soziale Verständnis schen Industrie und Kaufmannscha Die Heime in Fupen (Rheinland) und Bad Landeck (Schlesten) werden im Jahre 1917 eroffnet. Neue Heime sind in der Umgebung, von Groh Berlm, in Urach (Wärttemberg), Liebenstein (Thüringen), Kahl⸗ (Ostreutschland) und in Wenfalen in Vorhereitung. Ein Antrag auf Schaffung eines Altersheims wurde erundsäglich genehmigt. Ein weiterer Vorschlag betreßs Schaffung eines Kinderheims wurde
noch vertagt. Auskunft über dis Gesellschaft euteilt die
schänsstelle in Wiesbaden. v1“
Die Akademie der Wissenschaften hält am Donnerstag dem 25. Januar, um 5 Uhr Nachmittags, eine öffentliche Sitzung zur Feier des Geburtsfestes Seiner Majestät des Karsers und Koöͤnigs unn des Jahrestages König Friedrichs II. unter dem Vorsitz von Herrn Plauck, der die Sitzung mit einer Anfprache eröffnen wird. Daran schließen sich aus⸗
übrlichere Berichte über die Anthropoiden⸗Station auf Teneriffa von Herrn von Waldever⸗Hartz und über das Corpus inserip- tionum Lztinarum vdon Herrn Huschfeld. Es folgt ein wissenschaftticher Festvortrag von Herrn Rubens über das ultrarote Spektrum und seine Bedeutung für die Bestätigung der elektromagn tischen Lichttheorie. Nach Erstattung eines kurzen Zabresberschts durch Herꝛn Planck macht die Verleihung der Helmholtz⸗Medallle und der Helmholtz⸗Prämie den Beschluß. Der Entritt ist nur gegen Karten gestattet; soweit über diese nicht bereits verfügt ist, werden sie von Moatag, dem 22. Januar, ab in der Zeit
von 9.33 Uhr im Bureau der Akademte (Unter den Linden 38,
1. Stock, Zimmer 19) ausgegeben. 3
Die Gesellschaft für deutsche Erziehunos⸗ Schulgeschichte ist nicht nur bemübt, durch quellenmäßige Ver⸗ öffentlichungen und durch die Sammlung von Schurbüchertiteln und Hand chriftennachweisen der wissenschaftlichen Arbeit dienstbar zu werlen, sie will vielmehr ihr wichtiges Arbeitsmaterial auch in der ursprünglichen Form sammeln und hat nunmehr den Grundstock zu einer historisch⸗pädagogischen Handschriftensammlung gelegt. Durch die Stiftung von Fräulein Lyschingka in Wolfenbüttel, die die bishen im Berliner Pestalozzi Fröbel Hause aufbewahrten wichtigen Tetle des handschriftlichen Nachlasses Friedrich Fröbels der Gesellschaft überwies, ist eine Fülle von Brirfen und Manufkripten Fröbels und seiner Mitarbeiler in die neue Sammlung ge⸗ langt. Ferner hat Frau Helma Fink⸗Elberfeld den ganzen in ihrem Besis befintlichen handschriftlichen Nachlaß ihres Onkels Wilheim Munch der Gesellschaft zum Zeschenk gemacht. Er enthält außer der Korrespondenz besonders die Kolleghefte, die Manuskripte pädagogischer und didaktischer Gutachten und wissen schattliche und künstlerische Veröffentlichungen in großer Fülle. Die Gesellschaft richtet an alle
reunde der historisch pädagogischen Forschung die Bitte, die Samm⸗ ung durch Gaben zu vermehren Nicht nur ganze Nachlässe, sosdern auch einzelne Stücke sind ihr willkowmen, auch Akten zur Geschichte des Unterrichtswesens und einzelner Anstalten, kurz alles handschrift⸗ Uiche Material, das irgendwie für die historisch⸗pädagogische Forschung in Frage kommen kann. Literatur.
— Deutsches Wörterbuch für die gesamte Optik. Her⸗ ausgegeben vom Fremdwörterausichuß für die Optik. (Verlag von Alexander Ehrlich in Berlin.) Die dankenswerten Bestrebungen, die deussche Sprache von Fremdwörtern zu defreien, stoßen bei der Ver⸗ ee wissenschaftl cher und t⸗chnischer Ausdrücke auf besonders greoße Schwierigkeiten. Häufig find hier die Fremdwörter Fachausdrücke, die für eng umrissene, neugebildete Begriffe eigens geprägt wurden, sodaß es für sie weder in der deutschen noch in einer andern lebenden Sprache geeignete Deckwönter gibt. Hier müßten neue deutsche Worter geprägt oder vorhandenen müß'e eine neue Bedeutung auf⸗ gezwungen werden. Außerdem fällt 122 die Weltgeltung mancher Aosdrücke wegen der wün schenswerten Vereinheitlichung der Begriffe und zur Vermeidung von Mzve ständn’ ssen ins Gewicht. Immerhin get es auch in W ssenschaft und Technik eine Menge von entbehrlichen
remdwörtern, deren Verdeutschung die bezeichnete Sache in weiten Freisen verständlich machen und daturch zur Bereicherung des allgeme nen Wissens beitragen kann. Eifer allein genügt freilich bei derartigen Verdeutschungs⸗ hestrebungen nicht, pielmehr sind Fochk nntnis und ein Ahbwägen der Vor⸗ und Nachteile jeder einzelnen Verdentschung die Voraussetzung zu einem eisprießlichen Vorgeden. Diese Veranuesfetzung ist bei dem vorlirgenden Deutschen Wörterbuch für die gesamte Optik erfüllt; der Frembwönterausschuß, der die Aadeit geleiget bat, setzt sich aus Männern der optischen Fachwiffenschaft und Proris zu⸗ sammen und er ist mit Recht von dem Grundsatz bei idr aus. gegangen, daß die Verdeutschungen ketne Ueberfetungen bieten, sor dern den Sinn des Fremdwortes wiedergeben und ihn dem ah⸗ gemeinen Verständnis näherbringen follen. Das Buch kann daber ole Rargeber jerem Gebildeten guie Dienste lessten; inghesondere sei cs aber den Fachleuten auf den Gebitten der Optik Feinmechanik und Pbotograpbie sowie den Studenten und den Lebrern böherer Lehr⸗·
antalten für den naturwissenschaftlichen Unterricht zur Benutzung Deutschen Wörterbuch der Gebrüder
empfoblen.
rimm (Verlag von S. Hirzel in Leipzig) Uegt die 2. Lteferu der II. Abtrilung des vortbmnen Bandes ver Ste enthält 8 Wörzer Will
ille bis Windschaffen, bearbeitet von 2. Sütterlin.
1 Verkehrswesen.
Visazwang in den Niederlanden. Die niederländische Regierung hat angeordnet, daß von jetzt ab die Pässe aller Ausländer, die von Deutschland aus nach den Niederlanden reisen, mit dem Sichtvermerk eines niederländischen Konsuls versehen sein müssen.
Mr. 1 bez „Eisenbahnverordnungsblatts“, herausgegeben im Köntalichen Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 16. Ja⸗ nuar 1917 bat folgenden Inhalt: Bekanntmachung des Stellvertrelers des Reichskanzlers vom 2 Dezember 1916, betr. Verjährung rück⸗ ständi ger Beiträge nach § 29 der Reichsversicherungordnung: Erlaß des Mtnisteis der sffenilichen Arbeiten vom 11. Januar 1917, betr. Erlediaung von e aus dem Gepäck⸗, Güter⸗ und Tierverkehr durch die isenbahnvertehrsämter; Nachrichten.
FTheater und Musik
Lessingtheater.
Die Direktien des Lessingtheaters bat mit der Aufführung von Bernard Shaws Komödie „John Bulls andere Insel“ einen Fchlar ff geian. Bernard Shaw ist zwar Ire, aber man hat bie her nichts davon gehört, daß er für sein geknechtetes Heimatland eingetreten wäre, und die Ansicht, daß er es in dieser lange vor dem Kriege geschriebenen Komöbdi⸗ getan habe, erwies sich als eine irrige Meinung der Leitung des Lessingtheaters, die bamit die Auf⸗ führurg zu rechtfertigen suchte. In der Vorr⸗de zu dem Werk, die der Schauspieler Kurt Götz gewissermaßen als Prologus sprach, wird ja an den Englündern scharf Kriisk geübt und ihr Nationalcharakter, wie er im Lause des Krieges deutlich hervorgetreten int, treffend geschildert; aber die Handlung des Stuckes jeigt, daß Shaw von seinen Landslenten, den Zrländern, eine so geringe Meinung bat, daß sie einer anderen Behandlung als der, die England ihnen angedeihen läßt, kaum wert wären. Was in der Komödie selbst vor sich geht, verwag nicht sonder⸗ lich zu fesseln. Ein geschältstüchtiger Brite geht nach Frland, um dort eine Wartenstabt zu gründen Die Beyblkerung, die aus einer be von Dummköpfen bezebt, laßt sich durch sein großsprecherisches, lerisches Welen leicht einfangen; er erobent sich in Irland nicht nur
“ v1111A1AXAX“ G 8“
u“
in Parlament, sondern auch die Hand eines Mädchers, das mit seinemn Freunde, einem vpöllia verengländerten Jren verlobt war, und legt es ferver darauf an, durch freigebige Belethung kleiner Bauernoüter diese später auf leichte Weise in seine Hand zu bringen. Das alles wid necht umständlich und durchaus nicht kunzweilig dargestellt, auch da nicht, wo Gbdaw sowohl über seine Landsleufe wie üder die Er gländer die Schalen seines Spottes ausgießt. Die kische Frage ist im Welikrteg eben zu errst geworden, um eine solche Behandlung zu vertragen; auch die rührende Gestalt eines alten aus seinem Amite entfernten irischen Priesters, der als völlt unfruchtbarer Idealist durch das Stuck geht, kann mit ihr nicht aussöhnen Die Darsteller setzten sich mit allem Eifer für die rerlorene Sache ein, insbesondere Heinz Salfner als Engläader, Heinrich Schroth als dessen irtscher Freund und Traute Carlsen als dessen ihm aodspenstig gemachte Braut sowie ganz be⸗ sonders Theodor Loos in der Rolle des beschaulichen Expriesters; aber trotz des vort efflichen Spirls im Rahmen der schönen von Erich Klossowski entworfenen irischen Heidelandschaftsbilder blieb das Publikum kühl.
Im Königlichen Opernhause wird morgen, Dienstag, „Rigoletito“ mit dem Königlich schwedischen Kammersänger Herrn John Forsell in der Titelrolle gegeben. In den übrigen Hauptrollen sind die Damen Alfermann, Birkenström und von Scheele⸗Müller sowie die Herren Kirchner, Schwegler, Habich, Krasa und Bachmann beschäftigt. Dirigent ist der Kapellmeister von Strauß. Die Vor⸗ stellung beginnt um 7 Uhr. 1
Im Königlichen Schauspielhause wird morgen Hans Müllers Schauspiel „Könige“, in den Hauptrollen mit Frau Thimig und den Herren Kraußneck und Clewing besetzt, geg ben. Anläßlich des 70. Geburtstages von Otto Franz Gensichen wird sein bekanntes Luftspiel „Die Märchentante“ in der Neubearbeitung des Dichters neueinstudiert. Die Aufführung wird noch in der ersten Hälfte des Monats Februar erfolgen.
Mannigfaltiges.
Ihre Majestät die Kaiserin und Königin nahm „W. T. B.“ zufolge gestern vormittag an dem Gottesdienst in der Friedenskirche in Potsdam teil.
Die Präsidenten der Parlamente deruns verbündeten chte wurden am 20 d. M., wie „W T. B.“ berichtet, nach einer Rundfahrt durch die Stadt namens der Berliner Ge⸗ meindebehörden von dem Oberbürgermeister Wermuth und dem Stadtverordnetenvorstrher Michelet begrüßt. Das Rathaus war dazu reich geschmückt, die große Freitreppe und der Empfar geraum mit grünen Gewächsen und Blumen geztert. Bet dem Rundgang durch das Haus verweilten die Teilnehmer mit besonderem Inter⸗ esse im Festsaal vor dem Bilde des Berliner Kongresses und trugen sich in das bier ausliegende Buch der Staot ein. Bei Tisch heelten der Oberbürgermeister Wermuth und der Präst⸗ dent des österreichischen Abgeordnetenbauses Dr. Splvester An⸗ [prachen. — Nachmittags fand zu Ehren der Gäste im Reichs⸗ kanzlerpalais ein Empfang statt. Der Reichskanzler, unterstützt von dem Unterstaatssekretär Wahnschaffe und seinem Adjutanten Grafen von Zech, empfing von 5 Uhr ab am Eingang zu den unteren Enpfangsräumen des Palais die eingel⸗denen Gäste. Es erschienen mit den Präsibenten Dr. Sylvester, von Stmontsits, Hadsch Adil Bey. Dr. Watschow, der Präsident des Reichstags Dr. zempf und die Vrepräsidenten Gehrimat Dr. Paasche und Ge⸗ heimrat Dove sowie der Direktor beim Reichstag Geveimrat Jungheim. Außerdem waren anwesend der ö texreichisch ungarische Bot⸗ schafter, der türkische Botschafter, der bulsarssche Gelandte, die Präsi⸗ denten des preußtschen Herren⸗ und Abgeordnetenbauses, die Staats⸗ minister und Staats ekretäre Dr. Helfferich, Dr. von Breit ndach, Graf von Roedern, die Unterstaatssekietäre Heinrichs, von Stamm und Freiherr von dem Buossche, eine größere Zahl Abageo dneter aller 64— des Reschs ags, der Oberbürgermeister W rmutb, der Präsident des Reichsbankdtrektortums da enstein, der Cbef des Stellvertretenden Generalstabes Freiherr von Feeyrag Lorin hoden, der Poltze prästdent von Oppen und andere hobe Be'mte, ferner der frühere fürkische Finanzminister Pjavid Bev, der Overzeremenien⸗ meister Djenany Bey u a. Die auswärtigen Herren bildeten alsbald die Mirttelpunkte etner sehr lebhaften Unterbaltung, an der der Kanzler, von Gruppe zu Gruppe schreitend, sich ununterbrochen beteiligte. Die Gste des Reichstages wurden nicht müde, immer wieder ihrer Be⸗ friedigung üöber dasjenige Ausdruck zu geben, was sie auf ibrer Fahrt durch Berlin und im Rathaus kennen gelernt haben. — Abends folgten die Prösidenten der Vierbundsparlamente der Einladung zu elnem Empfang in den Räumen der öster⸗ reichisch⸗ ungarischen Botschaft, bei dem auch der Reichs⸗ kanzler erchtenen war. Der Botschuter Prinz zu Hohenlobe⸗ Schillingefürst hielt eine Rede, in der er zunächst die Gäste auf Efterreichtsch ungarischem Boden begrüßte und sodann fortfuhr: „Wie ernst, wie schicksalsschwer die Zeiten sind, die mir durchleben, das, meine Herten, ist Ihnen allen in des Wortes vollster Bedeutung bekanm. Bringt drch fast jeder Tag neue Ereignisse, durch die und diese Tatsache wieder und wieder mit aller Wucht ins Gedächt⸗ nis gerusen wird. Schwere Opfer hat dieser Krieg uns auferlegt, schmerzlichste Lasten und unsäzliche Mühen bringt er täglich der Ge⸗ samthrit und jedem einzelnen Prüfungen in taufendfältigen Formen, die nur die betspitllosen Lristungen unserer Heere und die bewunderungs⸗ würdige Ausdauer unsere gesamten Völker bisber zu überwinden vermoch⸗ ten und weiter überwinden werden. Daß diese Leistungen, die wir heute in ftolzem Staunen miterleben, die sich aber in ihrer ganzen Größe erst spüteren Generatirnen offenbaren werden, daß diese Leistungen überhanpt möglich waren, dies danken wir einzig und allein der Einigkrit innerhalb unserer Mächtegrupve Gemeinsam kämpfend und durch einheitlichen Willen geleitet, haben unsere herrlichen Heere die ihnen gesteckten Ziele trotz aller sich enigegenstellenden Schwierigkeiten zu erreichen ge⸗ wußt. Diese schöne, von so großen Erfolgen bealeitete Waffen⸗ brüderschaft der Aemten bevdeutet aber nicht nur die bedingungslose Zusammenarbeit auf milttärischem Gebiete. Diese Waffenbrüderschaft auf den Schlachtfelvern bereutet mehr, wenn man sich vor Augen hält, daß unsene Heere Volksheere sind: Se bedeuiet das bedingunas⸗ lose Zusammengehen der ganzen Völter. In vieser Thnen ja alles schon längst klar gewordenen Tatsache, ber ich hier nur neuerlich Ausbruck geb⸗, ag, Uiegt und wird auch die Bürgschaft unserer Erfolge Iiegen, bis enblich die Stunde des endgültigen, glorreichen Friebens schlägt, und als Symbol, daß Bande ber engsten Freundschaft und opferwillige Bündsistreue nicht nur die Allerhöchsten Personen unserer erhabenen Monarchen, nicht nur unsere unpergleichlichen Heere umfassen, sondern daß zdieselben Bande auch unsere ganzen Völker um⸗ schlißen; als Symbul bierfür fasse ich den Besuch der Parlaments⸗ präsidenten der Völker unserer Mächtenruppe auf, der Völker, die sest und unerschütterlich geeint und entschlossen si⸗d, ihrer gecechten Sache zum Siege zu verhelfen und dies mit des Allmächtigen Hilfe auch erreichen werden. Erlauben Sie mir nochmals meiner Freude Ausdruck zu geben Sie meine verehrten Herren Parlaments⸗ präsidenen, und mit Ihnen alle bier anwesenden heivotragenden Vertreier deusschen Wirkens und Schaffens als liebe Gäste auf öfterreichisch⸗ungarischem Boden zu begrüßen und leeren Sie mit mir ein Glas auf das Wohl der Volksvertretungen unserer Ber⸗ bündeten Mächte und ihrer in unterer Mitte weilenden liebens⸗ wüärdigen Präsibenten⸗ In das von dem Potschafter ausgehrachte Hoch stimmten die Anwesenden dreimal begeistert ein. Der Reichs⸗ tagspräsident, Wirkliche Gehrime Rat Dr Kaempf dankte im Namen der übrigen Präͤsibenten dem Botschafter för die Bearbß ings⸗ worte und erkläzte, er könne die Ansicht aller in die Worte zu⸗ sammenfassen: „Durchbalten bis zum endgälligen Siege über unsere einde“. — Gestern vormitteg besichtigten vie Gäste die Köntglichen Museen und folgten zur Frühstücktztafel einer Einladung ber türkischen Bolschafters. “
—,—
—
Spandan, 20. Januar. (W. T. B.) Heute früh fand
Sn. in Spandau eine Erploften tatt. Der angerichtete Sachschaden ist nur gering, die Betriehba störung unbedeutend. Die Zahl der Toten beträgt lelder 10, die k.
Verletzten 20. 1. Gleiwitz, 21. Januar. (W. T. B.) Seine Majestäat der Kaiser und König stattete am 18. Januar, Vormilte 8, dem hiesigen Reservelazarett der hollandischen Am ulang die hier ihr erfolgreiches Wiekungsfeld aufgeschlagen hat, einen Be⸗
such ab.
London, 21. Jannar. (W T. B.) Vorgestern um 7 Uhre Abende hrach in einer Fabrik im Eastend von London, die sih mit der Fertigstellung von Munition befaßte, ein Feuer auß Es vergen en zwei Minuten, ehe eine Explosion erfolgte. Zabl. reiche Arbeiter vermochten sich aus dem Gebäude, das vollständig zer⸗ stört wurde, zu retten. Es entstanden in der Nachbarschaft, in Warenhaͤusern und Fabriken Braͤnde. Die folgende Explosion wurde auf weile Entfernung wahrgenommen. Drei Reihen kleiner Häuser in der unmittelbaren Umgebung wurden zerstört, und es wurde größerer Schaden an Privatetgentum angerichtet. Als die Explosion sich ereignete, war eine F erspee 1 an Ort und Stelle; zwei Feuerwehrleute wurden getötet, die Sprüpe wurde zertrümmert. Die Z bl der Unglücksfälle ist noch necht fch gestellt, aber sie dürfte nicht so groß sein, wie zuerst angenommen wurde. Unter den Toten befindet sich der Leiter der chemischen Ab⸗ teilung. Nach einer späteren amtlichen Merdung wurbden bueher 1wischen 30 und 40 Leichen geborgen. 100 Personen wurden schwer verletzt. Die Fabrik ist vollständig zerstört. den Verletzten sind gestern in zehn verschiedenen Krankenhänusern voch 21 gestorben, sodaß die Gesamtzabl der Toten jetzt 50 — 60 be. trage, 112 Verletzte liegen in den Krankenhä sern, 265 Leicht⸗ verletzte haben außerdem ärzeliche Hilfe in Anspruch gerommen. — Die Explosion war eine der sch ecklichsten, die sich je ereianet haben, In der conzen Stadt, selbst in den entlegensten Vo stärten sowie in den benachbarten Stärten und Dörfern war die Erschuüͤrterung fuͤbl⸗ bar. Karz nach einem furch’ebaren Knall e hellte eine cewaltige Glut⸗ säule den östlichen Himmel. Im Umkreis von mehr als ¾ Quadratmeisen verursachten berun fliegende Trümmer Brände in Fadriken, darunter in einer Dampfmühle und in W huhaͤusern; ein 3 bis 4 Zentner wtegendes Stück von einem Dampff ssel wurde 400 Yards weit geschl’udert, Feuerwehr, Polizet, Soldaten und Krankenmagen eilten der Unglöck⸗ stelle zu, aber die Zahl der Toten und Verwundeten war so groß, daß es unmöglich war, sie alle mit Kra kenwagen fortzuschaffen, Massen brennender lüssigkeiten und alühenden Eisens brachen uberall hervor, mehrere Gebäude mußten niedergerissen werden, um den Brand einzudämmen. “
Stockholm, 20. Janurr. (W. T. B.) Der hremische Dampfer „Progreß“ ist vergangene Nacht südlich von Farösund (Gotland) aufgelaufen; ein Bergungsdampfer ist zu Hilfe 82 schickt worden.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.]
1 Theater. 8
Künigliche Schauspiele. Dienstag: Opernhaus. 23. Abonnes⸗ mentsvorst llung. Rigoletto. Over in vier Akten von Giuseppe Verdi. Text von Pie pe. von Strauß. Regie: Horr Oberreg'sseur Dyoescher.
Schouspi Ibaus. 23 Abonnementsvorstellung. Schauspiel in drei Aufzügen von Hans Müller. von Hern Regisseur Dr. Bruck. Anfang 7 ½ Uhr.
Miitwoch: Opernhaus. 24. Abonnementsvorstelluna. Margarete. Oper in funf Akten von Charleg Gounod. Text nach Goethes „Faust“, von Jules Barbier und Michel Carré. Anfang 7 Uhr
Schauspielhaus. 24. Abonnementsvorstellung. F au Inger auf Oestrot. Schauspiel in fünf Atten von Henrik Ibsen in der U bertrauung der Gesamtausgabe. In Szene gesetzt von Herrn Regisseur Dr. Bruck. Anfang 7 ½ Uhr.
Anfang 7 Uhr.
Könige. Em In Szene gesetzt
Familiennachrichten.
Am 18. Januar 1917 ist unser Mitglied
Herr David Sandman
in Firma D. Sandmann
durch den Tod aus seinem vielseitigen Wirken abgerufen worden.
Er hat der Handelskammer zu Berlin seit dem Johre
1905 angehört und dank seiner großen Arbeitsfreudigkeit,
seinem reichen Wissen und seiner umfassenden Erfahrungen deren Arbeiten federzeit rege unterstützt. Besondere Ver⸗ dienste hat er sich als Vorsitzender unseres Fachausschusses für Spirituosen um diesen Geschäftszweig erworben. 8 Seiner hingebenden Betätigung in unseer Mitte und f feiner liebenswürdigen Persönlichkeit werden wir eine dauernde Erinnerung bewahren. — Berlin, den 20. Januar 1917.
Die Handelskammer zu Berlin. [59617] Franz v. Mendelssohn.
Verlobt: Frl. Marie Abelbeid von Gagern mit
1 1 sm. Regierungs⸗
aßsessor Achill Boehmer (Zeblendorf, Wann seeb.). V
Verehelicht: Hr. Kommerzienrat Max Francke mit Frl. Eva van der Leeden (Beclin⸗Grunewalb),
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Major von Restorff (Berlin),
Gestorben: Katserl. Kreischef, Generalmajor z. Wentzky und Petersbeubde (Gee — Hr. Departements⸗ lanoschaftevirektor Mox S egfreb⸗Eausgörken (Königsbeig i⸗ 7. b — Hr. Oberleutnant 0. P. Günther von Griesheim (B'the Bielefeld). Hr. Gebheimer Regierungsrat, Professor Dr. Hans Gruner (Potsdam).
Verantwortlicher Redakteur: Direktor Dr. Lyrol in Charlottenbure⸗ Verantwortlich für den Anzeigenteil: Per Vorsteher der Eypebition Rechnungsrat Mengering in Berlin. Verlag der Expedition (Mengering) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagszanst Berlin, Wilhelmstraße 22. äIagkarstang, Vier Beilagen bie 1947. Ausgabe der Deutschen Pevylusftlsstem. 11A1A1AAXA“*“ Seng; 882
1322
sowie
W11“
pflege, auch im Fortbildungsschulwesen nutzbar machen.
Mustkalische Letitung: Herr Kavellmeister
sen Tätigkeit mitwirkt und
D. Albhin von
Hr. Gymnastaldliektor, Professor Dr. Karl
9 18.
NParlamentsbericht.“) Preubischer Landtag. -s
Haus der Abgeordneten. 53. Sitzung vom 20. Januar 1917, Vormittags 11 Uhr.
Präsident Dr. Graf von Schwerin eröffnet die bung um 11 4 Uhr.
Das Haus verhandelt zunächst in zweiter Beratung über Antrag der Abgg. Frits c u. Gen. auf Annahme s Gesetzentwurfs, betreffend Aufhebung des Di EI narmittels der Arreststrafe.
Abg. Dr. Gottschalk⸗Solingen (nl,): Ich möchte nur darauf geisen, daß in dem Gesetz von 1873 für die Reichzlande die Arrest⸗ fe nicht vorgesehen ist. Man hat sich damals klar gemacht, daß auf diese Arreststrafen verzichten könne. Hierauf wird der Gesetzentwurf in zweiter und sodann ohne ere Debatte in dritter Lesung angenommen.
Es folgt die Beratung des Antrages der Abgg. onsohn u. Gen. (fortschr. Volksp.): die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, einen Gesetzent⸗ urf einzubringen, durch den die C.. der Staͤdte⸗ rdnungen Preußens dahin geändert werden, daß Frauen Mitgliedern städtischer Verwaltungsdepu⸗ ationen und Stiftungsvorständen mit be⸗ hließender Stimme bestellt werden können“.
Abg, Gassel (fortschr. Volksp.): Frauem dürften nur ausnahms⸗ e auf Grund bestimmter Gesetze Mitglieder von Deputationen sein.
Grund des Volksschulunterhaltungsgesetzes sind zwar Lehrerinnen
Mitglieder der Schuldeputationen fugelassen, aber nicht die Frauen allgemeinm, deren Erfahrungen als Familienmütter in den De⸗ tionen äußerst zweckmäßig und dem Unterrichte förderlich sein ten. Ebenso könnte man sich die Erfahrungen der Frauen in der senpflege, im Krankenwesen und in anderen Zweigen der Gesund⸗ Gerade echige Zeitpunkt dürfte rerdeheht geeignet sein, eine Aende⸗ der Gesetzgebung vorzunehmen, die den Frauen eine Teilnahme Verwaltungsveputationem ermöglicht. Auf die segensvolle Tätig⸗ er Frauen während dieses Krieges ist hier in ü sen Hause wieder⸗ (lingewiesen worden. De Rates der Frauen hat man sich in Deputationen schon bebient. Es ist aber ein Gebot der aus⸗ genden Gerechtigkeit, ihnen eine beschließende Stimme einzu⸗ ben. Ich schlage vor, den Antrag der um 7 Mitglieder zu ver⸗ nden Gemeindekommission zu überweisen. Abg. von Kessel (kons.): Der Ueberweisung des Antrags an verstärkte Gemeindekommission stimmen wir zu. Die ingen der Frauen in diesom Kriege sind so außerordentlich oß, nan nicht Worte genug finden kann, um diese Leistungen aug en enften Gehieten des Lebens anzuerkennen. Wir, die wir da⸗ agestimmt haben, als den Frauen eine bessere Bildung, ein Werkzeug für bas Erwerbsleben gegeben wurde, sehen jetzt Vefriecdigung, wie die Frauen nach manchen ichtungen Bereis geführt haben, daß wir richtig darin gehandelt ANer wir haben immer auf dem Standpunkt gestanden, Frauen nur in Berufe hineinkommen können, für die sie ach ihrer Eigenart eignen. Das zu prüfen, ist nicht leicht. Wir ein unter keinen Umständen dem zustimmen, daß die Frauen sich olitischen Leben betätigen. Dafür sind unsere Frauen nicht ge⸗ t. Aber wir werden diesem Antrag wohlwollend in der Ge dekommission zustimmen und dem Wunsche der Frauen nach lichkeit entgegenkommen. Abg. Dr. Kauf mann (Hentr.): Unser Durchhalten ist zu einem Teil unserer sozialen Gesetzgebung zu verdanken. Die weitere bickung unserer Sozialpolitik muß vor allem die Fürsorge zur iltung der Volkskraft enthalten; diese muß von allen Kreisen des es, von Kirchen und vom Staat, von der öffentlichen und privaten
gkeit, in Theorie und Praxis gepflegt werden. Ein großer Anteil
ieser Arbeit wird den Frauen zufallen, die sich schon vielfach on sozialen Arbeit beteiligen. Als Kindergärtnerinnen, ale kenpflegerinnen, Wohnungs⸗ und Armenpflegerinnen, als Für⸗ beamtinnen, sogar als Polizeiassistentinnen wirken bereits Hun⸗ von Frauen segensreich. Die Durchführung des Hilfsdienstgesetzes ohne unsere bewahrten Frauenkräfte nicht möglich sein. Wir he fen alles, was unsere Frauen ihrem Berufe als Gattin und Mutt eht, aber damit ist wohl vereinbar, daß die Frauenwelt an der n To eine große Zahl von sozial bbildeten Frauen herangezogen wird. In dem Antrage
der Nachdruck in dem Worte „mit beschließender me. In manchen Städten sind die Frauen schon beschließender Stimme in den Deputationen tätig. Daß dagegen eingeschritten ist, zeiat, daß die Regierung der Sache Ver⸗ nis S ingt. Der segensreichen Täatigkeit der ganzen enwelt wahrend des Krieges würde es entsprechen, wenn wir eine gesetzliche Aenderung vornehmen.
Abg. Dr. Fürbringer inl.): Auch wir nehmen den Antrag
Dir schulden den Frauen Dank, denn sie spielen bereits in manchen lationen eine segensreiche Rolle, und es ist nur gerecht, wenn wir uomch das Recht der beschließenden Stimme geben. Solche Regierung als Material zu überweisen, genügt nicht. die verstarkte eindekommission eine Gesetzesvorlage in Same ausarbeitet, werden wir diese Arbeit gern unterstützen. münschen, daß ein solcher Gesetzentwurf zustande kommt. Abg. Lüdicke (freikons.): Daß die deutsche Frau während Ariegs Außerordentliches geleistet hat, auch in der kom⸗ un Arbeit, darüber herrscht nur eine Stimme. Viel⸗ f ja auch rauen in Kommunalverwaltungen demmtemder Stümme tätig. Ob es aber nötig ist, ihnen beschließende Stime zu geben, kann zweifelhaft sein, wm ter gegemwärtige Angendlick dazu geeignet ist. Wir sind dumgehender woblwollender Prüfung der Frage gern bereit. d Frdoch zu erwägen seim, od nicht eine unterschiedliche Behand⸗ d die einzelnen Verralte weige geboten ist. Der Antrag im üst im diesem Punkte zu allgemein. Die Kommission wird entene amsfindig zu machen dHaben, auf denen in der Kommunal⸗ 8 heng sach zu betätigen die Franen ihrer ganzen Natur nach ge⸗ nm. b nig. Heimns (Christkichsehial, Hosp. d. Kons.): Der Antrag d sir ime Framen eine Ewreiterung der Rechte in der Richtung mmmnallem Wahlzocht. Er ist dloß eine Etappe auf der ezum allgemeimen Fianermadlrecht. Darum müssen wir grund⸗ iu immm Stellumg nedenen. Ia Amerika, Dänemark und Nor⸗ e n Stwantem mit demedratäscher Verwaltung hat die Frauen⸗ nim missche Erfolge Anspaeisen., Bei uns hat sich in den letzten chrttmn genrihs Lin unwesades Hüneindrängen der Frauen in die Herhaufft Hennerkdar gennsnht. Der Krieg dringt uns gewiß in eine
—
8 Pemxüde, Mit Webradee der Reden der Minister und
Volksschulen stattfindet.
E r st e Beilage
nzeiger und Königlich Preuß
Berlin, Montag, den 22. Januar
wvA*
—
— ——COC·Ok-— y—
Notlage, und die Frauenarbeit während des Krieges verdient gewiß Anerkennung, aber diese Anerkennung gebührt vor allen den Ehe⸗ frauen, die in der Landwirtschaft hinter dem Pfluge hergehen und Männerarbeit verrichten und trotzdem noch ihre Obliegen⸗ heiten in Haus und Familie erfüllen. Der Hilfsdienst der 5 muß eine Ausnahme bleiben. Wir haben die Verpflichtung, für die heim⸗ kehrenden Krieger lohnende Beschäftigung zu schaffen. Die Frauenbe⸗ wegung kann zur Untergrabung der Familie führen. Die Belastung mit politischen Arbeiten, zu denen die Frau weder berufen ist, noch Neigung hat, bedeutet ein Attentat auf das deutsche Familienleben. Der Mann ist es, der das Haus und den Staat baut und mit seinem Blute schützt. Wir haben jetzt noch mehr als vor dem Kriege die Pflicht, ein Geschlecht zu erziehen, das männlich und stark ist. Der Antrag Aronsohn ist ein Teil dessen, was die Frauenrechtlerinnen er⸗ streben. Hier wäre jedes Kompromiß von Uebel. Darum spreche ich mich grundsätzlich als ein entschievener Gegner des Antrages aus.
Abg. Hirsch (Soz.): Der Antrag hat uns seit fünf Jahren schon wiederholt beschäftigt. Wir alle bedauern, daß so viele Familien⸗ mütter gezwungen sind, außerhalb des Hauses dem Erwerbe nachzu⸗ gehen; will man das beseitigen, so muß man die Löhne der Ar⸗ beiter erhöhen. Gewiß wird es nach dem Kriege nicht leicht sein, für alle heimkehrenden Krieger und für alle Kriegsbeschädigten Arbeit zu schaffen. Die Städteordnung erlaubt die Mitgliedschaft von Frauen mit beratender Stimme. Ich kann als Meitglied einer Armendirektion bezeugen, wie ernst und ersprießlich die Mitarbeit der Frauen ist. Man hat jetzt auch Frauen in die Schuldeputation zugelassen. Schranken nach dem Wunßch des Abg. Lüdicke zu ziehen, wäre nicht angebracht. Auf Grund der Erfahrungen vor dem Kriege und während des Krieges müssen wir für den Antrag eintreten. Um das politische Leben handelt es sich dabei ganz und gar nicht, denn die städtischen Verwaltungsdeputationen haben mit Politik nichts zu tun.
Abg. Rosenow (fortschr. Volksp.): Der Abg. Heins hat die Tendenz unseres Antrages vollständig verkannt, wenn er die Sache auf das politische Gebiet hinübergespielt hat. Vom politischen Wahlrecht der Frauen steht nichts in unserem Antrage. Die deutschen Frauen haben in diesem Kriege Verständnis für die paterländischen Inter⸗ essen gezeigt. Wenn heute die Frauen nur mit beratender Stimme Deputationen angehören dürfen, so müssen sie sich als Mitglieder minderen Rechts betrachten, und sie werden weniger Lust verspüren, ihnen anzugehören. Hoffentlich schließt sich die Regierung unserem Standpunkte an.
Damit schließt die Besprechung.
Der Antrag wird der um sieben Mitglieder zu verstärken⸗ den Gemeindekommission überwiesen. .
Es folgt der Antrag der Abgg. Dr. Heß, Marx und Wildermann u. Gen. (Zentr.):
„die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, in Abänderung des Erlasses des Ministeriums der geistlichen und Unterrichtsange⸗ legenheiten vom 30. August 1916 Bestimmungen dahingehend zu treffen daß jedwede Bevorzugung der von Vorschulen oder sonstigen Vorbereitungsanstalten kommen⸗ den Schüler vor den Volksschülern bei der Aufnahme in die Sexta höherer Lehranstalten beseitigt wird“.
Abg. Dr. Heß. (Zentr.): Der Ministerialerlaß ist auf die Ge⸗ sichtspunkte gar nicht eingegangen, die wir seinerzeit angereogt haben. Wir wollten vermieden wissen, daß überhaupt ein Unterschied zwischen Vorschülern und Volksschitlern gemacht würde, der darin besteht, daß die ersteren gar keine Prüfung zu bestehen haben, während die letzteren eine solche zu machen haben. Ferner wollten wir ver⸗ mieden sehen, daß die Vorschüler den Volksschülern auf den höheren Lehranstalten die Plätze vorweg nehmen. In unserer Zeit ist es un⸗ erläßlich, daß den breiten Schichten des Volkes der Aufstieg zu einer höheren Bildung nach Möglichkeit erleichtert wird. Die Vorschule ist in wesentlichem Umfange reformbedürftig, sie ist eine vormärzliche Einrichtung, schon 80 Jahre alt. Das Ziel, das wir im Auge be⸗ halten müfe. ist die Größe des Vaterlandes und das Glück seiner Kinder. In diesem Sinne bitte ich, unseren eag. anzunehmen.
Abg. Dr. Iderhoff (freikons.); Daß die Vorschule mehr leistet als die Volksschule, liegt darin, daß sie unter erheblich günstigeren Umständen arbeitet. Ihre Schüler sind weniger zahlreich und kommen aus Familien, in denen das häusliche Leben von selbst die Arbeit der Schule unterstützt; die große Mehrheit der Schüler ist von vornherein für eine über die Volksschulbildung hinausgehende allge⸗ meine Bildung bestimmt. Eine Umgestaltung der Volksschule wäre nicht angängig. Ebensowenig möchte ich mich aber dafür aus⸗ sprechen, die Prüfung für alle Schüler einzuführen. Die Lehrer haben am besten Gelegenheit zu erkennen, ob die in die Sexta auf⸗ zunehmenden Schüler die nötige Reise haben. Um aber den tüch· tigeren Schülern der Volksschulen Gelegenheit zu geben, höbere Schulen zu besuchen, müßte das Vorrecht der Vorschulen auf die Besetzung der Pläͤtze der Sexta eingeschränkt werden. Es wäre zu prüfen, ob nicht für die aus den Volksschulen kommenden Schüler eine gewisse Zahl von Stellen offen zu halten ist. Ich beantrage, den Antrag der Unterrichtskommission zu überweisen.
Abg. Mallée (kons.): Wir stimmen der Ueberweisung an die Unterri gteonane sioh zu. Die einfachste Lösung dieses Problems wäre die Abschaffung der Vorschulen überhaupt. Aber angesichts des Segens und des Nutzens der Vorschulen ist ihre Beseitigung doch sehr zu überlegen. Die Leistungen der höberen Lehranstalten würden vielleicht herabgeschraubt werden, wenn die Bedingungen für die Auf⸗ nahme in die Ferig erleichtert werden. Vielleicht wäre eine Lösung darin zu finden, daß sämtliche Schüler gemeinsam für die Sexta ge⸗ prüft werden. Aber aus einer Prüfung gehen nicht immer die Besten und Fähigsten hewor. Auch diese allgemeine Prüfung bietet also mancherlei Schwierigkeiten. 1
Abg. Künzer (nl.): Auch meine Freunde stehen dem Antrage sympathisch gegenüber. Ich möchte dahin gestellt sein lassen, ob die Leistungen der Vorschüler diejenigen der Volksschüler immer über⸗ rogen. Der Erlaß des Ministers vom August hat die Verbältnisse nicht verbessert, sondern noch schärfer den Unterschied der Lebrpläne zwischen den höheren Schulen und den Volksschulen zum Ausdruck gebracht. Ich stimme ganz dem zu, daß es überbaupt keine Vor⸗ mehr geben sollte, sondern die Vorbereitung nur auf den
Es mag noch so gut gemacht werden, man setzt sich immer dem Verdacht einer gewissen Bevorzugung aus. Es muß eine genügende Zahl von Klassen beschafft und auf die Aufnahme⸗ prüfung muß vollkommen verzichtet werden.
Abg. Hoff (fortschr. Volksp.): Das Ziel des Antrags, daß die Volksschüler ohne Zeilverlust auf die höheren Schulen übeigeben könmen, wird von uns lebhaft unterstützt. Unsere Fraktdon hat zuerst den formulierten Vorschlag gemacht, daß die Lebipläne der geeren Schulen und die der Volksschulen in organische Verbindung gebracht und dann die Vorschulen allmählich ausgehoben werden. Diesem Ziel trägt der Erlaß des Kultusministers allerdinas nicht Rechnung. Aber die Frage scheint auch im Kultusministerium noch nicht endgültig zum Abschluß gekommen zu srein. Grundsäͤtzlich darf das Ziel der Volksschule nicht von dem Ziel der Sexta der höbenen Schulen ab⸗ hängig gemacht werden. Die Bevorzugung der Vorschulen wird erst in dem Augenblick verschwinden, wo die Vornschulen sesbst verschwinden. Der Gedanke einer allgemeinen Prüfung ist mir sehr wenig spnwa⸗ iisch, denn der Ausgang der Prüfung vor einem neuen Lehter deruht
ET1“ 88 8 bb“ 1 “
kommißgesetz).
oft auf Zufall. Viel eher könnte ein Zeugnis der Volksschule darüber, daß das Ziel voll erreicht ist, zur Aufnahme in die berechtigen. In der Existenz der Vorschulen gllein liegt schon ihre Bevorzugung und damit eine Benachteiligung der anderen Schulen Deshalb haben wir auch in unserem Antrage nach der organische Verbindung der Lehrpläne die Auflösung der Vorschulen vorgesehen für die jetzt eine Mehrheit im Hause vorhanden ist. 8 Abg. Hänisch (Soz.): Wir können hier einmal einem Zentrumsantrage rückhaltlos zustimmen. Mit dem Abg. Hoff seben wir darin einen ganz kleinen, aber einen ersten Schritt auf der Bahn zu dem Ideal der Einheitsschule. Ein ganz bescheidener erster Schritt war schon durch den Erlaß des Kultusministers vom 13. August 1916 vorhergegangen Lieber hätten wir ja gesehen, daß ganze Arbeit ge⸗ macht und die Beseitigung der Vorschule gefordert würde. Die Vor⸗ schule paßt in eine große nationale Schule nicht hinein. Der Abg. Iderhoff übersieht, daß eine ganze Reihe von Bundesstaaten, Baden, Bayern, Sachsen, Braunschweig, die thüringischen Kleinstaaten, auch die Provinz Westfalen die Vorschule überhaupt nicht kennt, und hat das höhere Schulwesen dort unter diesem Mangel etwa gelitten? Praktisch würde es nach dem Erlaß dahin kommen, daß die Söhne besitzender Eltern nach drei Jahren in die Sexta übergehen können, während die Volksschüler F“ vier Jahre warten müssen, und dieser Ausfall von einem Jahre ist für die Eltern armer Kinder sehr schmerzlich. Wir verlangen, wenn die Vorschule nicht beseitigt wird, die Aufnahme der Volksschüler ohne jede Prüfung, sofern sie ein Zeugnis des Lehrers oder Schulinspektors beibringen. Wir sind mit dem sehr verdienstvollen allgemeinen deutschen Lehrerverein der Auf⸗ fassung, daß das Ideal die nationale Einheitsschule ist, die er als Frucht dieses Krieges erhofft.
Der Antrag wird der Unterrichtskommission überwiesen.
„CEs folgt die Beratung des Antrages der National⸗ liberalen:
„die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, die Unterrichts⸗ verwaltung wolle die Vergünstigun g, daß die in wehrpflich⸗ ttigem Alter stehenden Sch üler, die infolge von Aus⸗ hebung ins Heer eintreten, sechs bis neun Monate früher ihre Reifeprüfung ablegen oder in eine höhere Klasse versetzt werden dürfen, wenn sie die Aussicht gewähren, daß sie zu Ostern oder zum Herbst das Ziel ihrer Klasse erreicht haben würden, auch auf diejenigen Schüler von Untersekunda an ausdehnen, die zu einem technischen oder landwirtschaftlichen Berufe übergehen wollen und dies durch Vorlegung eines Lehrvertrages oder sonst glaubhaft dartun“.
Abg. Dr. Beumer (nl.): Unser Antrag ist eine Notwendigkeit, da die Unterrichtsverwaltung in bezug auf den vaterländischen Hilfs⸗ dienst noch keine besondere Verordnung erlassen hat. In einer so ernsten Zeit, wie der jetzigen, darf das schulmäßige Wissen gegenüber dem, was uns an der Front und hinter der Front nottut, nicht zu sehr überschätzt werden. Das Hilfsdienstgesetz wendet sich an alle Kreise der Bepölkerung. Es wäre bedenklich, die Schüler der hoͤheren Lehranstalten davon auszunehmen. Daß das Leben selbst einmal Er⸗ zieher sein kann, dieser Scharnhorstsche Gedanke ist noch nicht in alle Kreise der Schulverwaltung gedrungen. Seneca sagt: Longum est iter per praecepta, sed preve et efticax per exempia. Wir können zurzeit gebildete junge Leute, die an Diszeplin gewöhnt Knd, in der K hnik und in der Landwirischaft sehr gur gebrauchen. Das Bedenken, das aus der Möglichkeit hergeleitet wird, daß der Be⸗ treffende schließlich doch einen anderen Beruf wählt, würde ich nicht entscheiden lassen. Dr. Heim, der neue baverische Geheime Oeko⸗- nomierat, hat gesagt: „Erst Ernährung, dann Bildung“; darin liegt ein außerordentlich kluges Reformprogramm.
Abg. Dr. Leeder (kons.): Die konservative Partei hat gegen den Antrag dochgeinige Bedenken. Wir masen bestimmte Kautelen dafür haben, daß mit der geforderten Vergünstigung nicht insofern Mißbrauch getriehen wird, als junge Leute aus einem zureichenden oder unzuteichen⸗ den Grunde einen anderen Beruf wählen und doch die Versetzung in eine höhere Klasse oder das Reifezeugnis in der Hand haben. Was die landwirtschaftlichen und technischen Berufe betrifft, so fehlt es diesen weniger an Lehrlingen als an ausgebildeten Personen. Ob also die in Aussicht genommene Maßregel den gewünschten praktischen Erfolg haben wird, ist uns immerhin noch etwas zweiselhaft. Außer⸗ dem befürchten wir eine Beeinträchtigung der Leistungen der jungen Leute. Die Kriegsteilnehmer werden diesen Mangel zu ersetzen wissen durch eine Stärke und Festigung des Charakters, wie sie die große Zeit, die großen Erlebnisse mit sich bringen. Anders steht es aber in diesem Falle mit dem Zivilleben; in den oberen Klassen kommt 24 nicht so sehr auf den Memorierstoff als auf den Bildungestoff an; es ist von großer Bedeutung, ob die sungen Leute ein halbes vder dreiviertel Jahr deutschen Unterricht mehr oder weniger haben. 1 jeden Fall erwarten wir, daß die Vergzünstigung nur den wi Würdigen zuteil wird. 1“
Ahg. Wildermann (Zentr.): Meine Partei schließt sich dem Vorschlage auf Ueberweisung an die Unterrichtskommisston an. Wir können für den Antrag in der vorliegenden Form auf feinen Fal stimmen. Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß die Berechtznuma zur Obersekunda nicht mit der Berechtigung zum einiädrigfreiwilligen Dienst in diesem Falle verhunden ist. Die Bere g zum Ein⸗ jährigendienst wird vom Reiche erieilt. Es würde also eines de⸗ sonderen Antrages im Reichstage dedürsen. Dem Abzeerdneten Dr. Leeder stimme ich darin bei, daß gerade in der Untersekunde der Verlust von einem halben oder dreivierzel Jahr nicht zu unerschetzen ist. Der ganze Lehrplan der Untersebande ist nun einmal maf die Schüler mit der Berechtigung zum Einjahri itten. Es sprechen also gewichtige Bedenken gegen den An der⸗ liegenden Form.
Abg. Hänisch (Soß): Der Antrag ist so kompliziert, daß auch wir der Verweisung an die Kommisston zustimmen.
Der Antrag wird der Unterrichtskommisston überwiesen.
Damit ist die Tagesordnung erledigt.
Der Praͤsident schlägt vor, die naͤchste Sitzung am Montagnachmittag von 2 Uhr an abzuhalten mit der Tages⸗ ordnung: erste Lesung des Fideikommißgesehes.
Abg. Waldstein (oortschr. Volksp.) widerspricht dießer Tages⸗ ordnung und warnt vor einer Ueberstürzacs der Beratune
Der Präsident mweist darauf bin, daß er deie Sitang erst Zah 2 Uhr vorpeschlagen habe, damit die Fraktietzen stch ee Lnn 5 im übrigen verweist er auf den Besß⸗ des Sentotem⸗ onbents.
Abg. Dr. Pachnicke seortschr. Polker.) 4.92 daß der Seniorenkondent auf seine Bilte sich dabin entschteden ade diesem Gegenstand als letzten dver der Pause zu dergten, und appellert am die Lovalität der Herren, die sich damit einderstanden erklärt havhen.
Gegen den Widerspruch der Freisinnigen und Saztal⸗ demokraten wird der Vorschlag des Präsidenten außrecht er⸗
halten. Schluß 21½ Uhr. Nächste Sitzung Montag. 2 Uhr (Fide