1917 / 41 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 16 Feb 1917 18:00:01 GMT) scan diff

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immer bereiten Beamten, die höheren, mittleren und unteren, voll an⸗

schaden soviel wie möglich zu Leibe zu gehen. Dann hat Herr Abgeordneter von der Osten von einem Landes⸗

lichkeit eintritt. Für diesen Zweck übernimmt der Landeskom⸗

Beamten nicht nur bereit zu stellen das ist selbstverständlich

8 Kriegsernährungsamts geschehen. Inzwischen haben wir in Preußen

Aber das möchte ich zur Beruhigung des Herrn Abgeordneten

wird sich auch kein Mitglied dieses Hauses, auf welcher Seite es auch seinen Platz haben mag, entziehen. Ein solcher Weltkrieg bringt das Völkerleben und das Volksleben in neue Bahnen, in Bahnen, für die die vergangene Friedenszeit Muster und Grundsätze an sich kaum haben konnte. Es kann kein Politiker und kein Staatsmann glauben, daß die innere Politik nach dem Kriege an der Stelle wieder einsetzen sollte, wo sie vor dem Kriege aufgehört hat, und daß etwa der einzige Erfolg der Neuorientierung darin bestände, daß nun eine neue politische Richtung zur Geltung käme. Nein, meine Herren, so einfach kann ich mir den Einfluß dieses Krieges auf die Neuorientierung nicht vor⸗ stellen.

Zunächst werden wir alles zu tun haben, um den Wiederaufbau unseres Staates nach dem Kriege zu vollbringen. Daneben werden die Gesetze kommen, die ich Ihnen schon verkündet habe; aber es wird nicht die Aufgabe der Staatsregierung sein, etwa nun nach dem Kriege eine Fülle von neuen Gesetzen über das Land zu ergießen. Nein, ich glaube, meine Herren, das wäre ein falscher Weg, den man niemandem zuliebe, dem Staate und dem Volke aber zuleide gehen würde. Wo nach dem Kriege Gesetze nötig sind, werden sie kommen, und die Staatbsregierung wird sie vorurteilslos, ohne politische Vor⸗ eingenommenheit bringen in der Form, von der sie annehmen darf, daß sie den beabsichtigten Zwecken am besten entsprechen. Im übrigen aber, meine Herren, meine ich, haben wir hinreichend Gesetze, wir haben gute Gesetze und wir haben auch da werde ich wahrscheinlich von drüben Widerspruch erfahren freiheitliche Gesetze. (Sehr richtig! techts. Na, nal links.) Preußen ist nie im Rückstand gewesen, Preußen ist stets fortgeschritten, und wer sieht, zu welcher Blüte und Kraft wir vor dem Kriege bereits gelangt sind, der wird mwabrlich sagen, daß hier in Preußen gute Arbeit gemacht worden ist. (Bravol rechts.) An dieser guten Arbeit hat auch die preußische Volksvertretung ihren hervorragenden Anteil. (Sehr richtig! rechts.) Wenn die Feinde immer und immer wieder gegen den preußischen Staat und den preußischen Geist anrennen, meine Herren, dann wollen sie doch nicht unsere Schwächen treffen, sondern sie wollen unsere beste Stärke treffen. (Sehr gut! rechts.) Nun ist aber Preußen groß und stark geworden, nicht weil es im Rückstand blieb, sondern weil es fortschritt (Sehr richtig! rechts), weil es sich weiter ent⸗ wickelte, weil es sich den Zeitverhältnissen immer anzupassen gewußt hat. Das ist seine Größe, das hat zu seiner Größe geführt. (Sehr richtig! rechts.) Meine Herren, dabei wird es bleiben, und das wer⸗ den wir noch immer mehr vervollkommnen. (Bravo!l rechts. Hört! Hört! links.)

Ich will mich nun noch nach einer Seite näher ergänzen. Der Geist der preußischen Verwaltung muß ein in des Wortes bester Be⸗ vdeutung freiheitlicher sein. Ueber die Bewährung unserer Verwaltung in dieser schweren Zeit mit ihren ungeahnten gewaltigen Aufgaben ist kein Wort des Lobes zu viel. Ich bin auch der festen Ueberzeugung, vaß, wenn dereinst die Geschichte dieser Jahre geschrieben wird, sie auch neben unserem unvergleichlichen Heere, neben der Flotte, neben unserm tapferen und opferwilligen Volke die tüchtigen, umsichtigen,

rkennen und voll rühmen wird. (Bravol)h eee⸗ 8 Ich bin dankbar, meine Herren, daß die Verwaltung und die Beamtenschaft in diesem hohen Hause so warm und so nachdrücklich Anerkennung gefunden haben. Sie verdienen sie in vollstem Maße. Es ist von den Herren Vorrednern erwähnt worden, wie außerordentlich schwere Lasten heute auf der Verwaltung und auf den Beamten ruhen, uf den Landratsämtern sowohl wie auf den Kummunalverwaltungen. Darüber sind wir uns wohl alle vollkommen einig. Seien Sie ver⸗ sichert, daß ich alles dazu tun werde, um die nötigen Kräfte für die

sondern auch sie frei zu machen, soweit es notwendig ist, damit nicht Stockungen eintreten, die für den ganzen Betrieb unheilvoll wären. Ich habe hierbei noch eine Bemerkung des Herrn Abgeordneten

von der Osten zu erwähnen, die sich auf die Bekämpfung des Lebensmittelwuchers, hier in Berlin, bezog. Ich stimme mit ihm vollkommen darin überein: da muß noch viel mehr geschehen, als bis jetzt geschehen ist, es muß alles versucht werden, um diesem Krebs⸗

ernährungsamt für Preußen gesprochen. Meine Herren, daß die Errichtung eines solchen Amtes ihre Bedenken haben kann, darüber ist gar kein Zweifel. Sie werden aus der Zeitung gesehen baben, daß dieser Plan nicht bei der Staatsregierung besteht. Wohl aber soll ein Kommissar ernannt werden, der zunächst die Aufsicht Über die verschiednen Landesämter für Ernährungsfragen führt, die sich in Preußen bisher gebildet haben. Wir haben, wie Sie wissen, in Preußen denselben Weg zurückgelegt, wie im Reiche. Im Reiche erschien zuerst eine große Reihe von Einzelorganisationen, jede mit einem bestimmten Zweck; dies führte schließlich dazu, daß eine Zu⸗ sammenfassung notwendig wurde. Das ist durch Einsetzung des

eine außerordentlich große Zahl von solchen Landesämtern bereits be⸗ kommen. Auch hier ist es aber notwendig, noch eine größere Einheit⸗ lichkeit herbeizuführen, die einmal die Arbeit in den Landesämtern sfelbst erleichtern, dann aber auch die nachgeordneten Behörden befreien soll von manchen an verschiedenen Stellen doppelt an sie herantreten⸗ den Anforderungen. Dafür soll die Spitze sorgen, daß hier Einheit⸗

missar gewisse Obliegenheiten der preußischen Ressortminister.

von der Osten sagen die preußischen Ressortminister sind dadurch keineswegs ausgeschaltet, sondern einmal sind sie durch Kommissare i diesem Kommissar selbst wieder vertreten, und dann können sie in dem Augenblick auch Einspruch erheben wegen einer Anordnung, die von diesem Kommissar erlassen wird, mit der sie nicht einverstanden sind. Ich glaube, daß in dieser Beschränkung die Stelle gut wirken wird. Mieine Herren, wenn ich unsere Verwaltung durchaus loben konnte, weil sie sich bewährt hat, so bin ich trotzdem vollkommen der Ansicht, daß wir eine Reform der Verwaltung sobald wie möglich anftreben müssen, eine Reform sowohl hinsichtlich des Be⸗ triebes der Verwaltung, als auch hinsichtlich ihres eigentlichen

Von ber Immediatkommission ist auch hier gesprochen e ich

nur beschränkter Natur war, erfüllt. Sie ist durch Seine Ma⸗

jestät im vorigen Monat geschlossen worden.

Ihre Arbeiten sind nicht etwa lediglich nach der Neuordnung der

Regierungsinstruktion, die fertiggestellt ist, oder etwa nach der No⸗

velle zum Landesverwaltungsgesetz zu beürteilen, die seinerzeit dem

Landtage vorgelegt ist, aber infolge des Kriegsausbruchs nicht mehr

zur Verabschiedung kam, sondern ihre verdienstvolle Arbeit besteht in

einer großen Zahl wichtiger Vorschläge und Anregungen, die für jede

spätere Reform ein sehr wertvolles Material darstellen werden. Ich

habe es deshalb außerordentlich bedauert, daß die Immediatkom⸗

mission nach ihrem Ende auch in der Presse ich habe heute früh

erst noch einen Artikel in einer großen Berliner Zeitung in diesem

Sinne gelesen nicht die Anerkennung gefunden hat, die ihr voll⸗

auf gebührt, und ich möchte auch meinerseits Gelegenheit nehmen, hier von dieser Stelle aus den Herren Mitgliedern der Immediatkom⸗ mission namens der Staatsregierung für ihre hingebende und erfolg⸗ reiche Arbeit aufrichtig zu danken, wie ich das an anderer Stelle schon im Allerhöchsten Auftrage tun konnte. Die Immediatkommission hat uns den Weg gewiesen, auf dem wir weiter arbeiten sollen. Es er⸗ scheint nicht zweckmäßig darüber sind auch die Herren Vorredner mit mir einig —, die Arbeiten jetzt einer vielköpfigen Kommission zu übertragen, sondern sie vielmehr zwei bewährten Beamten anzuver⸗ trauen, die, ihrerseits vollkommen selbständig und auch selbständig in der Wahl ihrer Mitarbeiter, nun ihre Vorschläge nach Maßgabe ihrer Erfahrungen und der Kenntniffe, die sie jetzt auch in den Pro⸗ vinzen sammeln, dem Staatsministerium zur weiteren verfassungs⸗ mäßigen Beschlußfassung vorlegen. Auf diese Weise wird, wie ich glaube, ein einheitliches und gutes Werk zustande kommen, das nun die Grundlage zu weiteren Verhandlungen auch mit dem Landtage der Monarchie bieten wird.

Eingehende Ausführungen darüber, wie ich mir die Reform denke, muß ich mir schon aus dem Grunde versagen, den ich Ihnen eben mitgeteilt haͤbe, daß die Herren Reformatoren (der eine sitzt ja neben mir) vollkommen selbständig sein sollen. Es ist deshalb gewiß sehr wünschenswert, wenn aus Ihrer Mitte und sonst von Sachverständigen den Herren Anregungen nach allen Richtungen ge⸗ geben werden; aber eine beamtete, autoritative Stelle muß jetzt schweigen, sie muß den Herren vollkommen freie Hand lassen, damit sie ihre Arbeit unbeeinflußt von irgendeinem Ressort, welches es auch sein möge, erledigen. Meine Herren, die Arbeiten werden so schnell wie möglich in Angriff genommen werden, und es ist selbst⸗ verständlich, daß über den Fortgang der Arbeiten dieses hohe Haus immer auf dem laufenden erhalten wird.

das meine dazu tun, daß die Handhabung, die Praxis der Verwal⸗ tung eine wahrhaft freiheitliche ist. Meine Herren, die Tatsache, daß die Not der Zeit uns, alle Berufsstände und Klassen, alle Parteien, einmütig zusammenführt und die verschiedenen Bevölkerungskreise so

bedenken

Weiter wird aber noch manches geschehen können, und ich werde

nahe zueinander gebracht hat, muß auch von der preußischen Verwal⸗ tung unbedingt dauernd im Auge behalten werden und auch für jeden Beamten leitend sein und bleiben. Das muß sich im einzelnen wie im ganzen auch in der Art des Umgangs, im Ton und in den Formen zeigen; ich komme da auf das, was der Herr Berichterstatter vorhin hervorhob. Es ist möglich, daß hin und wieder noch nicht die richtige Art im Verkehr zwischen Behörden und Bevölkerung herrscht. Da muß nach meinem Dafürhalten jede Gepflogenheit beseitigt werden, die mit der Aufrechterhaltung der Autorität des Beamten nicht not⸗ wendig verbunden, die dem Verhältnis zu dem Beamten und dem Vertrauen zu dem Beamten abträglich und für die Bevölkerung ver⸗ letzend ist. Die mit der Ausführung der Gesetze betrauten Behörden und Beamten sollen wissen, daß die Gesetze zur Wohlfahrt der Be⸗ völkerung gemacht sind, und sie sollen diese Tatsache auch der Be⸗ völkerung stets im Bewußtsein halten. (Sehr richtig! links.) Bu⸗ reaukratische Engherzigkeit, schroffe, scharfe Formen, kleinliche, un⸗ nötige polizeiliche Maßregeln wirken verärgernd und verletzend und werden vielleicht manchmal die Bevölkerung nicht zu dem vollen Be⸗ wußtsein kommen lassen, Bürger eines durch seine Gesetzgebung und Verwaltung freien Staates zu sein, (Sehr richtig! bei den Sozial⸗ demokraten.) 8 Den weiteren Ausbau der Selbstverwaltung werden wir uns gewiß angelegen sein lassen. Auch in dieser Beziehung stimme ich manchen Ausführungen der Herren Vorredner durchaus zu. Das Ziel, das der Herr Abgeordnete Linz vorhin dargelegt hat, nämlich eine weitere Ausdehnung des Gebietes, das der kommunalen Selbst⸗ verwaltung einzuräumen wäre, scheint auch mir durchaus erwünscht. In dieser Beziehung könnte zunächst einmal auch eine Erweiterung der Gemeindezuständigkeit in solchen Städten in Frage kommen, in denen Königliche Polizeiverwaltung besteht. Hier geht mein Streben dahin, allmählich in stärkerem Maße als bisher gewisse Zweige der Wohlfahrtspolizei den Gemeinden zu überweisen, soweit die Wünsche der Gemeinden darauf gerichtet sind und nicht ganz besondere Bedenken dem gegenüberstehen. In diesem Sinne habe ich auch meine Vertreter in dem Ausschuß für den Wohnungsgesetzentwurf beauf⸗ tragt, Erklärungen in meinem Namen abzugeben, und zwar im Sinne einer Uebertragung der Bau⸗ und Baufluchtenpolizei an die Ge⸗ meinden. Wie ich sonst über die Selbstverwaltung und ihren Wert denke, habe ich wiederholt und eingehend auch in dem von seiten der Herren Vorredner erwähnten Erlaß vom 18. März 1916 dargelegt. Dieser Erlaß entspricht meiner innersten Ueberzeugung, und ich bin willens, ihn zur Durchführung zu bringen. Daß für die Auswahl der Beamten nur Tüchtigkeit, Leistungen, Bewährung maßgebend sein dürfen, und daß unbedingt Parität zu wahren ist, erachte ich für eine Staatsnotwendigkeit, aber auch für eine Selbstverständlichkeit. (Bravo!) Ich werde die tüch⸗ tigen Beamten nehmen aus jedem Beruf und jedem Stande, woher ich sie bekomme, und ich werde die Tüchtigkeit ganz gewiß nicht nach dem Wert der Examina beurteilen. Nein, meine Herren, nach der Leistung, nach der Beweglichkeit des Geistes, nach der Festigkeit des Charakters! Das sind die Prüfsteine für einen guten Beamten. Ceb⸗ hafter Beifall.) So hoffe ich, daß die preußische Verwaltung zur Trägerin der persönlichen Freiheit wird, die Verwaltung und Gesetzgebung in Preußen sicherstellen. (Bravo!) Herr Abgeordneter Linz ist noch in beweglichen Worten auf die, wie er meint, ungleiche Behandlung der katholischen Be⸗ amten gegenüber den evangelischen gekommen. Auch ich stelle mit Bedauern fest, daß die Zahl der katholischen höheren Beamten ver⸗

katholischen Bevölkerung zur evangelischen. Ich will mich hier nichz auf eine Reihe von Zahlen einlassen; aber ich will auch anerkennen daß bei 61,8 % evangelischer und 36,3 9 katholischer Einwohner der Prozentsatz der mir unterstellten höheren Beamten nur 10,6 % b. trägt, mit Referendaren 10,9 %. Dieses Verhältnis ist ungünsti es muß verbessert werden. (Bravol im Zentrum.) Ich werde mir dü- Mühe geben, es zu verbessern. Ich habe in dieser Beziehung schan Anordnungen gegeben, die ich mündlich und schriftlich stets in Cr⸗ innerung halten werde. (Bravol im Zentrum.) Zu meiner Freue hat sich das Verhältnis der zur Beförderung gelangten katholischen Beamten in den letzten Jahren etwas verbessert. Seitdem ich die Ehn habe, das Ministerium des Innern zu leiten, also seit dem 1. Mi 1914, sind im ganzen befördert worden in der inneren Verwaltun 109 Beamte. Darunter befanden sich 17 oder 15,6 % katholische M⸗ amte; in Berücksichtigung des vorher erwähnten Verhältnisses der 10 % war es dennoch ein leidlich günstiges Verhältnis, das ich Ee wenigstens zur Kenntnis des hohen Hauses bringen möchte. I spreche es nochmals offen aus, daß die größere Heranziehung katzhe⸗ lischet Beamter durchaus wünschenswert, ja notwendig ist (Bravol sn Zentrum), daß ich alles dazu tun werde, um dieses Ziel zu erreichen und daß ich ganz gewiß die katholischen Beamten nicht irgendwie 8 rücksetzen werde. (Bravol! im Zentrum.)

Eins wollen Sie, meine Herren, bei allen diesen Fragen dah nicht unberücksichtigt lassen. Der preußische Beamtenkörper ist en Gebilde, das in mehrhundertjähriger geschichtlicher Entwicklung ent⸗ standen ist, und das die ihm anhaftenden Eigentümlichkeiten üen gewiß nicht, auch nicht zu seinem Vorteil von heute auf motg ändern kann, wenn Sie nicht dazu kommen wollen, einen tüchtige Beamten deshalb, weil er von Adel ist, zurückzusetzen. Das wolle Sie doch gewiß nicht. (Zuruf bei den Sozialdemokraten.) Meim⸗ Herren, der Adel hat sich auch in der inneren Verwaltung das muß klipp und klar ausgesprochen werden ausgeezichnet bewährt und hu uns eine große Anzahl von Beamten geliefert, deren Tätigkeit in daf Geschichte der preußischen Verwaltung immer ein Ruhmesblat bleiben wird. Die Verwaltung hat sich auch seit langer Zeit in R. Regel aus den Familien ergänzt, deren Angehörige seit Jahrhunderte sich immer der Verwaltungslaufbahn gewidmet haben und aus de Gegenden stammen, wo das preußische Berufsbeamtentum heinist ist, das Preußen Friedrich Wilhelms I. Das muß man auch beric⸗ sichtigen, wenn man in dieser Frage gerecht und vorurteilslos urteila will, und darum bitte ich Sie. Aber, meine Herren, trotz alleden bleibt bestehen: Vorurteilslosigkeit, Gerechtigkeit, Auswahl de Beamten lediglich nach der Tüchtigkeit. Das müssen selbstverständlit die unverrückbaren Grundlagen jeden Chefs der preußischen Verva⸗ tung sein.

Zum Schluß (ich habe Sie doch länger aufgehalten, als it glaubte) (Zuruf bei den Sozialdemokraten alter Richtung) da freut mich, Herr Hoffmann!) noch ein Wort! Wenn ich jetzt so de Betrachtungen lese und höre über unsere innere Politik, die wir gefühn haben und wie wir sie führen sollen, so habe ich die Wahrnehmm gemacht, daß doch das Gefühl der Dankbarkeit nicht genügend Ausdruck kommt, das Gefühl der Dankbarkeit, das jeder Deulsch empfinden muß, wenn er sieht, wie unsere preußischen und vnser deutschen Staatseinrichtungen diesem gewaltigen Sturm der Ft Widerstand geleistet und uns zu so glänzenden Erfolgen besähit haben. Meine Herren, es ist doch die Arbeit einer stolzen und großeh Vergangenheit, die sich hier bewährt. Wir können stolz sein auf da was wir bereits vor dem Kriege geworden waren, und, meine Herm wir sollen und wollen erkennen, daß die Kräfte, die uns jetzt siegret und widerstandsfähig gegen die halbe Welt gemacht haben, auch duß jenigen Kräfte sein werden, die, nach den Erfahrungen dieses Krieg⸗ in der Breite und Tiefe verstärkt, auch unsere größere Zukunft tug müssen. Meine Herren, wenn dieser Krieg etwas bewiesen hat, hat er den hohen Wert unserer preußischen und deutschen 81 2 einrichtungen bewiesen. (Sehr richtig! rechts.) Das monarchisch Regiment, meine Herren, ist ein Besitz so unveräußerlich wie wendig, und diesen Besitz müssen wir ungeschmälert erhalten. (Sa richtig! rechts.) Ich bin fest überzeugt, daß die Wohlfahrt des Stras und des Volkes gar nicht besser gedeihen und sich entwickeln kam, 8 unter dem Schutze des durch seine verfassungsmäßigen Rechte mäti gen Königs. Meine Herren, daran wollen wir festhalten, denn ansg wird. Preußen und Deutschland nicht gedeihen.

Meine Herren, meine Ausführungen haben sich zum Teil einer Zukunft beschäftigt, die uns vielleicht noch ferne liegt. haben wir alle Kräfte auf den Plan zu setzen, um den Endsieg u. * langen. Das hochherzige Friedensangebot der Zentralmächte, dasm innersten Willen und Gewissen unseres Kaiserlichen Herm entsp der inmitten einer leidenden Welt die Stimme des Gewissent Gehör brachte, ist von unseren Feinden in unglaublicher Verblenia und unerhörter Form abgelehnt worden. Die Antwort daran der Kaiser durch seinen Armeebefehl und durch seinen Aufruf m!

M.

gegangen ist. Das deutsche Volk wird der Mahnung des Kaisers so⸗ und zu Stahl werden; das werden unsere Feinde spüren. Für⸗ geht es ums Ganze, für die Feinde ums Letzte, und wir werden süh

(Lebhafter Beifall.) 1

58. Sitzung vom 15. Februar 1917, Vormittags 11 Ur Ueber den Beginn der Sitzung ist in der gestrigen Numkʒq

d. Bl. berichtet worden. . Das Haus setzt die zweite Beratung des Stac t8 hc —9 ltsplanes 8 r 1917 im Sonderplan des Mnn 1 1

eriums des Innern fort. 1

Abg. Leinert (Soz.) bemerkt, in seiner Sn. 2 fahrend: Die Auflösung der Immediatkommission hat di h

aufgedrängt, was diese Kommission denn eigentlich gemact Sie hat hinter hessFlgqeen Türen getagt und ihren gliedern Schweigen auferlegt. Sie soll fleißige Arbeit haben. Die beiden bekannken Liquidatoren sollen die Arte⸗ Kommission bearbeiten. Bei der Neuorientierung in er waltung soll der Landrat der Chef einer großen bureans Behörde werden. Dagegen haben wir erhebliche Bedenker wollen, daß der Landrat eine Stellung erhält wie die Bürger in den Städten. Die Entpolitisierung des Landrats ist nur wenn die Verwaltung kommunalisiert wird; dazu müssen kier ratsämter eine kollegiale Verfassung erhalten, 9 daß die Kontrolle der Landräte über die Bepölkerung beseitigt w. Bestätigungsrecht des Landrats für den Gemeindevorsteher denc. mehr politisch ausgeübt werden. Auch die Gemeindeverwalmae⸗

hätnismäßig u niedrig ist; sie entspricht nicht dem Verhältnis der

reformiert werden, die Bestätigung der Gemeindebeamten!

(Wahlrecht verlangen wir nicht als Geschenk, sondern als R D ah. angen ir nicht 8 echt. De Minister verwirft Polizeischikanen. Verärgernd muß es aber 8.5

Wer bürgt uns denn dafür, daß Herr von Loebell auf seinem Platze

auschen Volke die ungeheure Entschlußkraft entwickelt, das Leben zu

prenzen und seine wirtschaftliche Entwicklung sichert.

1b ul 1 duch in Geld gewährt werden kann. Nun geben die Arbeitaeber nur deutsche Volk in einer Sprache gegeben, die uns allen tief zu 8

1n; oahne Schuld, denn er hat im Jahre 1915 angeordnet, daß

auess sollte auch den Mangel landwirtschaftlicher Arbeiter beseitigen.

witigt werden. Dazu muß das Gemeindewahlrecht geänd erd 2 die Einführung des allgemeinen, gleichen, bineknn 2 . 2 Wahlrechts mit der Verhältmiswahl, damit alle Kreise der Bevölke⸗ rung entsprechend ihrer Stärke in der Gemeindevertretung zur Gel⸗ uun kommen. Damit die Bewegungsfretheit der Gemeinden nicht u sehr beschränkt wird, muß das Aufsichtsrecht der Staatsbehörden beschnitten werden. Dem Tüchtigsten muß die Bahn freigemacht werden ohne Rücksicht auf Religion und politische Anschauung. Ohne Heranziehung der sozialdemokratischen und der gewerkschaftlichen E Hanssehene hätten wir die Resultate in der Volkswirtschaft während des Krieges nicht erzielt, die wir erzielt haben. Die brach⸗ liegenden geistigen Kräfte des Volkes müssen für die Entwicklung des Volkes mobi Der Staat ist eine Einrichtung für das gesamte Volk und muß demokratisiert werden. Wie das Kriegswucheramt, so sollte jede bureaukratische Verwaltung mit einem Beirat aus Männern des praktischen Lebens ausgerüstet werden damit die Verwaltungsbeamten über die Bedürfnisse des Volkes auf⸗ geklärt werden. Die Verwaltung muß das Bewußtsein bekommen daß sie wegen der Bevölkerung da ist und nicht umgekehrt. Von allen wirtf aftlichen und politischen Kämpfen müßte die Polizei aus⸗ geschlossen werden. Der Minister sagt, daß die Polizei nicht er⸗ zieherisch zu wirken habe, aber die Polizei betrachtet sich gerade als den großen Volkserzieher, und doch erreicht sie mit der politischen Erziehung des Volkes gerade das Gegenteil. Theaterzensur, Presse⸗ fensur usw. müßte anders geregelt werden als dur er, Penase Von den polizeilichen Kriegsmaßnahmen darf nur dasjenige in die Friedenszeit hineingenommen werden, was sich tatsächlich als ein sortschritt bewährt hat. Dazu Ubatt aber zum Beispiel nicht die Verkürzung der Polizeistunde. Gegen die Staatsbürgerrechte dürfen sich⸗ olizeiverordnungen nicht richten. Der polizeiliche Kampf gegen die Arbeiterbevölkerung ist ja während des Krieges unterblieben: er hat aber hinfort überhaupt zu unterbleiben, an dem Staatsbürgerrecht hat das Verordnungsrecht der Polizei seine Schranken zu finden. Die völlige Abschaffung und Beseitigung der Gesindeordnung muß erfol⸗ gen. Das freie Koalitionsrecht für alle fordern wir. Die Ge⸗ samtheit muß der Nutznießer der Staatsorganisation sein, die jetzt nur einer dünnen Schicht der Herrschenden dient. Das Bewußtsein seiner Gleichberechtigung muß in jedem Einzelnen leben⸗ dig werden. Die Polenpolitik, die auch ein Mittel zur Bereicherung derjenigen ist, die in der Bekämpfung der Polen ihre Lebensaufgabe sehen, muß aufgegeben werden. Herr von Zedlitz hat eine Reform bes Herrenhauses verlangt. Wir können in keiner Beziehung irgendeiner „Reform des Herrenhauses zustimmen. Die aller⸗ wichtigste Aufgabe aber, die es gibt, ist die Lösung der Wahlrechtsfrage. Warum soll diese Frage nicht während des Krieges gelöft werden, was doch beim Fideikommißgesetz möglich ist? Unbedingt muß diese Frage vor den nächsten Wahlen geloft werden, wenn nicht die große Masse der Kriegsteilnehmer aufs 111 und I werden soll. Das Aller⸗ mindeste, was für Preußen geschehen muß, ist die Verleih Reichswahlrechts (Lachen rechts.) Sie (rechts) scheinen 58 noch gar nicht begriffen zu haben. Was die Frauen in dieser Kriegs⸗ zeit geleistet haben, kann nur die Forderung des Frauenwahlrechts um so dringlicher machen. Und wenn 18jährige Leutnants ganze Kom⸗ pagnien befehligen und führen können, werden auch die 20 ährigen Staatsbürger des Wahlrechts würdig sein. Alle Vorschläͤge einer Abstufung des Wahlrechts verraten nur die Angst vor der Ge⸗ simung des Volkes und vor der Gesinnung der Kriegsteilnehmer. Die in den Schützengräben halten nicht aus, um die Vorrechte einer Minderheit zu verteidigen. Die Verkürzung der Privilegien ist kein Unrecht, sondern die Privilegien selbst sind es. Ist es recht, daß ein Kriegswucherer hundert Wahler an der Front niederstimmen (Sehr gut! b. d. Soz.) Das allgemeine, gleiche, geheime und direkte

wirken, wentt dem Volke vie Gleichberechtigung im Wahlrecht ver⸗ weigert wird. Die schönen Worte des Ministers werden bei uns nicht tiefer dringen, bevor wir Taten sehen. (Sehr richtig! b. d. Soz.) Als der Minister vom freiheitlichen Geiste sprach, war die Rechte stumm.

sein wird, wenn es gilt, den von ihm ausgestellten Wechsel einzulosen? Fenr von der Osten sprach von dem allgemeinen patriotischen Auf⸗ chwung im August 1914. Ein Volk, das sch verteidigt, ist stärker als ein Volk, das man opfern will. Die Stimmung der Augusttage 1914 ist m 1. Februar nicht wiedergekommen, wohl aber am 12. De⸗ zember vorigen Jahres, als der Reichskanzler uns von dem Friedens⸗ angebot mitteilte. Da stand das ganze deutsche Volk hinter dem Kanzler bis auf diejenigen, die eine Furcht vor dem Frieden haben. Der 12. Dezember war der weltgeschichtlichste Tag. Alle hatten die Hoffnung, daß „diesem entsetzlichen Morden“ nun bald Einhalt getan würde. Die Antwort der Entente hat wie ein Peitschenhieb i das Angesicht des deutschen Volkes gewirkt. Nun hat sich im deut⸗

berteidigen und die Feinde zum Frieden zu zwingen. (Sehr richtig! Send. Soz.) Das Volk lehnt den Schäferschen Standpunkt ab. derspruch rechts.) Auch wir wollen keinen Frieden um jeden Preis, sondern einen Frieden, der dem deutschen Volke seine Landes⸗

Abg. Dr. von Trampcezynski (Pole): Die polnischen Saisonarbeiter werden nicht mehr herausgelassen. Diese Anordnung iderspricht dem Völkerrecht, wonach nur diejenigen Leute nicht mehr kortgelassen werden dürfen, die in die feindlichen Reihen eintreten onnten. So sind die Arbeiter die Opfer der Ausbeutung der Arbeit⸗ geber geworden, es werden ihnen Löhne geboten, von denen sie nicht eben können. Zur Heranziehung weiterer Arbeiter erhielt sie deutsche Arbeiterzentrale ein Monopol. Sechshundert Agenten der Arbeiterzentrale täuschen die anzuwerbenden Ar⸗ eiter über das, was sie bekommen sollen. Als Lockmittel wird ihnen in großes Deputat versprochen: 30 Pfund Kartoffeln wöchentlich, iin Liter Magermilch und andere schöne Sachen. In den Vertraägen teht aber unter einem Sternchen die Bemerkung, daß das Deputat

b Pfund Kartoffeln, und für den Rest zahlen sie 3 ½ Pfg. Auch über eie Dauer der Arbeitszeit werden die Arbeiter getäuscht. Nach dem Pertrag werden sie angenommen für die Dauer des Krieges, minde⸗ aber für sechs Monate. Die Militärbehörden haben aber an⸗ af saüt diese Arbeiter als unfrei anzusehen sind. Arbeiter, die . s Monate engagiert sind, sitzen schon 1 *% Jahr fest und sind 8 in Kreise ihrer Angehörigen entrissen. Der Lohn, der ihnen vor bterzenaten versprochen ist, paßt nicht mehr für die heutigen Ver⸗ laltnisse. Aber die Arbeitgeber erhöhen ihn nicht, weil die Arbeiter ge⸗ rungen sind. Auch der Minister des Innern ist nicht

Fanderarbeiter, welche vor dem 1. Mai 1915 in der Landwirtschaft eens. waren, der Landwirtschaft wieder zugeführt werden sollen. Pinet 82 Tischler usw., die vorübergehend landwirtschaftlich gear⸗ bühe 8 5 weil sie nicht kräftig genug waren, die Arbeit wieder fihrte Z polizeilich der Landwirtschaft wieder zuge⸗ sische Er Minister des Innern hat ferner angeordnet, daß aus⸗ bs sche Arbeiter in Kleinbetrieben nicht beschäftigt werden sollen,

Purden Baͤcker, Schneider usw. ihren Arbeitgebern entzogen und bafcem bair eöft zugeführt. So ist die Landwirtschaft mit Arbeits⸗ übe ee“ sie nicht verwenden kann. Der Minister hat - ven 8* Ton der Rede des Abg. Korfanty beschwert und statt des gt eren Wohlwollens Drohungen ausgesprochen. Herr Korfanty lasseen Standpunkt eines preußischen Staatsbürgers nicht een und nur verlangt, was nach der deutschen Verfassung den vent zusteht. Die deutschfreundliche „Neue Züricher Zeitung⸗ t über die Reden des Abg. Korfanty und des Ministers, daß Heine Ausnahmebestimmung gegen die Polen aufgehoben sei un sgefühengeordneten Erleichterungen von den Erekutivbehörden nicht bhnabört würden; dadurch sei den Polen jede Möglichkeit genommen, ational zu betätigen. Der Minister bestritt zwar, daß seine Anord⸗

er war m Irrtum. Der Kultusminister hat angeordnet, daß Religionsunterricht in der Volksschule in Sohntser Ebenhe henn kann; als aber die Schulgemeinde in Gnesen darum beim nachsuchte, erhielt sie die Antwort, daß dabon keine 8 sei. Der Oberbräfident scheint also die Zirkularderfügung des ultusministers nicht zu kennen. Der Minister des Innern sagte 8en daß über die Verweigerung von poinischen Ansiedlungen Beschwerden an ihn gekommen seien. Aber ich habe selbn zwei solcher Beschwerden an den Minister geschickt. Wenn sonst kens Beschwerden gekommen sind, so beweist das auch nichts; denn das Publekum weiß har nicht, daß der Minister des Innern geneigt ist, polnische Ansiede⸗ lungen zu genehmigen, und wendet sich deshalb nicht an ihn. Der Re⸗ gierungsprasident in Posen hat Ansedlungen verweigert, weil ein Be⸗ s nicht vorliege. Die Erekutivbehörden gehen also doch über die

nordnung des Ministers zur Tagesordnung über. Der Minister hat den Polen schnödesten Undank vorgeworfen. Aber dantbar könnten wir hochstens für die paritätische Behandlung bis zu den 70er Jahren sein. Wir waren und sind bereit, einen Strich unter die Vergangen⸗ heit zu ziehen, aber die Wiederkehr solcher Zustände muß un⸗ möglich gemacht werden. Die Ausnahmegesetze gegen uns müssen glatt aufgehoben werden. Wir werden aber seit 2 Jahren nur mit Ver⸗ sprechungen und Reden über eine Neuorientierung bis zum Uebermaß gefüttert. Zum Fischereigesetz, zum Fideikommißgesetz hat man Zeit gehabt, aber nicht zur Aufhebung der Ausnahmegesetze. Wir können in die entgegengestreckte Hand nicht einschlagen, solange die Ausnahmegesetze in der anderen Hand verborgen bleiben. Ein Burg⸗ frieden ist nicht denkbar zwischen Machthabern und Entrechteten. Nach b2 Antrag Hepdebrand haben wir keinen Anlaß mehr zu moralischen Rücksichten, denn die preußische Politik geht auf die Ver⸗ drängung des polnischen Volkstums aus. Der Finanzminister hat im Ausschuß erklärt, daß die Regierung auch nach dem Kriege die vielen oantipolnischen Fonds im Etat nicht beseitigen wolle. Was Herr von Kardorff an Aenderungen der Polengesetzgebung vor⸗ geschlagen hat, geschieht auch nur im Interesse des Deutschtums. Er hat eingesehen, daß die Versagung der Ansiedlung, die Befugnis zur Enteignung usw. nur geeignet sind, das polnische Proletariat aufzu⸗ peitschen, weil sie auch den Alleräarmsten an seine nationale Pflicht Seneen. Herr von Kardorff will nur die Antipolenpolitik auf den Standpunkt zurückdrängen, den sie bis 1900 eingenommen hat. Nach dem Willen der Regierung soll also die Politik zur Förderung des Deutsch⸗ tums und zur Hinausbeförderung des Polentums aufrecht erhalten werden, und Herr von Zedlitz verlangte Garantien dafür, daß die deutsche Bevölkerung in den Ostmarken sich auch ferner wirtschaftlich und kulturell ausleben könne, und erklärte, Konzessionen häkten ihre Grenze am Schutze des Deutschtums zu finden. Ist das nicht ein Armutszeugnis für die Deutschen, und ist nicht eine einseitige För⸗ derung des einen Volksteiles aus gemeinsamen Staatsmitteln eine krasse Rechtsverletzung des andren Teiles? Erfreulicherweise werden dlese Fragen jetzt auch in weiteren Kreisen zur Diskussion gestellt. Der Minister hat jeves Wort des Dankes unsererseits sur das Ma⸗ nifest vom 5. November vermißt. Wir unterschätzen diesen Akt und seine Bedeutung keineswegs. Es liegt auf der Hand, daß es ein Vor⸗ scklag ist, der die Regelung der Verhältnisse im Osten für den künf⸗ tigen Frieden erheblich erleichtert. Aber die Regierung wußte doch dn⸗ genau, daß das ganze polnische Volk in dieser Frage sich völlig solikgrisch füblt; und sie hat sich dennoch gehütet, irgendwie vor der Verkündigung des Manifestes über dasselbe mit den berufenen Ver⸗ tretern des polnischen Volkes in Verbindung zu treten, sie gab sich den Anschein, ols ob ihr daran nicht das mindeste gelegen wäre. Die Folgen blieben hicht aus, es gab eine ganze Reihe von Mißverständ⸗ Fsen. Die Erwartung unserer Landsleute in Polen, daß den edlen Worten alsbald Taten folgen würten, wurde getäuscht. (Es ist ihnen unverständlich, daß man keinen Brief in polnischer Sprache dorthin schreiben darf, daß man die Polen, welche auf irgend welche Denun⸗ ziation hin seit Jahren in Haft sitzen, nicht befreit, daß nach wie vor Waren und Güter ohne Bezahlung weggenommen werden daß man eine halbe Million polnischer Arbeiter für unfrei erklärt. Ebenso unverständlich ist aber auch, wenn man angesichts dieses großen Aktes vom 5. November die preußische Polenpolitik im großen und ganzen aufrecht erhalten will. Das Ziel muß doch eine Annäherung zwischen den eutschen und dem polnischen Volke sein, aber eine solche An⸗ nãberung ist ausgeschlossen, solange man der polnischen Bevölkerung Preußens die Bewegungsfreiheit versagt. Wir haben uns zu dieser offenen Aussprache verpflichtet erachtet unseren Wählern und der öffentlichen Meinung Deutschlands gegenüber. Wir verlangen nichts weiter, als mit den Deutschen im Osten als Freie mit Freien red und verkehren zu können. 1“

Minister des Innern von Loebell: Der Herr Vorredner hat sich über die Behandlung der russisch⸗ polnischen Arbeiter, die hier im Inlande noch beschäftigt werden, beschwert. Meine Herren, Sie wissen, daß diese russisch⸗polnischen Arbeiter ein sehr wesentlicher Bestandteil unserer Arbeitskräfte sind, die während des Krieges nicht entbehrt werden können. Daß gewisse große Härten damit verbunden sind, die Leute hier so lange von ihrer Heimat entfernt zu halten, liegt auf der Hand. Wir haben nach Möglichkeit versucht, Erleichterungen eintreten zu lassen; aber das Heimkehr⸗ und Ortswechselverbot, das erlassen worden ist, ist aus militärischen Gründen erfolgt und muß aus solchen aufrecht⸗ erhalten werden. Dagegen sind in bereitwilliger Weise Gesuche, die wegen Rückkehr aus Krankheit oder aus sonst triftigen persönlichen Gründen gestellt sind, berücksichtigt worden, und es ist Anweisung gegeben, daß die Praxis in dieser Beziehung nach Möglichkeit milde sein soll.

1 Wenn sich Herr Abgeordneter von Trampezyuski darüber beschwert, daß die Löhne zu gering sind, ja, meine Herren, an sich entzieht sich die Festsetzung der Löhne der Kompetenz des Ministers des Innern. Die Verträge, die geschlossen werden, beruhen auf Formu⸗ laren, die seit Jahren in Uebung sind, die von der auch vorhin genannten Arbeiterzentrale aufgestellt sind und über die besondere Beschwerden nicht hierher gelangt sind. Daß der Versuch gemacht wird, auf die Arbeiter zu drücken, ihnen einen zu geringen Lohn zu geben, mag in einzelnen Fällen vorkommen. Es ist bedauerlich, aber es mag sein. Im ganzen weiß jedoch unsere Landwirtschaft den Wert der Arbeitskräfte heutzutage so richtig einzuschätzen, sie sind ihr so unentbehrlich, daß sie gar nicht daran denken wird, sich durch geringe Löhne mißmutige und unlustige Arbeiter zu schaffen (Sehr richtig! rechts), sondern sie wird ihnen zweifellos so weit wie irgend möglich entgegenkommen.

Der Herr Vorredner hat dann von einer Anweisung des General⸗ kommandos Münster gesprochen; sie ist mir nicht bekannt. Ich kann sie hier selbstverständlich weder verteidigen, noch die Verantwortung dafür übernehmen; wir werden aber versuchen, noch das Nähere fest⸗ zustellen. Bei dieser Gelegenheit aber davon zu sprechen, es wäre eine förmliche Menschenjagd auf die Polen gemacht worden, das ist denn doch ein Ausdruck, den ich nur sehr bedauern kann und der im höchsten Grade als übertrieben anzusehen ist.

Dann ist eine Anordnung von mir selbst von Herrn von Trampezynski getadelt worden, daß ich nämlich angeordnet habe, es sollten die russisch⸗polnischen Arbeiter, die von Kriegsbeginn an ig ber Landwirtschaft beschäftigt wurden, auch der Landwirtschaft verbleiben. Meine Herren, dafür übernehme ich die volle Verantwortung. Wenn

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I gen von den Exekutivbehörden illusorisch gemacht würden, aber

unsere ganze Volksernährung dcvon hämgt, daß wir die nötigen Arbeitskrafte in der Landmärtschaft haben (Sehr richtig! rechts), so wäre es pflichtvergessen von mir gewesen, wenn ich nicht alles daran⸗ gesetzt hatte, der Landwirtschaft nun pie Arbeitskräfte, die sie hat auch zu erhalten und ihr womöglich voch neue zuzuführen. Dafür übernehme ich also die volle Verantwortung.

Dann ist der Herr Vorvedner auf die Vorgänge eingegangen, die uns hier vor einigen Wochen beschäftiat haben. Er hat, wenn ich ihn richtig verstanden habe, das Vorgehen des Herrn Abgeordneten Korfanty rechtfertigen wollen. Meine Herten, ich muß daran er⸗ innern, daß von dieser Stelle aus und in der Staatshaushalts⸗ kommission zu verschiedenen Malen in nachdrücklicher Weise erklärt worden ist, daß die Staatsregierung beabsichtige, alsbald nach dem Kriege den Wünschen der preußischen Staatsangehörigen polnischer Nationalität nach Möglichkeit, so weit es die deutschen Interessen irgend zulassen, entgegenzukommen. Die Erklärungen sind eingehend abgegeben, sie sind wiederholt abgegeben worden. Ich erinnere nur daran, daß ich mich im Februar 1915 in der Haushaltskommission so ausgesprochen habe, daß ich am 17. Januar 1916 in diesem hohen Haufe hei Gelegenheit der Etatsberatung auch in diesem Sinne Er⸗ klärungen abgegeben habe, daß ich endlich auch am 20. November 1916 bei Beratung des Antrages der Herren Abgeordneten Dr. von Heyde⸗ brand und Genossem erklärte ich möchte das wörtlich mitkeilen —:

Deutsche und Polen sind sich in diesem Kriege nEhewhekreten, und sie werden sich noch nähertreten, wenn der polnische Staat jen⸗ seits unserer Grenze errichtet worden ist. Das ist wahr und soll wahr bleiben. Diese Wahrheit wird auch mitsprechen, wenn nach dem Kriege die Gesetzgebung und Verwaltungspraxis geprüft werden sollen, welche die preußischen Staatsangehörigen polnischer Natio⸗ nalität betreffen. Die Entschlüsse der Regierung werden von Wohlwollen für die polnische Bevölkerung getragen sein.

Ich glaube, diese Erklärungen, sowohl die letzte wie die früheren waren deutlich und konnten nicht mißdeutet werden, sie konnten auch der polnischen Fraktion die Sicherheit geben, daß die Regierung diese Erklärungen wahr machen würde. Inzwischen war am 5. November die feierliche Proklamation der Absicht der Zentralmächte ergangen das Königreich Polen wieder zu errichten. Nach allen diesen Vor⸗ gängen und nachdem, wie ich nachher noch nachweisen werde, die Ver⸗ waltungspraxis gegenüber den preußischen Staatsangehörigen polni⸗ scher Nationalität durchaus milde gewesen ist, hält es Herr Abge⸗ ordneter Korfanty für angebracht, hier am 19. Januar 1917 eine Rede zu halten, die auf alle diejenigen, die sie gehört haben, denn doch wohl den Eindruck einer Streitrede ersten Ranges machen mußte. (Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen.) Ich will auf den ganzen Vorgang nicht näher eingehen, aber ich will doch hervor⸗ heben, was er an einer Stelle dieser Rede wörtlich gesagt hat. Nach⸗ dem er einige Klagen vorgebracht hat, zu denen er Anlaß zu haben glaubte, äußerte er sich folgendermaßen:

Wundern Sie sich aber nicht, daß in Anbetracht einer solchen Haltung das polnische Volk von dem größten Mißtrauen gegenüber der Königlichen Staatsregierung erfüllt ist. Ich bin beauftragt diesem Mißtrauen hier in energischer Weise Ausdruck zu geben

Hier wird also doch eine Kriegserklärung in alletbester Form ausgesprochen, ein Mißtrauensvotum, welches sich auf Tatsachen gründen müßte, sollte es in irgend einer Weise gerechtfertigt sein. Solche Tatsachen hat aber Herr Abgeordneter Korfanty nicht beige⸗ bracht. Ich war nicht nur berechtigt, sondern voll verpflichtet mit dem größten Nachdruck einer solchen Auffassung hier entgegenzutreten. Sehr richtig! rechts und bei den Nationalliberalen.) Ich übernehme dafür auch die volle Verantwortung.

Ich habe schon damals gesagt, Herr Abgeordneter Korfanty wäre nur der Dolmetscher einer verhältnismäßig kleinen Zahl seiner Stammesgenossen. In der Presse ist sehr wohl zu erkennen, daß wohl die Preffe der nationaldemokratischen Partei, die Herrn Korfanty nahe steht, ihm mehr oder weniger beigesprungen ist, daß aber doch bine e Anzahl von anderen angesehenen Blättern die Rede des Herrn Abgeordneten Korfanty verurteilt, wie wir sie verurteilen. Darauf möchte ich doch auch gegenüber dem Herrn Vorredner hinweisen. Aber wenn Herr Abgeordneter Korfanty allein für sich gesprochen hätte hätte ich mich vielleicht garnicht hier zu einer Antwort bereit finden lassen. Aber er hat ausdrücklich gesagt, daß er namens seiner Frak⸗ tion spreche. Demgegenüber war eine klare und scharfe Antwort so wie ich sie gegeben habe, durchaus nötig. .

Aber nun, meine Herren, die Klagen! Auch der Herr Vorredner hat hier ich habe keine greifbaren Fälle gehoört hervorgehoben daß er sich mit Recht beklagen könne über die Praxis, die den Polen gegenüber beobachtet wird. Es ist bezeichnend, daß Herr von Trampczynski, um seine Schlußfolgerungen etwas zu belegen, auf Vorgange aus den 90er Jahren zu sprechen kam und sie als Beweis der unrichtigen Haltung, die von der Regierung beobachtet würde anführte. Er hat nur von zwei Beschwerden gesprochen, die etwa bor 1 oder 2 Jahren eingegangen bezw. von ihm selbst an das Ministe⸗ rium gebracht wären, aber er hat auch heute nicht einmal diese Be⸗ schwerde so bezeichnet, daß ich ihnen nachgehen könnte. Ich möchte bitten, daß er das noch tut; ich werde den Beschwerden dann gewiß nachgehen. Aber ich vermisse jedes Material, was mich veranlassen

könnte, die Sache weiter zu verfolgen.

Ich möchte doch auf einzelnes eingehen, was Herr Korfanty an Beschwerden neulich vorgebracht hat. Er meinte damals, daß Härten auf dem Gebiete des Religionsunterrichts und der Bauerlaubnis beständen. Ueber Schulangelegenheiten kann ich mich nicht äußern da sie nicht zu meinem Ressort gehören.⸗Ich will nur einen Fall her⸗ vorheben, der sehr lebhaft in der Presse besprochen worden ist, den Fall in Schneidemühlchen dort ist ein wesentliches Entgegen⸗ kommen wegen des Religionsunterrichts in der Muttersprache bereits gezeigt worden. Ferner einen Fall, der auch lebhaft besprochen ist betr. die Kleinkinderschulen in Szymborze im Kreise Hohensalza. Der Antrag ist von der Regierung in Bromberg schon vor längerer Zeit genehmigt worden. 1 Nun zu den Bauerlaubnissen auf Grund des § 13 bl Ich habe bereits am 6. Oktober 1914 in einer Rundverfügung darauf hinge⸗ wiesen, „daß auch Polen die Ansiedlungsbescheinigung nach H. 13b erteilt werden könne, und daß dem Zurücktreten nationalpolitischer Gegensätze im öffentlichen Leben der Ostmark und dem Eintreten

vieler preußischer Polen für den Kampf um Deutschlands Bestand“

und Größe auch von Fall zu Fall bei der Prüfung von Anträgen

wegen der Bescheinigung nach § 13 b Rechnung getragen werden musse.

Sie wissen, wie die Verhältnisse lagen und noch liegen, und wie

Dadurch werde es vor allem möglich sein, in dieser Zeit Härten zu