio Vinto 1775.
Papts, 12. Dezember. (W. T. B.) 5 % Französische Anleihe 88,10, 3 % Französische Rente 61,30, 4 % Span. äußere Anleihe 100,75, 5 % Rassen von 1906 82,10, 3 % Russen von 1886 54,20, 4 % Türken unif. 58,00, Suezkanal 40,65, Rio Tinto 1770.
Amsterdam, 13. DPezember. (W. T. B.) Nach anfangs stark abflauender Tendenz trat eine Besserung ein, Hambura⸗Amerika⸗Paket⸗ fahrt⸗Aktien sehr fest. — Wechsel auf Berlin 42,25, Wechsel auf Wien 26,90, Wechsel auf Schweiz 49,00, Wechsel auf Kopen⸗ hagen 67,10, Wechsel auf Stockholm 70,25, Wechsel auf New Yorl 244,50, Wechsel auf London 11,69, Wechsel auf Paris 42,10. — 5 % Niederländische Staatsanleihe 102 ½. Obl. 3 % Niederl. W. S. 7613⁄6, Königl. Niederl. öö 522, olland⸗Amerika⸗Linie 419, Niederländisch⸗Indische Handelsbank 222, tchison, Topeka u. Santa Fé 102 ¾¼, Rock Island 1, Southern
Pacific 100 ½, Southern Railway 27 ¼, Union Pacific 147 ½, Ana⸗ conda 183, United States Steel Corp. 124 ⁄16, Französisch⸗Englische Anleihe —,—, Hamburg⸗Amerika⸗Linfe 89. 1
New York, 12. Dezember. (Schluß.) (W. T. B.) Die rück⸗ läufige Kursbewegung, die im gestrigen Börsenverkehr hervorgetreten war, fand heute kräftige Fortsetzung. Auf allen Umsatzgebieten kam es im Zusammenhang mit dem Friedensangebot des Vierbundes zu außergewöhnlich großen Liquidationen, die sich in erster Linie natur⸗ gemäß auf Kriegswerte erstreckten. Letztere sowie Steels verloren 4, Kupferaktten 2 bis 5 Dollar. Aehnliche Verluste wiesen auch die Anteile der Ausrüstungsgesellschasten, Schiffahrts⸗, Zucker⸗ und Gummiwerte auf. Dagegen waren Eisenbahnen widerstandfähiger; immerhin verzeichneten auch sie nicht unbedeutende Kursrückgänge. Um die Mittagestunde griff eine Erholung Platz, die teil⸗ weise zu Kursbesserungen um 1 bis 2 Dollar führten. Bald aber gewann die schwache Stimmung wieder die Oberhband, sodaß die Börse im allgemeinen zu den niedrigsten Karsen des Tages schloß. Der Umsatz erreichte eine Höhe von 2 460 000 Stück Aktien. Tendenz für Geld: Fest. Geld auf 24 Stunden Durch⸗ schnittsrate 4, Geld auf 24 Stunden letztes Darlehen 5, Wechsel auf London (60 Tage) 4,71,50, Cable Transfers 4,76,45, Wechsel auf Paris auf Sicht 5,85,00, Wechsel auf Berlin auf Sicht 67 ½, Silber Bullion 76, 3 % Northern Pacific Bonds —,—, 4 % Ver. Staat. Bonds 1925 —,—, Atchison, Topeka u. Santa F6 103 ½, Baltimore u. Ohio 83 ⅜, Canadian Pacisic 164 ½, Chesapeake u. Ohio 63 ¼, Chicago, Milwaukee u. St. Paul 91 ¼, Denver u. Rio Grande 17, Illinois Central 104, Loutsville u. Nashville 128, New York Central 104 ¼, Norfolk u. Western 134 ¾, Pennsylvania 56, Reading 105 ¼, Southern Pacific 97, Union Pacific 142 ¾, Anaconda Co L“ 87 ½, United States Steel Corporation 118, do. pref. 121 ⅛.
Rio de Janeiro, 11. Dezember. (W. T. B.) Wechsel auf London 12 ¼32.
Rio de Janeiro, 12. Dezember. (W. T. B.) ‧Wechsel auf London 12.
Kursberichte von auswärtigen Warenmärkten.
London, 12. Dezember. (W. T. B.) Kupfer prompt 145. Der Handel am Londoner Metallmarkt ist eingestellt worden.
Liverpool, 12. Dezember. (W. T. B.) Baumwolle. Umsatz 7000 Ballen, Einfuhr 15 900 Ballen, davon 5300 Ballen ameri⸗ kanische BHaumwolle. — Für Januar Februgar 10,84, für März⸗ April 10,99. — Amerikanische und Brasiltanische 57 Punkte, Indlsche 55 Punkte, Aegyptische 35 Punkte niedriger.
Amsterdam, 13. Dezember. (W. T. B.) Santos⸗Kaffee per Dezanber 58. :
Amsterdam, 13. Dezember. (W. T. B.) Rüböl loko 77 ¼, für Januar —. — Leinöl loko 61 ¾¼, für Januar 61 ⅛, für Fe⸗ bruar 63 ½, für März 64 ¼, für März⸗April —.
New Yort, 12. Dezember. (W. X. B.) (Schluß.) Baumwolls loko middling 18,35, do. für Dezember 18,42, do. für Januar 18,52, do. für Februar 18,64, New Orleans do. loko middling 18,00, Petroleum Refined (in Cases) 10,75, do. Stand. white in New York 8,65, do in Tanks 4,50, do. Credit Balances at Oil City 2,75, Schmalz prime Western 17,17 ½, do. Rohe & Brothers 18,00, Zucker Zentrifugal 5,51, Weizen für Dezember —,—, do. für Mat —,—, do. hard Winter Nr. 2 neuer 173, Meht Spring⸗Wheat clears (neu) 7,90 — 8,10, Getreidefracht nach Liverpool nom., Kaffee Rio Nr. 7 loko 9 ½, do. für Januar 8,15, do. für nes ,,8,88 do. für Mai 8,72, Kupfer Standard loke —,—, Zinn 43.
Rio de Janeiro, 11. Dezember. (W. T. B.) Kaffee. Zu⸗ fuhren: In Rio 10 000 Sack In Santos 65 000 Sack.
Rio de Janeiro, 12. Dezember. (W. T. B.) Kaffee. Zu⸗ fuhren: In Rio 9000 Sack, in Santos 55 000 Sack.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
Theater.
Kibnigliche Schanspiele. Freitag: Opernhaus. 273. Abonne⸗ mentsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Neu ein⸗ studiert: Otello. Oper in vier Akten von Cinseppe Verdi. Text von Arrigo Botto. Pür die deutsche Bühne übertragen von Max Kalbeck. Musikalische Leitung: Herr Kapellmeister Dr. Stieedry. Regie: Herr Regisseur Bachmann. Chöre: Herr Professor Rüdel. Anfang 7 ½ Uhr.
Schaufpielhaus. 282. Abonnementsvorstellung. Ludwig⸗
homa⸗Abend. Dichters Ehrentag. Lustspiel in einem Aufzug von Ludwig Thoma. In Szene gesetzt von Herrn Oberregisseur Patiy. — Die kleinen Verwandten. Lustspiel in einem Aufzug von Ludwig Thoma. In Szene gesetzt von Herrn Oberregisseur Patry. — Brautschau. Bauernschwank in einem Aufzug von Ludwig ; In Szene gesetzt von Herrn Oberregisseur Patry. Anfang ( ½ Uhr.
Sonnabend: Opernhaus. 274. Abonnementsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Tannhäuser und der Sänger⸗ krieg auf Wartburg. Romantische Oper in drei Akten von Richard Wagner. Ansang 7 ½ Uhr.
Schausptelhaus. 283. Abonnementsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Könige. Ein Schauspiel in drei Auf⸗ züsen von Hans Müller. In Szene gesetzt von Herrn Regisseur Dr. Bruck. Anfang 7 ½ Uhr.
Familiennachrichten.
Verlobt: Frl. Hannah Tschacher mit Hrn. Arthur Zedler⸗Pillwösche (Pillwösche, Kr. Grottkau)h. — Anni Freiin von der Recke mit Hrn. Hauptmann Bodo von Weyhe (Rudolstadt). — Verw. Fr. Marie⸗Louise von Storch, geb. von Plüskow, mit Hin. Bern⸗ hard von Storch (z. Zt. Detershagen bei Kröpelin, Meckl.).
Geboren: Eine Tochter: Hrn. Hauptmann Arndt von Steuben (Berlin⸗Charlottenburg).
Gestorben: Hr. Geheimrat Dr. Heinrich Schüle (Illenau). — Fr. Marie von Bardeleben, geb. von Meyer (Cassel).
—
Verantwortlicher Redakteur: Direktor Dr. Tyrol in Charlottenbutg. Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorstsher der Expedition, Rechnungsrat Mengering in Berlin.
Verlag der Expedition (Mengering) in Berlin. 6. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, Berlin, Wilhelmstraße 32. ₰ Vier Beilagen d 13806. Ausgabe der Deutschen Verlustlisten.
sowie die 1305.
5
hsanzeiger
Parkamentsbericht.*)
9 Preußischer Landtag. —Haus der Abgeordneten. 48. Sitzung vom 13. Dezember, Vormittags 11 Uhr.
Am Regierungstisch: der Minister für Landwirtschaft, pmänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlemer. Präsident Dr. Graf von Schwerin eröffnet die ibzung nach 1114 Uhr. Auf der Tagesordnung steht zunächst die zweite Be⸗
lung des Gesetzentwurfs, betreffend Abänderung
6 Artikels 85 der m 31. Januar 1850. Namens der mit der Vorberatung des Gesetzentwurfs rauten 15. Kommission führt
Berichterstatter Abg. Dr. Zimmer (Zentr.) aus: Die Gesetz⸗
Verfassungsurkunde
würfe, betreffend Abänderung des Artikels 85 der Verfassungs⸗ kunde und betreffend Auswandsentschädigung für die Mitglieder des geordnetenhauses, sind von der Kommission beraten worden. Ueber weiten Entwurf kann ein Bericht noch nicht erstattet werden, da noch Verhandlungen mit der Staatsregierung stattfinden müssen.
eiste Entwurf ist in einmaliger Lesung beraten worden. Es
delt sich darum, dem Artikel 85 der Verfassung eine weitere sung zu geben, um nicht jedesmal, wenn das Tagegeldergesetz ge⸗
ert werden soll, auch eine Verfassungsänderung vornehmen und
Tfür eine solcke vorgeschriebenen umständlichen Form der doppelten
stimmung genügen zu müssen. Die Kommission beantragt, den ¹ des vorliegenden Gesetzentwurfs in folgender Fassung an⸗ ehmen: „Die Mitglieder der zweiten Kammer erhalten cine Ent⸗ eigung nach Maßgabe des Gesetzes. Ein Verzicht ist unstatthaft.“ Ohne Debatte wird der Gesetzentwurf nach den Vorschlägen Kommission in zweiter Lesung und darauf auch in dritter ung endgültig gegen die Mehrheit der Konservativen an⸗
nommen.
Das Haus erledigt weiter in dritter Beratung ohne
batte den Gesetzentwurf, betreffend den Vorsi t katholischen Kirchenvorstand in Frank⸗ m Main, und setzt dann die zweite Beratung des rfs eines Schätzungsamtsgesetzes fort. rifft Bestimmung darüber, wer als Mitglied eines mtes bestellt werden darf und wer nicht Nach den eschlüssen darf der Vorsitzende des Kommunal⸗ cht Mitglied des Schätzungsamtes sein.
Abg. eissermel (kons.) begründet den Antrag seiner
ttei, diese Bestimmung zu streichen. Es sei nicht einzusehen, warum
Landrat von der Mitgliedschaft des Schätzungsamtes aus⸗
Aossen werden soll.
Abg. Graf Moltke (freikons.) befürworket seinen Ver⸗ gsantrag, wonach der Vorsitzende des Kommunalverbandes Regel nicht Mitglied des Schätzungsamtes sein soll, Aus⸗
hiervon aber unter Zustimmung der Aufsichtsbehörde zu⸗
—g sein sollen, besonders im Falle des Mangels an geeigneten watzern.
Parteigenossen, wonach die Bestimmungen über den Ausschluß tessierter Persönlichkeiten vom Schätzeramt keine Anwendung auf kstands⸗ und Aufsichtsratsmitglieder der Spar⸗ und Kredit⸗ eisenschaften finden sollen“. Der Antrag solle die Möglichkeit
121 * 7 ½ 2 1 — Abg. Dr. Wuermeling (Zentr.) begründet einen Antrag te
2
disen, gerade diese geeignete Persönlichkeiten zu Schätzern zu be⸗
Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Freiherr vom Schorlemer:
Meine Herren! Nach § 7 des Gesetzentwurfs in der Fassung,
er durch die Kommissionsbeschlüsse in Uebercinstimmung mit dem schlage der Staatsregierung erhalten hat, sind als Mitglieder sj Schätzungsamts nicht zu bestellen diejenigen, welche gewerbs⸗ ig Grundstücks⸗ oder Hypothekengeschäfte vormitteln, gewerbs⸗ eig den Erwerb oder die Veräußerung oder die Beleihung von inestücken betreiben oder Mitglieder des Verstandes oder Auf⸗ Frats einer Gesellschaft sind, die den gewerbsmäßigen Betrieb
8s den Erwerb oder die Veräußerung oder die Beleihung von
endstücken bezweckenden Unternehmens zum Gegenstande hat. Der Antrag Nr. 324, welchen die Herren Abgeordneten Dr. Hager Dr. Wuermeling gestellt haben, will nun diese Bestimmung Spar⸗ und Kreditgenossenschaften nicht in Anwendung gebracht 7. Wenn ich die Frage beantworten soll, ob Spar⸗ und Kredit⸗ ssenschaften ohne eine derartige ausdrücklickhe Bestimmung unter ersten Absatz des § 7 fallen, so wird dabei ausschlaggebend sein, e Spar⸗ und Kreditgenossenschaften gewerbsmäßig Grundstücks⸗ Hyxrothekengeschäfte betreiben. Ist das der Fall, dann würden trlich ihre Vorstands⸗ und Aufsichtsratsmitglieder nicht Mit⸗ reines Schätzungsamts werden können. Soweit ich übersehen werden in der Regel Spar⸗ und K reditgenossenschaften, wenig⸗ di ländlichen, für den gewerbsmäßigen Betrieb von Grund⸗ und Hypothekengeschäften nicht in Frage kommen. Ich darf barauf berufen, daß von der landwirtschaftlichen Venwaltung vwiel ich weiß, auch von den landwirtsckaftlicken Berufsorgani⸗ hen immer der Standpunkt betont worden ist, daß Genossen⸗ sen dieser Art nicht den Real⸗, sondern den Personalkredit fördenn — und daß es infolgedessen nicht zu wünschen und im Gegenteil Möglichkeit zu verhindern ist, daß solche Genossenschaften sich Fauernde Beleihung von Grundstücken einlassen. Wenn dieser
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c inkt, woran nickt zu zweiseln ist, richtig ist und in der el von den Genossenschaften auch beachtet wird, wird der Fall, ie gewerbsmäßig Grundstücks⸗ und Hypothekengeschäfte betreiben, e horlommen. Infolgedessen liegt auch kein Anlaß vor, diese hg sratsmitglieder nicht zu Mitgliedern des Schätzungsamts elt werden können. Dasselbe würde meines Erachtens auch der Fall sein z. B. bei mmüßigen Baugenossenschaften, die ihre Geschäfte gemeinnützig — als als Mitglieder des Schätzungsamts bestellt werden
88.
8 1
b a döne Gewähr, mit Ausnahme der Reden der Minister und
Erste Bei lag e
—
können, auch wenn der Wortlaut des § 7 so bleibt, wie er nach den Beschlüssen der Kommission festgelegt worden ist.
Ich möchte deswegen die Bitte aussprechen, den Antrag Nr. 324 abzulehnen, weil ich der Meinung bin, daß das, was die An⸗ tragsteller wollen, durch meine Erklärung schon erreicht erscheint. Wo außerdem im Falle des § 7 Abs. 1 Nr. 3 das Bedürfnis vorhanden sein sollte, in einem einzelnen Falle ein besonders tüchtiges und geeignetes Mitglied einer Gesellschaft oder Genossenschaft als Mitglied eines Schätzungsamtes zu bestellen, gibt der Absatz 2 des § 7 dazu die Mög⸗ lichkeit. Hier kann immer die Genehmigung der Aufsichtsbehörde ein⸗ geholt werden, die in solchen Fällen auch regAmäßig erteilt werden wird.
Was nun den letzten Absatz des § 7 anbetrifft, dessen Streichung in dem Antrag 322 beantragt ist, so möchte auch ich diesen Antrag be⸗ fürworten. Ich glaube, der Herr Abgeordnete Wuermeling hat mit Recht ausgeführt, daß nach der jetzigen Konstruktion die Schätzungs⸗ ämter als kommunale Einrichtungen anzusehen sind, und es ist des⸗ halb auch nur folgerichtig, daß an sich sowohl dem Vorsitzenden des Kreiskommunalverbandes wie auch dem Bürgermeister und Ober⸗ bürgermeister die Möglichkeit vorbehalten bleibt, an die Spitze des Schätzungsamtes zu treten. In Wirklichkeit werden diese Herren, so⸗ bald sich andere geeignete Personen finden, zweifellos nun in sehr selte⸗ nen Fällen von dieser Befugnis Gebrauch machen; denn sowohl in einem größeren Kreise wie auch in einer größeren Stadt werden dem Schätzungsamte und seinem Vorsitzenden so große und umfangreiche Aufgaben erwachsen, daß der Vorsitzende des Kommunalverbandes nur wenig Lust verspüren wird, den Vorsitz in dem Schätzungsamt zu über⸗ nehmen.
Ich glaube auch, daß der Antrag der Herren Konservativen vor dem Vermittlungsantrag der Herren Freikonservativen den Vorzug verdient, denn dieser schreibt immerhin ein etwas umständliches Ver⸗ fahren vor und könnte als Ausdruck eines vollständig unbegründeten Mißtrauens gegen die Vorsitzenden der Kommunalverbände aus⸗ gefaßt werden, das, wie ich glaube, auch in diesem Falle auch nach An⸗ sicht der Antragsteller nicht begründet ist.
Abg. Boisly (nl.) befürwortet die Kommissionsfassung und die Ablehnung allor Abänderungsanträge.
Abg. Cassel (fortschr. Volksp.): Wir haben schon genug Land⸗ räte in den Steuerkommissionen, wir möchten sie dort gern heraus⸗ haben und können deshalb nicht dem zustimmen, daß sie auch noch der Vorsitz im Schätzungsamt übernehmen.
Abg. Weissermel (kons.): Ich habe großes Zutrauen zu den Schätzarn und glaube nicht, daß sie sich durch den Vorsitzenden des Kommunalverbandes werden beeinflussen lassen. Das politische Moment muß hier ganz ausschalten; was dem ibovalen Bürgermeister
recht ist, muß dem Landrat billig sein. Wir vertreten hier keinen
politischen Standpunkt, sondern sehen das ganze Gesetz lodiglich als ein würtschaftliches Gesetz an. Dem hockrerehrten Kollegen Cassel, dessen vermittelnde und eifrige Mitarkeit in dor Kommission gar nicht genug anerkannt werden kann, lnn ich doch emnvidern, daß die Fassung der Kommission nicht im Einklang stebht mit der Tatsache, daß die Schätzungsͤmter Gemeindeeinrichtungen sind, und deshalb⸗ dor Ausschluß des Gemeinderorstands vom Schätzungsamt allen Grundsätzen dern Gemeindeverfassung widerspricht.
Abg. Freiherr von Los (Zentr.) widerspricht zur Verteidigung aß di
des Antrags Wuermeling der Auffassung des Ministers, da und Kredatgenossenschaften sich auf den Personalkredit beschränken.
Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlemer:
Meine Herren! Ich brauche nicht auszuführen, daß ich sicherlich nichts gegen die Genossenschaften, gegen die Spar⸗ und Darlehns⸗ kassen einzuwenden und daß ich schon öfter die Gelegenheit wahr⸗ genommen habe, ihre Tätigkeit auch in diesem Kriege besonders lobend hervorzuheben. Aber, wir müssen uns doch immer wieder fragen: was will eigentlich der § 72 Und ist das, was der Herr Vorredner will, mit der Absicht dieses Paragraphen zu vereinigen? — Der § 7 trifft Bestimmung dahin, daß in der Regel von dem Amte als Schätzer alle diejenigen ausgescklossen sein sollen, welche irgendwie an der Höhe der Schätzung interessiert sein können. Wenn Sie diesen Gesichtspunkt festhalten, so ist wohl nicht zu leugnen, daß die Vor⸗ stands⸗ und Aufsichtsratsmitglieder einer Genossenschaft unter Um⸗ ständen ein Interesse daran haben können, die Schätzung eines be⸗ stimmten Grundstückes zu berinflussen. Je kleiner der Wirkungs⸗ kreis einer Genossenschaft ist, desto größer ist die dahin gehende Ge⸗ fahr. Bei Genossenschaften handelt es sich sehr oft darum — an sich gewiß ein gutes Bestreben —, den einen oder anderen Genossen über Wasser zu halten. Um das zu ermöglichen, muß er eine Hypothek bekommen, und um diese zu erhalten, muß die Schätzung des Grund⸗ stückes höher ausfallen, wie es sonst der Fall sein würde. Das sind Bedenken, die zweifellos keine Beachtung finden können, wenn der Antrag der Herren vom Zentrum angenommen würde.
Auf der anderen Seite aber kann ich Ihnen die Zusicherung geben, daß ich bereit bin, in den Ausführungsbestimmungen auch die Frage des näheren zu erörtern, inwieweit von den Ausnahmen im § 7 Gebrauch gemacht werden kann. Damit wird auch die Moglich⸗ keit gegeben sein, im einzelnen Falle besonders tüchtige und zuverlässige Schätzer auch dann als Mitglieder des Schätzungsamts zu berufen, wenn sie an sich als Vorstands⸗ oder Aussichtsratsmitglieder einer Spar⸗ und Darlehnskasse ausgeschlossen sein würden. Ahber grund⸗ sätzlich ohne jede. Prüfung alle diese Mitglieder zuzulassen, das würde ich für zu mweitgehend erachten, und damit wäre meiner Ansicht nach
e Spar⸗
der Sinn und die Absicht des § 7zin Frage gestellt.
In Wirklichkeit lüegen die Dinge auch nicht so gefährlich. Die Spar⸗ und Darlehnskassen sind doch in der Regel für den Kreis einer Gemeinde oder am Rhein einer Bürgermeisterei errichtet. Ausgeschlossen wären nach § 7 auch nicht alle Mitglieder einer solchen Genossenschaft, sondern nur die Mitglieder des Vorstandes und Auf⸗ sichtsrats sowie die sonst bei der Genossenschaft beschäftigten Per⸗ sonen. Es bleiben also in den Kreisen zweifellos eine ganze Reihe sehr tüchtiger Personen, die als Mitglieder des Schätzungsamts be⸗ stellt werden können, und bei denen der Einwand megfällt, daß sie zu dem grundsätzlich ausgeschlossenen Personenkreis gehören. Außer⸗ dem bitte ich zu beachten, daß nach den jetzt geltenden Bestimmungen
die Möglichkeit besteht, verschiedene Kreise behufs Errichtung eines
und Königlich Preußischen Staatsan
Berlin, Donnerstag den 14. Dezember
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Schätzungsamts zu einem Zweckverband zu vereinigen. Ich möchte glauben, daß auch im Westen der Monarchie sich sehr häufig empfehlen wird, von dieser Befugnis Gebrauch zu machen, schon allein aus dem Grunde, um die Kosten des einzelnen Schätzungsamts zu vermindern und anderseich auch die Möglichkeit zu schaffen, besonders tüchtige Schätzer auch für den Bezirk mehrerer Kreise in Tätigkeit treten zu lassen. —
Aus den angeführten Gründen muß ich nochmals bitten, den Antrag 324 abzulehnen. Abg. Graf Moltke (freikons.) tritt nochmals für den An⸗ trag der Freikonservativen ein. Doaß darin ein Mißtrauen gegen die Landrate liege, bestreite er entschieden.
Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlemer:
Ich möchte auch von dieser Stelle aus dem Herrn Abgeordneten Graf Moltke ausdrücklich noch bestätigen, daß ich nicht die Meinung habe zum Ausdruck bringen wollen, als wenn der Antrag der Frei⸗ konservativen an sich ein Mißtrauen gegen die Landräte und Bürger⸗ neister zum Ausdruck bringen sollte. Ich habe nur sagen wollen, daß er so aufgefaßt werden könnte. Und das ist doch naheliegend, daß, wenn die Landräte und Bürgermeister grundsätzlich oder in der Regel vom Vorsitz im Schätzungsamt ausgeschlossen sein sollen, sich damit in der Oeffentlichkeit sehr leicht die Meinung verbindet, daß sie für dieses Amt nicht als geeignet befunden sind.
Ich möchte aber bei dieser Gelegenheit noch ausd rücklich darauf hinweisen, daß es auch meine Ansicht ist, daß die Vorsitzenden der Kommunalverbände den Vorsitz im Schätzungsamte nur ausnahms⸗ weise übernehmen sollen. Ich bin der Meinung, daß sie es nur da tun sollen, wo geeignete andere Persönlichkeiten sich nicht finden. (Sehr richtig!) Das wird häufig auf dem Lande der Fall sein. Es würde neben dem Landrat in erster Linie auch der Katasterkontrolleur in Be⸗ tracht kommen. Der Katasterkontrolleur ist zweifellos ein Beamter,
der in seinen Geschäften das Vertrauen der Kreiseingesessenen besitzt,
und der bei seiner Kenntnis der Verhältnisse sich auch zum Vorsteher des Schätzungsamtes eignen kann. Aber gewiß wird auch in einzelnen Fällen der Kreis es vorziehen, nicht den Katasterkontrolleur, sondern den Landrat zum Vorsitzenden des Schätzungsamtes zu berufen, und dem soll mam von vornherein nicht durch ein Verbot im Gesetze ent⸗ gegentreten.
Abg. Herold (Zentr.) weist darauf hin, daß in Rheinland und Westfalen in vielen Gemeinden es überhaupt an Schätzern fehlen würde, wenn nicht nach dem Antrage Hager verfahren würde. Um jeden. Zweifol⸗ auszuschließen, beantragt. er, dem Antrag so zu ändern, daß hinter „Kreditgenossenschaften“ eingeschaltet wird: „wenn sie nach ihren Satzungen etwaige Ueberschüsse nur zu gemeindlichen Zwecken verwenden“.
Die Antragsteller erklären sich mit dieser Aenderung ein⸗ verstanden.
Gegen die Stimmen der Konservativen gelangt der modifizierte Antrag Hager zur Annahme. Der letzte Absatz
des § 7 wird nach Ablehnung des Antrages des Abg. Grafen Moltke, entsprechend dem Antrage von Pappenheim, gestrichen.
88§ 8 und 9 treffen Bestimmungen über die Bestellung der Mitglieder des Schätzungsamts; der Vorsteher des Amts und eeine Stellvertreter sind Kommunalbeamte, den Schätzern werdemn die Rechte und Pflichten der Kommunalbeamten nur bei Ausübung der Schätzertätigkeit beigelegt. Sie werden durch Handschlag an Eidesstatt verpflichtet und haben dabei zu geloben, daß sie ohne Ansehen der Person nach bestem Wissen und Gewissen schätzen und die Verhandlungen und die zu ihrer Kenntnis gelangenden Verhältnisse der Beteiligten geheim halten werden. .
In der kurzen Besprechung, die sich an die Kommissions vorschläge anschließt und an der sich die Abgg. Dr. Brock⸗ mann und Brors (gZentr.) beteiligen, führt ein
Vertreter der Regierung aus: Die Regierung hat nur ein Interesse an richtigen Schätzungen, weder an hohen, noch an
niedrigen; ich glaube auch, daß aus der Begründung ein Wunsch der Regierung nach der einen oder der anderen Richtung nicht zu erkennen ist. Wenn darauf hingewiesen ist, daß Ueberbeleihungen vorgekommen
sind, was festgestellt ist, so ist daraus nicht der Schluß zu ziehen, daß die Regierung niedrigere Taxen anstrebt. Wir wollen nur richtige Taxen. 88 8 und 9 werden nach der Kommissionsfassung ange⸗ nommen, ebenso ohne Diskussion §§ 10, 10a und 11. § 12 statuiert die Verpflichtung aller staatlichen und kommunalen Behörden zur Beschaffung der Schätzungsunter⸗ lagen, dazu, dem Schätzungsamt die Einsicht von Büchern, Akten, Urkunden usw. zu gestatten, Abschriften und sonstige Auskünfte zu erteilen. Die Kommission hat folgenden zweiten Absatz hinzugefügt: „Der Eigentümer und der Nießbraucher des zu schätzenden Grundstückes oder ihre Stellvertreter sind verpflichtet, dem Schätzungsamt nach bestem Wissen und Gewissen über die fü die Ermittlung des Grundstückswertes wesentlichen Tatsachen Austunft zu erteilen und solche Tatsachen betreffende Urkunden vorzulegen. Im Weigerungsfall erlischt das Beschwerderecht gegen die Schätzung.“ Abg. Dr. Wuermeling (Zentr.): Wir kbeantragen die
Streichung dieses Zusatzes. Die hier geforderte Verpflichtung des Eigentümers stellt einen Eingriff in seine Rechte dar, den die Reo⸗ gierung nicht für nötig hält und der auch uns zu weit geht. Glauht die Mehrheit trotzdem, den Eigentümer auch gegen seinen Willen dazu zwingen zu müssen, so sollte nur eine abgeschwächte Fassung an⸗ genommen werden, nach der er Urkunden nur vorzulegen braucht, „soweit sie solche Tatsachen betreffen“.
Die Abgg. Pohlmann ffortschr. Volksp.) und Boisly (nl.) bitten, es bei der Fassung der Kommission zu belassen. Es sei drin⸗ gend nötig, Klarheit bei der Schätzung herbeizuführen. Die Aus⸗ künfte müͤßten erteilt werden.
Abg. von Jacoby kkons.): Gewiß besteht das größte In⸗ teresse an vollkommen richtigen und der Wahrheit möglichst nahr⸗ kommenden Taxen. Dennoch haben wir gegen den zweiten Absatz Be⸗ denken. Man sollte den Eigentümer nicht gegen seinen Willen zwingen, seine Bücher und Urkunden dem Schätzungsamt auszuliefern. Darüber zu entscheiden, muß dem Grundbesitzer selbst vorbehalten 1“
Abg. Boisly (nl.): Die Tätigkeit des Schätzungsamts wird lediglich erschwert, wenn der Kommissionsantrag nicht zur Annahme gelangt,